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UMWELTPOLITIK - Eltis

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<strong>UMWELTPOLITIK</strong><br />

Betriebswirtschaftliche und umweltseitige Analyse<br />

der Leistungsmehrkosten und der Umwelteffekte<br />

anspruchsvoller Umweltstandards


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

WIBERA WIRTSCHAFTSBERATUNG AKTIENGESELLSCHAFT<br />

WIRTSCHAFTSPRÜFUNGSGESELLSCHAFT<br />

BMU-Demonstrationsvorhaben<br />

„Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Teilprojekt<br />

"Betriebswirtschaftliche und umweltseitige Analyse der Leistungsmehrkosten<br />

und der Umwelteffekte anspruchsvoller Umweltstandards"<br />

Bericht<br />

(Auszug)<br />

Düsseldorf, November 2004


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Inhalt<br />

A. Auftrag und Auftragsdurchführung 1<br />

B. Problemstellung 2<br />

C. Vorgehensweise 3<br />

D. Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens 4<br />

I. Einleitung 4<br />

II. Handlungsrahmen 2004 - 2015 4<br />

1 Ökologische Maßnahmen – Standards 5<br />

a) Partikel (Feinstaub PM10) 6<br />

b) Stickoxide (NOx) 7<br />

c) Lärm 8<br />

d) Kraftstoff-Strategie 9<br />

2 Fiskalische Maßnahmen 10<br />

a) Kürzung von Finanzmitteln 10<br />

b) Grundlegende Finanzreform im ÖPNV 11<br />

3 Wettbewerbspolitische Entwicklungen 13<br />

a) Wettbewerb um die Verkehrsdienstleistungen 13<br />

b) Der kommunale Querverbund – ein Auslaufmodell? 15<br />

4 Zusammenfassender Überblick 15<br />

III. Einsparungen durch anspruchsvolle Umweltstandards 15<br />

E. Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens unter dem Aspekt der Leistungsmehrkosten<br />

anspruchsvoller Umweltstandards (Stand: 01. Januar 2004) 18<br />

I. Europarecht 18<br />

1 Richtlinie 2003/96/EG 18<br />

2 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuer (77/388/EWG) 18<br />

II. Nationales Recht 19<br />

1 MinöStG 19<br />

a) Regelsteuersätze (ab 01.01.2003) 19<br />

b) Steuerermäßigungen § 3 Abs. 1 MinöStG 19<br />

c) Erlass, Erstattung, Vergütung der Mineralölsteuer (§ 25 Abs. 1 Nr. 4a MinöStG) 20<br />

2 Stromsteuer 21<br />

3 KfZ-Steuer 22<br />

4 Umsatzsteuer 22<br />

5 Grundsteuer 22<br />

III. Zusammenfassung 22<br />

F. Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse für den Kostenvergleich „Referenzfall –<br />

anspruchsvoller Umweltstandard" bei den untersuchten Praxisfällen BVG und SVF 26<br />

I. Definition des Referenzfalls 26<br />

II. Grundsätzliche Vergleichsfelder Euro 3 – EEV 26<br />

III. Betrachtungsebenen 29<br />

IV. Ausgestaltung des betriebswirtschaftlichen Kostenvergleichs 31<br />

V. Exkurs: Systemunabhängigkeit der Fahrzeugrestwerte 33<br />

VI. Exkurs: Verwertungsrisiken von Fahrzeugen unterhalb der EEV-Norm nach 2010 35<br />

VII. Exkurs: Betriebsrisiken von Fahrzeugen unterhalb der EEV-Norm nach 2010 37<br />

VIII. Exkurs: Risiken aus der Veränderung der Mineralölbesteuerung 37


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Inhalt<br />

G. Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AöR (BVG) 40<br />

I. Beschreibung des Praxisfalls BVG 40<br />

II. Leistungsmehrkosten der EEV-Dieselbusse im Vergleich zu den<br />

Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit CRT) 41<br />

III. Bestimmung der Leistungsmehrkosten der EEV-Dieselbusse im Vergleich<br />

zu den Referenzfahrzeugen 43<br />

1 Kapitalkosten 43<br />

2 Kraftstoffkosten 44<br />

3 Betankungskosten 45<br />

4 Betriebskosten 46<br />

5 Instandhaltungskosten 46<br />

6 Wagniskosten 48<br />

IV. Flottenbetrachtung 49<br />

H. Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadtverkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) mbH (SVF) 50<br />

I. Beschreibung des Praxisfalls SVF 50<br />

II. Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzfahrzeugen<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT) 51<br />

III. Bestimmung der Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse im Vergleich<br />

zu den Referenzfahrzeugen 53<br />

1 Kapitalkosten 53<br />

2 Kraftstoffkosten 55<br />

3 Betankungskosten 58<br />

4 Betriebskosten 58<br />

5 Instandhaltungskosten 59<br />

6 Wagniskosten 62<br />

a) Verwertungs- und Betriebsrisiken für Busse unterhalb EEV (ab 2010) 62<br />

b) Risiko aus der Anhebung der Mineralölsteuer für Diesel 63<br />

IV. Flottenbetrachtung 63<br />

I. Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse 64<br />

I. Modell zur Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse auf andere Einsatzfälle 64<br />

II. Leistungskostenunterschiede zwischen (Diesel, Euro 3 mit CRT) und EEV-Bussen<br />

(Diesel, Erdgas) für das Gesamtspektrum der Einsatzfälle 66<br />

J. Gesamtfazit der betriebswirtschaftlichen Analyse 70<br />

I. Ist die Beschaffung von Bussen mit EEV-Standard gegenüber der Beschaffung<br />

von Bussen mit dem gesetzlichen Mindeststandard sinnvoll? 70<br />

II. Welche Kostenunterschiede gibt es zwischen den EEV-Erdgas- und dem EEV-Dieselbus? 71<br />

Aus rechentechnischen Gründen können in den Tabellen<br />

Rundungsdifferenzen in Höhe von ± einer Einheit (e, % usw.) auftreten.


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Auftrag und Auftragsdurchführung<br />

A. AUFTRAG UND AUFTRAGSDURCHFÜHRUNG<br />

Die WIBERA Wirtschaftsberatung Aktiengesellschaft (WIBERA) wurde mit der Durchführung des Teilprojekts<br />

„Betriebswirtschaftliche und umweltseitige Analyse der Leistungsmehrkosten und der Umwelteffekte<br />

anspruchsvoller Umweltstandards" im Rahmen des Gesamtprojekts "Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-<br />

Wettbewerb" beauftragt.<br />

Der Arbeitplan umfasste insbesondere:<br />

■ die Erhebung des umweltseitigen Ordnungsrahmens,<br />

■ die konkrete Erhebung betriebswirtschaftlicher Daten und deren Auswertung sowie die Beurteilung der<br />

Verallgemeinerungsfähigkeit,<br />

■ die Bewertung der Umwelteffekte im Kontext der betriebswirtschaftlichen Analyse und<br />

■ die Erstellung der Abschlussdokumentation und -präsentation.<br />

Die Untersuchung wurde an zwei Praxisfällen bei der Umsetzung anspruchsvoller Umweltstandards durchgeführt:<br />

■ Stadtverkehrsgesellschaft mbH Frankfurt (Oder) (SVF); Einsatz von 22 Erdgasbussen,<br />

■ Berliner Verkehrsbetriebe AöR (BVG); Einsatz von 25 Dieselbussen.<br />

Gegenstand der Untersuchung war es festzustellen, inwiefern der Einsatz dieser Omnibusse zu Leistungsmehrkosten<br />

im Vergleich zu dem Einsatz von Omnibussen nach dem im Jahr 2003 geltenden Umweltstandard und<br />

der entsprechenden technischen Umsetzung (Referenzfall) führt.<br />

Zur Bearbeitung der umweltseitigen Problemstellungen wurde von WIBERA vereinbarungsgemäß der Fachbereich<br />

Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik der Technischen Universität Berlin in das Vorhaben einbezogen.<br />

Von WIBERA wurde die betriebswirtschaftliche Analyse durchgeführt. Vorgehensweise, Prämissen sowie die praxisfallbezogenen<br />

und verallgemeinerten Ergebnisse sind in den Abschnitten C. und F. (Vorgehensweise), E. (Fiskalischer<br />

Ordnungsrahmen), G. und H. (Praxisfalluntersuchungen) sowie I. und J. (Verallgemeinerung und<br />

Gesamtfazit) der Untersu chungsergebnisse dargestellt. Das Vorhaben wurde im Zeitraum 2003 bis November<br />

2004 durchgeführt.<br />

1


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Problemstellung<br />

B. PROBLEMSTELLUNG<br />

Der europäische Ordnungsrahmen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) hat sich in jüngster Vergangenheit<br />

maßgeblich verändert bzw. zeichnet solche Veränderungen für die nächsten Jahre vor und zwar in der<br />

Weise, dass Zuschüsse für die Leistungserstellung entweder im Wettbewerb zu minimieren oder (noch) im Rahmen<br />

einer "marktorientierten Direktvergabe" durch Einhaltung eines objektiven Kostenmaßstabs für die Allgemeinheit<br />

gering zu halten sind. Dazu treffen insbesondere das EuGH-Urteil vom 24. Juni 2003 in der Rechtssache<br />

Altmark Trans (Rs C-280/00 Altmark Trans, Rn. 93) sowie der Vorschlag der Europäischen Kommission für<br />

einen Rechtsrahmen für den Personenverkehr (KOM[2002] 107) vom 21. Februar 2002, dem das Modell eines kontrollierten<br />

bzw. regulierten Wettbewerbs um den Markt für Personenverkehrsleistungen zu Grunde liegt, entsprechende<br />

Maßgaben.<br />

Der Ausschreibungswettbewerb wird danach weitgehend ein Wettbewerb mit starker Preiskomponente und<br />

von Aufgabenträgern vorgegebenen Qualitätskriterien sein.<br />

Dementsprechend kristallisierten sich im Rahmen der Untersuchung der Praxisfälle folgende Kernfragen<br />

heraus:<br />

■ Welche Leistungsmehrkosten werden durch die Einhaltung anspruchsvoller Umweltstandards im ÖPNV im<br />

Vergleich zu den gesetzlichen Mindeststandards verursacht?<br />

■ In welchem Maße sind die Leistungsmehrkosten hoher Umweltstandards vor dem Hintergrund sich in den<br />

nächsten Jahren abzeichnender Verschärfungen des umweltseitigen Ordnungsrahmens zu relativieren bzw.<br />

welche Wagnisse geht ein Unternehmen mit Fahrzeugen ein, die lediglich gesetzliche Mindestanforderungen<br />

erfüllen?<br />

■ Welches Antriebssystem – hier Diesel oder Erdgas entsprechend der Förderung von Bussen bei SVF und<br />

BVG – ist wirtschaftlicher in Bezug auf die Erreichung der anspruchsvollen Umweltstandards?<br />

Nach Zuwendungsbescheid der DtA von August bzw. September 2002 an SVF bzw. BVG zur Förderung von<br />

Omnibussen, ist der von den Omnibussen zu erfüllende "anspruchsvolle Umweltstandard" erreicht, wenn<br />

■ der Abgasstandard Enhanced Environmentally Friendly Vehicle (EEV) und sonstige Bestimmungen gemäß<br />

EU-Richtlinie 1999/96/EG sowie<br />

■ die Fahrgeräuschobergrenze von 77 dB(A), ermittelt nach EU-Richtlinie 92/97/EWG,<br />

eingehalten werden.<br />

Als Grundlage für die Ermittlung und Bewertung der Leistungsmehrkosten von Omnibussen, die den<br />

"anspruchsvollen Umweltstandard" erfüllen, wurde ein "Referenzfall" definiert. Als Referenzfahrzeuge zu den<br />

Omnibussen, die den anspruchsvollen Umweltstandard erfüllen, wurden Dieselbusse, die die Euro 3-Norm erfüllen<br />

und mit CRT-Filter (Continuously Regenerating Trap) ausgestattet sind, gewählt. Für prognostische Betrachtungen<br />

im Rahmen der Untersuchung wurde unterstellt, dass die Euro 4-Norm noch mit der Technik des Referenzfalls<br />

(d.h. ohne Zusatzkosten) erreicht werden kann.<br />

Ein Kostenvergleich der Referenzfahrzeuge mit denen, die anspruchsvolle Umweltstandards erfüllen, würde<br />

zur Beantwortung der dargestellten Projektkernfragen nur beschränkt geeignet sein, da der umweltseitige Ordnungsrahmen<br />

bis 2009, z.B. hinsichtlich der Abgasnormen, zu erheblichen Verschärfungen der technischen<br />

Anforderungen an die Omnibusse führen wird. Infolgedessen wird nur noch für eine beschränkte Zeit die<br />

Beschaffung von Omnibussen mit heutigem Umweltstandard möglich sein. Schließlich sind die Rückwirkungen<br />

der ordnungsrechtlichen Entwicklung auf die Erlöse für gebrauchte Busse zu berücksichtigen.<br />

2


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Problemstellung / Vorgehensweise<br />

Hieraus folgt, dass der Kostenvergleich zwischen dem Referenzfahrzeug und dem Fahrzeug, das den höheren<br />

Umweltstandard erfüllt, nur als "statischer" Teilaspekt der Betrachtung der Leistungsmehrkosten anzusehen ist.<br />

In Anbetracht der Veränderungen des umweltseitigen Ordnungsrahmens in den nächsten Jahren ist die Dynamik<br />

dieser Entwicklung, etwa dass bei einer kontinuierlichen Fahrzeugerneuerung ab etwa 2009 ohnehin nur<br />

noch Neufahrzeuge mit anspruchsvollem Umweltstandard beschafft werden dürfen, in sachgerechter Weise mit<br />

einzubeziehen. Bis dahin ist bei den Unternehmen in der Regel ohnehin nur noch für einen Teil der Busflotte<br />

bei Ersatzbeschaffung die Abwägung zwischen dem derzeitigen und dem anspruchsvollen Umweltstandard vorzunehmen.<br />

C. VORGEHENSWEISE<br />

Die Ermittlung der Leistungsmehrkosten „anspruchsvoller Umweltstandards“ sowie der Kostenunterschiede<br />

zwischen den Systemen Diesel und Erdgas wurde in den nachfolgend dargestellten Schritten durchgeführt:<br />

■ Schritt 1: Analyse des umweltseitigen und fiskalischen Ordnungsrahmens im Hinblick auf direkte und<br />

indirekte Wirkungen auf die Leistungserstellungskosten<br />

Insbesondere ist hier herauszuarbeiten, ob und in welcher Weise in den nächsten Jahren<br />

Veränderungen des Ordnungsrahmens stattfinden und welche Auswirkungen diese auf den<br />

technischen und umweltseitigen Standard der Omnibusse und somit auf die Leistungskosten<br />

– insbesondere im Kontext der kontinuierlichen Flottenerneuerung – haben werden.<br />

■ Schritt 2: Betriebswirtschaftliche Analyse – Kostenvergleich „Referenzfall – anspruchsvoller<br />

Umweltstandard" jeweils für die untersuchten Praxisfälle SVF und BVG (statische<br />

Betrachtung)<br />

Der Kostenvergleich stellt ausschließlich auf die detailliert ermittelten Systemkostenunterschiede<br />

ab. Grundsätzlich identische Systemelemente bei Fahrzeugen und Infrastruktur werden<br />

nicht mit in die Kostenbetrachtung einbezogen.<br />

■ Schritt 3: Betriebswirtschaftliche Analyse – Kostenvergleich unter Berücksichtigung der<br />

vorgezeichneten Veränderungen der Abgasnormen bis 2008/2009 bis hin zur Norm<br />

Euro 5 bzw. EEV (flottenbezogene Betrachtung)<br />

■ Schritt 4: Bewertung der Risiken aus heutigen Entscheidungen zur weiteren Beschaffung von<br />

Omnibussen unterhalb des „anspruchsvollen Umweltstandards" (EEV, 77 dB(A)), z.B.<br />

Einsatzrestriktionen (Abgas, Lärm) und deren betriebliche Folgen (Einsatzbeschränkungen,<br />

Umwege für Fahrzeuge, geringere Veräußerungserlöse)<br />

■ Schritt 5: Systemvergleich Diesel – Erdgas<br />

■ Schritt 6: Ermittlung der umweltseitigen Effekte im Kontext der betriebswirtschaftlichen Analyse<br />

■ Schritt 7: Verallgemeinerung der Ergebnisse durch Übertragung auf typisierte Einsatzfälle im<br />

Busverkehr<br />

3


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

D. ANALYSE DES UMWELTRECHTLICHEN<br />

ORDNUNGSRAHMENS<br />

I. Einleitung<br />

Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), insbesondere der Öffentliche Straßenpersonenverkehr (ÖSPV),<br />

sieht sich gegenwärtig einem hohen Handlungsdruck ausgesetzt. Seine tradierten Regelungs- und Finanzierungsstrukturen<br />

werden an mehreren zentralen Punkten gleichzeitig in Frage gestellt. Im Hinblick auf die<br />

Umweltanforderungen ist er nicht allein betroffen. Maßnahmen wie verschärfte Standards bei der zulässigen<br />

Luftschadstoffbelastung und neue Regelungen für die Verkehrslärmbelastung erstrecken sich auch auf den<br />

motorisierten Individualverkehr als härtesten Konkurrenten des ÖPNV. Den ÖSPV überdurchschnittlich hart und<br />

exklusiv treffen jene Umbrüche, die sich im Hinblick auf die Vergabepraxis gemeinwirtschaftlicher Leistungen<br />

und die Finanzierung des Systems abzeichnen.<br />

Ziel der umweltseitigen Analyse ist es, einen Überblick über die feststehenden sowie die in der politischen<br />

Diskussion absehbaren bzw. erkennbaren Veränderungen der ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen der<br />

kommenden rund zehn Jahre aufzuspannen. Nur die Verkehrsunternehmen, die wissen, was auf sie zukommt,<br />

können künftige Risiken rechtzeitig abpuffern und – noch entscheidender – Erfolgspotenziale schneller als andere<br />

wahrnehmen. Konkret stellen sich jedem Verkehrsunternehmen zwei Kernfragen:<br />

■ „Fahre ich eine konservative Investitionspolitik und beschaffe Fahrzeuge, die den aktuellen Mindeststandard<br />

erfüllen? Oder wähle ich bereits heute die Technologie von morgen, d.h. erwerbe einen Fahrzeugtyp<br />

mit ambitioniertem Emissionsprofil [Abgasstandard EEV, Lärmgrenzwert 77 dB(A)], das die anspruchsvollsten<br />

gegenwärtig feststehenden Anforderungen der Zukunft erfüllt?“ Mit anderen Worten: Zahlt sich aktives<br />

Handeln aus, und ist es betriebswirtschaftlich verkraftbar?<br />

■ „In welche Antriebsart soll ich beim Buskauf im Hinblick auf die mittel- und langfristigen Entwicklungen<br />

investieren (Diesel oder Erdgas)?“<br />

Im Weiteren werden die wichtigsten Handlungsziele und Maßnahmen beschrieben, die entweder bereits<br />

rechtlich fest verankert sind oder sich auf der politischen Ebene als Trends erkennen lassen. Den Maßstab für<br />

ihre Relevanz bilden die beiden Fragen zur Investitionspolitik. Dabei wird nach ökologischen Rahmenbedingungen<br />

im engeren Sinne, fiskalischen und wettbewerblichen Handlungsrestriktionen unterschieden. Hohe Umweltstandards<br />

offensiv anzugehen, kann eine unternehmerische Gestaltungsoption eröffnen, die zum Erreichen<br />

mehrerer Ziele beitragen kann. Im zweiten Schritt werden die Wirkungen der veränderten Rahmenbedingungen<br />

auf den ÖSPV analysiert.<br />

II. Handlungsrahmen 2004 - 2015<br />

Für die Wahl des Zeithorizonts der Analyse bietet es sich aus mehreren Gründen an, die nächsten rund zehn<br />

Jahre zu betrachten. Gerade auf europäischer Ebene – auf der nahezu alle umweltrelevanten ordnungspolitischen<br />

Rahmenbedingungen inzwischen verabschiedet werden – ist eine Dekade ein realistischer Zeitraum, um<br />

von ersten Ansätzen zu gesetzlich fixierten Ziel- und Instrumentenvorgaben zu gelangen. Häufig dauern Willensbildung<br />

und Konsensfindung noch länger, womit nach der Erweiterung der EU auf 25 Mitgliedstaaten verstärkt<br />

zu rechnen ist. Auch beschlossene Richtlinien räumen zumeist lange Implementierungs- und Übergangsfristen<br />

ein, wie das Beispiel der Umgebungslärm-Richtlinie zeigt. Trendaussagen sind überdies von Natur aus spekulativ,<br />

sodass politische Prognosen für Zeiträume nach 2015 sich kaum mehr seriös erstellen lassen. Schließlich<br />

ist es der Anwendungsfall selbst – das Investitionskalkül für Busse –, der zehn Jahre als plausiblen Zeitraum nahe<br />

legt, da mit ihm ein Großteil der durchschnittlichen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer beim Erstbesitzer<br />

abgedeckt wird.<br />

4


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

Im Folgenden werden die Maßnahmen nach ihrer Nähe zu ökologischen Zielvorgaben unterschieden. Die<br />

Aufteilung dokumentiert die Schwerpunktsetzung, kann aber nicht trennscharf sein, da viele Maßnahmen mehreren<br />

Zielen dienen (können). Klassisches Beispiel sind Straßenbenutzungsgebühren, die ökologisch, verkehrspolitisch,<br />

fiskalisch oder wettbewerbspolitisch (Förderung des ÖPNV oder des Schienengüterverkehrs) motiviert<br />

sein können.<br />

1 Ökologische Maßnahmen – Standards<br />

In der Umweltpolitik steht eine Vielzahl an Instrumenten zur Auswahl, die sich im Wesentlichen in ordnungsrechtliche<br />

Standards (Verbote, Gebote, Auflagen) und marktanaloge preisliche Maßnahmen (Abgaben, Lizenzen)<br />

einteilen lassen. Letztere räumen den Wirtschaftssubjekten tendenziell mehr Freiheit in der Wahl ihrer individuellen<br />

Anpassungsreaktion ein, d.h. sie wirken marktähnlich und sind ökonomisch effizienter. Allerdings<br />

bedürfen auch marktanaloge Instrumente der staatlichen Flankierung durch das Ordnungsrecht. Auf europäischer<br />

Ebene dominieren derzeit die Standards, die wiederum auf unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen<br />

basieren (Emission, Immission, unterschiedlicher Zeitbezug, Höchst- oder Durchschnittswerte, usw.). Im Vordergrund<br />

stehen in dieser Arbeit die Luftschadstoffe Stickoxide und Feinstaub sowie der Lärm, für die verschiedene<br />

Regelungen – europäisch wie national – etabliert wurden, die im kommenden Jahrzehnt greifen werden. Die<br />

Auswahl wird auf diese beiden Schadstoffkomponenten und den Verkehrslärm fokussiert, da hier im betrachteten<br />

Zeitrahmen bis zum Jahr 2015 der vordringlichste Handlungsbedarf gesehen wird.<br />

Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Standards, die auf europäischer wie nationaler Ebene bereits verabschiedet<br />

sind, wird eine Übersicht vorangestellt. Sie weist pro Emissionsart alle relevanten Informationen chronologisch<br />

aus (s. Abb. 1).<br />

Abbildung 1: Soll-Zielsystem für Feinstaub/Partikel, Stickoxide und Lärm<br />

Schadstoff<br />

Feinstaub/<br />

Stichtag Rechtsgrundlage Bemesssungsgrundlage/Zieltyp Zielwert<br />

Dieselpartikel PM 10 / PM<br />

01.01.2005 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - Jahresmittel 40 µg/m3<br />

01.01.2005 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - Tagesmittel 50 µg/m3, 35<br />

Überschreitungen p.a.<br />

01.10.2005 EU-RL 1999/96/EG Emission - Grenzwert (Euro 4) 0,03 g/kWh<br />

01.10.2008 EU-RL 1999/96/EG Emission - Grenzwert (Euro 5) 0,03 g/kWh<br />

01.01.2010 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - Jahresmittel 20 µg/m3<br />

01.01.2010 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - Tagesmittel 50 µg/m3, 7 Ü p.a.<br />

Stickoxide NO2/NOx<br />

01.10.2005 EU-RL 1999/96/EG Emission - Grenzwert (Euro 4) 3,5 g/kWh<br />

01.10.2008 EU-RL 1999/96/EG Emission - Grenzwert (Euro 5) 2,0 g/kWh<br />

01.01.2010 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - Jahresmittel 40 µg/m3<br />

01.01.2010 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - 1h-Grenzwert 200 µg/m3, 18<br />

Überschreitungen p.a.<br />

2010 EU-RL 2001/81/EG (NEC-Richtlinie) Emission - nationale Gesamtmenge 1051 kt<br />

Lärm<br />

Gilt schon EU-RL 92/97/EG Emission - Grenzwert 80 dB<br />

30.6.2007 EU-RL 2002/49/EG („Umgebungslärm-RL“) Lärmkarten *<br />

18.7.2008 EU-RL 2002/49/EG („Umgebungslärm-RL“) Aktionspläne*<br />

30.6.2012 EU-RL 2002/49/EG („Umgebungslärm-RL“) Lärmkarten **<br />

18.7.2013 EU-RL 2002/49/EG („Umgebungslärm-RL“) Aktionspläne **<br />

* Ballungsräume > 250.000 Einwohner, Hauptverkehrsstraßen > 6 Mio. Kfz p.a.<br />

** Ballungsräume > 100.000 Einwohner, Hauptverkehrsstraßen > 3 Mio. Kfz p.a.<br />

5


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

Abbildung 2: Chronologisches Soll-Zielsystem für Partikel, Stickoxide und Lärm<br />

Auf der Zeitachse stellen sich die bereits feststehenden Maßnahmen gemäß Abbildung 2 dar.<br />

a) Partikel (Feinstaub PM10)<br />

Nachdem die EU Mitte der 90er Jahre in ihrer Luftqualitätsrahmenrichtlinie [96/62/EG] die Leitlinien ihrer<br />

Luftreinhaltepolitik festlegte, setzt die 1. Tochterrichtlinie 1999/30/EG diese Vorgaben für einige Schadstoffe –<br />

unter anderem Feinstaub und Stickoxide – in konkrete Immissionsgrenzwerte um. Der nationale Gesetzgeber<br />

übertrug diese mit dem 7. Gesetz zur Änderung des BImSchG und der 22. BImSchV 2002 in nationales Recht.<br />

Was wird in Bezug auf Feinstaub dort materiell geregelt? Die 22. BImSchV schreibt Immissionsgrenzwerte<br />

vor, die sowohl hinsichtlich ihrer Höhe, Toleranzmarge und Umsetzungsfrist als auch des Beurteilungszeitraums<br />

zweifach gestaffelt werden. Ab 1. Januar 2005 darf ein Jahresmittelwert der PM10-Immission von 40 µg/m3 nicht<br />

mehr überschritten werden. Vorher erleichtern abgestufte Toleranzmargen den Übergang, die zum Zielwert<br />

organisch hinführen sollen. Der zweite Wert – der 24 Stunden-Mittelwert – legt für das Jahr 2005 eine Schwelle<br />

bei 50 µg/m3 fest, die höchstens 35-mal im Jahr überschritten werden darf. Ab 2010 werden die Anforderungen<br />

noch einmal deutlich erhöht, indem nur noch 20 µg/m3 als Jahresmittelwert und sieben Überschreitungen von<br />

Tagesmittelwerten akzeptiert werden. Werden die Grenzwerte überschritten, sind umgehend Maßnahmen einzuleiten<br />

(z.B. Luftreinhaltepläne aufstellen), mit denen diese erreicht werden sollen.<br />

Ein Vergleich der Grenzwerte mit der Immissionsbelastung im Status quo zeigt für die meisten Ballungsräume<br />

folgende Gemeinsamkeiten: Der Jahresmittelwert von 40 µg/m3 ab dem Jahr 2005 wird nahezu überall eingehalten.<br />

Der um die Hälfte abgesenkte Grenzwert, der fünf Jahre später in Kraft tritt, wird vielerorts überschritten,<br />

was jedoch insofern vorläufig unbedenklich sein könnte, da bis dahin noch technische Fortschritte bei den<br />

Partikelemittenten durch die Fortschreibung der Abgasgrenzwerte erzielt werden. Die häufigste Zielverletzung<br />

bahnt sich beim Tageskriterium mit max. 35 zulässigen Überschreitungen pro Jahr (2005) an, das an vielen<br />

Hauptverkehrsstraßen deutscher Großstädte deutlich verfehlt wird. Beispiele hierfür lassen sich stellvertretend<br />

aus Berlin, Nürnberg, München, Frankfurt, Köln, an fast allen Messstellen Niedersachsens, u.v.m. anführen. Die<br />

Vorgabe von maximal sieben Überschreitungen im Jahr ab 2010 erscheint aus heutiger Sicht besonders<br />

anspruchsvoll.<br />

6


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

Welche Konsequenzen erwachsen aus der absehbaren Zielverfehlung? Wie ist ihr zu begegnen? Das BImSchG<br />

sieht im Gegensatz zur entsprechenden EU-Richtlinie keine Sanktionen vor. Die nach Landesrecht zuständigen<br />

Behörden werden der Bundesregierung die vorgeschriebenen Luftreinhaltepläne vorlegen, die diese an die EU<br />

weiterleitet. Mehrere Umweltverbände und Einzelpersonen haben angekündigt, die Einhaltung des Grenzwerts<br />

als Individualrecht aufzufassen, das sie nötigenfalls vor Gericht einklagen wollen. Zu vermuten ist, dass die Kommunen<br />

bzw. die nach Landesrecht zuständigen Behörden in Kürze unter Beweislast geraten, alle möglichen und<br />

zumutbaren Maßnahmen, die auf die Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte hinwirken können, ernsthaft geprüft<br />

zu haben.<br />

Da technische Lösungen wie die weitere Motorenoptimierung oder der Partikelfilter als Regelausstattung auf<br />

Grund ihrer langsamen Bestandsdurchdringung in der Fahrzeugflotte keine kurzfristige Abhilfe verschaffen können,<br />

müssen Interimsmaßnahmen in Betracht gezogen werden, auch wenn sie politisch nur gegen große Widerstände<br />

diskutiert werden können. Diese sind vor allem im Bereich von Einsatzbeschränkungen für dieselbetriebene<br />

Kraftfahrzeuge mit hohen Partikelemissionen zu suchen. Nahe liegend sind zeitlich und fahrzeugseitig<br />

begrenzte Einfahrkontingente auf hochbelasteten Straßen in Ballungsräumen oder belastungsabhängige Fahrverbote<br />

für Fahrzeuge mit hohem Partikelausstoß. Mehrere Städte in Österreich (Graz, Innsbruck) und Italien<br />

(Meran, Bozen) haben bereits angekündigt, bei hohen Feinstaubkonzentrationen mit Restriktionen für hochemittierende<br />

Kraftfahrzeuge zu reagieren. Auch Geschwindigkeitsbeschränkungen können möglicherweise zur<br />

Belastungsminderung beitragen.<br />

Die Entwicklung auf der Seite der Abgasnormen für Pkw wird den ökologischen Anspruch an die Nutzfahrzeugindustrie<br />

erhöhen. Auch für sie wird in den Expertengremien auf europäischer Ebene – etwa im Workshop<br />

der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission – bereits über fortgeschriebene Standards (Euro 6) diskutiert.<br />

Das Umweltbundesamt schlägt in seiner 2003 publizierten Studie „Future Diesel“ eine Emissionsgrenze vor,<br />

der die zulässige Partikelemission im Vergleich zu Euro 4 um 90 % auf 2 mg/kWh im stationären und 3 mg/kWh<br />

im dynamischen Testverfahren absenkt. Dem Vernehmen nach will die Kommission im November 2005 einen<br />

konkreten Vorschlag unterbreiten. Auf Initiative des Bundesumweltministeriums bietet die KfW-Bankengruppe<br />

seit Ende Oktober 2004 die Förderung neuer und umgerüsteter Nutzfahrzeuge aus Mitteln des ERP-Sondervermögens<br />

an, die den EEV-Standard erfüllen.<br />

Der ÖSPV sollte nicht defensiv darauf setzen, bei den Maßnahmen zur Einhaltung der Luftqualitätsnormen<br />

mit einer Ausnahmeregelung privilegiert zu werden. Da die Kommunen verpflichtet sind, den gesamten Handlungsspielraum<br />

auszuschöpfen – dies gilt insbesondere für die autonom steuerbaren Maßnahmen –, könnte eine<br />

ambitionierte Beschaffungspolitik bei Fahrzeugen in öffentlichem Eigentum ein wesentliches Nachweiskriterium<br />

sein, alles zur Reduzierung der Belastung getan zu haben. Die Anforderungen an die ökologischen Eigenschaften<br />

der Fahrzeuge sind im ÖPNV daher höher zu bewerten als bei anderen Emittenten- und Fahrzeuggruppen<br />

wie etwa dem Wirtschaftsverkehr, der größtenteils als unverzichtbar angesehen wird.<br />

b) Stickoxide (NOx)<br />

Die Regelungen für die Immissionsgrenzwerte der Stickoxide ähneln in ihren Grundzügen denen für Feinstaub.<br />

Der Beurteilung der Schadstoffbelastung werden zwei verschiedene Zeiträume zu Grunde gelegt, Überschreitungen<br />

sind in begrenztem Rahmen bei der kleineren Zeiteinheit zulässig. Unterschiede ergeben sich daraus,<br />

dass für NOx nur eine Grenzwerthöhe vorgesehen ist, die ab dem 1. Januar 2010 einzuhalten ist. Darüber<br />

hinaus wird ein Ein-Stunden-Grenzwert anstelle eines Tagesmittelwerts veranschlagt. Im Jahresmittel dürfen<br />

nicht mehr als 40 µg/m3 Stickoxide an der Messstation registriert werden. Der Ein-Stunden-Wert liegt bei<br />

200 µg/m3 und darf nicht mehr als 18-mal im Jahr überschritten werden.<br />

Ein Vergleich der anspruchsvollen Grenzwerte mit der Belastungssituation in den Jahren 2003/2004 zeigt,<br />

dass ohne wirksame Maßnahmen mit regelmäßigen Überschreitungen zu rechnen wäre. Allerdings wird hier<br />

häufig der Jahresmittelwert verfehlt, z.B. in Niedersachsen in den Räumen Braunschweig, Hannover und Hildesheim.<br />

Für Berlin wird umgekehrt erwartet, dass der Jahresmittelwert nur an wenigen Hauptverkehrsstraßen<br />

7


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

nicht eingehalten werden kann, der Stundenwert aber an vielen Stellen überschritten wird. Zwar bleiben noch<br />

rund fünf Jahre Zeit, belastungssenkende Maßnahmen zu ergreifen. Ohne erhebliche Fortschritte auf der Emissionsseite<br />

des Verkehrs werden die notwendigen Minderungen jedoch nur sehr schwer zu erreichen sein.<br />

Eine deutliche Reduktion des Stickoxidausstoßes wird zudem durch die Regelungen der EU-Richtlinie über<br />

nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (NEC-National Emissions Ceilings-Richtlinie)<br />

[2001/81/EG] erzwungen. Diese begrenzt die nationale Gesamtmenge an Stickoxidemissionen ab dem Jahr 2010.<br />

Ob den verschiedenen Verursachergruppen sektorale Minderungsziele vorgegeben werden, ist aus politischen<br />

Gründen derzeit noch offen. Der Verkehr als Hauptemittent dürfte jedoch einen hohen Anteil an der NOx-Minderung<br />

zu tragen haben, der wiederum primär dem Straßenverkehr und in dieser Gruppe insbesondere dem<br />

Verkehr mit Nutzfahrzeugen zuzuschreiben ist. Das Umweltbundesamt schlägt für schwere Nutzfahrzeuge daher<br />

einen weiterführenden Euro 6-Standard vor, demzufolge der Grenzwert für NOx über einen Zwischenschritt mit<br />

1 g/kWh auf 0,5 g/kWh ab 2010 abgesenkt werden soll. Bereits der Zwischenschritt entspricht einer Halbierung<br />

des EEV-Grenzwerts von 2 g/kWh.<br />

c) Lärm<br />

Mitte 2002 trat die „Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Bewertung und die<br />

Bekämpfung von Umgebungslärm“ (kurz: EU-Umgebungslärmrichtlinie [2002/49/EG]) in Kraft, die bis zum<br />

18. Juli 2004 in bundesdeutsches Recht umgesetzt werden musste. Sie setzt insofern einen Meilenstein, als die<br />

EU ihre konventionelle Lärmbekämpfungsstrategie modernisiert. Anstatt sich wie bisher allein auf die Festlegung<br />

von Emissionsgrenzwerten zu beschränken, dehnt sie fortan den Regelungsbereich des EU-Rechts auf<br />

Geräuschimmissionen in der Umwelt aus.<br />

Instrumentell schreibt die Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten für Ballungsräume und Hauptverkehrswege<br />

Lärmkarten und Aktionspläne aufstellen müssen. Die Fristen für deren Konzeption sind nach dem Kriterium<br />

der Dringlichkeit gestuft: So müssen die Lärmkarten für alle Ballungsräume mit mehr als 250 000 Einwohnern<br />

und für Hauptverkehrsstraßen mit mehr als sechs Millionen. Fahrzeugen pro Jahr bis zum 30. Juni 2007 erstellt<br />

werden, woraufhin die Aktionspläne bis zum 18. Juli 2008 verfasst werden müssen. Bei kleineren Ballungsräumen<br />

(> 100 000 Einwohner) und weniger belasteten Hauptverkehrsstraßen (> drei Millionen Fahrzeuge p.a.) wird<br />

den zuständigen Behörden mehr Zeit eingeräumt, indem sie die beiden Dokumente bis zum 30. Juni 2012 bzw.<br />

18. Juli 2013 vorlegen müssen.<br />

Die Lärmkarten sollen dazu dienen, zunächst den Status quo der Lärmbelastung für jede einzelne Lärmquelle<br />

zu ermitteln und abzubilden, und zwar nach EU-weit einheitlichen Bewertungsmethoden, zu denen z.B. zwei<br />

neue Lärmindizes gehören. Mit dem zweiten Schritt der Aktionspläne wird die Erwartung verknüpft, den diagnostizierten<br />

Umgebungslärm verhindern oder mindern zu können, insbesondere sobald gesundheitsschädliche<br />

Belastungen ermittelt werden. Zudem sollen explizit jene Gebiete prophylaktisch geschützt werden, die bis dato<br />

als lärmarm ausgewiesen werden.<br />

Es zeichnet sich ab, dass die Umgebungslärmrichtlinie ein neues Zeitalter in der europäischen Lärmbekämpfung<br />

einläutet. Zum Einen drückt sie über die Fristsetzungen den politischen Willen aus, das Ziel der Minderung<br />

gesundheitsgefährdender Lärmbelastungen aktiv aufzugreifen. Auch wenn die Aktionspläne noch nicht in verbindliche<br />

Maßnahmen münden, ist damit zu rechnen, dass die Erfassung und Offenlegung des Status quo den<br />

Handlungsdruck auf die Politik deutlich erhöhen. Somit wird bei der Lärmminderungspolitik der gleiche Mechanismus<br />

angestoßen, wie er von der Luftreinhaltepolitik hinlänglich bekannt ist: Die ökologischen Anforderungen<br />

werden sukzessive weiterentwickelt, und zwar im Wechselspiel zwischen europäischer Vorgabe und nationaler<br />

Umsetzung.<br />

Im Ergebnis dieser Entwicklung werden alle Optionen der Lärmreduktion mittelfristig auf den Prüfstand kommen.<br />

Die dominanten Geräuschquellen Nutzfahrzeuge (sowie motorisierte Zweiräder) werden zunächst in den<br />

Mittelpunkt rücken. Bei Nutzfahrzeugen impliziert dies eine Fortschreibung der Emissionsgrenzwerte für Fahrzeuge<br />

und Reifengeräusche, ebenso des Messverfahrens der Geräuschtypprüfung von Kraftfahrzeugen. Letzteres<br />

„Zum Einen“... - Formulierung ??? „zum Andern“ fehlt<br />

8


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

steht seit langem in der Kritik, weil das Prüfkonstrukt der „beschleunigten Vorbeifahrt“ bei 50 km/h und hoher<br />

Motordrehzahl die realen Nutzungsprofile nicht erfasst. Das bei der Prüfung hochgetriebene Motorengeräusch<br />

überlagert die Lärmemissionen der Reifen und des Fahrbahnbelags, während in repräsentativen Fahrsituationen<br />

bei höherer Geschwindigkeit die Dominanz der Geräuschquellen umgekehrt wahrgenommen wird.<br />

Für die Unternehmen des ÖSPV und die Hersteller von Bussen bedeutet die skizzierte Entwicklung der Rahmenbedingungen,<br />

dass der seit 1996 einzuhaltende EU-Grenzwert von 80 dB für Nutzfahrzeuge in den kommenden<br />

Jahren abgesenkt wird. Als Zwischenschritt ist ein realistischer Wert von 77 dB anzunehmen. Ihn halten<br />

beide Fahrzeugtypen des Demonstrationsprojekts bereits seit 2003 ein. Zudem dürften das Messverfahren für die<br />

Ermittlung der Geräuschemissionen entsprechend realen Nutzungsprofilen weiterentwickelt und weitere<br />

Geräuschquellen (z.B. Lüfter- und Kompressorgeräusche der Klimaanlagen von Bussen) einbezogen werden. Die<br />

Ergebnisse der im Rahmen des Demonstrationsprojekts durchgeführten messtechnischen Untersuchungen an<br />

den beiden Busflotten bestätigen die Dringlichkeit, auch Dauerhaltbarkeitsnachweise und eine Feldüberwachung<br />

vorzusehen. Auf der Immissionsseite sind verbindliche Immissionsgrenzwerte – zumindest für sensible<br />

Gebiete wie Innenstädte – wahrscheinlich.<br />

d) Kraftstoff-Strategie<br />

Im Rahmen der so genannten Kraftstoff-Strategie strebt die EU-Kommission an, konventionelle Kraftstoffe sukzessive<br />

durch alternative Kraftstoffe (prioritär: Biokraftstoffe und Erdgas, ab 2015/2020 auch Wasserstoff) zu<br />

ersetzen. Insgesamt wird eine 20%ige Substitution in 2020 gefordert, die in den Modal Split eine Untergrenze<br />

zu Gunsten der erneuerbaren Energien einziehen soll. Ein optimistisches Entwicklungsszenario der EU-Kommission<br />

ist in Tabelle 1 dargestellt.<br />

Tabelle 1 Marktanteilsziele der EU für alternative Kraftstoffe<br />

? SCHREIBWEISE ?<br />

2005 2010 2015 2020<br />

Biokraftstoffe 2 5,75 (7) (8)<br />

Erdgas 2 5 10<br />

Wasserstoff 2 5<br />

TOTAL 2 7,75 14 23<br />

Mit der Biokraftstoffrichtlinie [2003/30/EG] hat die Kommission die pauschale Zielsetzung weiter konkretisiert.<br />

Ihr zufolge soll der Anteil der verkauften Bio- (und anderen alternativen) Kraftstoffe am 31. Dezember 2005<br />

mindestens 2 % am Gesamtverbrauch der Otto- und Dieselkraftstoffe im Verkehrssektor betragen. Fünf Jahre später<br />

sollen es dann 5,75 % sein. Materiell haben diese Zwischenziele den Charakter einer Selbstverpflichtung, da<br />

kein unmittelbarer Korrekturautomatismus einsetzt, wenn sie verfehlt werden. In einem solchen Fall müssen die<br />

Mitgliedstaaten mit einer verbindlichen Gesetzgebung rechnen.<br />

Instrumentell setzt die Energiesteuerrichtlinie [2003/96/EG] den Rahmen für aktives Handeln, indem sie die<br />

Markteinführung von Biokraftstoffen monetär fördert. Sie räumt den Mitgliedern – zunächst bis Ende 2009 – die<br />

Option ein, die Verbrauchsteuern (ohne Mehrwertsteuer) für bestimmte Biokraftstoffe und Mineralöle, die solche<br />

Biokraftstoffe enthalten, zu ermäßigen oder gänzlich zu befreien. Allerdings dürfen dabei keine Überkompensationen<br />

entstehen. Inzwischen hat die EU-Kommission ihre beihilferechtlichen Bedenken fallen gelassen<br />

9


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

und die von der Bundesregierung beschlossene Steuerbefreiung genehmigt. Auch der in Deutschland bis 2020<br />

festgeschriebene ermäßigte Mineralölsteuersatz für Erdgas ist mit dieser Richtlinie konform.<br />

In der nationalen Politik ist die Suche nach alternativen Kraftstoffen Teil einer umfassend formulierten „nationalen<br />

Nachhaltigkeitsstrategie“, die unter dem Titel „Perspektiven für Deutschland“ vom Bundeskabinett im<br />

April 2002 verabschiedet wurde. Dort wurden vier Handlungsfelder als Schwerpunkte definiert, die der Staatssekretärsausschuss<br />

(„Green Cabinet“) im Vorgriff auf den für Herbst 2004 terminierten ersten Fortschrittsbericht<br />

inzwischen erweiterte und konkretisierte. Eines dieser vier neu definierten Themen sieht im Einklang mit der<br />

EU-Kommission vor, alternative Kraftstoffe und Antriebstechnologien zu bewerten. Deren Potenziale sollen<br />

zunächst über alle 270 gegenwärtig bekannten Herstellungspfade hinweg abgeschätzt werden, ehe darauf aufbauend<br />

ein strategisches Politikkonzept für den Zeitraum bis 2020 entwickelt werden soll. Dieses soll aufzeigen,<br />

welche Instrumente dem Staat zur Verfügung stehen, um die erfolgreiche Markteinführung der für zukunftsträchtig<br />

erachteten Kraftstoffoptionen und Antriebstechnologien zu unterstützen.<br />

Die Unternehmen des ÖSPV sollten sich darauf einstellen, dass die EU und die Bundesregierung die Kraftstoffstrategie<br />

im Zeitablauf immer konsequenter verfolgen werden, nicht zuletzt unter dem Eindruck dauerhaft<br />

höherer Rohölpreise. Inwieweit sich der Kostenvergleich der beiden Systeme Diesel und Erdgas verschiebt, hängt<br />

maßgeblich davon ab, ob die aktuelle Relation der Steuerentlastungen konstant bleibt und wie sich der Beimengungsanteil<br />

des Biokraftstoffs am Diesel (technisch) entwickelt. Zudem könnte der Wechsel auf reine Biokraftstoffe<br />

(Biomethan/Biogas, Rapsölmethylester/Biodiesel und Ethanol) als dritte Systemgruppe eines Tages attraktiv<br />

werden. Die Übergangsfristen hierzu könnten – zumindest mit Blick auf die von der EU angestrebten Marktanteile<br />

alternativer Kraftstoffe – unterhalb der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der derzeit in den Verkehr<br />

gebrachten Busse liegen. Gleichwohl ist es denkbar, dass einige Kommunen den Einsatz biogener Kraftstoffe als<br />

Bietkriterium in Ausschreibungen von Verkehrsverträgen höher gewichten oder einen Mindestanteil fordern.<br />

Beispielhaft hierfür stehen die Entwicklungen in Skandinavien und Frankreich.<br />

2 Fiskalische Maßnahmen<br />

Hierunter werden alle Maßnahmen gefasst, die auf die (Ko-)Finanzierung des Systems ÖPNV zielen. Ökologisch<br />

vorteilhafte Wirkungen sind willkommene Nebeneffekte, aber nicht vorrangiges Motiv.<br />

a) Kürzung von Finanzmitteln<br />

Ende 2003 verständigten sich Bundesregierung und Opposition im Zuge des Reformpakets zur Haushaltskonsolidierung<br />

darauf, einen beträchtlichen Teil der Kürzungsvorschläge des so genannten Koch-Steinbrück-Papiers<br />

umzusetzen. Der Verkehrssektor und innerhalb dessen der Verkehrsträger Schiene und der ÖSPV wurden in den<br />

Subventionsabbau einbezogen. Auch wenn im Nachgang der Entscheidung diskutiert wurde, ob die Streichansätze<br />

ausgewogen und wie Investitionen von Subventionen abzugrenzen seien, ist in dieser Auseinandersetzung<br />

eine für die ÖPNV-Branche nicht erwartete Entwicklung erkennbar: Der ÖPNV erhält keine Sonderrolle mehr<br />

gegenüber konkurrierenden Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge. Ein weiterer Subventionsabbau ist nach<br />

der jüngsten Steuerschätzung absehbar, da die Deckungslücken im Etat auch die nächsten Jahre erheblich sein<br />

werden.<br />

Konkret enthält das verabschiedete Paket zum Subventionsabbau für den ÖPNV die in Tabelle 2 zusammengestellten<br />

Einschnitte, die hier von Belang sind.<br />

Die Kürzung der Transferleistungen kann insgesamt als moderat bewertet werden. Insbesondere die nur einmalige,<br />

geringfügige Senkung der Regionalisierungsmittel überrascht, da deren historisch großzügige Dotierung<br />

als politisches Entgegenkommen für die Zustimmung des Bundesrats zur Bahnreform (1993) allgemein<br />

bekannt ist. Hinzu kommt, dass die Aufgabenträger selbst große Einsparpotenziale vernachlässigen, indem sie<br />

weder im ÖSPV noch im SPNV die Effekte wettbewerblicher Vergabeverfahren konsequent nutzen. Ebenso ist<br />

eine hohe Zweckentfremdungsquote der Regionalisierungsmittel bekannt. Angesichts dieser Fakten ist es wahrscheinlich,<br />

dass der ÖPNV mit einem weiteren Abbau der Transferleistungen rechnen muss.<br />

? Schreibweise ?<br />

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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

Tabelle 2 Kürzungsmaßnahmen im ÖPNV ab 2004<br />

Finanzierungsbausteine im ÖPNV<br />

Ausgleichszahlungen im Ausbildungsverkehr nach § 45a<br />

PBefG und § 6a AEG Pauschal Reduktion in 3 Staffeln, jeweils 4 % in 2004, 2005, 2006<br />

Regionalisierungsmittel Einmaliges Einfrieren in 2004 um 2%, danach Dynamisierung wie vorgesehen<br />

Mineralölsteuervergütung im ÖPSV Reduktion um 12% ab 2004<br />

GVFG-Mittel Moderate Absenkung um 10 Mio auf 1,667 Mrd. e<br />

Investitionsmittel Schiene Gestaffelte Absenkung auf 2,2, Mrd e in 2008 (noch in Verhandlung)<br />

Steuerbefreiung Job-Ticket (indirekt wirkend) Aufhebung<br />

Auch ein Ausgleich abgesenkter Bundesmittel durch andere Gebietskörperschaften wie Länder oder Kommunen<br />

ist weitgehend auszuschließen. Deren Etats sind infolge ausbleibender Steuereinnahmen ebenfalls defizitär.<br />

Folgerichtig haben die ersten Länder ihre Förderquoten bei den GVFG-Mitteln gesenkt. Die Kommunen bzw.<br />

deren Unternehmen müssen einen höheren Eigenanteil zu den Investitionen aufbringen, zu dem sie häufig<br />

kaum in der Lage sind. Verschärft wird die Dramatik aufklaffender Finanzierungslücken dadurch, dass in den<br />

kommenden Jahren der kommunale Reinvestitionsbedarf stark anwächst, insbesondere bei Kunstbauten wie<br />

Brücken, Tunnel usw.<br />

Formulierung: doppelt gemoppelt<br />

Insgesamt wird der ÖPNV künftig mit deutlich geringerer Finanzausstattung auskommen müssen als in der<br />

Vergangenheit. Kürzungsbestrebungen sind allein durch die Verpflichtung zur Daseinsvorsorge begrenzt, einen<br />

Mindeststandard an Angebotsmenge und -qualität aufrechtzuerhalten. Bezogen auf das korrespondierende Mittelvolumen<br />

dürfte die Untergrenze bei rund 75 % des heutigen Engagements liegen. Würden alle Einsparreserven<br />

tatsächlich aktiviert, ist zu vermuten, dass das jetzige Angebotsniveau bis auf wenige Abstriche gehalten werden<br />

könnte.<br />

Die Subsysteme des ÖPNV müssen damit rechnen, etwaige Erbhöfe in Frage gestellt zu sehen, d.h. vermehrt<br />

einer Kosten-Nutzen-Analyse unter Einschluss der Alternativen unterzogen zu werden. Dies bedeutet z.B. für den<br />

SPNV, aber auch für die Straßenbahn, in seiner/ihrer Wirtschaftlichkeit stärker an der – häufig kostengünstigeren<br />

– Alternative Bus gemessen zu werden. Aber auch der Bus steht wiederum in Konkurrenz zu flexibleren<br />

Bedienungsformen (Beispiel: Anrufsammeltaxi), die vor allem in Randzeiten Effizienzvorteile versprechen.<br />

b) Grundlegende Finanzreform im ÖPNV<br />

Die Reaktion der ÖPNV-Unternehmen auf die oben skizzierten politischen Beschlüsse basiert auf zwei Argumenten:<br />

Mit den verabschiedeten Mittelkürzungen sei eine absolute Grenze erreicht, eine nochmalige Absenkung<br />

sei nicht mehr vertretbar und gehe mit massiven Leistungseinbußen einher. Zweitens müssten die Transfers<br />

auf lange Sicht wieder erhöht werden, sofern die Verkehrspolitik den modal split beeinflussen wolle und der<br />

künftige Investitionsbedarf bewältigt werden solle.<br />

Wie konkurrenzfähig der ÖPNV tatsächlich im Idealzustand mit dem motorisierten Individualverkehr sein<br />

kann, ist nicht prognostizierbar. Die Summe der eingesetzten Mittel im öffentlichen Verkehr ist mit geschätzten<br />

22-23 Milliarden Euro beachtlich (davon ÖSPV 10-11 Milliarden Euro), die Effizienz ihrer Verwendung könnte<br />

jedoch deutlich höher sein. Somit ist nicht der Umfang der staatlichen Transferleistungen das vordringliche Problem,<br />

sondern der suboptimale Einsatz der Ressourcen. Die ÖPNV-Branche steht in der Pflicht, ihre internen Verbesserungspotenziale<br />

auszuschöpfen, bevor sie einen höheren Mittelzufluss fordert – der berechtigt sein kann.<br />

11<br />

?


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

Allerdings hat auch die Verkehrspolitik die Ineffizienz des Status quo zu verantworten. Ursächlich sind institutionelle<br />

Fehlanreize (geflügelter Begriff: „Spaghetti-Finanzierung“), die das gesamte Finanzierungssystem<br />

durchziehen, das nach Meinung aller Experten folgerichtig einer dringenden, grundlegenden Revision bedarf.<br />

Die wesentlichen Mängel sind:<br />

■ Die Förderkulisse ist zersplittert und undurchschaubar („Dschungel“).<br />

Drei Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Kommunen) verwalten über unzählige Stellen eine Vielzahl an<br />

Subventionsarten. Jeder der Beteiligten übersieht und steuert nur einen kleinteiligen Ausschnitt des Systems,<br />

eine Verantwortung für das Gesamtprodukt fehlt. Infolgedessen entstehen Anreize für „fördergerechte“ Investitionen,<br />

Doppelförderungen sowie falsch dimensionierte Förderschwerpunkte die nicht dem aktuellen Handlungsbedarf<br />

genügen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Entscheider größtenteils nur über geringe Kenntnisse<br />

der lokalen Bedürfnisse verfügen.<br />

■ Der Leistungsauftrag ist unklar<br />

Ein großer Teil der Subventionen, der an die Verkehrsunternehmen fließt, unterliegt weder einer klaren<br />

Zweckbestimmung noch einem präzise definierten Leistungsauftrag oder einer transparenten Berechnungsgrundlage.<br />

Zu nennen sind u.a. die Investitionsförderung nach GVFG (z.B. für Betriebshöfe), überschüssige Ausgleichszahlungen<br />

im Ausbildungsverkehr gemäß §45a PBefG, allgemeine Vergünstigungen für den ÖPNV (ermäßigte<br />

Steuersätze), vor allem aber auch die pauschale, nachträgliche Abdeckung der Betriebskostendefizite über<br />

die Energiesparte in kommunalen Versorgungsunternehmen (Querverbund). Folgen: Förderungen für ohnehin<br />

geplante Investitionen werden „mitgenommen“, der Effizienzdruck wird verringert, der Wettbewerb verzerrt.<br />

■ Dominanz der Investitions- und Objektförderung<br />

Formulierung: überarbeitet<br />

Ein Schwerpunkt der Subventionierung liegt auf Investitionsobjekten (GVFG-Mittel), die pauschal als förderwürdig<br />

typisiert werden. In der Folge werden Bedarfe überzeichnet, teure Prestigeobjekte angemeldet, Insellösungen<br />

herangezüchtet. Konsumtive Mittel, die aus Gründen der Daseinsvorsorge verausgabt werden, sind ausschließlich<br />

als Objektförderung konzipiert, die direkt den Verkehrsunternehmen zugute kommt (Ausbildungs-,<br />

Schwerbehindertenverkehr). Dadurch gelangen teilweise nicht bedürftige Nutzerkreise in den Genuss der Förderung,<br />

dem ÖSPV werden Zwangskunden („captive rider“) quasi zugeführt, der reale Kompensationsbedarf bei<br />

den Verkehrsunternehmen bleibt intransparent.<br />

Die Auswahl schwerwiegender Mängel zeigt, wo Reformen ansetzen sollten. Im Vordergrund stehen institutionelle<br />

Veränderungen, die konsumtive und investive Förderung zusammenführen und sie zudem auf die bestmotivierte<br />

und -informierte Bestellerebene verlagern. Verlautbarungen aus der in die Endphase ihrer Beratungen<br />

eingetretenen Föderalismus-Kommission geben zu vorsichtigem Optimismus Anlass, dass derartigen Überlegungen<br />

gefolgt wird. Aber auch der beste Finanzierungsrahmen entfaltet nicht die intendierte Effizienzwirkung,<br />

wenn er nicht durch den Wettbewerb der Anbieter um die Fördermittel und befristete exklusive Bedienungsrechte<br />

ergänzt wird.<br />

Inwiefern könnte eine stringente Neuausrichtung des Finanzierungssystems Auswirkung auf die Aufgabenstellung<br />

dieses Demonstrationsvorhabens haben? In einem effizienteren Förderregime würden schärfere qualitative<br />

Anforderungen an die dezentrale Mittelvergabe gestellt, die stärker in Projekte mit Einzelfallcharakter<br />

gegliedert würde. Anspruchsvolle Umweltstandards könnten ein überzeugendes Argument liefern, diese Mittel<br />

intelligent zu nutzen.<br />

12<br />

?


?<br />

BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

3 Wettbewerbspolitische Entwicklungen<br />

Kennzeichen aller öffentlichen Sektoren ist es, gemeinwirtschaftliche Leistungen bereitzustellen, die zur<br />

Daseinsvorsorge gezählt werden, weil die Unternehmen am Markt sie nicht eigenwirtschaftlich erbringen können<br />

und daher kofinanziert werden müssen. Über Jahrzehnte galt das Argument der Daseinsvorsorge als hinreichend,<br />

auf Wettbewerb verzichten zu können. Im Gefolge der europäischen Liberalisierung ist diese Gleichsetzung<br />

als Fehlschluss erkannt worden, da Wettbewerb auch um die effiziente Bewirtschaftung defizitärer Leistungen<br />

gestaltet werden kann. Nichtsdestotrotz verläuft der Wettbewerb im ÖSPV bislang schleppend, was sich<br />

jedoch mittelfristig auf Grund zweier Entwicklungen ändern dürfte.<br />

a) Wettbewerb um die Verkehrsdienstleistungen<br />

Am 24. Juli 2003 verkündete der EuGH sein Urteil in der Rechtsangelegenheit „Altmark-Trans“, von dem eine<br />

grundlegende Entscheidung zur Finanzierung des ÖPNV in Deutschland erwartet wurde. Zahlreiche Kommentatoren<br />

zogen unmittelbar nach dessen Bekanntwerden den Schluss, im Prinzip könne im deutschen ÖSPV die<br />

wettbewerbsfreie Vergabe- und Finanzierungspraxis so fortgeschrieben werden wie bisher. Inzwischen herrscht<br />

jedoch ein differenziertes Meinungsbild vor. Wird die Entscheidung des EuGH auf ihren Kern reduziert, lassen<br />

sich zwei richtungweisende Aussagen kondensieren:<br />

■ Der EuGH lässt – zumindest zwischen den Zeilen – erhebliche Zweifel anklingen, ob der deutsche Gesetzgeber<br />

die Trennlinie zwischen eigen- und gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen mit Hilfe einer nach VO<br />

1191/69 i.d.F. 1893/91 zulässigen (Teil-)Bereichsausnahme rechtssicher gezogen hat. Auf Grund der weiten<br />

Definition der (fiktiven) Eigenwirtschaftlichkeit, die vor Wettbewerb schützt, kann sich ein ÖPNV-Unternehmen<br />

bisher de facto selbst aussuchen, in welche Rubrik es fällt. Besteht aber keine Rechtssicherheit, sei<br />

davon auszugehen, dass die VO 1191/69 auch für eigenwirtschaftliche Verkehre gelte. Die Folge wäre, dass<br />

diese auf gemeinwirtschaftlicher Basis vereinbart oder auferlegt werden müssten, Genehmigungen nur<br />

noch nach § 13a PBefG erteilbar wären und ein Ausschreibungswettbewerb nach VOL/A durchgeführt werden<br />

müsse.<br />

■ Nur wenn jede Rechtsunsicherheit auszuschließen sei, müsse die Rechtmäßigkeit staatlicher Zuwendungen<br />

nicht an der VO 1191/69 beurteilt werden. Allerdings sind die korrespondierenden Ausgleichszahlungen<br />

nur dann keine notifizierungs- und genehmigungspflichtigen Beihilfen, wenn sie die folgenden vier Kriterien<br />

erfüllen:<br />

❍ Das Unternehmen muss ausdrücklich mit klar definierten gemeinwirtschaftlichen Pflichten betraut sein.<br />

❍ Die Parameter der Ausgleichsberechnung müssen transparent und vorab festgelegt werden.<br />

❍ Der Ausgleich darf nicht höher sein als die spezifischen Nettomehrkosten, die sich aus der Gemeinwohlverpflichtung<br />

ergeben.<br />

❍ Die veranschlagten Kosten müssen denen eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens entsprechen.<br />

Die Betrauung setzt einen staatlichen Rechtsakt voraus. Da dieser „ausdrücklich“ vorzunehmen ist, sollte dies<br />

über öffentlich-rechtliche Konzessionen, vor allem aber über Verkehrsverträge erfolgen. Zudem müssen die<br />

abzugeltenden Verpflichtungen zwingend gemeinwirtschaftlicher Natur sein, die klar von etwaigen eigenwirtschaftlichen<br />

Interessen des Unternehmens abzugrenzen sind. Letztlich mündet das Postulat der transparenten<br />

Aufgabenteilung in das Besteller-Ersteller-Prinzip.<br />

Dass Ausgleichszahlungen nicht mehr wie bisher pauschal gewährt werden dürfen, geht aus der Forderung<br />

des EuGH hervor, sie an objektive Parameter zu koppeln. Auf diese Weise werden sie prüfbar, da leistungsbezogene<br />

Kriterien zu Grunde gelegt werden müssen. Ebenso werden Vergleiche zwischen verschiedenen Direktvergaben<br />

möglich, woraus ein so genannter Yardstick-Wettbewerb resultieren kann. Schließlich muss die Berechnung<br />

des Ausgleichs vorab durchgeführt werden, wodurch nachträgliche Pauschalvergütungen unzulässig wer-<br />

13


?<br />

BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

den. Die Verträge gewinnen unweigerlich an Nettocharakter, da fehlkalkulierte Zahlungen zu Lasten des Betrauten<br />

gehen.<br />

Der Ausgleich muss dem Prinzip der Erforderlichkeit genügen, damit wettbewerbsverzerrende Überkompensationen<br />

verhindert werden. Inwieweit die Nettomehrkosten der Gemeinwohlverpflichtungen rechnerisch extrahiert<br />

werden können, bleibt fraglich.<br />

Das vierte Kriterium markiert aus der Sicht des Ökonomen einen erheblichen Fortschritt, indem nicht mehr<br />

die (vom Wirtschaftsprüfer bestätigten) Ist-Kosten zum Maßstab des Ausgleichs erhoben werden, sondern die fiktiven<br />

Kosten eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens. Die Kompensation auf die geringsten<br />

Kosten für die Allgemeinheit beschränken zu wollen, ist ein klares Votum für mehr Effizienz. Allerdings stellt<br />

sich die Frage, über welchen Mechanismus diese zu bestimmen sind. Ökonomisch ist allein der Ausschreibungswettbewerb<br />

denkbar, da er ungleich erfolgreicher als jeder Außenstehende die Gebote der Marktteilnehmer auf<br />

ihre Güte hin testen kann.<br />

Wendet man die vier Kriterien auf die derzeit geübte Praxis an, kann das Urteil nur lauten, dass diese aller<br />

Wahrscheinlichkeit nach im deutschen ÖPNV kaum erfüllt werden. Klare Vertragsbeziehungen sind ebenso selten<br />

wie transparente Kostenaufstellungen, die erst recht nicht vorab angefertigt werden. Pauschale Defizitabdeckungen<br />

werden überall ex post geleistet. Doch selbst wenn die Besteller diese Mängel beseitigten – die härteste<br />

Klippe bildet das Effizienzkriterium. Es ist äußerst fraglich, ob die öffentlichen ÖPNV-Unternehmen mit<br />

ihren „historischen Altlasten“ der Vorgabe eines mittleren, gut geführten Unternehmens genügen können,<br />

solange sie den Markttest nicht zu bestehen brauchen.<br />

Als Zwischenfazit ist festzustellen, dass das EuGH-Urteil, selbst wenn aus ihm (noch) nicht unmittelbar eine<br />

Ausschreibungspflicht abzuleiten ist, dennoch dem Wettbewerb den Weg geebnet hat. Besteller können die verbotene<br />

Gewährung von Beihilfen rechtssicher nur ausschließen, wenn sie den Verkehr im Wettbewerb vergeben.<br />

Andernfalls müssen sie darauf vertrauen, dass Gerichte im Falle einer Klage das direkt erwählte Unternehmen<br />

auch tatsächlich als „gut geführt“ anerkennen. Haushaltsrechtlich wäre es kaum vertretbar, solche Risiken einzugehen.<br />

Auch die erhöhten Transparenzanforderungen intensivieren den Kosten- und Effizienzdruck, da im<br />

Prinzip ein bundesweiter Benchmark-Prozess initiiert wird.<br />

Mit Blick auf anspruchsvolle Umweltstandards eröffnet das EuGH-Urteil den Kommunen eine interessante<br />

Handlungsalternative. Da ihre Unternehmen den Preiswettbewerb so lange nicht gewinnen können, wie sie<br />

nicht vollends in die Autonomie entlassen werden, muss ihre Strategie darauf hinauslaufen, höhere Kosten durch<br />

ein Mehr an Qualität zu legitimieren. Die Aufgabenträger könnten ihnen insofern entgegenkommen, als sie<br />

Standards und Fahrzeugkonzepte in Ausschreibungen verlangen, die ein großes Know-how voraussetzen und für<br />

„Billiganbieter“ eine Hürde darstellen. Dass derartige Vorgaben europarechtlich einwandfrei sind, hat bereits ein<br />

Gutachten im Auftrag des Bundesumweltministerium sowie der EuGH bestätigt.<br />

Betriebswirtschaftlich wird der zunehmende Effizienzanreiz dazu führen, dass die ÖPNV-Unternehmen noch<br />

sehr viel stärker und präziser als bislang die Lebenszykluskosten der Investitionsobjekte einschließlich der<br />

Kostenrisiken berücksichtigen müssen. Dadurch verlagert sich der Fokus von einer kurzfristigen kameralistischen<br />

Betrachtungsweise auf eine „mit langem Atem“. Implizit müsste dies zum Vorteil anspruchsvoller Umweltstandards<br />

gereichen, deren Nutzen sich um so stärker entfalten, je weiter in die Zukunft geschaut wird und<br />

ambitionierte Umweltziele Platz greifen.<br />

Wie schnell sich das Urteil in der Praxis der Unternehmen und Besteller niederschlägt, kann noch nicht präzise<br />

vorhergesagt werden. Kurzfristig hat der Wettbewerbsprozess sogar insofern einen Rückschlag erlitten, als<br />

das EuGH-Urteil im konkreten auslösenden Streitfall „Altmark-Trans“ verpuffte, weil die Beteiligten als juristische<br />

Personen nicht mehr existieren. Daher konnte es das Bundesverwaltungsgericht bei der Entscheidungsvorlage<br />

belassen, ohne selbst ein Urteil sprechen zu müssen. Wettbewerbspolitisch ist diese Entwicklung bedauerlich,<br />

14


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

weil Interessengruppen, die die Liberalisierung ablehnen, nun Aufschub erhalten haben. Auf mittlere Sicht dürfte<br />

jedoch ein wettbewerblicher Rahmen nicht aufzuhalten sein, auch wenn zunächst erneut ein durch („marktorientierte“)<br />

Direktvergaben benachteiligtes ÖPNV-Unternehmen den langwierigen Instanzenweg gehen muss.<br />

Ermutigt durch die enger gefassten, wenn auch noch dehnbaren Kriterien des EuGH oder durch die Zweifel des<br />

EuGH an der rechtssicheren Bereichsausnahme dürfte jedoch ein Unternehmen in Europa bereit sein, sich den<br />

Marktzugang juristisch zu erstreiten.<br />

b) Der kommunale Querverbund – ein Auslaufmodell?<br />

Nachdem der Wettbewerb im Energiemarkt zunehmend an Dynamik verliert, soll er durch die so genannte<br />

EU-Beschleunigungsrichtlinie gestärkt werden. Zum 1. Juli 2004 mussten alle Energieunternehmen mit mehr als<br />

100 000 Kunden ihre Bereiche Netzversorgung und Vertrieb gesellschaftsrechtlich voneinander trennen, d.h. in<br />

rechtlich selbständige Einheiten überführen. Parallel sollen Regulierungsbehörden eingerichtet werden, die die<br />

Netznutzungsentgelte und deren Berechnungsgrundlagen ex ante genehmigen müssen. Wechselgebühren werden<br />

verboten. Mit diesen Eckpfeilern soll der Markt für alle gewerblichen Kunden europaweit geöffnet werden.<br />

Die Privatkunden müssen hingegen drei Jahre länger warten.<br />

Diese Entwicklung auf einem scheinbar völlig separaten Markt ist für den ÖPNV insofern relevant, als der<br />

zunehmende Wettbewerb den kommunalen Querverbund aufhebeln kann, der die Defizite des ÖPNV bis dato<br />

maßgeblich aufgefangen hat. Die Finanzierung des ÖPNV erfährt somit gegenwärtig erhebliche Einschnitte von<br />

zwei Seiten.<br />

4 Zusammenfassender Überblick<br />

Zahlreiche und vielfältige Entwicklungsstränge rund um den ÖSPV weisen darauf hin, dass die Branche<br />

erstens mit vielen neuen Herausforderungen rechnen muss, die sie zweitens offensiv annehmen sollte. Ökonomisch<br />

wie politisch werden die Spielräume und Ressourcen knapper werden, weil das Mittelvolumen sinken und<br />

der Wettbewerb zunehmen wird. Offen ist noch, wie hoch das Tempo des Anpassungszwangs ausfällt.<br />

Unter Umweltgesichtspunkten hat der öffentliche Verkehr nach wie vor gute Argumente im intermodalen<br />

Wettbewerb, sofern er diese im politischen Diskurs auch erfolgreich einzubringen vermag. Insbesondere die verschärften<br />

Immissionsanforderungen ab 2005 bieten den ÖSPV-Unternehmen die Chance, das Profil ihres Produktes<br />

zu schärfen, indem sie ihre Beschaffungspolitik an anspruchsvollen Umweltstandards ausrichten. Ihre kommunalen<br />

Eigentümer können ihnen dabei maßgeblich Hilfestellung leisten. Voraussetzung hierfür ist es, die Einhaltung<br />

der neuen Bestimmungen von allen Verkehrsteilnehmern konsequent einzufordern und die ökologisch<br />

motivierte Modernisierung des Fuhrparks zu unterstützen.<br />

III. Einsparungen durch anspruchsvolle Umweltstandards<br />

Obschon der Fokus dieser Studie auf den Leistungsmehrkosten hoher Standards liegt, soll nicht in Vergessenheit<br />

geraten, dass mit ihnen konkrete Erfolge bei der Reduzierung gesundheitsschädlicher Emissionen verknüpft<br />

sind. Schließlich soll der – noch zu ermittelnde – Preis umweltfreundlichen Handelns gezahlt werden, um einen<br />

ökologischen Nutzen zu erzielen. Am Beispiel der Luftschadstoffe Stickoxid und Partikel wird für die beiden Praxisfälle<br />

gezeigt, welche Einsparungen sich durch verschärfte Grenzwerte tatsächlich realisieren lassen bzw. welche<br />

Potenziale noch ausgeschöpft werden können (s. Tab. 3).<br />

15


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

Tabelle 3 Ökologischer Nutzen durch anspruchsvolle Umweltstandards bei BVG und SVF<br />

Fall 1: BVG Stickoxide Partikel<br />

Szenario Anzahl Busse Laufleis- Emissions- Emissions- Emission Differnez Index Emissions- Emission Differnez<br />

tung p.a. standard faktor (g/km) p.a. (t) Ist vs. … faktor (g/km) p.a. (t) Ist vs. …<br />

„Steinzeit“ 1 390 65 000 Euro 0 14,682 1326,52 300,72 129 0,792 71,56 52,34<br />

421 65 000 Euro 0 14,682 401,77 290 Euro 0:<br />

0,792<br />

14,93<br />

„Projekt“ 134 65 000 Euro 1 9,620 83,79<br />

(Referenz) 507 65 000 Euro 2 10,878 358,48 66 Euro 2:<br />

0,186<br />

0,8<br />

303 65 000 Euro 3 / 4 8,953 176,33 1034 Euro 4:<br />

0,052<br />

3,49<br />

25 65 000 EEV 3,342 5,43<br />

1 390 Flotte 1025,8 / 100 Flotte 19,22 /<br />

„Avantgarde“ 1 390 65 000 EEV 3,342 301,95 723,85 29 0,052 4,7 14,52<br />

Fall2: SVF<br />

Szenario<br />

„Steinzeit“ 22 39 500 Euro 0 14,682 12,76 9,86 440 0,792 0,69 0,64<br />

„EEV ante<br />

portas“<br />

22 39 500 Euro 2 10,878 9,45 6,55 326 0,186 0,16 0,11<br />

„Projekt“<br />

(Referenz)<br />

22 39 500 EEV 3,342 2,9 / 100 0,052 0,05 /<br />

Erinnert sei daran, dass die auf 77 db(A) lärmreduzierten EEV-Busse einen weiteren Nutzen in einer sehr sensiblen<br />

Emissionskategorie bringen. Methodisch ist es aber derzeit nicht möglich, dies zu quantifizieren. Zwar lassen<br />

sich die Einsatzrouten der Busse straßenscharf bestimmen, und auch die Zahl der vom Lärm Betroffenen ist<br />

für größere Straßen bereits in Katastern erfasst. Aber in welcher Intensität Lärm vor Ort wahrgenommen wird<br />

und wie er sich lokal ausbreitet, wird über standardisierte Verfahren nur unzureichend abgebildet. Hinzu<br />

kommt, dass selbst wenn alle 25 Busse über dieselbe belebte Hauptverkehrsstraße fahren, die Lärmminderung<br />

subjektiv nicht feststellbar sein dürfte, da sie im Konzert der anderen Geräuschquellen untergeht. Infolgedessen<br />

wird der Lärm hier ausgeblendet.<br />

Für Stickoxide und Partikel werden in beiden Anwendungsfällen dem Ist-Zustand (genannt „Projekt“) zwei<br />

pointiert betitelte Szenarien gegenübergestellt. Im Falle der BVG richtet sich der Blick einmal zurück und einmal<br />

vorwärts. Der Vergleich mit dem Szenario „Steinzeit“ zeigt auf, inwieweit das Emissionsprofil der aktuellen<br />

Flotte bereits eine Verbesserung zur Euro 0-Flotte nach sich gezogen hat, der im Übrigen auch im restlichen Bundesgebiet<br />

noch häufiger eingesetzt wird. In der anderen Perspektive liefert das Szenario „Avantgarde“ einen Hinweis,<br />

inwieweit sich die Schadstoffbilanz des Status quo im Wege des EEV-Standards noch verbessern ließe.<br />

Bei der SVF ist die Situation anders gelagert: Dort entspricht der heutige Zustand bereits der idealen „Avantgarde“,<br />

indem die kleine Flotte in einem Zug von ehemals niedrigstem in nunmehr höchsten Standard überführt<br />

wurde. Da in Deutschland der Euro 2-Bus ebenfalls stark verbreitet ist, soll das Szenario „EEV ante portas“ eine<br />

Zwischenlinie einziehen, um zu demonstrieren, in welchem Umfang hier die Emissionen noch zu senken sind.<br />

Welche konkreten Ergebnisse liefern die Vergleiche? Für die BVG lässt sich festhalten, dass die NO2-Emission<br />

der heutigen Flotte, die sich aus allen Euro-Standards zusammensetzt, um ein knappes Viertel im Vergleich zur<br />

„Euro 0-Epoche“ gesenkt wurde. Bei Partikeln beträgt der Unterschied sogar fast Faktor 4. Sollte der gesamte<br />

16


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

Fuhrpark mit der modernen Technik ausgestattet werden, könnten bei NO2 gegenüber dem Status quo noch einmal<br />

gut 70 % der Emissionen gespart werden, bei Partikeln wären es gar 75 %. Deutlich wird auch, dass das technische<br />

Minderungspotenzial – quantitativ – im Partikelbereich a) wesentlich weiter gediehen ist als bei Stickoxiden<br />

und b) kaum noch steigerbar ist.<br />

Bei der SVF fallen logischerweise die realisierten Einsparungen prozentual noch höher aus, da die Umstellung<br />

der Flotte den maximalen Entwicklungssprung ausnutzt. Gut zu erkennen ist auch, dass der EEV-Standard<br />

nochmals einen beachtlichen ökologischen Schub in Relation zu Euro 2 auslöst.<br />

Setzt man die Einsparerfolge wie etwa 300 t NO2 (Berlin) oder gar nur 10 t (Frankfurt/Oder) in Bezug zu den<br />

Gesamtemissionsmengen aller Sektoren, muten sie gering an. Allerdings ist zu bedenken, dass es sich hier um<br />

eine einzige kleinräumige Maßnahme an einer kleinen Teilflotte der in den beiden Städten verkehrenden Busse<br />

handelt, die zur Nachahmung anregen soll – so der Sinn von Demonstrationsvorhaben. Darüber hinaus wirken<br />

beide Schadstoffe lokal, sodass jede Reduzierung willkommen ist.<br />

Die entscheidende Aussagekraft der Rechnung leitet sich dann ab, wenn man die Einsparpotenziale den<br />

betrieblichen Mehrkosten gegenüberstellt, die im weiteren Verlauf untersucht werden.<br />

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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />

E. ANALYSE DES FISKALISCHEN ORDNUNGSRAHMENS<br />

UNTER DEM ASPEKT DER LEISTUNGSMEHRKOSTEN<br />

ANSPRUCHSVOLLER UMWELTSTANDARDS<br />

(STAND: 1. JANUAR 2004)<br />

I. Europarecht<br />

Regelungen zum ÖPNV finden sich in der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung<br />

der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem<br />

Strom sowie in der 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuer (77/388/EWG).<br />

1 Richtlinie 2003/96/EG<br />

Nach Art. 5 RL 2003/96/EG können unter Steueraufsicht gestaffelte Steuersätze unter der Voraussetzung<br />

angewendet werden, dass die in der Richtlinie vorgesehenen Mindeststeuerbeträge nicht unterschritten werden<br />

und sie mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, wenn die Steuersätze für den öffentlichen Personennahverkehr<br />

(einschließlich Taxis), die Müllabfuhr, die Streitkräfte und öffentliche Verwaltung, Menschen mit Behinderung<br />

oder Krankenwagen gelten.<br />

Nach Art. 7 Abs. 2, 3 RL 2003/96/EG können für gewerblich genutzten Dieselkraftstoff Sonderregelungen<br />

gelten, wenn die bisher geltenden nationalen Steuersätze (Stichtag 1. Januar 2003) nicht unterschritten werden.<br />

Die Begünstigung gilt u.a. für die Personenbeförderung mit bestimmten Omnibussen (vgl. RL 70/156/EG v. 06.<br />

Februar 1970) im Linien- und Gelegenheitsverkehr.<br />

Unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften können die Mitgliedstaaten unter Steueraufsicht uneingeschränkt<br />

oder eingeschränkt Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen gewähren für Energieerzeugnisse<br />

und elektrischen Strom zur Verwendung als Kraftstoff für den Personen- und Gütertransport im Eisenbahn-, im<br />

U-Bahn-, im Straßenbahn- und im Oberleitungsbusverkehr (Bahnbefreiung, Art. 15. Abs. 1e RL 2003/96/EG)<br />

sowie für Erdgas und Flüssiggas, die als Kraftstoff verwendet werden (Gasbefreiung, Art. 15 Abs. 1i RL<br />

2003/96/EG).<br />

Nach Art. 16 RL 2003/96/EG können Biokraftstoffe unter bestimmten Einschränkungen als Kraft- und Brennstoff<br />

verwendet werden.<br />

Nach Art. 19 RL 2003/96/EG kann ein Mitgliedstaat ermächtigt werden, auf Grund besonderer politischer<br />

Erwägungen weitere Befreiungen oder Ermäßigungen einzuführen.<br />

Die Regelungen der RL 2003/96/EG wurden in §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 und 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG umgesetzt.<br />

Auf den Inhalt der einzelnen Begünstigungstatbestände wird unten gesondert eingegangen.<br />

2 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuer (77/388/EWG)<br />

Nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a) i.V.m. Anh. H Kat. 5 der Richtlinie 77/388/EWG können Mitgliedstaaten<br />

neben dem Regelsteuersatz (derzeit 16 %) einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden. Diese ermäßigten<br />

Sätze werden als 1 %-Satz der Besteuerungsgrundlage festgelegt, der nicht niedriger als 5 % sein darf, und sind<br />

nur auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG<br />

18


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />

genannten Kategorien anwendbar. Anh. H beinhaltet ein Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen,<br />

auf die ermäßigte MWSt.-Sätze angewandt werden können. Nach der Kat. 5 des Verzeichnisses kann für die<br />

Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks ein solch ermäßigter Steuersatz angewandt werden.<br />

Die 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuer (77/388/EWG) wurde in § 12 Abs. 2 Nr. 10 des<br />

Umsatzsteuergesetzes (UStG) umgesetzt. Die Einzelheiten werden unten aufgeführt.<br />

II. Nationales Recht<br />

Regelungen über die besondere steuerliche Behandlung des ÖPNV finden sich im MinöStG, im Stromsteuergesetz<br />

(StromStG), im UStG, im Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) und im Grundsteuergesetz (GrStG).<br />

1 MinöStG<br />

Abweichend von den Regelsteuersätzen des § 2 MinöStG finden sich im Mineralölsteuergesetz ermäßigte<br />

Steuersätze für Flüssiggase nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG und Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe<br />

nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG, die als Kraftstoff zum Antrieb von Verbrennungsmotoren in Fahrzeugen<br />

verwendet werden (§ 3 Abs. 1 MinöStG). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich unter bestimmten Voraussetzungen<br />

einen Teil der Mineralölsteuer für Mineralöle, die in Fahrzeugen des ÖPNV verwendet werden, vergüten<br />

zu lassen (§ 25 Abs. 1 Nr. 4a MinöStG).<br />

a) Regelsteuersätze (ab 01.01.2003)<br />

Ab dem 1. Januar 2003 sind für die im ÖPNV verwendeten Mineralöle folgende Regelsteuersätze anwendbar:<br />

❍ Unverbleites Benzin (§ 2 Nr. 1 MinöStG)<br />

Schwefelgehalt mehr als 10 mg/kg 669,80 e/1 000 l<br />

Schwefelgehalt höchstens 10 mg/kg 654,50 e/1 000 l<br />

❍ Diesel (§ 2 Nr. 4 MinöStG)<br />

Schwefelgehalt mehr als 10 mg/kg 485,70 e/1 000 l<br />

Schwefelgehalt höchstens 10 mg/kg 470,40 e/1 000 l<br />

❍ Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe (§ 2 Nr. 6 MinöStG)<br />

31,80 e/1 MWh<br />

❍ Flüssiggase (§ 2 Nr. 7 MinöStG)<br />

1217,00 e/1 000 kg<br />

b) Steuerermäßigungen § 3 Abs. 1 MinöStG<br />

In § 3 Abs. 1 MinöStG sind ermäßigte Steuersätze für den Einsatz bestimmter Mineralöle als Kraftstoff vorgesehen.<br />

Die Verwendung der Mineralöle als Kraftstoff steht grundsätzlich unter dem Vorbehalt, dass eine<br />

Erlaubnis nach § 12 MinöStG erteilt worden ist. Die Verwendung von Flüssiggas oder von Erdgas durch Kraftfahrer<br />

ist jedoch allgemein erlaubt (Nr. 1.1.1 - Erdgas -, und 1.3.1.1 - Flüssiggase - der Anlage 1 zum Mineralölsteuergesetz).<br />

Es bedarf damit keiner förmlichen Einzelerlaubnis.<br />

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) MinöStG dürfen als Kraftstoff Flüssiggase nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG<br />

unvermischt mit anderen Mineralölen zum Antrieb von Verbrennungsmotoren in Fahrzeugen bis zum 31.<br />

Dezember 2009 zum ermäßigten Steuersatz von 180,32 e/1 000 kg verwendet werden.<br />

Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG dürfen zum Antrieb von<br />

Verbrennungsmotoren in Fahrzeugen bis zum 31. Dezember 2020 zum ermäßigten Steuersatz von 13,90 e/1<br />

MWh verwendet werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG).<br />

19


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />

c) Erlass, Erstattung, Vergütung der Mineralölsteuer (§ 25 Abs. 1 Nr. 4a MinöStG)<br />

In § 25 Abs. 1 Nr. 4a MinöStG ist eine Befreiung für im Bereich des ÖPNV verwendetes, unverbleites Benzin<br />

nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MinöStG, für verwendeten Diesel nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 MinöStG sowie für<br />

verwendete Flüssiggase, Erdgase und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2<br />

MinöStG vorgesehen. Voraussetzung für den Erlass, die Erstattung oder die Vergütung ist, dass die Mineralöle zu<br />

den ab dem 1. Januar 2003 geltenden Steuersätzen versteuert oder nach § 35 nachversteuert worden sind.<br />

Begünstigt ist der öffentliche Personennahverkehr mit Kraftfahrzeugen (§ 25 Abs. 4a Buchst. b), c) MinöStG)<br />

und der öffentliche Personennahverkehr mit Schienenbahnen (§ 25 Abs. 4a Buchst. a) MinöStG).<br />

Öffentlicher Personennahverkehr mit Kraftfahrzeugen<br />

Im Rahmen der Befreiung für den öffentlichen Personennahverkehr mit Kraftfahrzeugen wird Verkehrsunternehmen,<br />

die zum Betrieb von Kraftfahrzeugen im genehmigten Linienverkehr nach den §§ 42 und 43 des Personenbeförderungsgesetzes<br />

(PBefG) Kraftstoff verwenden, auf Antrag die Mineralölsteuer nach Maßgabe der §§<br />

25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a und Abs. 3 MinöStG vergütet. Entsprechendes gilt für Betriebsführer i.S.d. § 2 Abs. 2<br />

Nr. 3 PBefG sowie für Auftragsunternehmer (Subunternehmer), die für einen anderen Verkehrsunternehmer<br />

Beförderungen im öffentlichen Personennahverkehr erbringen, soweit sie die Mineralölsteuer tragen.<br />

Verkehrsunternehmer im Sinne der Vorschrift sind Unternehmer, die entgeltlich oder geschäftsmäßig Personen<br />

mit Kraftfahrzeugen im öffentlichen Personennahverkehr befördern. Unternehmer, die diese Tätigkeit nur<br />

in einem Teil ihres Betriebs, im Nebenbetrieb oder für Dritte ausüben, gelten insoweit als Verkehrsunternehmer.<br />

Öffentlicher Personennahverkehr i.S.d. Vorschrift ist die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im<br />

genehmigten Linienverkehr gemäß § 42 PBefG (einschließlich Schienenersatzverkehre), in den Sonderformen<br />

des genehmigten Linienverkehrs gemäß § 42 PBefG (Berufsverkehr, Schüler-, Markt- sowie Theaterfahrten), mittels<br />

Taxen oder Mietwagen (Verkehr mit Anrufsammeltaxen, vgl. § 2 Abs. 7 PBefG) der die Linienverkehre nach<br />

Nr. 1 und 2 ersetzt, ergänzt oder verdichtet (vgl. § 8 Abs. 2 PBefG), nach § 1 Nr. 4 Buchst. d) (Schülerfahrten)<br />

der Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes<br />

(Freistellungs-Verordnung vom 30. August 1962; BGBl. I S. 1273), nach § 1 Nr. 4 Buchst. g) (Behindertenverkehre)<br />

der Freistellungsverordnung, nach § 1 Nr. 4 Buchst. i) (Kindergartenverkehre) der Freistellungsverordnung,<br />

wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 km<br />

oder die gesamte Reisezeit 1 Std. nicht übersteigt.<br />

Auch regelmäßige Beförderungen von Kindern mit Kraftfahrzeugen zwischen Wohnung und Kindergarten<br />

sind genehmigungsrechtlich wie Schülerfahrten i.S.d. §§ 43 Nr. 2 PBefG zu behandeln. Sie gelten damit genehmigungsrechtlich<br />

als Linienverkehr i.S.d. PBefG.<br />

Bei den o.g. Verkehren der Ziffern 4 - 6 sieht die Freistellungs-Verordnung zum PBefG von dem Erfordernis<br />

einer Genehmigung für den Linienverkehr ab. Diese Beförderungen sind gleichwohl wie genehmigte Linienverkehre<br />

gemäß § 43 PBefG zu behandeln.<br />

Der Begriff des Verwendens zum Betrieb von Kraftfahrzeugen i.S.d. Vorschrift umfasst z.B. auch den Verbrauch<br />

von nachweislich nach § 2 MinöStG versteuertem Mineralöl zum Betrieb von Heizungen und Klimaanlagen<br />

in Kraftfahrzeugen, die im öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt werden.<br />

Begünstigt ist der öffentliche Personennahverkehr mit Kraftfahrzeugen auf Linien oder Strecken im Steuergebiet<br />

nach § 1 Abs. 1 MinöStG und in den Zollausschlussgebieten. Begünstigt sind auch die damit zusammenhängenden<br />

notwendigen Betriebsfahrten. Dazu gehören An- und Abfahrten vom und zum Betriebshof, von der<br />

oder zur Wohnung des Fahrzeugführers, vom Endhaltepunkt einer Linie oder Strecke zum Anfang der nächsten<br />

Linie oder Strecke, Fahrten zur Sicherstellung von Betriebsumläufen und Fahrplanwechsel, Werkstattfahrten,<br />

Ersatzwagen, Gestellfahrten, Überführungsfahrten, Lehr- und Schulungsfahrten zur Einweisung von Fahrzeug-<br />

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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />

führern und zur Aus-, Fort- und Weiterbildung, nicht jedoch Fahrten zur Erlangung einer Fahrerlaubnis.<br />

Öffentlicher Personennahverkehr mit Schienenbahnen<br />

Auch Verkehrsunternehmen, die zum Betrieb von Schienenbahnen gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a Buchst.<br />

a) MinöStG Kraftstoff verwenden, wird auf Antrag die Mineralölsteuer nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr.<br />

4a Buchst. a) und Abs. 3 MinöStG vergütet.<br />

Verkehrsunternehmen im Sinne der Vorschrift sind solche, die entgeltlich oder geschäftsmäßig Personen mit<br />

schienengebundenen Fahrzeugen im öffentlichen Personennahverkehr befördern. Unternehmer, die diese Tätigkeiten<br />

nur in einem Teil ihres Betriebs oder im Nebenbetrieb ausüben, gelten insoweit als Verkehrsunternehmer.<br />

Soweit lediglich Werkverkehr betrieben wird, liegt kein Verkehrsunternehmen i.S.d. Vorschrift vor.<br />

Unter Werkverkehr ist die Beförderungen eines gewerblichen Unternehmens oder einer sonstigen wirtschaftlichen<br />

Einrichtung mit schienengebundenen Fahrzeugen ausschließlich für eigene Zwecke zu verstehen. Unerheblich<br />

ist, ob diese Verkehre in Form einer besonderen Betriebsabteilung mit eigener Kosten- und Ertragsrechnung<br />

geführt werden.<br />

Für die Qualifizierung als öffentlicher Personennahverkehr mit Schienenbahn kann darauf abgestellt werden,<br />

ob Verkehre dem Regionalisierungsgesetz bzw. den ÖPNV-Gesetzen der Bundesländer unterfallen.<br />

Der Begriff des Verwendens zum Betrieb von Schienenfahrzeugen umfasst z.B. auch den Verbrauch von nachweislich<br />

versteuerten Mineralölen zum Betrieb von Heizungen und Klimaanlagen in schienengebundenen Fahrzeugen,<br />

die im öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt werden.<br />

Begünstigt ist der öffentliche Personennahverkehr mit Schienenbahnen auf Strecken im Steuergebiet nach<br />

§ 1 Abs. 1 MinöStG und in den Zollanschlussgebieten. Begünstigt sind dadurch auch die damit zusammenhängenden<br />

notwendigen Betriebsfahrten.<br />

Zu dem Begriff der Betriebsfahrten wird auf das oben zum öffentlichen Personennahverkehr mit Kraftfahrzeugen<br />

Ausgeführte verwiesen.<br />

Erstattungssätze<br />

Der Erlass, die Erstattung oder die Vergütung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a, Abs. 3 MinöStG beträgt<br />

❍ für 1 000 l Benzine nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MinöStG (unverbleites Benzin) oder 1 000 l Gasöle<br />

nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 MinöStG (Diesel) ab 1. Januar 2004:<br />

54,02 e<br />

❍ Für 1 000 kg Flüssiggase nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) MinöStG vom 01.01.2004 bis 31.12.2009<br />

13,37 e<br />

❍ Für 1 MWh Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG vom<br />

01.01.2004 bis 31.12.2020<br />

1,00 e<br />

2 Stromsteuer<br />

Nach § 3 StromStG beträgt der Regelsteuersatz für 1 MWh 20,50 e. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 StromStG unterliegt<br />

Strom, der im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen oder für den Fahrbetrieb im Schienenbahnverkehr mit<br />

Ausnahme der betriebsinternen Werkverkehre und Bergbahnen entnommen wird und nicht nach § 9 Abs. 1<br />

StromStG von der Steuer befreit ist, einem ermäßigten Steuersatz von 11,42 e für 1 MWh.<br />

21


?<br />

BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />

Steuerbegünstigt i.S.d. Vorschrift ist Strom, der im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen oder Schienenbahnen<br />

zum Antrieb der Fahrzeuge sowie zum Betrieb ihrer sonstigen elektrischen Anlagen und der im Verkehr mit<br />

Schienenbahnen für die Zugbildung, Zugvorbereitungen sowie für die Bereitstellung und Sicherung der Fahrtrassen<br />

und Fahrwege verbraucht wird (§ 14 StromStV).<br />

Wer nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 StromStG begünstigten Strom entnehmen will, bedarf der Erlaubnis. Zum Erlaubnisverfahren<br />

siehe § 4 Abs. 2 und 4 StromStG.<br />

3 KfZ-Steuer<br />

Nach § 3 Nr. 6 KraftStG ist das Halten von Kraftomnibussen und Personenkraftwagen mit acht oder neun Sitzplätzen<br />

einschließlich Führersitz sowie von Kraftfahrzeuganhängern, die hinter diesen Fahrzeugen mitgeführt<br />

werden, wenn das Fahrzeug während des Zeitraums, für den die Steuer zu entrichten wäre, zu mehr als 50 %<br />

der insgesamt gefahrenen Strecke im Linienverkehr verwendet wird, von der Steuer befreit.<br />

4 Umsatzsteuer<br />

Nach § 12 Abs. 1 UStG beträgt der Regelsteuersatz 16 %. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b) UStG ermäßigt<br />

sich die Steuer auf 7 % u.a. für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im<br />

genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderung nicht<br />

mehr als 50 km beträgt.<br />

5 Grundsteuer<br />

Nach § 4 Nr. 3a Grundsteuergesetz (GrStG) sind von der Grundsteuer befreit die dem öffentlichen Verkehr dienenden<br />

Straßen, Wege, Plätze, Wasserstraßen, Häfen- und Schienenwege sowie die Grundflächen mit den diesen<br />

Verkehr unmittelbar dienenden Bauwerken und Einrichtungen, z.B. Brücken, Schleuseneinrichtungen,<br />

Signalstationen, Stellwerke, Blockstellen.<br />

III. Zusammenfassung<br />

Die Ergebnisse der vorangegangenen Ausführungen sind in Tabelle 4 zusammengefasst.<br />

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Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />

Tabelle 4 Zusammenfassende Übersicht der europäischen und nationalen Rechtsnormen<br />

Grundlage Fundstelle Art der Vergünstigung<br />

1. Europäisches Recht<br />

Richtlinie 2003/96/EG Art. 5 mögliche Anwendung von Staffelsätzen u.a. für ÖPNV und Taxen unter Berücksichtigung<br />

der Mindestsatzregelung<br />

2. Nationales Recht<br />

Art. 7 Abs. 2, 3 mögliche Sonderregelung für Gewerbediesel im Bereich Personenbeförderung<br />

mit Omnibussen (Beachtung von RL 70/150/EG v. 06.02.1970) im Linien- und<br />

Gelegenheitsverkehr unter Berücksichtigung der Mindestsätze<br />

Art. 15 Abs. 1 mögliche Steuerbefreiung oder -ermäßigung für Energieerzeugnisse und Strom<br />

Buchst. E zur Verwendung als Kraftstoff für den Personen- und Gütertransport im Eisenbahn-,<br />

im U-Bahn-, im Straßenbahn- und im Oberleitungsbusverkehr<br />

(Bahnbefreiung)<br />

Art. 15 Abs. 1 mögliche Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen für die Verwendung von Erd-<br />

Buchst. I gas und Flüssiggas als Kraftstoff (Gasbefreiung)<br />

Art. 16 Möglichkeit der Verwendung von Biokraftstoffen als Kraft- und Brennstoff<br />

Art. 19 mögliche Befreiung auf Grund politischer Erwägungen; z.B. Fahrzeuge des öffentlichen<br />

Verkehrs (z.B. Einsatz einer besonders umweltfreundlichen Technologie)<br />

6. Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuer (77/388/EWG)<br />

Art. 12 Abs. 3 Zweiter (ermäßigter) Steuersatz von mindestens 5 % für bestimmte Dienstleis-<br />

Buchst. a). Anhang tungen, u.a. für die Personenbeförderung und das mitgeführte Gepäck<br />

H Kategorie 5<br />

Mineralölsteuer (MinöStG) § 3 Abs. 1 ermäßigter Steuersatz für den Einsatz bestimmter Mineralöle aus Kraftstoff (Flüssiggase<br />

nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG: 180,32 e/ 1 000 kg bis 31.12.2009; Erdgas<br />

und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG: 13,90<br />

e/1 MWh bis 31.12.2020)<br />

§ 25 Abs. 1Nr. 4a Mineralölsteuervergütung bei der Personenbeförderung mit Schienenbahnen<br />

(ohne Bergbahnen) oder in Kraftfahrzeugen im genehmigten Linienverkehr, wenn<br />

in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite<br />

50 km.<br />

Stromsteuer (StromStG) § 9 Abs. 2 Nr. 2 ermäßigter Steuersatz für Strom, der im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen<br />

oder für den Fahrbetrieb im Schienenbahnverkehr (mit Ausnahme der betriebsinternen<br />

Werkverkehre und Bergbahnen) entnommen wird (Steuersatz 11,42<br />

e/MWh)<br />

Kraftfahrzeugsteuer (KraftStG) § 3 Nr. 6 Befreiung für Kraftomnibusse und gleichgestellte Personenkraftwagen, die zu mehr<br />

als 50 % der insgesamt gefahrenen Strecke im Linienverkehr verwendet werden<br />

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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />

Grundlage Fundstelle Art der Vergünstigung<br />

Umsatzsteuer (UStG) § 12 Abs. 2 Nr. 10 ermäßigter Steuersatz in Höhe von 7 % u.a. für die Beförderung von Personen im<br />

Schienenbahnverkehr mit Ausnahme der Bergbahnen, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen,<br />

im genehmigten und freigestellten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen<br />

... innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht<br />

mehr als 50 km beträgt<br />

Grundsteuer (GrStG) § 4 Nr. 3a Befreiung der dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege, Plätze, Was<br />

serstraßen, Häfen und Schienenwege sowie der Grundflächen mit den diesem<br />

Verkehr unmittelbar dienenden Bauwerken und Einrichtungen ...<br />

Fazit<br />

Betrachtungsrelevant für die Leistungsmehrkosten anspruchsvoller Umweltstandards im ÖPNV sind die<br />

Unterschiede in der Besteuerung der Kraftstoffe Diesel und Erdgas. Diese sind in der Tabelle 5 komprimiert<br />

zusammengefasst.<br />

Tabelle 5 Mineralölbesteuerung von Benzin, Diesel und Erdgas (*H-Gas)<br />

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Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />

Abbildung 3: Entwicklung der Mineralölsteuer für Benzin, Diesel und Erdgas seit 1990<br />

Als Besonderheit der steuerlichen Regelungen ist herauszustellen, dass für Erdgas eine Ermäßigung des Regelsteuersatzes<br />

beim Einsatz in Fahrzeugverbrennungsmotoren bis zum 31. Dezember 2020 festgeschrieben ist. Demgegenüber<br />

besteht ein erhebliches Risiko des Anstiegs der Mineralölsteuer auf Diesel und Benzin (s. Abb. 3).<br />

Die Besteuerung von Diesel ist deutlich niedriger als die von Benzin, sodass eine Harmonisierung auf dem<br />

Niveau der Mineralölsteuer von Benzin Diesel deutlich verteuern würde.<br />

Dementsprechend ergibt sich für den Dieselbus im Vergleich zum Erdgasbus für den Zeitraum bis 2020 ein<br />

erhebliches betriebswirtschaftliches Risiko aus dem weiteren Anstieg der Mineralölsteuer auf Diesel. Die Entwicklung<br />

der Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel der letzten Jahre deutet darauf hin, dass dieses Risiko als<br />

vergleichsweise hoch einzuschätzen ist.<br />

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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

F. VORGEHENSWEISE DER BETRIEBSWIRTSCHAFT-<br />

LICHEN ANALYSE FÜR DEN KOSTENVERGLEICH<br />

„REFERENZFALL – ANSPRUCHSVOLLER UMWELT-<br />

STANDARD" BEI DEN UNTERSUCHTEN<br />

PRAXISFÄLLEN BVG UND SVF<br />

I. Definition des Referenzfalls<br />

Die betriebswirtschaftliche Analyse wurde konzipiert als Kostenvergleich zwischen Omnibussen, die dem definierten<br />

Referenzfall und Omnibussen, die dem anspruchsvollen Umweltstandard entsprechen. Tabelle 6 zeigt für<br />

die BVG und die SVF jeweils die entsprechenden Betrachtungsrahmen.<br />

Tabelle 6 Gegenüberstellung „Referenzfall – Anspruchsvoller Umweltstandard"<br />

Omnibusse<br />

Referenzfall (Euro 3, < 80 dB (A)) Anspruchsvoller Umweltstandard (EEV, < 78 dB (A))<br />

Anzahl<br />

BVG Diesel (Volvo) mit CRT (real) Diesel (Volvo) mit VEC-System 22 (SL)<br />

SVF Diesel mit CRT (fiktiv) Erdgas (MAN) 11 (SL)<br />

11 (SGL)<br />

Quelle: Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft – 22. BImSchV.<br />

II. Grundsätzliche Vergleichsfelder Euro 3 – EEV<br />

Grundsätzlich wurden die Bereiche Fahrzeuge, Verkehr (verkehrliche Einsatzbedingungen) und Betrieb<br />

betrachtet, in Bezug auf die Systemunterschiede und die sich daraus ergebenden Kostenunterschiede zwischen<br />

Euro 3- und EEV-Fahrzeugen. Abbildung 4 stellt die Vorgehensweise prinzipiell und auszugsweise beispielhaft<br />

für die SVF dar.<br />

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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

Abbildung 4: Vorgehensweise und Betrachtungsfelder der betriebswirtschaftlichen Analyse<br />

(beispielhaft für den Praxisfall SVF, Auszug)<br />

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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

III. Betrachtungsebenen<br />

Für die Betrachtung wurden folgende zwei Ebenen gewählt:<br />

❍ „Statische Betrachtung"<br />

Im Rahmen dieser Betrachtung werden jeweils vollständige Flotten nach Referenzfallstandard (Euro 3<br />

mit CRT) und nach anspruchsvollen Umweltstandards (EEV-Diesel bzw. EEV-Erdgas) miteinander verglichen.<br />

❍ „Flottenbetrachtung"<br />

In Anbetracht der vorgezeichneten Entwicklung des Ordnungsrahmens ist eine statische Betrachtung<br />

nur beschränkt aussagefähig. Da in naher Zukunft höhere Umweltstandards (s. Abb. 5) zu erfüllen sind<br />

und dies nicht mit der für den Referenzfall unterstellten Technik (Euro 3-Motoren mit CRT) zu erbringen<br />

sein wird, werden die Fahrzeugflotten bei kontinuierlicher Erneuerung zwangsläufig sukzessive mit<br />

Fahrzeugen, die den anspruchsvollen Umweltstandard (Euro 5 und höher) erfüllen, auf dem Wege der<br />

Ersatzbeschaffung zu bestücken sein.<br />

? zwei Überschriften ?<br />

Abbildung 5: Vorgezeichnete Verschärfung der Abgasnorm (Termine Typprüfung)<br />

Ausgehend von den vorstehend dargestellten Änderungen des Ordnungsrahmens wird sich der Busbestand<br />

in den nächsten Jahren verändern. Die Beschaffung von Bussen mit anspruchsvollem Umweltstandard ergibt<br />

sich zwangsläufig. Allerdings werden Busse, die derzeit nur mit gesetzlichem Mindeststandard beschafft werden,<br />

noch langjährig den Busbestand mitprägen (s. Abb. 6).<br />

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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

Abbildung 6: Auswirkungen der Änderung des umweltseitigen Ordnungsrahmens auf die<br />

Zusammensetzung des Busbestands (Beispiel für betriebsgewöhnliche<br />

Nutzungsdauer der Busse von zwölf Jahren)<br />

Für die durchgeführte Untersuchung wurde unterstellt:<br />

❍ Die Euro 4-Norm kann mit fortentwickelter Referenztechnik (Euro 3-Motor mit CRT) erreicht werden,<br />

wobei hier angenommen wird, dass sich die Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht erhöhen.<br />

❍ Zur Erreichung der Euro 5-Norm sind technische Veränderungen in der Art der hier in die Betrachtung<br />

einbezogenen EEV-Fahrzeuge (anspruchsvoller Umweltstandard) notwendig, mit entsprechender Erhöhung<br />

der Anschaffungs- und Herstellungskosten.<br />

❍ Entsprechend sind Kostenvorteile durch Anschaffung von Euro 3-Bussen mit CRT bzw. kostenseitig<br />

gleichwertiger Euro 4-Busse nur noch bis 2006, allenfalls bis 2009 möglich.<br />

❍ Dieser Vorteil wäre, ausgehend von betrieblichen Nutzungsdauern von acht bis zwölf Jahren und kontinuierlicher<br />

Bestandserneuerung, somit nur für einen geringen Teil der Flotte erschließbar. Spätestens ab<br />

2009 werden höhere Umweltstandards obligatorisch, die in Anbetracht der heutigen technischen Entwicklung<br />

dann sicherlich das technische Niveau der heutigen EEV-Busse (inkl. Lärmminderungsmaßnahmen)<br />

haben werden.<br />

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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

IV. Ausgestaltung des betriebswirtschaftlichen Kostenvergleichs<br />

Der Kostenvergleich zwischen dem Referenzfall und den EEV-Fahrzeugen (inkl. Lärmminderung) erfolgt selektiv<br />

und bezieht daher nur solche Kosten in die Betrachtung ein, die Systemunterschiede charakterisieren.<br />

Bei der Betankung wird von den in den Praxisfalluntersuchungen angetroffenen Marktmodellen ausgegangen:<br />

■ BVG:<br />

Das Unternehmen hält eigene Dieseltankstellen vor; Kapital-, Instandhaltungs- und Betriebskosten (Strom,<br />

Renigung, Abrechnung usw.) fallen beim Verkehrsunternehmen an.<br />

■ SVF:<br />

Die Erdgastankstelle ist Eigentum der Stadtwerke und wird von diesen betrieben; beim Verkehrsunternehmen<br />

fallen beim Einsatz von Erdgasbussen keine Kapital-, Instandhaltungs- und Betriebskosten (Strom, Reinigung,<br />

Abrechnung usw.) für die Tankstelle an; entsprechende Kosten sind im Erdgasabgabepreis an SVF berücksichtigt.<br />

Struktur und Inhalt des Kostenvergleichs fasst Tabelle 7 zusammen.<br />

Tabelle 7 Struktur und Inhalt des Kostenvergleichs zwischen Referenzfahrzeugen und EEV-Bussen<br />

Kostengruppen/-arten/-annahmen Bemerkungen<br />

Kapitalkosten Kalkulatorische Über betriebs- Einbeziehung von:<br />

Abschreibungen gewöhnliche ■ Bussen Busse: in Varianten<br />

Nutzungsdauer ■ Werkstattausstattungen acht bis zwölf Jahre<br />

(Spezialwerkzeuge) für Busse;<br />

■ Abstellanlagen Ohne und mit<br />

(z.B. Gaswarnanlage) Berücksichtigung<br />

Ohne Tankstellen (s.u. von Zuschüssen<br />

„Marktmodell Tankstelle")<br />

Kalkulatorische<br />

Zinsen 6,5%<br />

Treibkraft Diesel Preise aus Praxisfall- Abzüglich Steueruntersuchung<br />

rückerstattung<br />

Erdgas gemäß MinöStG<br />

Betankung Diesel (Verbrauch x Personalkosten Zzgl. Betriebskosten<br />

je Zeiteinheit)/Durchflussmenge der Tankstelle<br />

je Zeiteinheit (bei Eigenbetreibung<br />

durch BVG)<br />

Erdgas Keine Betriebs-/Unterhaltungskosten<br />

der Tankstelle<br />

bei SVF bzw. Verkehrsunternehmen<br />

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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

Kostengruppen/-arten/-annahmen Bemerkungen<br />

Fahrzeug- Planmäßige Material Analytische Ermittlung nach Herstellerangaben zu Instandinstand-<br />

Instandhaltung Fremdleistungen haltungsintervallen und bei Unternehmen ermittelten Preisen<br />

haltung Personal<br />

Außerplan- Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit der betrachtungsremäßige<br />

Instand- levanten Komponenten (da bei Neufahrzeugen geringe<br />

haltung Ausfallwahrscheinlichkeit) in Abstimmung mit Unternehmen;<br />

Abgleich mit den tatsächlichen Ausfällen nach ca. einem Jahr<br />

Projektlaufzeit<br />

Betriebskosten Material Betriebskosten für sicherungstechnische Anlagen bei Gasbus-<br />

Fremdleistungen einsatz<br />

Personal<br />

Wagnisse Besteuerung von Wegfall Steuer- auf Diesel gemäß MinöStG<br />

Diesel (nur relevant ermäßigung<br />

in Verbindung mit<br />

Gasbus) Erhöhung Angleichung der Mineralölsteuer von Diesel an Vergaserkraft-<br />

Mineralölsteuer stoff<br />

auf Diesel<br />

Restwertrisiko Abschreibungen für Minderung des Veräußerungserlöses bei Notwendigkeit<br />

der vorzeitigen Aussonderung von Bussen unterhalb von EEV<br />

nach 2010 auf Grund von Einsatzrestriktionen<br />

Betriebsrisiko Mehrkosten/ wegen Linienverlaufänderungen Einsatzbeschränkungen für<br />

Mindererlöse Busse unterhalb EEV nach 2010 mit Folge von z.B. Linienverlängerungen,<br />

Zwangsweise Haltestellenverlegung mit Verschlechterung<br />

der Erreichbarkeit für Fahrgäste<br />

Die Abschreibungen wurden jeweils aus den vollen – nicht um Restwerte gekürzten – Anschaffungs- und Herstellungskosten<br />

und der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer berechnet, wobei betrachtungsrelevant nur die<br />

Unterschiede der Anschaffungs- und Herstellungskosten zwischen Euro 3 und EEV-Diesel bzw. EEV-Erdgas sind.<br />

Die generelle Vernachlässigung von Restwerten bei der Ermittlung der Abschreibungen ist unschädlich. Zum<br />

Einen wird von der – im folgenden Exkurs begründeten – Annahme ausgegangen, dass die Restwerte (prozentual<br />

bezogen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten) unabhängig vom Antriebssystem (Diesel, Erdgas)<br />

sind und daher der Abschreibungssatz systemunabhängig konstant ist. Zum Zweiten ist die generelle Vernachlässigung<br />

der Restbuchwerte unkritisch, da in der durchgeführten Betrachtung nur Unterschiede zwischen nach<br />

gleichen Prämissen – insbesondere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer – ermittelten Kosten unterschiedlicher<br />

Systeme (Euro 3, EEV-Diesel, EEV-Erdgas) ermittelt werden und nicht die absolute Höhe der Kosten und damit<br />

der Abschreibungen, auf die die Berücksichtigung von Restwerten (größer Null) Einfluss hätte.<br />

32


?<br />

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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

V. Exkurs: Systemunabhängigkeit der Fahrzeugrestwerte<br />

Für die in den Systemvergleich einbezogenen Busse – Euro 3 (mit CRT), EEV-Diesel und EEV-Erdgas – werden<br />

einheitliche Restwerte unterstellt. In Abhängigkeit von der Nutzungsdauer ergeben sich nach bei einem Fahrzeughersteller,<br />

bei WIBERA-Mandanten und im Internet recherchierten Angaben für Dieselbusse folgende Restwerte,<br />

bezogen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten die in Abbildung 7 dargestellten Zusammenhänge.<br />

Abbildung 7: Restwerte<br />

In der durchgeführten Betrachtung wird davon ausgegangen, dass für Erdgasbusse (EEV) in den Jahren nach<br />

2010 – die aus heutiger Sicht betrachtungsrelevant sind – analoge Restwerte wie für Dieselbusse unterstellt werden<br />

können bzw. die Frage des Restwerts grundsätzlich eher nachrangig ist, und zwar aus folgenden Gründen:<br />

■ die Fahrzeughersteller nehmen derzeit gebrauchte Diesel- und Erdgasbusse im Rahmen von Ersatzbeschaffungen<br />

zu identischen Konditionen (relative Restwerte bezogen auf Anschaffungs-/Herstellungskosten) in Zahlung,<br />

■ die Unternehmen erzielen nach von uns vorgenommenen Abfragen bei Unternehmen bei einer Direktvermarktung<br />

von Dieselbussen keine die Herstellereinkaufspreise übersteigenden höheren Verkaufserlöse. Aktuell<br />

wird eine rückläufige Nachfrage nach Omnibussen bei den Unternehmen festgestellt,<br />

■ die Nachfrage nach gebrauchten Fahrzeugen wird sich zukünftig kaum verbessern, weil insbesondere in<br />

Deutschland der ÖPNV-Markt kein Wachstumsmarkt ist. Fahrzeughersteller werden somit Neufahrzeuge<br />

wahrscheinlich auch in Zukunft zu derzeitigen Konditionen zurücknehmen,<br />

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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

■ je höher die Nutzugsdauer der Dieselbusse, desto geringer der Restwert und damit der – mögliche bzw.<br />

behauptete – Restwertvorteil des Dieselbusses gegenüber dem Erdgasbus. Bei einer Nutzungsdauer von<br />

zwölf Jahren ist allenfalls mit einem Restwert und damit Erlösvorteil bei Dieselbussen von 5 % bis 10 % zu<br />

rechnen, davon ausgehend, dass für Erdgasbusse allenfalls der Schrottpreis erzielt wird,<br />

■ (Diesel-) Busse mit derzeitigem Umweltmindeststandard (Euro 3) werden ab 2008/2009 mit In-Kraft-Treten<br />

der Euro 5-Nom – nach Erfahrungen aus dem PKW-Sektor (z.B. nach der Einführung der Katalysatortechnik)<br />

– vermutlich schwerer verkäuflich werden,<br />

■ mit der Ausweitung des Erdgastankstellennetzes in Verbindung mit den Treibkraftkostenvorteilen werden<br />

in Zukunft die Barrieren für den Einsatz von gebrauchten Erdgasfahrzeugen sinken und eher betriebswirtschaftliche<br />

Überlegungen das Erwerbsinteresse steigern,<br />

■ bei einer zunehmenden internationalen Ausweitung des Erdgasfahrzeugeinsatzes – derzeit sollen 5,7 Millionen<br />

Fahrzeuge (lt. homepage: IMPCO Technologies 16804 Gridley Place Cerritos, CA 90703) im Einsatz sein<br />

(bei 800 Millionen weltweiter Bestand und prognostiziertem Wachstum auf 1,3 Milliarden Fahrzeuge im<br />

Jahre 2020) – ist zunehmend auch von einer Ausweitung des Gasbuseinsatzes auszugehen, insbesondere<br />

auch in Entwicklungsländern, wie die nachstehende Presseinformation zeigt. In Europa ist der Einsatz derzeit<br />

noch vergleichsweise gering. Der nach Eigenauskunft europäische Marktführer NEOMAN Bus GmbH<br />

hatte bis Jahresende 2003 immerhin insgesamt 1 041 MAN-CNG-Linienbusse in Deutschland und Europa<br />

ausgeliefert, was gemessen an einem Linienbusbestand von etwa 40 000 Bussen in Deutschland allerdings<br />

noch gering ist.<br />

Indien steigt auf Erdgasbusse um (business.indian-network.de/ artikel/automobil-erdgasbus)<br />

Delhi. Nach einem Beschluss der indischen Regierung sollen in größeren Städten mit Smogproblemen künftig<br />

nur noch Busse mit Erdgasantrieb fahren. In Neu Delhi sind es derzeit mehr als 500 Stück.<br />

Schon in diesem Sommer soll Indien über die weltweit größte Flotte an Erdgasbussen verfügen. Innerhalb<br />

der nächsten zwei Jahre sind über 15 000 Fahrzeuge vorgesehen. Die Busse werden teils umgerüstet, teils ab<br />

Werk mit Erdgasantrieb ausgestattet. Der führende Bushersteller Ashok Leyland hat zunächst 4 000 Gasversorgungssysteme<br />

bei dem kalifornischen Unternehmen Impco Technologies, Inc. bestellt. Laut Impco hat der Auftrag<br />

einen Wert von vier Millionen US-Dollar. Weitere Aufträge über 15 Millionen US-Dollar werden innerhalb<br />

von zwei Jahren erwartet. Mit dem Erdgasprojekt will Indien nicht nur die Luftverschmutzung verringern, sondern<br />

auch die Nutzung heimischer Energie fördern. Die Gesamtzahl an Bussen in Indien wird auf mehr als<br />

neun Millionen geschätzt.<br />

Quelle: Global Press Nachrichtenagentur (gefunden von Tomal K. Ganguly)<br />

Für gravierende Restwertrisiken bei Erdgasbussen im Vergleich zu Dieselbussen sind kurz-, mittel- und langfristig<br />

keine Anhaltspunkte feststellbar. Mit dem Ausbau des Gastankstellennetzes reduzieren sich mittel- und<br />

langfristig die Barrieren für den Erdgasbuseinsatz, sodass sich bedingt durch Kraftstoffkostenvorteile eine entsprechende<br />

Nachfrage nach gebrauchten Erdgasbussen herausbilden wird. Im Übrigen ist in verschiedenen<br />

(ost)europäischen Ländern entsprechende Tankstelleninfrastruktur für Erdgasfahrzeuge vorhanden.<br />

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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

VI. Exkurs: Verwertungsrisiken von Fahrzeugen unterhalb der EEV-Norm nach 2010<br />

Mit der Etablierung höherer Umweltstandards, insbesondere nach 2010, ist ein Risiko der vorzeitigen Aussonderung<br />

von noch bis 2008/2009 angeschaffter Euro 3- bzw. Euro 4-Busse nicht auszuschließen. Ursache hierfür<br />

kann die generelle bzw. punktuelle Forderung von Aufgabenträgern zum Einsatz von Fahrzeugen anspruchsvoller<br />

Umweltstandards oder die Nichterfüllung von Emissionsstandards sein.<br />

Abbildung 8: Möglicher Verlust bei erforderlicher Veräußerung, deutlich vor Erreichung der<br />

betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (hier acht bzw. zwölf Jahre)<br />

Fahrzeuge, die in den Jahren 2004 bis 2009 noch mit einem niedrigeren Umweltstandard beschafft werden,<br />

wären bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von acht bis zwölf Jahren im Zeitraum 2012 bis 2021 planmäßig<br />

zu ersetzen. Insofern sich bis 2015 die Erwartungen der Aufgabenträger oder die Emissionsgrenzwerte<br />

den Einsatz von Bussen mit geringerem Umweltstandard einschränken bzw. verbieten, wären die betreffenden<br />

Busse nach allenfalls sechs bis zehn Jahren auszusondern.<br />

Die Abbildung 8 zeigt die Differenz zwischen den kalkulatorischen Restwerten, die sich bei üblicher linearer<br />

Abschreibung über acht bis zwölf Jahre bei den Unternehmen als so genannter Restbuchwert und den weitgehend<br />

darunter liegenden Verkehrswerten (Händlereinkaufswert) ergibt. Diese Differenz liegt zumeist deutlich<br />

über 10 %-Punkte bezogen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten, sofern mindestens drei Jahre vor Erreichung<br />

der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ein Bus veräußert werden muss.<br />

Dabei sind Risiken, dass der in Abbildung 8 dargestellte Verkaufserlös am Markt auf Grund des geringeren<br />

Umweltstandards nicht erzielt wird, nicht berücksichtigt. Da diese nicht unerheblich sind, wird generell die<br />

Annahme eines Wertverlusts von 10 %-Punkten bezogen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten der Fahrzeuge<br />

für angemessen gehalten. Dieser Wertverlust ist über entsprechende Wagniskosten in der Kostenvergleichsrechnung<br />

zwischen Referenz- und EEV-Bussen abzubilden.<br />

Der alternative Ansatz wäre die Berücksichtigung von Nachrüstungskosten für die Referenzfahrzeuge (Euro<br />

3-Dieselbusse) für emissionsmindernde Einrichtungen. D.h. die Wagniskosten entsprächen mindestens den<br />

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Anschaffungsmehrkosten des EEV-Dieselbusses (rd. 6 %). Die Nachrüstoption wird hier aber ausgeschlossen, da<br />

fraglich ist, ob eine Nachrüstung aller Bustypen – wie bei den Volvo-Bussen der BVG – ohne weiteres technisch<br />

möglich und vergleichbar günstig erfolgen kann.<br />

Darüber hinaus deutet eine Markterkundung zur Verwertbarkeit gebrauchter Dieselbusse im Ausland (Stand<br />

Dezember 2003) darauf hin, dass in vielen Ländern die ökologischen Ansprüche an das Fahrzeugmaterial ebenfalls<br />

zunehmen (s. Tab. 8). In den zehn neuen EU-Mitgliedsstaaten, von denen einige bislang klassische Exportmärkte<br />

für deutsche Dieselbusse waren, vollzieht sich diese Entwicklung automatisch aus der Übernahme der<br />

EU-Standards, wenn auch mit Übergangsfristen. Zu vermuten ist daher, dass insgesamt der internationale Sekundärmarkt<br />

für Fahrzeuge mit niedrigerem Emissionsstandard enger wird und das Restwertrisiko sukzessive steigt.<br />

Tabelle 8 Anforderungen an den Abgasstandard bei der Einfuhr von Bussen in<br />

ausgewählten Ländern (Stand: Dezember 2003)<br />

Abgasstand. Altersbeschr. Sonstiges<br />

(Importe) (Jahre)<br />

Euro-Stufe<br />

Bulgarien 0<br />

Rumänien 3** es wird vermutet, dass diese Länder eigene Bus-Produktion schützen wollen<br />

(ohne mit Sicherheit sagen zu können, ob sie über eine solche verfügen)<br />

Ungarn 3**<br />

Balten 1 internationale Linien/Reisebusse: Euro2, Binnenverkehr: Euro1<br />

Polen 2 bis 5<br />

Tschechien 2<br />

Slowakei bis 5<br />

Slowenien 2<br />

Kroatien 2** 7<br />

Bosnien 2* 10<br />

Serbien 2* 6<br />

Rußland 0 6 > 6 J. => Strafzoll von 3 EUR/ccm Hubraum; bei ca. 12-15 l ergibt sich ein<br />

Strafzoll von rund 45 000 EUR<br />

Ukraine 2*<br />

Türkei kein Gebrauchtmarkt für Deutsche Busse, da eigene Produktionsstätten<br />

(MAN, Mercedes)<br />

Naher Osten wird großteils durch Produktion in der Türkei bedient<br />

Israel seit 2000 verschärfte Einfuhrbestimmungen und EU-Normen für Komplettbusse;<br />

daher Tendenz zu Produktion vor Ort, z.B. durch Setra<br />

Mittlerer Osten zu hohe Transportkosten, kein relevanter Markt für deutsche Busse<br />

Indien<br />

China<br />

Senegal Afrika: grds. keine Einfuhrbeschränkungen; (einzelne Länder mit Altersbeschränkungen<br />

von z.B. 10 J.); Status quo & abseh bare Zukunft: Markt für<br />

alte Fahrzeuge vorhanden; ca. 20 J. alte Busse für 10 000 EUR<br />

Ghana<br />

Nigeria<br />

Österreich 2<br />

Schweden 0<br />

Griechenland bis 5<br />

Deutschland 0<br />

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Legende:<br />

* 2 Aussagen<br />

** mind. 3 Aussagen<br />

Allgemeine Aussagen aus der Markterkundung und Hinweise<br />

Zum Markt in Osteuropa, v.a. Rußland (außerhalb EU): Meist werden einfache Fahrzeuge gewünscht, die selbst repariert werden können.<br />

Deshalb könnte es ab Euro 3 schwieriger werden, Busse dorthin abzusetzen.<br />

Länder mit eigener Busproduktion haben einen Anreiz, hohe (Euro-)Standards zu fordern bzw. andere restriktive Beschränkungen zu<br />

erlassen. (siehe evtl. Rumänien, Ungarn)<br />

Der Erlass von Beschränkungen ist schwer vorherzusehen und wird oft sehr kurzfristig wirksam; innerhalb von 4 - 6 Wochen ist keine<br />

Seltenheit (Russld.: 6 Wo.)<br />

Die Einführung von Importbeschränkungen in anderen Ländern hat Rückwirkungen auf den innerdeutschen Gebrauchtmarkt. So sind<br />

u.a. durch die russischen Einfuhrzölle die Preise für die "Stille Reserve" von Dieselbussen um 50 % gesunken.<br />

Unter Umständen werden für Linienfahrzeuge (Binnenverkehr) niedrigere Standards gefordert, als für Reisefahrzeuge (Auslandsverkehr);<br />

s.a. Baltische Republiken<br />

Datenbeschaffung: Die Ausfuhr von Kraftfahrzeugen wir oft nicht deklariert, somit statistisch nicht en detail erfaßt<br />

Quellen: telef. Auskünfte von Herstellern und Botschaften, Internetrecherche im Dezember 2003 (TU Berlin)<br />

VII. Exkurs: Betriebsrisiken von Fahrzeugen unterhalb der EEV-Norm nach 2010<br />

Entsprechend der Fortentwicklung des umweltseitigen Ordnungsrahmens (s. Abschnitt ) sowie der Maßgaben<br />

von Aufgabenträgern im Wettbewerb sind zumindest punktuelle Einschränkungen des Einsatzes von Fahrzeugen<br />

unterhalb EEV nach 2010 nicht auszuschließen.<br />

Die Folge könnten Fahrverbote in emissionssensiblen Stadtbereichen (z.B. historische Altstädte, Fußgängerzonen,<br />

Durchgangsstraßen durch verkehrlich hochbelastete Gründerzeitviertel) sein mit der Folge von „Umleitungen".<br />

Infolgedessen ergeben sich Leistungsmehrkosten auf Grund von Mehrkilometern und vermutlich Erlösrückgängen<br />

in Folge einer schlechteren Erschließung und damit Erreichbarkeit für die Fahrgäste.<br />

Außerdem ergeben sich höhere Organisationskosten für eine emissionsdifferenzierte Einsatzplanung der<br />

Busse und ein kapazitätsoptimaler Einsatz der Fahrzeuge ist kaum noch möglich. Beispielsweise können Gelenkbusse,<br />

die den anspruchsvollen Umweltstandard nicht erfüllen, dann auf Linien eingesetzt werden, auf denen<br />

kein entsprechender Bedarf besteht, um eine Veräußerung der Busse mit Verlust zu vermeiden.<br />

Wir schätzen vorsichtig den sich daraus ergebenden negativen Gesamteffekt aus Leistungsmehrkosten und<br />

Erlösverlusten auf 0,5 % bezogen auf die derzeitigen Betriebskosten. Dies entspricht ca. 1 % der Fahrscheinerlöse<br />

(bei üblichen 50 % Kostendeckung).<br />

VIII. Exkurs: Risiken aus der Veränderung der Mineralölbesteuerung<br />

Risken sind in Bezug auf die Mineralölbesteuerung in der Möglichkeit des Wegfalls der Steuermäßigung<br />

sowie der Angleichung der Mineralölsteuer von Vergaserkraftstoff und Diesel denkbar. Diese sind in der vergleichenden<br />

Betrachtung für den Praxisfall SVF zwischen Erdgasbussen und Referenzfahrzeugen (Euro 3-Diesel) relevant.<br />

Der Mineralölsteuersatz für Erdgas ist bis 2020 im Gegensatz zu Dieselkraftstoff bereits gesetzlich verankert<br />

(s. Abb. 2, Tab. 5).<br />

37


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

Der Wegfall der Steuerermäßigung für Dieselkraftstoff würde zu Mehrkosten bei der Betreibung von Dieselbussen<br />

im Vergleich zu Erdgasbussen von 0,054 e je l führen, die Angleichung des (nicht ermäßigten) Steuersatzes<br />

für Diesel an den von Benzin würde zu weiteren Mehrkosten von 0,184 e je l führen (s. Tab. 5). Geht man<br />

davon aus, dass dies in den Jahren 2013 bis 2015 der Fall sein könnte, sind die sich gegenüber dem Status quo<br />

von heute ergebenden Mehrkosten für den Diesel jeweils in einem Zeitraum bis 2020 berechenbar. Dieser<br />

Betrachtungszeitraum wird gewählt, da mit einer heutigen strategischen Investitionsentscheidung für Dieselbusse<br />

längerfristig – zumindest bis 2020 – keine Beschaffung von Erdgasbussen erfolgen wird und erst die eventuellen<br />

Steueranpassungen zu Ungunsten des Dieselantriebs in den Jahren nach 2013 bzw. 2015 später zu einer<br />

nennenswerten Flottenumstellung auf Erdgas führen werden. Die Betrachtung umfasst somit etwa die Nutzungsperiode<br />

eines Busses.<br />

Tabelle 8 zeigt den Barwert der Steuermehrbelastung je Dieselbus im Bestand, in Abhängigkeit von der Jahreslaufleistung<br />

und dem spezifischen Verbrauch, bezogen auf den 1. Januar 2005 für den Fall, dass bereits ab<br />

dem Jahr 2013 die Mineralölsteuerrückerstattung und/oder der Mineralölsteuervorteil des Diesels gegenüber<br />

dem Benzin wegfallen. Je höher Jahreslaufleistung und spezifischer Verbrauch je Bus, um so größer ist das in<br />

den Wagniskosten abzubildende Risiko aus der Änderung der Dieselbesteuerung.<br />

Tabelle 9 Kostenseitige Bewertung des Risikos des Wegfalls der Mineralölsteuererstattung<br />

ab 2013 für den Zeitraum bis 2020<br />

Sofern 2013 die Mineralölbesteuerung zu Ungunsten von Dieselkraftstoff geändert werden würde und/oder<br />

die Steuerrückerstattung entfiele, ergäbe sich hier ein Barwert der Wagniskosten in der Bandbreite von ca.<br />

4 000 bis 30 000 e je Bus, wenn die Steuer von Diesel an die von Benzin angeglichen wird. D.h. selbst wenn erst<br />

in ca. acht Jahren die Steuerangleichung erfolgt, würden die Unterschiede in den Anschaffungskosten von Diesel-EEV-<br />

und Erdgas-EEV-Bussen ausgeglichen bzw. überkompensiert (s. Abschnitt H). Werden die Wagniskosten<br />

auf den Zeitraum 2005 bis 2020 sowie die Laufleistung pro Jahr verteilt, ergeben sich Wagniskosten von bis zu<br />

ca. 0,05 e/km.<br />

38


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />

Tabelle 10 Kostenseitige Bewertung des Risikos des Wegfalls der Mineralölsteuererstattung<br />

ab 2015 für den Zeitraum bis 2020<br />

Selbst wenn erst 2015 die Privilegierung der Dieselbesteuerung und/oder die Rückerstattung wegfallen würde<br />

(s. Tab. 10), verbleiben noch Wagniskosten von ca. 3 000 bis ca. 22 000 e, die die Beschaffungsmehrkosten für<br />

einen Erdgasbus immer noch ausgleichen würden (s. Abschnitt ). Werden die Wagniskosten auf den Zeitraum<br />

2005 bis 2020 sowie die Laufleistung pro Jahr verteilt, ergeben sich Wagniskosten von bis zu ca. 0,03 e/km.<br />

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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />

G. EINSATZ VON EEV-DIESELBUSSEN BEI DEN<br />

BERLINER VERKEHRSBETRIEBEN AÖR (BVG)<br />

I. Beschreibung des Praxisfalls BVG<br />

Bei der BVG wurden im Zeitraum August bis Dezember 2002 insgesamt 51 Normalbusse der Firma Volvo mit<br />

CRT zum Einsatz vom Betriebshof Berlin-Zehlendorf aus beschafft. Von diesen Bussen wurden 25 Fahrzeuge im<br />

Zeitraum bis März 2003 mit dem so genannten VEC-System – zur Erlangung der EEV-Norm – nachgerüstet.<br />

Die Referenz- und EEV-Fahrzeuge lassen sich entsprechend den Angaben in Tabelle 11 näher spezifizieren.<br />

Tabelle 11 Spezifizierung der Referenz- und EEV-Fahrzeuge im Praxisfall BVG –<br />

Unternehmens- und Fahrzeugdaten<br />

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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />

Die betrieblichen Einsatzbedingungen stellen sich nach Auskunft bzw. Unterlagen der BVG gemäß den in<br />

Tabelle 12 zusammengestellten Eckdaten dar.<br />

Tabelle 12 Betriebliche Buseinsatzparameter der BVG<br />

Die EEV-Busse ermöglichen die Abwicklung des Fahrplanprogramms in gleicher Weise wie die bisher eingesetzten<br />

Fahrzeuge.<br />

II. Leistungsmehrkosten der EEV-Dieselbusse im Vergleich zu den Referenzfahrzeugen (Diesel,<br />

Euro 3 mit CRT)<br />

In Tabelle 13 sind die Leistungsmehrkosten des in der Praxisfalluntersuchung einbezogenen EEV-Dieselbusses<br />

(Normalbus) gegenüber dem Referenzfahrzeug (Diesel, Euro 3 mit CRT) zusammengefasst.<br />

Tabelle 13 Leistungsmehrkosten des EEV-Dieselbusses gegenüber dem Referenzfahrzeug<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT) unter den Einsatzbedingungen der BVG<br />

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Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />

Für die EEV-Dieselbusse (Volvo-Normalbus) ergeben sich unter den spezifischen Bedingungen der BVG (Jahreslaufleistung<br />

65 000 km je Bus, Verbrauch ca. 50 l je 100 km) Leistungsmehrkosten von rd. 0,03 e je km gegenüber<br />

dem Referenzdieselbus (Euro 3 mit CRT). Die Mehrkosten resultieren im Wesentlichen aus den höheren<br />

Anschaffungskosten, die aus dem VEC-System herrühren. Grundsätzlich dürfte beim Gelenkbus vom gleichen<br />

systembedingten Kostenunterschied ausgegangen werden, da die Mehrkosten nur durch das von Gefäßgrößen<br />

unabhängige VEC-System bestimmt werden.<br />

Die Leistungsmehrkosten betragen, bezogen auf die Leistungserstellungskosten der BVG insgesamt, etwa 0,7 %,<br />

was als nicht signifikant und erfahrungsgemäß durch anderweitige betriebliche Maßnahmen kompensierbar ist.<br />

Der höhere Standard würde daher kaum zu einem Wettbewerbsnachteil in einem zukünftigen Ausschreibungswettbewerb<br />

im ÖPNV führen.<br />

Geht man davon aus, dass die Referenzfahrzeuge auf Grund der bereits heute gesetzlich fixierten höheren<br />

Umweltnormen ab 2010 möglicherweise – ggf. auch auf Grund von umweltseitigen Standardvorgaben im Ausschreibungswettbewerb<br />

der ÖPNV-Aufgabenträger – nicht oder nur noch beschränkt einsatzfähig sind, bestehen<br />

aus heutiger Sicht für diese Fahrzeuge in der Zukunft Einsatzrisiken (Nichteinsetzbarkeit in der Zeit nach 2010).<br />

Diese wurden als Wagniskosen berücksichtigt, die die Leistungsmehrkosten unter Umständen deutlich übersteigen.<br />

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Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />

III. Bestimmung der Leistungsmehrkosten der EEV-Dieselbusse im Vergleich zu den Referenzfahrzeugen<br />

1 Kapitalkosten<br />

Die Kapitalkosten für Omnibusse unter den Randbedingungen der BVG enthält Tabelle 14.<br />

Tabelle 14 Auswirkungen der Anschaffungsmehrkosten von EEV- gegenüber Referenzbussen<br />

auf die Kapitalkosten (ohne und mit spezifischer Förderung)<br />

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Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />

Aus der Beschaffung der EEV-Dieselbusse erwächst kein zusätzlicher Investitionsbedarf, z.B. in Werkstattausrüstungen<br />

und ähnliches gegenüber dem Referenzfall (Diesel, Euro 3 mit CRT). Damit ergeben sich außer aus<br />

den Fahrzeuganschaffungskosten keine weiteren Quellen für Kapitalmehrkosten beim EEV-Dieselbus.<br />

2 Kraftstoffkosten<br />

Der Kraftstoffverbrauch (Diesel) wurde für die Gruppen der technisch weitgehend ähnlichen Referenz- und<br />

EEV-Busse für das Jahr 2003 beobachtet und miteinander verglichen.<br />

Abbildung 9 verdeutlicht, dass die EEV-Busse einen geringfügig niedrigeren Kraftstoffverbrauch als die Referenzbusse<br />

und andere Vergleichsfahrzeuge mit niedrigerer Euro-Norm haben. Als Ursache hierfür wird die elektronisch<br />

optimierte Abgasrückführung genannt. Der auffällige Verbrauchsunterschied zwischen den Euro 2-Bussen<br />

war von BVG nicht ad hoc erklärbar. Die Fahrzeuge sind gleich ausgestattet (Klimaanlage, Kneeling-Funktion).<br />

Die Ursache wurde in den spezifischen Einsatzbedingungen auf den sog. Stammlinien vermutet.<br />

Abbildung 9: Dieselverbrauch in l je 100 km im Jahr 2003 für EEV-Dieselbusse,<br />

Referenzfahrzeuge (Euro 3 mit CRT) und anderweitige Busse<br />

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Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />

Danach ergeben sich die in Tabelle 14 zusammengestellten Kraftstoffkostenunterschiede, die zum Vorteil des<br />

EEV-Busses ausfallen.<br />

Tabelle 14 Kraftstoffkostenunterschied zwischen EEV- und Referenzbus (Euro 3 mit CRT)<br />

3 Betankungskosten<br />

Die Betankungskosten betreffen nur die Kosten für den zeitlichen Aufwand der Betankung. Kapital-, Instandhaltungs-<br />

und Betriebskosten der Tankstelle sind hier nicht einbezogen worden.<br />

Auf Grund der vergleichsweise geringen Unterschiede der Dieselverbräuche ergeben sich keine relevanten<br />

Unterschiede hinsichtlich der Betankungskosten wie Tabelle 15 zeigt.<br />

45


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Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />

Tabelle 15 Ermittlung der Betankungskosten<br />

4 Betriebskosten<br />

Betriebskosten im Sinne des hier durchgeführten Systemvergleichs betreffen Kosten aus dem Betrieb systemspezifischer<br />

Anlagen. Für EEV-Dieselbusse gibt es gegenüber den Referenzfahrzeugen (Euro 3) keine höheren<br />

Kosten. Damit besteht kein Betriebskostenunterschied zwischen beiden Systemen.<br />

5 Instandhaltungskosten<br />

Diese Kosten betreffen die Instandhaltung der Komponenten, die in den Systemen EEV-Diesel und Referenzfahrzeug<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT) unterschiedlich sind.<br />

Zu unterscheiden ist zwischen planmäßiger und außerplanmäßiger Instandhaltung.<br />

Die Kostenunterschiede in der planmäßigen Instandhaltung enthält Tabelle 16.<br />

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Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />

Tabelle 16 Kostenunterschied EEV-Diesel gegenüber Euro 3-Diesel bei der planmäßigen<br />

Fahrzeuginstandhaltung<br />

Da im Betrachtungsjahr, dem ersten Betriebsjahr der EEV-Busse, keine Ausfälle der EEV-Komponenten zu verzeichnen<br />

waren, wurden die Unterschiede in den Instandhaltungskosten der beiden Systeme von der WIBERA<br />

gemeinsam mit der BVG analytisch ermittelt.<br />

Tabelle 17 zeigt die Komponenten, die den EEV-Dieselbus von den Referenzfahrzeugen (Euro 3 mit CRT) unterscheiden<br />

sowie die zugehörige analytische Kostenermittlung, nach der sich die Mehrkosten für den EEV-Bus<br />

unter den Einsatzbedingungen der BVG (65 000 km Jahreslaufleistung, acht Jahre Nutzungsdauer) ergeben.<br />

Dabei wurde die Ausfallhäufigkeit gemeinsam mit BVG geschätzt, da auskunftsgemäß im Oktober 2003 noch<br />

keine Ausfälle zu verzeichnen waren. Die nachrichtlich im September 2004 zur Verfügung gestellten Daten<br />

bestätigen die Ansätze, dass die betreffenden Komponenten einmal über die Nutzungsdauer von acht Jahren bei<br />

der BVG defekt sind, als eher vorsichtig.<br />

Tabelle 17 Mehrkosten – außerplanmäßige Instandhaltung – der EEV-Busse gegenüber<br />

den Referenzfahrzeugen (Euro 3 mit CRT)<br />

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Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />

Insgesamt ergeben sich Mehrkosten in der Fahrzeugeinstandhaltung für den EEV-Bus von (aufgerundet) 0,02 e<br />

je km.<br />

6 Wagniskosten<br />

Die Wagniskosten betreffen den Referenzbus (Euro 3 mit CRT) und stellen somit einen Kostenvorteil für den<br />

EEV-Dieselbus dar.<br />

Die in den Abschnitten und grundsätzlich erläuterten und bei der Beschaffung von Bussen unterhalb der<br />

Norm EEV zu berücksichtigten Wagnisse, stellen sich für den untersuchten Praxisfall BVG entsprechend Tabelle<br />

18 dar.<br />

Tabelle 18 Wagnisse bei Ersatzbeschaffung von Euro 3-/Euro 4-Bussen<br />

Abbildung bzw. Tabelle fehlt<br />

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Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />

Bei der Beurteilung des Verwertungsrisikos wird davon ausgegangen, dass die Fahrzeuge nach sechs Jahren<br />

Nutzung – im Zeitraum 2011 bis 2015 – vorzeitig veräußert werden müssen und gegenüber dem derzeitigen Verkehrswert<br />

für Fahrzeuge dieses Alters ein Mindererlös in Höhe von 10 %, bezogen auf die Anschaffungs-/Herstellungskosten<br />

entsprechend 23 000 e, entsteht. Dieser eventuelle Mindererlös ist auf die Vorjahre als Wagniskosten<br />

gleichmäßig aufzuteilen. Bei der Laufleistung von 65 000 km pro Bus und Jahr ergeben sich für die spezifischen<br />

Verhältnisse der BVG entsprechende Wagniskosten von 5,01 eCent je km.<br />

Das Betriebsrisiko bildet wie in Abschnitt dargestellt, betriebliche Einschränkungen des Einsatzes der Busse<br />

mit Umweltstandard unter EEV ab. Diese werden hier mit 0,5 % bezogen auf die Betriebskosten bewertet. Ausgehend<br />

von einer Nutzungsdauer von acht Jahren wären die noch bis maximal 2009 beschaffbaren Busse mit<br />

einem Standard unterhalb EEV bis 2013 bzw. 2017 im Einsatz. Da ab 2010 mit Nutzungseinschränkungen gerechnet<br />

wird, ergäbe sich somit durchschnittlich eine Nutzungseinschränkung von über fünf Jahren pro Bus. Die sich<br />

aus der Nutzungseinschränkung ergebenden Mehrkosten wären bei der Anschaffung als Wagniskosten – verteilt<br />

auf die Gesamtnutzungsdauer von acht Jahren – zu berücksichtigen.<br />

IV. Flottenbetrachtung<br />

Die Leistungsmehrkosten des EEV-Dieselbusses gegenüber dem Referenzfahrzeug (Euro 3 mit CRT) unter den<br />

spezifischen BVG-Bedingungen betragen rd. 0,03 e je km (s. Abschnitt F. II).<br />

Eine solche „statische" Kostenbetrachtung ist vor dem Hintergrund der bereits fixierten Inkraftsetzung höherer<br />

Abgasnormen bis zum 01.10.2008 (Euro 5) nur sehr eingeschränkt zutreffend, da vom Stand der heutigen<br />

technischen Entwicklung aus keine Lösung zu erkennen ist, die ohne Mehrkosten die höhere Norm erreichen<br />

lässt. Demzufolge können – wie bereits erwähnt – aufgrund von Übergangsfristen allenfalls noch bis Ende 2009<br />

Fahrzeuge mit dem niedrigem Standard geliefert werden. Der Leistungskostenvorteil wäre also allenfalls noch<br />

für die bis 2009 zu beschaffenden Fahrzeuge ausschöpfbar.<br />

Ausgehend von einer angestrebten Nutzungsdauer der Fahrzeuge von acht Jahren bei der BVG, wären bei<br />

kontinuierlicher Erneuerung nur noch für die Jahre 2005 bis 2009, entsprechend fünf Jahre bzw. für 60 % der<br />

Flotte, die Kostenvorteile nutzbar, die man hätte, wenn man anstatt des überobligatorischen EEV-Standards Fahrzeuge<br />

nur mit dem jeweils gesetzlichen Mindeststandard unterhalb Euro 5 (der hier technisch und kostenseitig<br />

weitgehend mit dem EEV-Standard gleichgesetzt wird) einsetzt. D.h., langfristig „flottenbezogen" über einen<br />

Fahrzeugerneuerungszyklus betrachtet, ergeben sich bei sofortiger Beschaffung von Fahrzeugen mit EEV-Standard<br />

Leistungsmehrkosten von etwa<br />

0,6 x 0,03 e je km = 0,018 e je km.<br />

x 65.000 km je Bus und Jahr<br />

= 1 170 e je Normalbus und Jahr.<br />

Bezogen auf die Leistungserstellungskosten von etwa 4,40 e je km ergeben sich für die Flotte insgesamt<br />

Leistungsmehrkosten von nur 0,4 % bei sofortiger Anschaffung der EEV-Busse gegenüber einer Beschaffung von<br />

Bussen mit gesetzlichem Mindeststandard.<br />

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Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />

H. EINSATZ VON EEV-ERDGASBUSSEN BEI DER<br />

STADTVERKEHRSGESELLSCHAFT FRANKFURT<br />

(ODER) MBH (SVF)<br />

I. Beschreibung des Praxisfalls SVF<br />

Bei der SVF wurden im September 2002 bzw. im März 2003 jeweils elf Normal- und Gelenkbusse mit Erdgasantrieb<br />

angeschafft. Die EEV-Fahrzeuge lassen sich gemäß den Angaben in Tabelle 19 spezifizieren.<br />

Tabelle 19 Spezifizierung der EEV-Erdgasfahrzeuge im Praxisfall SVF<br />

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Die Referenzfahrzeuge sind vergleichbare Dieselbusse (Normal- und Gelenkbusse) der Firma MAN.<br />

Die betrieblichen Einsatzbedingungen stellen sich nach Auskunft bzw. Unterlagen der SVF entsprechend den<br />

Eckdaten in Tabelle 20 dar.<br />

Tabelle 20 Betriebliche Buseinsatzparameter der SVF<br />

Insgesamt werden bei der SVF Busleistungen von ca. 1,3 Millionen Fahrplan-km erbracht, davon von der SVF<br />

mit 22 Bussen ca. 870 000 km pro Jahr in Eigenleistung. Die durchschnittliche Laufleistung dieser 22 Busse von<br />

38 000 km bzw. 41 000 km je Erdgasbus ergeben sich aus den betrieblichen Aufzeichnungen zur Betankung.<br />

Mit der Beschaffung der Erdgasbusse wurde der vorherige Busbestand von elf Dieselnormal- und elf Dieselgelenkbussen<br />

gleichzeitig vollständig ersetzt.<br />

Die EEV-Busse ermöglichen die Abwicklung des Fahrplanprogramms in gleicher Weise wie die vorher eingesetzten<br />

Fahrzeuge. Änderungen am Fahrplan (Reisezeiten) waren nicht erforderlich.<br />

Einschränkungen in der Beförderungskapazität im Vergleich zu den Referenzfahrzeugen bestehen nicht.<br />

Die Erdgastankstelle steht außerhalb des Betriebshofs, jedoch unmittelbar an der Einfahrt, sodass gegenüber<br />

der jetzigen Dieseltankstelle keine längeren bzw. zusätzlichen Betriebsfahrten notwendig sind. Wie bereits oben<br />

erwähnt, befindet sich die Erdgastankstelle im Eigentum der Stadtwerke Frankfurt (Oder) und wird von den<br />

Stadtwerken betrieben. Betriebs-, Instandhaltungs- und Kapitalkosten der Tankstellen fallen somit nicht bei der<br />

SVF an.<br />

II. Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzfahrzeugen<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />

In Tabelle 21 sind die Leistungsmehrkosten der in der Praxisfalluntersuchung einbezogenen EEV-Erdgasbusse<br />

gegenüber dem Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit CRT) zusammengestellt.<br />

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Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />

Tabelle 21 Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzfahrzeugen<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT) unter den Einsatzbedingungen der SVF<br />

Wegen der geringen Laufleistung sind die Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzfahrzeugen<br />

mit rd. 0,06 (Normalbus) e je km bzw. rd. 0,16 e je km (Gelenkbus) vergleichsweise hoch. Ursache<br />

hierfür sind die erheblichen Anschaffungsmehrkosten bei vergleichsweise geringer Fahrleistung. Durch die<br />

hohe spezifische Förderung der Anschaffung bei SVF werden die Leistungsmehrkosten weitgehend kompensiert<br />

und es verbleiben Mehrkosten von rd. 0,01 bzw. rd. 0,04 e je km. Betriebliche Mehrkosten werden durch Kraftstoffkostenvorteile<br />

des Erdgases kompensiert .<br />

Vergleichsweise hoch sind die Leistungsmehrkosten bei den Gelenkbussen, wegen der deutlich höheren<br />

Anschaffungskostenunterschiede, teilweise bedingt durch den höheren Erdgasspeicher in den betrachteten<br />

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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />

Basisvarianten. Bei SVF ist ein Gelenkbusanteil von 50 % anzutreffen. Dies ist eher untypisch. Die Statistik des<br />

Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen weist für 2001 einen Gesamtbusbestand der Mitgliedsunternehmen<br />

von ca. 42 000 Fahrzeugen aus, bei einem Gelenkbusanteil von 21 %.<br />

Werden in die Betrachtungen noch verschiedene Wagnisse mit einbezogen, insbesondere das Wiederverwertungsrisiko,<br />

das bei SVF auf Grund der mittelfristigen gravierenden Veränderungen des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />

und der dazu relativ langen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse als hoch einzuschätzen<br />

ist, werden die Leistungsmehrkosten überkompensiert.<br />

III. Bestimmung der Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse im Vergleich zu den Referenzfahrzeugen<br />

1 Kapitalkosten<br />

Die Kapitalkosten für Omnibusse stellen sich für die Einsatzbedingungen der SVF gemäß Tabelle 22 dar.<br />

Tabelle 22 Auswirkungen der Anschaffungsmehrkosten von EEV-Erdgasbussen gegenüber<br />

Referenzbussen auf die Kapitalkosten (ohne und mit spezifischer Förderung)<br />

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Die höheren Anschaffungskosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzbussen (Diesel, Euro 3 mit<br />

CRT) von knapp 11,7 % (Normalbus) bzw. 23 % (Gelenkbus) führen zu erheblichen Kapitalmehrkosten von rd. 7<br />

bzw. 18 eCent je km, die sich jedoch durch die gewährte spezifische Förderung auf rd. 2 bzw. 6 eCent je km<br />

verringern.<br />

Im Zusammenhang mit der Beschaffung von Erdgasbussen kann sich weiterer geringfügiger Investitionsbedarf<br />

für Ausrüstung der Werkstatt und der Abstellhalle ergeben (s. Tab. 23).<br />

Tabelle 23 Kosten für Ausrüstung von Abstellhallen und Werkstätten im Zusammenhang mit<br />

der Anschaffung von Erdgasbussen<br />

Die Kosten für die Nachrüstung der Werkstätten und Abstellanlagen bei der Anschaffung von Erdgasbussen,<br />

die im Wesentlichen die von der Versicherung geforderten Gaswarnanlagen betreffen, sind insgesamt als unerheblich<br />

anzusehen.<br />

Bei einer Reihe von anderen Unternehmen, die ebenfalls Erdgasbusse einsetzen, bestanden keine Forderungen<br />

von Versicherungen in Bezug auf die Gaswarnanlagen in Werkstätten und Abstellhallen. D.h. dort fallen die<br />

ohnehin unerheblichen Kosten für Sicherungseinrichtungen nicht an.<br />

Spezielle Werkstatteinrichtungen zur Instandhaltung der Gasspeicher (z.B. Dacharbeitsstände, Gabelstapler)<br />

sind nicht notwendig, da entsprechende Arbeiten von den Verkehrsunternehmen nicht durchgeführt werden<br />

dürfen. Das Notventil ist durch eine gesonderte Öffnung im Busdach von innen erreichbar. Bei der Durchführung<br />

von Revisionen sind entsprechende Hebezeuge von den jeweiligen Revisionsfirmen mitzubringen.<br />

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Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />

2 Kraftstoffkosten<br />

Abbildung 10 und Abbildung 11 zeigen den durchschnittlichen monatlichen Erdgasverbrauch je 100 km für<br />

EEV-Erdgasnormal- und EEV-Erdgasgelenkbusse, der auf Basis von bei SVF erhobener Daten ermitteltet wurde.<br />

Zum Vergleich wurde der Verbrauch der durch die Erdgasbusse ersetzten Euro 0-Dieselbusse angegeben, die<br />

unter den identischen Bedingungen wie die Erdgasbusse eingesetzt wurden. Ausgehend von dem für die Euro<br />

0-Dieselbusse erhobenen Dieselverbrauch wurde der Dieselverbrauch für die Referenzfahrzeuge (Euro 3 mit CRT,<br />

Diesel) abgeleitet.<br />

Abbildung 10: Erdgasverbrauch in kg je 100 km der EEV-Erdgas-Normalbusse (Jahr 2003)<br />

sowie Dieselverbrauch in l je 100 km der ersetzten Euro 0-Diesel-Normalbusse<br />

(Jahr 2002)<br />

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Abbildung 11 Erdgasverbrauch in kg je 100 km der EEV-Erdgas-Gelenkbusse (Jahr 2003) sowie<br />

Dieselverbrauch in l je 100 km der ersetzten Euro 0-Diesel-Gelenkbusse (Jahr 2002)<br />

Der in die Ermittlung der Leistungsmehrkosten einbezogene Durchschnittsverbrauch der EEV-Erdgasbusse<br />

bzw. der Referenzfahrzeuge (Diesel, Euro 3 mit CRT) ist in Tabelle 24 enthalten. Der Verbrauch des Referenzbusses<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT) wurde aus den Ist-Werten der vorher eingesetzten Euro 0-Busse und einem 10%-igen<br />

Zuschlag festgelegt.<br />

Tabelle 24 Durchschnittsverbrauch der EEV-Erdgasbusse sowie der Referenzfahrzeuge<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />

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Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />

Danach ergeben sich die in Tabelle 25 zusammengestellten Kraftstoffkostenunterschiede, die zum Vorteil des<br />

EEV-Busses ausfallen.<br />

Tabelle 25 Kraftstoffkostenunterschied zwischen EEV-Erdgas- und Referenzbus<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />

In Bezug auf die Kraftstoffversorgung sind im Vergleich zwischen EEV-Erdgasbus und Referenzbus (Diesel,<br />

Euro 3 mit CRT) unterschiedliche Marktmodelle der Kraftstoffversorgung zu berücksichtigen. Für die Erdgasbusse<br />

wird das bei SVF praktizierte Marktmodell der „Fremdbetankung", d.h. die Stadtwerke betreiben die Tankstelle,<br />

unterstellt. Für die Referenzbusse (Diesel, Euro 3 mit CRT) wird das bei der BVG praktizierte Modell der „eigenen<br />

Tankstelle" für die Betankung angenommen. Die Kraftstoffkosten enthalten dabei neben den Dieselbezugskosten<br />

noch Kosten für die Vor- und Unterhaltung der Tankstellung sowie deren Betrieb. Hier werden als Referenzfall<br />

die bei der BVG erhobenen Daten zu Grunde gelegt, und zwar 0,7000 e je l Diesel als Dieselbezugspreis<br />

und 0,0123 e je l Diesel als Kosten für Vor- und Unterhaltung sowie Betrieb der „eigenen“ Tankstelle.<br />

Insgesamt ergibt sich somit ein Kraftstoffkostenvorteil unter den Bedingungen der SVF für den Erdgasbus<br />

gegenüber dem Referenzdieselbus von 4,75 eCent je km beim Normalbus und 5,79 eCent je km beim Gelenkbus.<br />

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3 Betankungskosten<br />

Die Betankungskosten betreffen nur die Kosten für den zeitlichen Aufwand der Betankung. Kapital-, Instandhaltungs-<br />

und Betriebskosten der Tankstelle sind hier nicht einbezogen und ohnehin nur für Dieselbusse zu<br />

berücksichtigen, was jedoch über die Treibkraftkosten erfolgt.<br />

Die Betankungskosten (s. Tab. 26) ergeben sich aus dem Verbrauch je 100 km und der Durchflussmenge des<br />

Kraftstoffs an der Tankstelle pro Zeiteinheit sowie den Personalkosten. Die Durchflusszeiten wurden bei den in<br />

die Praxisfalluntersuchung einbezogenen Unternehmen erfragt und mit Erfahrungen bei anderen Unternehmen<br />

abgeglichen.<br />

Tabelle 26 Ermittlung der Betankungskosten für EEV-Erdgasbusse und Referenzfahrzeuge<br />

4 Betriebskosten<br />

Betriebskosten im Sinn des hier durchgeführten Systemvergleichs betreffen Kosten aus der Wartung der stationären<br />

und mobilen Gaswarnanlagen in den Buswerkstätten und Abstellhallen bei der SVF (s. Tab. 27). Stromkosten<br />

sind hier vernachlässigbar und daher nicht weiter einbezogen. Wie oben bereits ausgeführt, ist die Installation<br />

von Gaswarnanlagen nicht obligatorisch und resultiert aus den spezifischen Forderungen von Versicherungen,<br />

sodass die ohnehin unerheblichen Betriebskosten für die Gaswarnanlagen nicht zwangsläufig anfallen<br />

müssen.<br />

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Tabelle 27 Betriebskosten für Gaswarnanlagen<br />

5 Instandhaltungskosten<br />

Diese Kosten betreffen die Instandhaltung der Komponenten, die in den Systemen EEV-Erdgasbus und Referenzfahrzeug<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT) unterschiedlich sind.<br />

Zu unterscheiden ist zwischen planmäßiger und außerplanmäßiger Instandhaltung.<br />

Grundsätzlich werden in den folgenden Betrachtungen Arbeitskosten mit 20 e pro Stunde und damit nur mit<br />

dem variablen Kostenanteil bewertet. Gemeinkosten für Verwaltung, Lager und dergleichen bleiben außer Acht,<br />

da in der Regel mit den vorhandenen Verwaltungsressourcen geringfügige Zusatzarbeiten leistbar sein dürften.<br />

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Die Kostenunterschiede in der planmäßigen Instandhaltung sind in Tabelle 28 zusammengestellt.<br />

Tabelle 28 Kostenunterschied EEV-Erdgas gegenüber Euro 3-Diesel bei der planmäßigen<br />

Fahrzeuginstandhaltung<br />

Die Kostenunterschiede bei der planmäßigen Instandhaltung zwischen den EEV-Erdgasbussen und den Referenzfahrzeugen<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT) liegen in einer Größenordnung von etwa 2,2 bis 2,5 eCent je km, unter<br />

den Bedingungen der SVF (hier durchschnittlich 39 500 km Jah-reslaufleistung je Normal- und Gelenkbus). Ohne<br />

die Revisionskosten für die Erdgasspeicheranlage, die bei Dieselbussen nicht anfallen, verbleibt ein Kostenunterschied<br />

von ca. 1 eCent je km bei der geringen spezifischen Laufleistung der Busse bei SVF.<br />

Für die Revision – die nach derzeitiger Freigabe durch den Fahrzeughersteller bzw. den Hersteller der Gasflaschen<br />

alle zehn Jahre fällig ist – beträgt der Preis, abhängig von der Anzahl der Gasflaschen ca. 3,9 Te bis<br />

4,9 Te. Diese hier für SVF in Ansatz gebrachten Preise sind Angebotspreise für ein anderes Unternehmen, wobei<br />

die Revision bei dem Unternehmen vor Ort durchgeführt wird. Da die Revision bei dem Verkehrsunternehmen<br />

vor Ort durchgeführt wird, entfällt eine gesonderte Busreservehaltung oder die Vorhaltung von Reserveflaschensätzen,<br />

um eine längere Nichtverfügbarkeit der Busse zu kompensieren bzw. zu vermeiden.<br />

Da im Betrachtungsjahr, dem ersten Betriebsjahr der EEV-Erdgasbusse, keine Ausfälle der EEV-Erdgaskomponenten<br />

zu verzeichnen waren, wurden die Unterschiede in den Instandhaltungs-kosten der beiden Systeme von<br />

WIBERA gemeinsam mit SVF analytisch ermittelt. Für die Ausbildung der Mitarbeiter wurden in Anlehnung an<br />

andere Unternehmen Schulungskosten von einmalig 3 000 e angesetzt.<br />

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Tabelle 29 zeigt die Komponenten, die den EEV-Erdgasbus von den Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit<br />

CRT) unterscheiden sowie die zugehörige analytische Kostenermittlung, nach der sich die Mehrkosten für die<br />

außerplanmäßige Instandhaltung unter den Einsatzbedingungen der SVF (38 000 km Jahreslaufleistung,<br />

zwölf Jahre Nutzungsdauer) von nur rd. 0,1 eCent je km ergeben.<br />

Tabelle 29 Mehrkosten – außerplanmäßige Instandhaltung – der EEV-Erdgasbusse gegenüber<br />

den Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />

Insgesamt stellen sich die Instandhaltungsmehrkosten für die EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzdieselfahrzeugen<br />

unter den spezifischen Bedingungen der SVF entsprechend den Angaben in Tabelle 30 dar.<br />

Tabelle 30 Mehrkosten – Instandhaltung – der EEV-Erdgasbusse gegenüber den<br />

Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />

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6 Wagniskosten<br />

a) Verwertungs- und Betriebsrisiken für Busse unterhalb EEV (ab 2010)<br />

Die Wagniskosten betreffen den Referenzbus (Diesel, Euro 3 mit CRT) und stellen somit einen Kostenvorteil<br />

für den EEV-Erdgasbus dar.<br />

Die in den Abschnitten und grundsätzlich erläuterten, bei der Beschaffung von Bussen unterhalb der Norm<br />

EEV zu berücksichtigten Wagnisse, sind für den untersuchten Praxisfall SVF in Tabelle 31 zusammengefasst.<br />

Tabelle 31 Wagniskosten bei weiterer Beschaffung von Omnibussen mit Beschränkung auf<br />

den gesetzlichen Mindeststandard unterhalb EEV (bis 2009)<br />

Bei der Beurteilung des Verwertungsrisikos wird davon ausgegangen, dass die in den Jahren 2005 bis 2009<br />

mit hier geltendem gesetzlichen Mindeststandard (Euro 3 und Euro 4) beschafften Fahrzeuge nach sechs Jahren<br />

Nutzung - im Zeitraum 2011 bis 2020 wegen der Nichterfüllung des EEV-Standards vorzeitig veräußert werden.<br />

Es wird davon ausgegangen, dass gegenüber dem derzeitigen Verkehrswert für Fahrzeuge dieses Alters ein Mindererlös<br />

in Höhe von 10 % bezogen auf die Anschaffungs-/Herstellungskosten entsteht. Dieser eventuelle Mindererlös<br />

ist auf die Vorjahre als Wagniskosten gleichmäßig aufzuteilen. Bei der Laufleistung von 38 000 km pro Bus<br />

62


?<br />

?<br />

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und Jahr ergeben sich für die spezifischen Verhältnisse der BVG entsprechende Wagniskosten von rd. 8 (Normalbus)<br />

bzw. 10 eCent je km (Gelenkbus).<br />

Das Betriebsrisiko bildet, wie in Abschnitt dargestellt, betriebliche Einschränkungen des Einsatzes der Busse<br />

mit Umweltstandard unterhalb der EEV-Norm ab. Dieses Risiko wird mit 0,5 % bezogen auf die Betriebskosten<br />

bewertet. Ausgehend von einer Nutzungsdauer von zwölf Jahren wären die noch bis maximal 2009 beschaffbaren<br />

Busse mit einem Standard unterhalb der EEV-Norm noch bis 2017 bzw. 2021 im Einsatz. Da ab 2010 mit Nutzungseinschränkungen<br />

gerechnet wird, ergäbe sich somit durchschnittlich eine Nutzungseinschränkung von<br />

neun Jahren pro Bus. Die sich aus der Nutzungseinschränkung ergebenden Mehrkosten wären bei der Anschaffung<br />

als Wagniskosten – verteilt auf die Gesamtnutzungsdauer von zwölf Jahren – zu berücksichtigen.<br />

b) Risiko aus der Anhebung der Mineralölsteuer für Diesel<br />

In Abschnitt sind die denkbaren Richtungen bei der Minderalölbesteuerung dargestellt:<br />

■ Abschaffung der Steuerermäßigung auf Dieselkraftstoff,<br />

■ Angleichung der Besteuerung von Diesel an die von Benzin.<br />

Das Risiko hängt vom Zeitpunkt der Abschaffung der Steuerermäßigung, der Jahreslaufleistung der Busse und<br />

dem spezifischen Verbrauch ab (s. Abschnitt ). Hier wird davon ausgegangen, dass die Angleichung frühestens<br />

im Jahr 2015 erfolgen könnte. Für die spezifischen Bedingungen der SVF ist es daher sachgerecht, das Besteuerungsrisiko<br />

für Diesel mit 0,03 e je km zu bewerten.<br />

IV. Flottenbetrachtung<br />

Die Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />

betragen unter den spezifischen SVF-Bedingungen (einschl. Förderung) rd. 0,01 e je km bei Normalbussen und<br />

rd. 0,04 e je km bei Gelenkbussen, durchschnittlich also etwa 0,03 e je km.<br />

Ohne die Förderung ergeben sich Mehrkosten von ca. 0,06 (Normalbus) bzw. ca. 0,16 e je km unter den spezifischen<br />

Bedingungen der SVF. Dies entspricht insgesamt etwa 2,6 % der Gesamtbetriebskosten der SVF (3,50 e<br />

je km).<br />

Berücksichtigt man auch hier, dass dieser Kostenvorteil allenfalls noch bei den bis 2009 zu beschaffenden<br />

Fahrzeugen bei Beschränkung auf den gesetzlichen Mindeststandard ausschöpfbar ist, ergibt sich tatsächlich ein<br />

geringerer Kostennachteil. Ausgehend von einer Nutzungsdauer der Fahrzeuge von zwölf Jahren bei SVF, wären<br />

bei kontinuierlicher Erneuerung nur noch für die Jahre 2005 bis 2009, entsprechend fünf Jahre bzw. für 42 %<br />

der Flotte, die Kostenvorteile nutzbar. Unter Berücksichtigung der Förderung ergibt sich flottenbezogen nur ein<br />

Kostenvorteil von 0,015 e je km. Selbst wenn man die Förderung außer Acht ließe, verbliebe auf die Flotte bezogen<br />

nur noch ein Kostenvorteil von 0,046 e je km, der später sukzessive durch weitere Erneuerungen verloren<br />

geht und daher in Ausschreibungskalkulationen – ab 2010 – nicht mehr voll in Ansatz kommen kann. Werden<br />

in die Betrachtung noch Wagniskosten für die weitere Beschaffung von Bussen zum gesetzlichen Mindeststandard<br />

bis 2009 einbezogen, wird der Leistungskostennachteil der EEV-Dieselbusse weitgehend vollständig kompensiert.<br />

Als grundsätzliches Fazit ist festzuhalten:<br />

Der Ordnungsrahmen schreibt mittelfristig – und zwar bereits bis 2009 – eine weitgehende Verschärfung der<br />

Umweltstandards fest. Die bis dahin noch mögliche Beschaffung von Bussen unterhalb des EEV-Standards bringt<br />

im Allgemeinen auf den Flottenbestand bezogen nur einen geringen Kostenvorteil. D.h. entscheidet man sich<br />

heute bei anstehenden Investitionsentscheidungen für Busse mit EEV-Standards, so nimmt man nur geringe<br />

Mehrkosten in Kauf, die auf die Flotte bezogen im Bereich von etwa 0,5 bis 1 % liegen.<br />

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Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />

Dagegen stehen erhebliche Risiken, da ab 2010 der Einsatz von Bussen unterhalb der Norm EEV gesetzlich<br />

oder nach Maßgabe des Aufgabenträgers verwehrt bzw. eingeschränkt sein kann.<br />

Bezogen auf die Leistungserstellungskosten von etwa 3,50 e je km ergeben sich für die Flotte insgesamt Leistungsmehrkosten<br />

von nur 0,4 % bei Beschaffung von EEV-Erdgasbussen bis 2009 an Stelle einer weiteren<br />

Beschaffung von Bussen mit gesetzlichem Mindeststandard (Euro 3, Euro 4), die SVF-spezifische Förderung der<br />

Erdgasbusse vorausgesetzt.<br />

I. VERALLGEMEINERUNG DER UNTERSUCHUNGS-<br />

ERGEBNISSE<br />

I. Modell zur Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse auf andere Einsatzfälle<br />

Ausgehend von der Untersuchung der Praxisfälle BVG und SVF wurde ein Modell für den allgemeinen Kostenvergleich<br />

zwischen dem gewählten Referenzfall (Diesel, Euro 3 mit CRT) und dem anspruchsvollen Umweltstandard<br />

EEV-Diesel bzw. EEV-Erdgas sowie zwischen diesen beiden entwickelt, um die entsprechenden Leistungsmehrkosten<br />

für unterschiedlichste betriebliche Einsatzfälle im Vergleich ableiten zu können.<br />

Hierfür wurde ein Modell entwickelt, das die Leistungsmehrkosten zwischen Euro 3- (mit CRT) und EEV-Bussen<br />

für unterschiedliche betriebliche Einsatzfälle (Regionalbusverkehr, Stadtbusverkehr) abbilden kann.<br />

Das Modell (s. Abb. 12) charakterisiert die betrieblichen Verhältnisse dreidimensional durch<br />

■ den spezifischen Kraftstoffverbrauch je 100 km,<br />

■ die Jahreslaufleistung der Fahrzeuge sowie die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer.<br />

Abbildung 12: Modell zur Beschreibung und Abbildung von Leistungskostenunterschieden<br />

zwischen Omnibussen mit unterschiedlichen Umweltstandards bzw. Antriebssystemen<br />

64


BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />

In dem Modell sind die in Tabelle 32 zusammengestellten Prämissen hinterlegt, wobei die Vergleichbarkeit<br />

der Kraftstoffverbräuche von Erdgas- und Dieselbussen durch ein empirisch erhobenes Verbrauchsäquivalent<br />

hergestellt wird. Dieses Verbrauchsäquivalent stellt dar, wie viel kg Erdgas je 100 km notwendig wären, bei<br />

einem bestimmten Verbrauch von Diesel je 100 km. Für Normal- und Gelenkbusse wurde jeweils ein geringfügig<br />

unterschiedlicher Faktor aus vorliegenden Verbrauchsdaten abgeleitet.<br />

Tabelle 32 Prämissen für ein allgemeines Modell zur Ermittlung von Leistungsmehrkosten von<br />

EEV-Diesel- und EEV-Erdgasbussen im Vergleich zu Euro 3-Dieselreferenzbussen<br />

65


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Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />

II. Leistungskostenunterschiede zwischen Euro 3- (Diesel, mit CRT) und EEV-Bussen (Diesel,<br />

Erdgas) für das Gesamtspektrum der Einsatzfälle<br />

Die nachstehenden Nomogramme zeigen die Leistungsmehrkosten für EEV-Busse im Vergleich zu den Referenzbussen<br />

(Diesel, Euro 3 mit CRT) für branchenübliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauern von acht, zehn<br />

und zwölf Jahren, Laufleistungen je Bus und Jahr zwischen 40 000 und 65 000 km sowie Dieselkraftstoffverbräuchen<br />

von 30 bis 70 l je 100 km.<br />

Aus diesem Kostenvergleich kann indirekt der Leistungskostenunterschied zwischen EEV-Diesel- und EEV-Erdgasbussen<br />

abgeleitet werden.<br />

Die Handhabung der Nomogramme wird an Abbildung 13 erläutert, die die Leistungsmehrkosten für EEV-<br />

Erdgas- und EEV-Dieselbusse bei betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer von acht Jahren zeigt.<br />

Abbildung 13 Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Diesel, mit CRT,<br />

Normalbus) bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von acht Jahren<br />

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Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />

Fallbeispiel:<br />

Derzeit werden Normalbusse (Euro 3) mit 48 l Diesel Durchschnittsverbrauch und einer Jahreslaufleistung von<br />

45 000 km betrieben.<br />

Frage: 1. Wie hoch wären die Leistungsmehrkosten bei einem EEV-Dieselbus ?<br />

2. Wie hoch wären die Leistungsmehrkosten bei einem EEV-Erdgasbus ?<br />

Antwort: 1. etwa 4,5 eCent je km (bei Verbrauch 48 l auf Kostenlinie DK 45 000; Ableitung der Kostenlinie<br />

DK 45 000 durch Interpolation der Kostenlinien DK 40 000 und DK 50 000)<br />

2: etwa 6,5 eCent je km (bei Verbrauch 48 l auf Kostenlinie CNG 45 000; Ableitung der Kosteninie<br />

CNG 45 000 durch Interpolation der Kostenlinien CNG 40 000 und CNG 50 000), hiervon<br />

sind noch die Tankstellenbetriebskosten von rd. 0,3 bis 0,6 eCent je km abzuziehen, da der<br />

Dieselpreis für das Marktmodell „eigene Dieseltankstelle" ermittelt wurde. Somit ergibt sich ein<br />

Kostenunterschied von 6 eCent je km.<br />

Die Abbildungen 14 - 18 enthalten die Nomogramme für Normal- bzw. Gelenkbusse bei zehn bzw. zwölf<br />

Jahren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer.<br />

Abbildung 14: Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Diesel mit CRT,<br />

Normalbus) bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von zehn Jahren<br />

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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />

Abbildung 15: Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Normalbus)<br />

bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von zwölf Jahren<br />

Abbildung 16: Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Diesel mit CRT,<br />

Gelenkbus) bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von acht Jahren<br />

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Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />

Abbildung 17 Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Diesel mit CRT,<br />

Gelenkbus) bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von zwölf Jahren<br />

Abbildung 18 Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Diesel mit CRT,<br />

Gelenkbus) bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von zehn Jahren<br />

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Gesamtfazit der betriebswirtschaftlichen Analyse<br />

J. GESAMTFAZIT DER BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHEN<br />

ANALYSE<br />

I. Ist die Beschaffung von Bussen mit EEV-Standard gegenüber der Beschaffung von Bussen mit<br />

dem gesetzlichen Mindeststandard sinnvoll?<br />

Die Leistungsmehrkosten der EEV-Fahrzeuge gegenüber Euro 3-Dieselbussen (mit CRT) hängen von den Einsatzbedingungen,<br />

insbesondere der Jahreslaufleistung ab.<br />

Die Praxisfalluntersuchung BVG, in der die Leistungsmehrkosten des Einsatzes von EEV-Dieselnormalbussen<br />

betrachtet wurde, ergab unter den dortigen Einsatzbedingungen (Jahreslaufleistung 65 000 km, betriebsgewöhnliche<br />

Nutzungsdauer acht Jahre) Leistungsmehrkosten von rd. 0,03 e je km bzw. rd. 0,7 % bezogen auf die<br />

Betriebskosten insgesamt (s. Abschnitt ).<br />

Bei der SVF ergeben sich bei einer Jahreslaufleistung der Fahrzeuge von ca. 40 000 km Leistungsmehrkosten<br />

von rd. 0,06 e je km (Normalbus) bzw. 0,16 e je km (Gelenkbus), d.h. im Durchschnitt 0,11 e je km bzw. ca. 3 %<br />

bezogen auf die Leistungserstellungskosten. Unter Berücksichtigung der spezifischen Förderung verbleiben noch<br />

Mehrkosten von rd. 0,01 e je km bzw. 0,04 e je km, durchschnittlich knapp 0,03 e je km. Die Mehrkosten der<br />

Erdgasbusse resultieren ausschließlich aus den höheren Anschaffungskosten. Auf Grund der Preisvorteile von Erdgas<br />

gegenüber Diesel ergibt sich im Betrieb ein geringfügiger Kostenvorteil für den Erdgasbus (ca. 0,01 e je km).<br />

Der Gelenkbusanteil bei der SVF mit 50 % ist im deutschlandweiten Vergleich sehr hoch; er liegt hier bei 21 %.<br />

Eine solche „statische“ Kostenbetrachtung ist vor dem Hintergrund der bereits fixierten Inkraftsetzung höherer<br />

Abgasnormen bis zum 01.10.2008 (Euro 5) nur sehr eingeschränkt zutreffend, da vom Stand der heutigen<br />

technischen Entwicklung aus keine Lösung zu erkennen ist, die ohne Mehrkosten die höhere Norm erreichen<br />

lässt. Demzufolge können auf Grund von Übergangsfristen allenfalls noch bis September 2009 Fahrzeuge mit<br />

dem niedrigeren Standard (Euro 3 und Euro 4) geliefert werden. Der Leistungskostenvorteil wäre also allenfalls<br />

noch für die bis 2009 zu beschaffenden Fahrzeuge ausschöpfbar.<br />

Ausgehend von einer Nutzungsdauer der Fahrzeuge von acht Jahren bei der BVG, wären bei kontinuierlicher<br />

Erneuerung nur noch für fünf Jahre (2005 bis 2009) bzw. für 60 % der Flotte die Kostenvorteile nutzbar, die man<br />

hätte, wenn man anstatt des überobligatorischen EEV-Standards Fahrzeuge nur mit dem jeweils gesetzlichen<br />

Mindeststandard unterhalb Euro 5 (der hier technisch und kostenseitig weitgehend mit dem EEV-Standard gleich<br />

gesetzt wird) einsetzt. Bei der SVF würden bei kontinuierlicher Erneuerung über die betriebsgewöhnliche Nutzung<br />

von zwölf Jahren – die tatsächlich erfolgte vollständige Fuhrparkerneuerung kann als Ausnahme angesehen<br />

werden – 42 % des Fuhrparks neu beschafft. Entsprechend kann der Kostenvorteil der Busse mit Standards<br />

unterhalb EEV bzw. Euro 5 im Jahr 2004 noch anteilig für 40 bis 60 % des Fahrzeugbestandes ausgeschöpft werden.<br />

Demnach ergeben sich im Jahr 2004 flottenbezogen nur noch Kostennachteile von etwa 0,4 bis 1,2 %, da<br />

ab 2009 ohnehin die technisch und kostenseitig aufwändigeren Fahrzeuge der Norm EEV bzw. der hier technisch<br />

gleichgesetzten Norm Euro 5 zu beschaffen sind.<br />

Den vergleichsweise geringen Einsparungen von 0,7 % bis maximal 3 % stehen erhebliche Risiken gegenüber,<br />

da fraglich ist, ob auf Grund der vorgezeichneten Änderung des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens ab 2010<br />

Fahrzeuge unterhalb des EEV-Standards überhaupt noch unbeschränkt einsatzfähig sind oder gesetzliche Maßgaben<br />

oder Forderungen von ÖPNV-Aufgabenträgern im Ausschreibungswettbewerb den höheren Standard<br />

grundsätzlich verlangen.<br />

Infolgedessen können die Unternehmen zum vorzeitigen Verkauf der zwischen 2005 und 2009 beschafften<br />

Busse mit gesetzlichem Mindeststandard mit erheblichem Wertverlust gezwungen sein. Dieses „Restwertrisiko“<br />

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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />

Gesamtfazit der betriebswirtschaftlichen Analyse<br />

ist für BVG auf etwa 0,05 e je km zu schätzen und damit deutlich höher als die Mehrkosten durch EEV. Für die<br />

SVF ist dieses Risiko auf 0,08 bis 0,10 e je km zu schätzen und damit auch über bzw. in der Größenordnung der<br />

Leistungsmehrkosten des Normal- bzw. Gelenkbusses.<br />

Als grundsätzliches Fazit ist zu ziehen:<br />

Die Unternehmen sind ab 2009 zur Einhaltung anspruchsvoller Umweltstandards gezwungen und damit zur<br />

Beschaffung von Fahrzeugen, die diesen Standard erfüllen. Deren Anschaffungs- und damit Leistungskosten liegen<br />

über denen von Fahrzeugen, die den derzeit geltenden niedrigeren Umweltstandard erfüllen. Dieser Kostenvorteil<br />

ist jedoch vergleichsweise gering und ohnehin nur noch befristet ausschöpfbar. Insgesamt ist hier ein<br />

Kostenvorteil bezogen auf die Flotte von etwa 0,4 bis 1,2 % der Leistungskosten erschließbar. Diesem Kostenvorteil<br />

stehen mindestens gleich hohe Risiken gegenüber, die daher rühren, dass nach 2010 in einem ÖPNV-Ausschreibungswettbewerb<br />

grundsätzlich Fahrzeuge mit anspruchsvollem Umweltstandard von den Aufgabenträgern<br />

verlangt werden können.<br />

Eine heute geführte Diskussion um die Beschaffung von Fahrzeugen mit hohem Umweltstandard ist in Anbetracht<br />

der fixierten Abgasnormen als eine temporäre anzusehen. Außerdem führt eine heutige strategische Entscheidung<br />

für die Beschaffung von Fahrzeugen mit anspruchsvollem Umweltstandard nur zu geringen, im Wettbewerb<br />

unerheblichen Mehrkosten, denen erhebliche Einsatzrisiken für Fahrzeuge unterhalb EEV ab 2010<br />

gegenüber stehen. Ein Verzicht auf die Beschaffung von Fahrzeugen mit anspruchsvollem Umweltstandard zum<br />

jetzigen Zeitpunkt ist daher mit dem Argument höherer Kosten nicht zu begründen. Faktisch wäre nur die Frage<br />

zu stellen, mit welchem konkreten Antriebssystem der anspruchsvolle Umweltstandard erreicht werden soll.<br />

II. Welche Kostenunterschiede gibt es zwischen den EEV-Erdgas- und dem EEV-Dieselbus?<br />

Die Darstellungen in und H. II zeigen die Kostenunterschiede zwischen einem EEV-Diesel- und einem EEV-<br />

Erdgasbus. Danach ist festzustellen:<br />

Bei den zu 80 % in Deutschland gebräuchlichen Normalbussen liegt der Kostenunterschied in Abhängigkeit<br />

von den Einsatzbedingungen etwa zwischen 0,01 und 0,04 e je km.<br />

Bei Gelenkbussen kann der Kostenunterschied zwischen 0,06 und 0,20 e je km betragen.<br />

Ursächlich für die Kostenunterschiede sind die - jeweils gegenüber dem Euro 3-Dieselbus - deutlich niedrigeren<br />

Anschaffungsmehrkosten eines EEV-Dieselbusses von 14 000 e bei der BVG im Vergleich zu den Anschaffungsmehrkosten<br />

von EEV-Erdgasbussen von ca. 25 Te (Normalbus) bzw. 65 Te (Gelenkbus) für die Einsatzbedingungen<br />

der SVF. Dabei können die beim Erdgasantrieb günstigen Kraftstoffkosten die höheren Kapitalkosten<br />

aus der Anschaffung der Fahrzeuge nur in Ausnahmenfällen kompensieren. Eine weitgehende Förderung der<br />

Anschaffungsmehrkosten von Erdgasbussen würde diesen Kostennachteil gegenüber dem EEV-Dieselbus ausgleichen.<br />

Mit nur 0,01 bis 0,02 e je km sind die Kostenunterschiede bei Normalbussen gering, bei einer hohen Jahreslaufleistung<br />

(über 50 000 km pro Jahr) und/oder hohen spezifischen Verbräuchen je km (um 50 l Diesel je 100<br />

km).<br />

Eine deutliche Verbesserung der Position des Erdgasbusses ergibt sich, wenn Risiken aus einer zukünftigen<br />

Veränderung der Mineralölbesteuerung von Diesel mit einbezogen werden. Die Abschaffung der Steuerrückerstattung<br />

(0,054 e/l) sowie die Steuerangleichung von Diesel an Benzin (0,184 e/l) könnte Kostensteigerungen bei<br />

einem Verbrauch von 40 l Diesel je 100 km von rd. 0,02 bzw. 0,07 e je km bedeuten und würde die Kostendifferenz<br />

zwischen Erdgas- und Dieselbussen weitgehend kompensieren bzw. überkompensieren. Selbst wenn man<br />

davon ausgeht, dass diese Anpassungen erst im Jahr 2015 erfolgen, ergibt sich hier noch ein Wagnis von etwa<br />

0,03 e je km, das zu Gunsten des Erdgasbusses anzurechnen wäre.<br />

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Gesamtfazit der betriebswirtschaftlichen Analyse<br />

Der Unterschied in den Leistungskosten zwischen dem EEV-Diesel- und dem EEV-Erdgasbus ist jedoch nicht<br />

allein durch höhere Anschaffungskosten bedingt. Er wird in erheblichem Umfang durch die Einsatzbedingungen<br />

mitbestimmt. Hohe Jahreslaufleistungen bei hohen einsatzbedingten Kraftstoffverbräuchen minimieren die<br />

Kostendifferenz zwischen EEV-Diesel- und EEV-Erdgasbus. Sofern die Veränderung der Dieselbesteuerung eine<br />

langfristige Option ist, wären hierfür entsprechende Wagnisse bei der Anschaffung von Dieselbussen zu berücksichtigen,<br />

die die Kostendifferenz in vielen Fällen aufheben dürfte.<br />

Layout: Selbach Design · Sankt Augustin · www.selbachdesign.de<br />

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