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Bankrecht<br />
Unternehmen benötigen bei Darlehensaufnahme<br />
und -weitergabe in großem Umfang<br />
eine Erlaubnis nach dem KWG<br />
BGH 11.7.2006, VI ZR 340/04<br />
Unternehmen, die von ihren Kunden und Mitarbeitern in großem<br />
Umfang Darlehen (hier: in Höhe von rund zwei Millionen Euro)<br />
aufnehmen und diese an Schwestergesellschaften weiterleiten,<br />
benötigen für diese „bankmäßige“ Tätigkeit eine Erlaubnis nach<br />
§ 32 Abs.1 S.2 KWG. Betreibt ein Unternehmen Bankgeschäfte<br />
ohne diese Erlaubnis, machen sich dessen vertretungsberichtigte<br />
Organe gemäß §§ 54 KWG, 14 Abs.1 Nr.1 StGB strafbar und<br />
haften einem Darlehensgeber gegebenenfalls auf Rückzahlung<br />
der Darlehenssumme. § 32 Abs.1 S.2 KWG stellt insofern ein<br />
Schutzgesetz im Sinn des § 823 Abs.2 BGB dar.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Der Beklagte ist der Geschäftsführer der J.K. GmbH. Diese nahm<br />
von 150 Kunden und Mitarbeitern der Gesellschaft Darlehen zu<br />
einem Zinssatz von acht bis neun Prozent auf. Die Darlehen in<br />
Höhe von insgesamt zwei Millionen Euro leitete die J.K. GmbH<br />
an ihre Schwestergesellschaften weiter. Durch diese Finanzierung<br />
erzielten die Schwesterunternehmen Zinsvorteile von zwei<br />
bis drei Prozent im Vergleich zu einem bankmäßig aufgenommenen<br />
Kontokorrentkredit.<br />
Die Klägerin hatte der J.K. GmbH ebenfalls ein Darlehen in Höhe<br />
von rund 5.000 Euro auf die Dauer von einem Jahr gewährt. Als<br />
die J.K. GmbH in finanzielle Schwierigkeiten geriet, nahm die<br />
Klägerin den beklagten Geschäftsführer auf Zahlung von Schadensersatz<br />
in Höhe der Darlehensforderung nebst Zinsen in<br />
Anspruch. Die hierauf gerichtete Klage hatte Erfolg.<br />
Die Gründe:<br />
Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 823 Abs.2 BGB<br />
in Verbindung mit §§ 32, 54 KWG einen Anspruch auf Zahlung<br />
von Schadensersatz in Höhe der Darlehensforderung nebst Zinsen.<br />
Die J.K. GmbH ist als Kreditinstitut im Sinn von §1 Abs.1<br />
S.1 KWG anzusehen, weil sie in einem Unfang Bankgeschäfte<br />
betrieben hat, die einen in kaufmännischer Weise eingerichteten<br />
Geschäftsbetrieb erfordern. Sie hat von 150 Personen mehr als<br />
zwei Millionen Euro als Darlehen aufgenommen. Dies spricht<br />
für einen erheblichen Verwaltungsaufwand, der nur im Rahmen<br />
eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs zu bewältigen ist.<br />
Die J.K. GmbH unterlag somit dem Erlaubnisvorbehalt des §<br />
32 Abs.1 S.2 KWG. Hiernach benötigen Unternehmen, die in<br />
Deutschland in größerem Umfang Finanzdienstleistungen erbringen<br />
wollen, eine schriftliche Erlaubnis. Bei dieser Vorschrift<br />
handelt es sich um ein Schutzgesetz im Sinn von § 823 Abs.2<br />
BGB, da die Kontrolle der an den Finanzmärkten tätigen Anbieter<br />
die Sicherheit von Geldanlagen und damit auch den Schutz<br />
eines jeden Anlegers bezweckt. Erbringt ein Unternehmen ohne<br />
diese Erlaubnis Finanzdienstleistungen, machen sich dessen vertretungsberichtigte<br />
Organe gemäß §§ 54 KWG, 14 Abs.1 Nr.1<br />
StGB strafbar.<br />
Im Streitfall haftet der Beklagte daher als Geschäftsführer der J.<br />
K. GmbH gemäß § 823 Abs.2 BGB in Verbindung mit §§ 32, 54<br />
KWG, 14 Abs.1 Nr.1 StGB auf Ersatz der verlorenen Einlagen<br />
der Klägerin in Höhe der streitbefangenen Darlehensforderung.<br />
Denn der Beklagte war als Alleingeschäftsführer dafür verantwortlich,<br />
dass die von ihm vertretene J. K. GmbH gemäß § 32<br />
KWG die Bankgeschäfte betrieben und Gelder in Form von Darlehen<br />
insbesondere von der Klägerin aufgenommen hat.<br />
Linkhinweis:<br />
- Die Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.<br />
- Für den Volltext klicken Sie bitte hier.<br />
Wettbewerbsrecht<br />
und Gewerblicher<br />
Rechtsschutz<br />
Beschränkung des Primärrechtsschutzes<br />
gegen die öffentliche Auftragsvergabe auf<br />
Aufträge oberhalb bestimmter Schwellenwerte<br />
ist verfassungsgemäß<br />
BVerfG 13.10.2006, 1 BvR 1160/03<br />
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber<br />
den Primärrechtsschutz gegen Vergabeentscheidungen<br />
vom Erreichen bestimmter Schwellenwerte abhängig gemacht<br />
macht. Er hat damit zulässigerweise berücksichtigt, dass Vergaben<br />
unterhalb der Schwellenwerte ein Massenphänomen darstellen<br />
und ein effektiver Primärrechtsschutz gegen solche Vergaben<br />
die Verwaltungsarbeit erheblich beeinträchtigen würde.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Die Beschwerdeführerin hatte sich an einer öffentlichen Ausschreibung<br />
für Verkehrssicherungsmaßnahmen auf einer Autobahn<br />
beteiligt. Die Auftragssumme lag unter fünf Millionen<br />
Euro.<br />
Nachdem ein anderes Unternehmen den Zuschlag erhalten hatte,<br />
verlangte die Beschwerdeführerin von der Vergabekammer<br />
die Nachprüfung der Vergabe. Die Kammer wies den Antrag als<br />
unzulässig zurück. Das OLG bestätigte diese Entscheidung. Der<br />
Nachprüfungsantrag sei unzulässig, weil das Nachprüfungsverfahren<br />
gemäß §§ 97 ff. GWB erst ab einer bestimmten Auftragssumme<br />
Anwendung finde. Dieser Schwellenwert werde vorliegend<br />
nicht erreicht.<br />
Mit ihrer hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerde machte<br />
die Beschwerdeführerin geltend, dass es gegen den allgemeinen<br />
Justizgewährungsanspruch aus Art. 20 Abs.3 GG und den<br />
Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 GG verstoße, wenn<br />
erst bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte Primärrechtsschutz<br />
gegen die Vergabeentscheidungen gewährt werde. Die<br />
Verfassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg.<br />
Die Gründe:<br />
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der<br />
Gesetzgeber den Rechtsschutz gegen Vergabeentscheidungen<br />
unterhalb der Schwellenwerte anders gestaltet hat als den gegen<br />
Vergabeentscheidungen, die die Schwellenwerte übersteigen.<br />
Er hat zulässigerweise berücksichtigt, dass es sich bei Vergaben<br />
27/2006 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 10