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Branchen und Märkte<br />
Ungarn, sondern auch in <strong>Deutsch</strong>land oder anderen Ländern.<br />
Was fehlt, ist meist die Fähigkeit zu eigenen technologischen<br />
Entwicklungsleistungen.<br />
Woran liegt das?<br />
Man darf nicht vergessen: ein mittelständisches Unternehmen in<br />
<strong>Deutsch</strong>land besteht oft schon seit 200 Jahren, ein ungarisches<br />
höchstens 20 Jahre. Das w<strong>ide</strong>rspiegelt sich auch in noch bestehenden<br />
Mängeln der Firmenkultur, z.B. im Mangel an langfristigem,<br />
strategischem Denken, und deshalb wird die technologische<br />
Kompetenz oft vernachlässigt.<br />
Wie kann man eine solche strategische Unternehmenskultur<br />
fördern?<br />
Wir bei Knorr verlangen z.B. von unseren kleineren Zulieferern,<br />
sich an den Universitäten oder Hochschulen nach Ingenieur-Studenten<br />
umzusehen, die sie dann später garantiert einstellen, um<br />
die eigene technologische Kompetenz zu stärken. Wenn die KMU<br />
selbst zu bestimmten Entwicklungsleistungen in der Lage sind,<br />
sichert dies nämlich nicht nur höhere Umsätze, sondern reduziert<br />
auch ihre Abhängigkeit von der Technologie der Abnehmer.<br />
Nach wie vor hört man viel Kritik zur akademischen Ausbildung in<br />
Ungarn. Teilen Sie diese Kritik?<br />
Früher bemängelten die Investoren, dass die ungarischen Ingenieure<br />
keine Fremdsprachen beherrschen, nicht wissen, was quality<br />
assurance bedeutet, und nichts vom Projektmanagement verstehen,<br />
obwohl sie ansonsten über ein hervorragendes Fachwissen<br />
verfügten. Mit der nicht durchdachten vollständigen Umstel-<br />
lung auf das Bologna-System sind wir le<strong>ide</strong>r über das Ziel hinausgeschossen.<br />
[átestünk a ló túlsó oldalára]. Die Hochschulen<br />
haben begonnen, alle möglichen exotischen Studiengänge aufzulegen,<br />
z.B. „integrierte Produktmanager“ oder „Informatikingenieur-Manager“.<br />
Die Industrie braucht das nicht – das könne<br />
Sie ruhig aufschreiben. Wir brauchen Maschinenbauingenieure,<br />
Chemie-Ingenieure, Elektroingenieure.<br />
Wie wird sich die aktuelle Wirtschaftskrise auf die ungarische<br />
und die weltweite Fahrzeugindustrie auswirken?<br />
Zum einen werden wir eine strukturelle Neuausrichtung der<br />
Industrie erleben. In den vergangenen Jahrzehnten entstandene<br />
Überkapazitäten müssen abgebaut werden, und der Paradigmenwechsel<br />
hinsichtlich Umweltverträglichkeit oder Energieverbrauch<br />
wird auch an die Technik neue Anforderungen stellen. Unter den<br />
Marktteilnehmern wird es zudem zu einer Konsolidierung kommen,<br />
die ja schon begonnen hat.<br />
Wird der notwendige globale Kapazitätsabbau Ungarn oder anderen<br />
Ländern Mittel- und Osteuropas der Region eher zum Vorteil<br />
gereichen, weil westeuropäische Standorte möglicherweise<br />
eher aufgegeben werden?<br />
Das sehe ich nicht, schließlich spielen in einem so wichtigen Industriezweig<br />
auch innenpolitische Faktoren eine Rolle, und außerdem<br />
genießen z.B. deutsche Standorte in den Mutterhäusern wohl immer<br />
noch größeres Vertrauen hinsichtlich Zuverlässigkeit und Stabilität.<br />
Wie haben Sie bei Knorr auf die Krise reagiert?<br />
Für uns war vor allem wichtig, das Wissen und Know-how<br />
unserer Mitarbeiter nicht zu verlieren – schließlich beschäftigen<br />
wir in Ungarn insgesamt über 300 Entwicklungsingenieure. Bisher<br />
haben wir das auch geschafft. Für Knorr Bremse ist vor allem<br />
der dramatische Nachfragerückgang bei Nutzfahrzeugen von<br />
Bedeutung: der LKW-Absatz ist um 50% oder mehr eingebrochen,<br />
und das spüren wir natürlich deutlich. Wir haben vor allem<br />
über Kurzarbeit, die Reduzierung von Leiharbeit und sozialverträglichen<br />
Personalabbau, also z.B. Frühpensionierung versucht,<br />
uns der neuen Situation anzupassen.<br />
Kecskemét bereitet sich auf Daimler vor<br />
Global Player bringt<br />
lokalen Aufschwung<br />
Eine Großinvestition wie die von Mercedes in Kecskemét ist auch für<br />
eine Stadtverwaltung eine große Herausforderung. Im Bürgermeisteramt<br />
wurde eigens für die Betreuung des Daimler-Projekts eine Sonderabteilung<br />
geschaffen. Wir sprachen mit der Leiterin der Abteilung, Vizebürgermeisterin<br />
Klaudia Pataki Szemereyné.<br />
Vor einem Jahr gab die Daimler AG bekannt,<br />
dass sie eine neue Produktionsstätte in<br />
Kecskemét errichten wird. Was hat sich<br />
seitdem im Leben der Stadt verändert?<br />
In dem mehr als einen Jahr, das seit der<br />
Mitteilung der Daimler AG verging, gab<br />
und gibt es in Kecskemét zahlreiche Veränderungen.<br />
Mit der Ansiedlung des Werks<br />
sind Investitionen in den Bereichen Infrastruktur<br />
und Gesundheitswesen auf den<br />
Weg gebracht worden, außerdem werden<br />
das Schul- und Kindergartennetz erweitert<br />
und ein neuer Wellness- und Schwimmbadkomplex<br />
gebaut. Darüber hinaus ist<br />
zu erwarten, dass auch die Zahl der Unternehmen<br />
von Jahr zu Jahr steigen wird, die<br />
sich in Kecskemét niederlassen. Die in der<br />
Stadt laufenden Entwicklungsvorhaben<br />
wurden beschleunigt. Seitens der Medien<br />
erfahren wir gesteigerte Aufmerksamkeit<br />
und auch auf dem Immobilienmarkt<br />
generierte die Investition eine verstärkte<br />
Nachfrage. Kecskemét ist in die Liste der<br />
registrierten, wettbewerbsfähigen Städte<br />
der Welt aufgenommen worden.<br />
Welche Verpflichtungen musste Kecskemét<br />
übernehmen, um diese Investition zu<br />
erhalten?<br />
Die gekaufte, 441 ha große Immobilie<br />
musste die Stadt innerhalb eines halben<br />
Jahres in ein für industrielle Produktion<br />
geeignetes Baugrundstück umgestalten<br />
und auch die damit verbundene Straße<br />
musste verstärkt und so verbreitert werden,<br />
dass sie für ein Verkehrsaufkommen<br />
von ca. 200 LKW pro Tag ausgelegt ist.<br />
Außer der Sicherung der Kindergarten-<br />
Betreuung und einer deutschen Schule<br />
war auch die reibungslose Abwicklung der<br />
Investition ein wichtiger Gesichtspunkt.<br />
Daimler benötigt einen beträchtlichen<br />
Zulieferer-Background. Haben sich schon<br />
ausländische Investoren gemeldet, die<br />
auf die Daimler-Investition bauen?<br />
Seitdem das Mercedes-Projekt aktuell ist,<br />
herrscht seitens ausländischer Investoren<br />
gesteigertes Interesse an den Gewerbeflächen<br />
von Kecskemét. Die Investoren suchen<br />
außer Flächen für Industrieansiedlungen<br />
jedoch auch Gelände, das für den Bau von<br />
Hotels und mit Logistik und Betreibung<br />
verbundenen Dienstleistungseinrichtungen<br />
geeignet ist und sie interessieren sich in erster<br />
Linie für größere Flächen.<br />
Wie werden die lokalen Unternehmer auf<br />
die hohen Anforderungen von Daimler an<br />
seine Zulieferer vorbereitet?<br />
Nicht nur die ortsansässigen, sondern<br />
auch die landesweit aktiven Unternehmen<br />
konnten sich auf den für sie veranstalteten<br />
Zuliefererforen mit den hohen Anforderungen<br />
vertraut machen, das Daimler an<br />
seine Zulieferer stellt. Wer an diesen Veranstaltungen<br />
teilnahm, konnte sich ein umfassendes<br />
Bild davon machen, welche Erwartungen<br />
dieses weltweit operierende Unternehmen<br />
hat und welche Qualitätsanforderungen<br />
es stellt. Außer diesen Foren will<br />
die Stadt Kecskemét auch mit der Einrichtung<br />
des Kreativ-Innovationszentrums zur<br />
Vorbereitung der kleinen und mittelständischen<br />
Unternehmen beitragen. Zu den<br />
Aufgaben dieses Zentrums gehören unter<br />
anderen Dienstleistungstätigkeit im Bereich<br />
Produktionsoptimierung bzw. als Zielsetzung<br />
die Schaffung eines Kompetenzzentrums<br />
für die Autoindustrie.<br />
Das fertige Werk wird ca. 2500 Menschen<br />
einen Arbeitsplatz bieten. Wird es so viele<br />
Branchen und Märkte<br />
ausgebildete Arbeitskräfte in der Umgebung<br />
geben bzw. wie bereiten Sie sich auf die<br />
Befriedigung des Arbeitskräftebedarfs vor?<br />
In Kecskemét wird es voraussichtlich keinen<br />
gravierenden Mangel an ausgebildeten<br />
Arbeitskräften geben. In die schon vorab<br />
erwähnten Pläne wurde auch die Entwicklung<br />
des Bildungssystems der Stadt aufgenommen,<br />
z.B. werden in den Fachmittelschulen<br />
neue Ausbildungsberufe eingeführt,<br />
aber dank der Investitionen besteht auch an<br />
den Technik- und Wirtschaftsfachrichtungen<br />
der Kecskeméter Hochschule erhebliches<br />
Interesse. Ein wichtiger Faktor ist auch, dass<br />
in der Kleinregion (im Umkreis von 40 – 50<br />
km) die Arbeitslosigkeit hoch ist, die sich<br />
aus dem Arbeitsplatzabbau im Zusammenhang<br />
mit der Wirtschaftskrise ergibt, die<br />
Beschäftigung der arbeitslos gewordenen<br />
Menschen kann dann auch zu der Deckung<br />
des Arbeitskräftebedarfs beitragen.<br />
Das Werk soll einmal 2500 Menschen<br />
beschäftigen. Wie sichern Sie, dass dann<br />
genügend gut ausgebildete Arbeitskräfte in<br />
der Umgebung zur Verfügung stehen werden?<br />
Man muss die entsprechenden städtischen<br />
Dienstleistungen bieten und Ansatzpunkte<br />
finden, die Investitionen verschiedener Art<br />
anziehen. Man muss eine Datenbank erstellen,<br />
die Interessenten mit aktuellen Informationen<br />
versorgt. Wichtig sind außerdem<br />
auch: bewusste Flächennutzung vom<br />
städtebaulichen Aspekt her, das Gestalten<br />
eines leicht und gut überschaubaren, harmonischen<br />
Stadtbildes, wo alle Akteure der<br />
Wirtschaft die entsprechende Fläche für<br />
die Investition finden. Gleichzeitig kann<br />
auch die Beschäftigung von erfahrenen und<br />
über gute Fremdsprachenkenntnisse verfügenden<br />
Mitarbeitern in hohem Maße zum<br />
Erfolg beitragen. Im Bürgermeisteramt der<br />
Komitatsstadt Kecskemét wurde eine separate<br />
Abteilung gebildet, eine ihrer Hauptaufgaben<br />
besteht darin, den Investitionsablauf<br />
kontinuierlich zu verfolgen bzw. hierher<br />
kommende deutsche Fachleute bei amtlichen<br />
Angelegenheiten zu unterstützen.<br />
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