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Der Sachverhalt:<br />

Die Antragstellerin ist syrische Staatsangehörige und beantragte<br />

die Scheidung von ihrem Ehemann, der ebenfalls Syrer ist. Die<br />

Parteien leben in Deutschland und haben hier einen Asylantrag<br />

gestellt. Der Ehemann gehört einer katholischen, die Ehefrau<br />

der syrisch-orthodoxen Kirche an. Sie waren 1993 in Syrien von<br />

einem Priester der chaldäischen Kirche getraut worden.<br />

Die Vorinstanzen haben die Scheidung abgelehnt, weil die Ehe<br />

der Parteien nicht geschieden werden dürfe. Die Scheidung richte<br />

sich nach syrischem Recht. Insoweit sei das Ostkirchenrecht<br />

maßgeblich, das den 1990 von Papst Johannes Paul II. promulgierten<br />

Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium (CCEO) beinhalte.<br />

Danach könne die Ehe nicht geschieden werden. Dies sei<br />

auch mit der deutschen Rechtsordnung vereinbar, weil Art. 6<br />

Abs.1 GG vor allem die bestehende Ehe schütze.<br />

Auf die Revision der Antragstellerin hob der BGH das Urteil der<br />

Vorinstanz auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und<br />

Entscheidung an das OLG zurück.<br />

Die Gründe:<br />

Das OLG durfte die Scheidung der Parteien nicht ohne weiteres<br />

ablehnen. Es steht bis dato nicht einmal hinreichend sicher fest,<br />

ob die Ehe der Parteien überhaupt wirksam geschlossen worden<br />

ist. Da das OLG die Religionszugehörigkeit des Ehemannes nicht<br />

eindeutig festgestellt hat, richtet sich die Scheidung entweder nach<br />

dem CCEO oder nach dem Codex Iuris Canonici (CIC). Fehlt es<br />

danach an einer der Wirksamkeitsvoraussetzungen nach kanonischem<br />

Recht (etwa, weil die Ehe - wie hier - vor dem Priester einer<br />

Kirche geschlossen wurde, der keine der Parteien angehört), muss<br />

der Scheidungsantrag abgewiesen werden, weil eine in Wirklichkeit<br />

nicht bestehende Ehe nicht geschieden werden kann.<br />

Ist die Ehe wirksam geschlossen worden, muss das OLG prüfen,<br />

ob die Antragstellerin nach Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention<br />

Flüchtlingsstatus hatte. Dann wäre sie im Scheidungsverfahren<br />

wie eine Deutsche zu behandeln mit der Folge, dass<br />

deutsches Recht anzuwenden ist.<br />

Ist die Ehe wirksam geschlossen worden, ist außerdem zu prüfen,<br />

ob die Anwendung des kanonischen Rechts mit Art. 6 Abs.1<br />

GG und dem deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB) vereinbar<br />

ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Art. 6 Abs.1 GG<br />

nach neuem Rechtsverständnis auch die Möglichkeit schützt,<br />

durch eine Scheidung die Freiheit zur Eheschließung wiederzuerlangen.<br />

Die Unscheidbarkeit der Ehe kann außerdem gegen<br />

den deutschen ordre public verstoßen. Denn es kann unzumutbar<br />

sein, einen Ehegatten gegen seinen Willen an einer unheilbar<br />

zerrütteten Ehe lebenslang festzuhalten.<br />

Arbeitsrecht<br />

Bundestag hat Nachbesserung des Allgemeinen<br />

Gleichbehandlungsgesetzes<br />

beschlossen<br />

Der Bundestag hat am 19.10.2006 eine Änderung des am<br />

18.8.2006 in Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes<br />

(AGG) beschlossen. Die geplanten Nachbesserungen<br />

sind im Entwurf des „Zweiten Gesetzes zur Änderung des<br />

Betriebsrentengesetzes“ (Drs. 16/1936, 16/1307) enthalten. Sie<br />

dienen der Bereinigung von Redaktionsversehen und betreffen<br />

insbesondere die Sonderregelung über die Rechtfertigung einer<br />

unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters (§ 10 AGG).<br />

Die geplanten Änderungen im Überblick:<br />

1. § 10 AGG - Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen<br />

des Alters<br />

In § 10 AGG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine<br />

unterschiedliche Behandlung wegen des Alters gerechtfertigt ist,<br />

sollen die Nummern 6 und 7 ersatzlos gestrichen werden. Nummer<br />

6 betrifft die Berücksichtigung des Alters bei der Sozialauswahl<br />

und Nummer 7 die Vereinbarung einer Unkündbarkeit<br />

von Beschäftigten bestimmten Alters. Diese Regelungen sollen<br />

gestrichen werden, weil das AGG gemäß § 2 Abs.4 AGG auf<br />

Kündigungen keine Anwendung finden soll.<br />

2. § 11 Abs.1 S.6 ArbGG – Prozessvertretung durch Antidiskriminierungsverbände<br />

Auch § 11 Abs.1 S.6 ArbGG, wonach Antidiskriminierungsverbände<br />

zur Prozessvertretung des im Sinn von § 7 Abs.1 AGG<br />

benachteiligten Arbeitnehmers berechtigt sind, soll gestrichen<br />

werden. Die Vorschrift soll hierdurch an § 23 Abs.2 AGG angeglichen<br />

werden, wonach Antidiskriminierungsverbände nur als<br />

Beistände vor Gericht auftreten können. Gleiches soll für die<br />

entsprechende Regelung im Sozialgerichtsgesetz (§ 73 Abs.6<br />

S.5 SGG) gelten.<br />

3. Allgemeines Zivilrecht: Streichung der „Weltanschauung“<br />

in § 20 Abs.1,2 AGG<br />

In § 20 Abs.1,2 AGG, der für den Bereich des allgemeinen Zivilrechts<br />

unter bestimmten Voraussetzungen eine unterschiedliche<br />

Behandlung erlaubt, soll das Diskriminierungsmerkmal „Weltanschauung“<br />

gestrichen werden, da dieses vom Benachteiligungsverbot<br />

in § 19 AGG nicht erfasst wird.<br />

Linkhinweise:<br />

- Auf den Webseiten des Bundestags sind der Gesetzentwurf<br />

der Bundesregierung (Drs. 16/1936) und die entsprechende<br />

Beschlussempfehlung (Drs. 16/3007) veröffentlicht. Für den<br />

Gesetzentwurf der Bundesregierung klicken Sie bitte hier<br />

(PDF-Datei). Die Beschlussempfehlung finden Sie hier (PDF-<br />

Datei).<br />

- Umfangreiche Informationen zum AGG, zu den aktuellen Änderungen<br />

und zu den Gesetzesmaterialien finden Sie zudem<br />

beim AuS-Portal – dem Internetportal für Arbeitsrecht<br />

und Sozialrecht.<br />

Haushaltsbefristung nach dem TzBfG setzt<br />

besondere Zweckbestimmung voraus<br />

BAG 18.10.2006, 7 AZR 419/05<br />

Nach § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG kann ein Arbeitsverhältnis<br />

befristet werden, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln<br />

vergütet wird und diese Mittel haushaltsrechtlich für eine befristete<br />

Beschäftigung bestimmt sind. Dieser Befristungsgrund setzt<br />

eine zweckgebundene Zuweisung der Haushaltsmittel für die<br />

Erledigung von zeitlich begrenzten Tätigkeiten voraus. Außerdem<br />

muss der Arbeitnehmer entsprechend dieser Zweckbestimmung<br />

beschäftigt werden.<br />

27/2006 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 6

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