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Herunterladen als PDF - Walter Peter Gerlach, Forschungsprojekte

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Der Berliner »Antinous« von der Treppenhausfassade des<br />

Stadtschlosses<br />

Seine französische Quelle<br />

Die in der "Werkstatt" Schlüters 1 angefertigte ergänzte Variante des sogen. »Antinous vom<br />

Belvedere« (Abb. 2, 2a) für den vierten der Pilaster (von Nordwesten her) am Risaliten des<br />

Treppenhauses an der nordöstlichen Fassade des Kleinen Hofes des Berliner<br />

Stadtschlosses unterscheidet sich in mehrerer Hinsicht vom vatikanischen Original 2<br />

(Abb.1) und dessen Zustand bis um 1700, soweit er sich nach zeitgenössischen Stichen<br />

und Zeichnungen ermitteln lässt.<br />

Abb. 1, Hermes-Andros, Belvedere Abb. 2, »Antinous«, Berlin Abb. 2a, Foto um 1935<br />

Am auffälligsten ist die Wendung des Kopfes nach links (Abb. 2), wodurch die Statue eine<br />

völlig andere Blickrichtung bekam. Sie blickt nun nicht mehr "besonnen" mit leicht nach<br />

unten geneigtem Kopf vor sich hin (Abb. 1), sondern energischer in eine bestimmte<br />

Richtung der von ihr links liegenden Ferne. Das war im Kleinen Hof des Berliner<br />

Schlosses nun eine nicht allzu große Distanz. Dort lag der nordwestliche Querflügel des


Schlosses, in dem sich repräsentative Räume zum Innenhof hin befanden. Keine der<br />

übrigen männlichen Statuen - alles antike Gottheiten - ist ihr darin vergleichbar. Wenn<br />

auch die erste - ein Apoll - und die fünfte von links - ein Herkules - ihren Kopf in die gleiche<br />

Richtung gewendet haben, blicken diese beiden um ein wenig höher in Richtung der<br />

Fenster des nordwestlichen Querflügels.<br />

Ein einfahrender Besucher bei einer zeremonielle Zufahrt vom äußeren Hof - wie<br />

Hinterkeuser 3 darlegte - bekam die Fassade des Treppenhauses zunächst schräg, <strong>als</strong>o<br />

aus nordwestlicher Richtung zu Gesicht und nicht, wie zeitgenössische Stiche (Abb. 10,<br />

11) suggerieren könnten, frontal. Erst durch diese Beobachtung bekommt das<br />

abgewandelte Blickmotiv der »Antinous«-Statue eine vom Aufstellungsort her bedingte<br />

Rechtfertigung.<br />

Da nun in der architektonischen Komposition des Berliner Stadtschlosses viele Anstöße<br />

aus Frankreich – und Rom – belegt sind, sollte dieser Hinweis auch für diese Statue nicht<br />

ungeprüft bleiben. 4 Die besondere, ortsbedingte Variante einer Umgestaltung der Haltung<br />

des antiken Vorbildes unterscheidet sie von allen anderen - besonders französischen -<br />

Kopien, die in diesen Jahren vom Ende des 17. Jahrhunderts für durchaus<br />

unterschiedliche Aufstellungszusammenhänge angefertigt worden waren. Indessen sollen<br />

weitere Details der Abweichung vom römischen Original nicht unerwähnt bleiben, die nicht<br />

unbedingt vom Aufstellungsort in Berlin her zu begründen sind, sondern einen anderen<br />

Grund haben dürften.<br />

Die Fältelung des Endes der über die linke Schulter herabhängenden Teile des Gewandes<br />

zum Ersten liegen enger beieinander und wirken damit aufgetürmter zueinander. Eine<br />

vergleichbare Formulierung findet sich beispielsweise bei vier Kopien im Schlosspark von<br />

Versailles. Die eine, die vor der ostwärts gewandten Gartenfassade des Schlosses<br />

aufgestellt wurde, stammt von Cassegrin, in den Jahren 1681-1685 in Paris oder<br />

Versailles kopiert. Über das von ihm gewählte oder ihm zur Verfügung gestellte Vorbild ist<br />

nichts Näheres in Erfahrung zu bringen gewesen. 5 Diese Kopie einer »Antinous«-Statue<br />

wurde 1685 von Johann Balthazar Keller nach einem Gips in Bronze gegossen (Abb. 3). 6<br />

Sie wurde vor der nordwestlichen, der dem Sonnenuntergang zugewandten Seite der<br />

Gartenfassade der Galerie des Chateau Neuf aufgestellt. Wie eine Zeichnung von<br />

Guillaume Cassegrin (Abb. 4) 7 belegt, ist es diejenige Statue, die noch heute vor dieser<br />

Fassade des Schlosses von Versailles am südlichen Teil zu finden ist. Sie ist vollständig


ergänzt, indessen ist die linke Hand mit dem Handrücken auf der Hüfte abgestützt. Nur<br />

die hinteren drei Finger der rechten Hand greifen voll in das rechts entlang des Beines bis<br />

auf die Wade herabhängende Gewandende, während der Zeigefinger vorne gerade herab<br />

zeigt (Abb. 5).<br />

Als ihr Pendant ist die vor dem Pfeiler zwischen dem Mittelrisalit und dem nördlichen<br />

Risaliten stehende Kopie des Apoll vom Belvedere anzusehen. Am südwestlichen Ende<br />

wurde eine Bacchus-Statue und am entgegen gesetzten nordöstlichen Ende des<br />

Gebäudes eine Herkules-Statue aufgestellt. Wenn auf der Fassade darüber durch die dort<br />

aufgestellten Statuen der Jahreszyklus durch die Monatsbilder von März (Ostende) bis<br />

April (Westende) mit ihrem jeweiligen zodiakalen Stern-Zeichen symbolisiert wurden<br />

(fertiggestellt zwischen 1670 und 1680), in deren Mitte Diana und Apoll <strong>als</strong> letzte, die 1680<br />

aufgestellt wurden, zu finden sind – ein Programmteil, der unter Le Brun konzipiert wurde<br />

– dann erscheint es unwahrscheinlich, dass die unten stehenden Antikenkopien damit in<br />

einem einheitlichen Sinnzusammenhang stehen können. Jedenfalls ist darüber in der<br />

bisherigen Forschung noch keine Meinung geäußert worden oder gar irgendein<br />

zeitgenössischer Beleg beigebracht worden.<br />

Abb.3, Cassegrin-Keller, Versailles, 1685 Abb.4, Cassegrin, 1681<br />

Die Entstehungsgeschichte dieser Statue ist insofern aufschlussreich, weil darüber einige<br />

Unterlagen veröffentlicht worden sind, die in diesen Prozess samt den daran beteiligten


Personen einen etwas detaillierteren Einblick gewähren. Am 10. September des Jahres<br />

1684 arbeitete Cassegrin im Palais Brion – einer Dépendence des Palais-Royal in Paris –<br />

an Gipsabgüssen nach antiken Statuen: einem Bacchus, einem Apoll, einem Antinous<br />

(L'Antin) und einem Herkules Commodus (1687 fertig gegossen), die mit bronzener<br />

Färbung gefasst wurden.<br />

1685 erhielt Johann Balthazar Keller – der seit 1683 zum Commissaire ordonnateur des<br />

fontes de France ernannt worden war - eine Zahlung für Wachs zur Anfertigung der<br />

Gussformen für diese Statuen, die dann bis 1691 alle auf Sockeln aus geschliffenem Stein<br />

vor der Fassade des Schlosses von Versailles aufgestellt wurden. 8 Von diesen wurden<br />

auch Marmorkopien angefertigt, die vor den Hecken der Alleen des Parks Aufstellung<br />

fanden (Abb. 6 und 7). 9 Welche Bildhauer mit dieser Arbeit betraut worden waren ist<br />

diesem Dokument leider nicht zu entnehmen. Souchal hat in seiner Zusammenstellung<br />

nun die Autoren genau dieser Marmorkopien zusammengetragen, und von daher ist<br />

bekannt, dass Pierre Le Gros II und La Croix je eine des »Antinous« angefertigt hatten.<br />

In Versailles findet sich nun nach den beiden oben bereits erwähnten Kopien eine weitere<br />

Variante, in einer Nische des Galerie des glaces auf der dem Garten zugewandten<br />

Außenwand. Sie stammt von der Hand des Bildhauers La Croix und zwar gleichfalls aus<br />

den Jahren zwischen 1680 und 1684. An ihr fällt die hier ebenfalls <strong>als</strong> knorriger<br />

Baumstumpf ausgearbeitete Stütze auf, gegenüber der Berliner Variante jedoch etwas<br />

schlichter gehalten. Allerdings fehlt der Statue die wohl ursprünglich vollständig ergänzte<br />

linke Hand. 10<br />

Abb. 5 (Detail von 3) Abb. 5 a, Detail von 2 Abb. 5 b, Detail von 2a<br />

Der Fall liegt bei einer weiteren Kopie durchaus anders. Diese andere von 1694 (dem<br />

Datum der dokumentarisch belegbaren Schlusszahlung), auf dem Nordende des Latona<br />

Plateaus des Gartens, wurde von Pierre Le Gros ab 1684 nach einem Gipsabguss im


Magazin des Antiques angefertigt (Abb.9). 11 An der Identifizierung dieser Statue <strong>als</strong> eine<br />

Arbeit Le Gros' für Versailles müssen indes berechtigte Zweifel angemeldet werden.<br />

Während Cassegrin die linke Hand nahezu senkrecht hängend, nur mit drei Fingern in die<br />

Gewandfalten greifen ließ (Abb. 5), ist Le Gros auch damit freier umgegangen. Das<br />

Gewandende ist üppiger, voller und die Hand rafft mit abgespreiztem Daumen kräftiger<br />

den Stoff, <strong>als</strong> es sonst in keiner der vorkommenden Versionen der Fall ist. Er brachte<br />

zudem einen um den Palmbaumstamm gewundenen Zweig an, der, bis hinauf über den<br />

rechten Oberschenkel ragend, mit seinen Blättchen die Scham bedeckt. Wenn nun<br />

Souchal davon ausging, dass diese Statue mit der 1689 von Thomassin in seinem<br />

Stichwerk über die Statuen in Versailles 12 veröffentlichten (Abb. 6) identifiziert werden<br />

könne - und somit der dort verzeichnete Bildhauer ermittelt sei - lehrt ein Vergleich mit der<br />

ebenfalls am Nordende des Latona Parterre aufgestellten dritten Kopie, dass diese der<br />

Abbildung bei Thomassin mindestens ebenso, wenn nicht eher entspricht.<br />

Abb. 6, Thomassin, Antinous, 1694 Abb. 7, Anonym, Le Gros, 1683<br />

Die Unterschiede sind evident. Die von Souchal La Croix zugesprochene Statue trägt ein<br />

Feigenblatt (Abb. 8), das auf Thomassins Stich (Abb. 6) fehlt. Das Gewandende hängt bis<br />

auf die Wade herab, auf dem Stich liegt es wie eine Schale hinten um das Bein herum und<br />

endet knapp über der Ferse. Unterschiede aber sind auch am Zeigefinger der linken Hand<br />

auszumachen: Bei der Statue ist er neben den angewinkelten Fingern lang nach unten


ausgestreckt, während auf dem Stich der Zeigefinger ebenfalls angewinkelt ins Tuch greift.<br />

Bei der Haltung der rechten Hand lässt sich aufgrund des für den Stich gewählten<br />

Blickwinkels nichts Näheres ausmachen. Nun gibt es noch die Zeichnung eines<br />

Anonymus, auf der eine Beischrift unterhalb der Statue ebenfalls den Namen "Legros"<br />

trägt (Abb. 7). Dass eine »Antinous«-Kopie dargestellt ist, erscheint evident, allerdings aus<br />

einer sehr selten zu sehenden Rückenansicht. Und da passt einiges nicht zu der Statue,<br />

wie sie Thomassin abbildete. Das Gewandende erscheint nicht wie im Stich gleich einer<br />

Schale hinter dem Bein, sondern ist in der Zeichnung eher vor und noch eben gerade links<br />

vom Bein üppig ausladend erfasst. Das passt zur Statue, zudem ist von einem um den<br />

Palmbaumstamm gewundenen Zweig nichts auszumachen.<br />

Abb. 8, Versailles, La Croix ?, 1684 Abb. 9, Versailles, P. Le Gros ?, 1684<br />

Mit diesen Indizien kann <strong>als</strong>o durchaus die von Souchal La Croix zugesprochene<br />

Statuenkopie (Abb. 8) <strong>als</strong> Arbeit von Pierre Le Gros identifiziert werden.<br />

Dann aber müsste die von Souchal dem Bildhauer Pierre Le Gros (Abb. 9) zugesprochene<br />

Statuenkopie nun wiederum <strong>als</strong> Arbeit von La Croix angenommen werden, denn diese<br />

entspricht den Darstellungen des Anonymus und dem Stich von Thomassin noch weit<br />

weniger. Sie steht mit enger beieinander gesetzten Beinen aufrechter <strong>als</strong> die auf dem<br />

Stich, trägt das Feigenblatt, das den Zweig beendet, und das herab fallende Gewand fällt<br />

eng gefältet bis auf die Mitte der Wade dicht hinter dem Bein entlang.


Zur spezifischen Formulierung der Ergänzung des linken Unterarmes und der Hand wird<br />

weiter unten noch Näheres auszuführen sein. Der Baumstamm, an den die Figur in Berlin<br />

mit ihrem rechten Schenkel, dem des Standbeines, angelehnt ist, zeigt nirgends die am<br />

Original typischen Ansatzenden der abgeschnittenen Palmblätter. Der weiter aufragende<br />

Rest dieses knorrigen Baumstumpfes weist Ähnlichkeiten mit anderen antiken Varianten<br />

dieses Statuentyps auf, die sich am Ende des 17. Jahrhundert ebenfalls in Rom in<br />

Antikensammlungen fanden, z. B. beim Hermes Farnese (heute London) und dem Neapler<br />

Antinous Farnese.<br />

Einen solchen auf der Rückseite der Berliner Statue eigentümlich gestalteten stützenden<br />

Baumstumpf mit der nach links aufragenden Gabelung teilt sie mit der Kopie von La Croix,<br />

die in einer Nische der Galerie des glaces steht. Dieses knorrige nordische Gewächs<br />

(Abb. 2), könnte dazu verleiten, nicht eine Kopie der vatikanischen, sondern eine des<br />

Hermes Farnese <strong>als</strong> Vorbild zu vermuten, wie es Platz-Hoster für die Kopie der<br />

Gipssammlung der Akademie nach dem Terwesten-Stich (Abb. 12 - 13) kommentarlos<br />

annahm. 13<br />

Dem widerspricht aber dort - bei aller summarischen Wiedergabe der Silhouette der<br />

Statue - das relative Alter, die Haltung des linken Armes und das Gewand über der linken<br />

Schulter auf jeden Fall. Zudem ist das Postament bei der Fassadenskulptur so nach vorne<br />

zu abgeschrägt, dass der von unten hinaufblickende Betrachter das Standmotiv zwar in<br />

großer Höhe sah, aber dennoch den Eindruck gewinnen konnte, sich mit ihr auf gleicher<br />

Höhe zu befinden. Die Rechte ist mit dem Handrücken à la Duquesnoy auf dem Glutäus<br />

aufgestützt. In diesen besonderen Abweichungen vom Original gleicht sie wiederum der im<br />

Spiegelsaal von Versailles in einer Nische an der östlichen Außenwand aufgestellten<br />

Kopie von La Croix am ehesten. Ob und welcher Gipsabguss z.B. in der Sammlung der<br />

Berliner Akademie <strong>als</strong> Vorlage hätte dienen können wird dann im Folgenden noch zu<br />

erörtern sein.<br />

Andreas Schlüter hatte in seinem Entwurf für die Fassade des Kleinen Hofes die<br />

Aufstellung von Statuen an dieser Stelle vorgesehen, wie dem Stich Deckers aus dem<br />

Jahre 1703 14 zu entnehmen ist (Abb. 10). Die dort abgebildeten Statuen sind aber alle <strong>als</strong><br />

weiblich, wohl allegorische, schildtragende Figuren hinreichend deutlich erkennbar. Auf der<br />

oberen abschließenden Ballustrade hatte er die Aufstellung von sechs weiteren Statuen<br />

vorgesehen, zu deren Seiten jeweils drei weitere hätten stehen sollen. Drei von ihnen


waren dort <strong>als</strong> weibliche Gewandfiguren und insgesamt neun <strong>als</strong> männliche Statuen<br />

vorgesehen. Unter diesen ist eine wie auch immer geartete Variante eines »Antinous«<br />

nicht auszumachen.<br />

Abb. 10, Decker 1703, Taf.24, Entwurf Schlüters Fassade im Kleinen Hof.<br />

Das Programm der dann ausgeführten antiken Götter, in die der »Antinous« sich<br />

eingereiht findet, unterscheidet sich hier nun erheblich von dem des römischen 15 und auch<br />

den nachfolgenden in Fontainebleau, Madrid, London, Marly und Versailles, Dresden oder<br />

Wien. Waren es dort jeweils spezifische ideologisch-genealogische Zusammenhänge, auf<br />

die mit den Statuengruppierungen angespielt wurde, fehlen für eine Entsprechung hier<br />

z.B. eine Venus und andere ortsbezeichnende Gottheiten. An diese Stelle sind die<br />

Personifikationen von Borussia und Pax getreten, <strong>als</strong>o Allegorien, die mit der Königswürde<br />

in Verbindung zu bringen sind, die dem brandenburg-preußischen Kurfürsten eben zu<br />

dieser Zeit verliehen wurde. Wie indessen Merkur, Herkules, Meleager in der einen und<br />

Apoll, Jupiter und eben der »Antinous« in der anderen Gruppe <strong>als</strong> Anspielung auf die<br />

Herrschaft der zu dieser Zeit kalvinistischen Preußen im Konzert der katholischen<br />

europäischen Herrscherhäuser zu interpretieren wäre, hat bisher einen Lösungsvorschlag<br />

gezeitigt. Die von Kühn 16 vorgelegten Überlegungen zu Antikenbezügen in Bauten der<br />

kalvinistischen Kurfürsten von Brandenburg-Preußen und deren Ausstattung ergaben<br />

durchaus genealogische Konstrukte mit Bezügen zur Gründungsgeschichte Roms und zu<br />

den römischen Caesaren in der Auswahl beim Sammeln und Nachbilden antiker Statuen<br />

oder deren Kopien. Allerdings bleiben diese Anspielungen lokal verstreut und nirgends auf<br />

einen Ort konzentriert, wie bei den übrigen europäischen Vergleichsbeispielen katholischer


Herrscherhäuser - jedenfalls um 1700 für die hier in Rede stehende Zeit des Kurfürsten<br />

Friedrich III. Aber nachdem er <strong>als</strong> Friedrich I. 1701 König wurde, gilt das nur noch<br />

eingeschränkt. Die Deutung des Statuenprogramms von Gröschel 17 klingt überzeugend. Er<br />

interpretiert den Herkules <strong>als</strong> Anspielung auf den König <strong>als</strong> „Schutzmacht gegen böse<br />

Mächte“, flankiert rechts von Merkur <strong>als</strong> Schutzgott von „Handel und Viehzucht“ und links<br />

von Meleager <strong>als</strong> der von „der Jagd“. Die links stehende Pax repräsentiert den „Frieden<br />

des Landes und seiner Bewohner“. In der linken Gruppe repräsentiert Borussia die<br />

Überbringerin von Königskrone und Königszepter, Apoll die „richtige Ordnung“, Jupiter mit<br />

dem Löwenfell in der Mitte wiederum den König und der von ihm zu einem Merkur<br />

konstruierte Antinous „Rhetorik und Diplomatie“.<br />

Abb. 11, Broebes 1704, Taf. III,<br />

Ostfassade, Kleiner Hof, Stadtschloss, Berlin<br />

Wer aber traf die neue Auswahl an männlichen antiken Gottheiten und entschied sich für<br />

die beiden weiblichen Allegorien an den Seiten? Wer <strong>als</strong>o wählte Sandstein <strong>als</strong> lokal<br />

verfügbares Material aus und fertigte diese Statuengruppe von Göttern und allegorischen<br />

weiblichen Figuren an den Seiten nach antiken Vorbildern an?<br />

Die bisher in der Literatur genannte "Schlüter-Werkstatt" ist weniger <strong>als</strong> nur eine<br />

Verlegenheitslösung, denn alles an diesen Statuenkopien ist ungeklärt, ja noch nicht<br />

einmal erfasst worden.<br />

Wenn sie tatsächlich 1703 zu den Krönungsfeierlichkeiten bereits aufgestellt worden sein<br />

sollten, macht doch stutzig, dass auf einem weiteren Stich der gleichen Fassade (Abb. 11)


von dem ebenfalls an der Berliner Akademie lehrenden Architekten Jean Baptiste Broebes<br />

- seit 1691 in Berlin <strong>als</strong> Ingenieur-Hauptmann eingestellt 18 - aus dem Jahre 1704 keine<br />

einzige dieser Statuen wiedergegeben wurde. Daraus lässt sich wohl nur schließen - bis<br />

zum Fund eines weiteren eindeutigen dokumentarischen Belegs -, dass die Datierung<br />

einer dieser Statuen auf 1703 nicht weiter haltbar sein kann. Sie können erst nach<br />

1704/1707 angefertigt und aufgestellt worden sein.<br />

Da der von Schlüter entworfene Münzturm an der Nordwestecke des Schlosses aus<br />

statischen Gründen abgetragen werden musste, wurde der Architekt 1706 <strong>als</strong><br />

Hofbaumeister unehrenhaft entlassen, blieb jedoch <strong>als</strong> Hofbildhauer im Amt. Schlüters<br />

Posten <strong>als</strong> Baudirektor übernahm sein Konkurrent Johann Eosander von Göthe 19 , der<br />

einen großartigen Erweiterungsplan für das Schloss vorlegte.<br />

Folglich wurden die großen Figuren erst unter Eosander von Göthe, 1699 nach seiner<br />

Anstellung <strong>als</strong> Hofarchitekt (ab 1702 statt Schlüter 1. Bau-Direktor und ab 1707 bis 1713<br />

Schlossbau-Direktor), aufgestellt, da auch das große Treppenhaus unter Schlüters<br />

Verantwortlichkeit nicht zur Vollendung gekommen war, wie bereits Hinterkeuser folgerte. 20<br />

Dass für die Herstellung nur die so genannte "Schlüter-Werkstatt" infrage kommen könnte,<br />

lässt sich bisher lediglich aus dem Faktum schließen, dass Schlüter seine Funktion <strong>als</strong><br />

Hofbildhauer nach dem Desaster mit dem Münzturm beibehalten hatte. Bemerkenswert<br />

bleibt indessen, dass die Literatur, die sich mit dem bildhauerischen Werk Schlüters bisher<br />

befasst hat, diese postulierte "Schlüter-Werkstatt" nie erfasst oder behandelt hat. 21<br />

Für die Berliner Akademie war Schlüter 1696 beauftragt worden Gipsabgüsse aus Italien<br />

zu besorgen, nachdem bereits 1694 zwei andere Bildhauer, Ezaias Terwesten und Samuel<br />

Theodor Gericke, aus dem gleichen Grunde im Auftrag nach Rom gereist waren - <strong>als</strong>o erst<br />

zu einer Zeit, <strong>als</strong> die für Versailles angefertigten Kopien des Antinous alle bereits<br />

aufgestellt gewesen sind. Nichts Näheres ist darüber bekannt, von wo und welche<br />

Abgüsse sie nach Berlin schafften. 22 Von Schlüter ist überliefert, dass er an der 1696 vom<br />

Kurfürsten Friedrich III. gegründeten Akademie der Künste nach diesen Gipsabgüssen<br />

antiker Statuen zeichnen ließ, 23 was an allen Akademien Europas vor ihm und nach ihm zu<br />

einem selbstverständlichen Ausbildungsteil zählte.<br />

Durch einen Brand in den Jahren 1742 oder 1743 ist der reiche Bestand verloren<br />

gegangen. 24 Ein Inventar scheint nicht überliefert zu sein. Nur in drei Darstellungen aus<br />

den Jahren 1694 (Terwesten, Abb. 12 - 13), 1697 (Weigel, Abb. 14) und 1701


(Blesendorf/Beger, Abb. 15) sind einige dieser Gipsabgüsse nachträglich identifizierbar.<br />

Abb. 12, Terwesten 1694 Abb. 13, Terwesten 1694, Detail<br />

Abb. 14, Weigel 1697, Aktsaal Berlin Abb. 15, Blesendorf 1701, Aktsaal Berlin, Detail<br />

Bei der gezeichneten Wiedergabe einer Gipskopie auf der Zeichnung von Terwesten (Abb.<br />

12, 13) ist nur eines mit Sicherheit auszumachen: Auf ihr ist unter den vier Zeichnungen an<br />

der linken Wand eine, auf der die vatikanische Statue wiedergegeben ist. Dass es sich um


eine ergänzte Kopie handeln musste, lässt sich lediglich an dem dort <strong>als</strong> vollständig<br />

wiedergegebenen rechten Arm ausmachen, über den Rest lässt sich nichts Sicheres<br />

aussagen, dazu ist die Zeichnung zu summarisch nur auf den Kontur angelegt. 25<br />

Spiegelt man den Weigel'schen Stich des runden Aktsaales der Akademie (Abb. 14)<br />

horizontal, lässt sich erkennen, dass dieser und der von Blesendorf/Beger nach der<br />

gleichen Vorlage - der Zeichnung Terwestens - gestochen wurden. Ein wenig<br />

entscheidender Unterschied besteht allerdings: Die bei Weigel rechts von dem Aktmodell<br />

wiedergegebene Gestalt des erläuternden Lehrers ist bei Blesendorf/Beger fortgelassen.<br />

Die an den Wänden platzierten Gipsabgüsse indessen sind selbst in der Anordnung<br />

identisch - vor allem der uns hier interessierende zweite von rechts (von links bei Weigel,<br />

Abb. 14). Es handelt sich um den einer ergänzten Version der vatikanischen Statue. Das<br />

lasst sich an dem über ihre linke Schulter herabhängenden Gewand zweifelsfrei erkennen,<br />

wie auch an der Haltung des Armes an gleicher Seite. Nichts indessen ist von der<br />

Statuenstütze zu erkennen, die durch das Standbein vollständig verdeckt bleibt. Nicht<br />

unerwähnt darf auch die Haltung des rechten Armes bleiben, der erkennbar nach hinten<br />

gewendet erscheint, <strong>als</strong>o mit der Hand hinten auf den Beckenrand aufgestützt ist. Und<br />

gerade dieser gegenüber dem vatikanischen Original ergänzte Arm könnte auf das<br />

Berliner Vorbild schließen lassen. Terwesten, Gericke oder Schlüter hatten <strong>als</strong>o nicht aus<br />

der vatikanischen Sammlung die von ihnen besorgten Abgüsse erworben, sondern wohl<br />

wahrscheinlicher aus der Sammlung der französischen Akademie in Rom. Und da gab es<br />

nicht nur einen der vatikanischen Statue, sondern zahlreiche weitere Varianten, die<br />

unterschiedliche Ergänzungen aufwiesen und darüber hinaus zudem von<br />

Akademieschülern angefertigte Ausführungen mit sehr unterschiedlichen<br />

Ergänzungsvarianten, wie an einigen davon heute noch in Versailles zu besichtigen ist.<br />

Eine letzte Spur, die zur Ermittlung der Vorlage für die Berliner Ergänzung eines weiteren<br />

auffälligen Details führen könnte, ist schließlich die Haltung der rechten Hand. Sie wies<br />

schon bei den angeführten Beispielen aus Versailles nicht geringe Varianten auf. Mit<br />

diesen nun hat die der Berliner Statue recht wenig gemeinsam. Vor allem fehlt ihr das<br />

meist weit bis auf den Unterschenkel des zurückgesetzten Spielbeines herabhängende<br />

Gewandende unterhalb ihres linken Armes. Dafür lassen sich nun sowohl in Berlin <strong>als</strong><br />

auch in Dresden je ein Beispiel einer Kleinbronze aufweisen, die sich in dieser Hinsicht<br />

gleichen, wie es bei den bereits aufgeführten großen Kopien so nirgends vorkommt.


Abb.16, Kleinbronze Berlin, Abb.17, Kleinbronze, Dresden, Abb.18,Charpentier<br />

1700, Detail Detail Taf.VIII (seitenvert.)<br />

Abb.19, Charpentier, 1707, Taf. IV,1 Abb.19a, Charpentier, 1707,<br />

Taf. IV,1, Detail<br />

In Berlin ist es die 1993 im Kunsthandel erworbene Kleinbronze (Abb. 16, Detail), deren<br />

Erwerb dann 1996 zu einer Ausstellung Anlass gegeben hatte. Über ihren Hersteller gibt<br />

es bisher keinen Hinweis. 26 Im begleitenden Text hatte Krahn für die Herkunft der<br />

Besonderheiten dieser Kleinbronze u.a. auf einen Stich von Nicolas Chevallier 27 nach<br />

Zeichnungen von René Charpantier aufmerksam gemacht. Darauf führt er den von<br />

Girardon 1668-1669 in Rom zusammengetragenen Nachlass von François Duquesnoy,<br />

den dieser anschließend in seinem Pariser Atelier im Louvre aufgestellt hatte, arrangiert


vor.<br />

Der Bildhauer Nicolas Coustou hatte begonnen, <strong>als</strong> er schon um 1700 nach dem Tode<br />

Girardons in diesem Atelier die Nachfolge angetreten hatte, nach einer der Tonfiguren<br />

Kleinbronzen anzufertigen, von denen ein Exemplar heute im Grünen Gewölbe zu<br />

Dresden wieder zu besichtigen ist, das Leplat 1703 in Paris erworben hatte. 28 Im Vergleich<br />

mit der Berliner Statuette lässt sich nun deutlich erkennen, was diese von der Dresdener<br />

unterscheidet (Abb.16, 17): Bei ihr ist das mit der linken Hand ergriffene und fest<br />

umschlossene Gewandende nicht unter der Hand herabhängend weitergeführt. Das<br />

unterscheidet nun das Berliner Exemplar auch von der Wiedergabe im Stich von<br />

Charpentier (hier seitenverkehrt reproduziert, Abb.18). Darin aber nun gleicht sie<br />

wiederum der Berliner Sandsteinstatue von der Fassade des Portalrisaliten, wie sich auf<br />

undatierten Fotos aus der Zeit vor der Zerstörung unzweifelhaft erkennen lässt (Abb. 5a,<br />

b).<br />

Abb. 20, Charpentier, 1707, Taf. VIII<br />

Damit nährt sich ein Verdacht, der schon bei dem Vergleich mit den Statuen in Versailles<br />

sich hätte aufdrängen können. In dem Berliner Bildhaueratelier ist keine der in der<br />

Akademie vorhandenen Gipsabgüsse <strong>als</strong> Vorbild genutzt worden, sondern ganz<br />

offenkundig der Stich aus dem Tafelwerk des Charpentier. In diesem nun gibt es eine<br />

zweite Tafel, auf der eine weitere Tonfigur von Duquesnoy abgebildet ist, die ebenfalls<br />

einen ergänzten »Antinous« wiedergibt (Abb. 20). 29<br />

Mit diesem Vergleich klärt sich auch der scheinbare Widerspruch im Vergleich der Berliner


Kleinbronze mit der Dresdener. Beide sind nach Duquesnoys Tonfiguren in Bronze<br />

gegossen worden, nur nach verschiedenen, die sich beide in der Sammlung des Pariser<br />

Atelier Girardons befanden. Denn hier bei dieser zweiten lässt sich in der Vergrößerung<br />

des Ausschnittes das die beiden unterscheidende unter der zugreifenden Hand<br />

herabhängende Gewandende deutlich erkennen (Abb. 18, 19a). Und ein letztes Detail<br />

lässt sich nun auch erhellen. Die Statue von der Schlossfassade wies im Gegensatz zu<br />

fast allen zum Vergleich herangezogenen Statuen einen knorrigen Baumstumpf <strong>als</strong> Stütze<br />

auf. Die mutmaßlich wahrscheinlichste Vorlage jedoch hatte weder einen<br />

Palmbaumstamm wie das vatikanische Original (Abb. 1), noch den knorrigen Stamm wie<br />

die Berliner Statue (Abb. 2). Die hatte man in der Berliner Werkstatt nach dem Vorbild des<br />

Neapler Antinous Farnese (im 17. Jahrhundert mit einem Antinouskopf ergänzt) oder<br />

Londoner Hermes Farnese so ausgeführt, da für dieses Material eine Stütze des massiven<br />

Körpers der Figur aus Gründen der Haltbarkeit dringlich erforderlich schien. Zwar ist eine<br />

solche Stütze auf den Stichen nicht wiedergegeben, weil sie für kleine Tonstatuetten nicht<br />

erforderlich waren, <strong>als</strong>o wurde in Berlin dafür eine angemessen erscheinende Lösung<br />

gefunden. Beide Duquesnoy-Versionen (Abb. 19, 20) blicken nun ebenfalls nicht besonnen<br />

vor sich hin, sondern ihr Kopf ist energischer angehoben und ihr Blick geht mit dem leicht<br />

nach rechts gewendeten Kopf in eine unbestimmte Ferne, wie bei der Berliner Statue. Und<br />

dies - so glaube ich - ist der letzte überzeugende Beweis, dass die Sandsteinstatue von<br />

der Portalfassade nicht nach einer - wo auch immer für die Berliner Akademie erworbenen<br />

- Gipskopie des vatikanischen Hermes-Andros angefertigt worden sein wird, sondern nach<br />

einer Stichvorlage, wie beispielsweise die der »Galerie Girardon«, von denen einige<br />

Eosander von Göthe auf seiner Reise noch im ersten Jahr seiner Einstellung in Berlin<br />

nach Frankreich in Paris hätte erwerben können. Die »Galerie Girardon« allerdings kann<br />

auch erst nach dieser Reise dazugekommen sein, da das Entstehungsjahr dieser<br />

undatierten Stiche nur sehr vage zwischen 1700 - dem Jahr der Pensionierung Girardons,<br />

<strong>als</strong> Nicolas Coustou das Atelier übernahm - und 1707 - dem Todesjahr Girardons -<br />

anzunehmen ist. Dieser Schluss nötig nun weiterhin dazu in der Berliner Statue einen<br />

Antinous zu erkennen, da alle einschränken Bedenken – kein Palmbaumstamm,<br />

möglicherweise ein Attribut, sei es Schwert, sei es Caduceus in der linken Hand, Änderung<br />

anlässlich einer Restaurierung 1790 oder Austausch dreier Statuen 1890 – keineswegs<br />

rechtfertigen aus einem Antinous – wie er in dem vorbildlichen Versailles und vielen<br />

weiteren von europäischen Herrschern in Auftrag gegebenen Statuenprogrammen vielfach<br />

vertreten ist – unbedingt einen Merkur/Hermes werden zu lassen, noch dazu ohne die<br />

Flügelpaare an den Füßen, die beim Londoner Hermes Farnese vorhanden sind.


Auch ein Antinous fügt sich problemlos in das von Gröschel sorgfältig rekonstruierte<br />

Herrscherlob auf König Friedrich I in Preußen ein: er vertritt die Allegorie des liebenden,<br />

bis in den Tod getreue Untertan 30 , weswegen ja die vatikanische Statue von Anbeginn an<br />

<strong>als</strong> Antinous bezeichnet wurde, wiewohl er trotz der fehlenden Attribute durchaus <strong>als</strong><br />

Hermes/Merkur hätte erkannt werden können. Warum sollte man nur im protestantischen<br />

Preußen aus diesem Konzept des europaweit gültigen Herrscherlobes ausgebrochen<br />

sein? Weil nur ein König außerhalb des Heiligen römischen Reiches und deswegen aus<br />

Rücksichtnahme auf den Kaiser in Wien das nicht riskieren wollte? Nein! Er hatte beim<br />

Kauf seines Königstitels die Auflage akzeptiert die Königswürde territorial nur außerhalb<br />

des Heiligen Römischen Reiches zu erhalten: in Preußen, nicht aber für die seit 1512 zum<br />

Obersächsischen Reichskreis zählenden Mark Brandenburg. Dort blieb ihm der Rang<br />

eines Kurfürsten. Und deshalb unterscheidet sich die Auswahl für den Portalrisaliten von<br />

denen, die andernorts ebenso eine »Antinous«-Kopie einschlossen. Nicht mehr die<br />

Gründungsgeschichte Roms und des römischen Reiches ist hier der Tenor, wie im<br />

Belvedere schon, mit der der Papst seinen Anspruch auf die Rechtsnachfolge der<br />

römischen Caesaren legitimierte. Hier ist eine antikisierende Anspielung auf das<br />

Gottesgnadentum an diese Stelle getreten: Jupiter verkörpert für ihn symbolische<br />

Erhöhung und Angleichung umgeben von einem innenpolitischen Tugendprogramm.<br />

Zukunft in Preußen, nicht mehr Herkunft, stand am Portalrisaliten in Rede.<br />

<strong>Peter</strong> <strong>Gerlach</strong>, Köln, den 15.April 2009


1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Berlin, SMPK, Skulpturensammlung, Inv. Nr. 8730, Höhe 289 cm; Andreas Schlüter, Bildhauer, * um<br />

1660 Danzig (?) - 1714 St. <strong>Peter</strong>sburg, um 1696 Entwurf für die Statuen u.a. für die Lange Brücke<br />

(Kurfürstenbrücke) in Berlin, Bildwerke nach 1818 verschwunden. Ulrich Thieme - Felix Becker (Hg.),<br />

»Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, Bd. 33, Leipzig 1936, S. 118. Volker Krahn, in: V.<br />

Krahn (Hg.) »Von allen Seiten schön«. Berlin 1996, S. 107-109, jetzt Berlin, Bode-Museum,<br />

Foyer. Sepp-Gustav Gröschel, „Antikenrezeption in Architektur und Plastik des Berliner Schlosses<br />

zur Zeit Friedrichs III./I.“ In: Pegasus, Bd. 6, Berlin 2004, S. 47–79, geht S. 62 wohl<br />

stillschweigend davon aus, daß die figurale Ausstattung von Schlüter sei, in Anm. 40 eine Liste der<br />

jüngsten Schlüterliteratur, aus der ebenso nichts Gegenteiliges zu ersehen ist: Die Frage nach der<br />

Autorenschaft wird von ihm nirgends ausdrücklich gestellt.<br />

Vatikanische Museen, Cortile del Belvedere, Marmorstatue des Hermes, Inv. Nr. 907, Höhe 1,95 m,<br />

Wolfgang Helbig - Hermine Speier, »Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer<br />

Altertümer in Rom«. Bd. 2. Die Städtischen Sammlungen Kapitolinische Museen und Museo<br />

Barracco. 4. völlig neu bearbeitete Aufl. Tübingen 1966, S. 190 - 191, Nr. 246.<br />

Guido Hinterkeuser, »Das Berliner Schloss. Der Umbau durch Andreas Schlüter«. Berlin 2003. =<br />

Hochschulschrift. Teilweise zugleich Phil. Diss., Berlin, Humboldt-Universität, 2002, S. 146.<br />

Francis Henry Taylor – Luigi Salerno, »Artisti, Principi e Mercanti. Storia del Collezionismo da<br />

Ramsete a Napoleone«. Torino 1954, Lib. Nono „L'assolutismo tedesco e l'imitazione di Versailles.“,<br />

S. 529 – 550, bes. „II. Frederico il Grande e la nascità del collezionismo in Prussia.“, S. 535 – 543;<br />

Gröschel (wie Anm. 1) 2004, S. 54, 55, 62 - 63 hat diesen Sachverhalt mit Verweis auf ältere Studien<br />

noch einmal sorgfältig für Architektur und die Statuen der Borussia und des Merkur<br />

zusammengetragen.<br />

5 Guillaume Cassegr(a)in (Lebensdaten unbekannt), Bildhauer und Gießer, 1672 Mitglied der<br />

Académie de San-Luc, Paris, 1666 - 1692 mehrfach in Versailles tätig, an Bronzegüssen nach<br />

antiken Statuen beteiligt; von François Souchal, »French sculptors of the 17th and 18th centuries,<br />

Bd. 2, Oxford 1982, nicht verzeichnet; vgl. Allgemeines Künstlerlexikon, Bd.17, Leipzig 1997, S. 134.<br />

6<br />

7<br />

Johann Balthazar Keller (Zürich, 1638 - Paris, 1702, Thieme-Becker (wie Anm.5), Bd. 20, 1927, S.<br />

95 - 96; Souchal 1982 (wie Anm.5), S. 65 - 110.<br />

Allgemeines Künstlerlexikon, Bd.17, 1997, S. 134; von Souchal 1982 (wie Anm.5), nicht erwähnt.<br />

8 Alfred et Jeanne Marie, »Versailles en temps de Louis XIV. Troisième Partie. Mansart et Robert de<br />

Cotte«. Paris 1976, S. 334. Folgt man Souch<strong>als</strong> Erkenntnissen (1982, wie Anm.5) vom<br />

Fassadenprogramm und seinen Phasen, dann kamen bereits 1648 unter Le Brun Reliefs mit einer<br />

Venus und einem Bacchus <strong>als</strong> Gipsabgüsse in die Akademie. So auch André Fontaine, »Les<br />

Collections de l'Académie Royale de Peinture et du Sculpture«. Paris 1910, S. 3 u. 7; nach 1665, auf<br />

Grund der Entschlüsse während des Besuchs Berninis, kamen weitere Gipsabgüsse hinzu (l.c., S.<br />

28 - 29), so daß 1715 bereits 30 Abgüsse und 1793 ca. 100 vorhanden waren. Henry Testelin,<br />

dessen Autorenschaft nicht ganz gesichert ist, berichtete in »Mémoires pour servir a l'histoire de<br />

l'académie royale de peinture et de sculpture depuis 1648 jusqu'en 1664, publ. par Anatole de<br />

Montaiglon«. (Tom. I, Paris 1853, S. 59) von Statuen "moulées sur l'antique meme, telles que la<br />

Vénus, le Bacchus, le Faune, l'Apollon grec, etc [...]." Wann und von wo eine Kopie des »Antinous«<br />

dorthin kam, geht aus den veröffentlichten Dokumenten bisher nicht hervor. Jedenfalls muss 1683 in<br />

Paris eine Kopie oder ein Abguss vorhanden gewesen sein.<br />

9 Marie 1976 (wie Anm.8), S. 337.<br />

10 Thieme-Becker (wie Anm.5), Bd. 22, 1928, S.184: Vornahme und Lebensdaten (* Paris) unbekannt,<br />

1680 Schüler der französischen Akademie in Rom. Von seiner Tätigkeit scheint nur diese eine Arbeit<br />

nachweisbar, 1680 - 1684 in Rom kopiert, vgl. François Souchal, „La collection du sculpteur Girardon<br />

d'après son inventaire après décès." In: Gazette des Beaux-Arts, Bd. 82, 1973, Bd. II, S.193, Nr. 2.<br />

Welche Vorlage für diese Kopie ihm zur Verfügung stand, erörtert Souchal nicht, da er die<br />

Auffälligkeit der Ergänzung der linken Hand nicht einmal erwähnt. Zu den zwei Abgüssen, über die<br />

die Akademie in Rom seit 1680 verfügte, belegbar aus dem Inventar, das Sieur Charles Errard am 6.<br />

12. 1684 anfertigen ließ, siehe Anatole de Montaiglon, »Correspondance des Directeurs de<br />

l'Académie de France à Rome avec les surintendants des bâtiments [...]«. Bd. I – VII., Paris 1887-<br />

1912, hier: Bd. I, Paris 1887, S. 129; Henry Lapauze, »Histoire de l'Académie de France a Rome«.<br />

Bd.1 - 2, Paris 1924, S. 45 u. 47 (Aufforderung an Coypel, 1673). Zu einem Exemplar bei der


Neueinrichtung nach Umzug der Académie de France à Rome 1727 über das Wleughel in einem<br />

Brief berichtet, in: Montaiglon 1897, Vol. VII, S. 333, 336: „3066 – État des Appartemens.“ Im Jahre<br />

An II stand in der Galerie d'Apollon ebenfalls ein Gipsabguss nach dem belvederischen Original,<br />

Montaiglon 1887, Bd. I, S.205, Nr. 597 (67). Eine Anfrage in Rom ergab, daß sich keine davon mehr<br />

im Bestand der Akademie auffinden lässt.<br />

11 1666 Paris - 1719 Rom, ab 1690 für Versailles tätig, Thieme-Becker (wie Anm.5), Bd. 22, 1928, S.<br />

576 führt diese Statue <strong>als</strong> Arbeit seines Vaters Pierre Le Gros I auf; Souchal 1982 (wie Anm. 5), S.<br />

262, Nr. 43, Abb. S. 263 machte diese Marmorkopie ausfindig, die Le Gros II für die Nordrampe des<br />

Parterre de Latone anfertigte: Kopie nach Abgüssen aus dem Magazin des Antiques, Dez. 1683 -<br />

1684. Piganiol de la Force, »Nouvelle description des château et parces de Versailles et de Marly«.<br />

Paris 1764, Bd. 2, S. 306; Stanislas Lami, »Dictionnaire des sculpteurs de l'école de France sous le<br />

Règne de Louis XIV«. Paris 1906, S. 79; Ch. Pinatel, »Les statues antiques des Jardins de<br />

Versailles«. Paris 1965, S. 19; Marie 1976 (wie Anm.8), S. 335, Fig. 132.<br />

12<br />

»Recueil des Figures, Groupes, Thermes, Fontaines, Vases et autres Ornemens tels qu'ils se voyent<br />

à présent dans le Chateau et Parc de Versailles, gravé d'après les Originaux. Par Simon Thomassin<br />

graveur du Roy«. A Paris, chez S. Thomassin, Graveur du Roy, 1694, S. 16, Taf. 36.<br />

13 Gertrud Platz-Horster, „Zur Geschichte der Berliner Gipssammlung." In: Willmuth Arenhövel - Christa<br />

Schreiber, »Berlin und die Antike. Architektur, Kunstgewerbe, Malerei, Skulptur, Theater und<br />

Wissenschaft vom 16. Jahrhundert bis heute«. Aufsätze. Ergänzungsband zum Katalog der<br />

Ausstellung Berlin und die Antike veranstaltet vom Deutschen Archäologischen Institut und den<br />

Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz aus Anlaß des 150jährigen Bestehens des Deutschen<br />

Archäologischen Instituts, Berlin, Schloß Charlottenburg - Große Orangerie, 22. April bis 22. Juni<br />

1979, S. 273 - 292, hier: S. 273. Ebenso hält Gröschel (wie Anm.1) 2004, S. 67 - 68 in seiner<br />

gediegenen Argumentation das mit Hermes-Attributen ausgestattete Londoner Exemplar wegen des<br />

Baumstumpfes statt des Palmstrunkes für das Vorbild für Berlin und verweist auf eine Abbildung<br />

dieser Statue in der Stichpublikation von Pietro Aquila (1650-1692), »Galeriae Farnesianae Icones<br />

Romae in aedibus Sereniss. Ducis Parmensis ab Annibale Carracio ad Veterum aemuationem<br />

posterorumq. admirationem coloribus expressae cum ipsarum monocromatibus et ornamentis, a<br />

Petro Aquila delineatae incisae«. Roma 1674, Taf. 19, ohne zu erwägen, ob es nicht auch die<br />

Neapler Antinous-Statue hätte sein können, die zur fraglichen Zeit ebenfalls in der Sammlung<br />

Farnese in Rom zu sehen gewesen ist. Allerdings trägt dieser kein Gewand über der Schulter.<br />

14<br />

Paul Decker d. Ä. (Nürnberg 1677 - Bayreuth 1713), Entwurf der Fassade des Spreeflügels Kleiner<br />

Schlosshof und Risalit Großes Treppenhaus, 1703, Kupferstich, Platte 34,8 x 71,8 cm, bez. u. li.:<br />

"A.Schlüter Architect." / "Cum Privileg. Sac. Cas. Maj:"; u.re.: P. Decker sculpsit Berolini" / "Ieremias<br />

Wolff excud. Aug. Vind.", Skala: 140 [Rheinl. Fuß = 33,5 cm], in: Decker 1706, enthält 5 Kupferstiche<br />

vom Berliner Schloss und Zeughaus. vgl. Hinterkeuser 2003 (wie Anm.3), S.146 (mit älterer Literatur,<br />

Abb. (o.Nr.), Kat. Nr. 143, Abb.<br />

15 vgl. dazu <strong>Peter</strong> <strong>Gerlach</strong>, „Warum hieß der „Hermes-Andros“ des vatikanischen Belvedere<br />

„Antinous“?" In: »Il Cortile delle Statue. Der Statuenhof des Belvedere im Vatikan.« Akten des<br />

internationalen Kongresses zu Ehren von Richard Krautheimer, Rom, 21.- 23.Oktober 1992, hrsg.<br />

von Matthias Winner, Bernard Andreae, Carlo Pietrangeli, Mainz 1998, S. 355 - 377, und die dort<br />

genannte Literatur.<br />

16<br />

Margarete Kühn, „Zum Antikenverständnis am Berliner Hof von Kurfürst Joachim II. bis zu König<br />

Friedrich dem Großen." In: Arenhövel 1979 (wie Anm.13), Katalog, S. 23 - 42., bes. S. 27- 30, die<br />

leider nicht auf die Statuen der Fassade des Portalrisaliten einging und <strong>als</strong> Argument den<br />

Kalvinismus nicht in ihre Analyse einfließen ließ.<br />

17 Gröschel 2004 (Anm.1), S. 65 – 68 kommt zu einer konsistenten ikonographischen Interpretation des<br />

Statuenensembles. Er stützt seine allegorische Interpretation im wesentlichen auf Begers<br />

»Thesaurus [...]«, und Sandrart, »Ovidii [...]«, geht auf die Frage, wer dieses Konzept hat entwerfen<br />

können und wer gar die Statuen ausgeführt hatte, nicht erst ein.<br />

18<br />

Jean Baptiste Broebes (Paris 1660 - 1720), »Vue des Palais et Maisons de Plaisance de sa Majesté<br />

le Roy de Prusse«. Augsburg 1733. Neudruck kommentiert von Fritz-Eugen Keller, Nördlingen 1999.,<br />

Taf. 3, Radierung, Platte 13,5 x 34,8 cm, bez. unten Mitte: "Palais Royal, en dedans de la Cour, auec<br />

la Coupe du G. Escalier. p. Schlüter 1704" / "du Dessin du S. Cheutter" (überdeckt die Wörter: "o


19<br />

ntenc [...] de Sch [...]"; unten li.: "Cum Privil. S. C. M." . Dazu Goerd Peschken, »Das Königliche<br />

Schloss zu Berlin. Band 2. Die Baugeschichte von 1701 - 1706«. München - Berlin 1998., S. 26-35,<br />

Abb. 12; Goerd Peschken, „Beobachtungen zu Jean Baptiste Broebes." In: Aspekte der Kunst und<br />

Architektur in Berlin um 1700. Hg. von Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-<br />

Brandenburg, Potsdam 2002, S.150-155 erläutert die unterschiedliche Zuverlässigkeit der<br />

Wiedergaben auch von Details an einigen von den Radierungen; Hinterkeuser 2003 (wie Anm.3),<br />

S.146 (mit älterer Literatur), Abb. (o.Nr.), Kat. Nr. 145, Abb., der zu diesem Druck bemerkte: " [...] auf<br />

der der authentische Zustand wiedergegeben ist", aber dabei nicht auf den Gedanken kam - wie alle<br />

übrigen Architekturhistoriker auch, die zahlreich über die Baugeschichte des Berliner Stadtschlosses<br />

zu durchaus unterschiedlichen Aspekten in den letzten Jahren publiziert haben, auf das Fehlen der<br />

Statuen auch nur hinweisen. In der »Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und<br />

Potsdam, aller daselbst befindliche Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend, Kartenbeilage<br />

am Ende von Bd. 1«. (Berlin, Nicolai, 1779), zitiert nach der 3., völlig umgearb. Aufl. 1786, S.108<br />

heißt es lediglich: "[...] Im inneren Schloßhofe fällt sogleich das mittelste große Portal, ein<br />

Meisterstück Schlüters, in die Augen. Es hat acht große freistehende korinthische auf Würfeln<br />

ruhende Säulen mit dahinterstehenden Wandpfeilern, welche die Höhe der zwei untern Geschosse<br />

haben. Sie tragen einen freien Gang, an dessen Brustgeländer Postamente sind; auf denselben<br />

Bildsäulen. […].“<br />

1669 - 1728, seit 1699 Hofarchitekt, ab 1702 statt Schlüter 1. Bau-Direktor und ab 1707 bis 1713<br />

Schloßbau-Direktor: AKL (wie Anm.7), Bd. 34, 2002, S. 192 - 194; Alexander Holland, »Johann<br />

Friedrich Eosander genannt von Göthe (1669-1728). Anmerkungen zu Karriere und Werk des<br />

Architekten, Ingenieurs und Hofmannes am Hof Friedrich I. in Preußen«. = Diss. Freie Universität<br />

Berlin 1999, Weimar 2002.<br />

20 Hinterkeuser 2003 (wie Anm.3), S. 152: "[…]. Und der große Treppenhausrisalit ist unter Schlüter<br />

auch nicht vollendet worden, so daß für die acht großen Figuren dort dasselbe gilt."<br />

21 Von Heinz Ladendorf, »Andreas Schlüter«. Berlin 1937 bis Guido Hinterkeuser, „Herkules und<br />

Minerva. Eine neu aufgetauchte Zeichnung von Andreas Schlüter". In: Weltkunst, Bd. 75, No. 12<br />

München, 2005, S. 54 – 55. Vgl. die Literaturliste bei Gröschel 2004 (wie Anm.1), Anm. 40.<br />

22 Lieselotte Wiesinger, „Berliner Maler um 1700 und die Gründung der Berliner Akademie der Künste<br />

und mechanischen Wissenschaften". In: Arenhövel (wie Anm.13) 1979, Katalog S. 80 – 92, S. 80;<br />

Platz-Horster 1979 (wie Anm.13), S. 273; Krahn 1996 (wie Anm.1), S. 107, Anm. 80; Klaus Stemmer,<br />

„Antikenstudium nach Abgüssen an den Kunstakademien des 18. Jahrhunderts." In: »Die Kunst hat<br />

nie ein Mensch allein besessen. Akademie der Künste. Dreihundert Jahre Hochschule der Künste«.<br />

Berlin 1996, S. 67.<br />

23 Hans Müller, »Die königliche Akademie der Künste zu Berlin. 1696 bis 1896«. Bd. 1: Von der<br />

Begründung durch Friedrich III von Brandenburg bis zur Wiederherstellung durch Friedrich Wilhelm II<br />

von Preussen. Berlin 1896.<br />

24 Platz-Horster 1979 (wie Anm.13), S. 273: 1742/43 (?); Krahn 1996 (wie Anm.1), S. 107, Anm. 80:<br />

1743, beide indessen ohne Angabe einer Quelle.<br />

25 Wiesinger 1979 (wie Anm.22), S. 82 - 83, Kat. Nr. 120; Stemmer 1996 (wie Anm. 22), S. 67.<br />

26 Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Skulpturensammlung, Höhe 31,5 cm, 2. Hälfte<br />

17. Jahrhundert; Krahn 1996, (wie Anm.1), S. 500 - 501, Nr. 180, Abb. S. 100 (ohne Angabe der Inv.<br />

Nr.). Eine Datierung auf um 1700 hat eine höhere Wahrscheinlichkeit, da Nicolas Coustou zu der Zeit<br />

mit der Verwertung der Tonfiguren im Auftrag der Familie und Erben Girordons beauftragt gewesen<br />

ist.<br />

27 René Chevalier, »Cabinet du Sieur Girardon«. Paris, [1709], VIII Taf., Stich von Nicolas Chevalier<br />

nach Zeichnung von René Charpentier; »Katalog der Ornamentstichsammlung Berlin«. Bd. 2, Nr.<br />

4041 (Kriegsverlust). René Charpentier (Charpantier), 1680 - 1723, Bildhauer, Schüler Girardons,<br />

Thieme-Becker (wie Anm. 5), Bd. 6, 1912, S. 410. Nicolas Chevalier, A. 18. Jh., op.cit, S. 474; Abb.<br />

bei H. Landais, „Some Bronzes from the Girardon Collection.“ In: The Connoisseur, Bd. 148, 1961,<br />

No. 596, S. 140 - 141. Souchal 1973 (wie Anm.11), Bd. II, S. 1 - 98., Pl. I - XIII.<br />

28<br />

Inv. Nr. IX 76, Höhe 33,9 cm, Bronze, datiert "vor 1714"; <strong>Walter</strong> Holzhausen, „Die Bronzen August<br />

des Starken in Dresden“. In: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen, Bd. 60, 1939, S. 157 –<br />

186, hier S.183; Virginie Spenlé, „Les acquisitions de Raymond Leplat à Paris." In: Bèatrix Saule –


Dirk Syndram, »Splendeur de la cour de Saxe. Drede à Versailles«. Ausstellungskatalog Versailles<br />

2006, Paris 2006, S. 70 - 79.<br />

29 Chevalier [1709] (wie Anm. 27), IV Taf., Souchal 1973 (wie Anm. 11), gab für diese die irrige Nr. III,I<br />

an.<br />

30 Diese ikonologische Deutung läßt sich aus der Numismatik-Literatur beispielsweise belegen. Das gilt<br />

von Menestrier (1627/1642), Tristan (1635/1644), Pomey (1656) bis Tournemine (1713). Auch aus<br />

den knappen Angaben in den Reiseberichten von Moryson (1594) bis Raguenet (1701) geht dies<br />

hervor; umfangreiche Titelliste bieten dazu Xenja von Ertzdorff et al. (Hg.), »Reisen und<br />

Reiseliteratur im Mittelalter und in der frühen Neuzeit«. Amsterdam 1992 und Vito Castiglione<br />

Minischetti - Giovanni Dotoli - Roger Musnik, »Bibliographie du Voyage Français en Italie du Moyen<br />

Âge à 1914«. Paris 2006. Ebenso im Lexikon von Bayle (1697) wurde der Opfertod <strong>als</strong><br />

bemerkenswert angeführt. Die Göttinger Thesenverteidigung »Antiquitates Antinoi. Pro summis in<br />

philosophia honoribus obtinendis. Praes. Immanuele Webero, sistit Michael Snell«. Gissae, Vulpius,<br />

1707, der ersten monographische Abhandlung zur Geschichte und Biographie der historischen Figur<br />

des Antinous, setzte sich kritisch mit der literarischen Überlieferung auseinander und versucht<br />

nachträgliche Legenden von historisch Aussagekräftigen zu trennen, mit dem Schluss, daß einzig<br />

der mögliche Opfertod im Nil – und damit ein Vergleich zum Opfertod Christi – eine angemessene<br />

literarische Substanz für sich in Anspruch nehmen könne, bestätigte einmal mehr diese Deutung<br />

unter Berufung auf die Numismatik-Literatur. Ihre Fortsetzung fand diese spezifische Deutung eine<br />

Generation später im Programm für die figurale Ausstattung von Sanssouci, wo von Friedrich II. sie<br />

gleich sechs Mal genutzt wurde, vgl. dazu <strong>Peter</strong> <strong>Gerlach</strong>, „Komplikationen in Sans-Souci. Über vier<br />

Kopien dreier Antinoustypen im Park, 1746-1858“, http://www.peter-gerlach.eu/pubindex.php?<br />

cont=2010a.

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