05.10.2013 Aufrufe

3.1 Zur Psycho® und Sozlodynamlk des Kindes - elearning.hawk ...

3.1 Zur Psycho® und Sozlodynamlk des Kindes - elearning.hawk ...

3.1 Zur Psycho® und Sozlodynamlk des Kindes - elearning.hawk ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Aber nicht nur in dieser Entwicklungsphase wirkt die psychosexuelle<br />

Eigenkraft <strong>des</strong> Geschlechts. Aus den Bef<strong>und</strong>en der<br />

modernen Stressforschung wissen wir, wie sich diese Primärkraft<br />

verselbstständigen <strong>und</strong> Befindlichkeit <strong>und</strong> Verhalten beeinflussen<br />

kann, wenn es darum geht, die körperlich-seelische<br />

Befindlichkeit einem wie immer auch gearteten somatischen<br />

Gleichgewicht zuzuführen. Wir spüren selbst, wie wir in kritischen<br />

Lebenssituationen, in denen die gewohnten psychischen<br />

<strong>und</strong> sozialen Mechanismen der Orientierung <strong>und</strong> Handlungsregulierung<br />

versagen, in „Zustände" kommen, in denen wir<br />

uns nicht mehr erkennen oder fassungslos auf unsere körperlich-seelischen<br />

Reaktionen sind, die sich augenscheinlich aus<br />

unserer Selbstkontrolle gelöst haben.<br />

Deshalb kommt die Soziologie - auch wenn sie sich mit der<br />

Psychoanalyse verbündet - immer dort an ihre Grenzen, wo<br />

sie die subjektive Erfahrung <strong>des</strong> Geschlechtlichen im Emotionalen<br />

ortet <strong>und</strong> mit Begriffen wie „Betroffenheit" <strong>und</strong> „Zustandsbefindlichkeit"<br />

zu arbeiten versucht. Solche Begriffe<br />

verweisen zwar - soziologisch gesehen - auf einen nicht mehr<br />

erklärbaren „psychophysischen Rest", können diesen aber<br />

höchstens nur mit psychoanalytischen Assoziationen beschreiben,<br />

seine - freilich zum Sozialen hin gebrochene - Eigenmächtigkeit<br />

aber nicht erklären. Diese interdisziplinäre<br />

Problematik lässt sich am besten am Beispiel der sozialisationstheoretischen<br />

Verwendung <strong>des</strong> Paradigmas der Geschlechtsidentität<br />

darstellen.<br />

Im Gender-Diskurs wird in der Regel der Identitätsbegriff <strong>des</strong><br />

Symbolischen Interaktionismus verwendet. Dieser sucht die<br />

Verbindung von personaler Befindlichkeit <strong>und</strong> sozialem<br />

Standort der Person. Es wird eine Identitätsgleichung aufgemacht,<br />

in der ein Zusammenspiel von gesellschaftlichen Verhaltenserwartungen<br />

<strong>und</strong> individueller, personaler Selbstäußerung<br />

zu jener psychosozialen Balance führt, in der die Identität<br />

ein mit sich <strong>und</strong> anderen im Einklang Sein` darstellt. Im<br />

Mittelpunkt dieser von G. H. Mead (1973) entwickelten Identitätstheorie<br />

steht der „generalisierte Andere", in den das Ich<br />

sich über sprachliche Interaktion hineinzuversetzen hat, um<br />

seinen Platz <strong>und</strong> seine Zustandsgewissheit, sein Selbst im Sozialen<br />

zu finden. Indern ich lerne mich sozial zu verhalten, bin<br />

l 08<br />

ich <strong>und</strong> gewinne ich meine Sicherheit <strong>des</strong> Selbst. Das bedeutet<br />

nicht, dass ich mich einfach sozial anpasse. Vielmehr wird in<br />

diesem Identitätskonzept davon ausgegangen, dass ich mich<br />

mit meinen personalen Angelegenheiten <strong>und</strong> meinem Eigensinn<br />

in der Interaktion mit Anderen auseinandersetze, dass ich<br />

mir ein Bild von mir über die Anderen mache, dabei aber<br />

meine eigene Personalität <strong>und</strong> Individualität ausspiele.<br />

Doch in diesem Konzept bleibt ungeklärt, ob <strong>und</strong> wie das vorsoziale,<br />

triebgeprägte Ich (dem psychoanalytischen Es nahe),<br />

das im sozialen Ich (Me) aufgeht, seine vorsoziale Kraft verloren<br />

oder vielleicht doch behalten hat: „Meads Gedanken zu<br />

Identität fügen sich zu einem Interpretationsmodell, in dem<br />

die Identität vor allem durch die Erwartung <strong>und</strong> Faltung der<br />

Anderen gebildet wird. Wegen der großen Bedeutung, die das<br />

Lernen von Sprache <strong>und</strong> die kognitive Dimension menschlichen<br />

Daseins in ihm haben, kann man auch von einem Wissensmodell<br />

sprechen. Von der "Triebnatur <strong>des</strong> Menschen wird<br />

in ihm also abgesehen" (Gottschalch 1988, S. 117). Das Problem<br />

einer soziologischen Annäherung an das Selbst besteht im<br />

Gr<strong>und</strong>e also darin, dass sich trotz entsprechendem Anspruch<br />

der Moderne die vorsozialen Strukturen, welche die erste Natur<br />

<strong>des</strong> Menschen bilden, nicht rational <strong>und</strong> linear von der<br />

zweiten Natur her, dem Sozialen <strong>des</strong> Menschen, aufschließen<br />

<strong>und</strong> entsprechend integrieren lassen. Die sozialwissenschaftlichen<br />

Zivilisationstheoretiker - allen voran Norbert Elias<br />

(1976) - haben in diesem Zusammenhang ja gezeigt, dass der<br />

ökonomische fortschritt <strong>und</strong> die soziale Strukturierung der<br />

modernen Industriegesellschaften mit der Unterdrückung <strong>und</strong><br />

Kanalisierung der menschlich-kreatürlichen Triebstrukturen<br />

einher gegangen sind. Jede soziale Regel, je<strong>des</strong> Recht <strong>und</strong> jede<br />

Institution : so zitiert Wilfried Gottschalch (1988, S. 114)<br />

den Soziologen Helmut Plessner - „artikuliert, kanalisiert <strong>und</strong><br />

unterdrückt die entsprechenden Triebregungen". In dieser<br />

psychohistorischen Verortung der menschlichen Triebstrukturen<br />

wird deutlich, dass die menschlichen Triebe, „die aus unbekannten<br />

Tiefen stammen" (Gottschalch) nie für sich allein,<br />

sondern immer in der Spannung zum Sozialen gesehen werden<br />

müssen. Eben wegen dieser sozialen Spannung, in der das<br />

Triebverhalten steht, stecken in ihm auch Widerständigkeit,<br />

Eigensinn <strong>und</strong> Protest gegen Verdrängung <strong>und</strong> Entmündigung<br />

109

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!