steuern_recht_aktuell_Ausgabe6_2012gs_November2012 - PwC ...
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<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 21<br />
Kein Splittingtarif nach Freizügigkeitsabkommen mit<br />
der Schweiz<br />
Vor dem Europäischen Gerichtshof geht es um die Frage, ob es den Bestimmungen des<br />
Freizügigkeitsabkommens der EG mit der Schweiz entspricht, wenn die deutsche<br />
Finanzverwaltung einem in Deutschland arbeitenden Ehepaar wegen deren<br />
Wohnsitzes in der Schweiz die Anwendung des Splitting-Verfahrens verweigert. Der<br />
Generalanwalt sieht in seinem Plädoyer keinen Verstoß gegen das Abkommen.<br />
Die Eheleute gingen beide in Deutschland einer selbständigen Beschäftigung nach und<br />
galten als Grenzgänger im Sinne des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz. Dieses<br />
Abkommen sieht für diesen Personenkreis die gleichen steuerlichen und sozialen<br />
Vergünstigungen vor, wie für inländische Personen, die einer selbständigen Tätigkeit<br />
nachgehen. Ihren Wohnsitz hatten die Eheleute im August 2007 in die Schweiz verlegt.<br />
Bei der Einkommensteuerveranlagung für 2008 wählten sie die Zusammenveranlagung<br />
unter Anwendung des Splittingtarifs. Mit Hinweis auf § 1a Abs. 1 EStG lehnte das<br />
Finanzamt dies ab: Zwar erfüllten beide die Voraussetzungen der fiktiven<br />
unbeschränkten Steuerpflicht des § 1 Abs. 3 EStG, aber nicht die Voraussetzungen des §<br />
1a Abs. 1 Nr. 2 EStG (Ehegattensplitting), da sie ihren Wohnsitz außerhalb der EU bzw.<br />
des EWR haben. Für die Anwendung des Splittingtarifs kommt es nicht auf die<br />
Staatsangehörigkeit, sondern auf den Wohnsitz in der EU/EWR an. Der Wohnsitz in der<br />
Schweiz schließe somit das Ehegattensplitting aus.<br />
In seinen Schlussanträgen empfiehlt der Generalanwalt keinen Verstoß des § 1a Abs. 1<br />
Nr. 2 EStG gegen das Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz festzustellen. Er begründet<br />
dies insbesondere damit, dass es nach seinem Wortlaut nur vor Diskriminierungen von<br />
Personen fremder Staatsangehörigkeit schütze: Da die Eheleute als Selbständige in dem<br />
Mitgliedstaat erwerbstätig sind, dessen Staatsangehörige sie sind, stehen ihnen keine<br />
Rechte aus den Bestimmungen dieses Abkommens zu. Der Generalanwalt legt das<br />
Freizügigkeitsabkommen insofern eng aus: Betroffen seien nur Staatsangehörige einer<br />
Vertragspartei, die sich zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Gebiet einer<br />
anderen Vertragspartei niederlassen wollen. Da die Eheleute jedoch deutsche<br />
Staatsangehörige sind und auch hier selbständig tätig sind (wo sie auch der Besteuerung<br />
unterliegen) könne – wörtlich gesprochen – von einer Diskriminierung “seitens der<br />
Behörden einer Vertragspartei gegenüber einem Staatsangehörigen einer anderen<br />
Vertragspartei” keine Rede sein. Der Fall, dass lediglich der Wohnsitz in das<br />
Hoheitsgebiet einer Vertragspartei (hier: die Schweiz) verlegt wird, dort aber nicht die<br />
Ausübung einer selbständigen Tätigkeit beabsichtigt ist, falle nicht in den<br />
Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens.<br />
Fundstelle<br />
EuGH-Schlussanträge vom 18. Oktober 2012 (C-425/11), Ettwein<br />
Erstattung von ausländischer Mehrwertsteuer trotz<br />
dortiger Niederlassung möglich<br />
Wie ist der Begriff der festen Niederlassung, von der aus geschäftliche Umsätze bewirkt<br />
werden, unions<strong>recht</strong>lich auszulegen? Der Europäische Gerichtshof hat jetzt der<br />
beantragten Vorsteuererstattung zweier ausländischer Unternehmer zugestimmt, die<br />
zwar über eine feste Niederlassung in Schweden verfügten, aber dort tatsächlich selbst<br />
keine steuerpflichtigen Lieferungen oder Leistungen ausführten.<br />
Die miteinander verbundenen Rechtssachen betreffen einen deutschen Autohersteller<br />
(C-318/11), der seine Fahrzeuge in Schweden unter winterlichen Bedingungen testete<br />
und eine dänische Gesellschaft mit einer Forschungsabteilung in Stockholm (C-319/11).<br />
Beiden gemeinsam ist die zu klärende Frage, ob einem Mehrwertsteuerpflichtigen, der in<br />
einem anderen Mitgliedstaat selbst keine steuerbaren Umsätze bewirkt, der<br />
Vorsteuerabzug allein wegen Bestehens einer festen Niederlassung verweigert werden<br />
kann.<br />
Der deutsche Autohersteller beschäftigte kein eigenes Personal in Schweden, das<br />
Testpersonal und auch die dabei verwendete technische Ausrüstung wurden speziell für<br />
die Tests eingeflogen. Die notwendigen Räumlichkeiten wurden von seiner schwedischen