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V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

<strong>5.2</strong> <strong>Bildschirmarbeit</strong>: Ergonomische Voraussetzungen und<br />

gesundheitliche Beeinträchtigungen bei <strong>Bildschirmarbeit</strong>splätzen<br />

Beitrag von Dr. Wolfgang Aichelburg-Rumerskirch und<br />

Dr. Werner Peter Zapotoczky<br />

Zusammenfassung<br />

Die Auseinandersetzung mit Fragen der<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong> hat in den letzten Jahren<br />

an Wichtigkeit zugenommen. Dies aus<br />

folgenden Gründen: Die<br />

Bildschirmtätigkeit nahm und nimmt eine<br />

immer zentralere Bedeutung in der<br />

Arbeitswelt ein. Auf diesem Hintergrund<br />

wurden durch den Gesetzgeber<br />

Verordnungen, Gesetze und Richtlinien<br />

geschaffen. Der Arbeitgeber <strong>wir</strong>d<br />

verpflichtet, ein <strong>Bildschirmarbeit</strong>sumfeld<br />

zu schaffen, das sowohl dem „Stand der<br />

Technik“ entspricht, als auch - von<br />

ergonomischer <strong>Seite</strong> - die<br />

Voraussetzungen schafft, gesundheitliche<br />

Schäden und Störungen zu vermeiden.<br />

Diesen Fragen wurde von den Autoren<br />

1997 im Rahmen einer<br />

Mitarbeiterbefragung in einem<br />

Bürobetrieb nachgegangen, welcher<br />

vorwiegend <strong>Bildschirmarbeit</strong>splätze<br />

umfaßt und deren Ergebnisse hier<br />

dargestellt werden.<br />

Es reicht jedoch nicht aus, sich allein auf<br />

die Pflichten des Arbeitgebers zu berufen.<br />

Zur Erreichung eines möglichst effektiven<br />

Nutzens müssen Maßnahmen gesetzt<br />

werden, die alle davon betroffenen<br />

Gruppen umfassen. Im Besonderen<br />

betrifft dies sowohl den betriebsärztlichen<br />

Dienst als auch die MitarbeiterInnen<br />

selbst.<br />

Notwendige Voraussetzungen dafür sind<br />

erstens die Sensibilisierung und<br />

kontinuierliche Motivation der<br />

MitarbeiterInnen für eine gesundheitliche<br />

Prävention, zweitens die Erkenntnis, daß<br />

gesundheitliche Prävention sowohl mittelwie<br />

langfristig Vorteile dem Arbeitgeber<br />

und dem Arbeitnehmer bringt.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

Um diese Ziele sicherzustellen, bedarf es<br />

sowohl eines Umdenkens als auch der<br />

Bereitschaft aller Gruppen, sich auf eine<br />

neue Arbeitswelt sowie ein geändertes<br />

Arbeitsumfeld einzustellen.<br />

Summary: Working with computers<br />

Discussions concerning the conditions of<br />

work behind a computer screen have become<br />

significantly more important in recent<br />

years. In response to the central role of<br />

computers in today’s workspace, new laws,<br />

ordinances and regulations have been created.<br />

Employers are now obliged to create a<br />

computer workspace which not only corresponds<br />

to “state-of-the-art“ technology but<br />

also offers all ergonomic preconditions to<br />

prevent possible health hazards.<br />

In 1997, experts researched this topic by<br />

taking a survey in an office with mainly<br />

computerised workspaces. The results are<br />

presented in this publication.<br />

However, it is not sufficient to refer only to<br />

the obligations of the employer. To achieve<br />

an overall benefit, actions must be taken to<br />

take account of the interests of all stakeholders.<br />

This relates most especially to employees<br />

and company physicians.<br />

Necessary preconditions include first of all<br />

the sensitisation and continuous motivation<br />

of the employees regarding preventive<br />

healthcare. Secondly, it must be acknowledged<br />

that preventive efforts have mid- and<br />

long-term benefits for employers as well as<br />

for employees.<br />

To safeguard these objectives, what is called<br />

for is a re-evaluation process as well as the<br />

willingness of all parties concerned to embrace<br />

new attitudes towards work and company<br />

health care.<br />

19


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

<strong>5.2</strong>.1 Einleitung<br />

Die Arbeitsplatzgestaltung und betriebliche Gesundheitsförderung hat im Jahr 1997 durch eine<br />

Unzahl von Verordnungen, Deklarationen und Gesetzesänderungen eine neue Dimension erhalten.<br />

Dies stellt auch einen wesentlichen Grund dar, sich mit der Frage der Arbeitsplatzgestaltung und<br />

der gesetzlichen Richtlinien auseinanderzusetzen.<br />

Im April 1998 kam die Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales<br />

über den Schutz der ArbeitnehmerInnen bei <strong>Bildschirmarbeit</strong> heraus, welche Richtlinien für die<br />

Büroarbeitsplatzgestaltung vorgibt.<br />

Im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Evaluierung der Arbeitsplätze wurde ein Instrument<br />

geschaffen, welches es dem Arbeitgeber zusätzlich ermöglicht, einerseits die<br />

Arbeitsplatzgestaltung neu zu überdenken und ergonomischen Richtlinien anzupassen, andererseits<br />

Präventivmaßnahmen zu setzen, um Risiken vorzubeugen und aktiv in die Arbeitsplatzgestaltung<br />

„einzugreifen“.<br />

Die EG hat Rahmenrichtlinien für den Arbeitsschutz herausgegeben (Richtlinie des Rates<br />

89/391/EWG), welche eine Neuorientierung des traditionellen Arbeitsschutzes in Gesetzgebung<br />

und Praxis darstellen.<br />

Im November 1997 wurde von der Europäischen Union die „Luxemburger Deklaration zur<br />

betrieblichen Gesundheitsförderung“ herausgegeben, welche alle gemeinsamen Maßnahmen der<br />

betrieblichen Gesundheitsförderung von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur<br />

Verbesserung von Gesundheit und Wohlempfinden am Arbeitsplatz umfaßt.<br />

Auf dem Hintergrund dieser richtungsweisenden und bindenden Grundlagen soll einerseits auf die<br />

gesetzlichen Grundlagen, andererseits auf Fragen der betrieblichen Gesundheitsförderung<br />

eingegangen werden.<br />

<strong>5.2</strong>.2 Arbeitswelt und Arbeitsumfeld<br />

Die Arbeitswelt ist einem noch nie dagewesenen Wandel unterzogen, der sowohl sozialpolitische<br />

als auch gesellschaftliche Aus<strong>wir</strong>kungen haben <strong>wir</strong>d, so daß ein Umdenken und eine<br />

Neuorientierung auf die Arbeitswelt erforderlich sein <strong>wir</strong>d.<br />

Die Gründe für eine derartige Veränderung der Arbeitswelt und des Arbeitsumfeldes sind u.a. auf<br />

geänderte Rahmenbedingungen zurückzuführen. Diese beziehen sich sowohl auf die politische<br />

Dimension als auch auf veränderte Anforderungen an die Arbeitswelt. Hier seien einige<br />

wesentliche Einfluß- und Wirkfaktoren genannt, welche mehrschichtig sind und unterschiedliche<br />

Dimensionen (politische, soziologische, sozioökonomische und <strong>wir</strong>tschaftliche) aufweisen:<br />

• Globalisierung<br />

• Arbeitslosigkeit<br />

• Veränderung von Beschäftigungsverhältnissen (Teilzeitarbeit, Telearbeit)<br />

• Zunehmende Verbreitung neuer Informationstechnologien<br />

• Personalabbau<br />

• Wachsende Bedeutung des Dienstleistungssektors<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

20


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

• Älter werdende Belegschaften<br />

• Wachsender Anteil von Mittel- und Kleinunternehmen<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

21


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

All diese Einflußgrößen stellen eine Herausforderung für die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts dar<br />

und werden zum Wandel in der Arbeitswelt beitragen. Weiters <strong>wir</strong>d aus diesen Darstellungen die<br />

wachsende Bedeutung ersichtlich, die - im erweiterten Sinne - dem Büroarbeitsplatz in Zukunft<br />

zukommen <strong>wir</strong>d.<br />

<strong>5.2</strong>.3 <strong>Bildschirmarbeit</strong>splatz<br />

Vorab erhebt sich die Frage, was als <strong>Bildschirmarbeit</strong>splatz gewertet <strong>wir</strong>d. Hiermit <strong>wir</strong>d jener<br />

Arbeitsplatz gemeint, bei welchem als bestimmendes Element ein Bildschirm als<br />

Arbeitsinstrument eingesetzt <strong>wir</strong>d. Die Tätigkeit ist nicht durch Arbeitsinhalte und Aufgaben<br />

definiert, sondern durch das verwendete Gerät. Weiters ist die Tätigkeit durch eine weitgehend<br />

unbewegte Körperhaltung gekennzeichnet.<br />

<strong>5.2</strong>.3.1 Formen der <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

• Datenausgabe: Der schwerpunktmäßige Tätigkeitsbereich ist hier das Lesen von Daten. 1<br />

• Dateneingabe: Hierbei werden Daten (Belege) eingegeben. Diese Tätigkeit erfordert hohe<br />

Dauerkonzentration, da meist Zahlenreihen eingegeben werden, die einer Anschaulichkeit<br />

entbehren.<br />

• Dialog-Arbeitsplätze: Diese stellen eine Kommunikation mit Rechnern in beiden Richtungen<br />

(Eingabe und Abfrage) dar. Beispiele für diese Dauertätigkeit sind Entwicklungsarbeiten wie<br />

CAD (Computer Aided Design), CAE (Computer Aided Engeneering) und CAM (Computer<br />

Aided Manufactoring).<br />

• Mischarbeitsplätze: Die <strong>Bildschirmarbeit</strong> ist diskontinuierlich, sie <strong>wir</strong>d zusammen mit<br />

bildschirmfreier Tätigkeit ausgeführt. Diese Arbeitsplätze stellen die überwiegende Tätigkeit<br />

im Bürobereich dar. Die Kommunikation mit anderen Beschäftigten und Datenbanken erfolgt<br />

über Kommunikationssysteme.<br />

<strong>5.2</strong>.3.2 Ergonomische Aspekte der Arbeitsplatzgestaltung<br />

Ergonomie <strong>wir</strong>d im deutschsprachigen Raum als ein interdisziplinäres Teilgebiet der<br />

Arbeitswissenschaft verstanden, welche sich in der Forschung mit Arbeitssystemen befaßt. Dabei<br />

werden biologische, psychologische und soziale Voraussetzungen der menschlichen Arbeit im<br />

Hinblick auf die Ausrichtung der menschlichen Fähigkeit und Fertigkeit auf die Anforderungen der<br />

„Maschine“ untersucht.<br />

Ferner beschäftigt sich die Ergonomie mit einer der menschlichen Leistungsfähigkeit und<br />

Belastbarkeit angemessenen Gestaltung der Maschine und Umgebungsbedingungen im Hinblick<br />

auf die Anpassung an den Menschen.<br />

1 Laut EU-Richtlinie werden auch Überwachungsstände mit Datendarstellung auf Bildschirm und weitergehende<br />

Abfragemöglichkeiten in Funktionseinzelheiten als solche gewertet.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

22


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Besondere Bedeutung <strong>wir</strong>d der Ergonomie im Arbeitsbereich, bei der Arbeitsplatzgestaltung, der<br />

Arbeitsräume, der Arbeitsgegenstände und der Arbeitsabläufe sowie der Arbeitsinhalte<br />

eingeräumt.<br />

Auch das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz mißt der Ergonomie eine besondere Bedeutung zu, da<br />

in diesem ausdrücklich der Aufdeckung von Gesundheitsrisiken bei der Arbeit erhöhte<br />

Aufmerksamkeit zu schenken ist. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Unzulänglichkeiten und<br />

Risikofaktoren zu beseitigen.<br />

Bedenkt man, daß mehr als die Hälfte aller unselbständig Erwerbstätigen in Büros beschäftigt sind,<br />

so stellt gerade dieser Bereich ein besonderes Problem dar.<br />

Gesundheitliche Aspekte: Untersuchungen der letzten Jahre haben deutlich gezeigt, daß die Zahl<br />

der in Anspruch genommenen Heilbehandlungen bei Büroangestellten kontinuierlich zugenommen<br />

hat, während im Bereich der Industrie rückläufige Tendenzen anzutreffen sind.<br />

Des weiteren stellt die Zahl der Krankenstandstage, welche durch Beeinträchtigungen des<br />

Bewegungsapparates verursacht werden, eine alarmierende Größe dar.<br />

Auf diesem Hintergrund erscheint es erforderlich, den ergonomischen Aspekten der<br />

Arbeitsplatzgestaltung eine besondere Bedeutung beizumessen.<br />

<strong>5.2</strong>.4 Arbeitsplatzgestaltung<br />

Am <strong>Bildschirmarbeit</strong>splatz <strong>wir</strong>d wenig physikalische Arbeit geleistet und es herrscht weitgehende<br />

Bewegungsarmut. Vor diesem Hintergrund ist eine gute und richtige Gestaltung des Arbeitsplatzes<br />

unerläßlich. Wer den Bildschirm nur gelegentlich oder kurzfristig als Arbeitsmittel benützt, macht<br />

sich keine Vorstellungen darüber, welche verschiedenen Beschwerden bei Dauerbenutzung<br />

auftreten können. So kann ein schlecht gestalteter Arbeitsplatz Ursache für abnehmende<br />

Arbeitszufriedenheit sowie zunehmende Fehlerhäufigkeit und Anstieg von Krankheitsausfällen<br />

sein.<br />

Um die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes zu gewährleisten und um zukünftige<br />

Beschwerden zu vermeiden, sollten die Arbeitsmittel (Bildschirm, Tastatur, Maus, Drucker, CPU<br />

etc.) entsprechend den medizinischen und arbeitsrechtlichen Erkenntnissen aufgestellt werden. Ein<br />

ergonomisch gestalteter Arbeitsplatz kann damit zu erheblichen Kosteneinsparungen in vielerlei<br />

Hinsicht beitragen.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

23


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Abbildung 4: Arbeitsplatz: Aufstellung der Arbeitsmittel<br />

<strong>5.2</strong>.4.1 Sitzende Tätigkeit: Arbeitsstuhl und Arbeitstisch<br />

Die Einrichtung des Arbeitsplatzes sollte so erfolgen, daß die Muskulatur bei der Arbeit<br />

weitgehend entspannt bleiben kann. Die jeweiligen Arbeitsplatzelemente müssen entsprechend<br />

eingerichtet sein.<br />

Dynamisches Sitzen: Auch ein optimal gestalteter Arbeitsstuhl kann bei andauernder gleicher<br />

Sitzhaltung zu Beschwerden führen. Aufgrund dessen sollte die Sitzhaltung regelmäßig gewechselt<br />

werden. Im allgemeinen geschieht dies zwar unwillkürlich, dies kann jedoch auch durch eine jeder<br />

Sitzhaltung (vordere, mittlere, hintere) angepaßte Rückenlehne sowie die Dreh- und<br />

Fahrbereitschaft des Sessels gefördert werden. Es reicht aber nicht aus, einen gut gestalteten Stuhl<br />

zu schaffen, wenn nicht die möglichen Sitzhaltungen gelernt und geübt werden.<br />

Körpergröße: Der Arbeitsplatz muß an den Menschen anpaßbar sein. Deshalb ist es wesentlich, für<br />

leicht handhabbare Verstellmöglichkeiten an Stuhl und Tisch sowie der Plazierung der<br />

Arbeitselemente zu sorgen. Hierbei ist es wesentlich, mit den Benutzern des Arbeitsplatzes die<br />

Anpassung an die eigene Körpergröße zu üben.<br />

Arbeitsstuhl<br />

Der Arbeitsstuhl soll so gestaltet sein, daß er für den Benutzer eine günstige Körperhaltung<br />

gewährleistet und dadurch Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates vermieden werden.<br />

Günstig sind Arbeitsstühle, die das dynamische Sitzen erleichtern und eine möglichst gute<br />

Anpassung an die pysiologischen Erfordernisse bieten (verstellbare Rückenlehne, Lendenlordose -<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

Bildschirm / monitor<br />

Tastatur / keybord<br />

Arbeitssessel / working seat<br />

Fensterfront / window<br />

Wand / wall<br />

Arbeitstisch / working table<br />

Ablage / working space<br />

Blickrichtung / direction of view<br />

24


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

bzw. Beckenstütze, Permanentkontakt, Synchronmechanik, gute Zugänglichkeit und Funktionalität<br />

der Bedienelemente, physiologisch günstige Oberflächen und Bezugsstoffe) bieten.<br />

Weitere Sitzmöglichkeiten:<br />

Kniehocker: Dieser verhindert durch physiologische Stellung der Wirbelsäule frühzeitige<br />

Ermüdung und Schmerzen im LWS Bereich. Nachteile sind die Kniebelastung, ein mögliches<br />

„Abklemmen“ der Gefäße im Kniekehlenbereich, und eine daraus resultierende<br />

Zirkulationsstörung im Bereich der Unterschenkel sowie das schwierige Aufstehen und<br />

Hinhocken. Diese Sitzform ist für längere Tätigkeiten nicht geeignet und bedarf der Gewöhnung.<br />

Sitzball: Dieser erfordert aktives Sitzen durch den Zwang, die Haltung ständig ausbalancieren zu<br />

müssen. Ferner ist durch die ständig aufrecht zu erhaltende Sitzhaltung ein erhöhter Muskeltonus<br />

der Haltemuskulatur erforderlich. 2<br />

Arbeitstisch<br />

Der Arbeitstisch soll so gestaltet sein, daß er der Körpergröße anpaßbar ist. Das bedeutet eine<br />

mögliche Absenkbarkeit der Arbeitsfläche. Bei größeren Menschen ist daher eine<br />

Höhenverstellbarkeit erforderlich, um eine Komfortabilität zu gewährleisten.<br />

Weitere Eigenschaften des Arbeitstisches:<br />

- ausreichende Tiefe (mindestens 50 cm ) wegen Bildschirmabstand<br />

- Kabelkanäle für Daten und Energieleitungen<br />

- Koppelbarkeit mit mehreren Tischelementen für eine flexible Gestaltung<br />

- Beinfreiheit durch nach hinten gesetzte Tragelemente anstatt Eckbeinen<br />

- helle Oberfläche, diffuse Reflexion<br />

Diese ergonomische Anordnung ist - zur Vermeidung von ungünstigen und belastenden<br />

Körperhaltungen, wie z. B. ungünstige Sitzposition - erforderlich. Sie soll sich nach Kriterien der<br />

flexiblen Anordnung richten. Eine Gliederung in große und kleine Greifräume, je nach der<br />

Arbeitsaufgabe (Telefon, Tastatur), die Aufstellung der Bildschirme in geeigneter Sehentfernung<br />

und Aufstellhöhe (oberste Bildschirmzeile unterhalb der Augenhöhe) soll einer komfortablen und<br />

funktionellen Anordnung von Tastatur und Maus entsprechen.<br />

Fußstütze: Wenn kein höhenverstellbarer Tisch zur Verfügung steht, ist eine Fußstütze<br />

erforderlich. Diese soll verstellbar sein in Höhe und Neigung und eine große Stellfläche<br />

aufweisen. 3<br />

<strong>5.2</strong>.4.2 Bildschirm<br />

Der Bildschirm soll so plaziert sein, daß die Oberkante des Bildschirmes in Augenhöhe liegt. Er<br />

soll leicht dreh- und neigbar sein. Bildschirme, die dem heutigen technischen Standard<br />

entsprechen, haben eine hohe Auflösung, sind flimmerfrei, Farben und Helligkeit sowie Kontrast<br />

sind jeweils einstellbar.<br />

2<br />

ASchG § 67 Anforderungen an Sitzgelegenheiten; ÖNORM A1675 Konstruktive Merkmale und Prüfvorschriften für<br />

Bürodrehsessel; ÖNORM EN ISO 9241-5 Anforderungen an Arbeitsstuhlgestaltung und Körperhaltung.<br />

3<br />

ÖNORM EN ISO 9241-5 Anforderungen an Arbeitsstuhlgestaltung und Körperhaltung; ASchG § 67 Anforderungen<br />

an Arbeitstische, Hinweis auf Körperhaltung; ÖNORM 1676 Anforderung bez. Arbeitstische und Fußstützen;<br />

Richtlinie 90/270 EWG Anhang: Hinweis auf Anordnung der Arbeitsmittel.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

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V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Flimmern: tritt besonders bei hellen Bildschirmen auf, da die Flimmerfrequenz des Auges dann<br />

höher ist. Das Flimmern verschwindet bei hoher Bildschirmfolgefrequenz.<br />

Farbe: Die Farbe sollte sparsam genützt werden. Es sollten keine Farben mit hoher Sättigung<br />

verwendet werden. Die Farbwahl soll reinen informativen Wert haben.<br />

Reflexe: Auch bei lichtstarken Bildschirmen können Reflexionen störend sein. Eine Abhilfe <strong>wir</strong>d<br />

am besten durch eine Veränderung der Beleuchtungssituation erzielt. Störend können<br />

Verunreinigungen durch Fingerabdrücke und dergleichen sein, da Helligkeit und Kontrast dadurch<br />

gesenkt werden. Ferner kann eine Verstaubung des Bildschirmes zusätzlich zu einer<br />

Kontrastminderung beitragen.<br />

Größe: Je größer die Bildschirmfläche ist, um so größer kann auch die Zeichendarstellung sein,<br />

oder desto mehr Einzelheiten lassen sich abbilden.<br />

Aufstellung: Die Aufstellung der Bildschirme sollte möglichst fensterfern sein, um starke<br />

Kontraste und Blendung zu vermeiden.<br />

Abbildung 5: Arbeitsplatz: Definition Blickrichtung<br />

90°<br />

~90°<br />

90°<br />

<strong>5.2</strong>.4.3 Tastatur<br />

Die Standardisierung der Tastatur hat zu erheblichen Verbesserungen geführt (Form, Farbe,<br />

Mattigkeit, Tastenanordnung). Die seit kurzem angebotene ergonomische Tastatur bedarf einer<br />

Umgewöhnung auf eine andere Bedienungsweise. Bei der Auswahl der Tastatur ist auf folgendes<br />

zu achten:<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

~90°<br />

40 – 70 cm<br />

10° - 15° *)<br />

Horizontale Sehachse /<br />

Horizontal line of view<br />

*)<br />

Oberste Bildschirmzeile darf<br />

horizontale Sehachse nicht<br />

übersteigen! Ideal 10°<br />

1 st line on top of the monitor<br />

must not exceed the<br />

horizontal line of view.<br />

Verstellbar /adjustable<br />

Normal / normally 72 cm<br />

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V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Gestaltung: Bauhöhe niedrig, Neigung gering (5-10 Grad), Handauflage ca. 5 cm tief, Tasten<br />

konkav.<br />

Oberfläche: Hell, matt, Tastatur mit dunkler Beschriftung.<br />

Tastennutzung: gleicher Auslösewiderstand und Auslöseweg bei allen Tasten. Auslösung<br />

akustisch (Klick) oder haptisch (Widerstandsänderung) rückgemeldet.<br />

<strong>5.2</strong>.4.4 Arbeitselemente: Beleuchtung, Luft, Raumtemperatur<br />

Die Zuordnung der Arbeitselemente erfolgt entsprechend der Aufgabenstellung. Bei den häufigen<br />

Mischarbeitsplätzen ist eine ausreichende Tischfläche für die verschiedenen Tätigkeiten<br />

vorzusehen.<br />

• Das wichtigste Arbeitselement sollte sich direkt vor dem Beschäftigten befinden.<br />

• Die Abstände zwischen den Arbeitselementen (Vorlage, Bildschirm, Tastatur) und den Augen<br />

sollte möglichst gleich sein. Dies trägt zur Verminderung der Akkommodationsarbeit bei.<br />

• Die Helligkeitsunterschiede sollen nicht zu groß sein, um unnötige Adaptionsarbeit zu<br />

vermeiden.<br />

• Eine Zwangshaltung des Kopfes muß vermieden werden.<br />

Licht/Beleuchtung<br />

Beleuchtungsstärke, Leuchtdichteverteilung, Reflexionen und Spiegelungen stellen wesentliche<br />

Kriterien für ein Wohlbefinden am Arbeitsplatz dar. Hierfür sind einige wesentliche<br />

Grundvoraussetzungen anzustreben:<br />

• Die Beleuchtungsstärken müssen für die jeweiligen Sehaufgaben angemessen sein.<br />

• Eine ausgewogene Leuchtdichteverteilung im Sehfeld ist erforderlich.<br />

• Reflexblendungen und Direktblendungen müssen vermieden werden.<br />

• Die horizontalen und vertikalen Beleuchtungstärken müssen aufeinander abgestimmt sein.<br />

• Der Idealwert der Beleuchtungsstärke liegt zwischen 400 und 600 Lux.<br />

Leuchten: Um eine Blendung und Reflexbildung zu vermeiden, haben sich Spiegelrasterleuchten<br />

bewährt. Eine diffuse Allgemeinbeleuchtung sollte zur Verhinderung allzu großer Kontraste<br />

vorhanden sein.<br />

Luft und Raumtemperatur<br />

Klima und Raumtemperatur tragen wesentlich zur Behaglichkeit am Arbeitsplatz bei.<br />

Umgebungsluft und Strahlungsquellen bilden dabei die wesentlichsten Faktoren. Bei<br />

Zusammen<strong>wir</strong>ken dieser Faktoren, der Kleidung und dem Aktivitätszustand <strong>wir</strong>d das Arbeitsklima<br />

als behaglich oder unbehaglich empfunden.<br />

Komfortklima: darunter <strong>wir</strong>d die Anpassung des Raumklimas an die physiologischen und<br />

hygienischen Ansprüche des Menschen verstanden, wobei hierin auch auf die zu leistende Arbeit<br />

und auf saisonelle Aspekte Rücksicht genommen werden muß.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

27


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Klimafaktoren:<br />

Luft: Trockentemperatur, Feuchtigkeit, Strömungsgeschwindigkeit.<br />

Wärmestrahlung: Durch Sonne und warme Körper.<br />

Isolation: Durch Kleidung.<br />

Arbeit: Wärmeproduktion durch physiologische Arbeit.<br />

Kompensationsmöglichkeiten: Diese Faktoren können sich in bestimmten Grenzen kompensieren.<br />

Eine ansteigende Raumtemperatur kann durch Heben der Strömungsgeschwindigkeit der Luft oder<br />

durch sinkende Luftfeuchtigkeit kompensiert werden. Eine stärkere körperliche Arbeit kann durch<br />

erniedrigte Körpertemperatur kompensiert werden.<br />

Empfohlene Klimawerte: (diese sind vom Ausmaß der körperlichen Arbeit abhängig.<br />

Relative Luftfeuchtigkeit: 40-60 Prozent<br />

Luftgeschwindigkeit: Bei ca. 20 Grad bis zu 1m/sec<br />

Bei Büroarbeit stellt sich das optimale Raumklima wie folgt dar:<br />

• Lufttemperatur 21 Grad<br />

• Relative Luftfeuchtigkeit: 50 %<br />

• Luftbewegung: max.0,1 m/s<br />

<strong>5.2</strong>.5 Richtlinien zur <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

<strong>5.2</strong>.5.1 ÖNORMEN<br />

Die ÖNORM 8010 bietet eine Grundlage für die ergonomische Gestaltung von Büroarbeitsplätzen.<br />

Unter Berücksichtigung der ergonomischen Erkenntnisse und der absehbaren organisatorischen<br />

und technischen Entwicklung dient sie der Planung und Überprüfung von Bauten und Räumen, in<br />

denen Büroarbeit verrichtet <strong>wir</strong>d.<br />

Neben Planungshinweisen für die ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen sind auch<br />

Hinweise für die Zuordnung und Eingliederung in Räume und Bauten enthalten, die eine<br />

Flächenermittlung unter ergonomischen Gesichtspunkten darstellen. Es werden Planungshinweise<br />

für eine funktionelle Raumgestaltung gegeben, welche auf physiologische, physikalische und<br />

soziale Gegebenheiten Rücksicht nimmt.<br />

Für die Büroarbeitsplatzgestaltung liegen noch eine Unzahl von ÖNORMEN vor, welche im<br />

Konkreten auf spezifische Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes abgestimmt sind. Diese<br />

Normen beziehen sich nicht nur auf die Gestaltung, sondern auch auf die Arbeitsplatzausstattung<br />

und die Beschaffenheit von Ausstattungselementen, wie z.B. Sessel, Tisch u.dgl.<br />

<strong>5.2</strong>.<strong>5.2</strong> EU Bildschirmrichtlinie<br />

Die EU Bildschirmrichtlinie 90/270/EWG ist eine Richtlinie des Rates, die Mindestvorschriften<br />

bezüglich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit an Bildschirmgeräten<br />

darstellt.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

28


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

<strong>5.2</strong>.5.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG §67/68) <strong>Bildschirmarbeit</strong>splätze<br />

Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, im Speziellen der Paragraph 67/68 ASchG stellt<br />

Mindestvorschriften für die Gestaltung des <strong>Bildschirmarbeit</strong>splatzes dar, welche alle<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong>splätze bis zum 31.12.96 erfüllen mußten. Es verpflichtet den Arbeitgeber,<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong>splätze im Sinne des Standards der Technik und entsprechend den ergonomischen<br />

Anforderungen zu gestalten und gibt Richtlinien und Ansatzpunkte für die Umsetzung dieser<br />

Gestaltungsmaßnahmen.<br />

<strong>5.2</strong>.5.4 <strong>Bildschirmarbeit</strong>sverordnung<br />

Mit 01.05.98 ist die <strong>Bildschirmarbeit</strong>sverordnung in Kraft getreten. Mit dieser wurden die<br />

Bestimmungen der Paragraphen 67/68 jedoch nicht außer Kraft gesetzt, vielmehr stellt sie eine<br />

Ergänzung zu den jeweiligen Paragraphen dar.<br />

Die Paragraphen 67/68 ASchG enthielten nicht alle Mindestanforderungen der EU<br />

Bildschirmrichtlinie 90/270/EWG, sodaß diese erweitert und ergänzt werden mußten. Im<br />

Speziellen waren österreichspezifische Fragen vom Gesetzgeber zu beantworten, die dadurch einer<br />

Klärung zugeführt wurden (z.B. wer Augenuntersuchungen machen darf).<br />

Des weiteren wurde geklärt,<br />

• was unter <strong>Bildschirmarbeit</strong> zu verstehen ist, welche Zeitdauer ein/e <strong>Bildschirmarbeit</strong>er/in<br />

kontinuierlich am Bildschirm arbeiten muß, um die Tätigkeit als <strong>Bildschirmarbeit</strong> zu bewerten,<br />

u.dgl.;<br />

• Durchführung und Einhaltung von Bildschirmpausen bzw. Tätigkeitswechsel (wer muß wann);<br />

• das Recht des Arbeitnehmers auf eine Untersuchung der Augen;<br />

• die Verpflichtung des Arbeitgebers, für Kosten bei der Notwendigkeit von Sehhilfen<br />

aufzukommen;<br />

• die Unterweisungs- und Informationspflicht durch den Arbeitgeber.<br />

Es ist selbstsprechend, daß in diesen kurzen Ausführungen weder auf die Fragen der Ergonomie<br />

am Arbeitsplatz noch auf die gesetzlichen Bestimmungen vollständig eingegangen werden konnte.<br />

Es wurden einige wesentliche Aspekte beleuchtet und versucht, einen Einblick in wesentliche<br />

Grundlagen der Ergonomie zu bieten.<br />

Die gesetzlichen Bestimmungen, Verordnungen und Normen konnten ebenfalls nur angerissen<br />

werden. Dennoch ist es wichtig, einen Einblick in diese Materie zu haben, da sie eine<br />

Orientierungshilfe für die gesetzlichen Grundlagen und die Gestaltung des Arbeitsplatzes bieten.<br />

<strong>5.2</strong>.6 Arbeitsmedizinische Befragung zur Bildschirmtätigkeit<br />

Im Jahr 1997 wurde eine Fragebogenuntersuchung in einem Bürobetrieb mit 277 Angestellten<br />

durchgeführt. Dieser ist gegliedert in verschiedene Abteilungen, die sich mit Auskünften im<br />

nationalen und internationalen Bereich, mit Marketing und Verkauf der angebotenen Produkte,<br />

Betriebsbeobachtungen und betrieblichen Finanzierungsfragen beschäftigen. Bis auf jene<br />

MitarbeiterInnen, die als Hausangestellte, in der Hausdruckerei oder im Expedit tätig sind, haben<br />

alle Betriebsangehörigen eine vorwiegend computerunterstützte Bürotätigkeit.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

29


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Von <strong>Seite</strong> der Betriebsleitung <strong>wir</strong>d besonders geachtet, die Arbeitsplätze mit den jeweils<br />

aktuellsten Computermodellen auszustatten, die der Verordnung der Bundesministerin für Arbeit,<br />

Gesundheit und Soziales über den Schutz der ArbeitnehmerInnen entsprechen.<br />

In einem ausgesandten Begleitschreiben wurden alle BetriebsmitarbeiterInnen über die<br />

Umfrageaktion informiert. Um den MitarbeiterInnen die Möglichkeit zu geben, den Fragebogen<br />

unbeeinflußt auszufüllen und in der Antwort anonym zu bleiben, konnten die Fragebögen an einer<br />

zentral aufgestellten Urne eingeworfen werden.<br />

Im Begleitbrief wurde auch auf die zeitliche Begrenzung der Umfrage hingewiesen und die<br />

entsprechenden Daten angegeben. Es wurde auch sichergestellt, daß die abgegebenen Fragebögen<br />

nur vom betriebsärztlichen Dienst zu Zwecken der Auswertung geöffnet wurden. Zugleich wurde<br />

für die Auswertung eine eigene Auswertungsliste erstellt, sowie Auswertungsbögen, die dann zur<br />

Berechnung weitergegeben werden konnten. Um die Anonymität für den Einzelnen<br />

sicherzustellen, wurde die Auswertung dem Institut für Pflege- und Gesundheitssystemforschung<br />

an der Johannes Kepler Universität in Linz übertragen. Die Signifikanz der Berechnungen beträgt<br />

je nach Frage zwischen (1-p)* 100 = 84,5 und (1-p)* 100 = 99,6.<br />

Mit der Umfrage sollten nicht nur Erkenntnisse über Gepflogenheiten bei der <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

gewonnen werden. Es sollte auch erhoben werden, wie lange täglich am Bildschirm gearbeitet<br />

<strong>wir</strong>d, welche Abteilungen davon besonders betroffen sind, ob die MitarbeiterInnen über die<br />

vorgeschriebenen Pausen informiert sind bzw. diese auch beachten und welche gesundheitlichen<br />

Probleme auftreten. Zugleich mit der Umfrage über die <strong>Bildschirmarbeit</strong> wurde auch nach der<br />

Zufriedenheit mit dem Arbeitsstuhl und dem Arbeitsplatz gefragt, verbunden mit der Möglichkeit<br />

der Einbringung persönlicher Änderungswünsche.<br />

Die Befragung brachte folgende Ergebnisse:<br />

Von den insgesamt ausgesandten 277 Fragebögen wurden 134 retourniert (Rücklaufquote 48,4 %)<br />

und für die Berechnungen herangezogen.<br />

Die geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Betriebsangehörigen beträgt 83 Prozent Frauen<br />

und 17 Prozent Männer.<br />

Die genauere Aufschlüsselung hinsichtlich des Geburtsjahres zeigt, daß im untersuchten Betrieb<br />

vorwiegend jüngere ArbeitnehmerInnen beschäftigt werden. 35 Prozent gehören einem<br />

Geburtsjahrgang zwischen 1970 und 1979 an, 31 Prozent zwischen 1960 und 1969. Nur 18 Prozent<br />

geben ein Geburtsdatum zwischen 1950 und 1959 an, und 14 Prozent sind zwischen 1940 und<br />

1949 geboren.<br />

<strong>5.2</strong>.6.1 Arbeit am Bildschirm<br />

Fast 94 Prozent geben in den Antworten an, ihre Arbeit vorwiegend am Bildschirm zu verrichten. 6<br />

Prozent arbeiten nur fallweise am Bildschirm.<br />

Dauer der <strong>Bildschirmarbeit</strong> in Stunden pro Tag<br />

Auch die Auswertung der Frage nach der durchschnittlichen Dauer der <strong>Bildschirmarbeit</strong> in<br />

Stunden pro Tag zeigt, daß die Arbeitsleistung vorwiegend durch <strong>Bildschirmarbeit</strong> erbracht <strong>wir</strong>d.<br />

Hierbei wurde die Gesamtarbeitszeit am Bildschirm pro Tag ausgewertet. Während nur etwa 10<br />

Prozent durchschnittlich bis zu 4 Stunden täglich am Bildschirm tätig sind, arbeitet ein Drittel<br />

(33,5 %) täglich bis zu 6 Stunden und fast die Hälfte (45,5 %) täglich bis zu 8 Stunden<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

30


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

(durchschnittlich) am Bildschirm. Etwas mehr als 10 Prozent arbeiten sogar über 8 Stunden täglich<br />

am Bildschirm.<br />

Durchschnittliche kontinuierliche <strong>Bildschirmarbeit</strong> in Stunden pro Tag<br />

Bei dieser Frage sollte diejenige <strong>Bildschirmarbeit</strong> ausgewertet werden, bei welcher ohne<br />

Unterbrechung am Bildschirm gearbeitet <strong>wir</strong>d. Da ein großer Unterschied besteht, ob eine<br />

Tätigkeit auf den Tag verteilt oder in einem erbracht <strong>wir</strong>d, wurde differenziert zwischen Dauer der<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong> (insgesamt) und durchschnittlicher kontinuierlicher <strong>Bildschirmarbeit</strong>.<br />

Leider haben 16 Prozent zu dieser Frage keine Antworten gegeben. Nur etwa 16 Prozent geben an,<br />

täglich bis zu 2 Stunden, 23 Prozent täglich bis zu 4 Stunden kontinuierlich am Bildschirm zu<br />

arbeiten. Die Prozentzahl jener, die bis zu 6 oder 8 Stunden kontinuierlich <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

verrichten, ist mit jeweils etwa 20 Prozent groß. 3 Prozent geben sogar an, täglich mehr als 8<br />

Stunden kontinuierlich am Bildschirm zu arbeiten. Zugleich <strong>wir</strong>d von 68 Prozent der Befragten<br />

angegeben, BrillenträgerIn zu sein.<br />

Grafik 1: Durchschnittliche Dauer der <strong>Bildschirmarbeit</strong> in Stunden pro Tag<br />

Durchschn. Dauer der <strong>Bildschirmarbeit</strong> in Std.<br />

pro Tag<br />

bis 8 Std.<br />

45%<br />

über 8 Std.<br />

11%<br />

bis 2 Std.<br />

2%<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

bis 4 Std.<br />

8%<br />

bis 6 Std.<br />

34%<br />

<strong>5.2</strong>.6.2 Verwendung von Hilfsmitteln<br />

Beleghalter<br />

über 8 Std.<br />

3%<br />

bis 8 Std.<br />

21%<br />

Durchschn. kontinuierliche <strong>Bildschirmarbeit</strong> in<br />

Std. pro Tag<br />

k.A.<br />

16%<br />

bis 6 Std.<br />

20%<br />

bis 2 Std.<br />

16%<br />

bis 4 Std.<br />

24%<br />

Die Frage, ob ein Beleghalter vorhanden ist, <strong>wir</strong>d von 95 Prozent der Befragten verneint, 3,7<br />

Prozent beantworten diese Frage mit Ja, vom Rest <strong>wir</strong>d keine Antwort gegeben.<br />

Von jenen, die angeben, daß ein Beleghalter vorhanden ist, halten mehr als die Hälfte (53 %)<br />

diesen für nicht ausreichend dimensioniert. Nur etwa 2 Prozent sind mit der Dimensionierung<br />

zufrieden. 44 Prozent haben zu dieser Frage keine Angaben gemacht.<br />

Zeilenlineal<br />

Verneint <strong>wir</strong>d von fast zwei Drittel der Befragten (72 %) die Frage, ob ein Zeilenlineal vorhanden<br />

ist. Nur 22 Prozent geben an, daß ihr Arbeitsplatz mit diesem Hilfsmittel ausgestattet ist.<br />

31


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Bedienung der mittleren Tastaturreihe mit waagrecht gehaltenen Unterarmen<br />

44 Prozent geben an, daß ihr Arbeitsplatz ergonomisch gestaltet ist, sodaß sie die mittlere<br />

Tastaturreihe mit waagrecht gehaltenen Unterarmen erreichen können. Von 42,5 Prozent <strong>wir</strong>d<br />

diese Möglichkeit negiert. 13 Prozent geben dazu keine Anwort.<br />

<strong>5.2</strong>.6.3 Bildschirmaufstellung und Beleuchtung<br />

Probleme mit der Beleuchtung<br />

48 Prozent verneinen, daß es ein Problem mit der Beleuchtung gibt. 40 Prozent meinen, daß sehr<br />

wohl ein Beleuchtungsproblem besteht. Von den restlichen Befragten liegen keine Angaben vor.<br />

Probleme mit Spiegelungen auf dem Bildschirm<br />

Rund 44 Prozent geben an, daß es zu Spiegelungen am Bildschirm kommt, 42 Prozent verneinen<br />

dies. Der Rest gibt zu dieser Frage keine Antwort.<br />

Probleme mit Blendung durch das Tageslicht<br />

Auch diese Frage <strong>wir</strong>d fast ident zur vorhergehenden Frage beantwortet: 44 Prozent bestätigen<br />

eine Blendung durch das Tageslicht, 42,5 Prozent verneinen das Bestehen einer solchen. 13,5<br />

Prozent geben dazu keine Antwort.<br />

Bildschirm in Augenhöhe<br />

Eine arbeitsmedizinisch wichtige Frage ist, ob sich der Bildschirm in Augenhöhe befindet. Von 90<br />

Prozent der MitarbeiterInnen <strong>wir</strong>d diese Frage bejaht, nur bei 10 Prozent <strong>wir</strong>d eine diesbezügliche<br />

Korrektur nötig sein.<br />

Abstand zwischen Arbeitsplatz und Bildschirm<br />

Bei etwa 10 Prozent der MitarbeiterInnen ist der Abstand zwischen Arbeitsplatz und Bildschirm zu<br />

gering, er beträgt nur maximal 40 cm. 19 Prozent geben einen Arbeitsabstand von 40 - 50 cm an.<br />

Bei 48 Prozent beträgt der Abstand zwischen 50 und 60 cm und bei 21 Prozent liegt die Distanz<br />

über 60 cm.<br />

<strong>5.2</strong>.6.4 Arbeitsplatzzufriedenheit<br />

Zufriedenheit mit der Gestaltung des Arbeitsplatzes<br />

Der Großteil der Befragten (61 %) gibt an, mit der Gestaltung des Arbeitsplatzes zufrieden zu sein.<br />

Unzufrieden zeigen sich lediglich 19 Prozent.<br />

In 31 Fragebögen werden Einzelangaben zu Änderungswünschen angeführt, die für persönlich<br />

bedeutsam gehalten werden. Am häufigsten <strong>wir</strong>d der Wunsch nach Installierung einer Klimaanlage<br />

(22,5 %) angegeben, fast 10 Prozent wünschen sich das Vorhandensein einer Fußstütze bzw. eine<br />

optimal gestaltete Computerecke, oder ein Nichtraucherzimmer.<br />

Einem geringeren Teil (6,5 %) sind Bildschirmschoner, eine entsprechende Fensterdichtung und<br />

die Aufklärung über <strong>Bildschirmarbeit</strong>spausen wichtig. Jeweils etwas mehr als 3 Prozent geben als<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

32


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Änderungswünsche mehr Tageslicht, die Verwendung von Tageslichtlampen oder eine neue<br />

Beleuchtungstechnik an. Ebenso werden als Mängel das Fehlen von Trennwänden, Platzmangel<br />

und fehlende Frischluft angegeben. Auch Wünsche hinsichtlich mehr Information über eine<br />

optimale Arbeitshaltung und eine bessere Integration der Tastatur beim Schreibtisch werden<br />

geäußert.<br />

<strong>5.2</strong>.6.5 Zufriedenheit mit dem Arbeitsstuhl<br />

Zwei Drittel der MitarbeiterInnen (76 %) geben in den Antworten an, mit ihrem Arbeitsstuhl<br />

zufrieden zu sein. Fast 22 Prozent sind dies nicht, von etwa 2 Prozent liegen keine Antworten vor.<br />

Auch bei dieser Frage konnten Änderungswünsche angegeben werden. In 20 abgegebenen<br />

Fragebögen werden dazu auch Angaben gemacht. Der Großteil der Wünsche betraf Sessel mit<br />

Armlehnen (55 %) und andere Rückenlehnen (25 %). 10 Prozent beklagen, daß der Arbeitsstuhl<br />

ein altes Modell ist. Auch das Vorhandensein eines Sitzballs <strong>wir</strong>d gewünscht.<br />

<strong>5.2</strong>.6.6 Bildschirmpausen<br />

Einhaltung von Bildschirmpausen<br />

Zwei Drittel der Befragten (65,8 %) geben an, die vorgeschriebenen Pausen bei der<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong> nicht einzuhalten. Nur 30 Prozent halten die <strong>Bildschirmarbeit</strong>spausen ein, 4<br />

Prozent geben dazu keine Antwort.<br />

Grafik 2: Einhaltung von Bildschirmpausen<br />

Pausen werden nicht<br />

eingehalten<br />

66%<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

k.A.<br />

4%<br />

Pausen werden<br />

eingehalten<br />

30%<br />

Von besonderem Interesse ist jedoch, warum diese vorgesehenen Pausen nicht eingehalten<br />

werden. Insgesamt 70 Einzelangaben wurden dazu abgegeben. In der Hälfte der Fälle (50 %) <strong>wir</strong>d<br />

bestehender Zeitmangel als Grund für das Nichteinhalten der <strong>Bildschirmarbeit</strong>spausen angeführt.<br />

30 Prozent geben an, über die bestehenden Bestimmungen nicht informiert zu sein, bei 13<br />

Prozent läßt die Arbeitsmenge eine solche Pause nicht zu. 1,4 Prozent glauben, die<br />

33


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong>spause nicht zu benötigen, gleich viele meinen, daß diese von der Leitung<br />

unerwünscht sei.<br />

Grafik 3: Gründe für Nichteinhaltung von Bildschirmpausen<br />

zu große<br />

Arbeitsmenge<br />

13%<br />

Nicht informiert über<br />

Bestimmungen<br />

30%<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

Pause unerwünscht<br />

1%<br />

Pause nicht nötig<br />

1%<br />

<strong>5.2</strong>.6.7 Körperliche Beschwerden und <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

k.A.<br />

4%<br />

Zeitmangel<br />

51%<br />

Von 71 Prozent der Befragten werden aufgetretene körperliche Beschwerden auf die<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong> zurückgeführt, bei 27 Prozent treten keine körperlichen Beschwerden auf. 2<br />

Prozent geben dazu keine Antwort.<br />

Grafik 4: Körperliche Beschwerden aufgrund von <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Nein<br />

27%<br />

k.A.<br />

2%<br />

Bei dieser Frage wurde auch nach Einzelangaben gefragt, wobei Mehrfachnennungen möglich<br />

waren. Insgesamt wurden 145 Einzelangaben ausgewertet.<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong> als besondere Belastung für die Augen<br />

Ja<br />

71%<br />

34


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Mehr als ein Drittel der Angaben (36,5 %) beziehen sich auf aufgetretene Augenbeschwerden<br />

durch die <strong>Bildschirmarbeit</strong>. Davon klagen 28 Prozent darüber, daß die Augen “brennen“, 7 Prozent<br />

glauben, daß durch die <strong>Bildschirmarbeit</strong> eine Kurzsichtigkeit verursacht worden ist und etwas<br />

mehr als 1 Prozent meint, daß die Notwendigkeit, bei der Arbeit eine Brille verwenden zu müssen,<br />

auf die berufliche Tätigkeit am Bildschirm zurückzuführen ist.<br />

Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Hautprobleme<br />

Neben angeführten Beschwerden, die den Stützapparat betreffen und im nächsten Absatz noch<br />

näher ausgeführt werden, <strong>wir</strong>d in einem Viertel der Fälle (24,5 %) auf bildschirmarbeitsbedingte<br />

Kopfschmerzen hingewiesen. 3 Prozent der Befragten mit Beschwerden führen die aufgetretene<br />

Müdigkeit auf die <strong>Bildschirmarbeit</strong> zurück, knapp 1 Prozent verweist auf Hautprobleme.<br />

36 Prozent geben an, daß die aufgetretenen Beschwerden des Stützsystems von der<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong> herrühren. Im Vordergrund stehen dabei Verspannungen (14 %) sowie<br />

Beschwerden im Nacken- und Schulterbereich (12 %). Auch bestehende Schmerzen im Rücken-<br />

und Kreuzbereich werden von etwa 10 Prozent angegeben.<br />

Grafik 5: Art der Beschwerden aufgrund von <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Wirbelsäulenbeschwerden<br />

36%<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

Müdigkeit<br />

3%<br />

Kopfschmerzen<br />

25%<br />

Beschwerden und Dauer der täglichen <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Augenbeschwerden<br />

36%<br />

Die Frage, ob die von den Befragten angegebenen gesundheitlichen Beschwerden mit der Dauer<br />

ihrer täglichen <strong>Bildschirmarbeit</strong> zusammenhängen, ist besonders bedeutsam.<br />

Interessanterweise geben diejenigen Befragten, welche täglich nur bis zu 2 Stunden mit<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong> beschäftigt sind, am häufigsten an, gesundheitliche Beschwerden zu verspüren<br />

(67 %).<br />

Die Befragten, die bis zu 4 Stunden pro Tag von der <strong>Bildschirmarbeit</strong> in Anspruch genommen<br />

werden, geben zu etwa 27 Prozent Beschwerden an, während 73 Prozent keine durch diese<br />

Tätigkeit bedingten gesundheitlichen Probleme aufweisen.<br />

Mit zunehmender Dauer der <strong>Bildschirmarbeit</strong> werden dann aber auch auftretende gesundheitliche<br />

Beschwerden deutlicher. In der Kategorie “<strong>Bildschirmarbeit</strong> bis zu 6 Stunden” klagen zwei Drittel<br />

(67 %) über gesundheitliche Beschwerden und nur 33 Prozent über keine.<br />

35


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Von den Befragten, welche bis zu 8 Stunden täglich ihre Arbeit am Computer verrichten, sind<br />

dagegen nur mehr 18 Prozent frei von körperlichen Beschwerden. Die überwiegende Mehrheit (82<br />

%) gibt bereits gesundheitliche Probleme an.<br />

Personen, die länger als 8 Stunden pro Tag mit <strong>Bildschirmarbeit</strong> befaßt sind, sind hinsichtlich ihrer<br />

Gesundheit am meisten gefährdet. 86 Prozent von ihnen haben Gesundheitsbeschwerden, nur 14<br />

Prozent geben an, keine derartigen Probleme zu haben.<br />

Grafik 6: Häufigkeit der Beschwerden in Abhängigkeit zur <strong>Bildschirmarbeit</strong>sdauer<br />

Häufigkeit der Beschwerden (in %)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

66,7<br />

33,3<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

Beschwerden keine Beschwerden<br />

27,3<br />

72,7<br />

67,4<br />

bis 2 Std. bis 4 Std. bis 6 Std. bis 8 Std. über 8 Std.<br />

32,4<br />

Tägliche <strong>Bildschirmarbeit</strong>sdauer<br />

<strong>5.2</strong>.7 Präventivmaßnahmen für <strong>Bildschirmarbeit</strong>splätze<br />

Daß Beschwerden (insbesondere die Skelettmuskulatur und die Augen betreffend) bei<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong>erInnen auftreten, ist bekannt. Doch wissen nur die Wenigsten über das Ausmaß<br />

und die damit verbundenen Tragweiten und Konsequenzen Bescheid.<br />

Die gesetzlichen Bestimmungen der Bildschirmverordnung geben Richtlinien, um nachhaltigen<br />

Schäden vorzubeugen. Darüber hinaus scheint es aber notwendig, Maßnahmen zu setzen, welche<br />

dem Arbeitnehmer / der Arbeitnehmerin ein möglichst gutes Arbeitsumfeld und nachhaltig<br />

optimale Arbeitsbedingungen verschaffen.<br />

<strong>5.2</strong>.7.1 Arbeitsorganisation Pausen<br />

In der Bildschirmverordnung ist definiert, welche Tätigkeit als <strong>Bildschirmarbeit</strong> gewertet <strong>wir</strong>d.<br />

Ferner werden Pausenzeiten für <strong>Bildschirmarbeit</strong>erInnen vorgeschrieben. In der Verordnung ist<br />

festgehalten, daß jeweils nach 50 Minuten ununterbrochener <strong>Bildschirmarbeit</strong> eine Pause oder ein<br />

Tätigkeitswechsel von mindestens 10 Minuten erfolgen muß. Es <strong>wir</strong>d dabei eingeräumt, daß diese<br />

81,7<br />

18,3<br />

85,7<br />

14,3<br />

36


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Pause jeweils in die anschließende zweite Stunde verlegt werden kann, sofern dies der<br />

Arbeitsablauf erfordert. Die Einhaltung dieser Verordnung kann sich im tatsächlichen<br />

Arbeitsablauf als schwer umsetzbar erweisen. Dennoch erscheint es als notwendig, sowohl von<br />

gesetzlicher als auch von vorsorglicher Sicht für den Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin die<br />

Arbeitsabläufe diesen Bestimmungen anzupassen.<br />

Die Gewährung von diesen Kurzpausen erlaubt dem Arbeitnehmer / der Arbeitnehmerin<br />

Erholungsphasen. Gleichzeitig <strong>wir</strong>d dadurch unregelmäßigen Spontanpausen vorgebeugt. Die<br />

Einräumung dieser Kurzpausen führt zu einer wesentlichen Entlastung der MitarbeiterInnen,<br />

insbesondere wenn diese hauptsächlich mit Textverarbeitung und Dateneingaben beschäftigt sind.<br />

<strong>5.2</strong>.7.2 Software<br />

Eine Standardisierung der Software erlaubt den Wechsel an andere Arbeitsplätze ohne größere<br />

Umgewöhnung. Die Standardisierung der Software ist als ein wesentliches Benutzerproblem<br />

bekannt und <strong>wir</strong>d deshalb schnell vorangetrieben. Nichts desto Trotz ist eine ausreichende<br />

Schulung der Beschäftigten bei Einführung von wesentlichen Veränderungen notwendig, ebenso<br />

wie die Anleitung zur Selbsthilfe, wenn Probleme mit dem Umgang von Programmen auftreten.<br />

Als Grundsätze ergonomischer Dialoggestaltung sind hier anzuführen:<br />

• Aufgabenangemessenheit (Unterstützung ohne unnötige Arbeitsbelastung)<br />

• Steuerbarkeit: Dies betrifft vor allem Ablauf, Geschwindigkeit, Reihenfolge, Auswahl der<br />

Arbeitsmittel<br />

• Selbstbeschreibungsfähigkeit (Erläuterung des Einsatzzweckes, Funktionsumfang)<br />

• Erwartungskonformität bezüglich der Schulung des Benutzers<br />

• Fehlerrobustheit<br />

• Individualisierbarkeit<br />

• Lernförderlichkeit<br />

<strong>5.2</strong>.7.3 Entspannungsübungen am Arbeitsplatz<br />

Aufgrund der Studien von Grandjean/Burandt läßt sich die Bedeutung von Entspannungsübungen<br />

am Arbeitsplatz erahnen. Demnach werden gesundheitlich verursachte Beschwerden bei<br />

Sitzarbeitsplätzen zu 57 Prozent bei Rückenbeschwerden, zu 14 Prozent bei Nacken- und<br />

Schulterbeschwerden angegeben. Dieser hohe Prozentsatz an Beschwerden ist sicher nicht<br />

ausschließlich auf stereotype Haltungs- und Bewegungsmuster zurückzuführen. Diese<br />

Untersuchung macht aber die hohe Bedeutung von Ausgleichsübungen am Arbeitsplatz deutlich.<br />

Hauptziel der Präventionsmaßnahmen sollte es sein, gesundheitliche Beschwerden am Arbeitsplatz<br />

zu verringern. Hierfür können zwei Ansätze gewählt werden.<br />

Software PC Programme<br />

Es gibt eigene Software-Programme, welche den Mitarbeiter / die Mitarbeiterin via Bildschirm<br />

erstens auf die Pausen aufmerksam machen und zweitens ihm/ihr Entspannungsübungen via<br />

Bildschirm vermitteln. Diese Übungsprogramme stellen eine Unterbrechung der stereotypen<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

37


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Haltungs- und Bewegungsmuster dar, wobei die Übungen helfen sollen, die während des Sitzens<br />

am Arbeitsplatz benutzte Muskulatur zu entspannen. Hierbei sollen schwerpunktmäßig die<br />

inaktiven Gegenspieler der überlasteten Muskulatur betätigt werden, um dem Ungleichgewicht<br />

zwischen Dehnfähigkeit und Kraft der Muskulatur vorzubeugen. Es sollen Muskelgruppen, die bei<br />

der <strong>Bildschirmarbeit</strong> eher zu einer Verkürzung neigen, gedehnt werden und umgekehrt. Die<br />

vorgeschlagenen Übungen stellen einen Haltungsausgleich gezielt für Sitz- und <strong>Bildschirmarbeit</strong>en<br />

dar.<br />

Entspannungsübungen durch eine Dipl. Physiotherapeutin<br />

Vorteil dieser Methode bietet vor allem die Möglichkeit, direkt an den einzelnen Arbeitsplätzen<br />

die jeweiligen Lektionen mit den MitarbeiterInnen durchzuführen und auf individuelle Probleme<br />

der MitarbeiterInnen einzugehen. Es hat sich als zielführend erwiesen, eine Lektion auf 10 bis 15<br />

Minuten zu beschränken, wobei in dieser Zeit speziell auf eine Körperregion (z.B. Nacken -<br />

Schultergürtel / Kopf - Gesicht - Hals / Bauch - Becken - Kreuz) eingegangen werden soll. Eine<br />

solche Vorgangsweise würde ca.4-5 Lektionen nötig machen, um alle Körperregionen<br />

durchzugehen bzw. spezielle Regionen gut einzuüben.<br />

Eine zweite Möglichkeit stellen die Unterweisungen in der Gruppe dar, wobei nicht mehr als 10<br />

Personen pro Gruppe unterwiesen werden sollten.<br />

Rückenschule<br />

Sowohl aus internationalen Studien als auch aus eigener Erfahrung ist bekannt, daß ein<br />

angebotenes Rückenschulungsprogramm und Rückenschulungstraining folgende Vorteile bietet:<br />

1. Gezielte Übungen tragen zur Muskelentspannung am Arbeitsplatz bei.<br />

2. Es <strong>wir</strong>d damit eine Betreuungsform angeboten, die einen nachhaltigen und dauerhaften Nutzen<br />

darstellt; dies deswegen, weil dadurch eine langfristige Stärkung der Rückenmuskulatur<br />

gewährleistet <strong>wir</strong>d.<br />

3. Die Eigenmotivation zum aktiven Gesundheitsbewußtsein <strong>wir</strong>d gefördert, sodaß dadurch eine<br />

Verminderung der Beschwerden von seiten des Stütz- und Muskelsystems gegeben ist.<br />

Eine Rückenschule könnte folgende Schwerpunkte aufweisen:<br />

Lenden<strong>wir</strong>belsäule / Becken<br />

⇒ Funktion der Wirbelsäule<br />

⇒ Beschwerdebilder im Wirbelsäulenbereich<br />

⇒ Behandlungsmethoden/-möglichkeiten<br />

⇒ Einfluß der Lenden<strong>wir</strong>belhaltung auf die Hals<strong>wir</strong>belsäule<br />

Belastung/Entlastung<br />

⇒ Überlastung des Bandapparates/der Muskulatur<br />

⇒ Bandscheibenproblematik<br />

⇒ Entlastungsmöglichkeiten im Sitzen/Stehen<br />

Hebetechnik/ Arbeitssituation<br />

⇒ Risiken von Hebetechniken<br />

⇒ Kompensationsmöglichkeiten<br />

⇒ Analyse der Arbeitssituation<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

38


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

⇒ Pausengymnastik<br />

Entspannung/ Körpergefühl<br />

⇒ Entspannungspositionen der Wirbelsäule<br />

⇒ Muskelverspannungen spüren und lösen<br />

⇒ verschiedene Entspannungsmethoden<br />

Ausdauertraining<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

⇒ Vorschläge zu einem vorbeugenden Wirbelsäulentraining, welches Rücken /<br />

Bauchmuskelübungen und Stretching beinhaltet.<br />

Sport und Wirbelsäulenbeschwerden<br />

⇒ geeignete, weniger geeignete Sportarten<br />

⇒ worauf man aufpassen soll<br />

Wiederholungs und Fragestunde<br />

Sowohl die Entspannungsübungen am Arbeitsplatz als auch die Rückenschule stellen<br />

Ansatzmodelle für aktive Maßnahmen am Arbeitsplatz dar. Auch andere physikalische Methoden<br />

können selbstverständlich angewandt werden.<br />

<strong>5.2</strong>.7.4 Augenuntersuchung<br />

Laut Bildschirmverordnung ist den ArbeitnehmerInnen beim Vorliegen von <strong>Bildschirmarbeit</strong> eine<br />

angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens anzubieten. Diese Untersuchung ist<br />

vor Antritt der Tätigkeit und im Abstand von drei Jahren sowie bei Auftreten von Beschwerden,<br />

die auf die <strong>Bildschirmarbeit</strong> zurückzuführen sind, vorzunehmen, wobei die Kosten zu Lasten des<br />

Arbeitgebers gehen.<br />

<strong>5.2</strong>.8 Allgemeine Belastungseinflüsse am Arbeitsplatz<br />

Schwerpunktmäßig sind folgende Belastungseinflüße zu nennen:<br />

• körperliche Belastung<br />

• Umgebungsbelastung<br />

• psychosoziale Belastung<br />

• sonstige Belastungen<br />

Unter körperlicher Belastung werden Tätigkeiten wie schweres Heben und Tragen, Stehen etc.<br />

subsummiert. Umgebungsbelastungen werden mit Umgebungseinflüssen, Lärm, Zugluft, Dämpfe<br />

etc. in Zusammenhang gebracht.<br />

Unter den psychosozialen Belastungen ist zu unterscheiden zwischen streßverursachenden<br />

Produktionsanforderungen - wie Termindruck, Arbeitsintensität, Abhängigkeit vom Arbeitstempo -<br />

und Problemen zwischenmenschlicher Beziehungen - etwa bezüglich Anerkennung, Unterstützung,<br />

Information und Kommunikation.<br />

39


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Deutsche Studien ergaben, daß bei der sozialen Unterstützung durch Kollegen, bei einer<br />

besseren Problembesprechung mit Vorgesetzten und bei der Verbesserung der<br />

innerbetrieblichen Information/Kommunikation die höchsten Veränderungs- und<br />

Verbesserungspotentiale lagen.<br />

Besonders auffällige Verbesserungspotentiale ergaben sich auch auf dem Gebiet der<br />

„Arbeitsmittel“.<br />

Bei der Frage nach der Einflußmöglichkeit auf die Gestaltung und die Organisation des<br />

Arbeitsplatzes gaben zwei Drittel der Befragten an, daß sie Ihren Dispositionsspielraum erweitern<br />

konnten.<br />

Bei Veränderungen der Umgebungsbelastung lagen die höchsten Verbesserungspotentiale bei der<br />

Beleuchtung, bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes sowie bei der Steh- und Sitzbelastung.<br />

<strong>5.2</strong>.8.1 Krankenstände<br />

Sowohl die Zahl der Krankenstände als auch die Krankenstandsdauer ist in Österreich im Jahre<br />

1997 neuerlich zurückgegangen. Die durchschnittliche Krankenstandsdauer pro ArbeitnehmerIn<br />

betrug 1997 13,3 Tage und lag somit unter dem Tiefstwert seit Inkrafttreten des ASVG 1956. 4<br />

Grafik 7: Durchschnittliche Krankenstandsdauer pro ArbeitnehmerIn in Tagen, 1990-1997<br />

Durchschnittsdauer in Tagen<br />

15,5<br />

15,0<br />

14,5<br />

14,0<br />

13,5<br />

13,0<br />

12,5<br />

15,2<br />

12,0<br />

1990<br />

1991<br />

15,3<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

1992<br />

15,2<br />

Datenquelle: Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger<br />

4 Vgl. dazu auch Kapitel 2.8, insbes. Grafik 37: Durchschnittsdauer eines Krankenstandsfalles.<br />

1993<br />

15,1<br />

1994<br />

14,8<br />

1995<br />

14,8<br />

1996<br />

14,0<br />

1997<br />

13,3<br />

R1<br />

40


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Gesunken ist aber auch die Zahl der Krankenstände insgesamt. Von 1995 auf 1996 kam es zu<br />

einem Rückgang bei den Krankenständen um 130.000. Ein weiterer Rückgang war von 1996 auf<br />

1997 in gleicher Höhe zu verzeichnen.<br />

Umgerechnet auf die Dauer der Krankenstände bedeutet dies für das Jahr 1996 37,6 Millionen<br />

Krankenstandstage, für das Jahr 1997 nur 35 Millionen. Dies bedeutet einen Rückgang um ca. 2,6<br />

Millionen Krankenstandstage innerhalb eines Jahreszeitraumes. Welch hohen <strong>wir</strong>tschaftlichen<br />

Faktor dies darstellt, kann leicht an dieser Zahl nachvollzogen werden.<br />

Grafik 8: Krankenstandstage nach Krankheitsgruppen und Geschlecht, Wien 1996<br />

In %<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

21,7<br />

Skelettmuskulatur<br />

u. Bindegewebe<br />

22,9<br />

Datenquelle: Gesundheitsbericht für Wien 1996<br />

weiblich männlich<br />

29,6<br />

Luftwege und<br />

Atmungsorgane<br />

Daraus den Schluß zu ziehen, daß sich der gesundheitliche Zustand der arbeitenden Bevölkerung<br />

verbessert hat, wäre jedoch verfehlt. Es ist aller Voraussicht nach der hohe <strong>wir</strong>tschaftliche Druck<br />

und die Arbeitsplatzunsicherheit, welche diese Rückgänge begründen lassen.<br />

Krankenstände - Einflußfaktoren und Steuerungspotentiale<br />

Ob ein direkter Zusammenhang zwischen der Krankenstandsdauer und der <strong>Bildschirmarbeit</strong>szeit<br />

besteht, kann aus vorliegender Studie nicht eindeutig entnommen werden.<br />

Es können jedoch einige grundlegende Aussagen zu den „Krankenstandsgewohnheiten“<br />

gemacht werden:<br />

26,9<br />

41


V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

• Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeitsbeginn und Wochentagen -<br />

d.h., der Beginn der Arbeitsunfähigkeit fällt am häufigsten auf einen Montag oder Dienstag.<br />

• Das Arbeitsunfähigkeitsende nach Wochentagen erreicht am Freitag seine höchste Ausprägung.<br />

• Selbstverständlich sind auch Zusammenhänge zwischen Krankenständen und<br />

Konjunkturentwicklungen zu sehen.<br />

• Die Häufigkeit von Kurzzeit-Erkrankungen bis zu drei Tagen liegt bei 20 Prozent. Allerdings<br />

ist hier eine genaue Erfassung nicht möglich, da die Meldung bei der Krankenkasse erst ab dem<br />

dritten Krankenstandstag vorgenommen werden muß.<br />

• Eine globale Betrachtungsweise der Krankenstände wäre verfehlt und muß branchenspezifisch<br />

betrachtet werden, da das Belastungsprofil berufsspezifisch ist.<br />

Es kann festgehalten werden, daß die Ursache für Krankenstände (nach Infekten / Erkrankungen<br />

der Luftwege und Atmungsorgane) an zweiter Stelle bei Beschwerden des Stütz- und<br />

Bewegungsapparates liegt. 5 Wie auch aus vorliegender Arbeit hervorgeht, geben die Befragten<br />

vorwiegend Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates an. Dies unterstreicht die<br />

Bedeutung solcher Erhebungen und die daraus abzuleitenden Konsequenzen.<br />

Nicht zu unterschätzen sind aber auch soziodemographische Einflußfaktoren, etwa der Einfluß<br />

der Altersstruktur der Belegschaft auf den Krankenstand. Dies ist deshalb besonders zu<br />

berücksichtigen, da <strong>wir</strong> in Zukunft mit höheren Anteilen an älteren Arbeitnehmergruppen rechnen<br />

müssen.<br />

Einen weiteren wesentlichen Einflußfaktor stellt der berufliche Status dar. Größere<br />

Eigenverantwortung und Gestaltungsmöglichkeit bei der Arbeit korrespondiert mit mehr<br />

Motivation und auch geringeren krankheitsbedingten Fehlzeiten.<br />

Diese Einflußfaktoren können aber auch Negativeffekte auslösen. Berufliche Überforderung und<br />

zu große Eigenverantwortung können daher ebenso zu erhöhter Krankenstandshäufigkeit und<br />

Krankenstandsdauer führen.<br />

Betriebliche Anreizsysteme, wie Erfolgshonorare, Lohnarbeiten u.dgl. stellen zusätzliche<br />

Einflußfaktoren für eine niedrigere Krankenstandshäufigkeit dar.<br />

Jedenfalls ist daraus zu erkennen, daß Krankenstände sich in ihrer Problematik als äußerst<br />

vielschichtig darstellen, da sie von verschiedenen Einflußgrößen geprägt sind.<br />

Soziodemographische Aspekte, <strong>wir</strong>tschaftliche Aspekte, gesundheitliche Aspekte und auch<br />

persönliche Einflußgrößen bilden die Grundlage für Krankenstandshäufigkeiten.<br />

Inwieweit globale Steuerungsmaßnahmen längerfristrig einen produktiven Einfluß haben, läßt sich<br />

nicht mit Sicherheit feststellen. Es hat sich in den letzten Jahren jedoch gezeigt, daß dennoch<br />

ganzheitliche komplexe Steuerungsmechanismen, Transparenz und Nachvollziehbarkeit in dieser<br />

Frage einen wesentlichen Beitrag zu Klärungs- und Veränderungsansätzen darstellen. Grundlage<br />

gesundheitspolitischer Steuerungen sollte eine differenzierte Bestandsaufnahme sein.<br />

In einer betrieblichen Gesundheitsberichterstattung sollten auch diese Ansätze zum Tragen<br />

kommen. Dadurch lassen sich nicht nur Konzentrationen von Krankenständen nach betrieblicher<br />

Untergliederung herausfiltern (wobei auch auf die erforderlichen soziodemographischen<br />

Standardisierungen eingegangen werden kann), sondern es lassen sich auch externe Vergleiche<br />

durchführen.<br />

5 Vgl. dazu auch Kap. 2.8. Krankenstände.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

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V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Eine weitere betriebliche Maßnahme stellt - in Anlehnung an die Qualitätszirkel - die Bildung von<br />

Gesundheitszirkel dar. Basis dafür müßte aber eine im Vorfeld durchgeführte Evaluierung bilden.<br />

Durch die Einbeziehung von professionellen ExpertInnen sowie durch die Betroffenen selbst,<br />

erscheint unter Anleitung eines sachkundigen Moderators sowohl die Fragestellung besser<br />

durchleuchtet, als auch <strong>wir</strong>d dadurch eine Sensibilisierung der MitarbeiterInnen für<br />

Gesundheitsfragen sichergestellt. Dies hat rückkoppelungsartig positive Einflüsse auf das<br />

Krankheits- bzw. Gesundheitsverhalten. Dadurch <strong>wir</strong>d dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin eine<br />

bestimmte Eigenverantwortung der Gesundheit gegenüber gegeben, was wiederum eine wichtige<br />

Voraussetzung für die Akzeptanz von Umsetzungsmaßnahmen darstellt. Nur eine gezielte<br />

Aufklärung und Motivation kann einen nachhaltigen Nutzen im Präventivbereich darstellen.<br />

<strong>5.2</strong>.8.2 Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung<br />

Mit dem Sammeln von Erkenntnissen ist für die betriebliche Gesundheitsförderung noch nicht viel<br />

erreicht. Um Maßnahmen durchführen zu können, müssen Analysen und Ergebnisse intensiv mit<br />

der Personalvertretung und Geschäftsführung diskutiert werden. Erst auf diesem Hintergrund kann<br />

sichergestellt werden, daß eine Akzeptanz und eine Unterstützung für die Umsetzung von<br />

gesundheitsfördernden Maßnahmen gegeben ist.<br />

Gesundheitsförderung sollte ein unbestrittenes soziales Element innovativer betrieblicher<br />

Sozialpolitik sein. Betriebliche Gesundheitsförderung zielt auf erhöhtes Wohlbefinden und<br />

verbesserte Gesundheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ab. Sie stellt aber auch eine erhöhte<br />

Produktivität zu Gunsten des Unternehmens dar. Diese Erkenntnis <strong>wir</strong>d aber erst dann zur<br />

Gewißheit, wenn sie meßbar und nachvollziehbar ist. Ein dafür unverzichtbarer Baustein für eine<br />

erfolgreiche Gesundheitsförderung ist die Evaluierung von Gesundheitsförderungsaktivitäten. Eine<br />

Evaluierung stellt somit ein hilfreiches Instrument zur Einführung betrieblicher<br />

Gesundheitsförderungsmaßnahmen dar.<br />

Evaluierungsergebnisse, sowohl aus den USA als auch aus Deutschland, zeigen die Wirksamkeit<br />

und den Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung auf.<br />

Die WHO streicht folgende Aspekte für eine Evaluierung der Gesundheitsförderung heraus:<br />

Evaluierung<br />

• ist der systematische Versuch aus Erfahrungen zu lernen;<br />

• sollte ein kontinuierlicher Prozeß sein;<br />

• sollte zur Steuerung der Allokation von Ressourcen dienen;<br />

• sollte zur Verbesserung von Gesundheitsförderungsprogrammen und Infrastrukturen dienen<br />

und dies im Hinblick auf<br />

− Effizienz und<br />

− Effektivität.<br />

Effizienz stellt dabei das Verhältnis zwischen Aufwand (Investition in die Gesundheit) und Ertrag<br />

(betrieblicher Nutzen) aus ökonomischer Sicht dar.<br />

Effektivität zielt hingegen auf den Grad bzw. das Ausmaß der Zielerreichung eines<br />

Gesundheitsförderungsprogrammes ab.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

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V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

Eine Evaluierung zielt auf die Verbesserung von Gesundheitsförderungsprogrammen und die<br />

gesundheitsbezogene Infrastruktur ab, um so rationale Ressourcen bzw. Allokation<br />

(Mittelverwendung) zu gewährleisten. Evaluierung bedeutet, systematisch aus bisherigen<br />

Erfahrungen zu lernen und vor diesem Erfahrungshintergrund die Vorbereitung künftiger<br />

Aktivitäten zu optimieren. Im Interesse dauerhafter Effizienz und Effektivitätssteigerung sollte die<br />

Evaluierung jedes Gesundheitsförderungsprogramm begleiten.<br />

Die Basis für eine erfolgreiche Evaluierung sind Struktur-, Prozeß- und Ergebnisqualität. Letztere -<br />

insbesondere als Kosten-Nutzen- sowie Kosten-Wirksamkeitsanalyse - steht oftmals im<br />

Vordergrund des Interesses für die Praxis sowie deren Einfluß auf spezifische<br />

Organisationsstrukturen und Implementierungsstrategien.<br />

Dies würde für die Umsetzung im Gesundheitsbereich folgenden Merkmale erfordern:<br />

Kosten-Nutzen-Analyse Kosten-Wirksamkeits-Analyse<br />

Aufwand ( Ausnahme nicht monetarisierbare Kosten ) = Nenner der Relation<br />

Vergleich monetärer Investitionen mit - Vergleich monetärer Kosten mit nicht<br />

betriebs<strong>wir</strong>tschaftlichen Netto-Effekten monetären, quantifizierbaren Effekten<br />

(Investitionsertrag)<br />

Potentieller Maßstab der Bewertung: Betriebs<strong>wir</strong>tschaftliche Effekte können<br />

Unternehmensweit angestrebte Ertragsrate berücksichtigt werden<br />

Ermöglicht den Ertragsvergleich Ermöglicht den Effektivitäts- und<br />

Effizienz<br />

gesundheitsbezogener und anderer vergleich für verschiedene Vorgehens-<br />

Investitionen weisen<br />

Gerade auf dem Gebiet der betrieblichen Vorsorge erscheint es als unverzichtbar, auf dieser Basis<br />

Implementierungsmaßnahmen zu verstärken, um die Akzeptanz von Umsetzungsmaßnahmen zu<br />

gewährleisten.<br />

<strong>5.2</strong>.9 Zusammenfassung und Diskussion<br />

Durch die in Kraft getretenen gesetzlichen Vorschriften wurden dem Arbeitgeber Richtlinien in<br />

die Hand gegeben, welche ihn verpflichten, zum Wohle des Arbeitnehmers Rahmenbedingungen<br />

zu schaffen, welche ein ergonomisches Arbeiten ermöglichen.<br />

Besonderer Wert wurde hierbei dem <strong>Bildschirmarbeit</strong>splatz, der regelmäßigen Untersuchung der<br />

Augen und den Bildschirmpausen beigemessen.<br />

Aus vorliegender Arbeit geht hervor, daß die <strong>Bildschirmarbeit</strong>spausen von den<br />

BetriebsmitarbeiterInnen nicht eingehalten werden. Dies hauptsächlich aus drei Gründen: Erstens<br />

aufgrund mangelnder Information, zweitens aufgrund der anfallenden Arbeitsmengen (welche oft<br />

nur schwer steuerbar sind) und drittens aufgrund der Arbeitsorganisation. All dies sind<br />

nachvollziehbare Gründe, die aber keine Rechtfertigung für ein anderes Handeln darstellen dürfen.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

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V. ARBEIT UND GESUNDHEIT <strong>Bildschirmarbeit</strong><br />

So <strong>wir</strong>d es eine besonders wichtige Aufgabe für den betriebsärztlichen Dienst werden, die<br />

MitarbeiterInnen nicht nur über diese Pausen und deren gesundheitliche Aus<strong>wir</strong>kungen zu<br />

informieren, sondern auch bei den leitenden Stellen des Betriebes, zusammen mit der<br />

Betriebsvertretung, auf diese Tatsache hinzuweisen.<br />

Auch die Angaben zu den durch die <strong>Bildschirmarbeit</strong> bedingten körperlichen Beschwerden sind zu<br />

untersuchen. Es <strong>wir</strong>d einerseits zu untersuchen sein, ob durch das Einhalten der<br />

<strong>Bildschirmarbeit</strong>spausen diese Beschwerden sich einerseits reduzieren lassen und/ob welche<br />

Effekte ein abgestimmtes Entspannungs- und Übungsprogramm hat. Es <strong>wir</strong>d auch geprüft werden<br />

müssen, ob für die Besserung der Beschwerden Unterweisungen direkt am Arbeitsplatz mehr<br />

Effizienz aufweisen, oder ob eine Schulung in Kleingruppen eher den Anforderungen entspricht.<br />

Es ist selbstsprechend, daß all diese Maßnahmen vorab mit den Verantwortlichen abgestimmt<br />

werden müssen, um durchgreifende und effiziente Strukturen aufbauen zu können.<br />

Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, das Gesundheitsbewußtsein am Arbeitsplatz zu fördern<br />

und zugleich körperliche Beschwerden zu verringern. Die Aufklärungsarbeit muß dafür vom<br />

betriebsärztlichen Dienst erfolgen, es muß aber auch die Betriebsleitung von der Notwendigkeit<br />

dieser Schritte informiert und überzeugt sein, um die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen<br />

dementsprechend durchsetzen zu können.<br />

Des weiteren hat sich gezeigt, daß gesundheitliche Beschwerden multifaktorielle Ursachen haben.<br />

Es wäre deswegen verfehlt, hier die Schwerpunkttätigkeiten ausschließlich dem betriebsärztlichen<br />

Dienst zuzusprechen. Es wäre auch verfehlt, die Behauptung aufzustellen, der Mitarbeiter/die<br />

Mitarbeiterin ist das höchste Gut einer Firma, wenn nicht von allen Ebenen einer Organisation hier<br />

entsprechende Strukturmaßnahmen gesetzt werden würden. Es bleibt abzuwarten und zu hoffen,<br />

daß in den kommenden Jahren ein gesamtheitliches, gesamtbetriebliches Umdenken stattfindet,<br />

welches keine der dafür verantwortlichen Gruppen ausschließt bzw. die Verantwortung einer<br />

Gruppe allein zuspricht.<br />

Gesundheitsbericht Wien 1997<br />

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