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learning from las vegas oder die identität einer stadt

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dem öffentlichen Raum“ <strong>oder</strong> „Kommerzialisierung und Privatisierung des<br />

öffentlichen Raums.“ Da sind <strong>die</strong> Signale schon so, dass man es<br />

irgendwann einmal eindämmen sollte. Was Frau Barzen gesagt hat, dass<br />

es sich um temporäre Erscheinungen handle, stimmt im Einzelfall, aber<br />

nicht generell, denn wenn eine temporäre Erscheinung aufhört, fängt<br />

daneben <strong>die</strong> nächste temporäre Erscheinung an. Man hat also nie das<br />

ungestörte Erscheinungsbild der Ludwigstraße, weil temporäre<br />

Erscheinungen ewig einander ablösen. Natürlich gehört <strong>die</strong> Open-Air-<br />

Bewegung mit hinein, <strong>die</strong> man am Münchner Königsplatz beobachten kann,<br />

wo bei intensiver Nutzung im Sommer der Ort als Kunstwerk nicht mehr<br />

erlebbar ist. Man kann auch beobachten, wie das verschlampt: Zuerst hatte<br />

man elegante Partyzelte, in denen Prosecco verkauft wurde, und jetzt<br />

stehen schon <strong>die</strong> Bratwursthütten da. Die Stadt wäre gut beraten, wenn<br />

man das abschaffte. Gut 30 Jahre ist es her, dass man sich gefragt hat, ob<br />

man mit den Wäldern und der Luft so rücksichtslos umgehen kann. Jetzt<br />

sind wir in <strong>einer</strong> Situation, wo man sagen kann, dass es eine Art ästhetische<br />

Umweltverschmutzung ist, <strong>die</strong> sich hier breit macht. Ein Stadtbild <strong>oder</strong> ein<br />

Gebäude in der Landschaft ist etwas, das wir geerbt haben und was man<br />

schützen sollte vor Verwahrlosung und Verschmutzung.<br />

Barzen: Ja, da gebe ich Ihnen Recht. In Zeiten leerer Kassen gibt es <strong>die</strong> Wahl,<br />

Gebäude verfallen zu <strong>las</strong>sen <strong>oder</strong> – ich nehme das Beispiel wieder von<br />

Berlin – wir sorgen dafür, dass der größte Teil der Sanierungskosten von<br />

uns übernommen wird. Diese Vereinbarung wurde mit uns getroffen und wir<br />

sind dafür verantwortlich. Die Stadt Berlin sagt auch ganz klar, dass sie es<br />

sich sonst nicht leisten kann. Auch ein hässliches Gebäude ist eine<br />

ästhetische Umweltverschmutzung, denn es ist nicht schön. Es ist<br />

entscheidend, wenn Sie von Verschmutzung reden, wie <strong>die</strong> Flächen<br />

aussehen. Ein Drittel der Flächen sind in einem fürchterlichen Zustand; sie<br />

sind hässlich, denn sie sind verschmutzt und kaputt. Es kann aber nicht<br />

sein, dass z. B. in der Maximilianstraße 18 Einzelflächen stehen und<br />

daneben ein Megaboard. Da gebe ich Ihnen völlig Recht, denn es würde<br />

uns nichts mehr nützen und wir wären in <strong>einer</strong> völligen Werbeüberflutung.<br />

Der einzelne Werbeinteressent hätte auch nichts mehr davon und es würde<br />

das totale Chaos herrschen. Es würde nicht mehr das Ensemble der<br />

Maximilianstraße wirken, sondern nur noch <strong>die</strong> Werbung. Das ist nicht in<br />

unserem Interesse.<br />

Schmid: Sie trage damit auch zur Sanierung bei, meint Frau Barzen. Beim Siegestor<br />

war der Erlös allerdings nicht so groß und es war doch ein Dammbruch.<br />

Sollte man <strong>die</strong> Entwicklung zurückdrehen? Kann man das überhaupt, Herr<br />

Ude?<br />

Ude: Ich denke, dass Baugerüste mit Rupfenvorhang wirklich hässlich sind und<br />

deshalb bereue ich <strong>die</strong> Entscheidung, Großflächenwerbung temporär<br />

zuzu<strong>las</strong>sen, eigentlich nicht; aber <strong>die</strong> Erweiterung macht mir Sorge, <strong>die</strong> z. B.<br />

von der Rechtsprechung vorgenommen wird. Die Gerichte entscheiden,<br />

wenn das an einem Baugerüst zuge<strong>las</strong>sen wird, muss es auch an jeder<br />

Giebelwand als Gewerbetätigkeit zuge<strong>las</strong>sen werden, d.h. das Argument<br />

Stadtbildpflege ist dabei wegzurutschen und der Gesichtspunkt<br />

Gewerbefreiheit <strong>einer</strong> bestimmten Werbebranche drängt sich in den<br />

Vordergrund und erobert immer mehr Flächen, <strong>die</strong> dann eben nicht mehr<br />

temporär sind. Wir haben auch schon den Fall, dass Baustellen monatelang<br />

hingezogen werden, damit man noch länger Werbeeinnahmen bekommt.<br />

Das soll sogar schon beim Brandenburger Tor geschehen sein. Ich will<br />

mich aber hier nicht nur mit dem Finanzargument auseinandersetzen, weil<br />

ich es für falsch halte. Tatsache ist, dass <strong>die</strong> Werbeausgaben<br />

konjunkturbedingt sinken. Wir machen weniger Umsätze bei der<br />

Städtereklame, wo <strong>die</strong> Stadt mit an der Kasse sitzt, und wir haben weniger<br />

Sponsorenauftritte bei allen erdenklichen Gelegenheiten. Es ist nicht wahr,<br />

dass auch bei der Stadt mehr Geld reinkommt, sondern man möchte mit

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