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learning from las vegas oder die identität einer stadt

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notwendig werden, um <strong>die</strong> Leute zu beeindrucken. Ein ruhiges Straßenbild<br />

mit schönen Fassaden und gemäßigten Farben regt keinen auf. Die Leute<br />

sollen aber irgendwie in Aufregung versetzt werden. Die Konkurrenz der<br />

Reize wird sich jedoch hoffentlich wieder mal drehen, wenn das alles<br />

langweilig wird. Das finanzielle Thema kann ich bestätigen. In m<strong>einer</strong> Zeit<br />

als Kulturreferent stand <strong>die</strong> Generalsanierung des Theatergebäudes an und<br />

es ging darum, ob man mit den Gerüstflächen finanzielle Ent<strong>las</strong>tung<br />

schaffen kann durch Werbung. Was hier einzuspielen gewesen wäre war<br />

im Vergleich zum Gesamtvolumen der Maßnahme so verschwindend<br />

gering, dass wir es sein ließen. Ich glaube nicht, Herr Deimer, dass <strong>die</strong><br />

Sanierung der katastrophalen Finanzlage der Kommunen auf dem Weg<br />

intensiverer Werbung möglich wäre.<br />

Schmid: Junge Menschen sind selbstverständlicher mit Werbung aufgewachsen.<br />

Frau Barzen, ist das ein Thema, das nur wir diskutieren und das jüngere<br />

Menschen gar nicht mehr so beschäftigt, weil Werbung zum Alltag gehört?<br />

Barzen: Werbung gehört sicherlich zum Alltag, ist aber auch ein Teil unserer Kultur.<br />

Man darf nicht sagen, dass Werbung nur dazu da sei, <strong>die</strong> Wirtschaft<br />

anzukurbeln, sondern sie spiegelt auch unser Lebensgefühl, unsere Kultur<br />

wider. Als solches wird sie von der Jugend auch sehr stark angenommen;<br />

man merkt es auch daran, wie viele Leute in den Berufszweig Werbung<br />

hineindrängen und da mitarbeiten möchten. Ich finde deshalb den Stand<br />

der Werbung auch wichtig. Man merkt das auch daran, wie sich <strong>die</strong> Leute<br />

selbst mit Werbeartikeln umgeben. Auch der Markentrend ist ein Ausdruck<br />

von Werbung, denn ich identifiziere mich mit etwas, mit einem Produkt, ich<br />

übernehme es von der Werbung. Natürlich hat man auch eine<br />

Verantwortung in der Werbung. Jetzt sind wir wieder bei dem Punkt: Was<br />

kann ich an Werbung zu<strong>las</strong>sen und was nicht? Das ist ein Punkt, den ich in<br />

der Außenwerbung auch sehr gut gelöst finde, dass wir nicht alles dürfen.<br />

Wir dürfen nicht alles, was wir abbilden könnten, abbilden. Wir unterliegen<br />

sehr wohl den allgemeinen Gesetzesrichtlinien und wir haben in vielen<br />

Städten noch zusätzliche Vereinbarungen, was z. B. Motive betrifft. Wir<br />

sagen z. B. bei der Automobilwerbung nicht generell, dass wir alles<br />

aufhängen dürfen, sondern wir gehen zu den Städten, legen ihnen das<br />

Motiv vor und fragen, ob wir es aufhängen dürfen, um hier ein<br />

weitgehendes Mitspracherecht der Städte zu ermöglichen.<br />

Schmid: Ein Beispiel hierfür sind <strong>die</strong> Bus- und Straßenbahnhäuschen in München,<br />

<strong>die</strong> von der Firma Citylights aufgestellt wurden. Es gab Bilder von nackten<br />

Frauen mit eindeutig sexistischen Bildunterschriften. Sie, Herr Ude, haben<br />

<strong>die</strong> Protestbriefe bekommen, aber Sie können eigentlich nichts dagegen<br />

machen, <strong>oder</strong>?<br />

Ude: Doch, wir haben Richtlinien, aber das halte ich für ein Spezialproblem,<br />

wobei das bei der Großfläche keine solche Rolle spielt; da gebe ich Frau<br />

Barzen recht. Es ist natürlich so, dass gerade Damenunterbekleidung<br />

immer wieder dazu verführt, das so ins Bild zu setzen. Hauptsache sind da<br />

immer Strümpfe und Büstenhalter, aber es scheint weniger um den BH zu<br />

gehen als um <strong>die</strong> junge Frau, <strong>die</strong> ihn trägt. Ich fand das in Ordnung, bis man<br />

auch hier maßlos weitergedreht hat und es zu <strong>einer</strong> eindeutig sexistischen –<br />

ich würde schon fast sagen: pornografischen – Reduzierung der Frau<br />

gekommen ist. Das können wir durchaus unterbinden, denn wir haben für<br />

<strong>die</strong> Münchner Verkehrsgesellschaft Richtlinien, und <strong>die</strong> untersagen nicht nur<br />

rassistische, sondern auch sexistische Entgleisungen. Ich würde aber gerne<br />

noch mal auf <strong>die</strong> Kanaldeckel und <strong>die</strong> Finanzen kommen. Man muss sich<br />

das einmal vorstellen: Es wird beantragt, dass Kanaldeckel nicht mehr<br />

Kanaldeckel der Stadt sind, sondern für Coca Cola, Nivea <strong>oder</strong> Firmen mit<br />

sonstigem runden Logo Reklame machen. Man hat auch bei unseren<br />

Dienstfahrzeugen ein Werbekonzept beantragt. In manchen Städten<br />

schauen <strong>die</strong> Straßenbahnen nicht mehr wie Fahrzeuge aus, sondern wie

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