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Individualpsychologie auch als treibende Kraft gesehen, denn wer sich vollkommen<br />
fühlt, ist für ein Lernen nicht motiviert. Adler führt sogar allen Fortschritt in der Kultur<br />
und Zivilisation auf den Ursprung der Minderwertigkeit zurück.<br />
Minderwertigkeitsgefühle können sowohl positiv im Sinne von Anpassung als auch<br />
negativ im Sinne einer Fehlanpassung bewältigt werden. Bei einer positiven<br />
Bewältigung des Geltungsstrebens, durch vertrauensvolle Bezugspersonen und<br />
durch eine unterstützende Erziehung, kann ein Gemeinschaftsgefühl entstehen, das<br />
sich durch Interesse an anderen Menschen und an der Fähigkeit zur<br />
zwischenmenschlichen Kooperation zeigt (Stumm, 2009). Das Gemeinschaftsgefühl<br />
wird als Gegenmotiv zum Macht- und Geltungsstreben und als Kriterium für<br />
psychische Gesundheit angenommen. Wird ein Kind vernachlässigt, abgelehnt,<br />
überstreng oder übermäßig verwöhnt erzogen, kann sich das Gemeinschaftsgefühl<br />
nicht stark genug entwickeln, um den Willen zur Macht auszugleichen. Dadurch<br />
entsteht ein Minderwertigkeitskomplex, verbunden mit Egoismus, Überlegenheit und<br />
Macht, dessen Leitziel im fiktiven Persönlichkeitsideal liegt. Solche Machtmenschen<br />
streben nach persönlicher Überlegenheit und leben ihr Geltungsstreben nutzlos<br />
außerhalb der sozialen Gemeinschaft aus.<br />
Nach Adler vollzieht sich die Persönlichkeitsentwicklung im Spannungsfeld sowohl<br />
von Bewusstem und Unbewusstem, als auch zwischen Individuum und Gesellschaft.<br />
Dabei entwickelt der Mensch Lebensstile als individuelle Leitlinien, die auf der<br />
Überwindung von Minderwertigkeitsgefühlen beruhen, um das Selbstwertgefühl zu<br />
sichern. Die ersten fünf Lebensjahre erscheinen für den späteren Lebensstil<br />
entscheidend, denn hier kommt die Konkretisierung eines grundlegenden<br />
Lebensplans zum Ausdruck. Der Lebensstil umfasst zwei Bezugssysteme, zum einen<br />
das primäre Bezugssystem als kleines Kind und zum anderen das sekundäre<br />
Bezugssystem als der Erwachsene oder das Gewissen im Menschen (Kriz, 2007).<br />
Dieser entwickelte Lebensstil ist das Einmalige, Einzigartige eines jeden Menschen,<br />
das ihn von allen anderen unterscheidet.<br />
Persönlichkeitskonflikte entstehen aus Unvereinbarkeiten zwischen dem Druck der<br />
Umwelt und dem innerem Streben nach Anerkennung. Unangemessene<br />
Bewältigungsversuche können einen neurotischen Lebensstil hervorbringen. In der<br />
Individualpsychologie liegt der Schwerpunkt in der Ausarbeitung des „Wozu“ und<br />
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