Horst H. Schöler - Deutsche Geodätische Kommission
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sowohl die allgemeine Linsengleichung in der optischen<br />
Achse des Projektionsobjektivs als auch die ‘Scheimpflug-<br />
Bedingung‘ 29 . Letztere verlangt den Schnitt von Bildebene,<br />
Hauptebene des Projektionsobjektivs und Projektionsebene<br />
in einer gemeinsamen Spur (Abbes ‘Schiefe Projektion‘).<br />
Da das Entzerrungsgerät SEG I wegen seiner höheren<br />
Vergrößerung und Berücksichtigung größerer Bildneigungen<br />
auch außerhalb der Luftbildmessung insbesondere auch<br />
in der Architekturphotogrammetrie zur Anwendung kam,<br />
erreichte es höhere Fertigungszahlen; es ist bis 1968 gebaut<br />
worden. Dagegen sind vom Entzerrungsgerät SEG IV nur<br />
wenige Stück produziert worden. Das SEG IV bildete aber<br />
später den Ausgangspunkt für die Entwicklung des transportablen<br />
sogenannten Feldentzerrungsgerätes.<br />
3.9 Das Luftbildstereokartiergerät ‘Aeroprojektor<br />
Multiplex’<br />
Dort, wo die Entzerrungsverfahren wegen der Topographie<br />
des Geländes nicht zum Einsatz kommen können, verwendete<br />
man seit 1916, beginnend mit Gassers Doppelprojektor<br />
30 , die Stereokartiergeräte. Zwischen den dreißiger<br />
und achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts waren die<br />
Doppelprojektoren nach dem Prinzip von Scheimpflug 31,32- Gasser 33,34 die am meisten in der Welt verbreiteten Luftbildstereokartiergeräte.<br />
In erheblichem Maße hatte dazu die<br />
Konstruktion des Multiplex, entstanden nach einer Idee von<br />
Walther Bauersfeld 35 am Beginn der dreißiger Jahre im<br />
Jenaer Zeisswerk, beigetragen. Im Rahmen des Rekonstruktionsprogramms<br />
kam es zur Wiederauferstehung dieses<br />
Gerätes 36,37 . Der bisherige Multiplex war ursprünglich nur<br />
für die Auswertung von Bildern eingerichtet, die mit<br />
Normalwinkelmesskammern (Öffnungswinkel etwa 55/) 38<br />
und Weitwinkelmesskammern (Öffnungswinkel etwa 90/)<br />
aufgenommen wurden. In seiner neuen Version konnte der<br />
Multiplex nun auch für die Auswertung von Überweitwinkelmessbildern<br />
(Öffnungswinkel über 122/) zur Anwendung<br />
kommen. Die Aufnahme mit Überweitwinkel-Luftbildkammern<br />
hatte sich in den fünfziger Jahren, ausgehend<br />
von der ehemaligen Sowjetunion, zunehmend auch in<br />
anderen Ländern für die Kartierung in mittleren und kleinen<br />
Maßstäben durchgesetzt. Der Überweitwinkelmultiplex war<br />
über mehrere Jahre hinweg das erste und einzige Gerät in<br />
der Welt, das eine strenge stereoskopische Auswertung<br />
derartiger Luftbilder ermöglichte. Eine besonders gründliche<br />
Untersuchung des Gerätes führten damals Mitarbeiter<br />
des US-amerikanischen Corps of Engineers durch und<br />
kamen zu einer sehr positiven Beurteilung des ÜWW-<br />
Multiplex 39 .<br />
3.9 Das Luftbildstereokartiergerät ‘Aeroprojektor Multiplex’ 11<br />
Bild 12: Multiplex mit angeschlossenem Pantograph<br />
Das Wirkprinzip des Aeroprojektors Multiplex ist im Bild<br />
13 dargestellt. Über einer vorgegebenen Trasse wird von<br />
Bord eines Flugzeugs eine Reihe sich um zwei Drittel überdeckender<br />
Bilder aufgenommen. Durch Rückprojektion der<br />
so erhaltenen Bilder erhält man dann in einem zweiten<br />
Schritt ein auswertbares räumliches optisches Modell des<br />
aufgenommenen Geländes.<br />
Bild 13: Umkehrung des Aufnahmevorgangs bei der Auswertung.<br />
Die Realisierung dieses einfachen Prinzips der Rekonstruktion<br />
des Aufnahmevorgangs macht in der Aerophotogrammetrie<br />
die Einführung eines verkleinernden Maßstabsfaktors<br />
erforderlich, um ein handhabbares Modell zu erhalten.<br />
Dies erfolgt durch die Verkürzung der zwischen den<br />
Aufnahmestandorten liegenden Basis bei der Rückprojektion.<br />
Um ein exakt maßstäblich verkleinertes Auswertemodell<br />
zu erhalten muss weiterhin das aus einem jeden<br />
Projektor austretende Strahlenbündel mit hoher Genauigkeit<br />
dem Aufnahmestrahlenbündel der Luftbildkammer kongruent<br />
sein. Für die nichtfokussierbare Luftbildkammer<br />
liegen bei der Aufnahme praktisch alle Ziele im Unendlichen.<br />
Dagegen entsteht bei der Rückprojektion das<br />
optische Modell in einer Entfernung von einigen Dezimetern<br />
vor den Projektoren (in einem endlichen Bereich).<br />
Wegen der einzuhaltenden Konstanz des Projektionsstrahlenbündels<br />
wurde die notwendige Schärfentiefe für das<br />
entstehende optische Raummodell durch starke Abblendung<br />
der kurzbrennweitigen Multiplex-Objektive erzeugt 40 .