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3.1 Zur Psycho® und Sozlodynamlk des Kindes - elearning.hawk ...

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sehen in der Gruppe <strong>und</strong> damit den fragilen Selbstwert. So ist<br />

es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass die Jugendrichter kein Unrechtsbewusstsein<br />

entdecken können; die Jungs tun es ja für die<br />

Gruppe, viele von ihnen sehen im Delikt gar nicht so sehr das<br />

Unrecht an anderen, sondern möchten sich vor der Gruppe<br />

beweisen, auch wenn es ihnen dabei mulmig ist.<br />

Auch von einem anderen Stereotyp der Interpretation können<br />

wir uns verabschieden. Unter den rechtsextremistisch auftretenden<br />

jungen Männern - so die Statistik - sind die arbeitslosen<br />

nicht überrepräsentiert. Es sind eher Bindungsstörungen,<br />

die aus der Familie resultieren, die durch die sozialen Schichten<br />

hindurch eine Konstante bilden. Natürlich spielen die sozialökonomischen<br />

Verhältnisse eine Rolle. Wenn man bedenkt,<br />

dass in der segmentierten Arbeitsgesellschaft (s.u.) in<br />

Deutschland zu Beginn <strong>des</strong> 21. Jahrh<strong>und</strong>erts fast die Hälfte<br />

der Erwerbsbevölkerung keinen gesicherten Arbeitsplatz im<br />

Sinne <strong>des</strong> bisher gewohnten Normalarbeitsverhältnisses hat<br />

<strong>und</strong> dass die Berufs- <strong>und</strong> Arbeitsplatzunsicherheit schon das<br />

enken der Jugend erfasst, dann wird plausibel, dass junge<br />

Männer bei früher Arbeitsplatzunsicherheit <strong>und</strong> Ausbildungskonkurrenz<br />

<strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ener gestörter sozialer Integrationsperspektive<br />

fürchten, sozial isoliert zu werden. Zu der<br />

Einsamkeit <strong>des</strong> Alters ist die Einsamkeit der Jugend gekommen.<br />

Solche jungen Männer suchen sozialen Anschluss <strong>und</strong><br />

vor allem auch Gewissheit - „ich möchte einen festen Platz<br />

haben" - <strong>und</strong> landen in autoritären bis rechtsextremen Gruppierungen,<br />

die ihnen mit ihrer rigiden Eindeutigkeit <strong>und</strong> Unterordnung<br />

bei<strong>des</strong> bieten können. Das sind dann nicht nur junge<br />

Männer aus sozial benachteiligten Milieus, sondern genauso<br />

Jugendliche aus anderen Schichten. So ist es inzwischen<br />

nichts Ungewöhnliches, dass Jungen, die unter der Woche unauffällig<br />

in monotonen, kontaktarmen Arbeitsverhältnissen<br />

stehen, am Wochenende als Fußball- oder Straßenhooligans<br />

zu ausländerfeindlichen <strong>und</strong> gewaltbereiten Szenen stoßen.<br />

Wenn man an solche Jugendliche herankommt, merkt man<br />

bald, dass sie Orte suchen, wo sie ihre Männlichkeit ausleben<br />

<strong>und</strong> demonstrieren können. Denn die Arbeitsvorgänge über<br />

die Woche hinweg sind bei den meisten so von Körperlichkeit<br />

<strong>und</strong> Maskulinität entleert, dass sie bei denen, die in puncto<br />

Selbstwert <strong>und</strong> Anerkennung auf Maskulinität angewiesen<br />

sind, eine Suche nach solchen sozialen Orten der aggressiven<br />

Maskulinität auslösen. Sie verfügen nicht über andere kulturelle<br />

<strong>und</strong> soziale Ressourcen um Selbstwert zu erlangen <strong>und</strong><br />

sich sozial auszudrücken. Da die jungen Männer der Gleichaltrigenkultur<br />

der Jugend schon entwachsen sind, machen sie<br />

sich oft mit ihrer Maskulinität in der Öffentlichkeit lächerlich.<br />

Auch Mädchen <strong>und</strong> jungen Frauen kann man damit nicht<br />

mehr so wie in früheren Zeiten imponieren. Also werden jene<br />

jungen Männer von offensichtlich „männlichen" Orten, wie<br />

sie fremdenfeindliche Cliquen darstellen, fast magisch angezogen.<br />

Hier handelt es sich um Gruppen, die durch Abgrenzung<br />

<strong>und</strong> Abwertung von Ausländern zusammengehalten <strong>und</strong><br />

bewegt werden. Gehört man einmal solch einer Gruppe oder<br />

situativ wechselnden Szene an, entwickelt diese nicht nur ihre<br />

eigene ethnozentrische Dynamik, sondern wird auch noch<br />

durch eine typische Irritation angeheizt. Denn die jungen<br />

Männer ausländischer Herkunft, die von Deutschen abgewertet<br />

werden, haben den Deutschen eines voraus: Viele von ihnen<br />

leben ihre Männlichkeit öffentlich <strong>und</strong> selbstverständlich<br />

aus, ihr Habitus der männlichen Ehre, <strong>des</strong> nationalen Stolzes<br />

<strong>und</strong> ihre Beschützerpose gegenüber Mädchen aus dem eigenen<br />

ethnischen Milieu ist unübersehbar (vgl. dazu Farin/Seidel-fielen<br />

1994). Darin ist auch die Selbstverständlichkeit<br />

eingewoben, mit der z.D. junge Türken ihre Maskulinität<br />

demonstrieren (s.o.), eine Selbstverständlichkeit, die junge<br />

Deutsche weder aufbieten, noch herstellen können. So kann<br />

sich in deutschen Cliquen ein Aufschaukelungsmuster von<br />

Fremdenfeindlichkeit <strong>und</strong> Maskulinität entwickeln, das dann<br />

an einem bestimmten Punkt nicht mehr beherrschbar ist.<br />

Was bleibt, <strong>und</strong> was von jungen Deutschen nicht selten als<br />

Gegenmittel gleicher Art aktiviert <strong>und</strong> zelebriert wird, ist die<br />

Regression, das <strong>Zur</strong>ückfallen in übersteigerte Maskulinität,<br />

mit der man(n) sich aus den Alltagsmustern der Zivilisation<br />

ausklinkt <strong>und</strong> in der sozialen Umwelt Abwehr <strong>und</strong> Furcht heraufbeschwört.<br />

Öffentliche Regressionen, die aus den Rollenmustem <strong>des</strong> zivilisierten<br />

Alltags herausfallen, erzeugen Angst oder zumin<strong>des</strong>t<br />

Unbehagen. Der Rückfall in die archaisch-körperliche Maskulinität<br />

gehört zu solchen unbewältigten <strong>und</strong> wiederkehrenden<br />

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