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Prüfung ist gegebenenfalls in dem dafür vorgesehenen speziellen<br />

Verfahren zu klären.<br />

Die Klägerin hat dennoch einen Anspruch auf Erteilung der Linienverkehrsgenehmigungen.<br />

Denn der Landkreis konnte sich hinsichtlich<br />

der Auftragsvergabe an die von ihm gegründete GmbH<br />

nicht auf das so genannte Altunternehmerprivileg berufen. Da<br />

der Landkreis den Betrieb der Linien jahrelang der Klägerin<br />

übertragen hat, gibt es keinen Grund für einen Besitzstandsschutz<br />

der GmbH.<br />

Das Land Berlin hat gegen den Bund keinen<br />

Anspruch auf Sanierungshilfe<br />

BVerfG 19.10.2006, 2 BvF 3/03<br />

Ergänzungszuweisungen des Bundes an ein Land gemäß Art.<br />

107 Abs.2 S.3 GG kommen nur bei einer extremen Haushaltsnotlage<br />

in Betracht. Das Land muss in diesem Fall in seiner Existenz<br />

gefährdet sein und alle ihm verfügbaren Möglichkeiten der<br />

Abhilfe ausgeschöpft haben, so dass eine Bundeshilfe als einziger<br />

Ausweg verbleibt. Diese Voraussetzungen sind beim Land<br />

Berlin nicht erfüllt. Insbesondere auf der Ausgabenseite des Landes<br />

bestehen noch erhebliche Einsparpotentiale.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Das Land Berlin hat sich im Wege des abstrakten Normenkontrollantrags<br />

gegen § 11 Abs.6 des Finanzausgleichsgesetzes<br />

(FAG) und Art. 5 § 11 des Solidarfortführungsgesetzes (SFG)<br />

gewandt. Hiernach standen für die Jahre 1999 bis 2004 lediglich<br />

Bremen und dem Saarland Bundesergänzungszuweisungen<br />

zu und sind von 2005 an keine Sanierungshilfen an Länder in<br />

Haushaltsnotlagen mehr vorgesehen.<br />

Der Berliner Senat machte geltend, dass sich das Land Berlin<br />

spätestens seit dem Jahr 2002 in einer extremen Haushaltsnotlage<br />

befinde und daher gemäß Art. 107 Abs.2 S.3 GG einen<br />

Anspruch auf Sanierungshilfen habe. Die Zins-Steuer-Relation<br />

liege im Jahr 2002 mit 20,8 Prozent annähernd doppelt so hoch<br />

wie der Länderdurchschnitt. Außerdem habe die Kreditfinanzierungsquote<br />

Berlins 2001 mit 15,1 Prozent ungefähr das Doppelte<br />

des Landesdurchschnitts ausgemacht und sei 2003 auf 20,2%<br />

gestiegen.<br />

Der Normenkontrollantrag hatte keinen Erfolg.<br />

Die Gründe:<br />

Berlin hat gegen den Bund keinen Anspruch auf Bundesergänzungszuweisungen<br />

gemäß Art. 107 Abs.2 S.3 GG. Diese Sanierungshilfen<br />

unterliegen einem strengen Ultima-Ratio-Prinzip.<br />

Sie sind nur dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn die<br />

Haushaltsnotlage eines Landes im Vergleich zu den übrigen Ländern<br />

als extrem zu bewerten ist und ein solches Ausmaß erreicht<br />

haben, dass ohne fremde Hilfe die Existenz des Landes gefährdet<br />

ist. Hierfür muss das Land alle ihm verfügbaren Möglichkeiten<br />

der Abhilfe ausgeschöpft haben.<br />

Ob eine extreme Haushaltsnotlage vorliegt, beurteilt sich nach<br />

den Kreditfinanzierungsquoten der jeweiligen Haushalte, der<br />

Zins-Steuer-Quote und einer Primärsaldenbetrachtung, bei der<br />

die Erlöse aus der Veräußerung von Vermögen den Kernausgaben<br />

des Landes gegenübergestellt werden. In Berlin lag die Kreditfinanzierungsquote<br />

in den vergangenen Jahren zwar deutlich über<br />

dem Doppelten des Länderdurchschnitts. Die Zins-Steuer-Quoten<br />

waren jedoch im Vergleich zu Bremen und zum Saarland nicht<br />

extrem hoch. Auch die Primärsalden Berlins weisen keine extreme<br />

Abweichung von denen in den anderen Bundesländern auf.<br />

Außerdem hat Berlin seine Sparpotentiale noch nicht hinreichend<br />

ausgeschöpft. Das gilt insbesondere für die Ausgabenseite, da<br />

Berlin in den Bereichen Hochschulen, Wissenschaft, Kultur, Sport<br />

und Erholung sowie dem Wohnungswesen erheblich höhere Ausgaben<br />

zu verzeichnen hat als beispielsweise Hamburg. Daneben<br />

könnte Berlin auch die Einnahmeseite deutlich verbessern, zum<br />

Beispiel durch die Veräußerung des landeseigenen Wohnungsbestands.<br />

Schon hierdurch könnten zusätzliche Einnahmen in Höhe<br />

von rund fünf Milliarden Euro erzielt werden.<br />

Linkhinweis:<br />

- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des<br />

BVerfG veröffentlicht.<br />

- Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.<br />

Strafrecht und OWi<br />

Arbeitgeber können sich bei Vorlage einer<br />

E 101-Bescheinigung nicht wegen des<br />

Nichtabführens von Sozialversicherungsbeiträgen<br />

strafbar machen<br />

BGH 24.10.2006, 1 StR 44/06<br />

Arbeitgeber machen sich nicht wegen des Nichtabführens von<br />

Sozialversicherungsbeiträgen strafbar, wenn sie eine so genannte<br />

E 101-Bescheinigung vorweisen können. Hiernach unterfallen<br />

Beschäftigte den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen<br />

des Herkunftsstaats, wenn der Sozialversicherungsträger dieses<br />

Herkunftsstaats die Entsendung bestätigt. Die E 101-Bescheinigung<br />

entfaltet eine absolute Bindungswirkung, so dass deutsches<br />

Sozialversicherungsrecht unanwendbar ist. Dies gilt selbst dann,<br />

wenn die Bescheinigung durch Manipulation oder Täuschung<br />

erschlichen wurde.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Angeklagten hatten in Deutschland ein Bauunternehmen<br />

betrieben und hierfür portugiesische Arbeitnehmer beschäftigt.<br />

Diese wurden allerdings zum Schein bei portugiesischen Bauunternehmen<br />

angestellt, die ebenfalls pro forma in die Bauaufträge<br />

des Unternehmens der Angeklagten eintraten. Durch diese<br />

angeblichen Arbeitsverhältnisse erweckten die Angeklagten den<br />

Anschein einer Entsendung und führten keine Sozialversicherungsbeiträge<br />

an den deutschen Sozialversicherungsträger ab.<br />

Die Angeklagten waren allerdings im Besitz einer so genannten<br />

E 101-Bescheinigung. Hiernach unterfallen Beschäftigte den<br />

sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen des Herkunftsstaats,<br />

wenn der Sozialversicherungsträger dieses Herkunftsstaats<br />

die Entsendung bestätigt. Eine solche Bestätigung hatte<br />

der betreffende portugiesische Sozialversicherungsträger für die<br />

Beschäftigten der Angeklagten ausgestellt.<br />

Das LG verurteilte die Angeklagten wegen Nichtabführens von<br />

Sozialversicherungsbeiträgen in elf Fällen zu einer Freiheitsstrafe.<br />

Auf die Revision der Angeklagten hob der BGH das Urteil<br />

des LG auf und sprach die Angeklagten frei.<br />

27/2006 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 13

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