Bildnis in Bild und Wort - Walter Peter Gerlach, Forschungsprojekte

Peter Gerlach
Anblick des Anderen
Imagination, Konstruktion, Beschreibung von Bildnissen.
Mir stellt sich eine entscheidende Frage immer dringlicher und einen Vorschlag zur
Beantwortung möchte ich vorbringen:
Woher bezog man das Vokabular, mit der man angemessen die äußere Erscheinung eines
Individuums der Gegenwart, sein Gesicht oder seine Gestalt beschreiben und darstellen zu
können glaubte und glaubt und welche Einschätzung von charakterlichen Eigenschaften
verband man mit dieser Erscheinung und ihrer bildlichen Darstellung in bildender Kunst und
Literatur?
Läßt sich rekonstruieren, was zur Verfügung stand?
Zu meiner frühen Lektüre gehörten Texte von Kafka und Rimbaud, Sartre und Thomas Mann,
Brecht und Dostojewski mit ihren zahlreichen Personenschilderungen. Als Beispiel davon
führe ich folgende Beschreibung des leitenden Arztes des Lungensanatoriums aus dem
Zauberberg von Thomas Mann:
"Er war ein knochiger Mann, wohl drei Köpfe höher als Dr. Krokowski, schon ganz weiß auf
dem Kopf, mit heraustretendem Genick, großen, vorquellenden und blutunterlaufenen Augen,
in denen Tränen schwammen, einer aufgeworfenen Nase und kurzgeschnittenem
Schnurrbärtchen, das schiefgezogen war, und zwar infolge einer einseitigen Schürzung der
Oberlippe. Was Joachim von seinen Backen gesagt hatte, bewahrheitete sich vollkommen,
sie waren blau; und so wirkte sein Kopf denn recht farbig gegen den weißen Chirurgenrock,
den er trug, einen über die Knie reichenden Gurtkittel, der unten seine gestreiften Hosen und
ein Paar kolossale Füße in gelben und etwas abgenutzten Schnürstiefeln sehen ließ." 1
Durch ihn und die anderen Autoren lernte ich einige sehr unterschiedliche
Beschreibungsstrategien menschlicher Erscheinung kennen. Jedoch kaum eine ließ sich mit
dem vereinbaren, was mir vom Äußere an Personen meiner Umgebung als bestimmend in
Erinnerung war. Entweder sah ich etwas anderes als diese Schriftsteller, oder - was
wahrscheinlicher ist - ihre Sprache folgte einer nicht auf einen gleichen Alltag ausgerichteten
Intention wie die meine, so mühelos auch ihre Formulierungen meine Vorstellung mit
durchaus lebendigen Gestalten füllten.
Mit einem Wort: Zwischen dem Bild in meiner Erinnerung und diesen Textangeboten blieb
eine breite Kluft bei der Beschreibung lebender Personen unüberbrückbar offen. Umgekehrt
hatte ich seit Schulzeiten das Bildnis eines berühmten europäischen Künstlers - ein
Altersbildnis Leonardos (Giuseppe Bossi, Bildnis Leonardo da Vinci, Turin, Bibliothek, um
2
1800) - als authentisch vor Augen, bis Hans Ost 1980 nachweisen konnte, daß es sich um
eine Konstruktion des beginnenden 19. Jahrhunderts handelte.
1

3
Beschäftigen wir uns kurz mit einem frühen Fall von Bildnis , an dem sich ein Aspekt
erläutern läßt:
Kuno von Falkenstein (* - + 1388), Erzbischof und Kurfürst von Trier, Perikopenbuch, Hs 6,
4
Fol. 2v, Trierer Domschatz, 1380. Zum Vergleich sei herangezogen: Kuno von Falkenstein,
5
Statue am Schönen Brunnen in Nürnberg und Kuno von Falkensteins Grabmonument,
Koblenz, St. Kastor, um 1388. 6
Von diesem Trierer Kurfürsten Kuno von Falkenstein - er amtierte 1362-1388 - existiert in
7
einer Chronik aus Limburg eine zeitgenössische Personenbeschreibung, in der der Autor
ausdrücklich bestätigt, daß er den Kurfürsten leibhaftig gesehen habe:
"Item nu saltu wißen phyzonomien unde gestalt hern Conen vurgenannt, want ich in dicke
(oft) gesehen unde geprufet han in sime wesen unde in mancher siner manirunge (Eigenart).
/ He was ein herlich stark man von libe (am Leibe) unde wol gepersoniret / unde groß von
allem gelune (Ansehen), / unde hatte ein groß heupt mit eime struben widem brunen krulle,
ein breit antlitze mit pußenden backen, ein scharp menlich gesichte, / einen bescheiden mont
mit glefsen (Lippen) etlicher maße dicke; / di nas was breit, mit gerumeden naselochern, die
nas was ime mitten nider gedrucket; / mit eime großen kinne unde einer hohen stirne, / unde
hatte auch ein groß brost (breite Brust) / unde rodelfare (rote Ringe) under sinen augen, /
unde stont uf sinen beinen als ein lewe, / unde hatte gutliche geberde gen sinen frunden, /
unde wanne daz he zornig was, so pußeden und floderten ime sine backen und stonden ime
herlichen unde wislichen unde nit obel. / Want der meister Aristoteles sprichet in dem virden
buche Ethicorum: Non irasci, in quibus oportet, insipientis esse." Daz heißet also: Wer nit
umb not zorn enthalt, daz enist nit eins wisen rait."
("Nun also sollst Du die Physiognomie und Gestalt des vorgenannten Herrn Kuno
kennenlernen, den ich oft gesehen und in seinem Wesen und mancher Eigenart erfahren
habe. Er war ein herrlich starker Mann in Betreff des Körpers (1), eine Persönlichkeit, groß
von Ansehen, hatte ein großes Haupt mit struppig-lockigem Haar (2), ein breites Gesicht (3)
mit Pausbacken (4), einen kühnen Blick (5), einen ausdrucksvollen Mund (6) mit dicken
Lippen, die Nase (7) war breit mit großen Nasenlöchern, sie war in der Mitte eingedrückt, mit
einem großen Kinn (8) und einer hohen Stirn (9). Er hatte eine breite Brust (10) und rötliche
Ringe unter den Augen (11). Er stand auf seinen Beinen (12) wie ein Löwe. Er hatte gütige
Gebärden (13) seinen Freunden gegenüber. Wenn er zornig war, dann blies er seine Backen
auf, daß sie flatterten: das stand ihm herrlich und weise und nicht übel an. So spricht der
Meister Aristoteles in seinem 4.Buch der Ethik [... Das heißt]: Wer nicht - wo nötig - zornig
wird, hat nicht den rechten weisen Rat." 8
Manches mag man an den Darstellungen von der Beschreibung des Chronisten problemlos
wiedererkennen. Allerdings entzieht sich der Satz "Er stand auf seinen Beinen wie ein Löwe"
der unserer unmittelbaren Erkennbarkeit. Hierbei handelt es sich nämlich um eine
besondere Metapher, die uns in die sprachliche Welt der Physiognomie-Texte führt.
Leonardo : Leoniner Kopf, Windsor 12.504. / Leonardo, Alter Mann mit Löwenkopf, 1498/99,
Windsor 12.502, P.142.
In der PHYSIOGNOMONIA des Pseudo-Aristoteles (auf der Tabelle die erste Spalte) werden
als Kennzeichen des Leoninen folgende Merkmale aufgeführt: "Haare, die weder glatt noch
allzu kraus sind" (III,F,8 - 11), "der ganze Körper artikuliert und nervig-kraftvoll" (articulatum
et nervosum) (III,F,11), "die Nase eher dick als fein (magis grossum quam subtilem), die
Augen sind nicht zu rund, nicht zu vorstehend, die Brauen recht groß, der Hals lang und
2

mäßig breit (III,F,2-9), die Stirn an Nasen- und Augenbrauenansatz 'wolkenartig' (sicut
nubes) übersteht" (III,F,8).
Besondere Merkmale scheinen es zu sein und in Leonardos beiden Zeichnungen werden sie
vorgetragen. Wir können sie etwa mit dem uns noch geläufigen - eher negativ konnotierten -
Typen eines "Salonlöwen" verbinden.
Was aber haben wir von dem historischen Kurfürsten zu halten? wie müssen wir damit
umgehen?
Vergleichbares in der Darstellung männlicher Bildnisse finden wir z.B. in süddeutschen
Beispielen, allerdings erst 100 Jahre später regelmäßig.
Tirolischer Bildhauer, Grabmal des Brixener Domherr (1468 - 1496/97) Achaz Mornauer,
E.15.Jh., B.107 / Meister des Halepagen-Altars, Bildnis eines alten Mannes mit
aufgeschlagenem Buch, um 1490 ? (Ähnlich dem Hieronymus auf dem Helepagen-Altar.),
B.4 / Ulmer Meister von 1500, Richter Dr.iur. Johann Wespach aus Memminger
Patrizierfamilie, der 1507 starb, München, Kunsthandel.
Ihnen gemeinsam mit dem Trierer Kurfürsten ist die Darstellung einer fülligen Frisur, die
hochgezogenen Augenbrauen und die abwärts gebogenen Mundwinkel.
In Abstufungen wird hier offenkundig eine bildliche Formel für einen Herrscheraspekt für das
jeweilige Bildnis verwendet. Der messianische Löwe von Juda ist Salomon. Die dem Löwen
9
zugeschriebene Großmütigkeit ist eine der entscheidenden 4 (Kardinal -)
Herrschertugenden. Nun erinnern wir uns, daß auch der Limburger Chronist dem Kuno diese
Tugend zubilligt, zumindest seinen Freunden gegenüber. Er beschrieb ihn als Choleriker mit
den "pußenden Backen", den blutunterlaufenen Augen usw.: für dieses Temperament steht
nun der Löwe als Symboltier nicht nur bei Dürers "Vier Aposteln" : der Evangelist Markus (li.
mit Apostel Paulus), 1526, München, Alte Pinakothek.
Bilderwelt und sprachliche Umsetzung des mit eigenen Augen gesehenen bedienen sich
solcher überlieferten Raster zur Bestimmung des individuell Charakteristischen. Und diese
Raster haben wir bei der Analyse von Bildnissen mit ins Kalkül zu ziehen, gehörte doch die
10 11
Temperamentenlehre zumindest seit Savonarola zum verbreitetsten Kategoriensystem
zur Erfassung individueller Differenz nicht nur in der Astrologie, sondern ebenso in der
Medizin. Kuno ist nun nicht bärtig: aber dennoch wird der Aspekt herausgestellt, der ihn zu
diesen Varianten der Temperaments-Formulierung gehörig ausweist.
Was aber gab es an genuin bildnerischen Überlegungen, wie denn nun die je individuelle
Differenz der Form von Gesichtern zu erfassen sei?
Damit kommen wir nunmehr zur Frage der bildlichen Konstruktion: Dürers
Konstruktionsverfahren aus dem 3. Buch "Von menschlicher Proportion" von 1528 zeigt. Auf
der Basis einer regelmäßigen Quadratteilung werden durch Verschiebung der Abstände
zwischen den Parallelen Varianten gebildet, die je eine Ausdrucksvariante kennzeichnen.
Albrecht Dürer, Kopf-Konstruktionen Enface, 1528. / Albrecht Dürer, Kopf-Konstruktion im
Profil, 1528.
Gibt es analoges in der bildnerischen Praxis v o r Dürer?
Das Altarfragment von Riemenschneider stelle ich eine Reihe von Köpfen aus dem gleichen
und anderen Werken Riemenschneiders gegenüber. Hier ist der Vergleich der Variationen
in der Gesichtsbildung aufschlußreich.
Riemenschneider, Wiblinger Altar, Kaiphas-Gruppe, Detail, um 1485, Harburg, Der Ankläger
3

aus Relief vom Grabmal Heinrich II Bamberg, 1499-1513, Erzengel Michael, ebendort. (s),
Sebastian aus Oberzell, um 1490, München, Bay.Nat.Mus. (s), Christus aus der
Beweinungsgruppe in Maibronn, um 1519-23, Bärtiger Hauptmann aus der
Beweinungsgruppe in Maibronn, um 1519, Kunigundes Vater, Bamberger Heinrichs-Grabmal,
1499 - 1513. (s), Apostel Philippus, Würzburg, Marienkapelle, 1500/1506.
Der letztere fällt heraus: er stellt einen anderen Temperament-Typus dar. Ansonsten herrscht
Familienähnlichkeit vor, trotz des Altersunterschiedes, das ist offensichtlich.
Diese Gegenüberstellung macht eines wahrscheinlich: Dürer reduzierte auf ein lehrbares und
kontrollierbares Schema, was seit mindestens einer Generation vor ihm ein geläufiges
Verfahren zur Konstruktion von Individualisierung in der bildhauerischen Praxis schon war.
Er hat also keineswegs etwas völlig Neues erfunden. Vielmehr hat er ein Prinzip geometrisch
beschrieben, das unabhängig vom Medium sowohl für die Zeichnung als auch in der Malerei
und Bildhauerei anwendbar ist. Es wäre an weiteren Fällen vor Dürer zu prüfen, ob dieses
Verfahren in der Praxis auch andernorts und bei anderen Künstlern bereits geläufig gewesen
ist. 12
Aber nicht nur derartige beliebige Varianten bestimmten die kompositorische Entscheidung
von Künstlern. Sie brauchten ein Kriterium für die Auswahl einer geeigneten Variante aus
dem verfügbaren Spektrum.
So wird von Donatello (zugeschr./Desiderio da Settignano, als: Gino Capponi), Bildnis des
Florentiner Patriziers Niccolò da Uzzano (?) (1359 - 1431), Vorsitzender der Kommission der
Calimala, Bankier und Staatsmann. Terracotta, um 1460-1480: ganz offenkundig eine
13
Caesaren-Kopf Imitatio angestrebt , wie die Imitatio Christi bei Dürers Selbstbildnis von der
Forschung allgemein akzeptiert ist: Albrecht Dürer Selbstbildnis als Christus, 1500,
München, AP: (Imitatio Christi, Thomas a Kempis 1494 in Nürnberg gedruckt, Conformitas
Christi).
Um das für den Uzzano nachvollziehen zu können, biete ich folgende Vergleiche an:
Julius Cäsar, röm Büste, Turin, 3.V. 1.Jh. vor Chr.; Römische Münze, Julius Caesar, 48-47
v.Chr.; Desiderio da Settignano, Julius Caesar, Marmorrelief, um 1450-53, Louvre und aus
Della Porta, De Humana Physiognomia von 1586: männlicher Kopf im Profil und Adlerkopf.
Die letzten beiden kommen der Physiognomie Uzzanos am nächsten, sie stehen ihm auch
zeitlich näher, aber nicht nur deswegen. Damit schließt sich der Kreis wieder auf den
Zusammenhang mit der Physiognomie, auf den wir bereits mit dem Löwen-Typ bei Leonardo
gestoßen waren.
Die übrigen von Uzzano bekannten Bildnisse lassen sich rasch zur Bestätigung des bisher
gesehenen durchsprechen:
Christofano dell'Altissimo, Uzzano, 1580/90, Uffizien: offensichtlich handelt es sich um eine
Kopie nach der Büste. Niccolo Spinelli, Münzbild des Uzzano, um 1500; Benozzo Gozzoli,
Bernardo Giugni 62j., Florenz, Palazzo Medici-Riccardi, Capella dei Magi, um 1461. (368,
Nr.23).
Das letzte wurde immer wieder für Uzzano in Anspruch genommen. Aus seiner politischen
Haltung den Medicis gegenüber, neigt man neuerlich dazu - wiederum auf Grund von
Ähnlichkeiten mit andern Bildnissen eines gewissen florentiner Patriziers Giugni auch in
dieser Darstellung zu identifizieren. Ließe sich diese Vermutung durch andere unabhängige
Belege erhärten, hätten wir einen Beweis dafür, daß die Adler-Ähnlichkeit als
physiognomisches Merkmal nicht primär für Bildnis-Treue spräche, sondern Ausweis einer
4

für diese Personen beanspruchten Tugend all'antica. 14
Angesichts der sprunghaft steigenden Zahl und Vielfalt von Individual-Bildnissen seit der Zeit
Karl IV. und der Parler in weiten Teilen Europas, weit über die höfische Kunst hinaus, stellt
sich mein eingangs geschilderte privates Dilemma nunmehr als ein fachlich - methodisches
Problem. Als Kunsthistoriker müssen wir Vorsicht walten lassen. Zu schnell ist man geneigt,
dem Grad bildlicher Differenziertheit ein ebenso breites Spektrum individueller Charakteristik
des Dargestellten als Intention des Künstlers zu unterstellen. Dabei sind die jetzigen
Vorstellungen von der jeweiligen Person meist gewonnen aus zeitgenössischen
15
biographischen Bemerkungen oder gar aus späteren Einschätzungen des Charakters
historischer Figuren aufgrund historisch als relevant erachteter Taten. Dies mag dann für
einen einfühlenden Nachvollzug angemessen dünken, für eine wissenschaftliche
Rekonstruktion jedoch bedarf der zeitgenössische Kontext einer sorgfältigen Überprüfung.
Der Idealfall wäre, wenn es gelänge, mindestens zwei von einander unabhängige
zeitgenössische Quellen von Beschreibungen der Charakteristika einer Person aufzuspüren,
die sich gegenseitig bestätigen oder zumindest ergänzen. Nur auch diese bedürften
wiederum eines zulässigen gemeinsamen Interpretationsrahmens, dessen wir uns zuvor zu
vergewissern haben.
Gibt es nun einen solchen Interpretationsrahmen für Bildnisse, sagen wir des späten 14. bis
16.Jahrhunderts? Oder anders gefragt: Unter welchen Prämissen wurden diese Bildwerke
hergestellt? Welche Äußerungen gibt es dazu? Welche Texte lassen sich als von einander
unabhängige Quellen aufweisen, die sich auf die Vorstellung von individueller Erscheinung
und deren charakterlicher Einschätzung beziehen lassen? Diese will ich ihnen nunmehr
vorstellen.
Einige der Bedingungen der Vorstellung von individueller Erscheinung kennen wir aus der
kunsttheoretischen Literatur. Sie wurden um die Mitte des 15.Jh. z.B. von Leon Battista
Alberti in seinen Büchern "De Pictura" und in "De Statua" formuliert: 16
Aufgabe der Malerei, bzw. der Bildhauerei, sei es Menschen darstellen: Mit "Historia" ist der
Handlungskontext für die "persona" bezeichnet (individuum bezeichnet im lateinischen das
Atom, nicht aber ein menschliches Wesen, der heutige Begriff ist also keineswegs
17 benutzbar ).
Der Handlungskontext wird spezifisch im Hinblick auf die einzelne Figur betrachtet. Das aber
meint ihre soziale Rolle - oder an ihr selber: ihre s o z i a l e Besonderheit.
"Actio" - hier in gebührender Kürze formuliert - drückt die sie bezeichnende Handlung und
Gestalt durch jegliche Form in körperlicher Bewegung aus. Dadurch unterscheidet sie sich
wiederum von den Anderen der "historia". Sie zeichnet sich als unterschiedene "persona"
aus, stellt somit ihre psychische Besonderheit dar.
Dabei wird der "habitus" von einer festen Anzahl von Regeln bestimmt, deren
gesellschaftliche Signalfunktion den jeweiligen "modus" bestimmt. (habitus > modus)
Für diese Überlegung Albertis gilt - wie übrigens auch für alles noch Folgende -, daß wir
derartige theoretische Synthesen zeitlich immer als einer praktischen Entwicklung und
Erprobung um etwa eine Generation nachfolgend, also als später begreifen müssen: In ihnen
wurden künstlerische Lösungen, die mindestens 10 bis 30 Jahre zuvor produziert worden
sind, auf den zusammenfassenden Begriff gebracht. Das bildnerische Denken war und ist
dem Denken in Begriff zeitlich voraus. Welche Praxis also reflektierte Alberti?
5

Donatello/Desiderio da Settignano, Büste des Niccolò Uzzano/ Gino Capponi, Florenz (1420:
18
Poeschken/1450: Schlegel) vergleiche mit D.Settignano, Cäsar 1450-53, Louvre.
Die Florentiner Büste ist nach einem Abguß des Toten gefertigt. Und dennoch ist strittig, wer
abgebildet ist. Wenn die alternative Zuschreibung und die spätere Datierung in die 50er
Jahre zutrifft, kommt Uzzano nicht in Frage, der 1432 verstorben ist. Die Vermutungen. wer
denn das nun sei, gehen in verschiedene Richtungen: an Cicero ist gedacht worden: Marcus
Tullius Cicero (106 - 43 v.Chr.:105 f/:246 stud. -77 in Rhodos). Eine Lösung steht noch aus.
Wie das auch immer gelöst werden mag, daß es sich dem Gestus nach um eine Imitatio al
antica handelt, dürfte einleuchten, die Cäsaren-Ähnlichkeit mag Zufall sein, die Adler-
Ähnlichkeit gepaart mit der Wendung und der Haltung des Kopfes sind es keinesfalls: hier
ist ableitbare Gestaltung am Werk, Ausdruck eines literarisch manifesten, lesbaren
Hinweises auf die virtù des Dargestellten. 19
Peter Parler, Prager Büsten (1370/80): Peter Parler; Wenzel von Radec, Prag, Veitsdom.
Parlers Bildnisbüsten entziehen sich bisher völlig einer näheren Bestimmung. Was an ihnen
macht das spezifische des individuellen Bildnisses aus, außer, daß sie eben realistisch
seien. Die Differenzen zwischen jedem einzelnen von ihnen sind in der Tat erheblich. Und
kaum eine strukturelle Gemeinsamkeit läßt sich an ihnen aufweisen. Auch dieses Problem
müssen wir unbeantwortet liegen lassen, wo die Forschung es hinterlassen hat.
Texte der Physiognomik haben hier scheinbar nur Plattitüden anzubieten.
Hier stellt sich demnach die letzte Frage heute: die nach den Kriterien für die
Bildnisbeschreibung.
Wenn in einer Arbeit zum Bildnis des Französischen Königs Karl des V. zu den Miniaturen
im Krönungsbuch (London, 1364) angesichts der Salbungsszene fol.50 v; Detail: Karl V. und
Bischof
auf das charakteristische Profil des Königs und seine genaue Erfassung durch den
Miniaturisten hingewiesen wird, dann darf man sich doch fragen, wieso denn der Bischof
ebenfalls eine ungewöhnlich prominente Nase aufweist.
Ja selbst der Hofstaat - wie die nächste Szene fol.51; Detail, Hofstaat zeigt - zeichnet sich
Person für Person durch eine prominente Nase aus: Handelt es sich hier um eine bildliche
"Imitatio imperatorii" oder ist darin Familienähnlichkeit angedeutet?
Wenn nun der Literaturkritiker von 'Porträt' spricht, dann verwendet er diesen Begriff
20
metaphorisch, eine Metaphorik, die dem Bild-Wort-feld 'pictor' - 'poeta' angehört. Dieses
Bild-Wort-Feld läßt sich beliebig durch neue Metaphern bereichern, die dem gegenwärtigen
Verständnis ohne weiteres zugänglich sind, so etwa, wenn man von einer epischen Porträt-
Galerie oder ähnlichem sprechen wollte.
Die weitgehend von Verdächtigungen ungestörte Hochschätzung des Visuellen im späten
Mittelalter und der frühen Neuzeit gründet in der Überzeugung von natürlichen, von Gott
geschaffenen Beziehungen zwischen dem Sichtbaren des Physischen und dem Unsichtbaren
des Geistigen. Dies gilt für alle Bereiche der Welt und des Kosmos und deren
Wechselwirkung gleichermaßen, geläufiger unter dem Begriff von Mikro- und Makrokosmos.
Gerade auch die katholische Kirche unterstützte durch ihre kultische Praxis diese
Hochschätzung des Visuellen für ihre kultischen Bedürfnisse. Etwa im Sinne der Imitatio
Christi - wie an Dürer gezeigt - oder denken sie an die überaus häufigen theatermäßigen
Aufführungen von biblischen Stücken in Kirchenräumen.
6

Dieses hochgeschätzte Visuelle ist Teil einer Vorstellungswelt, die benannt sein will.
Die Lehre von der 'actio', auf die Alberti sich beziehen konnte, ruhte auf einem
philosophischen und wissenschaftlichen Fundament, das in den Physiognomie-Texten eine
seiner Ausführungen erhielt. 21
Es bestand aus der Vorstellung einer zeitlichen Abhängigkeit der in Gruppen geordneten
Wesen, seien es Sterne, Mineralien, Pflanzen oder Tiere und Menschen gegenüber einer
räumlichen Ordnung stabiler, in sich unveränderbarer je einzeln charakterisierbarer Dinge. 22
Die räumliche Ordnung ist für den Menschen dadurch zu erfassen, daß er Ähnlichkeiten von
23
dreifacher Art : convenientia (räumliche Nähe, S.47), aemulatio (Spiegelung der Gestalt,
unabhängig vom Ort, also von der räumlichen Nähe) und analogia (Entsprechung, subtile
Verbindung, S.50) zwischen den Dingen erkennt.
In Worten von Paracelsus z.B. klingt das etwa so: "Durch die Kunst Chiromantia,
Physiognomia und Magia ist möglich, gleich von Stund an, nach dem äußerlichem Ansehen,
eines jeden Krautes und jeder Wurzel Eigenschaft und Tugend zu erkennen an seinen
Signa, an seiner Gestalt, Form und Farbe."
Physiognomik im engeren, uns geläufigen Sinne, ist einer der auf den Menschen - aber nicht
immer nur auf ihn - beschränkten Teile dieser umfassenden Ähnlichkeitslehre. Sie reichte
von den Gestirnen, Mineralien, Pflanzen, Tieren und Menschen bis hinein in die humoralhomöopathische
Medizin. Überlieferte Texte zur Physiognomie behandelten zu einigen
Zeiten außer dem Menschen ebenso Pferde und Falken charakterkundlich.
[Vorzüglich in einer bestimmten auf Aristoteles fußenden Texttradition der arabischen
Literatur, die zu Beginn des 13.Jh. in lateinischen und ab dem 14.Jh. in volkssprachlichen
Übersetzungen nachweisbar ist.]
Als Teil der Lehre von den 'similes', den Ähnlichkeiten, beruht Physiognomik auf einer
Semiotik. Diese Theorie der Deutung von sichtbaren, äußeren Anzeichen auf einen inneren
und deshalb unsichtbaren Zustand, entspricht etwa medizinischer Diagnostik im Grunde
noch heute. Sie ist abgeleitet aus der Erfahrung, daß zwischen dem Äußeren der
Erscheinung und der Psyche des Menschen eine natürliche Wechselbeziehung vorliegt -
unter dem Begriff der 'motu animae' (Seelenregung) in der Antike gefaßt. Was jeder z.B.
unter Erröten oder dem Gegenteil, dem Bleichwerden, hinreichend an sich selber bestätigt
findet. Negativ das Gleiche bezeichnend soll aber auch das christliche Gegenbild nicht
unerwähnt bleiben. Bei Plotin (um 205-270) steht, daß "die Seele alle Übel und Mühsal im
Leib erduldet, wo sie in Schmerzen, Begierden, Ängsten und alle anderen Übel gerät,
weshalb auch der Leib ihre Fessel und ihr Grab heißt." 24
Der Begriff von der 'Actio' in der Rhetorik - wie an Albertis Verwendung erläutert - ist also
nicht der unabhängig übergeordnete, sondern der abgeleitete Begriff aus der
Ähnlichkeitslehre.
Vergleichen mit Ähnlichem war demnach die Möglichkeit nicht nur verbal Intendiertes zu
vermitteln, sondern gerade auch Unsichtbares faßbar zu machen. Und so wurde es in der
Poetik praktiziert.
25
Z.B.: Die gesamte Lyrik des Frauenlobes von Ariost bis Petrarca und Tasso zehrte noch
von den Vergleichen der Angebeteten mit Sonne, Mond und Milch oder Venus, Diana oder
Amazonen. Der 'poeta pictor' und der 'pictor poeta' (nach Horaz) erfüllten ihren Auftrag am
Vollendetsten mit der Erfindung vielsagender Vergleiche. Dabei hielt die Epik sich aber
streng an einen vorgegebenen Kanon, der - aus der mittelalterlichen Epik überkommen - ca.
7

10 Körperteile umfaßte. 26
Für jeden dieser kanonischen Teile - von der Farbe der Haare über die Form der Stirn bis
hinab zu den Füßen - durfte keine Teil ausgelassen werden.
27
Das Herrscherlob unterlag einem vergleichbaren Regelwerk. Hier waren jedoch
28
selbstredend die Vergleiche andere. Indessen das Grundsätzliche der Struktur ist ein
Gleiches. Zumal die Form der Hände galt, weil bemerkenswert, des Notierens würdig. 29
Diese Ordnung innerhalb der dichterischen Darlegung nun aber ist exakt das
Beschreibungsschema eben auch der Physiognomiken, soweit sie sich mit der menschlichen
Gestalt befassen.
Die bei Alberti knapp gefaßten Begriffe "Historia" und "Actio" hatten bereits zu seiner Zeit
eine ausgeprägte und differenzierte Erörterung aus mehreren Perspektiven auf sich
versammelt: Aus der Rhetorik abgeleitet in der Literaturkritik (Epos, Roman) und fürs
Schauspiel. Beiden nun ist eines gemeinsam: Immer geht es um die Charakterisierung eines
individuell handelnden Menschen mittels seiner äußeren Erscheinung. "Actio" für den
Humanisten umschreibt die Regelungen der angemessenen Gesten z.B. für einen Redner
oder Schauspieler. "Actio" ist (nach Cicero, De oratore III,222) "quasi sermo corporis" (Den
Körper zum Sprechen bringen: non-verbale Kommunikation).
Hier wären wir alsbald bei der körpersprachlichen Regelung für Redner und Schauspieler
angelangt, auf deren komplexeres, sich mit der Zeit veränderndes Verhältnis zur Rhetorik
ich hier allerdings nicht näher eingehen kann.
Mit Epos und Schauspieler-Literatur hätten wir zwei der Bedeutungsfelder (die Epik und die
Literatur über Schauspieler), in denen der Begriff "Actio" an zentraler Stelle auftaucht: Denn
die Bewegung des Kopfes, des Gesichtes, der Augen und der Hände, sowie des gesamten
30
Körpers wurden darunter aufgelistet (Leone de'Sommi 1556:47). Die Überschneidungen
mit dem Bedeutungsfeld der Bildniskunst sind evident: Kopf, Gesicht, Augen gehören zu den
elementaren Bestandteilen des Bildnisses. Die Hände und ihre bezeichnenden - redenden -
Gesten, wie letztlich auch der gesamte Körper in einer spezifischen Stellung, gehören
gelegentlich nicht minder selbstverständlich dazu, wenn sie auch weniger häufig dargestellt
worden sind.
31
Mit Castigliones "Libro del Cortigiano" (1528) wäre endlich das vierte (wenn wir die
physiognomische Literatur als 3. in Erinnerung halten) und letzte Bedeutungsfeld in seiner
speziellen Ausarbeitung erfaßt, nämlich: Die Anstandsliteratur. Auch ihre Thematik finden
wir bereits eine Generation zuvor bei Alberti in "De Familia" (1432-1434) und im "Momos"
32
(1443-1450) : das Verhältnis nämlich von Sein und Erscheinen. Hier wie dort indessen ohne
Verweis auf die bildende Kunst. Auftreten und Erscheinungsbild - vorzüglich wieder auf Kopf
und Augen bezogen - werden in dieser Literatur als Weisen der Selbstmitteilung begriffen,
und darin als dem Sprechen vergleichbar angesehen.
Wenn diese 4 Spezial-Literaturen (Epik, Schauspieler-Literatur, Physiognomik und
Anstandsbücher) mit ihrem gemeinsamen Bezugspunkt, Cicero's Rhetorik, einen so
zwingenden Hinweis vermitteln, welche Aufmerksamkeit diesen Körperteilen zu widmen war,
denke ich wird deutlich, mit welchem Grad selektiver, gerichteter Wahrnehmung
Zeitgenossen schon des voraufgehenden 14.Jhds. Bildnisse angeschaut haben müßten.
8

- Epik und Roman gaben dabei den Katalog vor.
- Physiognomische Literatur listete dessen charakterkundlich - wertende Deutungen auf.
- Rhetorik und Literatur für Schauspieler bis hin zu Anstandsbüchern gaben
Anweisungen zum Stil der schicklichen Selbstinszenierung und Affektkontrolle.
Physiognomische Texte alleine können mithin kein ausreichendes Instrument für eine
angemessen rekonstruierende Bedeutungs-Erschließung hergeben. Sondern: erst im Verein
mit den übrigen Literatursorten erschließen sich die Weiten, aber auch die engen Grenzen
derjenigen Bedeutungsfelder, die wir mit Fug auch auf die bildnerischen Individual-Porträts
anzuwenden haben.
Individualität erweist sich somit damals wie heute als ein Konstrukt, das in einer Gesellschaft
aus mehreren Quellen gespeist, sich für jeden Einzelnen nicht als ein stabiles 'Ansich'
darstellt. Individualität als Bewußtseinsinhalt und als gesellschaftliche Realität muß täglich
neu bestätigt werden, jeder muß sich dessen täglich für sich wieder vergewissern. Bild und
Wort haben daran gleichermaßen Anteil, aber ihre Anteile sind nicht austauschbar. Der
immer naheliegende Wunsch, das Gesicht oder die Gestalt einer geliebten Person in Worte
zu fassen scheitert in kläglichen Worthülsen, die nicht einmal an der Grad der Varianten der
physiognomischen Literatur heranreichen, denn wir wissen meist nicht, wohin wir eigentlich
schauen!
(* Augenbewegungsbild) 33
Hier zeigt sich deutlich, daß das tatsächlich Angeblickte in Worte zu fassen sich meist nicht
schickt: der Blick meint etwas anderes, als die zulässige Rede zu bezeichnen erlaubt.
Musils "Mann ohne Eigenschaften" hat eigentlich kein äußeres Erscheinungsbild mehr, er
hat nur noch Innenwahrnehmungen. Dort heißt es, als Ulrich in die Fänge der Polizei geriet:
" Name? Alter? Beruf? Wohnung? ... Ulrich wurde befragt ... Sein Gesicht galt nur als
Signalement; er hatte den Eindruck, nie früher bedacht zu haben, daß seine Augen graue
Augen waren, eines von den vorhandenen vier, amtlich zugelassenen Augenpaaren, das es
in Millionen Stücken gab; seine Haare waren blond, seine Gestalt groß, sein Gesicht oval,
und besondere Kennzeichen hatte er keine, obgleich er selbst eine andere Meinung davon
besaß. Nach seinem Gefühl war er groß, seine Schultern waren breit, sein Brustkorb saß wie
ein gewölbtes Segel am Mast, und die Gelenke des Körpers schlossen wie schmale
Stahlglieder die Muskeln ab, sobald er sich ärgerte, stritt oder Bonadea sich an ihn
schmiegte; er war dagegen schmal, zart, dunkel und weich wie eine im Wasser schwebende
Meduse, sobald er ein Buch las, das ihn ergriff, oder von einem Atem der heimatlosen
großen Liebe gestreift wurde, deren In-der-Welt-Sein er niemals hatte begreifen können."
Selten gelingt es einem Schauspieler über das Erwartungsklischee an eine Rolle hinaus mit
einer individuell überzeugenden Physiognomie zu füllen. Dies Problem aber ist keines der
bildüberfluteten Mediengesellschaft, sondern offensichtlich so alt, wie in der europäischen
städtischen Gesellschaft der Versuch ansetzte, zu lernen sich angemessen als Einzelner von
Anderen zu unterscheiden. Und dies nicht mehr exklusiv bei Hof und im klerikalen Adel,
sondern zunehmend massenhaft. Dabei bleibt eine Frage offen: Jeder weiß aus eigener
Erfahrung wie heikel in einer Gesellschaft der Grad ist, sich von Anderen zu unterscheiden.
Zu kraß darf's nicht sein, weil dann der Grad von Ablehnung steigt. Gleichheit,
Angeglichenheit ist ein Stück sozialer Mitteilung. Wo aber beginnt die akzeptable und
zugleich tolerierte Differenz?
Anstandsbücher lehren ja gerade die diffizile Kunst des angemessenen Auftretens, des
Redens, des Kleidens etc. Ein Handwerker oder kleiner Kaufmann konnte keine leoninen
9

Tugenden haben, da er nicht in die Lage kam, sich als gerecht oder großzügig zu erweisen,
also konnte er nicht mit leoninem Kopf dargestellt werden, das hätte kaum einen Sinn
gemacht!
Ein Kurfürst indessen hatte diese Tugend von Amts wegen auch in seiner äußeren
Erscheinung beweiskräftig anzuzeigen: Er mußte sich so darstellen lassen, auch wenn es
seinem Temperament nicht unbedingt gemäß erschien (wir erinnern uns an die "pusenden
Backen", die wohl eher für Jähzorn sprechen). Die Inszenierung des Individuellen hat also
sehr wohl die soziale Rolle ins Kalkül aufzunehmen. Vor diesem Hintergrund erst läßt sich
nach der individuellen Variante suchen. Und dazu bedarf es des Vergleiches. Und den
vermeidet die kunsthistorische Literatur genau dort, wo es um Rollen geht durch die
Inszenierung des Lay-Outs peinlich. Abbildungen von Individuen werden nach anderen
Kriterien einander gegenübergestellt und peinlich genau durch Textseiten von einander
geschieden. Das dient einem anderen unmittelbaren Vergleich, sonst hätte das
Temperament-typische längst zu deutlich am Bild gegen die Texte der Autoren sprechen
müssen. Hier liegt noch ein weites Feld offen vor uns auf der Suche nach Glücksfällen, wie
des Chronisten Beschreibung des Trierer Kurfürsten.
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Anmerkungen:
1. Thomas Mann, Der Zauberberg. Frankfurt/M, S. Fischer, 1960, S.68.
2. Hans Ost, Leonardo-Porträt in der Kgl. Bibliothek Turin und andere Fälschungen des Giuseppe
Bossi. Berlin 1980, Abb.1, S.9.
3. Ein in der Kunstgeschichte häufig zitiertes Beispiel eines frühen Bildnisses im Vergleich mit
zeitgenössischer Beschreibung ist das von Franz von Assisi, 1181/82-1226. (Lit. LCI, Bd.6, 1974,
Sp.266 ff. Dort die Beschreibung des Thomas von Celano, Leben und Wunder des Heiligen
Franziskus von Assisi. Einführung, Übersetzung, Anmerkungen Engelbert Grau, Werl, 1955, Kap.
XXIX, 83., S.156-157; 2.Aufl. 1964, S.149-150. Datierung auf 1228 nicht belegt, vgl. Henry
Thode, Franz von Assisi und die Anfänge der Kunst der Renaissance in Italien. Berlin 1926 (IG
320), S. XXVII, Quellen I. "vor 1230" (neu ediert von Konstantin Suysken, Acta sanctorum,
Mensis Octobris, Antwerpen 1768, Bd.10,2, lib.1, cap. X, 83, S.706. [LAb1, 10,2]) zwischen
1228 und 1230 geschrieben, da sie wohl die im ersteren Jahre (1228) erfolgte Kanonisierung, nicht
aber die Überführung des Leichnams in die neue Kirche S. Francesco, 1230 erfolgt, enthält. Neue
Ausgabe mit ital. Übersetzung von Amoni, Rom 1880. Thomas verfaßt 4 Legenden, daß die 2.
davon, auf Befehl Gregor's IX., die hier genannte sei, beruht auf keinem authentischen Zeugnis,
sondern auf Vermutung (Wadding), der aber die größte Wahrscheinlichkeit nicht abzusprechen
ist. (S.576). Erster Bericht von Aussehen des Franciscus entstand, als er 1220 in Bologna
predigte. Unter den Zuhörern befand sich der Archidiaconus und Studierende Thomas Spalatensis.
Er schrieb: "Cum essem in studio Bononiae ego Thomas, civis Spalatensis ... vidi sanctum
Franciscum praedicantem in platea ante palatium parvum... Et sordidus erat habitus ejus, persona
contemptibilis, et facies indecora..." (schmutzig war sein Gewand, verächtlich seine Person und
unschön /häßlich-entstellt/ sein Gesicht). Wadding, Annales minorum II, 1731, Bd.1, 1220; Acta
Sanctorum, Bd. 10,2 Appendix § VII, S.842, 142.
Ausführlicher Thomas von Celano:"... Facundissimus homo [er war (ein außerordentlich
redegewandter Mann mit)], facie hilaris [von heiterem (fröhlichem) Antlitze], vultu benignus [von
gütigem Blicke (Gesichtsausdruck)], immunis ignaviae /Trägheit/ [frei von Feigheit], insolentiae
expers [wie von Unverschämtheit/Rücksichtslosigkeit]; staturam mediocris [seine Statur war
mäßig groß (von nicht sonderlich großer Gestalt)], parvitati vicinior [eher klein (als groß)]. Caput
mediocre ac rotundum [der Kopf von mittlerer Größe und rund (er hatte einen nicht sonderlich
großen, runden Kopf)], facies utrinque oblonga & protensa [das Gesicht (etwas) länglich zugleich
und vorgebaut (gedehnt)], frons parva & plana [die Stirn klein (niedrige) und eben]; mediocres
oculi, nigri & simplices [die Augen mäßig (nicht sonderlich) groß, schwarz und einfältig
(unverdorbene)], fusci capilli [die Haare schwarz (dunkles)], supercilia recta [die Augenbrauen
gradlinig], nasus subtilis, aequalis & rectus [die Nase fein, gleichmäßig und gerade (aufwärts
gerichtet)], aures erectae & parvae [(aber) die Ohren abstehend und klein], & tempora plana [die
Schläfen eben (flach)]: lingua placabilis, ignea & acuta [die Zunge (Sprache) versöhnlich
(gewinnend), feurig und scharf]; vox vehemens, dulcis, clara atque sonora [die Stimme gewaltig
(mächtig), süß hell (klar) und klangreich (wohlklingend)]; dentes conjuncti, aequales & albi [die
Zähne geschlossen (dicht), gleichmäßig und weiß]; modica labia, atque subtilia [die Lippen mäßig
(schmal) und fein (zart)]: barba nigra [der Bart schwarz], pilis non plenè respersa [mit spärlichem
Haar (nicht voll)]: subtile collum [der Hals zart (schlank)], humeri recti [die Schultern gerade],
11

evia bracchia [die Arme kurz], tenues manus [die Hände zart], digiti longi [die Finger lang],
ungues producti [die Nägel (etwas) vorstehend], crura subtilia [die Unter/Schenkel (Beine)
schwach (dünn)], parvuli pedes [die Füße (sehr) klein], tenuis cutis [die Haut zart], caro
paucissima [das Fleisch sehr spärlich (mager)]; aspera vestis [das Gewand rauh], somnus
brevissimus [der Schlaf sehr kurz], manus largissima [die Hand sehr freigebig]; et quia erat
humillimus [und weil er über alle Maßen demütig war], omnem mansuetudinem ostendebat ad
omnes homines [zeigte er in jeder Beziehung allen Menschen gegenüber nur Sanftmut
und], omnium moribus utiliter se conformans [paßte sich den Sitten Aller zu ihrem Nutzen an. Sanctior
inter sanctos [Der Heiligste unter Heiligen], inter peccatores quasi unus ex illis [unter Sündern gleichsam
einer von ihnen]."(Übersetzung Thode 1926:70, in () nach LCI).
Das zugehörige Bildnis: Subiaco, Sacro Speco, Kapelle Gregors IX., dat. um 1228. Noch ohne
Heiligenschein, ohne die Wundmale, als "Frater Franciscus" bezeichnet. In der Linken ein Zettel:
"pax huic (domui)." Blondbärtiger Kopf ! Zeitpunkt der Entstehung mit großer Sicherheit aus
Inschrift feststellen, die unter den sicher von gleicher Hand herrührenden anderen Fresken der
Kapelle sich befindet: "hic est papa Gregorius olim episcopus hostiensis qui hanc consecravit
ecclesiam./Pontificis summi fuit anno picta secundo./Haec domus hic primo quo summo fuit
honore/Hauserat et vitam celestem duxerat idem/Perque duos menses sanctos maceraverat
arctus./Julius est unus, Augustus fervidus alter." 2.Jahr des Pontifikats Gregor ist 1228, noch vor
der Heiligsprechung gemalt, also vor 16.Juli. Vgl. Luigi Grassi, Francesco d'Assisi. In:
Encyclopedia cattolica. Città del Vaticano - Firenze 1950, Bd.5, Sp.1578-1588, Iconografia,
Sp.1579-1588, Abb. Sp.1579, 1581; G. Böhm, Bildnis und Individuum, München 1985:16.
4. L. von Wilckens, Perikopenbuch des Kuno von Falkenstein, 1380. In: Kaiser Karl IV.
Ausstellungskatalog Nürnberg 1978, Nr. 118.
5. F. Ronig, Die Statue des Trierer Kurfürsten am "Schönen Brunnen" in Nürnberg - ein Porträt? In:
Landeskundliche Viertesljahresblätter, hrsg. von der Gesellschaft für nützliche Forschungen
Bd.23, 1977, S.131 - 134, Abb.1 - 3.
6. Arkosolgrab, Chor, Nordseite; F. Lehfeld, Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks
Coblenz, Düsseldorf 1886, S.147.
7. Monumenta Germaniae Historica. Deutsche Chroniken IV,1, Hannover 1883, S.51.
8. Die Parler und der Schöne Stil. Kat. Bd.3, Köln 1978, S.213-214. Einen Vergleichbaren Fall
behandelt Claire Richter Sherman, The Portraits of Charles V of France (1338 - 1380), New York
1969, S.9 - 11, Beschreibung von 1404 der äußeren Erscheinung Charles V., ohne auf das von
uns behandelte Problem aufmerksam zu werden. Bei ihr bleibt die Beschreibung undiskutiert. Zum
Bildnis Giovanni Bicci de Medici (von Massaccio?) und Beschreibung der Person durch Giovanni
Cavalcanti vgl. Trifon Trapesnokoff, Die Porträtdarstellungen der Mediceer des XV.
Jahrhunderts. Diss. Heidelberg. Strassburg 1909, S.1-4 ff.
9. Justitia, Fortitudo, Prudentia, Temperantia. 3 theologische Tugenden: Fides, Spes, Caritas. LCI,
Bd.4, Freiburg 1972, Sp.364.
10. S. Diamond (Hrsg.), The Roots of Psychology: A Source Book in the History of Ideas, New York
1974.
12

11. Michele Savonarola [1384 - 1464], * Speculum physionomiae.+ [um 1450]. Vgl. Chastel - Klein
1969:79, Anm.10, S.116.
12. So z.B. gilt Vergleichbares für die Köpfe des Petrus-Altares, Aachen, Suermondt-Luwig-Museum,
um 1500 aus einer Werkstatt in der Nachfolge Arndt von Zwolles aus dem Gebiet Geldern-Kleve,
vgl. B.Bremme, Die szenischen Reliefs des Petrusaltares im Suermondt-Ludwig-Museum. In:
Aachener Kunstblätter des Museumsvereins, Bd.58, 1989/90, S.87 - 109.
13. ausgeschieden aus dem Werk Donatellos bei H.W.Janson, The Sculpture of Donatello, Bd.2,
Princeton 1957, S.237 - 240.
14. seit Platon, Republik, 5,19,474, gilt der Adler als ein königliches Tier.
15. Zur Technik der Konstruktion von Biographien W.Berschin, "Sueton und Plutarch im
14.Jahrhundert." In: Biographie und Autobiographie in der Renaissance. Hrsg. von A. Buck, =
Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung 4, Wiesbaden 1983, S.35 - 43.
16. Leon Battista Alberti, * De pictura praestantissima, et nunquam satis laudata arte libri tres [...].+
(1436). II, 41 - 42. Ed. Grayson 1972, S.80 - 81: Emotionen nach Cicero, De amicitia 14.50;
Basel 1540, Nachdruck Portland, Oregon 1972 = The Printed Sources of Western Art, ed.
Theodore Besterman, Bd.7, S.77 - 81: "Animos deinde spectantium movebit historia, cum qui
aderint quieti homines, suum animi motum maxime praese ferent. Fit nanque (!) natura, qua nihil
sui similium rapatius inveniri potest, ut lugentibus, collugeamus: ridentibus, arrideamus:
dolentibus, condoleamus. Sed hi motus animi, ex motibus corporis cognoscuntur. Nam videmus,
ut tristes, quod curis adstricti, et aegritudine defessi sint, totis sensibus ac viribus torpeant,
interque pallentia, et admodum labentia membra, sese lenti detineant. Est quidem merentibus
pressa frons, ceruix languida, denique omnia veluti defessa, et neglecta procidunt. Iratis vero,
quod animi ira incendantur, et vultus et oculi intumescunt, ac rubent, membrorumque omnium
motus, pro furore iracundiae, in eisdem acerrime et iactabundi sunt. Laeti autem et hilares cum
sumus, tum solutos, et quibusdam flexionibus gratos motus habemus. [...]. Est et daemonis
pictoris mirifica, quod in eius tabulis adesse iracundum, iniustum, inconstantem, unaque et
exorabilem, et clementem, misericordem, gloriosum, humilem, ferocemque facile intelligas. [...]
Pictori ergo corporis motus notissimi sint oportet, quos quidem multa solertia à natura petendos
censeo. Res enim perdifficilis est prope, infinitis animi motibus, corporis quoque motus variare.
Tum quis hoc, nisi qui expertus sit, crediderit, usque adeo esse difficile, cum velis, ridentes vultus
effigiare, vitare id, ne plorabundi magis quam alacres videantur. Tum vero et quis poterit sine
maximo studio et diligentia vultus exprimere, in quibus et os et mentam, et oculi, et genae, et
frons, et supercilia in unum ad luctum, aut ad hilaritatem conveniant. Idcirco diligentissime ex ipsa
natura cuncta perscrutanda. [...] Laudatur et navis apud Romam, ea in qua noster Etruscus picto
Giottus, undecim metu et stupore perculsos, ob socium, quem supra undas meantem videbant,
expressit, ita pro se quenque suum turbati animi inditium vultu, et toto corpore praeferentem, ut
in singulis, singuli affectionum motus, appareant. Sed decet hunc totum locum de motibus,
brevissime transigere. Sunt nanque motus alij animorum, quos docti affectionies nuncupant, ut ira,
dolor, gaudium, timor, desiderium, et eiusmodi: sunt et alij corporum."
17. G.W. Allport, Personality, a psychological interpretation. London 1937, S.26-50 verzeichnet 50
unterschiedliche Verwendungen des Begriffs "persona". S.Greeblatt, Fiction and Friction. In:
T.C.Heller et al., Reconstructing Individualism: Autonomy, Individuality, and the Self in Western
13

Thought. Stanford 1986, S.30-52; Ulrich Fülleborn - Manfred Engel (Hrsg.), Das neuzeitliche Ich
in der Literatur des 18. und 20. Jahrhunderts. Zur Dialektik der Moderne. Ein internationales
Symposion. München 1988.
18. Desiderio da Settignano zugeschrieben von Ursula Schlegel, Zu Donatello und Desiderio da
Settignano. Beobachtungen zur physiognomischen Gestaltung im Quattrocento. In: Jahrbuch der
Berliner Museen, 9, 1967, S.347 - 358. Dem folgt Artur Rosenauer, Donatello, Mailand 1993,
S.319 f. M.Marek, Donatellos Niccolo da Uzzano 'ritrarre dal naturale' und Bürgertugend. In:
Donatello-Studien, III, XVI, 1989:263-271. Gundolf Winter, Zwischen Individualität und
Idealität. Die Bildnisbüste. Stuttgart 1985, S.137 - 145 kann zwar aus der Komposition die
formale Stimmigkeit der Kopfwendung einleuchtend ableiten, nicht aber die Frage beantworten
(S.138-139, Verweis auf den Markus), geschweige denn überhaupt erst einmal stellen, warum
Donatello diese Darstellung hier angewandt hat. Zur Kopfhaltung Martin Warnke, Erhobenen
Hauptes. In: I.B.Fliedl - Chr.Geismar (Hg.), Die Beredsamkeit des Leibes, Ausst.Kat. Wien
Albertina, Salzburg - Wien 1992, S.190-194. Anders stellt sich diese Frage dar, wenn man die
Tanz- und Anstandsbücher zu Rate zieht. Rudolf zur Lippe (Naturbeherrschung am Menschen,
Bd.2, Frankfurt/M 1974, S.236 ff "Der aufrechte Gang des Hochwohlgeborenen.") hat diesen Fall
gleichsam nebenbei mit erfaßt nach Fabritio Caroso, Nobilità di dame, altra volta chiamato Il
Balerino, Venedig 1600, Trattato secondo, S.34 - 37. Und er kommt zu der Formulierung:
"Allerdings ist das Ergebnis, daß der Mensch keineswegs in der vom Quattrocento gerühmten
"Tugend der Lässigkeit" dasteht; vielmehr ist sein gesamter Körper von einer Hülle gespannter
Muskeln zusammengezogen. Dieser Zustand wurde nun derart ausgerichtet, daß die Hülle von
Spannung dem Stauen des Volumens nach oben hin in einem bestimmten Maße dienen mußte."
Und die resultierende gewöhnliche Haltung sei der erhobene Kopf, wie es etwa 1548 Francesco
d'Hollanda beschrieb: "Der Kopf wie gen Himmel erhoben, die Augen ganz oben, das Gesicht
ganz von unten gesehen, so daß die Nasenlöcher, der Mund, der ganze Bart und der ganze Hals
sichtbar werden; diese Ansicht ist sehr schwierig und sehr edel." Campell, Portrait 1990 86 255
n.18.
19. Warnke (wie Anm. 15), reihte folgende Epitheta für dieses Haltungsmotiv aneinander:
mittelalterliche Anbetungshaltung, schwierig - edel, Signal selbstbewußter Kraft, virtù,
verantwortungsbewußte Energie, Anflug von Überheblichkeit, aufmerksames Hinhorchen, kecke
Herausforderung, kurzer Befehlsgestus, Demonstration souveräner Macht, ohne auf die
physiognomische Tradition oder gar deren Niederschlag in der biographischen Literatur zu
verweisen, wie z.B. auf die Chrakterisierung Caesars, des Augustus, Galbas, Vespasians,
Claudius', Tiberius', Domitians, Vitellius' in Sueton, De vita Caesarum XII.
20. nach Weinrich.
21. Volker Kapp, Die Lehre von der actio als Schlüssel zum Verständnis der Kultur der frühen
Neuzeit. In: Volker Kapp (Hrsg.), Die Sprache der Zeichen und Bilder. Rhetorik und nonverbale
Kommunikation in der frühen Neuzeit. = Ars rhetorica, Bd.1, Marburg 1990, S.40-64, die
gemeinsame Basis ist Cicero.
22. Johann Rothmann, Chiromancia sampt ihrer Theorick ... Erfurt 1595, Fol. C rE.
23. M.Foucault, Ordnung der Dinge, Frankfurt/M. 1973, S.47 - 50.
14

24. Plotin, Enneade IV,8 = Nr.6 der chronologischen Ordnung, § 15 ff.
25. Ezio Raimondi, Ritrattistica Petrarchesca. In. Convivium _ Dai Dettori al Novecento - Studi in
ricordo di Calcaterra, 1953, 74 - 86; Alice M. Colby, The portrait in Twelfth-century French
Literature - An Example of the Stilistic Originality of Chrétien de Troyes. Genf 1965; Peter Maria
Schon, Das literarische Porträt im französischen Mittelalter. In: Archiv Studien der neueren
Sprachen und Literatur 202, 1965, 241 - 263; Willi Hirdt, Descriptio superficialis. Zum
Frauenportrait in der italienischen Epik. In: Arcadia. Zeitschrift für vergleichende
Literaturwissenschaft, Bd.5, Berlin 1970, S.39-57.
26. Derartige Kataloge erwähnt Willi Hirdt, Descriptio superficialis. Zum Frauenporträt in der
italienischen Epik. In: Arcadia, Zeitschrift für vergleichende Literaturwissenschaft, Bd.5, Berlin
1970, S.39-57 zu Petrarcas Beschreibung der Sofonisba (1338/41, 19 Details), Bocaccios Emilia
(1339, 20 Details), Pulcis Antea (15 Details) und Ariosts Alcina (14 Details: chioma, guancia,
fronte, archi, occhi, naso, bocca, filze di perle, labro, collo, petto, bracchia, man, piede), Tassos
Armida (4 Details: chioma, volto, bocca, petto, mamme). Zur ambivalenten Deutung der
Körperteile Hildegard Elisabeth Keller, "Vom handfesten Geist und durchsichtigem Fleisch.
Impressionen aus der deutschsprachigen Hoheliedauslegung des 12.Jahrhunderts." In: Paul Michel
(Hrsg.), Symbolik des menschlichen Leibes. = Schriften zur Symbolforschung, Bd.10. Bern -
Berlin - Frankfurt/M - New York - Paris - Wien 1995, S.121 - 137.
27. Caius Suetonius Tranquillus [um 75 - ], * De Vita Caesarum.+ 120 n.Chr. Nach Biographie,
physiognomische Charakterisierung der physischen Erscheinung, gefolgt von Angaben zu
Gesundheit, Vorlieben und Charaktereigenschaften. Vgl. J.Couissin, "Suétone physiognomiste
dans les Vies Des XII Césare." In: Revue des Etudes latines, Bd.31, Paris 1953, S.234 - 256. Die
neuartige, systhematische, physische Darstellung von Personen erklärt sich aus der Verwendung
Modelle der physiognomischen Literatur zur Darstellung von Entsprechungen der physischen
Erscheinung zu ihrem Charakter.
28. Marek, Michaela: Ekphrasis und Herrschaftsallegorie. Antike Bildbeschreibungen bei Tizian und
Leonardo. Worms 1985.
29. So hatte Friedrich Barbarossa "Pulcherrimis manibus" (Acerbus Morena, Mon.Germ.Hist.S.S.
XVIII, S.640) und über Heinrich II. von England "Manus eius quanadam grossitie sua hominis
incuriam protestantur; earum enim cultum prorsus neglegit." (Peter von Blois, Migne, PL 207,
S.197, No. 66); weitere Angaben bei Alwin Schultz, Quid de perfecta corporibus pulchritudine
Germani saec. XII et XIII. senserint. 1866, S.14.
30. Leone de'Sommi 1556:47.
31. Baldassare Castiglione, 1478 - 1529, "Libro del Cortigiano", verfaßt: Buch I - III ca. 1508 - 1515
(ante quem), Buch IV vor 1518, Ms. zur editio princeps datiert 23.5.1524, Erstausgabe 1528.
Erasmus, De civilitate morum puerilium, 1530. H.de la Fontaine Verwey, The first book of
etiquette for children: Erasmus's De civilitate morum puerilium. In: Quaerendo, Bd.1, 1971:19-30;
Übersetzung: P.Dolan (Ed.), The Essential Erasmus, New York 1964. Zur weiteren Gruppe dieser
Erziehungs- und Bildungsliteratur Peter Burke, The language of gesture in early modern Italy. In:
Jan Bremmer - Herman Roodenburg, A Cultural History of Gesture. New York 1991, S.71-83.
15

32. das satirische Werk war 1443 begonnen und 1450 vollendet; ed. critica e traduzione a cura di Rino
Consolo, Genua 1986. "De familia" 1432-1434, Buch IV "De Amicizia" um 1440, vgl.
W.Sombart, Der Bourgeois, Leipzig 1913, 136 ff; Joan Gadol, Leon Battista Alberti. Universal
Man of the Early Renaissance, Chicago 1969, S.215.
33. Raymond Bruyer, * Le visage et l' expression faciale: approche neuropsychologique.+ =
Psychologie et sciences humaines, Bd.118, Brüssel - Lüttich 1983, " La perception et la
reconnaissance du visage: bilan provisoire."S.55-71.
16