Touristische Geschichten
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Die Tatsache, dass zwei so herausragende, mächtige Türme so dicht zusammen stehen und nicht<br />
mehr als 200 m von einander entfernt sind, wirft die nicht eindeutig zu beantwortende Frage auf,<br />
welche Funktion ihnen in fränkisch-venezianischer Zeit zugedacht war. Gewiss konnten sie, wie<br />
die vielen anderen Türme der Umgebung Halkidas, mit der von ihnen aus möglichen<br />
weitreichenden Sicht dazu beitragen, eine Art Frühwarnsystem bei anrückenden Feinden oder<br />
Piraten zu sein und entsprechende Nachrichten mit Halkida und den anderen Türmen, zu denen<br />
sie in Sichtkontakt standen, durch Licht- oder Rauchzeichen auszutauschen. Ferner konnten die<br />
Türme durch ihre imposante Größe und Stärke gewiss selber auch wehrhaften Schutz im Vorfeld<br />
der immer wieder so heftig begehrten Stadt am Euripos bieten, und diese Schutzfunktion hatten<br />
sie gewiss vor allem wegen der für die Stadt so wichtigen Wasserversorgung, denn die Wasserleitung,<br />
vom Rande des Dirphis kommend, verläuft ganz in der Nähe der beiden Türme und<br />
verlässt bei Mytikas das Tal des Lilantos-Flusses mit scharfem Knick westwärts in Richtung<br />
Halkida. Für die Erfüllung dieser strategischen Funktionen hätte allerdings auch ein einziger<br />
Turm ausgereicht, und so muss die Frage, warum hier zwei sehr ähnliche Türme in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft stehen, noch mit einem andersartigen Erklärungsmuster beantwortet werden.<br />
Wenn man die auffällig aufwendige Bauweise der beiden Türme als Ausdruck einer Konkurrenz<br />
sieht, in der die Besitzer der Türme zueinander standen, vielleicht auch als Ausdruck einer<br />
ökonomisch begründeten Konkurrenzsituation, die sich hier in der Nähe des Durchganges eines<br />
so wichtigen küstennahen Handelsweges durch mögliche Zolleinnahmen ergab, so kann man sich<br />
vorstellen, dass im alten Mytikas zwei rivalisierende Familien um die Vorherrschaft und um die<br />
Sicherung ihrer ökonomischen Interessen rangen und zum Zeichen ihrer Ansprüche jeweils einen<br />
Turm errichteten, der der anderen Partei besonders imponieren sollte. Türme als Ausdruck<br />
familien-bezogener Herrschaftsansprüche und Konkurrenzsituationen kennt man ja auch aus<br />
anderen Regionen Europas, zum Beispiel bei den Geschlechtertürmen, die so manches Ortsbild in<br />
der Toskana oder im Süden der Halbinsel Mani (Peloponnes) bestimmen. Und vielleicht entstand<br />
hier in Phylla diese Konkurrenz, die Türme entstehen ließ, sogar innerhalb einer einzigen Familie,<br />
vielleicht als Folge der damals in Griechenland üblichen Teilungen, durch die Landbesitz<br />
immer wieder halbiert wurde, und als Folge eines solchen Erb-Konfliktes und als Zeichen demonstrativer<br />
Wahrung von Ansprüchen wurden dann vielleicht diese Türme erbaut. Solche trutzigen<br />
Folgen eines Erbstreites sind ja auch bei uns in Deutschland nicht unbekannt. Man denke zum<br />
Beispiel nur an einige Burgen am schönen Rhein; auch die Burgen Sterrenberg und Liebenstein,<br />
die „feindlichen Brüder“ von Kamp-Bornhofen, verdanken ihr Entstehen einem familiären<br />
Erbzwist. Und auch aus Gialtra kennt man ja auch die Schwierigkeiten und Zwistigkeiten, die<br />
entstehen, wenn ein immer weiter vererbtes und dabei über Generationen immer kleiner geteiltes<br />
Stück Land von Griechen an Deutsche verkauft werden soll. Und bei den neuen Besitzern und<br />
Häusern geht es manchmal auch nicht ohne Zwist ab, fehlt es auch nicht an Zeichen<br />
demonstrativer Besitztumswahrung, fehlt es auch nicht an wehrhaft starken und hohen Häusern,<br />
Zäunen oder gar Türmen.<br />
(Der südlichere und der nördlichere der Zwillingstürme)<br />
Die Türme von Phylla sind beide gut erhalten und erheben sich noch zu ihrer ehemaligen vollen<br />
Höhe (ca. 18 m, jeweils vier Stockwerke). Zu keinem der beiden Türme jedoch findet ein<br />
interessierter Besucher Zugang, so dass über das Innere der Türme, über ihre innere Gestaltung,<br />
die Dicke der Mauern (sicher mehr als ein Meter) und ihren Erhaltungszustand hier keine Aussagen<br />
gemacht werden können. Die Elemente, die man von außen betrachten kann, erlauben<br />
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