Anwaltswoche - Anwalt-Suchservice
Anwaltswoche - Anwalt-Suchservice
Anwaltswoche - Anwalt-Suchservice
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
BFH hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit<br />
der Steuerfreiheit der Abgeordnetenpauschale<br />
– BMF soll Stellung nehmen<br />
BFH 21.9.2006, VI R 81/04<br />
Der VI. Senat des BFH hat verfassungsrechtliche Bedenken<br />
gegen die Steuerfreiheit der Kostenpauschale für Bundestagsabgeordnete<br />
und deshalb das Bundesfinanzministerium (BMF) zum<br />
Verfahrensbeitritt aufgefordert. Das BMF soll zu einer Reihe von<br />
Fragen Stellung nehmen, insbesondere dazu, ob und gegebenenfalls<br />
auf Grund welcher Erfahrungswerte der Gesetzgeber von<br />
einem jährlichen Erwerbsaufwand eines Abgeordneten in Höhe der<br />
steuerfreien Kostenpauschale von derzeit 43.764 Euro ausgehe.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Die Kläger des Ausgangsverfahrens machen geltend, dass sie als<br />
„normale“ Steuerzahler gegenüber Abgeordneten bei der Besteuerung<br />
ihrer Einkommen benachteiligt würden. Es bestünden gewichtige<br />
verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Steuerfreiheit der<br />
Abgeordnetenpauschale gemäß §§ 3 Nr.12 EStG, 12 AbgG.<br />
Der VI. Senat des BFH teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken<br />
und hat deshalb das BMF gemäß § 122 Abs.2 S.3 FGO zum<br />
Verfahrensbeitritt aufgefordert. Er stützt sich dabei vor allem<br />
auf eine Entscheidung des BVerfG vom 11.11.1998 (Az.: 2 BvL<br />
10/95). Danach sei eine steuerfreie Aufwandspauschale lediglich<br />
dann mit dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs.1 GG vereinbar,<br />
wenn gewährleistet sei, dass die Steuerfreiheit nur Bezüge zum<br />
Ausgleich von einkommensteuerlich absetzbarem, wirklich entstandenem<br />
und auch sachlich angemessenem Erwerbsaufwand<br />
erfasse. Dies sei bei der steuerfreien Kostenpauschale für Abgeordnete<br />
fraglich.<br />
Der BFH hat das BMF gebeten, im Hinblick auf diese verfassungsrechtlichen<br />
Vorgaben zu einer Reihe von Fragen Stellung<br />
zu nehmen.<br />
Die wichtigsten Fragen an das BMF im Überblick:<br />
- 1. Ob und gegebenenfalls auf Grund welcher Erfahrungswerte<br />
geht der Gesetzgeber von einem jährlichen Erwerbsaufwand<br />
eines Abgeordneten in Höhe der steuerfreien Kostenpauschale<br />
von derzeit 43.764 Euro aus?<br />
- 2. Das AbgG sieht auf Nachweis weitere Kostenerstattungen<br />
vor, zum Beispiel Flug- und Fahrtkostenerstattungen. Welche<br />
Arten von Kosten sollen durch die steuerfreie Kostenpauschale<br />
abgedeckt werden?<br />
- 3. Aus welchem Grund wird die steuerfreie Kostenpauschale<br />
für Abgeordnete im Gegensatz zu anderen Kostenpauschalen<br />
den allgemeinen Lebenshaltungskosten angepasst, während<br />
zum Beispiel die Grundpauschale für Arbeitnehmer sogar von<br />
ehemals 1.044 Euro auf 920 Euro abgesenkt wurde?<br />
- 4. Warum werden mit der Kostenpauschale auch Kosten für<br />
Repräsentation und Einladungen abgegolten, obwohl solche<br />
Aufwendungen für andere Steuerpflichtige nur beschränkt<br />
abziehbar sind?<br />
- 5. Aus welchem Grund ist eine Privilegierung von Abgeordneten<br />
bei der einkommensteuerlichen Behandlung des Verpflegungsmehraufwands<br />
im Rahmen doppelter Haushaltsführung<br />
und Auswärtstätigkeit gerechtfertigt?<br />
- 6. Warum sind bei Abgeordneten private Vorteile aus ihrem<br />
Recht zur kostenlosen Nutzung aller Verkehrsmittel der Deutschen<br />
Bahn steuerfrei, während Steuerpflichtige, die nicht<br />
Abgeordnete sind, solche Vorteile versteuern müssen?<br />
- 7. Aus welchem Grund wird die Pauschale auch in Fällen der<br />
Beurlaubung oder Arbeitsunfähigkeit in ungekürzter Höhe<br />
gewährt, obgleich bei diesen Gelegenheiten typischerweise<br />
kein Erwerbsaufwand anfällt?<br />
- 8. Muss es Steuerpflichtigen möglich sein, einen gleichheitswidrigen<br />
Begünstigungsausschluss überprüfen zu lassen und<br />
kann dabei von Bedeutung sein, dass die gleichheitswidrig<br />
begünstigte Gruppe als Gesetzgeber diese Begünstigung selbst<br />
für sich geschaffen hat?<br />
Linkhinweise:<br />
- Für den auf den Webseiten des BFH veröffentlichten Volltext<br />
dieses Beschlusses klicken Sie bitte hier.<br />
- Die auf den Webseiten des BVerfG veröffentlichte Entscheidung<br />
des BVerfG vom 11.11.1998 (Az.: 2 BvL 10/95) finden<br />
Sie hier.<br />
Besteuerung von Arbeitgeber-Rabatten:<br />
Arbeitnehmer können zwischen zwei<br />
Bewertungsmethoden wählen<br />
BFH 5.9.2006, VI R 41/02<br />
Bei der verbilligten Überlassung eigener Produkte des Arbeitgebers<br />
(hier: Jahreswagen) können die Arbeitnehmer zwischen<br />
zwei Bewertungsmethoden wählen. Der geldwerte Vorteil richtet<br />
sich entweder gemäß § 8 Abs.2 EStG nach dem günstigsten<br />
Preis am Markt oder gemäß § 8 Abs.3 EStG nach dem nicht um<br />
marktübliche Nachlässe gekürzten Angebotspreis, von dem ein<br />
Bewertungsabschlag in Höhe von vier Prozent und ein Rabattfreibetrag<br />
von bis zu 1.080 Euro abzuziehen ist.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Der Kläger war im Streitjahr 1996 bei einem Automobilhersteller<br />
beschäftigt. Er erwarb von seinem Arbeitgeber einen fabrikneuen<br />
PKW, dessen Listenpreis 45.853 DM betrug, zum Preis<br />
von 34.707 DM.<br />
Der Arbeitgeber ging von einem durchschnittlichen Händlerrabatt<br />
von 9,54 Prozent auf den Listenpreis des PKW aus und nahm an,<br />
Endpreis im Sinn von § 8 Abs.3 S.1 EStG sei der um die Hälfte<br />
eines durchschnittlichen Händlerrabatts, also um 4,77 Prozent<br />
geminderte Listenpreis. Diesen Betrag kürzte er um einen Bewertungsabschlag<br />
von vier Prozent und gemäß § 8 Abs.3 S.2 EStG<br />
um einen noch verbliebenen anteiligen Rabattfreibetrag. Den nach<br />
dieser Berechnung ermittelten geldwerten Vorteil in Höhe von<br />
5.049 DM unterwarf der Arbeitgeber dem Lohnsteuerabzug.<br />
Das Finanzamt folgte dieser Berechnung und setzte bei der Einkommensteuerveranlagung<br />
des Klägers entsprechend Arbeitslohn<br />
an. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage rügte der Kläger<br />
die Halbierung des durchschnittlichen Händlerrabatts auf 4,77<br />
Prozent. Ausgangspunkte der Berechnung müsse vielmehr der<br />
um 9,54 Prozent gekürzte Listenpreis sein, von dem dann der<br />
Bewertungsabschlag von vier Prozent und der Rabattfreibetrag<br />
abzuziehen seien.<br />
Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts<br />
hob der BFH diese Entscheidung auf und wies die Sache zur<br />
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.<br />
Die Gründe:<br />
Das FG hat den in der verbilligten Überlassung des Jahreswagens<br />
an den Kläger liegenden geldwerten Vorteil nicht zutreffend<br />
27/2006 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 15