2. KONZERT im Kanzlerbungalow - Beethoven Orchester Bonn
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Kreisler war ein talentierter Bearbeiter von Melodien und<br />
bewies dabei die Schlitzohrigkeit, so manches Werk in Barock-<br />
nachahmung als Archivfund auszugeben – und dann ein neut-<br />
rales Gesicht zu machen, wenn Kritiker oder mehr oder weniger<br />
selbst ernannte Experten an den jeweiligen Kompositionen typi-<br />
sche und „unnachahmliche“ Merkmale des Barockstils konsta-<br />
tierten.<br />
Kreislers Bearbeitungsfreude verdanken wir auch eine besonde-<br />
re Version des 5. Stückes aus den 12 spanischen Tänzen von<br />
Enrique Granados, das sich mit Klarinette statt Solovioline auch<br />
gut ausn<strong>im</strong>mt. In den 1890er Jahren entstanden, setzte damit<br />
der spanische Komponist Enrique Granados seinem He<strong>im</strong>at-<br />
land ein populäres klingendes Denkmal. Bei der orientalisch<br />
gefärbten Melodie des „Andaluza“ über einer Art Gitarrenak-<br />
kordnachahmung <strong>im</strong> Klavier mit effektvoller Moll-Dur-<br />
Aufhellung in der Schlusswendung handelt es sich um eine Mala-<br />
gueña, wie sie auch in den Zarzuelas – der spanischen Variante<br />
der volkstümlichen Singspiele – vorkommt. Im Vergleich mit<br />
dem Original für Klaviersolo betont die Version mit herausge-<br />
löster Solost<strong>im</strong>me den kantablen Charakter.<br />
In seinen Originalkompositionen verband Fritz Kreisler auch<br />
gerne die Salonmusik der Spätromantik mit typischen Unterhal-<br />
tungsidiomen seiner Zeit. So etwa in seinem Stück „Syncopati-<br />
on“: In den Eckteilen st<strong>im</strong>mt der Solopart so etwas wie ein char-<br />
mantes Couplet der Strauss-Zeit an, bis dann <strong>im</strong> zweiten Teil –<br />
ganz <strong>im</strong> Sinne des Titels – ein foxtrottartig verschobenes<br />
Schlendern beginnt. Hier sind Komponist und Publikum in den<br />
goldenen Zwanzigern angekommen, in deren Mitte das Stück<br />
auch entstanden ist.<br />
Oliver Buslau