medtropoleAktuelles aus der Klinik für einweisende Ärzte - Asklepios
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Pränatale Diagnose von posterioren<br />
Urethralklappen:<br />
Wann und wie soll man behandeln?<br />
Dr. Bernd Richter, Nikolai Filippow, Priv.-Doz. Dr. Martin Krapp<br />
Ätiologie<br />
Histologische Kriterien sprechen da<strong>für</strong>,<br />
dass es sich bei den posterioren Urethralklappen<br />
um Anteile fehlerhaft integrierter<br />
Müllerscher Strukturen handelt. [5] Sie kommen<br />
bei 1:5.000 männlichen Neugeborenen<br />
vor. [6]<br />
<strong>Klinik</strong><br />
Urethralklappen führen zu primären und<br />
sekundären Folgeerkrankungen: Primär ist<br />
die Entwicklung einer ein- o<strong>der</strong> beidseitigen,<br />
teilweisen o<strong>der</strong> vollständigen dysplastischen<br />
Nierendegeneration. Nach <strong>der</strong><br />
Geburt leidet etwa jedes dritte betroffene<br />
Kind unter Niereninsuffizienz, ein Drittel<br />
zeigt eine gute Rekonvaleszenz bei geringen<br />
Einschränkungen <strong>der</strong> Nierenfunktion,<br />
die aber bei Eintritt in die Pubertät doch<br />
noch in eine progrediente dialysepflichtige<br />
Insuffizienz münden können. Ein Drittel<br />
<strong>der</strong> betroffenen Kin<strong>der</strong> ist nierengesund. [1]<br />
Als sekundäre pathologische Verläufe zeigen<br />
Knaben mit Urethralklappen häufig<br />
einen sekundären vesikoureteralen Reflux.<br />
Harnwegsinfekte spielen bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />
einer möglichen Refluxnephropathie<br />
die entscheidende Rolle. Durch in den<br />
ersten drei Lebensjahren entstehende Nar-<br />
ben kommt es zu vermin<strong>der</strong>tem Nierenwachstum<br />
bis hin zur Entwicklung von<br />
Schrumpfnieren und damit einhergehenden<br />
Funktionseinschränkungen. [7] In<br />
Deutschland wird die antibiotische Infektprophylaxe<br />
trotz fehlen<strong>der</strong> Evidenz <strong>aus</strong><br />
Sicherheitsgründen weiter durchgeführt. [8]<br />
Dabei sollten Cephalosporine, entgegen<br />
weitläufiger Praxis, wegen <strong>der</strong> <strong>für</strong> sie typischen<br />
Enterokokkenlücke vermieden werden.<br />
Einen zweiten pathogenetischen Faktor <strong>der</strong><br />
Refluxnephropathie stellt die gestörte Blasenentleerung<br />
mit niedriger Compliance<br />
und erhöhtem intravesikalen Druck dar.<br />
Ein geringer Teil <strong>der</strong> betroffenen Knaben<br />
leidet im Verlauf des Säuglings- und Kleinkindalters<br />
unter myogenen Blasenfunktionsstörungen<br />
mit großen Blasen und<br />
Rest harnmengen deutlich über 50 ml.<br />
Diese Kin<strong>der</strong> müssen durch saubere intermittierende<br />
Katheterisierung am Tag und<br />
möglichst auch in <strong>der</strong> Nacht versorgt werden.<br />
Als weitere Pathologie nach Urethralklappen<br />
ist die Entwicklung einer klein -<br />
kapazitären Hochdruckblase möglich. [4]<br />
Dieser Entwicklung wird vor allem durch<br />
eine verspätete Therapie und zu lange<br />
suprapubische Harnableitung Vorschub<br />
geleistet.<br />
Falldarstellung<br />
Kin<strong>der</strong>urologie<br />
Pränatal festgestellte beidseitige Harntransportstörungen bei Knaben weisen auf posteriore Urethralklappen hin.<br />
Als Schweregradkriterien gelten frühzeitiges Auftreten in <strong>der</strong> Schwangerschaft, rasche Progredienz und Oligohydramnie.<br />
[1] Die Frage <strong>der</strong> vorzeitigen Geburtseinleitung ist wegen <strong>der</strong> Unbeeinflussbarkeit bereits eingetretener<br />
dysplastischer Nierenverän<strong>der</strong>ung umstritten. [2,3] Dagegen lassen sich sekundäre Schädigungen des Harntrakts<br />
durch vorzeitige Geburtseinleitung bei bestehen<strong>der</strong> Lungenreife verringern. Ein wichtiges Ziel ist die normale<br />
Entwicklung <strong>der</strong> Blasenfunktion, die durch frühzeitige Intervention mit Einleitung <strong>der</strong> Geburt in <strong>der</strong> 38. Schwangerschaftswoche,<br />
suprapubischer Harnableitung am ersten Lebenstag und Ablation <strong>der</strong> Urethralklappen in <strong>der</strong><br />
sechsten Lebenswoche am besten zu erreichen ist. [4]<br />
In <strong>der</strong> vollendeten 16. Schwangerschaftswoche<br />
einer 30-jährigen G1P0 wird sonografisch<br />
beim Feten eine zystische Verän<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> linken Niere festgestellt. Die<br />
weitere Fehlbildungsdiagnostik ist unauffällig.<br />
In <strong>der</strong> 35 + 3 Schwangerschaftswoche<br />
erfolgt bei Zunahme des Befundes die Vorstellung<br />
in <strong>der</strong> Pränatalmedizin. Sonografisch<br />
lassen sich Megaureteren beidseits<br />
und milde Hydronephrosen beidseits nachweisen.<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> besteht <strong>der</strong> Verdacht<br />
auf eine Zystozele. Die Fruchtwassermenge<br />
ist normal.<br />
Bei einer Verlaufskontrolle in <strong>der</strong> 36.<br />
Schwangerschaftswoche wird unter konsiliarischer<br />
Hinzuziehung des Kin<strong>der</strong>urologen<br />
bei männlichem Geschlecht des Feten<br />
eine progrediente beidseitige Harnstauung<br />
mit großer Blase und deutlich reduzierter<br />
Parenchymdicke <strong>der</strong> linken Niere sowie<br />
eine kompensatorisch vergrößerte rechte<br />
Niere beschrieben (Abb. 1).<br />
Der Kin<strong>der</strong>urologe stellt die Verdachts -<br />
diagnose posteriorer Urethralklappen und<br />
stimmt das weitere Vorgehen mit Eltern<br />
und Geburtshelfern ab. Die Geburt wird in<br />
<strong>der</strong> 38. Schwangerschaftswoche eingeleitet.<br />
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