Individuelle Trauer im Film
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8<br />
becomes the main vehicle for inclusive fitness open to them. Loss of an offspring at this t<strong>im</strong>e<br />
occurs after years of parental investment at a t<strong>im</strong>e when they generally cannot be replaced.” 29<br />
Der Tod innerhalb der Familie stellt aber auch für das Sozialsystem Familie eine erhebliche<br />
Veränderung dar. „Man kann sich das vorstellen wie bei einem Mobile, bei dem eine Figur<br />
abgeschnitten wird. Es wird in sich instabil und alle Figuren verändern ihre Position. Für<br />
jedes Mitglied des Familiensystems steht eine Neuordnung an.“ 30 Im Gefüge der sozialen<br />
Rollen, die jedes Mitglied erfüllt, kann es ebenfalls zu Verlusten kommen, wenn<br />
beispielsweise der Ehepartner seine Rolle als Vater verliert. 31<br />
Die Schwierigkeit der familiären <strong>Trauer</strong> hat ihren Ursprung in der Tatsache, dass Vater,<br />
Mutter und Geschwister jeweils individuell, gleichzeitig aber auch gemeinsam trauern, was<br />
nicht selten zu Spannungen führt. „Für viele Eltern ist das getrennte <strong>Trauer</strong>n der Normalfall.<br />
Manche weinen allein <strong>im</strong> Auto, manche <strong>im</strong> Bett, manche hinter geschlossenen Bürotüren.<br />
(…) Doch wegen der Verschiedenheit des <strong>Trauer</strong>ns haben es Eheleute oft schwer, Hilfe<br />
voneinander zu bekommen“. 32<br />
Der Verlust eines Kindes stellt sich für jede Komponente des Familiensystems anders und<br />
mehrfach dar. „Verliert ein Kind ein Geschwister, kommt es zu Mehrfachverlusten. Die Eltern<br />
sind meist nicht mehr in der Lage, dem lebenden Kind genügend Aufmerksamkeit zu geben,<br />
da sie mit der eigenen <strong>Trauer</strong> beschäftigt sind. Das lebende Kind verliert also nicht nur ein<br />
Geschwister, sondern auch einen Teil der elterlichen Zuwendung.“ 33 Nach außen verliert die<br />
Familie den Status einer ‚normalen’ Familie, was soziale Beziehungen zur Umwelt erschwert.<br />
Es sind diese Faktoren, die die <strong>Trauer</strong>, die auf den plötzlichen Tod eines Kindes folgt,<br />
besonders stark und schmerzlich werden lassen. Der Tod geschieht unzeitig, unerwartet und<br />
trifft die Hinterbliebenen unvorbereitet. Zentrale Aspekte des Sterbens zeigen sich hier<br />
konzentriert und in extremer Weise. Ein filmisches Kunstwerk, das sich mit dem Thema ‚Tod<br />
eines Kindes’ auseinandersetzt, ist das Drama „Das Z<strong>im</strong>mer meines Sohnes“ von Nanni<br />
Moretti.<br />
29<br />
Archer, John: The Nature of Grief. The Evolution and Psychology of Reactions to Loss. London 1999, S.<br />
201f.<br />
30<br />
Hirschberg, Corinna: In: Brennpunkt Gemeinde 3/2004. Impulse für missionarische Verkündigung und<br />
Gemeindeaufbau. Studienbrief D 21: <strong>Trauer</strong>nde Kinder – wahrnehmen, verstehen und begleiten. Stuttgart 2004,<br />
S. 5.<br />
31<br />
Auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede kann hier nicht weiter eingegangen werden. Es lässt sich aber<br />
sagen, dass Frauen das Zeigen von <strong>Trauer</strong>reaktionen gesellschaftlich mehr zugestanden wird als Männern. Vgl.<br />
Bowlby, S. 138. Vgl. auch die griechische Tradition der Myroloja-Klagegesänge, die von speziell<br />
ausgebildeteten ‚Klageweibern’ ausgeübt wird. In: Canacakis, Jorgos: Ich sehe deine Träne. <strong>Trauer</strong>n, Klagen,<br />
Leben können. Stuttgart 1993, S. 88-99.<br />
32<br />
Rothman, Juliet Cassuto: Wenn ein Kind gestorben ist. <strong>Trauer</strong>begleiter für verwaiste Eltern. Freiburg/Breisgau<br />
1998.<br />
33 Hirschberg, S. 5 f.