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Titel Band 1 - OPUS

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Dieses Buch zu schreiben hat nicht nur Arbeit<br />

verursacht, sondern auch viele Entdeckerfreuden<br />

bereitet. Und doch lag in der Schreibsituation<br />

immer etwas Beunruhigendes; denn es gibt im<br />

Lande Hunderte, vielleicht Tausende von Leuten,<br />

die dieses Buch besser schreiben könnten. Es<br />

handelt von einer ungeheuerlichen Idee, die ich<br />

nicht ERfunden, sondern GEfunden habe, also von<br />

einer Entdeckung, die der Literatur, Kunst, Musik<br />

und Architektur, wahrscheinlich sogar fast allen<br />

Feldern des Wissens, einschließlich der Philosophie<br />

der letzten vier Jahrtausende, zugrundeliegt.<br />

Die Entstehung dieser Weltanschauung reicht als<br />

allgemeines Kulturgut zurück bis in prähistorische<br />

Zeiten und wurde in geschichtlicher Zeit von<br />

Eingeweihten, anfangs wohl Priestern, zum Geheimwissen<br />

gemacht, immer mehr ausgestaltet<br />

und systematisiert. Es handelt sich um einen Zusammenhang<br />

von Sprache und Sexualität, der<br />

sich in allen Gebieten spiegelt, auf denen sich<br />

menschlicher Geist in Kulturgütern objektiviert,<br />

am auffälligsten in der Kunst und Literatur aller<br />

Zeiten, jedenfalls soweit solche Artefakte von<br />

Eingeweihten produziert wurden.<br />

Die Theorie ist der Schlüssel zur Mythologie<br />

aller Völker und — ich fürchte — auch zu ihren<br />

Religionen. Da sie stilisiert und beinah bis zur<br />

Unkenntlichkeit abstrahiert vom Geschlechtsleben<br />

der Menschen handelt, möchte ich dieser<br />

Literaturströmung den Namen „Impurismus“<br />

geben, in dem der alte Gegensatz zwischen littérature<br />

pure und littérature engagée aufgehoben<br />

wird und zugunsten einer littérature impure in so<br />

hohem Grade verschlüsselt ist, daß bisher niemand<br />

ihre Regeln und Gesetze aufgedeckt hat,<br />

vielleicht Aristoteles im zweiten <strong>Band</strong> seiner<br />

Poetik, falls es den jemals gegeben hat. Es ist das<br />

geheimnisvolle Buch, das beim Brand des Klosters<br />

in Umberto Ecos Roman Der Name der<br />

Rose am Ende verbrennt. Da im Laufe der Jahrhunderte<br />

so viele Autoren (um bei der Literatur<br />

zu bleiben) mit dem Wissen um den Geheimcode<br />

geschrieben haben, muß es auch Tausende Menschen<br />

geben, die diese säkularisierten Priesterweisheiten<br />

lesen und verstehen, also in einem<br />

außerordentlich anregenden geistigen Prozeß<br />

durchschauen und genießen — mit interesselosem<br />

Wohlgefallen.<br />

Vorwort<br />

Die alten Ideen müssen als Geheimlehre (es ist<br />

immer dieselbe!) durch die Jahrtausende von<br />

Wissenden bewahrt und tradiert worden sein, z.B.<br />

von ägyptischen Priestern, den Orphikern, Rosenkreuzern,<br />

Templern, Alchimisten, Astrologen,<br />

bis hin zu den Freimaurern in unserer Zeit. Die<br />

Lehre, die sie bewahren, war einstmals Wissenschaft,<br />

wird heute aber Esoterik genannt, womit<br />

man eigentlich nur ausdrücken will, daß man die<br />

Gedanken dieser geschlossenen Gesellschaften<br />

für unwissenschaftlich hält. Das trifft zu auf den<br />

seltsamen Hokuspokus, der um ihre unbekannte<br />

Mitte herum blüht oder absichtlich veranstaltet<br />

wird. Man denke an die Kabbala der Juden, die<br />

Wahrsager mit den Tarot-Karten und die Zeremonien<br />

der Freimaurer. Es ist auch mir ein fast<br />

unglaubliches Phänomen, daß durch all die Jahrhunderte<br />

hindurch ein so wichtiges Geheimnis<br />

nicht ans Licht gekommen sein soll, erst recht in<br />

unserer Zeit, in der alles und jedes ans Licht der<br />

Öffentlichkeit gezerrt wird (pardon, ich bin im<br />

Begriff, eben dies zu tun). Die Strafen scheinen<br />

drakonisch gewesen zu sein: „Diese Mysterien<br />

prägten das griechische Leben über mehr als<br />

1500 Jahre, und viele der bedeutendsten Griechen<br />

waren Eingeweihte. Die Mysterien waren so geheim,<br />

daß Eingeweihte, wenn sie ihr Wesen andeuteten,<br />

dafür getötet wurden.“ Eben das meinte<br />

ich, als ich sagte, Tausende müßten in der Lage<br />

sein, dieses Buch besser zu schreiben als ich, aber<br />

sie haben es bisher nicht getan. Nun bin ich sicherlich<br />

kein Eingeweihter, sondern nur ein Entdecker<br />

mit germanistischem und anglistischem<br />

Studium und etwas Einsicht in die Sprachwissenschaft,<br />

soviel eben dazugehört. Die Freizeit von<br />

fünfzehn Jahren und zum Schluß einige ganze<br />

Jahre meines Pensionärsdaseins habe ich in die<br />

Erforschung dieses Phänomens gesteckt und einiges<br />

herausgefunden. Ich hoffe, daß es so viel ist,<br />

daß die Spezialisten, insbesondere die der<br />

Sprach- und Literaturwissenschaft, von der Richtigkeit<br />

der Theorie überzeugt werden und sich<br />

nun ihrerseits an die Arbeit machen. Ich hoffe<br />

auch, daß die Eingeweihten, wenn nun ihre Theorie<br />

unwiderruflich aufgedeckt ist, nicht das ultimative<br />

Lösungsbuch in die Welt stellen (was sie<br />

dann vielleicht tun dürfen), denn es gibt noch<br />

vieles zu entdecken und zu erforschen. Sie mögen<br />

9

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