3.1 Zur Psycho® und Sozlodynamlk des Kindes - elearning.hawk ...
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er britische Natur- <strong>und</strong> Sozialphilosoph Bertrand Russell hat<br />
in den 1920er Jahren - damals als ein Zeitschema - auf diese<br />
nun gleichfalls naturmythische' Gegenkonstruktion der Vaterschaft<br />
hingewiesen: „Die Leistungen der Nachkommen eines<br />
Mannes sind gewissermaßen seine eigenen Leistungen<br />
<strong>und</strong> ihr Leben ist die Fortsetzung seines Lebens. her Ehrgeiz<br />
findet sein Ende nicht am Grabe, sondern kann durch die Geschlechterfolge<br />
der Nachkommen hindurch unbegrenzt verlängert<br />
werden [...] Das rein instinktive Element in der Eifersucht<br />
ist nicht annähernd so stark wie die meisten modernen<br />
Menschen annehmen. Die übertrieben starke Eifersucht bei<br />
patriarchalen Gesellschaften beruht auf der Furcht vor der Fälschung<br />
der Abkunft" (1929, S. 21122).<br />
hier finden wir wieder die naturmythische' Angst vor der<br />
Frau, die sich in der tiefenpsychischen Figur <strong>des</strong> Gebärneids<br />
ausdrückt. In der bürgerlichen Familie, in der Mann <strong>und</strong> Frau<br />
als Vater <strong>und</strong> Mutter eng aufeinander bezogen sind, ist dieses<br />
Motiv <strong>des</strong> Gebärneids alltäglich überformt, bricht aber bei<br />
einschneidenden oder kritischen partnerschaftlichen Lebensereignissen<br />
- Geburt, "Trennung - eigenartig, aber typisch wieder<br />
auf. Nicht umsonst ist die Figur <strong>des</strong> Gebärneids in der<br />
Psychoanalyse, die ja auf der Krisenthematik der bürgerlichen<br />
Kleinfamilie fußt, eines der zentralen Interpretationsmuster<br />
der väterlichen Statusangst. her männliche Machtanspruch als<br />
esitzanspruch auf die Nachkommenschaft war so immer<br />
wieder in fragiler Spannung gehalten durch diese ,naturmythische'<br />
Angst vor der Frau.<br />
Nun ist in diesen Zusammenhängen mehr enthalten, als nur<br />
eine familiale Autoritätskrise <strong>des</strong> Vaters. Väter, die für solche<br />
Spannungen in der Beziehung zur Partnerin <strong>und</strong> zu dem in der<br />
Mutter-Kind-Dyade verschmolzenem Kind sensibel sind,<br />
werden in ihrem Mannsein angerührt. Sie fühlen sich plötzlich<br />
draußen, aus der Familie vertrieben. In solchen Krisensituationen<br />
wird deutlich, dass die Verankerung <strong>des</strong> Vaters in der<br />
Familie der Industriegesellschaft auf der patriarchalen Ideologie<br />
<strong>und</strong> weniger auf einer Beziehungspraxis beruht. Die<br />
Selbstverständlichkeit <strong>des</strong> Vaters als Familienoberhaupt war<br />
in der Vergangenheit vom patriarchal strukturierten Staat gestützt.<br />
Dies gehörte zu den zentralen Bedingungen, um die ge-<br />
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sellschaftliche Reproduktionsaufgabe der Familie abzusichern.<br />
Die Familie sollte darauf ausgerichtet sein, die Arbeitskraft<br />
<strong>des</strong> Vaters alltäglich sozial <strong>und</strong> mental wiederherzustellen.<br />
Die Mutter hatte sich dieser ideologisch gestützten Vaterrolle<br />
unterzuordnen, sie hatte sich nicht selbst in der Familie<br />
zu entfalten, sondern den Vater zu vertreten, seine Normen<br />
durchzusetzen. Noch heute drohen Mütter mit dem Vater,<br />
wenn sie ihren Kindern etwas verbieten, sie zurechtweisen<br />
wollen.<br />
iese Selbstverständlichkeit der mütterlich immer wieder hergestellten<br />
familialen Anwesenheit` <strong>des</strong> räumlich abwesenden<br />
Vaters ist nicht erst in den letzten Jahren durchbrochen worden.<br />
Sie begann zu der Zeit brüchig zu werden, in der die Modernisierung<br />
der Industriegesellschaft zur Krise der Familie<br />
geführt hat. Dabei ging es nicht nur um eine Überforderung<br />
der Familie durch die psychischen <strong>und</strong> sozialen Probleme,<br />
welche die fortschreitende Industrialisierung mit ihren Brüchen<br />
<strong>und</strong> Verwerfungen hervorbrachte, sondern auch darum,<br />
dass die moderne Entwicklung schon damals die Geschlossenheit<br />
der Familie aufbrach. Wir können am Beispiel der Jugendbewegung<br />
sehen, wie sich Jugendliche früher von der<br />
Familie absetzten <strong>und</strong> ihren eigenen gesellschaftlichen Weg<br />
suchten <strong>und</strong> können am Beispiel der bürgerlichen Frauenbewegung<br />
nachzeichnen, dass Frauen sich nun nicht mehr einfach<br />
der Familienrolle unterordneten, sich mit ihrer Identität<br />
als Mutter beschieden, sondern eine neue Identität als Frau in<br />
der <strong>und</strong> über die Familie hinaus suchten. Dieser frühe Prozess<br />
der „Individualisierung" bildete also den Hintergr<strong>und</strong> nicht<br />
nur der Familienkrise der damaligen Zeit, sondern auch der<br />
Autoritätskrise <strong>des</strong> Vaters <strong>und</strong> damit der Krise <strong>des</strong> Mannseins.<br />
Hinzu kommt die gesellschaftliche Entwertung <strong>des</strong> Vaters.<br />
Während vor der Jahrh<strong>und</strong>ertwende vom 19. zum 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
- im wilhelminischen Deutschland also - die Autoritätsfigur<br />
<strong>des</strong> Vaters noch unangetastet war, begann sie nach<br />
dieser Jahrh<strong>und</strong>ertwende deutlich abzubröckeln. Dies hing mit<br />
den sozialökonomischen Entwicklungsschüben der industriekapitalistischen<br />
Modernisierung zusammen, die ihre zweite<br />
Phase in Deutschland um diese Jahrh<strong>und</strong>ertwende erreichte.<br />
ie Väter, bisher Vorbilder dafür, wie sich die Jungen in der<br />
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