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Beide Positionen stehen in Einklang mit einem weit verbreiteten sprachideologischen<br />

Konsens, dass der Erwerb und die Gebrauchsextension des Deutschen auch in Österreich als<br />

zentrale Integrationsbereitschaft zu bewerten ist.<br />

Auch wenn die befragten Experten sprachideologisch mehrheitlich an den hegemonialen<br />

Diskursen über Deutsch als Integrationsvoraussetzung anknüpfen, zeichnen ihre<br />

Beschreibungen über die konkrete Sprachenpraxis auf den Baustellen ein sehr viel<br />

differenzierteres Bild, das theoretisch mit dem Begriff des „Sprachenregimes“ verstehbar<br />

gemacht werden kann. Sprachenregime bezeichnet ein Bündel an impliziten oder expliziten<br />

institutionellen, legislativen Regeln und Maßnahmen, Sprachideologien sowie<br />

habitualisierten Praktiken, die einen spezifischen Raum regeln (vgl. Busch 2009:131f). Der<br />

Begriff erlaubt es, sprachliche Regulationen nicht funktionalistisch vorauszusetzen, sondern<br />

diese als Verdichtungen sozialer (Sprach)Handlungen zu begreifen, die durch asymmetrische<br />

Macht‐ und Herrschaftsverhältnisse geprägt sind. Das Set an Regeln, sprachlichen Ideologien<br />

und Praktiken beschreibt demnach keine unbewegliche, starre Totalität. Ein solches<br />

Verständnis würde letztlich von der Möglichkeit einer vollkommenen Kontrollierbarkeit<br />

sprachlicher Praktiken ausgehen und die bedeutungsvollen dynamischen sprachlichen<br />

Aushandlungsprozesse negieren, die etwa auf der Baustelle existieren. Dass das<br />

Sprachenregime erst durch die individuellen und/oder kollektiven Sprachenpraktiken der<br />

Affirmation, Infragestellung, Umkodierung, Ablehnung und Veränderung konstituiert wird,<br />

zeigt sich sowohl in den Experteninterviews als auch im Gespräch mit einem Arbeiter, der<br />

neben seinen regulären Arbeiten am Bau immer wieder spontane Dolmetschertätigkeiten<br />

übernimmt und damit als multilingualer Kommunikationsvermittler zwischen Polier und<br />

Arbeitern fungiert. Ohne seine Sprachkompetenzen wäre die Kommunikation zwischen dem<br />

Polier und den mehrheitlich nicht‐deutsprachigen Arbeitern auf der Baustelle nicht möglich.<br />

Die Bedeutung einzelner multilingualer Bauarbeiter für den reibungslosen Ablauf des<br />

Arbeitsprozesses beschreibt keine Ausnahme, sondern vielmehr den Regelfall der<br />

Baustellenkommunikation. Zumindest für die Durchführung der Bauarbeiten ist es aus Sicht<br />

der bauunternehmerischen Führungskräfte sowie der Sicherheitsbeauftragten unabdingbar,<br />

auf die mehrsprachige Baustellenrealität über das bloße Einfordern von Deutschkenntnissen<br />

hinaus, zu reagieren. So ist auch die Forderung im Rahmen des SCCs (Safety Certificate<br />

Contractors), eines Zertifizierungsverfahrens für Sicherheitsmanagementsysteme unter<br />

Berücksichtigung relevanter Gesundheits‐ und Umweltschutzaspekte, dass zumindest einE<br />

ArbeiterIn der Arbeitspartie zweisprachig sein muss, um die Kommunikation mit den<br />

Führungs‐ und Sicherheitskräften zu gewährleisten. 19<br />

Die Konkretisierung der Zweisprachigkeit als „einfaches Deutsch und Muttersprache“, wie<br />

sie der befragte Experte vornimmt, enthält einen soziolinguistisch interessanten Aspekt. Sie<br />

19 Das ist eine SCC‐Forderung. Zum Beispiel ganz klar. Es muss zumindest einen von der Arbeitspartie geben,<br />

der beid‐... der zweisprachig ist. Einfaches Deutsch und seine Muttersprache, so dass er den anderen<br />

übersetzen kann (I, 164‐166).<br />

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