REISEN - Berliner Behindertenzeitung
REISEN - Berliner Behindertenzeitung
REISEN - Berliner Behindertenzeitung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4 POLITIK<br />
BBZ – Dezember 2006/ Januar 2007<br />
Der Bundesverband evangelische<br />
Behindertenhilfe (BeB) kritisiert<br />
gemeinsam mit den anderen Verbänden,<br />
die das Institut Mensch, Ethik<br />
und Wissenschaft (IMEW) tragen,<br />
das von der Bundesregierung geplante<br />
Gesetz zur Einrichtung des<br />
Deutschen Ethikrats. Der BeB und<br />
die anderen Träger spreche n sich<br />
dagegen für ein transparent arbeitendes<br />
Gremium der medizin- und bioethischen<br />
Politikberatung aus, das<br />
direkt beim Deutschen Bundestag<br />
angesiedelt und durch diesen unmittelbar<br />
und vollständig legitimiert ist.<br />
Neue Entwicklungen in Medizin<br />
und Biologie führen immer wieder<br />
zu tief greifenden ethischen,<br />
rechtlichen und gesellschaftlichen<br />
Kontroversen, die den Gesetzgeber<br />
herausfordern. Deshalb ist es unbestritten,<br />
dass es einen großen Bedarf<br />
an Politikberatung in diesem Feld<br />
gibt. Dafür müssen natürlich auch<br />
die entsprechenden Rahmenbedingungen<br />
geschaffen werden.<br />
Mitte Juli brachte die Bundesregierung<br />
den Entwurf des Gesetzes zur<br />
Einrichtung eines Deutschen Ethikrates<br />
auf den Weg. Der BeB und die<br />
Als Kernstück der von der Europäischen<br />
Kommission präsentierten<br />
Rahmenstrategie gegen Diskriminierung<br />
findet 2007 das „Europäische<br />
Jahr der Chancengleichheit“ statt.<br />
Ziel ist die Förderung des Grundsatzes<br />
der Nichtdiskriminierung in<br />
der EU. Wie wichtig es der Bundesregierung<br />
mit diesem Ziel ist, lässt<br />
sich leicht an der im Bundeshaushalt<br />
eingestellten Summe zum Themenjahr<br />
messen: Der Betrag beläuft sich<br />
auf null Euro. Es gibt keinen Haushaltstitel<br />
zum Jahr der Chancen-<br />
Deutschen Ethikrat<br />
anderen Träger des IMEW üben daran<br />
aus verschiedenen Gründen Kritik.<br />
Die intensiven öffentlichen Debatten<br />
über medizin- und bioethische<br />
Fragen in den vergangenen Jahren<br />
haben gezeigt, dass tragfähige und<br />
demokratische Entscheidungen des<br />
Gesetzgebers nicht auf Empfehlungen,<br />
die ein Expertengremium hinter<br />
verschlossenen Türen erarbeitet hat,<br />
sondern auf den Ergebnissen transparenter,<br />
lebendiger und vielstimmiger<br />
Diskussionen in Beratungsgremien<br />
und in der Öffentlichkeit aufbauen<br />
müssen. Zudem ist tragfähige Gesetzgebung<br />
in diesem Bereich auf die<br />
intensive parlamentarische Auseinandersetzung<br />
mit medizin- und bioethischen<br />
Problemfeldern im Austausch<br />
mit der Öffentlichkeit angewiesen.<br />
Ein Ethik-Beratungsgremium kann<br />
daher nur an das direkt gewählte Parlament<br />
angebunden sein.<br />
Medizin- und bioethische Kontroversen<br />
durchziehen alle gesellschaftlichen<br />
Gruppen und politischen<br />
Lager. Deshalb muss die Zusammensetzung<br />
eines Beratungsgremiums<br />
von allen im Parlament vertretenen<br />
Fraktionen bestimmt werden. Nur<br />
so kann der Vielfältigkeit von Posi-<br />
Bundesregierung gibt null Euro<br />
tionen, Perspektiven und Betroffenheiten<br />
in der Gesellschaft Rechnung<br />
getragen werden.<br />
Weiterer Kritikpunkt: Betroffene<br />
und interessierte Bürgerinnen und<br />
Bürger wollen nicht lediglich informiert<br />
werden, sie wollen sich an den<br />
Diskussionen beteiligen. Ein Beratungsgremium<br />
muss daher in öffentlichen<br />
Veranstaltungen und Anhörungen<br />
dies ermöglichen. Außerdem<br />
vertreten sich betroffene Menschen<br />
über ihre zivilgesellschaftlichen Organisationen<br />
auch in europäischen<br />
und internationalen Zusammenhängen<br />
selbst. Ein „Deutscher Ethikrat“<br />
als reines Beratungsgremium ist<br />
nicht legitimiert, „deutsche Positionen“<br />
zu medizin- und bioethischen<br />
Fragen zu vertreten.<br />
Fazit des BeB: Ein beim Deutschen<br />
Bundestag angesiedeltes Beratungsgremium<br />
muss jederzeit<br />
transparent arbeiten, die vielfältigen<br />
Positionen in der Gesellschaft repräsentieren<br />
und Interessierte sowie<br />
Betroffene aktiv in die Beratungen<br />
einbeziehen.<br />
Bundesverband evangelische<br />
Behindertenhilfe e.V.<br />
Zur nationalen Vorbereitung des „Europäischen Jahres der Chancengleichheit“<br />
a n z e i g e<br />
LEBENSWEGE<br />
für Menschen mit Behinderungen<br />
Ambulanter P�egedienst:<br />
NORMALES LEBEN<br />
Assistenz & Pflege jederzeit, individuelle Betreuung<br />
im eigenen Wohnumfeld – in allen Bezirken<br />
gleichheit! Stattdessen beschränkt<br />
sich die Bundesregierung darauf, die<br />
recht bescheidene Summe von rund<br />
600.000 Euro EU-Mittel durch die so<br />
genannte nationale Durchführungsstelle<br />
zu verteilen und ihr eigenes<br />
„Engagement“ lediglich durch die<br />
Vergabe des Themenjahr-Labels –<br />
im Sinne einer ideellen Unterstützung<br />
– an bereits ausfinanzierte Projekte<br />
vorzutäuschen. Ich kritisiere<br />
die Form einer „beschränkten“ Ausschreibung<br />
als Verfahren zur Vergabe<br />
der EU-Mittel durch die nationale<br />
www.lebenswege-berlin.de · Gubener Straße 46 · 10243 Berlin · Tel: 44 68 72 53<br />
selbst. bestimmt.<br />
Foto: M. Garling<br />
Durchführungsstelle. Dahinter verbirgt<br />
sich eine Handhabung zur Vergabe<br />
öffentlicher Gelder, die weder<br />
einen zentralen Aufruf zur Einreichung<br />
von Projektvorschlägen, noch<br />
ein standardisiertes Bewerbungsverfahren,<br />
noch eine offizielle Bewerbungsfrist<br />
vorsieht.<br />
Auch auf Nachfrage der Linksfraktion<br />
zum aktuellen Stand der<br />
Planungen wurde von der Bundesregierung<br />
keine Auskunft gegeben.<br />
Dr. Ilja Seifert<br />
Das Ehrenamtsnetz ist unter der<br />
Adresse www.ehrenamt-berlin.de<br />
frisch im Internet gestartet. Berlinweit<br />
werden Projekte von sozialen<br />
Einrichtungen und Organisationen<br />
angeboten, in denen ehrenamtliche<br />
Unterstützung benötigt wird. Die<br />
Aktion Mensch fördert diese Internetplattform<br />
mit besonderer Blickrichtung<br />
auf Projekte im Behinderten- und<br />
Suchthilfebereich. In einer virtuellen<br />
Bibliothek gibt es eine gezielte Auswahl<br />
an Dokumenten zum Thema<br />
Behindertenverband<br />
fordert<br />
Aufwertung des<br />
Ehrenamtes<br />
Auf der Tagung der Vertreterversammlung<br />
des Bundesverbandes<br />
Selbsthilfe Körperbehinderter e.V.,<br />
BSK, forderten die Teilnehmer eine<br />
Aufwertung des Ehrenamtes durch<br />
einkommensunabhängige Aufwandsentschädigungen.<br />
Einen wesentlichen Beitrag zur<br />
Lebensqualität in unserer Gesellschaft<br />
leisten diejenigen, die für ihre<br />
Arbeit nicht bezahlt werden: ehrenamtlich<br />
tätige Mitarbeiter in Selbsthilfegruppen<br />
und Vereinen. Den<br />
volkswirtschaftliche Nutzen dieser<br />
Menschen verdeutlicht eine Erhebung<br />
des Statistischen Bundesamtes<br />
(2001): 96 Milliarden Stunden unbezahlte<br />
Arbeit wurde geleistet.<br />
Der BSK ist Interessenvertreter<br />
für Menschen mit Körperbehinderung<br />
in Deutschland. In rund 140<br />
Untergliederungen arbeiten betroffene<br />
Menschen ehrenamtlich für die<br />
Ziele und Aufgaben des Verbandes.<br />
Gerade in der Selbsthilfearbeit ist das<br />
Ehrenamt besonders gefordert, weil<br />
viele Menschen ihre Interessen nicht<br />
selbst vertreten können. Hier reichen<br />
nicht nur dankbare Worte an die Helfer<br />
und Mitarbeiter. Eine finanzielle<br />
Unterstützung ist erforderlich.<br />
Für Menschen mit Behinderung,<br />
die sich gerne für andere ehrenamtlich<br />
arrangieren möchten, gibt es<br />
noch zu viele Hindernisse: der öffentliche<br />
Personennahverkehr ist nicht<br />
flächendeckend barrierefrei ausgebaut<br />
und die technischen Hilfsmitteln<br />
für die Kommunikation (Computer)<br />
sind nicht finanzierbar. Menschen<br />
die kein eigenes Einkommen haben,<br />
bekommen keine finanzielle Unterstützung<br />
vom Staat, da sie es steuerlich<br />
nicht geltend machen können.<br />
Sie wollen sich engagieren…?<br />
Ehrenamt in deutscher und in englischer<br />
Sprache. Die geplante Vernetzung<br />
mit der Datenbank der Stiftung<br />
GuteTat www.gute-tat.de zum Anfang<br />
des Jahres 2007 verbindet erstmalig<br />
zwei Ehrenamtsportale miteinander.<br />
Ziel des Ehrenamtsnetzes ist es, die<br />
Wege zu freiwilligem Engagement zu<br />
erleichtern und zu erweitern und noch<br />
mehr Menschen zum Engagement<br />
zu bewegen. Infos unter: www.ehrenamt-berlin.de,<br />
Kontakt: Ina Kant,<br />
Tel.: 030/ 24 636 443.