REISEN - Berliner Behindertenzeitung
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2 SOZIALES<br />
BBZ – Dezember 2006/ Januar 2007<br />
a n z e i g e<br />
Bundesregierung bagatellisiert Situation in Pflegeheimen<br />
Die Situation der Pflegeheime und<br />
die Betreuung der Bewohnerinnen<br />
und Bewohner gehören auf die Tagesordnung<br />
des Bundestages“, das<br />
fordert der seniorenpolitische Sprecher<br />
der Linksfraktion im Deutschen<br />
Bundestag, Jörn Wunderlich. Dieser<br />
kritisiert, dass die Bundesregierung<br />
die Situation in Pflegeheimen bagatellisiere.<br />
„Die Bundesregierung kann sich<br />
nicht dahinter verstecken, dass sie<br />
nach der Föderalismusreform nicht<br />
mehr zuständig sei. Gerade weil die<br />
Situation bei weitem nicht so rosig ist,<br />
wie das Familienministerium suggeriert,<br />
muss der entsprechende Bericht<br />
dem Bundestag umgehend zugeleitet<br />
und im Parlament debattiert werden“,<br />
stellt der behindertenpolitische Sprecher<br />
der Fraktion, Ilja Seifert, klar.<br />
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Tel.: 0 30/ 84 31 79 31<br />
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Der Heimbericht, den die Bundesregierung<br />
jetzt vorgelegt habe,<br />
sei seit 2004 überfällig, die Weiterleitung<br />
an den Bundestag sei im<br />
Paragraphen 22 des Heimgesetzes<br />
vorgeschrieben. „Nach unseren Informationen<br />
war der Heimbericht<br />
bereits vor der Föderalismusreform<br />
fertiggestellt“, merkt Jörn Wunderlich<br />
an. „Wir werden prüfen, ob es<br />
sich bei unterlassener beziehungsweise<br />
verzögerter Weiterleitung des<br />
Berichts an den Bundestag um einen<br />
Gesetzesverstoß handelt.“<br />
„Der Umgang mit dem Bericht ist<br />
ein gewichtiges zusätzliches Argument<br />
für die rasche Einsetzung der<br />
von der Linksfraktion geforderten<br />
Enquête-Kommission ‚Ethik, Recht<br />
und Finanzierung des Wohnens<br />
mit Assistenz (Heim-Enquête)‘ des<br />
Neuer Beirat zur Überprüfung des<br />
Pflegebedürftigkeitsbegriffs<br />
Ein neuer Beirat zur Überprüfung<br />
des Pflegebedürftigkeitsbegriffs hat<br />
seine Arbeit aufgenommen. Dies<br />
teilt das Bundesministerium für<br />
Gesundheit in einer Presseinformation<br />
mit. Der Beirat wird für das<br />
Bundesministerium für Gesundheit<br />
Entscheidungsgrundlagen erarbeiten,<br />
damit der Begriff der Pflegebedürftigkeit<br />
neu definiert und das<br />
Begutachtungsverfahren geändert<br />
werden kann. Die Mitglieder des<br />
Beirats sind so ausgewählt, dass alle<br />
Interessenslagen und Kompetenzen<br />
des Handlungsfeldes „Pflege“ berücksichtigt<br />
werden, heißt es in der<br />
Presseinformation.<br />
Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium,<br />
Dr. Klaus<br />
Theo Schröder, sagte dazu: „Die<br />
Mitglieder des Beirats haben eine<br />
verantwortungsvolle Aufgabe übernommen,<br />
da sie bei ihrer Arbeit<br />
sowohl die Bedürfnisse der vielen<br />
pflegebedürftigen Menschen in<br />
Deutschland im Auge haben als auch<br />
die finanziellen Rahmenbedingungen<br />
berücksichtigen müssen.<br />
Die Arbeit des Beirates greift inhaltlich<br />
wie zeitlich über die Vorbereitung<br />
der kommenden Pflegereform<br />
hinaus. Vor einer Entscheidung des<br />
Gesetzgebers über eine Änderung<br />
des geltenden Pflegebedürftigkeitsbegriffs<br />
und des Begutachtungsverfahrens<br />
müssen Handlungsoptionen<br />
erarbeitet und erprobt werden. Dabei<br />
ist auch die Frage zu klären, wie sich<br />
die Änderung finanziell auf die Pflegeversicherung<br />
und andere Sozialleistungsbereiche<br />
auswirkt.“<br />
Quelle: Kobinet-Nachrichten<br />
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Bundestages,“ fordert Ilja Seifert.<br />
Analysen und Berichte mehrerer engagierter<br />
praxisnaher Vereine – die<br />
dem Bundestag großteils seit Jahren<br />
vorliegen – belegten, dass ein hoher<br />
Prozentsatz der Pflegeheimbewohner<br />
unterernährt oder verwahrlost ist.<br />
„Es liegen gravierende Verletzungen<br />
der menschlichen Würde vor“, meint<br />
Ilja Seifert.<br />
Das bestätige auch eine neue<br />
Studie des Deutschen Instituts für<br />
Menschenrechte. Die äußerst unbefriedigende<br />
Situation in deutschen<br />
Altenheimen kritisierten bereits<br />
mehrere internationale Menschenrechts-Ausschüsse.<br />
Schon 2001 äußerte der UN-Ausschuss<br />
für wirtschaftliche, soziale<br />
und kulturelle Rechte (CESCR) seine<br />
Der Allgemeine Behindertenverband<br />
in Deutschland „Für Selbstbestimmung<br />
und Würde“ e.V. (ABiD)<br />
unterstützt die von der Bundesbeauftragten<br />
für die Belange von Menschen<br />
mit Behinderungen vorgelegten<br />
„Empfehlungen für eine teilhabeorientierte<br />
Pflege“. Das beschloß der<br />
ABiD-Vorstand einstimmig.<br />
Am 10.11.2006 legte die Behindertenbeauftragte<br />
den von einem eigens<br />
zu diesem Zwecke einberufenen Arbeitskreis<br />
erarbeiteten Entwurf zur<br />
Abstimmung mit den Verbänden<br />
vor. In den nächsten Tagen geht ihr<br />
unsere offizielle Stellungnahme zu.<br />
Die Empfehlungen sind eine gute<br />
Grundlage für die gerade in Gang<br />
kommende Diskussion über eine<br />
Aktualisierung des SGB XI (Pflegeversicherung).<br />
Gemeinsam stark durch Beweglichkeit und Kompetenz<br />
„große Besorgnis über die menschenunwürdigen<br />
Zustände in Pflegeheimen“<br />
und forderte die Bundesrepublik<br />
auf, „Sofortmaßnahmen“ zur Verbesserung<br />
der Situation zu ergreifen.<br />
Bis heute dokumentierten aber soziale<br />
Verbände immer wieder, dass<br />
sich die Situation in den Heimen<br />
nicht verbessert, sondern weiter verschlechtert.<br />
Gründe dafür lägen laut<br />
der Presseinformation der Linksfraktion<br />
unter anderem in der hohen Arbeitsbelastung<br />
des Personals. „Wenn<br />
Ursula von der Leyen die Lage dennoch<br />
anlässlich der Veröffentlichung<br />
des ersten Heim-Berichts bilanziert,<br />
die Lebensqualität der Bewohnerinnen<br />
und Bewohner in den Heimen<br />
hat sich stetig verbessert‘, klingt das<br />
in den Ohren Betroffener wie blanker<br />
Hohn“, so Wunderlich. omp<br />
Teilhabeorientierte<br />
Pflege<br />
Insbesondere würdigt der ABiD<br />
die Einführung eines wesentlich erweiterten<br />
Pflegebegriffs, der die somatische<br />
Verrichtungsbezogenheit<br />
zugunsten eines teilhabebezogenen<br />
Gesamtansatzes überwindet.<br />
Der ABiD bereitet nunmehr um<br />
den 5. Mai 2007 eine bundesweite<br />
Fachtagung zu der Frage „Wie trägt<br />
eine neue (teilhabeorientierte) Pflegeversicherung<br />
zum Ausgleich behinderungsbedingter<br />
Nachteile und<br />
zu realer Teilhabe am Leben der<br />
Gesellschaft bei?“ (vorläufiger Arbeitstitel)<br />
vor. Damit will er seinen<br />
Beitrag zur weiteren Qualifizierung<br />
des Konzepts, zu seiner Verbreitung<br />
und Vertiefung sowie zu seiner Umsetzung<br />
in die Praxis leisten.<br />
Dr. Ilja Seifert<br />
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