Bildnis in Bild und Wort - Walter Peter Gerlach, Forschungsprojekte
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Beschäftigen wir uns kurz mit e<strong>in</strong>em frühen Fall von <strong><strong>Bild</strong>nis</strong> , an dem sich e<strong>in</strong> Aspekt<br />
erläutern läßt:<br />
Kuno von Falkenste<strong>in</strong> (* - + 1388), Erzbischof <strong>und</strong> Kurfürst von Trier, Perikopenbuch, Hs 6,<br />
4<br />
Fol. 2v, Trierer Domschatz, 1380. Zum Vergleich sei herangezogen: Kuno von Falkenste<strong>in</strong>,<br />
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Statue am Schönen Brunnen <strong>in</strong> Nürnberg <strong>und</strong> Kuno von Falkenste<strong>in</strong>s Grabmonument,<br />
Koblenz, St. Kastor, um 1388. 6<br />
Von diesem Trierer Kurfürsten Kuno von Falkenste<strong>in</strong> - er amtierte 1362-1388 - existiert <strong>in</strong><br />
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e<strong>in</strong>er Chronik aus Limburg e<strong>in</strong>e zeitgenössische Personenbeschreibung, <strong>in</strong> der der Autor<br />
ausdrücklich bestätigt, daß er den Kurfürsten leibhaftig gesehen habe:<br />
"Item nu saltu wißen phyzonomien <strong>und</strong>e gestalt hern Conen vurgenannt, want ich <strong>in</strong> dicke<br />
(oft) gesehen <strong>und</strong>e geprufet han <strong>in</strong> sime wesen <strong>und</strong>e <strong>in</strong> mancher s<strong>in</strong>er manirunge (Eigenart).<br />
/ He was e<strong>in</strong> herlich stark man von libe (am Leibe) <strong>und</strong>e wol gepersoniret / <strong>und</strong>e groß von<br />
allem gelune (Ansehen), / <strong>und</strong>e hatte e<strong>in</strong> groß heupt mit eime struben widem brunen krulle,<br />
e<strong>in</strong> breit antlitze mit pußenden backen, e<strong>in</strong> scharp menlich gesichte, / e<strong>in</strong>en bescheiden mont<br />
mit glefsen (Lippen) etlicher maße dicke; / di nas was breit, mit gerumeden naselochern, die<br />
nas was ime mitten nider gedrucket; / mit eime großen k<strong>in</strong>ne <strong>und</strong>e e<strong>in</strong>er hohen stirne, / <strong>und</strong>e<br />
hatte auch e<strong>in</strong> groß brost (breite Brust) / <strong>und</strong>e rodelfare (rote R<strong>in</strong>ge) <strong>und</strong>er s<strong>in</strong>en augen, /<br />
<strong>und</strong>e stont uf s<strong>in</strong>en be<strong>in</strong>en als e<strong>in</strong> lewe, / <strong>und</strong>e hatte gutliche geberde gen s<strong>in</strong>en fr<strong>und</strong>en, /<br />
<strong>und</strong>e wanne daz he zornig was, so pußeden <strong>und</strong> floderten ime s<strong>in</strong>e backen <strong>und</strong> stonden ime<br />
herlichen <strong>und</strong>e wislichen <strong>und</strong>e nit obel. / Want der meister Aristoteles sprichet <strong>in</strong> dem virden<br />
buche Ethicorum: Non irasci, <strong>in</strong> quibus oportet, <strong>in</strong>sipientis esse." Daz heißet also: Wer nit<br />
umb not zorn enthalt, daz enist nit e<strong>in</strong>s wisen rait."<br />
("Nun also sollst Du die Physiognomie <strong>und</strong> Gestalt des vorgenannten Herrn Kuno<br />
kennenlernen, den ich oft gesehen <strong>und</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Wesen <strong>und</strong> mancher Eigenart erfahren<br />
habe. Er war e<strong>in</strong> herrlich starker Mann <strong>in</strong> Betreff des Körpers (1), e<strong>in</strong>e Persönlichkeit, groß<br />
von Ansehen, hatte e<strong>in</strong> großes Haupt mit struppig-lockigem Haar (2), e<strong>in</strong> breites Gesicht (3)<br />
mit Pausbacken (4), e<strong>in</strong>en kühnen Blick (5), e<strong>in</strong>en ausdrucksvollen M<strong>und</strong> (6) mit dicken<br />
Lippen, die Nase (7) war breit mit großen Nasenlöchern, sie war <strong>in</strong> der Mitte e<strong>in</strong>gedrückt, mit<br />
e<strong>in</strong>em großen K<strong>in</strong>n (8) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er hohen Stirn (9). Er hatte e<strong>in</strong>e breite Brust (10) <strong>und</strong> rötliche<br />
R<strong>in</strong>ge unter den Augen (11). Er stand auf se<strong>in</strong>en Be<strong>in</strong>en (12) wie e<strong>in</strong> Löwe. Er hatte gütige<br />
Gebärden (13) se<strong>in</strong>en Fre<strong>und</strong>en gegenüber. Wenn er zornig war, dann blies er se<strong>in</strong>e Backen<br />
auf, daß sie flatterten: das stand ihm herrlich <strong>und</strong> weise <strong>und</strong> nicht übel an. So spricht der<br />
Meister Aristoteles <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em 4.Buch der Ethik [... Das heißt]: Wer nicht - wo nötig - zornig<br />
wird, hat nicht den rechten weisen Rat." 8<br />
Manches mag man an den Darstellungen von der Beschreibung des Chronisten problemlos<br />
wiedererkennen. Allerd<strong>in</strong>gs entzieht sich der Satz "Er stand auf se<strong>in</strong>en Be<strong>in</strong>en wie e<strong>in</strong> Löwe"<br />
der unserer unmittelbaren Erkennbarkeit. Hierbei handelt es sich nämlich um e<strong>in</strong>e<br />
besondere Metapher, die uns <strong>in</strong> die sprachliche Welt der Physiognomie-Texte führt.<br />
Leonardo : Leon<strong>in</strong>er Kopf, W<strong>in</strong>dsor 12.504. / Leonardo, Alter Mann mit Löwenkopf, 1498/99,<br />
W<strong>in</strong>dsor 12.502, P.142.<br />
In der PHYSIOGNOMONIA des Pseudo-Aristoteles (auf der Tabelle die erste Spalte) werden<br />
als Kennzeichen des Leon<strong>in</strong>en folgende Merkmale aufgeführt: "Haare, die weder glatt noch<br />
allzu kraus s<strong>in</strong>d" (III,F,8 - 11), "der ganze Körper artikuliert <strong>und</strong> nervig-kraftvoll" (articulatum<br />
et nervosum) (III,F,11), "die Nase eher dick als fe<strong>in</strong> (magis grossum quam subtilem), die<br />
Augen s<strong>in</strong>d nicht zu r<strong>und</strong>, nicht zu vorstehend, die Brauen recht groß, der Hals lang <strong>und</strong><br />
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