3.1 Zur Psycho® und Sozlodynamlk des Kindes - elearning.hawk ...
3.1 Zur Psycho® und Sozlodynamlk des Kindes - elearning.hawk ...
3.1 Zur Psycho® und Sozlodynamlk des Kindes - elearning.hawk ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
che Dominanz aber nicht mehr stilprägend ist. Auch in diese<br />
Richtung kann die geschlechtsdiffuse Haltung der Jugendlichen<br />
gedeutet werden. Die geschlechtswirksame Auseinandersetzung<br />
mit sich selbst scheint sich nun - auch das ist ein Zeichen<br />
der Entgrenzung der Jugend - mehr in die Integritätsthematik<br />
der Altersphase der jungen Erwachsenen verschoben zu<br />
haben (vgl. Kap. 4.2).<br />
j „Balanciertes Jungeseln `<br />
Durch den Verlauf männlicher Sozialisation zieht sich die<br />
Problematik <strong>des</strong> „Verwehrtseins" der empathischen Potenziale,<br />
die Jungen haben, die aber unter dem latenten Druck der<br />
sozialisatorischen Außenfixierung oft nicht entfaltet werden<br />
können. Mehr noch: Je öfter solches verwehrt wird, <strong>des</strong>to eher<br />
bricht es in der Abspaltung dieser Frustration bei Überbetonung<br />
der maskulinen Seite auf. Wir können diesen gleichsam<br />
gesetzmäßigen Vorgang im Begriff der Bedürftigkeit (s.u.)<br />
aufschließen. Gleichzeitig drückt sich in diesen innerpsychisehen,<br />
aber sozial gerichteten Verarbeitungsprozessen eine typische<br />
Bewältigungsspannung aus: Die Jungen müssen immer<br />
wieder versuchen, ins Gleichgewicht zu kommen, handlungsfähig<br />
zu bleiben, um Selbstwert, soziale Anerkennung <strong>und</strong> soziale<br />
Wirksamkeit (als Voraussetzung positiver Identität) zu<br />
erreichen. Gunther Neubauer <strong>und</strong> Reinhard Winter sind in ihren<br />
pädagogisch-empirischen Zugängen zu Jungen immer<br />
wieder auf dieses balancierende Bewältigungsverhalten gestoßen<br />
<strong>und</strong> haben in diesem Zusammenhang ein sozialisatorischpädagogisches<br />
Modell <strong>des</strong> „balancierten Jungeseins" entwickelt.<br />
Es soll das Augenmerk auf die verdeckten, nicht zum<br />
Zuge kommenden Vermögen der Jungen richten, in den gezeigten<br />
Schwächen auch die verborgenen Stärken entdecken<br />
helfen. So kann die Defizitorientierung, die dem Blick auf das<br />
Aufwachsen von Jungen seit dem antisexistischen Diskurs der<br />
Frauenbewegung anhaftet, überw<strong>und</strong>en werden. „Ein Missverständnis<br />
wäre es allerdings, dass mit dem Modell schwierige<br />
Seiten oder problematisches Verhalten bei Jungen <strong>und</strong> Männern<br />
ausgeblendet oder verdeckt werden sollen, indem immer<br />
„nur das Positive" wahrgenommen wird. [...] Aber die Perspektive<br />
verändert bzw. erweitert sich mehr in die Richtung,<br />
was sein soll <strong>und</strong> was sein wird, wenn das Problematische an<br />
1 04<br />
Bedeutung verliert. [...] Das Modell betont gerade die Gestaltungsmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Potenziale, auch wenn sie (noch)<br />
nicht genutzt sind" (Winter/Neubauer 2002, S. 32).<br />
In diesem Sinne bietet das Modell Variablenpaare an, die diese<br />
wechselnden Balancen beschreiben: Jungen, die permanent<br />
aktiv sein müssen <strong>und</strong> unter Stress stehen, sich darzustellen,<br />
darf nicht die Reflexionsfähigkeit <strong>und</strong> das Vermögen zum<br />
Selbstbezug <strong>und</strong> Innehalten abgesprochen werden. Sie haben<br />
nur wenig Gelegenheiten <strong>und</strong> Ermunterungen dafür, das Vermögen<br />
ist verschüttet oder es handelt sich um ein Abspaltungs-<br />
<strong>und</strong> Kompensationsverhalten. Maskulin überzogenes<br />
Konflikt- <strong>und</strong> Stärkeverhalten darf nicht darüber hinwegtäusehen.,<br />
dass das Bedürfnis nach Schutz <strong>und</strong> nach dem Erleben<br />
von Grenzen ebenso vorhanden ist. Bei meiner Arbeit mit<br />
Wiener Jungenarbeitern (vgl. Verein Wiener Jugendzentren<br />
2002) habe ich das pädagogische Gespür der Praktiker für diese<br />
Bewältigungsbalance <strong>und</strong> die übergangenen Potenziale bei<br />
Jungen erlebt, wenn sie schilderten, dass Jungen, die sich in<br />
vielen Situationen <strong>des</strong> Jugendhauses anderen gegenüber verantwortungslos<br />
<strong>und</strong> abwertend aufführten, dann doch wieder -<br />
in anderen, für sie geschützten Situationen - ein ausgeprägtes<br />
Gefühl für Gerechtigkeit entwickeln. Der Bewältigungszwang,<br />
unter dem Jungen oft stehen <strong>und</strong> in dem sozial produktive Anteile<br />
zurückgedrängt werden, lässt sich an alltäglichen Situationen<br />
- wie hier in einem Jugendhaus - darstellen: „Wird der,<br />
primär von männlichen Jugendlichen bespielte Tischfußbailtisch<br />
einmal von weiblichen Jugendlichen genutzt, versammeln<br />
sich häufig recht schnell einige Burschen, die durch ihr<br />
Auftreten - abwertende Kommentare, „gute Tipps" usw. - die<br />
spielenden Mädchen verdrängen. Der Zwang, dem männlichen<br />
Rollenverständnis zu entsprechen, der Wunsch, ihre Fähigkeiten<br />
beim Tischfußball zu präsentieren, arbeiten gegeneinander.<br />
Weder legen die Mädchen darauf Wert, mit ihnen zu spielen,<br />
noch ihnen dabei zuzusehen - <strong>und</strong> die Ratschläge sind auch<br />
nicht willkommen. Die Verdrängung ist häufig das Resultat<br />
eines missglückten Versuchs, wahrgenommen zu werden. Dieses<br />
Bedürfnis auf andere Weise zu artikulieren stellt für viele<br />
Burschen eine zu große Hürde dar" (ebd., S. 46). Ein anderes<br />
Beispiel aus der Wiener Jugendarbeit zeigt wiederum, wie<br />
solch spannungsgeladenen Situationen sich so drehen können,<br />
105