Download PDF - Medien Servicestelle Neue ÖsterreicherInnen
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Prozentanteil der ausländischen Arbeiter an der stark fluktuierenden Gesamtgruppe aller<br />
Arbeiter nicht rekonstruierbar war. Dennoch gewähren auch die lückenhaften Personal‐ und<br />
Unfalldaten der Großbaustelle Hauptbahnhof Wien Einblicke in die hohe Anzahl der<br />
Herkunftsländer der Arbeitenden und die daraus resultierende Vielfalt möglicher Mutter‐<br />
und Erstsprachen, die nicht nur die erwarteten slawischen, romanischen, finno‐ugrischen<br />
und germanische Idiome umfassen, sondern sich sogar auch auf Sprachen des afrikanischen<br />
Kontinents erstrecken könnten. So verweisen in der Personal‐Gesamtliste von 1924<br />
Arbeitenden der Jahre 2010‐11 von den 811 ausgewiesenen Staatsbürgerschaften exakt 539<br />
auf einen anderen Staat als Österreich, dem nur noch eine Minderheit von 272 Arbeitenden<br />
zugewiesen wird (vgl. die deskriptiven Statistiken im Anhang dieses Endberichts). Neben der<br />
Republik Österreich werden weitere 23 Staaten angegeben. Die Hauptkontingente der<br />
ausländischen Arbeiter stammten von Staaten wie Bosnien, Mazedonien, Türkei, Serbien,<br />
Kosovo und Ungarn, wurden jedoch etwa auch durch Staatsbürger Finnlands, Tunesiens oder<br />
Angolas ergänzt. Kurios bleibt wohl die Weiterführung des nicht mehr existierenden Staates<br />
Jugoslawien in der entsprechenden Rubrik, dem in der Datei immerhin noch 14 Personen<br />
zugeteilt werden. Auf eventuelle Kommunikationsschwierigkeiten bei der<br />
Personaldatenaufnahme, die bereits den sprachlichen und kulturellen Differenzen der<br />
Kommunikationspartner zuzuschreiben sein könnten, verweist auch manche Unsicherheit<br />
der Zuweisung von Familien‐ und Vornamen, die in unterschiedlichen Dateien auch bei<br />
Referenz auf die gleiche Person gelegentlich verwechselt werden (Familien‐ als Vorname,<br />
Vor‐ als Familienname). Hiervon scheinen insbesondere türkische Namen betroffen zu sein.<br />
Aufgrund der ausgewiesenen Mehrsprachigkeitsverhältnisse der in der Datei aufscheinenden<br />
Staaten ist letztlich von einer weit über der Anzahl der Staaten liegenden Anzahl möglicher<br />
Mutter‐ und Erstsprachen auszugehen, die vielfach als Ausgangssprachen für den Erwerb<br />
und Ausbau der auf der Baustelle benötigten deutschen Sprache Geltung erlangen. Die<br />
Hauptgruppen der 277 Personen umfassenden Leiharbeiterliste werden in dieser Datei zu<br />
25,6 % von Serben, zu 12,6 % von Bosniern und zu 10,1 % von Kosovaren konstituiert. Die<br />
Unfallstatistik der Großbaustelle Hauptbahnhof Wien weist nun für die Zeit von März 2010<br />
bis Dezember 2011 insgesamt 79 meldepflichtige Arbeitsunfälle aus. Davon entfielen auf die<br />
genannte Leiharbeitergruppe mit einem Ausländeranteil von über 65 % ist in dieser<br />
Unfallstatistik exakt 18 Unfälle und damit ein Anteil von 22,8 % an der Gesamtzahl der sich<br />
ereigneten Unfälle. Diesem steht jedoch ein deutlich niedrigerer Personalgruppenanteil von<br />
14,6 % in der Datei des Gesamtpersonals gegenüber. Auf eine generelle<br />
Überrepräsentiertheit dieser Gruppe in der Unfallstatistik der Baustelle konnte jedoch<br />
aufgrund der bereits genannten Lückenhaftigkeit der Dateien dennoch nicht geschlossen<br />
werden.<br />
Das Projektteam sah sich daher auch nach Sichtung dieser Baustellendaten mit der Aufgabe<br />
konfrontiert, das vorliegende statistische Material mit Hilfe erfahrungsbasierter<br />
Einschätzungen des Baustellenpersonals relativieren und reinterpretieren zu müssen. Da<br />
jedoch mangels einer entsprechenden statistischen Sprachenerfassung weder das generelle<br />
Sprachenprofil auf Wiener Baustellen oder auch nur einer einzigen besichtigten Baustelle<br />
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