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learning from las vegas oder die identität einer stadt

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8. Öffentlicher Raum als Teilstruktur von Öffentlichkeit<br />

gesellschaftliche K<strong>las</strong>sen <strong>die</strong> „öffentliche Meinung“ bilden. Diese Beobachtung Belinas (2005) steht<br />

im Gegensatz zu Rawls theoretischer Bedingung für eine öffentliche Meinung. Während Rawls <strong>die</strong><br />

Partizipation aller als Voraussetzung für <strong>die</strong> Herausbildung <strong>einer</strong> öffentlichen Meinung betont (Papadopoulous<br />

2005, 84), kann <strong>die</strong>se in Anlehnung an Belina (2005) schon von einzelnen Akteursgruppen<br />

gebildet werden.<br />

Die Aussage Belinas (2005) erinnert mich an Habermas’ Zu<strong>las</strong>sungskriterien zur Öffentlichkeit, welche<br />

auf <strong>die</strong> unterschiedlichen Ressourcen der BürgerInnen zur Teilnahme am öffentlichen Leben hinweisen<br />

(Habermas 1976, 108). Bildung und Eigentum können in Belinas (2005) Verständnis als Elemente von<br />

Macht betrachtet werden und gelten damit als Ressourcen zur Grenzkonstitution öffentlich/privat.<br />

Ein Beispiel aus Belinas (2005) Ausführungen ist <strong>die</strong> im 18. Jahrhundert formulierte Forderung des<br />

Bürgertums an <strong>die</strong> absolutistische Staatsmacht nach mehr Öffentlichkeit, im Sinne von Zugang zum<br />

Eigentum für alle und nicht – wie damals üblich – nur für <strong>die</strong> Staatsmacht. Als weiteres Beispiel erläutert<br />

Belina (2005) <strong>die</strong> nach aussen gerichtete Videoüberwachung von Shoppingcentern. Die Forderung<br />

der sich belästigt fühlenden PassantInnen nach mehr Öffentlichkeit auf den Gehsteigen beschreibt<br />

Belina (2005) als Handlung der Grenzverschiebung öffentlich/privat. Je nach dem, welchen Akteuren<br />

– in <strong>die</strong>sem Fall Vertreter von Shoppingcentern <strong>oder</strong> PassantInnen – mehr Regeln und Ressourcen zur<br />

Durchsetzung ihrer Ideen zur Verfügung stehen, wird der Gehsteig beziehungsweise <strong>die</strong> Videoüberwachung<br />

des Gehsteiges vor dem Shoppingcenter als zum öffentlichen <strong>oder</strong> privaten Raum gehörend<br />

verstanden.<br />

Belinas Frage ist folglich nicht, wo sich <strong>die</strong> Grenze zwischen öffentlich und privat befindet und welche<br />

Eigenschaften <strong>die</strong> einzelnen Sphären aufweisen, sondern wer versucht <strong>die</strong>se Grenze wie und zu welchem<br />

Zweck zu definieren. Er geht gar so weit, dass er <strong>die</strong> Diskussion über den Standort der Grenze<br />

öffentlich/privat zugunsten der Diskussion über <strong>die</strong> Inhalte der gesellschaftlichen Kämpfe auflösen<br />

will.<br />

„Die eingerichtete Grenze zwischen öffentlich und privat muss aufgehoben werden, weil sie als Mittel<br />

gesellschaftlicher Kämpfe machtvoll und ideologisch eingesetzt wird, womit notwendig von den eigentlichen<br />

Inhalten <strong>die</strong>ser Kämpfe abstrahiert wird. Die richtige Zuordnung zu gesellschaftlichen <strong>oder</strong> diskursiven<br />

Sphären ist es nie an sich. Es ist stets nur ein strategisch eingesetztes Mittel zum Zweck.“(Belina 2005,<br />

322)<br />

Im Sinne von Löws Raumsoziologie (2001) kann öffentlicher und privater Raum als Teilstruktur der<br />

gesellschaftlichen Struktur verstanden werden. Öffentlicher Raum ist somit rekursiv in Institutionen<br />

eingelagert und durch Regeln und Ressourcen abgesichert, also gesellschaftlich konstituiert.<br />

Löw (2001) liefert hierzu eine passende Aussage:<br />

“Die Konstitution von Raum bringt systematisch Orte hervor, so wie Orte <strong>die</strong> Entstehung von Raum erst<br />

möglich machen. Der Ort ist somit Ziel und Resultat der Platzierung. An einem Ort können verschiedene<br />

Räume entstehen, <strong>die</strong> nebeneinander sowie in Konkurrenz zueinander existieren beziehungsweise in<br />

k<strong>las</strong>sen- und geschlechtsspezifischen Kämpfen ausgehandelt werden.“(Löw 2001, 273)<br />

Alle drei AutorInnen Ruhne, Belina und Löw gehen von einem relationalen Raumverständnis aus und<br />

entlarven <strong>die</strong> Vorstellung eines gleichberechtigten Zugangs zu öffentlichen Räumen beziehungsweise<br />

deren Konstruktion als Mythos (Belina (2005) in (Bühler 2009, 6). In ihrem Verständnis wird <strong>die</strong><br />

Grenze öffentlich/privat nicht von der gemeinen Gesellschaft sondern von einzelnen Akteursgruppen<br />

mit besonderen Kapitalien beziehungsweise Regeln und Ressourcen festgelegt.

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