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Nach Mertens (2005) ist jeder Widerstand ein Widerstand gegen die Übertragung,<br />
wobei es sich hierbei nicht um ein Bewusstseinsphänomen handelt. Es lassen sich<br />
hierbei drei Formen unterscheiden: Widerstand gegen das Involviertwerden in die<br />
Übertragung, Widerstand gegen das Bewusstwerden der Übertragung und<br />
Widerstand gegen die Auflösung der Übertragung. Widerstände werden aber auch<br />
als therapiespezifische Boykottmaßnahmen betrachtet. Ammon (1981, S.39) meint:<br />
„Widerstand ist all das, was den Verlauf einer Dynamisch-Psychiatrischen<br />
Behandlung stört.“. Die häufigste Form des Widerstandes ist das Schweigen, indem<br />
der Patientin nichts einfällt und das freie Assoziieren behindert ist, oder sie will<br />
bewusst nichts sagen. Auch in der Körperhaltung, der Bewegung und Mimik werden<br />
Widerstände deutlich.<br />
Widerstand zeigt sich ebenso in den Emotionen, wenn das Erzählte mit den<br />
begleiteten Emotionen nicht übereinstimmt oder keine Emotionen sichtbar werden.<br />
Durch die Vermeidung von bestimmten Themen, belangloses Herumreden,<br />
verschleierte Mitteilungen oder durch latentes oder manifestes Kampfverhalten<br />
lassen sich gleichfalls Widerstände feststellen. Weitere Formen von Widerstand sind<br />
im Zuspätkommen, im Versäumen von Stunden, im Vergessen von Bezahlen, im<br />
Vergessen von Träumen und im Agieren erkennbar. Sogar ein sichtlich gutes<br />
Arbeitsbündnis mit vorangetriebener Selbstanalyse der Patientin kann einen<br />
verborgenen Widerstand beinhalten, um sich vor Konfrontation und Deutung zu<br />
schützen. Letztlich kann jedes Verhalten einen Widerstand darstellen. Was aber als<br />
Widerstand bezeichnet wird, hängt davon ab, aus welcher Perspektive das Verhalten<br />
der Patientin betrachtet wird (König, 1995; Mertens, 2005; Greenson, 2007).<br />
Mertens (2005) stellt sich auch die Frage, ob die Psychoanalyse den Widerstand zu<br />
sehr betont. Es wird der Psychoanalyse nämlich kritisch vorgehalten, sie würde den<br />
Klientinnen hinsichtlich deren Potentials nach Veränderung misstrauen. Schon die<br />
Begriffe wie Abwehr und Widerstand impliziere deren Skepsis über das menschliche<br />
Streben nach Selbstverwirklichung. Nach König (1995) richtet sich jedoch der Fokus<br />
des Therapeuten nicht immer gegen die Widerstände. Besonders bei früh gestörten<br />
Patientinnen ist geringer Widerstand zu beobachten, der in der Therapie eher<br />
gestärkt werden soll. Er plädiert für ein optimales Widerstandsniveau, das dann<br />
erkennbar ist, wenn der therapeutische Prozess am raschesten fortschreitet. Die<br />
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