Bürgerschaftliches Engagement
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Schwerpunkt <strong>Bürgerschaftliches</strong> <strong>Engagement</strong><br />
Lernen bewegt! –<br />
und die Folgen<br />
„Herr Bürgermeister, wir brauchen einen Raum!“ Sie treffen sich einmal pro<br />
Monat mit ihren Laptops im Gemeindeamt und besprechen edv-Inhalte und<br />
vieles mehr. Frauen, die einen Computerstammtisch gründen und dafür einen<br />
Raum in der Gemeinde beantragen, wären vor drei Jahren ebenso undenkbar<br />
gewesen wie der angstfreie Umgang mit dem Computer.<br />
Michaela<br />
Slamanig<br />
1 Lernen bewegt!<br />
wird finanziert aus<br />
leader-Mitteln und aus<br />
Mitteln der Kärntner<br />
Landesregierung.<br />
Schwerpunkt<br />
„Lernen am Computer ist großartig!“<br />
Zwischen April 2009 und Dezember 2012 organisierte<br />
die Volkshochschule Völkermarkt in allen 31 Gemeinden<br />
der Lokalen Aktionsgruppen (lag)-Region Südkärnten<br />
Computerkurse mit dem Schwerpunkt e-Government<br />
und konnte damit ein Viertel aller Kärntner Gemeinden<br />
und rund 300 Frauen erreichen.<br />
Den Computer als Instrument zu begreifen, spart<br />
Wege, Zeit und Geld. Im Kern geht es in „Lernen bewegt!“<br />
darum, Frauen eine Brücke zum Computer und zur edv<br />
zu bauen. Vor allem wurden Frauen angesprochen, die<br />
aufgrund ihrer Bildungsbiografie mit dem Lernen nicht<br />
vertraut sind und sich im Umgang mit der Technik wenig<br />
zutrauen. Das Alter spielt dabei keine Rolle. „Lernen<br />
am Computer ist großartig! Auch für ältere Semester gibt<br />
es noch eine Chance, mit diesen Wunderdingern richtig<br />
umzugehen“, meinte eine Kursteilnehmerin.<br />
Vorrangiges Ziel ist der angstfreie Umgang mit dem<br />
pc und die sichere Nutzung von Word, Internet und e-<br />
Mail. Online-Behördenwege, das sogenannte e-Government,<br />
dienen als Beispiel für die praktische Nutzung<br />
des Internets. In 51 Stunden erarbeiten sich die Teilnehmerinnen<br />
mit der Lernbegleiterin edv-Grundkenntnisse<br />
und Schlüsselqualifikationen für das Lernen, wie zum<br />
Beispiel, sich realistische Ziele zu setzen. Durch lebenspraktische<br />
Beispiele ergibt sich eine hohe Anwendbarkeit<br />
des Gelernten.<br />
Die Folgen von Lernen bewegt!<br />
Die Stellung der Frauen innerhalb der Familie hat<br />
sich verändert, sie nutzen Facebook, reden mit, können<br />
ihren Kindern, Enkeln, Partnern oder Freund/innen etwas<br />
zeigen. Sie beanspruchen den pc jetzt auch für sich,<br />
haben vielfach einen eigenen gekauft oder geschenkt bekommen<br />
und nutzen diesen intensiv. „Der Zugang zum<br />
Internet ist so ziemlich das Beste, was mir im letzten Jahr<br />
passiert ist“, meint eine begeisterte Kursteilnehmerin.<br />
Die Frauen sind selbstbewusster geworden. Sie übernehmen<br />
Verantwortung, z.B. mit der Leitung des Pensionist/<br />
innenverbandes. Eine Teilnehmerin beschreibt es so:<br />
„Ich schreibe für Zeitungen des Pensionistenverbandes,<br />
mache auch Bildbearbeitung. Meine Zeit ist kürzer geworden.“<br />
Manche haben den Wiedereinstieg in den Beruf<br />
22 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 02-2013 · NR. 248<br />
geschafft. Dazu kommt die soziale Komponente. Einzelne<br />
Gruppen treffen sich regelmäßig zum Kaffee, zu sportlichen<br />
Aktivitäten oder zum Computerstammtisch, oft<br />
über Monate und Jahre hinweg. „Wir treffen uns seit Oktober<br />
2011 einmal pro Monat. Ohne diesen Kurs hätten<br />
wir uns nie gefunden“, berichtet eine Kursteilnehmerin<br />
aus der Gemeinde St. Andrä.<br />
Neben dem Inhalt werden auch Lernmethoden bewusst<br />
gemacht, die im Lernprozess zum Einsatz kommen.<br />
Das und die zusätzliche Bestimmung des individuellen<br />
Lerntyps ermöglichen ein selbständiges Weiterlernen. So<br />
schaffen die Teilnehmerinnen einen (Wieder-)Einstieg<br />
ins lebensbegleitende Lernen. Es hat sich viel getan: Sie<br />
fühlen sich nicht mehr als Außenseiterinnen, sehen sich<br />
als „vollwertigen“ Teil der Gesellschaft. „Ohne Computerkenntnisse<br />
ist man in der heutigen Zeit fast wie ein Neandertaler.<br />
Mein Leben hat sich seit dem Kurs sehr verändert,<br />
der Kurs war in jeder Weise ein Gewinn!“ meint eine<br />
ehemalige Teilnehmerin. Die Frauen erleben, dass sie<br />
nicht mehr ausgeschlossen sind, entdecken immer mehr<br />
Möglichkeiten, die sie individuell nutzen können, stehen<br />
den neuen Medien aber auch kritisch gegenüber.<br />
Was passiert an Weiterbildung?<br />
Die Evaluationsergebnisse bestätigen: 94 Prozent der<br />
Teilnehmerinnen haben durch Lernen bewegt! Lust auf<br />
Weiterbildung bekommen, 82 Prozent geben an, selbstorganisiert<br />
weiterlernen zu können. Konkret hat sich etwas<br />
mehr als die Hälfte der Befragten einen Computer gekauft<br />
und einen Internetzugang installiert. Mehr als ein<br />
Drittel hat selbständig weitergelernt, also den Einstieg in<br />
lebenslanges, lebensbegleitendes Lernen (lll) gefunden.<br />
Hauptsächlich wird das Internet genutzt, e-Government<br />
angewendet, Fotobücher und Haushaltspläne erstellt.<br />
Bei beruflichen Weiterbildungen stehen Zusatzqualifikationen<br />
zu bestehenden Berufen im Vordergrund.<br />
Erfolgsfaktoren für gelungenes Lernen<br />
Bildungsbenachteiligte Frauen scheitern beim Thema<br />
Weiterbildung häufig bereits an der Sprache. Sie fühlen<br />
sich von „herkömmlichen“ Ausschreibungen nicht angesprochen<br />
bzw. trauen sich aufgrund ihres geringen Selbstvertrauens<br />
keinen Kursbesuch zu. Zudem verhindern<br />
ungünstige Rahmenbedingungen wie unzureichende<br />
Verkehrsverbindungen, hohe Kurskosten und fehlende<br />
Zeit eine Teilnahme.<br />
Damit der Einstieg in institutionalisierte Bildung gelingt,<br />
bedarf es einer umfassenden Information in einer<br />
zielgruppenspezifischen Sprache, wobei der Nutzen des<br />
Bildungsangebotes deutlich gemacht und Vorbehalte<br />
und Ängste im Umgang mit den neuen Medien ernst genommen<br />
werden müssen.<br />
Damit sich die Frauen selber weiterentwickeln können,<br />
ist es entscheidend, sie als Expertinnen für ihr Leben<br />
und ihren Weg zu sehen, ihre vorhandenen Kompetenzen<br />
und Potenziale sichtbar zu machen und das Selbstbewusstsein<br />
und die Autonomie zu stärken. Geeignete<br />
Beispiele knüpfen an Vorhandenes an und binden ihre<br />
Lebenserfahrung und Vorkenntnisse in das Lernangebot<br />
ein. Die didaktische und methodische Gestaltung