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Nach diesen Grundsätzen konnte der Antragsteller keine<br />

Beschlussfassung über die von ihm begehrte Satzungsänderung<br />

beanspruchen. Denn diese betraf nicht nur eine Veränderung des<br />

Unternehmensgegenstand im Sinn einer allgemein gehaltenen<br />

Rahmenvorgabe, sondern die Untersagung der Geschäftstätigkeit<br />

mit zwei konkreten Produkten. Ob bestimmte Produkte aus<br />

der Angebotspalette herausgenommen werden, liegt aber in der<br />

alleinigen Entscheidungskompetenz des Vorstands.<br />

AG-Vorstand darf Großaktionäre nicht<br />

durch Versenden eines Kaufangebots beim<br />

Erwerb von Aktien unterstützen<br />

OLG Celle 19.7.2006, 9 U 15/06<br />

Der Vorstand einer AG verletzt seine Neutralitätspflicht, wenn<br />

er einen Großaktionär durch Aussenden eines im Namen der AG<br />

formulierten Kaufangebots beim Erwerb nicht börsennotierter<br />

Namensaktien unterstützt. Diese Pflichtverletzung führt allerdings<br />

nicht dazu, dass auch andere Aktionäre im Interesse der<br />

Gleichbehandlung einen Anspruch auf eine solche Unterstützung<br />

haben. Der Vorstand kann nicht verpflichtet werden, ein<br />

rechtswidriges Verhalten fortzusetzen.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Der Kläger gehört zu den Minderheitsaktionären der Beklagten.<br />

Im Mai 2005 erhielt er ein auch an andere Aktionäre gerichtetes<br />

Schreiben der Beklagten, in dem zugunsten der Großaktionärsfamilie<br />

A., die den Alleinvorstand der Beklagten stellt, ein Kaufangebot<br />

für die Namensaktien der Gesellschaft unterbreitet wurde.<br />

Zuvor hatte sich bereits ein anderer Großaktionär (B.) mit einem<br />

Kaufangebot unmittelbar an die Minderheitsaktionäre gewandt.<br />

Der Kläger verlangte von der Beklagten, dass sie auch ihn durch<br />

das Versenden eines solchen Schreibens beim Erwerb von Aktien<br />

unterstütze. Ein entsprechender Anspruch ergebe sich aus dem<br />

Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre gemäß § 53a<br />

AktG. Die Beklagte machte dagegen geltend, dass das Schreiben<br />

vom Mai 2005 nach Auffassung des Klägers rechtswidrig gewesen<br />

sei und dieser keine Gleichbehandlung im Unrecht verlangen<br />

könne.<br />

Das LG gab der Klage statt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung<br />

der Beklagten hob das OLG diese Entscheidung auf und wies die<br />

Klage ab. Das OLG ließ allerdings die Revision zum BGH zu.<br />

Die Gründe:<br />

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Aussendung<br />

eines Schreibens an Aktionäre, um diesen ein Kaufangebot<br />

des Klägers zu unterbreiten. Der Vorstand der Beklagten<br />

hat pflichtwidrig gehandelt, als er die Großaktionärsfamilie A. in<br />

dieser Weise unterstützt hat, und der Kläger kann nicht verlangen,<br />

dass die Beklagte ihr rechtswidriges Verhalten im Interesse<br />

der Gleichbehandlung der Aktionäre fortsetzt.<br />

Die Namen der Aktionäre sind nur dem Vorstand der Beklagten<br />

bekannt und sollen nur diesem bekannt bleiben. Hierdurch wird<br />

der Handel mit nicht börsennotierten Namensaktien der Beklagten<br />

erheblich erschwert. Die Beklagte hat gegen ihre Neutralitätspflicht<br />

verstoßen, indem sie mit dem Schreiben vom Mai<br />

2005 das hierin liegende Marktdefizit zugunsten der Großaktionärsfamilie<br />

A. überwunden hat. Denn sie hat sich hierdurch<br />

angesichts der Bemühungen des Großaktionärs B. auf die Seite<br />

der Aktionärsgruppe A. geschlagen.<br />

Im Ergebnis hat die Aktionärsgruppe A. zwar den Informationsvorsprung,<br />

den sie über den von ihr gestellten Vorstand besitzt,<br />

für eigene wirtschaftliche Zwecke ausgenutzt. Dies kann aber<br />

nicht zu einem Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf<br />

eine ähnliche Unterstützungshandlung führen, da sich die Verwaltung<br />

neutral verhalten muss, wenn sie die Vermittlung des<br />

Kaufs von Namensaktien zugunsten der Aktionäre betreibt und<br />

damit Interessen der Gesellschaft fördern will.<br />

Der Volltext in der ZR-Report-Datenbank:<br />

Den Volltext der Entscheidung finden Sie in der ZR-Report-<br />

Datenbank. Hier sind weitere wichtige Entscheidungen zur<br />

Zivilrechtsprechung des BGH und der OLG veröffentlicht. Der<br />

Abruf ist kostenpflichtig.<br />

Bundesregierung will Pflicht zur getrennten<br />

Buchführung bei öffentlichen Dienstleistungen<br />

ausweiten<br />

Die Bundesregierung hat am 16.10.2006 einen Gesetzentwurf<br />

vorgelegt, mit dem die Pflicht zur Führung getrennter Bücher<br />

auf alle Unternehmen ausgeweitet werden soll, die Ausgleichszahlungen<br />

für öffentliche Dienstleistungen erhalten und darüber<br />

hinaus Tätigkeiten von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse<br />

ausüben. Dies soll allerdings nicht für kleinere und mittlere<br />

Unternehmen mit einem Jahresnettoumsatz von bis zu 40 Millionen<br />

Euro gelten. Mit dem Gesetzentwurf soll die geänderte<br />

Transparenzrichtlinie (Richtlinie 2005/81/EG) in das deutsche<br />

Recht umgesetzt werden.<br />

Nach der bisherigen Rechtslage waren nur solche Unternehmer<br />

zur Führung getrennter Bücher verpflichtet, die für die Erfüllung<br />

von Gemeinwohlverpflichtungen staatliche Beihilfen erhielten.<br />

Nachdem der EuGH mit Urteil vom 24.7.2003 (C-280/00)<br />

festgestellt hatte, dass staatliche Ausgleichszahlungen für die<br />

Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen nicht in jedem Fall<br />

Beihilfen darstellen, ist die Transparenzrichtlinie dahingehend<br />

geändert worden, dass die Pflicht zur Führung getrennter Bücher<br />

künftig für alle Ausgleichszahlungen gelten soll, unabhängig<br />

davon, ob es sich hierbei um Beihilfen handelt.<br />

Die Transparenzrichtlinie dient dazu, den Wettbewerb von<br />

Unternehmen zu kontrollieren, die einerseits Gemeinwohlverpflichtungen<br />

erfüllen und hierfür Ausgleichszahlungen erhalten,<br />

andererseits aber auch auf anderen Geschäftsfeldern mit weiteren<br />

Unternehmen konkurrieren. Die Richtlinie schreibt für diese<br />

Unternehmen die Führung getrennter Bücher vor, um ermitteln<br />

zu können, welche Kosten und Erlöse den jeweiligen Geschäftsbereichen<br />

zuzurechnen sind und ob Über- oder Quersubventionierungen<br />

vorliegen.<br />

Linkhinweise:<br />

- Für den auf den Webseiten des Bundestags veröffentlichten<br />

Volltext des Gesetzentwurfs klicken Sie bitte hier (PDF-Datei).<br />

- Das auf den Webseiten des EuGH veröffentlichte Urteil des<br />

EuGH vom 24.7.2003 (C-280/00) finden Sie hier.<br />

27/2006 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 9

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