steuern_recht_aktuell_Ausgabe6_2012gs_November2012 - PwC ...
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<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 5<br />
Die umstrittende und jetzt als verfassungswidrig eingestufte Hinzurechnungsvorschrift<br />
des § 8 Nr. 5 Gewerbesteuergesetz steht im Zusammenhang mit dem Systemwechsel im<br />
Körperschaftsteuer<strong>recht</strong> vom früheren Anrechnungsverfahren zum sogenannten<br />
Halbeinkünfteverfahren. Die nach Einkommen- oder Körperschaftsteuer<strong>recht</strong> außer<br />
Ansatz bleibenden Gewinnanteile aus sogenannten Streubesitzbeteiligungen von weniger<br />
als 10 Prozent (seit 2008 weniger als 15 Prozent) werden im Gewerbesteuer<strong>recht</strong> dem<br />
Gewinn wieder zugerechnet. In der Folge führt dies zu einer deutlichen Erhöhung des zu<br />
ver<strong>steuern</strong>den Gewinns eines Unternehmens. Der Entwurf zum<br />
Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz hatte zu dieser Frage zunächst keine<br />
Regelung vorgesehen. Erst die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom<br />
11. Dezember 2001 enthielt die später Gesetz gewordene Vorschrift.<br />
Eine Einigung mit Folgen, denn das Bundesverfassungsgericht hält die angegriffene<br />
Vorschrift insoweit für verfassungswidrig und nichtig, als die Vorschrift die Geltung der<br />
gewerbesteuer<strong>recht</strong>lichen Hinzurechnung von Streubesitzdividenden auch für den<br />
Zeitraum vor der Veröffentlichung der Beschlussempfehlung des<br />
Vermittlungsausschusses anordnet. Dies ist der Zeitraum vom 1. Januar bis 11.<br />
Dezember 2001, da die Empfehlung am 11. Dezember veröffentlicht wurde.<br />
Voraussetzung für die Gewährung des Vertrauensschutzes ist somit, dass sowohl der<br />
Ausschüttungsbeschluss als auch die Auszahlung der Dividende spätestens am 11.<br />
Dezember 2001 erfolgten.<br />
Fundstelle<br />
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2012, 1 BvL 6/07<br />
Vorrang der Niederlassungsfreiheit bei<br />
Mindestbeteiligungsquote von 10 Prozent<br />
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Niederlassungsfreiheit gegenüber der<br />
Kapitalverkehrsfreiheit Vorrang hat und damit keine Drittstaatenwirkung entfalten<br />
kann. Sobald ein bestimmender Einfluss auf die Geschäftsführung vorliegt, ist die<br />
Niederlassungsfreiheit, anderenfalls die Kapitalverkehrsfreiheit einschlägig.<br />
Im Streitfall war eine GmbH in 1999 zu 33,5 Prozent an einer US-Kapitalgesellschaft<br />
beteiligt und erzielte im Streitjahr 1999 eine Dividende von 4,5 Mio. € für die in den USA<br />
–entsprechend dem DBA - 5 Prozent Quellensteuer einbehalten wurde. Das Finanzamt<br />
stellte die Dividende von der Besteuerung frei, unterwarf sie jedoch der sog.<br />
Schachtelstrafe nach damaliger Regelung des § 8b Abs. 7 Körperschaftsteuergesetz und<br />
berücksichtigte hiernach 5 v.H. der Brutto-Dividende als nicht abzugsfähige<br />
Betriebsausgaben. Tatsächlich betrugen die im Zusammenhang mit der Beteiligung<br />
entstandenen Kosten aber lediglich knapp 11.000 DM. Die GmbH klagte wegen<br />
vermeintlichen Verstoßes der Vorschrift gegen die Niederlassungsfreiheit sowie des<br />
freien Kapitalverkehrs und meinte, das Abzugsverbot gelte nur bezüglich der<br />
tatsächlichen Kosten. Die Niederlassungsfreiheit entfaltet – anders als die<br />
Kapitalverkehrsfreiheit – keine Wirkungen außerhalb des EU-/EWR-Raums. Das<br />
Finanzgericht hatte die Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit bejaht und der<br />
GmbH Recht gegeben. Der Bundesfinanzhof sah jedoch einen Vorrang der<br />
Niederlassungsfreiheit und damit keine Drittstaatenwirkung - bereits ab einer gesetzlich<br />
qualifizierten Mindestbeteiligung von 10 Prozent.<br />
Der BFH entschied, dass die Schachtelstrafe gegen die unions<strong>recht</strong>liche Grundfreiheit<br />
der Niederlassungsfreiheit verstößt und deswegen nur innerhalb der Europäischen<br />
Union unanwendbar bleibt. Die Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit muss hinter die<br />
Verletzung der Niederlassungsfreiheit zurücktreten. Nach der Rechtsprechung des<br />
EuGH berühre eine nationale Regelung vorwiegend die Ausübung der<br />
Niederlassungsfreiheit, wenn die Beteiligung es ihrem Inhaber im Rahmen einer sog.<br />
Direktinvestition ermöglicht, "einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der<br />
betreffenden Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen"; hingegen<br />
sind sog. Portfolioinvestitionen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen,<br />
ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen<br />
werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen.<br />
Kernaussage der Münchener Steuerrichter: Bereits eine Beteiligung von mindestens 10<br />
Prozent ermögliche bei typisierender Betrachtung einen hinreichend "sicheren Einfluss<br />
auf Entscheidungen der Beteiligungsgesellschaft" und sei deswegen eine