Horst H. Schöler - Deutsche Geodätische Kommission
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7.4 Der Fächerkollimator<br />
Der Fächerkollimator diente der Bestimmung der ‘Inneren<br />
Orientierung‘ einer Messkammer. Die Aufgabe bestand<br />
darin, die Kammerkonstante ck und den Ursprung eines<br />
Bildkoordinatensystems so festzulegen, dass die Gleichung<br />
der mathematischen Zentralprojektion für jeden Bildpunkt<br />
so weit wie möglich erfüllt wird.<br />
(x‘ 2 + y‘ 2 ) 1/2 = ck tan "<br />
Hier sind ck die Kammerkonstante, x‘ und y‘ die Bildkoordinaten<br />
und " der Einfallswinkel eines abbildenden<br />
Strahls zur optischen Achse der Messkammer.<br />
Die notwendigen Messungen können prinzipiell in zweifacher<br />
Weise erfolgen: Entweder man gibt die Lage der<br />
Bildpunkte mit ihren Koordinaten x‘ und y‘in der Bildebene<br />
vor und misst mit einem Goniometer 165 die zugehörigen<br />
Einfallswinkel " oder der Winkel " wird vorgegeben und<br />
die zugehörigen Bildkoordinaten x‘ und y‘ werden gemessen.<br />
Im Jenaer Zeisswerk fiel die Entscheidung zugunsten<br />
der zweiten Methode. Sie hatte den Vorteil, dass sich die<br />
zu prüfende Messkammer in ihrer Gebrauchslage befand<br />
und Messbilder durch photographische Abbildungen auf<br />
einem Fliegerfilm entstanden.<br />
Bild 59: Fächerkollimator<br />
Bild 59 zeigt den Fächerkollimator mit dem die unterschiedlichen<br />
Einfallswinkel " in einer das Projektionszentrum<br />
der zu prüfenden Messkammer enthaltenden Ebene<br />
vorgegeben wurden. Das Gerät bestand aus zwei Hauptteilen,<br />
die auf einer Grundplatte montiert waren und nur<br />
über diese miteinander in Verbindung standen. Der eine<br />
Hauptteil trug die 17 fächerförmig aufgehängten Kollimatoren.<br />
Diese hatten Brennweiten von 420 Millimeter und<br />
besaßen Öffnungen mit einem freien Durchmesser von 60<br />
Millimeter. Die optischen Achsen der beiden äußeren<br />
Kollimatoren legten einen Winkel von 128 gon fest. Die<br />
inneren Kollimatoren unterteilten diesen so, dass zwei<br />
benachbarte Kollimatoren einen Winkel von 8 gon bildeten.<br />
Jeder Kollimator besaß eine auf seinen Fokalpunkt<br />
zentrierte Marke, die von einer Lichtquelle mit einer Farbtemperatur<br />
von 5400/K ausgeleuchtet wurde und einen<br />
Verschluss. Der zweite Hauptteil trug die über dem Kolli-<br />
7.5 Das Ebenheitsprüfgerät 39<br />
matorsystem angeordnete Halterung für die zu prüfende<br />
Messkammer.<br />
Von größter Bedeutung war eine hochgenaue gegenseitige<br />
Orientierung der Kollimatoren. Diese erreichte man durch<br />
Autokollimation der äußeren Kollimatoren auf die beiden<br />
äußeren Flächen eines hochgenau geschliffenen und mit<br />
hoher Genauigkeit ausgemessenen Prüfprismas sowie eine<br />
schrittweise folgende Winkelteilung mit Hilfe eines drehbaren<br />
Oberflächen-Planspiegels. Die Festlegung der Kollimatoren<br />
gelang so mit einer Genauigkeit von 0,5‘‘ und<br />
erwies sich bei Wiederholungsmessungen über Jahre hinweg<br />
als stabil.<br />
Mit der aufgesetzten zu kalibrierenden Kammer erzeugte<br />
man in der Regel nach aufeinander folgender Auskantung<br />
Abbildungen der Kollimatormarken in den beiden Messbilddiagonalen.<br />
Für deren Ausmessung nutzte man das<br />
hochgenaue Zweikoordinatenmessgerät Ascorecord, das<br />
die Bestimmung der Bildkoordinaten bis auf 0,0001<br />
Millimeter gestattete. Nach der Beziehung<br />
)(x‘ 2 + y‘ 2 ) 1/2 = (x‘ 2 + y‘ 2 ) 1/2 - ck tan "<br />
ließ sich die den abgebildeten Kollimatormarken zukommende<br />
Verzeichnung 166 bestimmen, welche die Abweichung<br />
der Messkammergeometrie von der mathematischen<br />
Zentralprojektion angab. Durch die Variation von ck konnte<br />
man dafür sorgen, dass die Verzeichnung bestimmten<br />
Abstimmungsbedingungen entsprach. So konnte man z.B.<br />
fordern, dass die Verzeichnungen an bestimmten Bildpunkten<br />
den Wert Null annahm oder dass die Verzeichnung,<br />
gemittelt über die Messbildfläche, die geringste Auswirkung<br />
auf die Abweichung der Bildgeometrie von der<br />
Zentralprojektion haben sollte 167 .<br />
Für die Verzeichnungsmessung wurde eine durchschnittliche<br />
Genauigkeit von 0,004 Millimeter und für die ermittelte<br />
Kammerkonstante eine Streuung von 0,005 Millimeter<br />
erreicht.<br />
7.5 Das Ebenheitsprüfgerät<br />
Bei der theoretischen Betrachtung der Arbeiten am Fächerkollimator<br />
ging man davon aus, dass die Schichtseite eines<br />
zur Verwendung kommenden stabilen (schrumpfungsfreien)<br />
Schichtträgers mit hoher Genauigkeit eben sei. Diese beiden<br />
Forderungen konnten jedoch in der Praxis nicht erfüllt<br />
werden. Allein aus diesem Grunde entschied man sich in<br />
wissenschaftlichen Instituten und bei Geräteherstellern zur<br />
Beibehaltung visueller Kalibrierungsverfahren mit Hilfe<br />
von Goniometern,<br />
Im Jenaer Zeisswerk überwand man diese Hürde für die<br />
Nutzung der photographischen Kalibrierung durch die Entwicklung<br />
eines pneumatischen Ebenheitsmessverfahrens.<br />
Mit seiner Anwendung konnten die Durchbiegung und die<br />
Unebenheit der Schichtseite einer stabilen Photoplatte, vor<br />
ihrer Belichtung im Fächerkollimator, in Gebrauchslage<br />
festgestellt werden. Der Maximalfehler der pneumatischen<br />
Ebenheitsmessung betrug ± 0.0006 mm. Diese Ergebnisse<br />
ermöglichten dann die Korrektur der am Ascorecord ausgeführten<br />
Koordinatenmessungen.