UMWELTPOLITIK - Eltis
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<strong>UMWELTPOLITIK</strong><br />
Betriebswirtschaftliche und umweltseitige Analyse<br />
der Leistungsmehrkosten und der Umwelteffekte<br />
anspruchsvoller Umweltstandards
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
WIBERA WIRTSCHAFTSBERATUNG AKTIENGESELLSCHAFT<br />
WIRTSCHAFTSPRÜFUNGSGESELLSCHAFT<br />
BMU-Demonstrationsvorhaben<br />
„Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Teilprojekt<br />
"Betriebswirtschaftliche und umweltseitige Analyse der Leistungsmehrkosten<br />
und der Umwelteffekte anspruchsvoller Umweltstandards"<br />
Bericht<br />
(Auszug)<br />
Düsseldorf, November 2004
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Inhalt<br />
A. Auftrag und Auftragsdurchführung 1<br />
B. Problemstellung 2<br />
C. Vorgehensweise 3<br />
D. Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens 4<br />
I. Einleitung 4<br />
II. Handlungsrahmen 2004 - 2015 4<br />
1 Ökologische Maßnahmen – Standards 5<br />
a) Partikel (Feinstaub PM10) 6<br />
b) Stickoxide (NOx) 7<br />
c) Lärm 8<br />
d) Kraftstoff-Strategie 9<br />
2 Fiskalische Maßnahmen 10<br />
a) Kürzung von Finanzmitteln 10<br />
b) Grundlegende Finanzreform im ÖPNV 11<br />
3 Wettbewerbspolitische Entwicklungen 13<br />
a) Wettbewerb um die Verkehrsdienstleistungen 13<br />
b) Der kommunale Querverbund – ein Auslaufmodell? 15<br />
4 Zusammenfassender Überblick 15<br />
III. Einsparungen durch anspruchsvolle Umweltstandards 15<br />
E. Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens unter dem Aspekt der Leistungsmehrkosten<br />
anspruchsvoller Umweltstandards (Stand: 01. Januar 2004) 18<br />
I. Europarecht 18<br />
1 Richtlinie 2003/96/EG 18<br />
2 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuer (77/388/EWG) 18<br />
II. Nationales Recht 19<br />
1 MinöStG 19<br />
a) Regelsteuersätze (ab 01.01.2003) 19<br />
b) Steuerermäßigungen § 3 Abs. 1 MinöStG 19<br />
c) Erlass, Erstattung, Vergütung der Mineralölsteuer (§ 25 Abs. 1 Nr. 4a MinöStG) 20<br />
2 Stromsteuer 21<br />
3 KfZ-Steuer 22<br />
4 Umsatzsteuer 22<br />
5 Grundsteuer 22<br />
III. Zusammenfassung 22<br />
F. Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse für den Kostenvergleich „Referenzfall –<br />
anspruchsvoller Umweltstandard" bei den untersuchten Praxisfällen BVG und SVF 26<br />
I. Definition des Referenzfalls 26<br />
II. Grundsätzliche Vergleichsfelder Euro 3 – EEV 26<br />
III. Betrachtungsebenen 29<br />
IV. Ausgestaltung des betriebswirtschaftlichen Kostenvergleichs 31<br />
V. Exkurs: Systemunabhängigkeit der Fahrzeugrestwerte 33<br />
VI. Exkurs: Verwertungsrisiken von Fahrzeugen unterhalb der EEV-Norm nach 2010 35<br />
VII. Exkurs: Betriebsrisiken von Fahrzeugen unterhalb der EEV-Norm nach 2010 37<br />
VIII. Exkurs: Risiken aus der Veränderung der Mineralölbesteuerung 37
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Inhalt<br />
G. Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AöR (BVG) 40<br />
I. Beschreibung des Praxisfalls BVG 40<br />
II. Leistungsmehrkosten der EEV-Dieselbusse im Vergleich zu den<br />
Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit CRT) 41<br />
III. Bestimmung der Leistungsmehrkosten der EEV-Dieselbusse im Vergleich<br />
zu den Referenzfahrzeugen 43<br />
1 Kapitalkosten 43<br />
2 Kraftstoffkosten 44<br />
3 Betankungskosten 45<br />
4 Betriebskosten 46<br />
5 Instandhaltungskosten 46<br />
6 Wagniskosten 48<br />
IV. Flottenbetrachtung 49<br />
H. Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadtverkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) mbH (SVF) 50<br />
I. Beschreibung des Praxisfalls SVF 50<br />
II. Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzfahrzeugen<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT) 51<br />
III. Bestimmung der Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse im Vergleich<br />
zu den Referenzfahrzeugen 53<br />
1 Kapitalkosten 53<br />
2 Kraftstoffkosten 55<br />
3 Betankungskosten 58<br />
4 Betriebskosten 58<br />
5 Instandhaltungskosten 59<br />
6 Wagniskosten 62<br />
a) Verwertungs- und Betriebsrisiken für Busse unterhalb EEV (ab 2010) 62<br />
b) Risiko aus der Anhebung der Mineralölsteuer für Diesel 63<br />
IV. Flottenbetrachtung 63<br />
I. Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse 64<br />
I. Modell zur Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse auf andere Einsatzfälle 64<br />
II. Leistungskostenunterschiede zwischen (Diesel, Euro 3 mit CRT) und EEV-Bussen<br />
(Diesel, Erdgas) für das Gesamtspektrum der Einsatzfälle 66<br />
J. Gesamtfazit der betriebswirtschaftlichen Analyse 70<br />
I. Ist die Beschaffung von Bussen mit EEV-Standard gegenüber der Beschaffung<br />
von Bussen mit dem gesetzlichen Mindeststandard sinnvoll? 70<br />
II. Welche Kostenunterschiede gibt es zwischen den EEV-Erdgas- und dem EEV-Dieselbus? 71<br />
Aus rechentechnischen Gründen können in den Tabellen<br />
Rundungsdifferenzen in Höhe von ± einer Einheit (e, % usw.) auftreten.
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Auftrag und Auftragsdurchführung<br />
A. AUFTRAG UND AUFTRAGSDURCHFÜHRUNG<br />
Die WIBERA Wirtschaftsberatung Aktiengesellschaft (WIBERA) wurde mit der Durchführung des Teilprojekts<br />
„Betriebswirtschaftliche und umweltseitige Analyse der Leistungsmehrkosten und der Umwelteffekte<br />
anspruchsvoller Umweltstandards" im Rahmen des Gesamtprojekts "Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-<br />
Wettbewerb" beauftragt.<br />
Der Arbeitplan umfasste insbesondere:<br />
■ die Erhebung des umweltseitigen Ordnungsrahmens,<br />
■ die konkrete Erhebung betriebswirtschaftlicher Daten und deren Auswertung sowie die Beurteilung der<br />
Verallgemeinerungsfähigkeit,<br />
■ die Bewertung der Umwelteffekte im Kontext der betriebswirtschaftlichen Analyse und<br />
■ die Erstellung der Abschlussdokumentation und -präsentation.<br />
Die Untersuchung wurde an zwei Praxisfällen bei der Umsetzung anspruchsvoller Umweltstandards durchgeführt:<br />
■ Stadtverkehrsgesellschaft mbH Frankfurt (Oder) (SVF); Einsatz von 22 Erdgasbussen,<br />
■ Berliner Verkehrsbetriebe AöR (BVG); Einsatz von 25 Dieselbussen.<br />
Gegenstand der Untersuchung war es festzustellen, inwiefern der Einsatz dieser Omnibusse zu Leistungsmehrkosten<br />
im Vergleich zu dem Einsatz von Omnibussen nach dem im Jahr 2003 geltenden Umweltstandard und<br />
der entsprechenden technischen Umsetzung (Referenzfall) führt.<br />
Zur Bearbeitung der umweltseitigen Problemstellungen wurde von WIBERA vereinbarungsgemäß der Fachbereich<br />
Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik der Technischen Universität Berlin in das Vorhaben einbezogen.<br />
Von WIBERA wurde die betriebswirtschaftliche Analyse durchgeführt. Vorgehensweise, Prämissen sowie die praxisfallbezogenen<br />
und verallgemeinerten Ergebnisse sind in den Abschnitten C. und F. (Vorgehensweise), E. (Fiskalischer<br />
Ordnungsrahmen), G. und H. (Praxisfalluntersuchungen) sowie I. und J. (Verallgemeinerung und<br />
Gesamtfazit) der Untersu chungsergebnisse dargestellt. Das Vorhaben wurde im Zeitraum 2003 bis November<br />
2004 durchgeführt.<br />
1
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Problemstellung<br />
B. PROBLEMSTELLUNG<br />
Der europäische Ordnungsrahmen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) hat sich in jüngster Vergangenheit<br />
maßgeblich verändert bzw. zeichnet solche Veränderungen für die nächsten Jahre vor und zwar in der<br />
Weise, dass Zuschüsse für die Leistungserstellung entweder im Wettbewerb zu minimieren oder (noch) im Rahmen<br />
einer "marktorientierten Direktvergabe" durch Einhaltung eines objektiven Kostenmaßstabs für die Allgemeinheit<br />
gering zu halten sind. Dazu treffen insbesondere das EuGH-Urteil vom 24. Juni 2003 in der Rechtssache<br />
Altmark Trans (Rs C-280/00 Altmark Trans, Rn. 93) sowie der Vorschlag der Europäischen Kommission für<br />
einen Rechtsrahmen für den Personenverkehr (KOM[2002] 107) vom 21. Februar 2002, dem das Modell eines kontrollierten<br />
bzw. regulierten Wettbewerbs um den Markt für Personenverkehrsleistungen zu Grunde liegt, entsprechende<br />
Maßgaben.<br />
Der Ausschreibungswettbewerb wird danach weitgehend ein Wettbewerb mit starker Preiskomponente und<br />
von Aufgabenträgern vorgegebenen Qualitätskriterien sein.<br />
Dementsprechend kristallisierten sich im Rahmen der Untersuchung der Praxisfälle folgende Kernfragen<br />
heraus:<br />
■ Welche Leistungsmehrkosten werden durch die Einhaltung anspruchsvoller Umweltstandards im ÖPNV im<br />
Vergleich zu den gesetzlichen Mindeststandards verursacht?<br />
■ In welchem Maße sind die Leistungsmehrkosten hoher Umweltstandards vor dem Hintergrund sich in den<br />
nächsten Jahren abzeichnender Verschärfungen des umweltseitigen Ordnungsrahmens zu relativieren bzw.<br />
welche Wagnisse geht ein Unternehmen mit Fahrzeugen ein, die lediglich gesetzliche Mindestanforderungen<br />
erfüllen?<br />
■ Welches Antriebssystem – hier Diesel oder Erdgas entsprechend der Förderung von Bussen bei SVF und<br />
BVG – ist wirtschaftlicher in Bezug auf die Erreichung der anspruchsvollen Umweltstandards?<br />
Nach Zuwendungsbescheid der DtA von August bzw. September 2002 an SVF bzw. BVG zur Förderung von<br />
Omnibussen, ist der von den Omnibussen zu erfüllende "anspruchsvolle Umweltstandard" erreicht, wenn<br />
■ der Abgasstandard Enhanced Environmentally Friendly Vehicle (EEV) und sonstige Bestimmungen gemäß<br />
EU-Richtlinie 1999/96/EG sowie<br />
■ die Fahrgeräuschobergrenze von 77 dB(A), ermittelt nach EU-Richtlinie 92/97/EWG,<br />
eingehalten werden.<br />
Als Grundlage für die Ermittlung und Bewertung der Leistungsmehrkosten von Omnibussen, die den<br />
"anspruchsvollen Umweltstandard" erfüllen, wurde ein "Referenzfall" definiert. Als Referenzfahrzeuge zu den<br />
Omnibussen, die den anspruchsvollen Umweltstandard erfüllen, wurden Dieselbusse, die die Euro 3-Norm erfüllen<br />
und mit CRT-Filter (Continuously Regenerating Trap) ausgestattet sind, gewählt. Für prognostische Betrachtungen<br />
im Rahmen der Untersuchung wurde unterstellt, dass die Euro 4-Norm noch mit der Technik des Referenzfalls<br />
(d.h. ohne Zusatzkosten) erreicht werden kann.<br />
Ein Kostenvergleich der Referenzfahrzeuge mit denen, die anspruchsvolle Umweltstandards erfüllen, würde<br />
zur Beantwortung der dargestellten Projektkernfragen nur beschränkt geeignet sein, da der umweltseitige Ordnungsrahmen<br />
bis 2009, z.B. hinsichtlich der Abgasnormen, zu erheblichen Verschärfungen der technischen<br />
Anforderungen an die Omnibusse führen wird. Infolgedessen wird nur noch für eine beschränkte Zeit die<br />
Beschaffung von Omnibussen mit heutigem Umweltstandard möglich sein. Schließlich sind die Rückwirkungen<br />
der ordnungsrechtlichen Entwicklung auf die Erlöse für gebrauchte Busse zu berücksichtigen.<br />
2
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Problemstellung / Vorgehensweise<br />
Hieraus folgt, dass der Kostenvergleich zwischen dem Referenzfahrzeug und dem Fahrzeug, das den höheren<br />
Umweltstandard erfüllt, nur als "statischer" Teilaspekt der Betrachtung der Leistungsmehrkosten anzusehen ist.<br />
In Anbetracht der Veränderungen des umweltseitigen Ordnungsrahmens in den nächsten Jahren ist die Dynamik<br />
dieser Entwicklung, etwa dass bei einer kontinuierlichen Fahrzeugerneuerung ab etwa 2009 ohnehin nur<br />
noch Neufahrzeuge mit anspruchsvollem Umweltstandard beschafft werden dürfen, in sachgerechter Weise mit<br />
einzubeziehen. Bis dahin ist bei den Unternehmen in der Regel ohnehin nur noch für einen Teil der Busflotte<br />
bei Ersatzbeschaffung die Abwägung zwischen dem derzeitigen und dem anspruchsvollen Umweltstandard vorzunehmen.<br />
C. VORGEHENSWEISE<br />
Die Ermittlung der Leistungsmehrkosten „anspruchsvoller Umweltstandards“ sowie der Kostenunterschiede<br />
zwischen den Systemen Diesel und Erdgas wurde in den nachfolgend dargestellten Schritten durchgeführt:<br />
■ Schritt 1: Analyse des umweltseitigen und fiskalischen Ordnungsrahmens im Hinblick auf direkte und<br />
indirekte Wirkungen auf die Leistungserstellungskosten<br />
Insbesondere ist hier herauszuarbeiten, ob und in welcher Weise in den nächsten Jahren<br />
Veränderungen des Ordnungsrahmens stattfinden und welche Auswirkungen diese auf den<br />
technischen und umweltseitigen Standard der Omnibusse und somit auf die Leistungskosten<br />
– insbesondere im Kontext der kontinuierlichen Flottenerneuerung – haben werden.<br />
■ Schritt 2: Betriebswirtschaftliche Analyse – Kostenvergleich „Referenzfall – anspruchsvoller<br />
Umweltstandard" jeweils für die untersuchten Praxisfälle SVF und BVG (statische<br />
Betrachtung)<br />
Der Kostenvergleich stellt ausschließlich auf die detailliert ermittelten Systemkostenunterschiede<br />
ab. Grundsätzlich identische Systemelemente bei Fahrzeugen und Infrastruktur werden<br />
nicht mit in die Kostenbetrachtung einbezogen.<br />
■ Schritt 3: Betriebswirtschaftliche Analyse – Kostenvergleich unter Berücksichtigung der<br />
vorgezeichneten Veränderungen der Abgasnormen bis 2008/2009 bis hin zur Norm<br />
Euro 5 bzw. EEV (flottenbezogene Betrachtung)<br />
■ Schritt 4: Bewertung der Risiken aus heutigen Entscheidungen zur weiteren Beschaffung von<br />
Omnibussen unterhalb des „anspruchsvollen Umweltstandards" (EEV, 77 dB(A)), z.B.<br />
Einsatzrestriktionen (Abgas, Lärm) und deren betriebliche Folgen (Einsatzbeschränkungen,<br />
Umwege für Fahrzeuge, geringere Veräußerungserlöse)<br />
■ Schritt 5: Systemvergleich Diesel – Erdgas<br />
■ Schritt 6: Ermittlung der umweltseitigen Effekte im Kontext der betriebswirtschaftlichen Analyse<br />
■ Schritt 7: Verallgemeinerung der Ergebnisse durch Übertragung auf typisierte Einsatzfälle im<br />
Busverkehr<br />
3
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
D. ANALYSE DES UMWELTRECHTLICHEN<br />
ORDNUNGSRAHMENS<br />
I. Einleitung<br />
Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), insbesondere der Öffentliche Straßenpersonenverkehr (ÖSPV),<br />
sieht sich gegenwärtig einem hohen Handlungsdruck ausgesetzt. Seine tradierten Regelungs- und Finanzierungsstrukturen<br />
werden an mehreren zentralen Punkten gleichzeitig in Frage gestellt. Im Hinblick auf die<br />
Umweltanforderungen ist er nicht allein betroffen. Maßnahmen wie verschärfte Standards bei der zulässigen<br />
Luftschadstoffbelastung und neue Regelungen für die Verkehrslärmbelastung erstrecken sich auch auf den<br />
motorisierten Individualverkehr als härtesten Konkurrenten des ÖPNV. Den ÖSPV überdurchschnittlich hart und<br />
exklusiv treffen jene Umbrüche, die sich im Hinblick auf die Vergabepraxis gemeinwirtschaftlicher Leistungen<br />
und die Finanzierung des Systems abzeichnen.<br />
Ziel der umweltseitigen Analyse ist es, einen Überblick über die feststehenden sowie die in der politischen<br />
Diskussion absehbaren bzw. erkennbaren Veränderungen der ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen der<br />
kommenden rund zehn Jahre aufzuspannen. Nur die Verkehrsunternehmen, die wissen, was auf sie zukommt,<br />
können künftige Risiken rechtzeitig abpuffern und – noch entscheidender – Erfolgspotenziale schneller als andere<br />
wahrnehmen. Konkret stellen sich jedem Verkehrsunternehmen zwei Kernfragen:<br />
■ „Fahre ich eine konservative Investitionspolitik und beschaffe Fahrzeuge, die den aktuellen Mindeststandard<br />
erfüllen? Oder wähle ich bereits heute die Technologie von morgen, d.h. erwerbe einen Fahrzeugtyp<br />
mit ambitioniertem Emissionsprofil [Abgasstandard EEV, Lärmgrenzwert 77 dB(A)], das die anspruchsvollsten<br />
gegenwärtig feststehenden Anforderungen der Zukunft erfüllt?“ Mit anderen Worten: Zahlt sich aktives<br />
Handeln aus, und ist es betriebswirtschaftlich verkraftbar?<br />
■ „In welche Antriebsart soll ich beim Buskauf im Hinblick auf die mittel- und langfristigen Entwicklungen<br />
investieren (Diesel oder Erdgas)?“<br />
Im Weiteren werden die wichtigsten Handlungsziele und Maßnahmen beschrieben, die entweder bereits<br />
rechtlich fest verankert sind oder sich auf der politischen Ebene als Trends erkennen lassen. Den Maßstab für<br />
ihre Relevanz bilden die beiden Fragen zur Investitionspolitik. Dabei wird nach ökologischen Rahmenbedingungen<br />
im engeren Sinne, fiskalischen und wettbewerblichen Handlungsrestriktionen unterschieden. Hohe Umweltstandards<br />
offensiv anzugehen, kann eine unternehmerische Gestaltungsoption eröffnen, die zum Erreichen<br />
mehrerer Ziele beitragen kann. Im zweiten Schritt werden die Wirkungen der veränderten Rahmenbedingungen<br />
auf den ÖSPV analysiert.<br />
II. Handlungsrahmen 2004 - 2015<br />
Für die Wahl des Zeithorizonts der Analyse bietet es sich aus mehreren Gründen an, die nächsten rund zehn<br />
Jahre zu betrachten. Gerade auf europäischer Ebene – auf der nahezu alle umweltrelevanten ordnungspolitischen<br />
Rahmenbedingungen inzwischen verabschiedet werden – ist eine Dekade ein realistischer Zeitraum, um<br />
von ersten Ansätzen zu gesetzlich fixierten Ziel- und Instrumentenvorgaben zu gelangen. Häufig dauern Willensbildung<br />
und Konsensfindung noch länger, womit nach der Erweiterung der EU auf 25 Mitgliedstaaten verstärkt<br />
zu rechnen ist. Auch beschlossene Richtlinien räumen zumeist lange Implementierungs- und Übergangsfristen<br />
ein, wie das Beispiel der Umgebungslärm-Richtlinie zeigt. Trendaussagen sind überdies von Natur aus spekulativ,<br />
sodass politische Prognosen für Zeiträume nach 2015 sich kaum mehr seriös erstellen lassen. Schließlich<br />
ist es der Anwendungsfall selbst – das Investitionskalkül für Busse –, der zehn Jahre als plausiblen Zeitraum nahe<br />
legt, da mit ihm ein Großteil der durchschnittlichen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer beim Erstbesitzer<br />
abgedeckt wird.<br />
4
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
Im Folgenden werden die Maßnahmen nach ihrer Nähe zu ökologischen Zielvorgaben unterschieden. Die<br />
Aufteilung dokumentiert die Schwerpunktsetzung, kann aber nicht trennscharf sein, da viele Maßnahmen mehreren<br />
Zielen dienen (können). Klassisches Beispiel sind Straßenbenutzungsgebühren, die ökologisch, verkehrspolitisch,<br />
fiskalisch oder wettbewerbspolitisch (Förderung des ÖPNV oder des Schienengüterverkehrs) motiviert<br />
sein können.<br />
1 Ökologische Maßnahmen – Standards<br />
In der Umweltpolitik steht eine Vielzahl an Instrumenten zur Auswahl, die sich im Wesentlichen in ordnungsrechtliche<br />
Standards (Verbote, Gebote, Auflagen) und marktanaloge preisliche Maßnahmen (Abgaben, Lizenzen)<br />
einteilen lassen. Letztere räumen den Wirtschaftssubjekten tendenziell mehr Freiheit in der Wahl ihrer individuellen<br />
Anpassungsreaktion ein, d.h. sie wirken marktähnlich und sind ökonomisch effizienter. Allerdings<br />
bedürfen auch marktanaloge Instrumente der staatlichen Flankierung durch das Ordnungsrecht. Auf europäischer<br />
Ebene dominieren derzeit die Standards, die wiederum auf unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen<br />
basieren (Emission, Immission, unterschiedlicher Zeitbezug, Höchst- oder Durchschnittswerte, usw.). Im Vordergrund<br />
stehen in dieser Arbeit die Luftschadstoffe Stickoxide und Feinstaub sowie der Lärm, für die verschiedene<br />
Regelungen – europäisch wie national – etabliert wurden, die im kommenden Jahrzehnt greifen werden. Die<br />
Auswahl wird auf diese beiden Schadstoffkomponenten und den Verkehrslärm fokussiert, da hier im betrachteten<br />
Zeitrahmen bis zum Jahr 2015 der vordringlichste Handlungsbedarf gesehen wird.<br />
Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Standards, die auf europäischer wie nationaler Ebene bereits verabschiedet<br />
sind, wird eine Übersicht vorangestellt. Sie weist pro Emissionsart alle relevanten Informationen chronologisch<br />
aus (s. Abb. 1).<br />
Abbildung 1: Soll-Zielsystem für Feinstaub/Partikel, Stickoxide und Lärm<br />
Schadstoff<br />
Feinstaub/<br />
Stichtag Rechtsgrundlage Bemesssungsgrundlage/Zieltyp Zielwert<br />
Dieselpartikel PM 10 / PM<br />
01.01.2005 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - Jahresmittel 40 µg/m3<br />
01.01.2005 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - Tagesmittel 50 µg/m3, 35<br />
Überschreitungen p.a.<br />
01.10.2005 EU-RL 1999/96/EG Emission - Grenzwert (Euro 4) 0,03 g/kWh<br />
01.10.2008 EU-RL 1999/96/EG Emission - Grenzwert (Euro 5) 0,03 g/kWh<br />
01.01.2010 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - Jahresmittel 20 µg/m3<br />
01.01.2010 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - Tagesmittel 50 µg/m3, 7 Ü p.a.<br />
Stickoxide NO2/NOx<br />
01.10.2005 EU-RL 1999/96/EG Emission - Grenzwert (Euro 4) 3,5 g/kWh<br />
01.10.2008 EU-RL 1999/96/EG Emission - Grenzwert (Euro 5) 2,0 g/kWh<br />
01.01.2010 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - Jahresmittel 40 µg/m3<br />
01.01.2010 EU-RL 1999/30/EG, 22. BImschV Immission - 1h-Grenzwert 200 µg/m3, 18<br />
Überschreitungen p.a.<br />
2010 EU-RL 2001/81/EG (NEC-Richtlinie) Emission - nationale Gesamtmenge 1051 kt<br />
Lärm<br />
Gilt schon EU-RL 92/97/EG Emission - Grenzwert 80 dB<br />
30.6.2007 EU-RL 2002/49/EG („Umgebungslärm-RL“) Lärmkarten *<br />
18.7.2008 EU-RL 2002/49/EG („Umgebungslärm-RL“) Aktionspläne*<br />
30.6.2012 EU-RL 2002/49/EG („Umgebungslärm-RL“) Lärmkarten **<br />
18.7.2013 EU-RL 2002/49/EG („Umgebungslärm-RL“) Aktionspläne **<br />
* Ballungsräume > 250.000 Einwohner, Hauptverkehrsstraßen > 6 Mio. Kfz p.a.<br />
** Ballungsräume > 100.000 Einwohner, Hauptverkehrsstraßen > 3 Mio. Kfz p.a.<br />
5
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
Abbildung 2: Chronologisches Soll-Zielsystem für Partikel, Stickoxide und Lärm<br />
Auf der Zeitachse stellen sich die bereits feststehenden Maßnahmen gemäß Abbildung 2 dar.<br />
a) Partikel (Feinstaub PM10)<br />
Nachdem die EU Mitte der 90er Jahre in ihrer Luftqualitätsrahmenrichtlinie [96/62/EG] die Leitlinien ihrer<br />
Luftreinhaltepolitik festlegte, setzt die 1. Tochterrichtlinie 1999/30/EG diese Vorgaben für einige Schadstoffe –<br />
unter anderem Feinstaub und Stickoxide – in konkrete Immissionsgrenzwerte um. Der nationale Gesetzgeber<br />
übertrug diese mit dem 7. Gesetz zur Änderung des BImSchG und der 22. BImSchV 2002 in nationales Recht.<br />
Was wird in Bezug auf Feinstaub dort materiell geregelt? Die 22. BImSchV schreibt Immissionsgrenzwerte<br />
vor, die sowohl hinsichtlich ihrer Höhe, Toleranzmarge und Umsetzungsfrist als auch des Beurteilungszeitraums<br />
zweifach gestaffelt werden. Ab 1. Januar 2005 darf ein Jahresmittelwert der PM10-Immission von 40 µg/m3 nicht<br />
mehr überschritten werden. Vorher erleichtern abgestufte Toleranzmargen den Übergang, die zum Zielwert<br />
organisch hinführen sollen. Der zweite Wert – der 24 Stunden-Mittelwert – legt für das Jahr 2005 eine Schwelle<br />
bei 50 µg/m3 fest, die höchstens 35-mal im Jahr überschritten werden darf. Ab 2010 werden die Anforderungen<br />
noch einmal deutlich erhöht, indem nur noch 20 µg/m3 als Jahresmittelwert und sieben Überschreitungen von<br />
Tagesmittelwerten akzeptiert werden. Werden die Grenzwerte überschritten, sind umgehend Maßnahmen einzuleiten<br />
(z.B. Luftreinhaltepläne aufstellen), mit denen diese erreicht werden sollen.<br />
Ein Vergleich der Grenzwerte mit der Immissionsbelastung im Status quo zeigt für die meisten Ballungsräume<br />
folgende Gemeinsamkeiten: Der Jahresmittelwert von 40 µg/m3 ab dem Jahr 2005 wird nahezu überall eingehalten.<br />
Der um die Hälfte abgesenkte Grenzwert, der fünf Jahre später in Kraft tritt, wird vielerorts überschritten,<br />
was jedoch insofern vorläufig unbedenklich sein könnte, da bis dahin noch technische Fortschritte bei den<br />
Partikelemittenten durch die Fortschreibung der Abgasgrenzwerte erzielt werden. Die häufigste Zielverletzung<br />
bahnt sich beim Tageskriterium mit max. 35 zulässigen Überschreitungen pro Jahr (2005) an, das an vielen<br />
Hauptverkehrsstraßen deutscher Großstädte deutlich verfehlt wird. Beispiele hierfür lassen sich stellvertretend<br />
aus Berlin, Nürnberg, München, Frankfurt, Köln, an fast allen Messstellen Niedersachsens, u.v.m. anführen. Die<br />
Vorgabe von maximal sieben Überschreitungen im Jahr ab 2010 erscheint aus heutiger Sicht besonders<br />
anspruchsvoll.<br />
6
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
Welche Konsequenzen erwachsen aus der absehbaren Zielverfehlung? Wie ist ihr zu begegnen? Das BImSchG<br />
sieht im Gegensatz zur entsprechenden EU-Richtlinie keine Sanktionen vor. Die nach Landesrecht zuständigen<br />
Behörden werden der Bundesregierung die vorgeschriebenen Luftreinhaltepläne vorlegen, die diese an die EU<br />
weiterleitet. Mehrere Umweltverbände und Einzelpersonen haben angekündigt, die Einhaltung des Grenzwerts<br />
als Individualrecht aufzufassen, das sie nötigenfalls vor Gericht einklagen wollen. Zu vermuten ist, dass die Kommunen<br />
bzw. die nach Landesrecht zuständigen Behörden in Kürze unter Beweislast geraten, alle möglichen und<br />
zumutbaren Maßnahmen, die auf die Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte hinwirken können, ernsthaft geprüft<br />
zu haben.<br />
Da technische Lösungen wie die weitere Motorenoptimierung oder der Partikelfilter als Regelausstattung auf<br />
Grund ihrer langsamen Bestandsdurchdringung in der Fahrzeugflotte keine kurzfristige Abhilfe verschaffen können,<br />
müssen Interimsmaßnahmen in Betracht gezogen werden, auch wenn sie politisch nur gegen große Widerstände<br />
diskutiert werden können. Diese sind vor allem im Bereich von Einsatzbeschränkungen für dieselbetriebene<br />
Kraftfahrzeuge mit hohen Partikelemissionen zu suchen. Nahe liegend sind zeitlich und fahrzeugseitig<br />
begrenzte Einfahrkontingente auf hochbelasteten Straßen in Ballungsräumen oder belastungsabhängige Fahrverbote<br />
für Fahrzeuge mit hohem Partikelausstoß. Mehrere Städte in Österreich (Graz, Innsbruck) und Italien<br />
(Meran, Bozen) haben bereits angekündigt, bei hohen Feinstaubkonzentrationen mit Restriktionen für hochemittierende<br />
Kraftfahrzeuge zu reagieren. Auch Geschwindigkeitsbeschränkungen können möglicherweise zur<br />
Belastungsminderung beitragen.<br />
Die Entwicklung auf der Seite der Abgasnormen für Pkw wird den ökologischen Anspruch an die Nutzfahrzeugindustrie<br />
erhöhen. Auch für sie wird in den Expertengremien auf europäischer Ebene – etwa im Workshop<br />
der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission – bereits über fortgeschriebene Standards (Euro 6) diskutiert.<br />
Das Umweltbundesamt schlägt in seiner 2003 publizierten Studie „Future Diesel“ eine Emissionsgrenze vor,<br />
der die zulässige Partikelemission im Vergleich zu Euro 4 um 90 % auf 2 mg/kWh im stationären und 3 mg/kWh<br />
im dynamischen Testverfahren absenkt. Dem Vernehmen nach will die Kommission im November 2005 einen<br />
konkreten Vorschlag unterbreiten. Auf Initiative des Bundesumweltministeriums bietet die KfW-Bankengruppe<br />
seit Ende Oktober 2004 die Förderung neuer und umgerüsteter Nutzfahrzeuge aus Mitteln des ERP-Sondervermögens<br />
an, die den EEV-Standard erfüllen.<br />
Der ÖSPV sollte nicht defensiv darauf setzen, bei den Maßnahmen zur Einhaltung der Luftqualitätsnormen<br />
mit einer Ausnahmeregelung privilegiert zu werden. Da die Kommunen verpflichtet sind, den gesamten Handlungsspielraum<br />
auszuschöpfen – dies gilt insbesondere für die autonom steuerbaren Maßnahmen –, könnte eine<br />
ambitionierte Beschaffungspolitik bei Fahrzeugen in öffentlichem Eigentum ein wesentliches Nachweiskriterium<br />
sein, alles zur Reduzierung der Belastung getan zu haben. Die Anforderungen an die ökologischen Eigenschaften<br />
der Fahrzeuge sind im ÖPNV daher höher zu bewerten als bei anderen Emittenten- und Fahrzeuggruppen<br />
wie etwa dem Wirtschaftsverkehr, der größtenteils als unverzichtbar angesehen wird.<br />
b) Stickoxide (NOx)<br />
Die Regelungen für die Immissionsgrenzwerte der Stickoxide ähneln in ihren Grundzügen denen für Feinstaub.<br />
Der Beurteilung der Schadstoffbelastung werden zwei verschiedene Zeiträume zu Grunde gelegt, Überschreitungen<br />
sind in begrenztem Rahmen bei der kleineren Zeiteinheit zulässig. Unterschiede ergeben sich daraus,<br />
dass für NOx nur eine Grenzwerthöhe vorgesehen ist, die ab dem 1. Januar 2010 einzuhalten ist. Darüber<br />
hinaus wird ein Ein-Stunden-Grenzwert anstelle eines Tagesmittelwerts veranschlagt. Im Jahresmittel dürfen<br />
nicht mehr als 40 µg/m3 Stickoxide an der Messstation registriert werden. Der Ein-Stunden-Wert liegt bei<br />
200 µg/m3 und darf nicht mehr als 18-mal im Jahr überschritten werden.<br />
Ein Vergleich der anspruchsvollen Grenzwerte mit der Belastungssituation in den Jahren 2003/2004 zeigt,<br />
dass ohne wirksame Maßnahmen mit regelmäßigen Überschreitungen zu rechnen wäre. Allerdings wird hier<br />
häufig der Jahresmittelwert verfehlt, z.B. in Niedersachsen in den Räumen Braunschweig, Hannover und Hildesheim.<br />
Für Berlin wird umgekehrt erwartet, dass der Jahresmittelwert nur an wenigen Hauptverkehrsstraßen<br />
7
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
nicht eingehalten werden kann, der Stundenwert aber an vielen Stellen überschritten wird. Zwar bleiben noch<br />
rund fünf Jahre Zeit, belastungssenkende Maßnahmen zu ergreifen. Ohne erhebliche Fortschritte auf der Emissionsseite<br />
des Verkehrs werden die notwendigen Minderungen jedoch nur sehr schwer zu erreichen sein.<br />
Eine deutliche Reduktion des Stickoxidausstoßes wird zudem durch die Regelungen der EU-Richtlinie über<br />
nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (NEC-National Emissions Ceilings-Richtlinie)<br />
[2001/81/EG] erzwungen. Diese begrenzt die nationale Gesamtmenge an Stickoxidemissionen ab dem Jahr 2010.<br />
Ob den verschiedenen Verursachergruppen sektorale Minderungsziele vorgegeben werden, ist aus politischen<br />
Gründen derzeit noch offen. Der Verkehr als Hauptemittent dürfte jedoch einen hohen Anteil an der NOx-Minderung<br />
zu tragen haben, der wiederum primär dem Straßenverkehr und in dieser Gruppe insbesondere dem<br />
Verkehr mit Nutzfahrzeugen zuzuschreiben ist. Das Umweltbundesamt schlägt für schwere Nutzfahrzeuge daher<br />
einen weiterführenden Euro 6-Standard vor, demzufolge der Grenzwert für NOx über einen Zwischenschritt mit<br />
1 g/kWh auf 0,5 g/kWh ab 2010 abgesenkt werden soll. Bereits der Zwischenschritt entspricht einer Halbierung<br />
des EEV-Grenzwerts von 2 g/kWh.<br />
c) Lärm<br />
Mitte 2002 trat die „Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Bewertung und die<br />
Bekämpfung von Umgebungslärm“ (kurz: EU-Umgebungslärmrichtlinie [2002/49/EG]) in Kraft, die bis zum<br />
18. Juli 2004 in bundesdeutsches Recht umgesetzt werden musste. Sie setzt insofern einen Meilenstein, als die<br />
EU ihre konventionelle Lärmbekämpfungsstrategie modernisiert. Anstatt sich wie bisher allein auf die Festlegung<br />
von Emissionsgrenzwerten zu beschränken, dehnt sie fortan den Regelungsbereich des EU-Rechts auf<br />
Geräuschimmissionen in der Umwelt aus.<br />
Instrumentell schreibt die Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten für Ballungsräume und Hauptverkehrswege<br />
Lärmkarten und Aktionspläne aufstellen müssen. Die Fristen für deren Konzeption sind nach dem Kriterium<br />
der Dringlichkeit gestuft: So müssen die Lärmkarten für alle Ballungsräume mit mehr als 250 000 Einwohnern<br />
und für Hauptverkehrsstraßen mit mehr als sechs Millionen. Fahrzeugen pro Jahr bis zum 30. Juni 2007 erstellt<br />
werden, woraufhin die Aktionspläne bis zum 18. Juli 2008 verfasst werden müssen. Bei kleineren Ballungsräumen<br />
(> 100 000 Einwohner) und weniger belasteten Hauptverkehrsstraßen (> drei Millionen Fahrzeuge p.a.) wird<br />
den zuständigen Behörden mehr Zeit eingeräumt, indem sie die beiden Dokumente bis zum 30. Juni 2012 bzw.<br />
18. Juli 2013 vorlegen müssen.<br />
Die Lärmkarten sollen dazu dienen, zunächst den Status quo der Lärmbelastung für jede einzelne Lärmquelle<br />
zu ermitteln und abzubilden, und zwar nach EU-weit einheitlichen Bewertungsmethoden, zu denen z.B. zwei<br />
neue Lärmindizes gehören. Mit dem zweiten Schritt der Aktionspläne wird die Erwartung verknüpft, den diagnostizierten<br />
Umgebungslärm verhindern oder mindern zu können, insbesondere sobald gesundheitsschädliche<br />
Belastungen ermittelt werden. Zudem sollen explizit jene Gebiete prophylaktisch geschützt werden, die bis dato<br />
als lärmarm ausgewiesen werden.<br />
Es zeichnet sich ab, dass die Umgebungslärmrichtlinie ein neues Zeitalter in der europäischen Lärmbekämpfung<br />
einläutet. Zum Einen drückt sie über die Fristsetzungen den politischen Willen aus, das Ziel der Minderung<br />
gesundheitsgefährdender Lärmbelastungen aktiv aufzugreifen. Auch wenn die Aktionspläne noch nicht in verbindliche<br />
Maßnahmen münden, ist damit zu rechnen, dass die Erfassung und Offenlegung des Status quo den<br />
Handlungsdruck auf die Politik deutlich erhöhen. Somit wird bei der Lärmminderungspolitik der gleiche Mechanismus<br />
angestoßen, wie er von der Luftreinhaltepolitik hinlänglich bekannt ist: Die ökologischen Anforderungen<br />
werden sukzessive weiterentwickelt, und zwar im Wechselspiel zwischen europäischer Vorgabe und nationaler<br />
Umsetzung.<br />
Im Ergebnis dieser Entwicklung werden alle Optionen der Lärmreduktion mittelfristig auf den Prüfstand kommen.<br />
Die dominanten Geräuschquellen Nutzfahrzeuge (sowie motorisierte Zweiräder) werden zunächst in den<br />
Mittelpunkt rücken. Bei Nutzfahrzeugen impliziert dies eine Fortschreibung der Emissionsgrenzwerte für Fahrzeuge<br />
und Reifengeräusche, ebenso des Messverfahrens der Geräuschtypprüfung von Kraftfahrzeugen. Letzteres<br />
„Zum Einen“... - Formulierung ??? „zum Andern“ fehlt<br />
8
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
steht seit langem in der Kritik, weil das Prüfkonstrukt der „beschleunigten Vorbeifahrt“ bei 50 km/h und hoher<br />
Motordrehzahl die realen Nutzungsprofile nicht erfasst. Das bei der Prüfung hochgetriebene Motorengeräusch<br />
überlagert die Lärmemissionen der Reifen und des Fahrbahnbelags, während in repräsentativen Fahrsituationen<br />
bei höherer Geschwindigkeit die Dominanz der Geräuschquellen umgekehrt wahrgenommen wird.<br />
Für die Unternehmen des ÖSPV und die Hersteller von Bussen bedeutet die skizzierte Entwicklung der Rahmenbedingungen,<br />
dass der seit 1996 einzuhaltende EU-Grenzwert von 80 dB für Nutzfahrzeuge in den kommenden<br />
Jahren abgesenkt wird. Als Zwischenschritt ist ein realistischer Wert von 77 dB anzunehmen. Ihn halten<br />
beide Fahrzeugtypen des Demonstrationsprojekts bereits seit 2003 ein. Zudem dürften das Messverfahren für die<br />
Ermittlung der Geräuschemissionen entsprechend realen Nutzungsprofilen weiterentwickelt und weitere<br />
Geräuschquellen (z.B. Lüfter- und Kompressorgeräusche der Klimaanlagen von Bussen) einbezogen werden. Die<br />
Ergebnisse der im Rahmen des Demonstrationsprojekts durchgeführten messtechnischen Untersuchungen an<br />
den beiden Busflotten bestätigen die Dringlichkeit, auch Dauerhaltbarkeitsnachweise und eine Feldüberwachung<br />
vorzusehen. Auf der Immissionsseite sind verbindliche Immissionsgrenzwerte – zumindest für sensible<br />
Gebiete wie Innenstädte – wahrscheinlich.<br />
d) Kraftstoff-Strategie<br />
Im Rahmen der so genannten Kraftstoff-Strategie strebt die EU-Kommission an, konventionelle Kraftstoffe sukzessive<br />
durch alternative Kraftstoffe (prioritär: Biokraftstoffe und Erdgas, ab 2015/2020 auch Wasserstoff) zu<br />
ersetzen. Insgesamt wird eine 20%ige Substitution in 2020 gefordert, die in den Modal Split eine Untergrenze<br />
zu Gunsten der erneuerbaren Energien einziehen soll. Ein optimistisches Entwicklungsszenario der EU-Kommission<br />
ist in Tabelle 1 dargestellt.<br />
Tabelle 1 Marktanteilsziele der EU für alternative Kraftstoffe<br />
? SCHREIBWEISE ?<br />
2005 2010 2015 2020<br />
Biokraftstoffe 2 5,75 (7) (8)<br />
Erdgas 2 5 10<br />
Wasserstoff 2 5<br />
TOTAL 2 7,75 14 23<br />
Mit der Biokraftstoffrichtlinie [2003/30/EG] hat die Kommission die pauschale Zielsetzung weiter konkretisiert.<br />
Ihr zufolge soll der Anteil der verkauften Bio- (und anderen alternativen) Kraftstoffe am 31. Dezember 2005<br />
mindestens 2 % am Gesamtverbrauch der Otto- und Dieselkraftstoffe im Verkehrssektor betragen. Fünf Jahre später<br />
sollen es dann 5,75 % sein. Materiell haben diese Zwischenziele den Charakter einer Selbstverpflichtung, da<br />
kein unmittelbarer Korrekturautomatismus einsetzt, wenn sie verfehlt werden. In einem solchen Fall müssen die<br />
Mitgliedstaaten mit einer verbindlichen Gesetzgebung rechnen.<br />
Instrumentell setzt die Energiesteuerrichtlinie [2003/96/EG] den Rahmen für aktives Handeln, indem sie die<br />
Markteinführung von Biokraftstoffen monetär fördert. Sie räumt den Mitgliedern – zunächst bis Ende 2009 – die<br />
Option ein, die Verbrauchsteuern (ohne Mehrwertsteuer) für bestimmte Biokraftstoffe und Mineralöle, die solche<br />
Biokraftstoffe enthalten, zu ermäßigen oder gänzlich zu befreien. Allerdings dürfen dabei keine Überkompensationen<br />
entstehen. Inzwischen hat die EU-Kommission ihre beihilferechtlichen Bedenken fallen gelassen<br />
9
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
und die von der Bundesregierung beschlossene Steuerbefreiung genehmigt. Auch der in Deutschland bis 2020<br />
festgeschriebene ermäßigte Mineralölsteuersatz für Erdgas ist mit dieser Richtlinie konform.<br />
In der nationalen Politik ist die Suche nach alternativen Kraftstoffen Teil einer umfassend formulierten „nationalen<br />
Nachhaltigkeitsstrategie“, die unter dem Titel „Perspektiven für Deutschland“ vom Bundeskabinett im<br />
April 2002 verabschiedet wurde. Dort wurden vier Handlungsfelder als Schwerpunkte definiert, die der Staatssekretärsausschuss<br />
(„Green Cabinet“) im Vorgriff auf den für Herbst 2004 terminierten ersten Fortschrittsbericht<br />
inzwischen erweiterte und konkretisierte. Eines dieser vier neu definierten Themen sieht im Einklang mit der<br />
EU-Kommission vor, alternative Kraftstoffe und Antriebstechnologien zu bewerten. Deren Potenziale sollen<br />
zunächst über alle 270 gegenwärtig bekannten Herstellungspfade hinweg abgeschätzt werden, ehe darauf aufbauend<br />
ein strategisches Politikkonzept für den Zeitraum bis 2020 entwickelt werden soll. Dieses soll aufzeigen,<br />
welche Instrumente dem Staat zur Verfügung stehen, um die erfolgreiche Markteinführung der für zukunftsträchtig<br />
erachteten Kraftstoffoptionen und Antriebstechnologien zu unterstützen.<br />
Die Unternehmen des ÖSPV sollten sich darauf einstellen, dass die EU und die Bundesregierung die Kraftstoffstrategie<br />
im Zeitablauf immer konsequenter verfolgen werden, nicht zuletzt unter dem Eindruck dauerhaft<br />
höherer Rohölpreise. Inwieweit sich der Kostenvergleich der beiden Systeme Diesel und Erdgas verschiebt, hängt<br />
maßgeblich davon ab, ob die aktuelle Relation der Steuerentlastungen konstant bleibt und wie sich der Beimengungsanteil<br />
des Biokraftstoffs am Diesel (technisch) entwickelt. Zudem könnte der Wechsel auf reine Biokraftstoffe<br />
(Biomethan/Biogas, Rapsölmethylester/Biodiesel und Ethanol) als dritte Systemgruppe eines Tages attraktiv<br />
werden. Die Übergangsfristen hierzu könnten – zumindest mit Blick auf die von der EU angestrebten Marktanteile<br />
alternativer Kraftstoffe – unterhalb der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der derzeit in den Verkehr<br />
gebrachten Busse liegen. Gleichwohl ist es denkbar, dass einige Kommunen den Einsatz biogener Kraftstoffe als<br />
Bietkriterium in Ausschreibungen von Verkehrsverträgen höher gewichten oder einen Mindestanteil fordern.<br />
Beispielhaft hierfür stehen die Entwicklungen in Skandinavien und Frankreich.<br />
2 Fiskalische Maßnahmen<br />
Hierunter werden alle Maßnahmen gefasst, die auf die (Ko-)Finanzierung des Systems ÖPNV zielen. Ökologisch<br />
vorteilhafte Wirkungen sind willkommene Nebeneffekte, aber nicht vorrangiges Motiv.<br />
a) Kürzung von Finanzmitteln<br />
Ende 2003 verständigten sich Bundesregierung und Opposition im Zuge des Reformpakets zur Haushaltskonsolidierung<br />
darauf, einen beträchtlichen Teil der Kürzungsvorschläge des so genannten Koch-Steinbrück-Papiers<br />
umzusetzen. Der Verkehrssektor und innerhalb dessen der Verkehrsträger Schiene und der ÖSPV wurden in den<br />
Subventionsabbau einbezogen. Auch wenn im Nachgang der Entscheidung diskutiert wurde, ob die Streichansätze<br />
ausgewogen und wie Investitionen von Subventionen abzugrenzen seien, ist in dieser Auseinandersetzung<br />
eine für die ÖPNV-Branche nicht erwartete Entwicklung erkennbar: Der ÖPNV erhält keine Sonderrolle mehr<br />
gegenüber konkurrierenden Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge. Ein weiterer Subventionsabbau ist nach<br />
der jüngsten Steuerschätzung absehbar, da die Deckungslücken im Etat auch die nächsten Jahre erheblich sein<br />
werden.<br />
Konkret enthält das verabschiedete Paket zum Subventionsabbau für den ÖPNV die in Tabelle 2 zusammengestellten<br />
Einschnitte, die hier von Belang sind.<br />
Die Kürzung der Transferleistungen kann insgesamt als moderat bewertet werden. Insbesondere die nur einmalige,<br />
geringfügige Senkung der Regionalisierungsmittel überrascht, da deren historisch großzügige Dotierung<br />
als politisches Entgegenkommen für die Zustimmung des Bundesrats zur Bahnreform (1993) allgemein<br />
bekannt ist. Hinzu kommt, dass die Aufgabenträger selbst große Einsparpotenziale vernachlässigen, indem sie<br />
weder im ÖSPV noch im SPNV die Effekte wettbewerblicher Vergabeverfahren konsequent nutzen. Ebenso ist<br />
eine hohe Zweckentfremdungsquote der Regionalisierungsmittel bekannt. Angesichts dieser Fakten ist es wahrscheinlich,<br />
dass der ÖPNV mit einem weiteren Abbau der Transferleistungen rechnen muss.<br />
? Schreibweise ?<br />
10
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
Tabelle 2 Kürzungsmaßnahmen im ÖPNV ab 2004<br />
Finanzierungsbausteine im ÖPNV<br />
Ausgleichszahlungen im Ausbildungsverkehr nach § 45a<br />
PBefG und § 6a AEG Pauschal Reduktion in 3 Staffeln, jeweils 4 % in 2004, 2005, 2006<br />
Regionalisierungsmittel Einmaliges Einfrieren in 2004 um 2%, danach Dynamisierung wie vorgesehen<br />
Mineralölsteuervergütung im ÖPSV Reduktion um 12% ab 2004<br />
GVFG-Mittel Moderate Absenkung um 10 Mio auf 1,667 Mrd. e<br />
Investitionsmittel Schiene Gestaffelte Absenkung auf 2,2, Mrd e in 2008 (noch in Verhandlung)<br />
Steuerbefreiung Job-Ticket (indirekt wirkend) Aufhebung<br />
Auch ein Ausgleich abgesenkter Bundesmittel durch andere Gebietskörperschaften wie Länder oder Kommunen<br />
ist weitgehend auszuschließen. Deren Etats sind infolge ausbleibender Steuereinnahmen ebenfalls defizitär.<br />
Folgerichtig haben die ersten Länder ihre Förderquoten bei den GVFG-Mitteln gesenkt. Die Kommunen bzw.<br />
deren Unternehmen müssen einen höheren Eigenanteil zu den Investitionen aufbringen, zu dem sie häufig<br />
kaum in der Lage sind. Verschärft wird die Dramatik aufklaffender Finanzierungslücken dadurch, dass in den<br />
kommenden Jahren der kommunale Reinvestitionsbedarf stark anwächst, insbesondere bei Kunstbauten wie<br />
Brücken, Tunnel usw.<br />
Formulierung: doppelt gemoppelt<br />
Insgesamt wird der ÖPNV künftig mit deutlich geringerer Finanzausstattung auskommen müssen als in der<br />
Vergangenheit. Kürzungsbestrebungen sind allein durch die Verpflichtung zur Daseinsvorsorge begrenzt, einen<br />
Mindeststandard an Angebotsmenge und -qualität aufrechtzuerhalten. Bezogen auf das korrespondierende Mittelvolumen<br />
dürfte die Untergrenze bei rund 75 % des heutigen Engagements liegen. Würden alle Einsparreserven<br />
tatsächlich aktiviert, ist zu vermuten, dass das jetzige Angebotsniveau bis auf wenige Abstriche gehalten werden<br />
könnte.<br />
Die Subsysteme des ÖPNV müssen damit rechnen, etwaige Erbhöfe in Frage gestellt zu sehen, d.h. vermehrt<br />
einer Kosten-Nutzen-Analyse unter Einschluss der Alternativen unterzogen zu werden. Dies bedeutet z.B. für den<br />
SPNV, aber auch für die Straßenbahn, in seiner/ihrer Wirtschaftlichkeit stärker an der – häufig kostengünstigeren<br />
– Alternative Bus gemessen zu werden. Aber auch der Bus steht wiederum in Konkurrenz zu flexibleren<br />
Bedienungsformen (Beispiel: Anrufsammeltaxi), die vor allem in Randzeiten Effizienzvorteile versprechen.<br />
b) Grundlegende Finanzreform im ÖPNV<br />
Die Reaktion der ÖPNV-Unternehmen auf die oben skizzierten politischen Beschlüsse basiert auf zwei Argumenten:<br />
Mit den verabschiedeten Mittelkürzungen sei eine absolute Grenze erreicht, eine nochmalige Absenkung<br />
sei nicht mehr vertretbar und gehe mit massiven Leistungseinbußen einher. Zweitens müssten die Transfers<br />
auf lange Sicht wieder erhöht werden, sofern die Verkehrspolitik den modal split beeinflussen wolle und der<br />
künftige Investitionsbedarf bewältigt werden solle.<br />
Wie konkurrenzfähig der ÖPNV tatsächlich im Idealzustand mit dem motorisierten Individualverkehr sein<br />
kann, ist nicht prognostizierbar. Die Summe der eingesetzten Mittel im öffentlichen Verkehr ist mit geschätzten<br />
22-23 Milliarden Euro beachtlich (davon ÖSPV 10-11 Milliarden Euro), die Effizienz ihrer Verwendung könnte<br />
jedoch deutlich höher sein. Somit ist nicht der Umfang der staatlichen Transferleistungen das vordringliche Problem,<br />
sondern der suboptimale Einsatz der Ressourcen. Die ÖPNV-Branche steht in der Pflicht, ihre internen Verbesserungspotenziale<br />
auszuschöpfen, bevor sie einen höheren Mittelzufluss fordert – der berechtigt sein kann.<br />
11<br />
?
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
Allerdings hat auch die Verkehrspolitik die Ineffizienz des Status quo zu verantworten. Ursächlich sind institutionelle<br />
Fehlanreize (geflügelter Begriff: „Spaghetti-Finanzierung“), die das gesamte Finanzierungssystem<br />
durchziehen, das nach Meinung aller Experten folgerichtig einer dringenden, grundlegenden Revision bedarf.<br />
Die wesentlichen Mängel sind:<br />
■ Die Förderkulisse ist zersplittert und undurchschaubar („Dschungel“).<br />
Drei Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Kommunen) verwalten über unzählige Stellen eine Vielzahl an<br />
Subventionsarten. Jeder der Beteiligten übersieht und steuert nur einen kleinteiligen Ausschnitt des Systems,<br />
eine Verantwortung für das Gesamtprodukt fehlt. Infolgedessen entstehen Anreize für „fördergerechte“ Investitionen,<br />
Doppelförderungen sowie falsch dimensionierte Förderschwerpunkte die nicht dem aktuellen Handlungsbedarf<br />
genügen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Entscheider größtenteils nur über geringe Kenntnisse<br />
der lokalen Bedürfnisse verfügen.<br />
■ Der Leistungsauftrag ist unklar<br />
Ein großer Teil der Subventionen, der an die Verkehrsunternehmen fließt, unterliegt weder einer klaren<br />
Zweckbestimmung noch einem präzise definierten Leistungsauftrag oder einer transparenten Berechnungsgrundlage.<br />
Zu nennen sind u.a. die Investitionsförderung nach GVFG (z.B. für Betriebshöfe), überschüssige Ausgleichszahlungen<br />
im Ausbildungsverkehr gemäß §45a PBefG, allgemeine Vergünstigungen für den ÖPNV (ermäßigte<br />
Steuersätze), vor allem aber auch die pauschale, nachträgliche Abdeckung der Betriebskostendefizite über<br />
die Energiesparte in kommunalen Versorgungsunternehmen (Querverbund). Folgen: Förderungen für ohnehin<br />
geplante Investitionen werden „mitgenommen“, der Effizienzdruck wird verringert, der Wettbewerb verzerrt.<br />
■ Dominanz der Investitions- und Objektförderung<br />
Formulierung: überarbeitet<br />
Ein Schwerpunkt der Subventionierung liegt auf Investitionsobjekten (GVFG-Mittel), die pauschal als förderwürdig<br />
typisiert werden. In der Folge werden Bedarfe überzeichnet, teure Prestigeobjekte angemeldet, Insellösungen<br />
herangezüchtet. Konsumtive Mittel, die aus Gründen der Daseinsvorsorge verausgabt werden, sind ausschließlich<br />
als Objektförderung konzipiert, die direkt den Verkehrsunternehmen zugute kommt (Ausbildungs-,<br />
Schwerbehindertenverkehr). Dadurch gelangen teilweise nicht bedürftige Nutzerkreise in den Genuss der Förderung,<br />
dem ÖSPV werden Zwangskunden („captive rider“) quasi zugeführt, der reale Kompensationsbedarf bei<br />
den Verkehrsunternehmen bleibt intransparent.<br />
Die Auswahl schwerwiegender Mängel zeigt, wo Reformen ansetzen sollten. Im Vordergrund stehen institutionelle<br />
Veränderungen, die konsumtive und investive Förderung zusammenführen und sie zudem auf die bestmotivierte<br />
und -informierte Bestellerebene verlagern. Verlautbarungen aus der in die Endphase ihrer Beratungen<br />
eingetretenen Föderalismus-Kommission geben zu vorsichtigem Optimismus Anlass, dass derartigen Überlegungen<br />
gefolgt wird. Aber auch der beste Finanzierungsrahmen entfaltet nicht die intendierte Effizienzwirkung,<br />
wenn er nicht durch den Wettbewerb der Anbieter um die Fördermittel und befristete exklusive Bedienungsrechte<br />
ergänzt wird.<br />
Inwiefern könnte eine stringente Neuausrichtung des Finanzierungssystems Auswirkung auf die Aufgabenstellung<br />
dieses Demonstrationsvorhabens haben? In einem effizienteren Förderregime würden schärfere qualitative<br />
Anforderungen an die dezentrale Mittelvergabe gestellt, die stärker in Projekte mit Einzelfallcharakter<br />
gegliedert würde. Anspruchsvolle Umweltstandards könnten ein überzeugendes Argument liefern, diese Mittel<br />
intelligent zu nutzen.<br />
12<br />
?
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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
3 Wettbewerbspolitische Entwicklungen<br />
Kennzeichen aller öffentlichen Sektoren ist es, gemeinwirtschaftliche Leistungen bereitzustellen, die zur<br />
Daseinsvorsorge gezählt werden, weil die Unternehmen am Markt sie nicht eigenwirtschaftlich erbringen können<br />
und daher kofinanziert werden müssen. Über Jahrzehnte galt das Argument der Daseinsvorsorge als hinreichend,<br />
auf Wettbewerb verzichten zu können. Im Gefolge der europäischen Liberalisierung ist diese Gleichsetzung<br />
als Fehlschluss erkannt worden, da Wettbewerb auch um die effiziente Bewirtschaftung defizitärer Leistungen<br />
gestaltet werden kann. Nichtsdestotrotz verläuft der Wettbewerb im ÖSPV bislang schleppend, was sich<br />
jedoch mittelfristig auf Grund zweier Entwicklungen ändern dürfte.<br />
a) Wettbewerb um die Verkehrsdienstleistungen<br />
Am 24. Juli 2003 verkündete der EuGH sein Urteil in der Rechtsangelegenheit „Altmark-Trans“, von dem eine<br />
grundlegende Entscheidung zur Finanzierung des ÖPNV in Deutschland erwartet wurde. Zahlreiche Kommentatoren<br />
zogen unmittelbar nach dessen Bekanntwerden den Schluss, im Prinzip könne im deutschen ÖSPV die<br />
wettbewerbsfreie Vergabe- und Finanzierungspraxis so fortgeschrieben werden wie bisher. Inzwischen herrscht<br />
jedoch ein differenziertes Meinungsbild vor. Wird die Entscheidung des EuGH auf ihren Kern reduziert, lassen<br />
sich zwei richtungweisende Aussagen kondensieren:<br />
■ Der EuGH lässt – zumindest zwischen den Zeilen – erhebliche Zweifel anklingen, ob der deutsche Gesetzgeber<br />
die Trennlinie zwischen eigen- und gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen mit Hilfe einer nach VO<br />
1191/69 i.d.F. 1893/91 zulässigen (Teil-)Bereichsausnahme rechtssicher gezogen hat. Auf Grund der weiten<br />
Definition der (fiktiven) Eigenwirtschaftlichkeit, die vor Wettbewerb schützt, kann sich ein ÖPNV-Unternehmen<br />
bisher de facto selbst aussuchen, in welche Rubrik es fällt. Besteht aber keine Rechtssicherheit, sei<br />
davon auszugehen, dass die VO 1191/69 auch für eigenwirtschaftliche Verkehre gelte. Die Folge wäre, dass<br />
diese auf gemeinwirtschaftlicher Basis vereinbart oder auferlegt werden müssten, Genehmigungen nur<br />
noch nach § 13a PBefG erteilbar wären und ein Ausschreibungswettbewerb nach VOL/A durchgeführt werden<br />
müsse.<br />
■ Nur wenn jede Rechtsunsicherheit auszuschließen sei, müsse die Rechtmäßigkeit staatlicher Zuwendungen<br />
nicht an der VO 1191/69 beurteilt werden. Allerdings sind die korrespondierenden Ausgleichszahlungen<br />
nur dann keine notifizierungs- und genehmigungspflichtigen Beihilfen, wenn sie die folgenden vier Kriterien<br />
erfüllen:<br />
❍ Das Unternehmen muss ausdrücklich mit klar definierten gemeinwirtschaftlichen Pflichten betraut sein.<br />
❍ Die Parameter der Ausgleichsberechnung müssen transparent und vorab festgelegt werden.<br />
❍ Der Ausgleich darf nicht höher sein als die spezifischen Nettomehrkosten, die sich aus der Gemeinwohlverpflichtung<br />
ergeben.<br />
❍ Die veranschlagten Kosten müssen denen eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens entsprechen.<br />
Die Betrauung setzt einen staatlichen Rechtsakt voraus. Da dieser „ausdrücklich“ vorzunehmen ist, sollte dies<br />
über öffentlich-rechtliche Konzessionen, vor allem aber über Verkehrsverträge erfolgen. Zudem müssen die<br />
abzugeltenden Verpflichtungen zwingend gemeinwirtschaftlicher Natur sein, die klar von etwaigen eigenwirtschaftlichen<br />
Interessen des Unternehmens abzugrenzen sind. Letztlich mündet das Postulat der transparenten<br />
Aufgabenteilung in das Besteller-Ersteller-Prinzip.<br />
Dass Ausgleichszahlungen nicht mehr wie bisher pauschal gewährt werden dürfen, geht aus der Forderung<br />
des EuGH hervor, sie an objektive Parameter zu koppeln. Auf diese Weise werden sie prüfbar, da leistungsbezogene<br />
Kriterien zu Grunde gelegt werden müssen. Ebenso werden Vergleiche zwischen verschiedenen Direktvergaben<br />
möglich, woraus ein so genannter Yardstick-Wettbewerb resultieren kann. Schließlich muss die Berechnung<br />
des Ausgleichs vorab durchgeführt werden, wodurch nachträgliche Pauschalvergütungen unzulässig wer-<br />
13
?<br />
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
den. Die Verträge gewinnen unweigerlich an Nettocharakter, da fehlkalkulierte Zahlungen zu Lasten des Betrauten<br />
gehen.<br />
Der Ausgleich muss dem Prinzip der Erforderlichkeit genügen, damit wettbewerbsverzerrende Überkompensationen<br />
verhindert werden. Inwieweit die Nettomehrkosten der Gemeinwohlverpflichtungen rechnerisch extrahiert<br />
werden können, bleibt fraglich.<br />
Das vierte Kriterium markiert aus der Sicht des Ökonomen einen erheblichen Fortschritt, indem nicht mehr<br />
die (vom Wirtschaftsprüfer bestätigten) Ist-Kosten zum Maßstab des Ausgleichs erhoben werden, sondern die fiktiven<br />
Kosten eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens. Die Kompensation auf die geringsten<br />
Kosten für die Allgemeinheit beschränken zu wollen, ist ein klares Votum für mehr Effizienz. Allerdings stellt<br />
sich die Frage, über welchen Mechanismus diese zu bestimmen sind. Ökonomisch ist allein der Ausschreibungswettbewerb<br />
denkbar, da er ungleich erfolgreicher als jeder Außenstehende die Gebote der Marktteilnehmer auf<br />
ihre Güte hin testen kann.<br />
Wendet man die vier Kriterien auf die derzeit geübte Praxis an, kann das Urteil nur lauten, dass diese aller<br />
Wahrscheinlichkeit nach im deutschen ÖPNV kaum erfüllt werden. Klare Vertragsbeziehungen sind ebenso selten<br />
wie transparente Kostenaufstellungen, die erst recht nicht vorab angefertigt werden. Pauschale Defizitabdeckungen<br />
werden überall ex post geleistet. Doch selbst wenn die Besteller diese Mängel beseitigten – die härteste<br />
Klippe bildet das Effizienzkriterium. Es ist äußerst fraglich, ob die öffentlichen ÖPNV-Unternehmen mit<br />
ihren „historischen Altlasten“ der Vorgabe eines mittleren, gut geführten Unternehmens genügen können,<br />
solange sie den Markttest nicht zu bestehen brauchen.<br />
Als Zwischenfazit ist festzustellen, dass das EuGH-Urteil, selbst wenn aus ihm (noch) nicht unmittelbar eine<br />
Ausschreibungspflicht abzuleiten ist, dennoch dem Wettbewerb den Weg geebnet hat. Besteller können die verbotene<br />
Gewährung von Beihilfen rechtssicher nur ausschließen, wenn sie den Verkehr im Wettbewerb vergeben.<br />
Andernfalls müssen sie darauf vertrauen, dass Gerichte im Falle einer Klage das direkt erwählte Unternehmen<br />
auch tatsächlich als „gut geführt“ anerkennen. Haushaltsrechtlich wäre es kaum vertretbar, solche Risiken einzugehen.<br />
Auch die erhöhten Transparenzanforderungen intensivieren den Kosten- und Effizienzdruck, da im<br />
Prinzip ein bundesweiter Benchmark-Prozess initiiert wird.<br />
Mit Blick auf anspruchsvolle Umweltstandards eröffnet das EuGH-Urteil den Kommunen eine interessante<br />
Handlungsalternative. Da ihre Unternehmen den Preiswettbewerb so lange nicht gewinnen können, wie sie<br />
nicht vollends in die Autonomie entlassen werden, muss ihre Strategie darauf hinauslaufen, höhere Kosten durch<br />
ein Mehr an Qualität zu legitimieren. Die Aufgabenträger könnten ihnen insofern entgegenkommen, als sie<br />
Standards und Fahrzeugkonzepte in Ausschreibungen verlangen, die ein großes Know-how voraussetzen und für<br />
„Billiganbieter“ eine Hürde darstellen. Dass derartige Vorgaben europarechtlich einwandfrei sind, hat bereits ein<br />
Gutachten im Auftrag des Bundesumweltministerium sowie der EuGH bestätigt.<br />
Betriebswirtschaftlich wird der zunehmende Effizienzanreiz dazu führen, dass die ÖPNV-Unternehmen noch<br />
sehr viel stärker und präziser als bislang die Lebenszykluskosten der Investitionsobjekte einschließlich der<br />
Kostenrisiken berücksichtigen müssen. Dadurch verlagert sich der Fokus von einer kurzfristigen kameralistischen<br />
Betrachtungsweise auf eine „mit langem Atem“. Implizit müsste dies zum Vorteil anspruchsvoller Umweltstandards<br />
gereichen, deren Nutzen sich um so stärker entfalten, je weiter in die Zukunft geschaut wird und<br />
ambitionierte Umweltziele Platz greifen.<br />
Wie schnell sich das Urteil in der Praxis der Unternehmen und Besteller niederschlägt, kann noch nicht präzise<br />
vorhergesagt werden. Kurzfristig hat der Wettbewerbsprozess sogar insofern einen Rückschlag erlitten, als<br />
das EuGH-Urteil im konkreten auslösenden Streitfall „Altmark-Trans“ verpuffte, weil die Beteiligten als juristische<br />
Personen nicht mehr existieren. Daher konnte es das Bundesverwaltungsgericht bei der Entscheidungsvorlage<br />
belassen, ohne selbst ein Urteil sprechen zu müssen. Wettbewerbspolitisch ist diese Entwicklung bedauerlich,<br />
14
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
weil Interessengruppen, die die Liberalisierung ablehnen, nun Aufschub erhalten haben. Auf mittlere Sicht dürfte<br />
jedoch ein wettbewerblicher Rahmen nicht aufzuhalten sein, auch wenn zunächst erneut ein durch („marktorientierte“)<br />
Direktvergaben benachteiligtes ÖPNV-Unternehmen den langwierigen Instanzenweg gehen muss.<br />
Ermutigt durch die enger gefassten, wenn auch noch dehnbaren Kriterien des EuGH oder durch die Zweifel des<br />
EuGH an der rechtssicheren Bereichsausnahme dürfte jedoch ein Unternehmen in Europa bereit sein, sich den<br />
Marktzugang juristisch zu erstreiten.<br />
b) Der kommunale Querverbund – ein Auslaufmodell?<br />
Nachdem der Wettbewerb im Energiemarkt zunehmend an Dynamik verliert, soll er durch die so genannte<br />
EU-Beschleunigungsrichtlinie gestärkt werden. Zum 1. Juli 2004 mussten alle Energieunternehmen mit mehr als<br />
100 000 Kunden ihre Bereiche Netzversorgung und Vertrieb gesellschaftsrechtlich voneinander trennen, d.h. in<br />
rechtlich selbständige Einheiten überführen. Parallel sollen Regulierungsbehörden eingerichtet werden, die die<br />
Netznutzungsentgelte und deren Berechnungsgrundlagen ex ante genehmigen müssen. Wechselgebühren werden<br />
verboten. Mit diesen Eckpfeilern soll der Markt für alle gewerblichen Kunden europaweit geöffnet werden.<br />
Die Privatkunden müssen hingegen drei Jahre länger warten.<br />
Diese Entwicklung auf einem scheinbar völlig separaten Markt ist für den ÖPNV insofern relevant, als der<br />
zunehmende Wettbewerb den kommunalen Querverbund aufhebeln kann, der die Defizite des ÖPNV bis dato<br />
maßgeblich aufgefangen hat. Die Finanzierung des ÖPNV erfährt somit gegenwärtig erhebliche Einschnitte von<br />
zwei Seiten.<br />
4 Zusammenfassender Überblick<br />
Zahlreiche und vielfältige Entwicklungsstränge rund um den ÖSPV weisen darauf hin, dass die Branche<br />
erstens mit vielen neuen Herausforderungen rechnen muss, die sie zweitens offensiv annehmen sollte. Ökonomisch<br />
wie politisch werden die Spielräume und Ressourcen knapper werden, weil das Mittelvolumen sinken und<br />
der Wettbewerb zunehmen wird. Offen ist noch, wie hoch das Tempo des Anpassungszwangs ausfällt.<br />
Unter Umweltgesichtspunkten hat der öffentliche Verkehr nach wie vor gute Argumente im intermodalen<br />
Wettbewerb, sofern er diese im politischen Diskurs auch erfolgreich einzubringen vermag. Insbesondere die verschärften<br />
Immissionsanforderungen ab 2005 bieten den ÖSPV-Unternehmen die Chance, das Profil ihres Produktes<br />
zu schärfen, indem sie ihre Beschaffungspolitik an anspruchsvollen Umweltstandards ausrichten. Ihre kommunalen<br />
Eigentümer können ihnen dabei maßgeblich Hilfestellung leisten. Voraussetzung hierfür ist es, die Einhaltung<br />
der neuen Bestimmungen von allen Verkehrsteilnehmern konsequent einzufordern und die ökologisch<br />
motivierte Modernisierung des Fuhrparks zu unterstützen.<br />
III. Einsparungen durch anspruchsvolle Umweltstandards<br />
Obschon der Fokus dieser Studie auf den Leistungsmehrkosten hoher Standards liegt, soll nicht in Vergessenheit<br />
geraten, dass mit ihnen konkrete Erfolge bei der Reduzierung gesundheitsschädlicher Emissionen verknüpft<br />
sind. Schließlich soll der – noch zu ermittelnde – Preis umweltfreundlichen Handelns gezahlt werden, um einen<br />
ökologischen Nutzen zu erzielen. Am Beispiel der Luftschadstoffe Stickoxid und Partikel wird für die beiden Praxisfälle<br />
gezeigt, welche Einsparungen sich durch verschärfte Grenzwerte tatsächlich realisieren lassen bzw. welche<br />
Potenziale noch ausgeschöpft werden können (s. Tab. 3).<br />
15
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
Tabelle 3 Ökologischer Nutzen durch anspruchsvolle Umweltstandards bei BVG und SVF<br />
Fall 1: BVG Stickoxide Partikel<br />
Szenario Anzahl Busse Laufleis- Emissions- Emissions- Emission Differnez Index Emissions- Emission Differnez<br />
tung p.a. standard faktor (g/km) p.a. (t) Ist vs. … faktor (g/km) p.a. (t) Ist vs. …<br />
„Steinzeit“ 1 390 65 000 Euro 0 14,682 1326,52 300,72 129 0,792 71,56 52,34<br />
421 65 000 Euro 0 14,682 401,77 290 Euro 0:<br />
0,792<br />
14,93<br />
„Projekt“ 134 65 000 Euro 1 9,620 83,79<br />
(Referenz) 507 65 000 Euro 2 10,878 358,48 66 Euro 2:<br />
0,186<br />
0,8<br />
303 65 000 Euro 3 / 4 8,953 176,33 1034 Euro 4:<br />
0,052<br />
3,49<br />
25 65 000 EEV 3,342 5,43<br />
1 390 Flotte 1025,8 / 100 Flotte 19,22 /<br />
„Avantgarde“ 1 390 65 000 EEV 3,342 301,95 723,85 29 0,052 4,7 14,52<br />
Fall2: SVF<br />
Szenario<br />
„Steinzeit“ 22 39 500 Euro 0 14,682 12,76 9,86 440 0,792 0,69 0,64<br />
„EEV ante<br />
portas“<br />
22 39 500 Euro 2 10,878 9,45 6,55 326 0,186 0,16 0,11<br />
„Projekt“<br />
(Referenz)<br />
22 39 500 EEV 3,342 2,9 / 100 0,052 0,05 /<br />
Erinnert sei daran, dass die auf 77 db(A) lärmreduzierten EEV-Busse einen weiteren Nutzen in einer sehr sensiblen<br />
Emissionskategorie bringen. Methodisch ist es aber derzeit nicht möglich, dies zu quantifizieren. Zwar lassen<br />
sich die Einsatzrouten der Busse straßenscharf bestimmen, und auch die Zahl der vom Lärm Betroffenen ist<br />
für größere Straßen bereits in Katastern erfasst. Aber in welcher Intensität Lärm vor Ort wahrgenommen wird<br />
und wie er sich lokal ausbreitet, wird über standardisierte Verfahren nur unzureichend abgebildet. Hinzu<br />
kommt, dass selbst wenn alle 25 Busse über dieselbe belebte Hauptverkehrsstraße fahren, die Lärmminderung<br />
subjektiv nicht feststellbar sein dürfte, da sie im Konzert der anderen Geräuschquellen untergeht. Infolgedessen<br />
wird der Lärm hier ausgeblendet.<br />
Für Stickoxide und Partikel werden in beiden Anwendungsfällen dem Ist-Zustand (genannt „Projekt“) zwei<br />
pointiert betitelte Szenarien gegenübergestellt. Im Falle der BVG richtet sich der Blick einmal zurück und einmal<br />
vorwärts. Der Vergleich mit dem Szenario „Steinzeit“ zeigt auf, inwieweit das Emissionsprofil der aktuellen<br />
Flotte bereits eine Verbesserung zur Euro 0-Flotte nach sich gezogen hat, der im Übrigen auch im restlichen Bundesgebiet<br />
noch häufiger eingesetzt wird. In der anderen Perspektive liefert das Szenario „Avantgarde“ einen Hinweis,<br />
inwieweit sich die Schadstoffbilanz des Status quo im Wege des EEV-Standards noch verbessern ließe.<br />
Bei der SVF ist die Situation anders gelagert: Dort entspricht der heutige Zustand bereits der idealen „Avantgarde“,<br />
indem die kleine Flotte in einem Zug von ehemals niedrigstem in nunmehr höchsten Standard überführt<br />
wurde. Da in Deutschland der Euro 2-Bus ebenfalls stark verbreitet ist, soll das Szenario „EEV ante portas“ eine<br />
Zwischenlinie einziehen, um zu demonstrieren, in welchem Umfang hier die Emissionen noch zu senken sind.<br />
Welche konkreten Ergebnisse liefern die Vergleiche? Für die BVG lässt sich festhalten, dass die NO2-Emission<br />
der heutigen Flotte, die sich aus allen Euro-Standards zusammensetzt, um ein knappes Viertel im Vergleich zur<br />
„Euro 0-Epoche“ gesenkt wurde. Bei Partikeln beträgt der Unterschied sogar fast Faktor 4. Sollte der gesamte<br />
16
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
Fuhrpark mit der modernen Technik ausgestattet werden, könnten bei NO2 gegenüber dem Status quo noch einmal<br />
gut 70 % der Emissionen gespart werden, bei Partikeln wären es gar 75 %. Deutlich wird auch, dass das technische<br />
Minderungspotenzial – quantitativ – im Partikelbereich a) wesentlich weiter gediehen ist als bei Stickoxiden<br />
und b) kaum noch steigerbar ist.<br />
Bei der SVF fallen logischerweise die realisierten Einsparungen prozentual noch höher aus, da die Umstellung<br />
der Flotte den maximalen Entwicklungssprung ausnutzt. Gut zu erkennen ist auch, dass der EEV-Standard<br />
nochmals einen beachtlichen ökologischen Schub in Relation zu Euro 2 auslöst.<br />
Setzt man die Einsparerfolge wie etwa 300 t NO2 (Berlin) oder gar nur 10 t (Frankfurt/Oder) in Bezug zu den<br />
Gesamtemissionsmengen aller Sektoren, muten sie gering an. Allerdings ist zu bedenken, dass es sich hier um<br />
eine einzige kleinräumige Maßnahme an einer kleinen Teilflotte der in den beiden Städten verkehrenden Busse<br />
handelt, die zur Nachahmung anregen soll – so der Sinn von Demonstrationsvorhaben. Darüber hinaus wirken<br />
beide Schadstoffe lokal, sodass jede Reduzierung willkommen ist.<br />
Die entscheidende Aussagekraft der Rechnung leitet sich dann ab, wenn man die Einsparpotenziale den<br />
betrieblichen Mehrkosten gegenüberstellt, die im weiteren Verlauf untersucht werden.<br />
17
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />
E. ANALYSE DES FISKALISCHEN ORDNUNGSRAHMENS<br />
UNTER DEM ASPEKT DER LEISTUNGSMEHRKOSTEN<br />
ANSPRUCHSVOLLER UMWELTSTANDARDS<br />
(STAND: 1. JANUAR 2004)<br />
I. Europarecht<br />
Regelungen zum ÖPNV finden sich in der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung<br />
der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem<br />
Strom sowie in der 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuer (77/388/EWG).<br />
1 Richtlinie 2003/96/EG<br />
Nach Art. 5 RL 2003/96/EG können unter Steueraufsicht gestaffelte Steuersätze unter der Voraussetzung<br />
angewendet werden, dass die in der Richtlinie vorgesehenen Mindeststeuerbeträge nicht unterschritten werden<br />
und sie mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, wenn die Steuersätze für den öffentlichen Personennahverkehr<br />
(einschließlich Taxis), die Müllabfuhr, die Streitkräfte und öffentliche Verwaltung, Menschen mit Behinderung<br />
oder Krankenwagen gelten.<br />
Nach Art. 7 Abs. 2, 3 RL 2003/96/EG können für gewerblich genutzten Dieselkraftstoff Sonderregelungen<br />
gelten, wenn die bisher geltenden nationalen Steuersätze (Stichtag 1. Januar 2003) nicht unterschritten werden.<br />
Die Begünstigung gilt u.a. für die Personenbeförderung mit bestimmten Omnibussen (vgl. RL 70/156/EG v. 06.<br />
Februar 1970) im Linien- und Gelegenheitsverkehr.<br />
Unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften können die Mitgliedstaaten unter Steueraufsicht uneingeschränkt<br />
oder eingeschränkt Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen gewähren für Energieerzeugnisse<br />
und elektrischen Strom zur Verwendung als Kraftstoff für den Personen- und Gütertransport im Eisenbahn-, im<br />
U-Bahn-, im Straßenbahn- und im Oberleitungsbusverkehr (Bahnbefreiung, Art. 15. Abs. 1e RL 2003/96/EG)<br />
sowie für Erdgas und Flüssiggas, die als Kraftstoff verwendet werden (Gasbefreiung, Art. 15 Abs. 1i RL<br />
2003/96/EG).<br />
Nach Art. 16 RL 2003/96/EG können Biokraftstoffe unter bestimmten Einschränkungen als Kraft- und Brennstoff<br />
verwendet werden.<br />
Nach Art. 19 RL 2003/96/EG kann ein Mitgliedstaat ermächtigt werden, auf Grund besonderer politischer<br />
Erwägungen weitere Befreiungen oder Ermäßigungen einzuführen.<br />
Die Regelungen der RL 2003/96/EG wurden in §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 und 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG umgesetzt.<br />
Auf den Inhalt der einzelnen Begünstigungstatbestände wird unten gesondert eingegangen.<br />
2 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuer (77/388/EWG)<br />
Nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a) i.V.m. Anh. H Kat. 5 der Richtlinie 77/388/EWG können Mitgliedstaaten<br />
neben dem Regelsteuersatz (derzeit 16 %) einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden. Diese ermäßigten<br />
Sätze werden als 1 %-Satz der Besteuerungsgrundlage festgelegt, der nicht niedriger als 5 % sein darf, und sind<br />
nur auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG<br />
18
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />
genannten Kategorien anwendbar. Anh. H beinhaltet ein Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen,<br />
auf die ermäßigte MWSt.-Sätze angewandt werden können. Nach der Kat. 5 des Verzeichnisses kann für die<br />
Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks ein solch ermäßigter Steuersatz angewandt werden.<br />
Die 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuer (77/388/EWG) wurde in § 12 Abs. 2 Nr. 10 des<br />
Umsatzsteuergesetzes (UStG) umgesetzt. Die Einzelheiten werden unten aufgeführt.<br />
II. Nationales Recht<br />
Regelungen über die besondere steuerliche Behandlung des ÖPNV finden sich im MinöStG, im Stromsteuergesetz<br />
(StromStG), im UStG, im Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) und im Grundsteuergesetz (GrStG).<br />
1 MinöStG<br />
Abweichend von den Regelsteuersätzen des § 2 MinöStG finden sich im Mineralölsteuergesetz ermäßigte<br />
Steuersätze für Flüssiggase nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG und Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe<br />
nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG, die als Kraftstoff zum Antrieb von Verbrennungsmotoren in Fahrzeugen<br />
verwendet werden (§ 3 Abs. 1 MinöStG). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich unter bestimmten Voraussetzungen<br />
einen Teil der Mineralölsteuer für Mineralöle, die in Fahrzeugen des ÖPNV verwendet werden, vergüten<br />
zu lassen (§ 25 Abs. 1 Nr. 4a MinöStG).<br />
a) Regelsteuersätze (ab 01.01.2003)<br />
Ab dem 1. Januar 2003 sind für die im ÖPNV verwendeten Mineralöle folgende Regelsteuersätze anwendbar:<br />
❍ Unverbleites Benzin (§ 2 Nr. 1 MinöStG)<br />
Schwefelgehalt mehr als 10 mg/kg 669,80 e/1 000 l<br />
Schwefelgehalt höchstens 10 mg/kg 654,50 e/1 000 l<br />
❍ Diesel (§ 2 Nr. 4 MinöStG)<br />
Schwefelgehalt mehr als 10 mg/kg 485,70 e/1 000 l<br />
Schwefelgehalt höchstens 10 mg/kg 470,40 e/1 000 l<br />
❍ Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe (§ 2 Nr. 6 MinöStG)<br />
31,80 e/1 MWh<br />
❍ Flüssiggase (§ 2 Nr. 7 MinöStG)<br />
1217,00 e/1 000 kg<br />
b) Steuerermäßigungen § 3 Abs. 1 MinöStG<br />
In § 3 Abs. 1 MinöStG sind ermäßigte Steuersätze für den Einsatz bestimmter Mineralöle als Kraftstoff vorgesehen.<br />
Die Verwendung der Mineralöle als Kraftstoff steht grundsätzlich unter dem Vorbehalt, dass eine<br />
Erlaubnis nach § 12 MinöStG erteilt worden ist. Die Verwendung von Flüssiggas oder von Erdgas durch Kraftfahrer<br />
ist jedoch allgemein erlaubt (Nr. 1.1.1 - Erdgas -, und 1.3.1.1 - Flüssiggase - der Anlage 1 zum Mineralölsteuergesetz).<br />
Es bedarf damit keiner förmlichen Einzelerlaubnis.<br />
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) MinöStG dürfen als Kraftstoff Flüssiggase nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG<br />
unvermischt mit anderen Mineralölen zum Antrieb von Verbrennungsmotoren in Fahrzeugen bis zum 31.<br />
Dezember 2009 zum ermäßigten Steuersatz von 180,32 e/1 000 kg verwendet werden.<br />
Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG dürfen zum Antrieb von<br />
Verbrennungsmotoren in Fahrzeugen bis zum 31. Dezember 2020 zum ermäßigten Steuersatz von 13,90 e/1<br />
MWh verwendet werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG).<br />
19
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />
c) Erlass, Erstattung, Vergütung der Mineralölsteuer (§ 25 Abs. 1 Nr. 4a MinöStG)<br />
In § 25 Abs. 1 Nr. 4a MinöStG ist eine Befreiung für im Bereich des ÖPNV verwendetes, unverbleites Benzin<br />
nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MinöStG, für verwendeten Diesel nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 MinöStG sowie für<br />
verwendete Flüssiggase, Erdgase und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2<br />
MinöStG vorgesehen. Voraussetzung für den Erlass, die Erstattung oder die Vergütung ist, dass die Mineralöle zu<br />
den ab dem 1. Januar 2003 geltenden Steuersätzen versteuert oder nach § 35 nachversteuert worden sind.<br />
Begünstigt ist der öffentliche Personennahverkehr mit Kraftfahrzeugen (§ 25 Abs. 4a Buchst. b), c) MinöStG)<br />
und der öffentliche Personennahverkehr mit Schienenbahnen (§ 25 Abs. 4a Buchst. a) MinöStG).<br />
Öffentlicher Personennahverkehr mit Kraftfahrzeugen<br />
Im Rahmen der Befreiung für den öffentlichen Personennahverkehr mit Kraftfahrzeugen wird Verkehrsunternehmen,<br />
die zum Betrieb von Kraftfahrzeugen im genehmigten Linienverkehr nach den §§ 42 und 43 des Personenbeförderungsgesetzes<br />
(PBefG) Kraftstoff verwenden, auf Antrag die Mineralölsteuer nach Maßgabe der §§<br />
25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a und Abs. 3 MinöStG vergütet. Entsprechendes gilt für Betriebsführer i.S.d. § 2 Abs. 2<br />
Nr. 3 PBefG sowie für Auftragsunternehmer (Subunternehmer), die für einen anderen Verkehrsunternehmer<br />
Beförderungen im öffentlichen Personennahverkehr erbringen, soweit sie die Mineralölsteuer tragen.<br />
Verkehrsunternehmer im Sinne der Vorschrift sind Unternehmer, die entgeltlich oder geschäftsmäßig Personen<br />
mit Kraftfahrzeugen im öffentlichen Personennahverkehr befördern. Unternehmer, die diese Tätigkeit nur<br />
in einem Teil ihres Betriebs, im Nebenbetrieb oder für Dritte ausüben, gelten insoweit als Verkehrsunternehmer.<br />
Öffentlicher Personennahverkehr i.S.d. Vorschrift ist die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im<br />
genehmigten Linienverkehr gemäß § 42 PBefG (einschließlich Schienenersatzverkehre), in den Sonderformen<br />
des genehmigten Linienverkehrs gemäß § 42 PBefG (Berufsverkehr, Schüler-, Markt- sowie Theaterfahrten), mittels<br />
Taxen oder Mietwagen (Verkehr mit Anrufsammeltaxen, vgl. § 2 Abs. 7 PBefG) der die Linienverkehre nach<br />
Nr. 1 und 2 ersetzt, ergänzt oder verdichtet (vgl. § 8 Abs. 2 PBefG), nach § 1 Nr. 4 Buchst. d) (Schülerfahrten)<br />
der Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes<br />
(Freistellungs-Verordnung vom 30. August 1962; BGBl. I S. 1273), nach § 1 Nr. 4 Buchst. g) (Behindertenverkehre)<br />
der Freistellungsverordnung, nach § 1 Nr. 4 Buchst. i) (Kindergartenverkehre) der Freistellungsverordnung,<br />
wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 km<br />
oder die gesamte Reisezeit 1 Std. nicht übersteigt.<br />
Auch regelmäßige Beförderungen von Kindern mit Kraftfahrzeugen zwischen Wohnung und Kindergarten<br />
sind genehmigungsrechtlich wie Schülerfahrten i.S.d. §§ 43 Nr. 2 PBefG zu behandeln. Sie gelten damit genehmigungsrechtlich<br />
als Linienverkehr i.S.d. PBefG.<br />
Bei den o.g. Verkehren der Ziffern 4 - 6 sieht die Freistellungs-Verordnung zum PBefG von dem Erfordernis<br />
einer Genehmigung für den Linienverkehr ab. Diese Beförderungen sind gleichwohl wie genehmigte Linienverkehre<br />
gemäß § 43 PBefG zu behandeln.<br />
Der Begriff des Verwendens zum Betrieb von Kraftfahrzeugen i.S.d. Vorschrift umfasst z.B. auch den Verbrauch<br />
von nachweislich nach § 2 MinöStG versteuertem Mineralöl zum Betrieb von Heizungen und Klimaanlagen<br />
in Kraftfahrzeugen, die im öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt werden.<br />
Begünstigt ist der öffentliche Personennahverkehr mit Kraftfahrzeugen auf Linien oder Strecken im Steuergebiet<br />
nach § 1 Abs. 1 MinöStG und in den Zollausschlussgebieten. Begünstigt sind auch die damit zusammenhängenden<br />
notwendigen Betriebsfahrten. Dazu gehören An- und Abfahrten vom und zum Betriebshof, von der<br />
oder zur Wohnung des Fahrzeugführers, vom Endhaltepunkt einer Linie oder Strecke zum Anfang der nächsten<br />
Linie oder Strecke, Fahrten zur Sicherstellung von Betriebsumläufen und Fahrplanwechsel, Werkstattfahrten,<br />
Ersatzwagen, Gestellfahrten, Überführungsfahrten, Lehr- und Schulungsfahrten zur Einweisung von Fahrzeug-<br />
20
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />
führern und zur Aus-, Fort- und Weiterbildung, nicht jedoch Fahrten zur Erlangung einer Fahrerlaubnis.<br />
Öffentlicher Personennahverkehr mit Schienenbahnen<br />
Auch Verkehrsunternehmen, die zum Betrieb von Schienenbahnen gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a Buchst.<br />
a) MinöStG Kraftstoff verwenden, wird auf Antrag die Mineralölsteuer nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr.<br />
4a Buchst. a) und Abs. 3 MinöStG vergütet.<br />
Verkehrsunternehmen im Sinne der Vorschrift sind solche, die entgeltlich oder geschäftsmäßig Personen mit<br />
schienengebundenen Fahrzeugen im öffentlichen Personennahverkehr befördern. Unternehmer, die diese Tätigkeiten<br />
nur in einem Teil ihres Betriebs oder im Nebenbetrieb ausüben, gelten insoweit als Verkehrsunternehmer.<br />
Soweit lediglich Werkverkehr betrieben wird, liegt kein Verkehrsunternehmen i.S.d. Vorschrift vor.<br />
Unter Werkverkehr ist die Beförderungen eines gewerblichen Unternehmens oder einer sonstigen wirtschaftlichen<br />
Einrichtung mit schienengebundenen Fahrzeugen ausschließlich für eigene Zwecke zu verstehen. Unerheblich<br />
ist, ob diese Verkehre in Form einer besonderen Betriebsabteilung mit eigener Kosten- und Ertragsrechnung<br />
geführt werden.<br />
Für die Qualifizierung als öffentlicher Personennahverkehr mit Schienenbahn kann darauf abgestellt werden,<br />
ob Verkehre dem Regionalisierungsgesetz bzw. den ÖPNV-Gesetzen der Bundesländer unterfallen.<br />
Der Begriff des Verwendens zum Betrieb von Schienenfahrzeugen umfasst z.B. auch den Verbrauch von nachweislich<br />
versteuerten Mineralölen zum Betrieb von Heizungen und Klimaanlagen in schienengebundenen Fahrzeugen,<br />
die im öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt werden.<br />
Begünstigt ist der öffentliche Personennahverkehr mit Schienenbahnen auf Strecken im Steuergebiet nach<br />
§ 1 Abs. 1 MinöStG und in den Zollanschlussgebieten. Begünstigt sind dadurch auch die damit zusammenhängenden<br />
notwendigen Betriebsfahrten.<br />
Zu dem Begriff der Betriebsfahrten wird auf das oben zum öffentlichen Personennahverkehr mit Kraftfahrzeugen<br />
Ausgeführte verwiesen.<br />
Erstattungssätze<br />
Der Erlass, die Erstattung oder die Vergütung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a, Abs. 3 MinöStG beträgt<br />
❍ für 1 000 l Benzine nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MinöStG (unverbleites Benzin) oder 1 000 l Gasöle<br />
nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 MinöStG (Diesel) ab 1. Januar 2004:<br />
54,02 e<br />
❍ Für 1 000 kg Flüssiggase nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) MinöStG vom 01.01.2004 bis 31.12.2009<br />
13,37 e<br />
❍ Für 1 MWh Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG vom<br />
01.01.2004 bis 31.12.2020<br />
1,00 e<br />
2 Stromsteuer<br />
Nach § 3 StromStG beträgt der Regelsteuersatz für 1 MWh 20,50 e. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 StromStG unterliegt<br />
Strom, der im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen oder für den Fahrbetrieb im Schienenbahnverkehr mit<br />
Ausnahme der betriebsinternen Werkverkehre und Bergbahnen entnommen wird und nicht nach § 9 Abs. 1<br />
StromStG von der Steuer befreit ist, einem ermäßigten Steuersatz von 11,42 e für 1 MWh.<br />
21
?<br />
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />
Steuerbegünstigt i.S.d. Vorschrift ist Strom, der im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen oder Schienenbahnen<br />
zum Antrieb der Fahrzeuge sowie zum Betrieb ihrer sonstigen elektrischen Anlagen und der im Verkehr mit<br />
Schienenbahnen für die Zugbildung, Zugvorbereitungen sowie für die Bereitstellung und Sicherung der Fahrtrassen<br />
und Fahrwege verbraucht wird (§ 14 StromStV).<br />
Wer nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 StromStG begünstigten Strom entnehmen will, bedarf der Erlaubnis. Zum Erlaubnisverfahren<br />
siehe § 4 Abs. 2 und 4 StromStG.<br />
3 KfZ-Steuer<br />
Nach § 3 Nr. 6 KraftStG ist das Halten von Kraftomnibussen und Personenkraftwagen mit acht oder neun Sitzplätzen<br />
einschließlich Führersitz sowie von Kraftfahrzeuganhängern, die hinter diesen Fahrzeugen mitgeführt<br />
werden, wenn das Fahrzeug während des Zeitraums, für den die Steuer zu entrichten wäre, zu mehr als 50 %<br />
der insgesamt gefahrenen Strecke im Linienverkehr verwendet wird, von der Steuer befreit.<br />
4 Umsatzsteuer<br />
Nach § 12 Abs. 1 UStG beträgt der Regelsteuersatz 16 %. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b) UStG ermäßigt<br />
sich die Steuer auf 7 % u.a. für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im<br />
genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderung nicht<br />
mehr als 50 km beträgt.<br />
5 Grundsteuer<br />
Nach § 4 Nr. 3a Grundsteuergesetz (GrStG) sind von der Grundsteuer befreit die dem öffentlichen Verkehr dienenden<br />
Straßen, Wege, Plätze, Wasserstraßen, Häfen- und Schienenwege sowie die Grundflächen mit den diesen<br />
Verkehr unmittelbar dienenden Bauwerken und Einrichtungen, z.B. Brücken, Schleuseneinrichtungen,<br />
Signalstationen, Stellwerke, Blockstellen.<br />
III. Zusammenfassung<br />
Die Ergebnisse der vorangegangenen Ausführungen sind in Tabelle 4 zusammengefasst.<br />
22
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />
Tabelle 4 Zusammenfassende Übersicht der europäischen und nationalen Rechtsnormen<br />
Grundlage Fundstelle Art der Vergünstigung<br />
1. Europäisches Recht<br />
Richtlinie 2003/96/EG Art. 5 mögliche Anwendung von Staffelsätzen u.a. für ÖPNV und Taxen unter Berücksichtigung<br />
der Mindestsatzregelung<br />
2. Nationales Recht<br />
Art. 7 Abs. 2, 3 mögliche Sonderregelung für Gewerbediesel im Bereich Personenbeförderung<br />
mit Omnibussen (Beachtung von RL 70/150/EG v. 06.02.1970) im Linien- und<br />
Gelegenheitsverkehr unter Berücksichtigung der Mindestsätze<br />
Art. 15 Abs. 1 mögliche Steuerbefreiung oder -ermäßigung für Energieerzeugnisse und Strom<br />
Buchst. E zur Verwendung als Kraftstoff für den Personen- und Gütertransport im Eisenbahn-,<br />
im U-Bahn-, im Straßenbahn- und im Oberleitungsbusverkehr<br />
(Bahnbefreiung)<br />
Art. 15 Abs. 1 mögliche Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen für die Verwendung von Erd-<br />
Buchst. I gas und Flüssiggas als Kraftstoff (Gasbefreiung)<br />
Art. 16 Möglichkeit der Verwendung von Biokraftstoffen als Kraft- und Brennstoff<br />
Art. 19 mögliche Befreiung auf Grund politischer Erwägungen; z.B. Fahrzeuge des öffentlichen<br />
Verkehrs (z.B. Einsatz einer besonders umweltfreundlichen Technologie)<br />
6. Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuer (77/388/EWG)<br />
Art. 12 Abs. 3 Zweiter (ermäßigter) Steuersatz von mindestens 5 % für bestimmte Dienstleis-<br />
Buchst. a). Anhang tungen, u.a. für die Personenbeförderung und das mitgeführte Gepäck<br />
H Kategorie 5<br />
Mineralölsteuer (MinöStG) § 3 Abs. 1 ermäßigter Steuersatz für den Einsatz bestimmter Mineralöle aus Kraftstoff (Flüssiggase<br />
nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG: 180,32 e/ 1 000 kg bis 31.12.2009; Erdgas<br />
und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 MinöStG: 13,90<br />
e/1 MWh bis 31.12.2020)<br />
§ 25 Abs. 1Nr. 4a Mineralölsteuervergütung bei der Personenbeförderung mit Schienenbahnen<br />
(ohne Bergbahnen) oder in Kraftfahrzeugen im genehmigten Linienverkehr, wenn<br />
in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite<br />
50 km.<br />
Stromsteuer (StromStG) § 9 Abs. 2 Nr. 2 ermäßigter Steuersatz für Strom, der im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen<br />
oder für den Fahrbetrieb im Schienenbahnverkehr (mit Ausnahme der betriebsinternen<br />
Werkverkehre und Bergbahnen) entnommen wird (Steuersatz 11,42<br />
e/MWh)<br />
Kraftfahrzeugsteuer (KraftStG) § 3 Nr. 6 Befreiung für Kraftomnibusse und gleichgestellte Personenkraftwagen, die zu mehr<br />
als 50 % der insgesamt gefahrenen Strecke im Linienverkehr verwendet werden<br />
23
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />
Grundlage Fundstelle Art der Vergünstigung<br />
Umsatzsteuer (UStG) § 12 Abs. 2 Nr. 10 ermäßigter Steuersatz in Höhe von 7 % u.a. für die Beförderung von Personen im<br />
Schienenbahnverkehr mit Ausnahme der Bergbahnen, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen,<br />
im genehmigten und freigestellten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen<br />
... innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht<br />
mehr als 50 km beträgt<br />
Grundsteuer (GrStG) § 4 Nr. 3a Befreiung der dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege, Plätze, Was<br />
serstraßen, Häfen und Schienenwege sowie der Grundflächen mit den diesem<br />
Verkehr unmittelbar dienenden Bauwerken und Einrichtungen ...<br />
Fazit<br />
Betrachtungsrelevant für die Leistungsmehrkosten anspruchsvoller Umweltstandards im ÖPNV sind die<br />
Unterschiede in der Besteuerung der Kraftstoffe Diesel und Erdgas. Diese sind in der Tabelle 5 komprimiert<br />
zusammengefasst.<br />
Tabelle 5 Mineralölbesteuerung von Benzin, Diesel und Erdgas (*H-Gas)<br />
24
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des fiskalischen Ordnungsrahmens<br />
Abbildung 3: Entwicklung der Mineralölsteuer für Benzin, Diesel und Erdgas seit 1990<br />
Als Besonderheit der steuerlichen Regelungen ist herauszustellen, dass für Erdgas eine Ermäßigung des Regelsteuersatzes<br />
beim Einsatz in Fahrzeugverbrennungsmotoren bis zum 31. Dezember 2020 festgeschrieben ist. Demgegenüber<br />
besteht ein erhebliches Risiko des Anstiegs der Mineralölsteuer auf Diesel und Benzin (s. Abb. 3).<br />
Die Besteuerung von Diesel ist deutlich niedriger als die von Benzin, sodass eine Harmonisierung auf dem<br />
Niveau der Mineralölsteuer von Benzin Diesel deutlich verteuern würde.<br />
Dementsprechend ergibt sich für den Dieselbus im Vergleich zum Erdgasbus für den Zeitraum bis 2020 ein<br />
erhebliches betriebswirtschaftliches Risiko aus dem weiteren Anstieg der Mineralölsteuer auf Diesel. Die Entwicklung<br />
der Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel der letzten Jahre deutet darauf hin, dass dieses Risiko als<br />
vergleichsweise hoch einzuschätzen ist.<br />
25
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
F. VORGEHENSWEISE DER BETRIEBSWIRTSCHAFT-<br />
LICHEN ANALYSE FÜR DEN KOSTENVERGLEICH<br />
„REFERENZFALL – ANSPRUCHSVOLLER UMWELT-<br />
STANDARD" BEI DEN UNTERSUCHTEN<br />
PRAXISFÄLLEN BVG UND SVF<br />
I. Definition des Referenzfalls<br />
Die betriebswirtschaftliche Analyse wurde konzipiert als Kostenvergleich zwischen Omnibussen, die dem definierten<br />
Referenzfall und Omnibussen, die dem anspruchsvollen Umweltstandard entsprechen. Tabelle 6 zeigt für<br />
die BVG und die SVF jeweils die entsprechenden Betrachtungsrahmen.<br />
Tabelle 6 Gegenüberstellung „Referenzfall – Anspruchsvoller Umweltstandard"<br />
Omnibusse<br />
Referenzfall (Euro 3, < 80 dB (A)) Anspruchsvoller Umweltstandard (EEV, < 78 dB (A))<br />
Anzahl<br />
BVG Diesel (Volvo) mit CRT (real) Diesel (Volvo) mit VEC-System 22 (SL)<br />
SVF Diesel mit CRT (fiktiv) Erdgas (MAN) 11 (SL)<br />
11 (SGL)<br />
Quelle: Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft – 22. BImSchV.<br />
II. Grundsätzliche Vergleichsfelder Euro 3 – EEV<br />
Grundsätzlich wurden die Bereiche Fahrzeuge, Verkehr (verkehrliche Einsatzbedingungen) und Betrieb<br />
betrachtet, in Bezug auf die Systemunterschiede und die sich daraus ergebenden Kostenunterschiede zwischen<br />
Euro 3- und EEV-Fahrzeugen. Abbildung 4 stellt die Vorgehensweise prinzipiell und auszugsweise beispielhaft<br />
für die SVF dar.<br />
26
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
Abbildung 4: Vorgehensweise und Betrachtungsfelder der betriebswirtschaftlichen Analyse<br />
(beispielhaft für den Praxisfall SVF, Auszug)<br />
27
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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
III. Betrachtungsebenen<br />
Für die Betrachtung wurden folgende zwei Ebenen gewählt:<br />
❍ „Statische Betrachtung"<br />
Im Rahmen dieser Betrachtung werden jeweils vollständige Flotten nach Referenzfallstandard (Euro 3<br />
mit CRT) und nach anspruchsvollen Umweltstandards (EEV-Diesel bzw. EEV-Erdgas) miteinander verglichen.<br />
❍ „Flottenbetrachtung"<br />
In Anbetracht der vorgezeichneten Entwicklung des Ordnungsrahmens ist eine statische Betrachtung<br />
nur beschränkt aussagefähig. Da in naher Zukunft höhere Umweltstandards (s. Abb. 5) zu erfüllen sind<br />
und dies nicht mit der für den Referenzfall unterstellten Technik (Euro 3-Motoren mit CRT) zu erbringen<br />
sein wird, werden die Fahrzeugflotten bei kontinuierlicher Erneuerung zwangsläufig sukzessive mit<br />
Fahrzeugen, die den anspruchsvollen Umweltstandard (Euro 5 und höher) erfüllen, auf dem Wege der<br />
Ersatzbeschaffung zu bestücken sein.<br />
? zwei Überschriften ?<br />
Abbildung 5: Vorgezeichnete Verschärfung der Abgasnorm (Termine Typprüfung)<br />
Ausgehend von den vorstehend dargestellten Änderungen des Ordnungsrahmens wird sich der Busbestand<br />
in den nächsten Jahren verändern. Die Beschaffung von Bussen mit anspruchsvollem Umweltstandard ergibt<br />
sich zwangsläufig. Allerdings werden Busse, die derzeit nur mit gesetzlichem Mindeststandard beschafft werden,<br />
noch langjährig den Busbestand mitprägen (s. Abb. 6).<br />
29
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
Abbildung 6: Auswirkungen der Änderung des umweltseitigen Ordnungsrahmens auf die<br />
Zusammensetzung des Busbestands (Beispiel für betriebsgewöhnliche<br />
Nutzungsdauer der Busse von zwölf Jahren)<br />
Für die durchgeführte Untersuchung wurde unterstellt:<br />
❍ Die Euro 4-Norm kann mit fortentwickelter Referenztechnik (Euro 3-Motor mit CRT) erreicht werden,<br />
wobei hier angenommen wird, dass sich die Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht erhöhen.<br />
❍ Zur Erreichung der Euro 5-Norm sind technische Veränderungen in der Art der hier in die Betrachtung<br />
einbezogenen EEV-Fahrzeuge (anspruchsvoller Umweltstandard) notwendig, mit entsprechender Erhöhung<br />
der Anschaffungs- und Herstellungskosten.<br />
❍ Entsprechend sind Kostenvorteile durch Anschaffung von Euro 3-Bussen mit CRT bzw. kostenseitig<br />
gleichwertiger Euro 4-Busse nur noch bis 2006, allenfalls bis 2009 möglich.<br />
❍ Dieser Vorteil wäre, ausgehend von betrieblichen Nutzungsdauern von acht bis zwölf Jahren und kontinuierlicher<br />
Bestandserneuerung, somit nur für einen geringen Teil der Flotte erschließbar. Spätestens ab<br />
2009 werden höhere Umweltstandards obligatorisch, die in Anbetracht der heutigen technischen Entwicklung<br />
dann sicherlich das technische Niveau der heutigen EEV-Busse (inkl. Lärmminderungsmaßnahmen)<br />
haben werden.<br />
30
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
IV. Ausgestaltung des betriebswirtschaftlichen Kostenvergleichs<br />
Der Kostenvergleich zwischen dem Referenzfall und den EEV-Fahrzeugen (inkl. Lärmminderung) erfolgt selektiv<br />
und bezieht daher nur solche Kosten in die Betrachtung ein, die Systemunterschiede charakterisieren.<br />
Bei der Betankung wird von den in den Praxisfalluntersuchungen angetroffenen Marktmodellen ausgegangen:<br />
■ BVG:<br />
Das Unternehmen hält eigene Dieseltankstellen vor; Kapital-, Instandhaltungs- und Betriebskosten (Strom,<br />
Renigung, Abrechnung usw.) fallen beim Verkehrsunternehmen an.<br />
■ SVF:<br />
Die Erdgastankstelle ist Eigentum der Stadtwerke und wird von diesen betrieben; beim Verkehrsunternehmen<br />
fallen beim Einsatz von Erdgasbussen keine Kapital-, Instandhaltungs- und Betriebskosten (Strom, Reinigung,<br />
Abrechnung usw.) für die Tankstelle an; entsprechende Kosten sind im Erdgasabgabepreis an SVF berücksichtigt.<br />
Struktur und Inhalt des Kostenvergleichs fasst Tabelle 7 zusammen.<br />
Tabelle 7 Struktur und Inhalt des Kostenvergleichs zwischen Referenzfahrzeugen und EEV-Bussen<br />
Kostengruppen/-arten/-annahmen Bemerkungen<br />
Kapitalkosten Kalkulatorische Über betriebs- Einbeziehung von:<br />
Abschreibungen gewöhnliche ■ Bussen Busse: in Varianten<br />
Nutzungsdauer ■ Werkstattausstattungen acht bis zwölf Jahre<br />
(Spezialwerkzeuge) für Busse;<br />
■ Abstellanlagen Ohne und mit<br />
(z.B. Gaswarnanlage) Berücksichtigung<br />
Ohne Tankstellen (s.u. von Zuschüssen<br />
„Marktmodell Tankstelle")<br />
Kalkulatorische<br />
Zinsen 6,5%<br />
Treibkraft Diesel Preise aus Praxisfall- Abzüglich Steueruntersuchung<br />
rückerstattung<br />
Erdgas gemäß MinöStG<br />
Betankung Diesel (Verbrauch x Personalkosten Zzgl. Betriebskosten<br />
je Zeiteinheit)/Durchflussmenge der Tankstelle<br />
je Zeiteinheit (bei Eigenbetreibung<br />
durch BVG)<br />
Erdgas Keine Betriebs-/Unterhaltungskosten<br />
der Tankstelle<br />
bei SVF bzw. Verkehrsunternehmen<br />
31
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
Kostengruppen/-arten/-annahmen Bemerkungen<br />
Fahrzeug- Planmäßige Material Analytische Ermittlung nach Herstellerangaben zu Instandinstand-<br />
Instandhaltung Fremdleistungen haltungsintervallen und bei Unternehmen ermittelten Preisen<br />
haltung Personal<br />
Außerplan- Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit der betrachtungsremäßige<br />
Instand- levanten Komponenten (da bei Neufahrzeugen geringe<br />
haltung Ausfallwahrscheinlichkeit) in Abstimmung mit Unternehmen;<br />
Abgleich mit den tatsächlichen Ausfällen nach ca. einem Jahr<br />
Projektlaufzeit<br />
Betriebskosten Material Betriebskosten für sicherungstechnische Anlagen bei Gasbus-<br />
Fremdleistungen einsatz<br />
Personal<br />
Wagnisse Besteuerung von Wegfall Steuer- auf Diesel gemäß MinöStG<br />
Diesel (nur relevant ermäßigung<br />
in Verbindung mit<br />
Gasbus) Erhöhung Angleichung der Mineralölsteuer von Diesel an Vergaserkraft-<br />
Mineralölsteuer stoff<br />
auf Diesel<br />
Restwertrisiko Abschreibungen für Minderung des Veräußerungserlöses bei Notwendigkeit<br />
der vorzeitigen Aussonderung von Bussen unterhalb von EEV<br />
nach 2010 auf Grund von Einsatzrestriktionen<br />
Betriebsrisiko Mehrkosten/ wegen Linienverlaufänderungen Einsatzbeschränkungen für<br />
Mindererlöse Busse unterhalb EEV nach 2010 mit Folge von z.B. Linienverlängerungen,<br />
Zwangsweise Haltestellenverlegung mit Verschlechterung<br />
der Erreichbarkeit für Fahrgäste<br />
Die Abschreibungen wurden jeweils aus den vollen – nicht um Restwerte gekürzten – Anschaffungs- und Herstellungskosten<br />
und der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer berechnet, wobei betrachtungsrelevant nur die<br />
Unterschiede der Anschaffungs- und Herstellungskosten zwischen Euro 3 und EEV-Diesel bzw. EEV-Erdgas sind.<br />
Die generelle Vernachlässigung von Restwerten bei der Ermittlung der Abschreibungen ist unschädlich. Zum<br />
Einen wird von der – im folgenden Exkurs begründeten – Annahme ausgegangen, dass die Restwerte (prozentual<br />
bezogen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten) unabhängig vom Antriebssystem (Diesel, Erdgas)<br />
sind und daher der Abschreibungssatz systemunabhängig konstant ist. Zum Zweiten ist die generelle Vernachlässigung<br />
der Restbuchwerte unkritisch, da in der durchgeführten Betrachtung nur Unterschiede zwischen nach<br />
gleichen Prämissen – insbesondere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer – ermittelten Kosten unterschiedlicher<br />
Systeme (Euro 3, EEV-Diesel, EEV-Erdgas) ermittelt werden und nicht die absolute Höhe der Kosten und damit<br />
der Abschreibungen, auf die die Berücksichtigung von Restwerten (größer Null) Einfluss hätte.<br />
32
?<br />
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
V. Exkurs: Systemunabhängigkeit der Fahrzeugrestwerte<br />
Für die in den Systemvergleich einbezogenen Busse – Euro 3 (mit CRT), EEV-Diesel und EEV-Erdgas – werden<br />
einheitliche Restwerte unterstellt. In Abhängigkeit von der Nutzungsdauer ergeben sich nach bei einem Fahrzeughersteller,<br />
bei WIBERA-Mandanten und im Internet recherchierten Angaben für Dieselbusse folgende Restwerte,<br />
bezogen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten die in Abbildung 7 dargestellten Zusammenhänge.<br />
Abbildung 7: Restwerte<br />
In der durchgeführten Betrachtung wird davon ausgegangen, dass für Erdgasbusse (EEV) in den Jahren nach<br />
2010 – die aus heutiger Sicht betrachtungsrelevant sind – analoge Restwerte wie für Dieselbusse unterstellt werden<br />
können bzw. die Frage des Restwerts grundsätzlich eher nachrangig ist, und zwar aus folgenden Gründen:<br />
■ die Fahrzeughersteller nehmen derzeit gebrauchte Diesel- und Erdgasbusse im Rahmen von Ersatzbeschaffungen<br />
zu identischen Konditionen (relative Restwerte bezogen auf Anschaffungs-/Herstellungskosten) in Zahlung,<br />
■ die Unternehmen erzielen nach von uns vorgenommenen Abfragen bei Unternehmen bei einer Direktvermarktung<br />
von Dieselbussen keine die Herstellereinkaufspreise übersteigenden höheren Verkaufserlöse. Aktuell<br />
wird eine rückläufige Nachfrage nach Omnibussen bei den Unternehmen festgestellt,<br />
■ die Nachfrage nach gebrauchten Fahrzeugen wird sich zukünftig kaum verbessern, weil insbesondere in<br />
Deutschland der ÖPNV-Markt kein Wachstumsmarkt ist. Fahrzeughersteller werden somit Neufahrzeuge<br />
wahrscheinlich auch in Zukunft zu derzeitigen Konditionen zurücknehmen,<br />
33
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
■ je höher die Nutzugsdauer der Dieselbusse, desto geringer der Restwert und damit der – mögliche bzw.<br />
behauptete – Restwertvorteil des Dieselbusses gegenüber dem Erdgasbus. Bei einer Nutzungsdauer von<br />
zwölf Jahren ist allenfalls mit einem Restwert und damit Erlösvorteil bei Dieselbussen von 5 % bis 10 % zu<br />
rechnen, davon ausgehend, dass für Erdgasbusse allenfalls der Schrottpreis erzielt wird,<br />
■ (Diesel-) Busse mit derzeitigem Umweltmindeststandard (Euro 3) werden ab 2008/2009 mit In-Kraft-Treten<br />
der Euro 5-Nom – nach Erfahrungen aus dem PKW-Sektor (z.B. nach der Einführung der Katalysatortechnik)<br />
– vermutlich schwerer verkäuflich werden,<br />
■ mit der Ausweitung des Erdgastankstellennetzes in Verbindung mit den Treibkraftkostenvorteilen werden<br />
in Zukunft die Barrieren für den Einsatz von gebrauchten Erdgasfahrzeugen sinken und eher betriebswirtschaftliche<br />
Überlegungen das Erwerbsinteresse steigern,<br />
■ bei einer zunehmenden internationalen Ausweitung des Erdgasfahrzeugeinsatzes – derzeit sollen 5,7 Millionen<br />
Fahrzeuge (lt. homepage: IMPCO Technologies 16804 Gridley Place Cerritos, CA 90703) im Einsatz sein<br />
(bei 800 Millionen weltweiter Bestand und prognostiziertem Wachstum auf 1,3 Milliarden Fahrzeuge im<br />
Jahre 2020) – ist zunehmend auch von einer Ausweitung des Gasbuseinsatzes auszugehen, insbesondere<br />
auch in Entwicklungsländern, wie die nachstehende Presseinformation zeigt. In Europa ist der Einsatz derzeit<br />
noch vergleichsweise gering. Der nach Eigenauskunft europäische Marktführer NEOMAN Bus GmbH<br />
hatte bis Jahresende 2003 immerhin insgesamt 1 041 MAN-CNG-Linienbusse in Deutschland und Europa<br />
ausgeliefert, was gemessen an einem Linienbusbestand von etwa 40 000 Bussen in Deutschland allerdings<br />
noch gering ist.<br />
Indien steigt auf Erdgasbusse um (business.indian-network.de/ artikel/automobil-erdgasbus)<br />
Delhi. Nach einem Beschluss der indischen Regierung sollen in größeren Städten mit Smogproblemen künftig<br />
nur noch Busse mit Erdgasantrieb fahren. In Neu Delhi sind es derzeit mehr als 500 Stück.<br />
Schon in diesem Sommer soll Indien über die weltweit größte Flotte an Erdgasbussen verfügen. Innerhalb<br />
der nächsten zwei Jahre sind über 15 000 Fahrzeuge vorgesehen. Die Busse werden teils umgerüstet, teils ab<br />
Werk mit Erdgasantrieb ausgestattet. Der führende Bushersteller Ashok Leyland hat zunächst 4 000 Gasversorgungssysteme<br />
bei dem kalifornischen Unternehmen Impco Technologies, Inc. bestellt. Laut Impco hat der Auftrag<br />
einen Wert von vier Millionen US-Dollar. Weitere Aufträge über 15 Millionen US-Dollar werden innerhalb<br />
von zwei Jahren erwartet. Mit dem Erdgasprojekt will Indien nicht nur die Luftverschmutzung verringern, sondern<br />
auch die Nutzung heimischer Energie fördern. Die Gesamtzahl an Bussen in Indien wird auf mehr als<br />
neun Millionen geschätzt.<br />
Quelle: Global Press Nachrichtenagentur (gefunden von Tomal K. Ganguly)<br />
Für gravierende Restwertrisiken bei Erdgasbussen im Vergleich zu Dieselbussen sind kurz-, mittel- und langfristig<br />
keine Anhaltspunkte feststellbar. Mit dem Ausbau des Gastankstellennetzes reduzieren sich mittel- und<br />
langfristig die Barrieren für den Erdgasbuseinsatz, sodass sich bedingt durch Kraftstoffkostenvorteile eine entsprechende<br />
Nachfrage nach gebrauchten Erdgasbussen herausbilden wird. Im Übrigen ist in verschiedenen<br />
(ost)europäischen Ländern entsprechende Tankstelleninfrastruktur für Erdgasfahrzeuge vorhanden.<br />
34
?<br />
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
VI. Exkurs: Verwertungsrisiken von Fahrzeugen unterhalb der EEV-Norm nach 2010<br />
Mit der Etablierung höherer Umweltstandards, insbesondere nach 2010, ist ein Risiko der vorzeitigen Aussonderung<br />
von noch bis 2008/2009 angeschaffter Euro 3- bzw. Euro 4-Busse nicht auszuschließen. Ursache hierfür<br />
kann die generelle bzw. punktuelle Forderung von Aufgabenträgern zum Einsatz von Fahrzeugen anspruchsvoller<br />
Umweltstandards oder die Nichterfüllung von Emissionsstandards sein.<br />
Abbildung 8: Möglicher Verlust bei erforderlicher Veräußerung, deutlich vor Erreichung der<br />
betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (hier acht bzw. zwölf Jahre)<br />
Fahrzeuge, die in den Jahren 2004 bis 2009 noch mit einem niedrigeren Umweltstandard beschafft werden,<br />
wären bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von acht bis zwölf Jahren im Zeitraum 2012 bis 2021 planmäßig<br />
zu ersetzen. Insofern sich bis 2015 die Erwartungen der Aufgabenträger oder die Emissionsgrenzwerte<br />
den Einsatz von Bussen mit geringerem Umweltstandard einschränken bzw. verbieten, wären die betreffenden<br />
Busse nach allenfalls sechs bis zehn Jahren auszusondern.<br />
Die Abbildung 8 zeigt die Differenz zwischen den kalkulatorischen Restwerten, die sich bei üblicher linearer<br />
Abschreibung über acht bis zwölf Jahre bei den Unternehmen als so genannter Restbuchwert und den weitgehend<br />
darunter liegenden Verkehrswerten (Händlereinkaufswert) ergibt. Diese Differenz liegt zumeist deutlich<br />
über 10 %-Punkte bezogen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten, sofern mindestens drei Jahre vor Erreichung<br />
der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ein Bus veräußert werden muss.<br />
Dabei sind Risiken, dass der in Abbildung 8 dargestellte Verkaufserlös am Markt auf Grund des geringeren<br />
Umweltstandards nicht erzielt wird, nicht berücksichtigt. Da diese nicht unerheblich sind, wird generell die<br />
Annahme eines Wertverlusts von 10 %-Punkten bezogen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten der Fahrzeuge<br />
für angemessen gehalten. Dieser Wertverlust ist über entsprechende Wagniskosten in der Kostenvergleichsrechnung<br />
zwischen Referenz- und EEV-Bussen abzubilden.<br />
Der alternative Ansatz wäre die Berücksichtigung von Nachrüstungskosten für die Referenzfahrzeuge (Euro<br />
3-Dieselbusse) für emissionsmindernde Einrichtungen. D.h. die Wagniskosten entsprächen mindestens den<br />
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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
Anschaffungsmehrkosten des EEV-Dieselbusses (rd. 6 %). Die Nachrüstoption wird hier aber ausgeschlossen, da<br />
fraglich ist, ob eine Nachrüstung aller Bustypen – wie bei den Volvo-Bussen der BVG – ohne weiteres technisch<br />
möglich und vergleichbar günstig erfolgen kann.<br />
Darüber hinaus deutet eine Markterkundung zur Verwertbarkeit gebrauchter Dieselbusse im Ausland (Stand<br />
Dezember 2003) darauf hin, dass in vielen Ländern die ökologischen Ansprüche an das Fahrzeugmaterial ebenfalls<br />
zunehmen (s. Tab. 8). In den zehn neuen EU-Mitgliedsstaaten, von denen einige bislang klassische Exportmärkte<br />
für deutsche Dieselbusse waren, vollzieht sich diese Entwicklung automatisch aus der Übernahme der<br />
EU-Standards, wenn auch mit Übergangsfristen. Zu vermuten ist daher, dass insgesamt der internationale Sekundärmarkt<br />
für Fahrzeuge mit niedrigerem Emissionsstandard enger wird und das Restwertrisiko sukzessive steigt.<br />
Tabelle 8 Anforderungen an den Abgasstandard bei der Einfuhr von Bussen in<br />
ausgewählten Ländern (Stand: Dezember 2003)<br />
Abgasstand. Altersbeschr. Sonstiges<br />
(Importe) (Jahre)<br />
Euro-Stufe<br />
Bulgarien 0<br />
Rumänien 3** es wird vermutet, dass diese Länder eigene Bus-Produktion schützen wollen<br />
(ohne mit Sicherheit sagen zu können, ob sie über eine solche verfügen)<br />
Ungarn 3**<br />
Balten 1 internationale Linien/Reisebusse: Euro2, Binnenverkehr: Euro1<br />
Polen 2 bis 5<br />
Tschechien 2<br />
Slowakei bis 5<br />
Slowenien 2<br />
Kroatien 2** 7<br />
Bosnien 2* 10<br />
Serbien 2* 6<br />
Rußland 0 6 > 6 J. => Strafzoll von 3 EUR/ccm Hubraum; bei ca. 12-15 l ergibt sich ein<br />
Strafzoll von rund 45 000 EUR<br />
Ukraine 2*<br />
Türkei kein Gebrauchtmarkt für Deutsche Busse, da eigene Produktionsstätten<br />
(MAN, Mercedes)<br />
Naher Osten wird großteils durch Produktion in der Türkei bedient<br />
Israel seit 2000 verschärfte Einfuhrbestimmungen und EU-Normen für Komplettbusse;<br />
daher Tendenz zu Produktion vor Ort, z.B. durch Setra<br />
Mittlerer Osten zu hohe Transportkosten, kein relevanter Markt für deutsche Busse<br />
Indien<br />
China<br />
Senegal Afrika: grds. keine Einfuhrbeschränkungen; (einzelne Länder mit Altersbeschränkungen<br />
von z.B. 10 J.); Status quo & abseh bare Zukunft: Markt für<br />
alte Fahrzeuge vorhanden; ca. 20 J. alte Busse für 10 000 EUR<br />
Ghana<br />
Nigeria<br />
Österreich 2<br />
Schweden 0<br />
Griechenland bis 5<br />
Deutschland 0<br />
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Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
Legende:<br />
* 2 Aussagen<br />
** mind. 3 Aussagen<br />
Allgemeine Aussagen aus der Markterkundung und Hinweise<br />
Zum Markt in Osteuropa, v.a. Rußland (außerhalb EU): Meist werden einfache Fahrzeuge gewünscht, die selbst repariert werden können.<br />
Deshalb könnte es ab Euro 3 schwieriger werden, Busse dorthin abzusetzen.<br />
Länder mit eigener Busproduktion haben einen Anreiz, hohe (Euro-)Standards zu fordern bzw. andere restriktive Beschränkungen zu<br />
erlassen. (siehe evtl. Rumänien, Ungarn)<br />
Der Erlass von Beschränkungen ist schwer vorherzusehen und wird oft sehr kurzfristig wirksam; innerhalb von 4 - 6 Wochen ist keine<br />
Seltenheit (Russld.: 6 Wo.)<br />
Die Einführung von Importbeschränkungen in anderen Ländern hat Rückwirkungen auf den innerdeutschen Gebrauchtmarkt. So sind<br />
u.a. durch die russischen Einfuhrzölle die Preise für die "Stille Reserve" von Dieselbussen um 50 % gesunken.<br />
Unter Umständen werden für Linienfahrzeuge (Binnenverkehr) niedrigere Standards gefordert, als für Reisefahrzeuge (Auslandsverkehr);<br />
s.a. Baltische Republiken<br />
Datenbeschaffung: Die Ausfuhr von Kraftfahrzeugen wir oft nicht deklariert, somit statistisch nicht en detail erfaßt<br />
Quellen: telef. Auskünfte von Herstellern und Botschaften, Internetrecherche im Dezember 2003 (TU Berlin)<br />
VII. Exkurs: Betriebsrisiken von Fahrzeugen unterhalb der EEV-Norm nach 2010<br />
Entsprechend der Fortentwicklung des umweltseitigen Ordnungsrahmens (s. Abschnitt ) sowie der Maßgaben<br />
von Aufgabenträgern im Wettbewerb sind zumindest punktuelle Einschränkungen des Einsatzes von Fahrzeugen<br />
unterhalb EEV nach 2010 nicht auszuschließen.<br />
Die Folge könnten Fahrverbote in emissionssensiblen Stadtbereichen (z.B. historische Altstädte, Fußgängerzonen,<br />
Durchgangsstraßen durch verkehrlich hochbelastete Gründerzeitviertel) sein mit der Folge von „Umleitungen".<br />
Infolgedessen ergeben sich Leistungsmehrkosten auf Grund von Mehrkilometern und vermutlich Erlösrückgängen<br />
in Folge einer schlechteren Erschließung und damit Erreichbarkeit für die Fahrgäste.<br />
Außerdem ergeben sich höhere Organisationskosten für eine emissionsdifferenzierte Einsatzplanung der<br />
Busse und ein kapazitätsoptimaler Einsatz der Fahrzeuge ist kaum noch möglich. Beispielsweise können Gelenkbusse,<br />
die den anspruchsvollen Umweltstandard nicht erfüllen, dann auf Linien eingesetzt werden, auf denen<br />
kein entsprechender Bedarf besteht, um eine Veräußerung der Busse mit Verlust zu vermeiden.<br />
Wir schätzen vorsichtig den sich daraus ergebenden negativen Gesamteffekt aus Leistungsmehrkosten und<br />
Erlösverlusten auf 0,5 % bezogen auf die derzeitigen Betriebskosten. Dies entspricht ca. 1 % der Fahrscheinerlöse<br />
(bei üblichen 50 % Kostendeckung).<br />
VIII. Exkurs: Risiken aus der Veränderung der Mineralölbesteuerung<br />
Risken sind in Bezug auf die Mineralölbesteuerung in der Möglichkeit des Wegfalls der Steuermäßigung<br />
sowie der Angleichung der Mineralölsteuer von Vergaserkraftstoff und Diesel denkbar. Diese sind in der vergleichenden<br />
Betrachtung für den Praxisfall SVF zwischen Erdgasbussen und Referenzfahrzeugen (Euro 3-Diesel) relevant.<br />
Der Mineralölsteuersatz für Erdgas ist bis 2020 im Gegensatz zu Dieselkraftstoff bereits gesetzlich verankert<br />
(s. Abb. 2, Tab. 5).<br />
37
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
Der Wegfall der Steuerermäßigung für Dieselkraftstoff würde zu Mehrkosten bei der Betreibung von Dieselbussen<br />
im Vergleich zu Erdgasbussen von 0,054 e je l führen, die Angleichung des (nicht ermäßigten) Steuersatzes<br />
für Diesel an den von Benzin würde zu weiteren Mehrkosten von 0,184 e je l führen (s. Tab. 5). Geht man<br />
davon aus, dass dies in den Jahren 2013 bis 2015 der Fall sein könnte, sind die sich gegenüber dem Status quo<br />
von heute ergebenden Mehrkosten für den Diesel jeweils in einem Zeitraum bis 2020 berechenbar. Dieser<br />
Betrachtungszeitraum wird gewählt, da mit einer heutigen strategischen Investitionsentscheidung für Dieselbusse<br />
längerfristig – zumindest bis 2020 – keine Beschaffung von Erdgasbussen erfolgen wird und erst die eventuellen<br />
Steueranpassungen zu Ungunsten des Dieselantriebs in den Jahren nach 2013 bzw. 2015 später zu einer<br />
nennenswerten Flottenumstellung auf Erdgas führen werden. Die Betrachtung umfasst somit etwa die Nutzungsperiode<br />
eines Busses.<br />
Tabelle 8 zeigt den Barwert der Steuermehrbelastung je Dieselbus im Bestand, in Abhängigkeit von der Jahreslaufleistung<br />
und dem spezifischen Verbrauch, bezogen auf den 1. Januar 2005 für den Fall, dass bereits ab<br />
dem Jahr 2013 die Mineralölsteuerrückerstattung und/oder der Mineralölsteuervorteil des Diesels gegenüber<br />
dem Benzin wegfallen. Je höher Jahreslaufleistung und spezifischer Verbrauch je Bus, um so größer ist das in<br />
den Wagniskosten abzubildende Risiko aus der Änderung der Dieselbesteuerung.<br />
Tabelle 9 Kostenseitige Bewertung des Risikos des Wegfalls der Mineralölsteuererstattung<br />
ab 2013 für den Zeitraum bis 2020<br />
Sofern 2013 die Mineralölbesteuerung zu Ungunsten von Dieselkraftstoff geändert werden würde und/oder<br />
die Steuerrückerstattung entfiele, ergäbe sich hier ein Barwert der Wagniskosten in der Bandbreite von ca.<br />
4 000 bis 30 000 e je Bus, wenn die Steuer von Diesel an die von Benzin angeglichen wird. D.h. selbst wenn erst<br />
in ca. acht Jahren die Steuerangleichung erfolgt, würden die Unterschiede in den Anschaffungskosten von Diesel-EEV-<br />
und Erdgas-EEV-Bussen ausgeglichen bzw. überkompensiert (s. Abschnitt H). Werden die Wagniskosten<br />
auf den Zeitraum 2005 bis 2020 sowie die Laufleistung pro Jahr verteilt, ergeben sich Wagniskosten von bis zu<br />
ca. 0,05 e/km.<br />
38
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Analyse bei BVG und SVF<br />
Tabelle 10 Kostenseitige Bewertung des Risikos des Wegfalls der Mineralölsteuererstattung<br />
ab 2015 für den Zeitraum bis 2020<br />
Selbst wenn erst 2015 die Privilegierung der Dieselbesteuerung und/oder die Rückerstattung wegfallen würde<br />
(s. Tab. 10), verbleiben noch Wagniskosten von ca. 3 000 bis ca. 22 000 e, die die Beschaffungsmehrkosten für<br />
einen Erdgasbus immer noch ausgleichen würden (s. Abschnitt ). Werden die Wagniskosten auf den Zeitraum<br />
2005 bis 2020 sowie die Laufleistung pro Jahr verteilt, ergeben sich Wagniskosten von bis zu ca. 0,03 e/km.<br />
39
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />
G. EINSATZ VON EEV-DIESELBUSSEN BEI DEN<br />
BERLINER VERKEHRSBETRIEBEN AÖR (BVG)<br />
I. Beschreibung des Praxisfalls BVG<br />
Bei der BVG wurden im Zeitraum August bis Dezember 2002 insgesamt 51 Normalbusse der Firma Volvo mit<br />
CRT zum Einsatz vom Betriebshof Berlin-Zehlendorf aus beschafft. Von diesen Bussen wurden 25 Fahrzeuge im<br />
Zeitraum bis März 2003 mit dem so genannten VEC-System – zur Erlangung der EEV-Norm – nachgerüstet.<br />
Die Referenz- und EEV-Fahrzeuge lassen sich entsprechend den Angaben in Tabelle 11 näher spezifizieren.<br />
Tabelle 11 Spezifizierung der Referenz- und EEV-Fahrzeuge im Praxisfall BVG –<br />
Unternehmens- und Fahrzeugdaten<br />
40
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />
Die betrieblichen Einsatzbedingungen stellen sich nach Auskunft bzw. Unterlagen der BVG gemäß den in<br />
Tabelle 12 zusammengestellten Eckdaten dar.<br />
Tabelle 12 Betriebliche Buseinsatzparameter der BVG<br />
Die EEV-Busse ermöglichen die Abwicklung des Fahrplanprogramms in gleicher Weise wie die bisher eingesetzten<br />
Fahrzeuge.<br />
II. Leistungsmehrkosten der EEV-Dieselbusse im Vergleich zu den Referenzfahrzeugen (Diesel,<br />
Euro 3 mit CRT)<br />
In Tabelle 13 sind die Leistungsmehrkosten des in der Praxisfalluntersuchung einbezogenen EEV-Dieselbusses<br />
(Normalbus) gegenüber dem Referenzfahrzeug (Diesel, Euro 3 mit CRT) zusammengefasst.<br />
Tabelle 13 Leistungsmehrkosten des EEV-Dieselbusses gegenüber dem Referenzfahrzeug<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT) unter den Einsatzbedingungen der BVG<br />
41
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />
Für die EEV-Dieselbusse (Volvo-Normalbus) ergeben sich unter den spezifischen Bedingungen der BVG (Jahreslaufleistung<br />
65 000 km je Bus, Verbrauch ca. 50 l je 100 km) Leistungsmehrkosten von rd. 0,03 e je km gegenüber<br />
dem Referenzdieselbus (Euro 3 mit CRT). Die Mehrkosten resultieren im Wesentlichen aus den höheren<br />
Anschaffungskosten, die aus dem VEC-System herrühren. Grundsätzlich dürfte beim Gelenkbus vom gleichen<br />
systembedingten Kostenunterschied ausgegangen werden, da die Mehrkosten nur durch das von Gefäßgrößen<br />
unabhängige VEC-System bestimmt werden.<br />
Die Leistungsmehrkosten betragen, bezogen auf die Leistungserstellungskosten der BVG insgesamt, etwa 0,7 %,<br />
was als nicht signifikant und erfahrungsgemäß durch anderweitige betriebliche Maßnahmen kompensierbar ist.<br />
Der höhere Standard würde daher kaum zu einem Wettbewerbsnachteil in einem zukünftigen Ausschreibungswettbewerb<br />
im ÖPNV führen.<br />
Geht man davon aus, dass die Referenzfahrzeuge auf Grund der bereits heute gesetzlich fixierten höheren<br />
Umweltnormen ab 2010 möglicherweise – ggf. auch auf Grund von umweltseitigen Standardvorgaben im Ausschreibungswettbewerb<br />
der ÖPNV-Aufgabenträger – nicht oder nur noch beschränkt einsatzfähig sind, bestehen<br />
aus heutiger Sicht für diese Fahrzeuge in der Zukunft Einsatzrisiken (Nichteinsetzbarkeit in der Zeit nach 2010).<br />
Diese wurden als Wagniskosen berücksichtigt, die die Leistungsmehrkosten unter Umständen deutlich übersteigen.<br />
42
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />
III. Bestimmung der Leistungsmehrkosten der EEV-Dieselbusse im Vergleich zu den Referenzfahrzeugen<br />
1 Kapitalkosten<br />
Die Kapitalkosten für Omnibusse unter den Randbedingungen der BVG enthält Tabelle 14.<br />
Tabelle 14 Auswirkungen der Anschaffungsmehrkosten von EEV- gegenüber Referenzbussen<br />
auf die Kapitalkosten (ohne und mit spezifischer Förderung)<br />
43
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />
Aus der Beschaffung der EEV-Dieselbusse erwächst kein zusätzlicher Investitionsbedarf, z.B. in Werkstattausrüstungen<br />
und ähnliches gegenüber dem Referenzfall (Diesel, Euro 3 mit CRT). Damit ergeben sich außer aus<br />
den Fahrzeuganschaffungskosten keine weiteren Quellen für Kapitalmehrkosten beim EEV-Dieselbus.<br />
2 Kraftstoffkosten<br />
Der Kraftstoffverbrauch (Diesel) wurde für die Gruppen der technisch weitgehend ähnlichen Referenz- und<br />
EEV-Busse für das Jahr 2003 beobachtet und miteinander verglichen.<br />
Abbildung 9 verdeutlicht, dass die EEV-Busse einen geringfügig niedrigeren Kraftstoffverbrauch als die Referenzbusse<br />
und andere Vergleichsfahrzeuge mit niedrigerer Euro-Norm haben. Als Ursache hierfür wird die elektronisch<br />
optimierte Abgasrückführung genannt. Der auffällige Verbrauchsunterschied zwischen den Euro 2-Bussen<br />
war von BVG nicht ad hoc erklärbar. Die Fahrzeuge sind gleich ausgestattet (Klimaanlage, Kneeling-Funktion).<br />
Die Ursache wurde in den spezifischen Einsatzbedingungen auf den sog. Stammlinien vermutet.<br />
Abbildung 9: Dieselverbrauch in l je 100 km im Jahr 2003 für EEV-Dieselbusse,<br />
Referenzfahrzeuge (Euro 3 mit CRT) und anderweitige Busse<br />
44
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />
Danach ergeben sich die in Tabelle 14 zusammengestellten Kraftstoffkostenunterschiede, die zum Vorteil des<br />
EEV-Busses ausfallen.<br />
Tabelle 14 Kraftstoffkostenunterschied zwischen EEV- und Referenzbus (Euro 3 mit CRT)<br />
3 Betankungskosten<br />
Die Betankungskosten betreffen nur die Kosten für den zeitlichen Aufwand der Betankung. Kapital-, Instandhaltungs-<br />
und Betriebskosten der Tankstelle sind hier nicht einbezogen worden.<br />
Auf Grund der vergleichsweise geringen Unterschiede der Dieselverbräuche ergeben sich keine relevanten<br />
Unterschiede hinsichtlich der Betankungskosten wie Tabelle 15 zeigt.<br />
45
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />
Tabelle 15 Ermittlung der Betankungskosten<br />
4 Betriebskosten<br />
Betriebskosten im Sinne des hier durchgeführten Systemvergleichs betreffen Kosten aus dem Betrieb systemspezifischer<br />
Anlagen. Für EEV-Dieselbusse gibt es gegenüber den Referenzfahrzeugen (Euro 3) keine höheren<br />
Kosten. Damit besteht kein Betriebskostenunterschied zwischen beiden Systemen.<br />
5 Instandhaltungskosten<br />
Diese Kosten betreffen die Instandhaltung der Komponenten, die in den Systemen EEV-Diesel und Referenzfahrzeug<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT) unterschiedlich sind.<br />
Zu unterscheiden ist zwischen planmäßiger und außerplanmäßiger Instandhaltung.<br />
Die Kostenunterschiede in der planmäßigen Instandhaltung enthält Tabelle 16.<br />
46
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />
Tabelle 16 Kostenunterschied EEV-Diesel gegenüber Euro 3-Diesel bei der planmäßigen<br />
Fahrzeuginstandhaltung<br />
Da im Betrachtungsjahr, dem ersten Betriebsjahr der EEV-Busse, keine Ausfälle der EEV-Komponenten zu verzeichnen<br />
waren, wurden die Unterschiede in den Instandhaltungskosten der beiden Systeme von der WIBERA<br />
gemeinsam mit der BVG analytisch ermittelt.<br />
Tabelle 17 zeigt die Komponenten, die den EEV-Dieselbus von den Referenzfahrzeugen (Euro 3 mit CRT) unterscheiden<br />
sowie die zugehörige analytische Kostenermittlung, nach der sich die Mehrkosten für den EEV-Bus<br />
unter den Einsatzbedingungen der BVG (65 000 km Jahreslaufleistung, acht Jahre Nutzungsdauer) ergeben.<br />
Dabei wurde die Ausfallhäufigkeit gemeinsam mit BVG geschätzt, da auskunftsgemäß im Oktober 2003 noch<br />
keine Ausfälle zu verzeichnen waren. Die nachrichtlich im September 2004 zur Verfügung gestellten Daten<br />
bestätigen die Ansätze, dass die betreffenden Komponenten einmal über die Nutzungsdauer von acht Jahren bei<br />
der BVG defekt sind, als eher vorsichtig.<br />
Tabelle 17 Mehrkosten – außerplanmäßige Instandhaltung – der EEV-Busse gegenüber<br />
den Referenzfahrzeugen (Euro 3 mit CRT)<br />
47
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />
Insgesamt ergeben sich Mehrkosten in der Fahrzeugeinstandhaltung für den EEV-Bus von (aufgerundet) 0,02 e<br />
je km.<br />
6 Wagniskosten<br />
Die Wagniskosten betreffen den Referenzbus (Euro 3 mit CRT) und stellen somit einen Kostenvorteil für den<br />
EEV-Dieselbus dar.<br />
Die in den Abschnitten und grundsätzlich erläuterten und bei der Beschaffung von Bussen unterhalb der<br />
Norm EEV zu berücksichtigten Wagnisse, stellen sich für den untersuchten Praxisfall BVG entsprechend Tabelle<br />
18 dar.<br />
Tabelle 18 Wagnisse bei Ersatzbeschaffung von Euro 3-/Euro 4-Bussen<br />
Abbildung bzw. Tabelle fehlt<br />
48
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Dieselbussen bei den Berliner Verkehrsbetrieben AÖR (BVG)<br />
Bei der Beurteilung des Verwertungsrisikos wird davon ausgegangen, dass die Fahrzeuge nach sechs Jahren<br />
Nutzung – im Zeitraum 2011 bis 2015 – vorzeitig veräußert werden müssen und gegenüber dem derzeitigen Verkehrswert<br />
für Fahrzeuge dieses Alters ein Mindererlös in Höhe von 10 %, bezogen auf die Anschaffungs-/Herstellungskosten<br />
entsprechend 23 000 e, entsteht. Dieser eventuelle Mindererlös ist auf die Vorjahre als Wagniskosten<br />
gleichmäßig aufzuteilen. Bei der Laufleistung von 65 000 km pro Bus und Jahr ergeben sich für die spezifischen<br />
Verhältnisse der BVG entsprechende Wagniskosten von 5,01 eCent je km.<br />
Das Betriebsrisiko bildet wie in Abschnitt dargestellt, betriebliche Einschränkungen des Einsatzes der Busse<br />
mit Umweltstandard unter EEV ab. Diese werden hier mit 0,5 % bezogen auf die Betriebskosten bewertet. Ausgehend<br />
von einer Nutzungsdauer von acht Jahren wären die noch bis maximal 2009 beschaffbaren Busse mit<br />
einem Standard unterhalb EEV bis 2013 bzw. 2017 im Einsatz. Da ab 2010 mit Nutzungseinschränkungen gerechnet<br />
wird, ergäbe sich somit durchschnittlich eine Nutzungseinschränkung von über fünf Jahren pro Bus. Die sich<br />
aus der Nutzungseinschränkung ergebenden Mehrkosten wären bei der Anschaffung als Wagniskosten – verteilt<br />
auf die Gesamtnutzungsdauer von acht Jahren – zu berücksichtigen.<br />
IV. Flottenbetrachtung<br />
Die Leistungsmehrkosten des EEV-Dieselbusses gegenüber dem Referenzfahrzeug (Euro 3 mit CRT) unter den<br />
spezifischen BVG-Bedingungen betragen rd. 0,03 e je km (s. Abschnitt F. II).<br />
Eine solche „statische" Kostenbetrachtung ist vor dem Hintergrund der bereits fixierten Inkraftsetzung höherer<br />
Abgasnormen bis zum 01.10.2008 (Euro 5) nur sehr eingeschränkt zutreffend, da vom Stand der heutigen<br />
technischen Entwicklung aus keine Lösung zu erkennen ist, die ohne Mehrkosten die höhere Norm erreichen<br />
lässt. Demzufolge können – wie bereits erwähnt – aufgrund von Übergangsfristen allenfalls noch bis Ende 2009<br />
Fahrzeuge mit dem niedrigem Standard geliefert werden. Der Leistungskostenvorteil wäre also allenfalls noch<br />
für die bis 2009 zu beschaffenden Fahrzeuge ausschöpfbar.<br />
Ausgehend von einer angestrebten Nutzungsdauer der Fahrzeuge von acht Jahren bei der BVG, wären bei<br />
kontinuierlicher Erneuerung nur noch für die Jahre 2005 bis 2009, entsprechend fünf Jahre bzw. für 60 % der<br />
Flotte, die Kostenvorteile nutzbar, die man hätte, wenn man anstatt des überobligatorischen EEV-Standards Fahrzeuge<br />
nur mit dem jeweils gesetzlichen Mindeststandard unterhalb Euro 5 (der hier technisch und kostenseitig<br />
weitgehend mit dem EEV-Standard gleichgesetzt wird) einsetzt. D.h., langfristig „flottenbezogen" über einen<br />
Fahrzeugerneuerungszyklus betrachtet, ergeben sich bei sofortiger Beschaffung von Fahrzeugen mit EEV-Standard<br />
Leistungsmehrkosten von etwa<br />
0,6 x 0,03 e je km = 0,018 e je km.<br />
x 65.000 km je Bus und Jahr<br />
= 1 170 e je Normalbus und Jahr.<br />
Bezogen auf die Leistungserstellungskosten von etwa 4,40 e je km ergeben sich für die Flotte insgesamt<br />
Leistungsmehrkosten von nur 0,4 % bei sofortiger Anschaffung der EEV-Busse gegenüber einer Beschaffung von<br />
Bussen mit gesetzlichem Mindeststandard.<br />
49
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />
H. EINSATZ VON EEV-ERDGASBUSSEN BEI DER<br />
STADTVERKEHRSGESELLSCHAFT FRANKFURT<br />
(ODER) MBH (SVF)<br />
I. Beschreibung des Praxisfalls SVF<br />
Bei der SVF wurden im September 2002 bzw. im März 2003 jeweils elf Normal- und Gelenkbusse mit Erdgasantrieb<br />
angeschafft. Die EEV-Fahrzeuge lassen sich gemäß den Angaben in Tabelle 19 spezifizieren.<br />
Tabelle 19 Spezifizierung der EEV-Erdgasfahrzeuge im Praxisfall SVF<br />
50
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />
Die Referenzfahrzeuge sind vergleichbare Dieselbusse (Normal- und Gelenkbusse) der Firma MAN.<br />
Die betrieblichen Einsatzbedingungen stellen sich nach Auskunft bzw. Unterlagen der SVF entsprechend den<br />
Eckdaten in Tabelle 20 dar.<br />
Tabelle 20 Betriebliche Buseinsatzparameter der SVF<br />
Insgesamt werden bei der SVF Busleistungen von ca. 1,3 Millionen Fahrplan-km erbracht, davon von der SVF<br />
mit 22 Bussen ca. 870 000 km pro Jahr in Eigenleistung. Die durchschnittliche Laufleistung dieser 22 Busse von<br />
38 000 km bzw. 41 000 km je Erdgasbus ergeben sich aus den betrieblichen Aufzeichnungen zur Betankung.<br />
Mit der Beschaffung der Erdgasbusse wurde der vorherige Busbestand von elf Dieselnormal- und elf Dieselgelenkbussen<br />
gleichzeitig vollständig ersetzt.<br />
Die EEV-Busse ermöglichen die Abwicklung des Fahrplanprogramms in gleicher Weise wie die vorher eingesetzten<br />
Fahrzeuge. Änderungen am Fahrplan (Reisezeiten) waren nicht erforderlich.<br />
Einschränkungen in der Beförderungskapazität im Vergleich zu den Referenzfahrzeugen bestehen nicht.<br />
Die Erdgastankstelle steht außerhalb des Betriebshofs, jedoch unmittelbar an der Einfahrt, sodass gegenüber<br />
der jetzigen Dieseltankstelle keine längeren bzw. zusätzlichen Betriebsfahrten notwendig sind. Wie bereits oben<br />
erwähnt, befindet sich die Erdgastankstelle im Eigentum der Stadtwerke Frankfurt (Oder) und wird von den<br />
Stadtwerken betrieben. Betriebs-, Instandhaltungs- und Kapitalkosten der Tankstellen fallen somit nicht bei der<br />
SVF an.<br />
II. Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzfahrzeugen<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />
In Tabelle 21 sind die Leistungsmehrkosten der in der Praxisfalluntersuchung einbezogenen EEV-Erdgasbusse<br />
gegenüber dem Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit CRT) zusammengestellt.<br />
51
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />
Tabelle 21 Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzfahrzeugen<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT) unter den Einsatzbedingungen der SVF<br />
Wegen der geringen Laufleistung sind die Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzfahrzeugen<br />
mit rd. 0,06 (Normalbus) e je km bzw. rd. 0,16 e je km (Gelenkbus) vergleichsweise hoch. Ursache<br />
hierfür sind die erheblichen Anschaffungsmehrkosten bei vergleichsweise geringer Fahrleistung. Durch die<br />
hohe spezifische Förderung der Anschaffung bei SVF werden die Leistungsmehrkosten weitgehend kompensiert<br />
und es verbleiben Mehrkosten von rd. 0,01 bzw. rd. 0,04 e je km. Betriebliche Mehrkosten werden durch Kraftstoffkostenvorteile<br />
des Erdgases kompensiert .<br />
Vergleichsweise hoch sind die Leistungsmehrkosten bei den Gelenkbussen, wegen der deutlich höheren<br />
Anschaffungskostenunterschiede, teilweise bedingt durch den höheren Erdgasspeicher in den betrachteten<br />
52
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />
Basisvarianten. Bei SVF ist ein Gelenkbusanteil von 50 % anzutreffen. Dies ist eher untypisch. Die Statistik des<br />
Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen weist für 2001 einen Gesamtbusbestand der Mitgliedsunternehmen<br />
von ca. 42 000 Fahrzeugen aus, bei einem Gelenkbusanteil von 21 %.<br />
Werden in die Betrachtungen noch verschiedene Wagnisse mit einbezogen, insbesondere das Wiederverwertungsrisiko,<br />
das bei SVF auf Grund der mittelfristigen gravierenden Veränderungen des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
und der dazu relativ langen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse als hoch einzuschätzen<br />
ist, werden die Leistungsmehrkosten überkompensiert.<br />
III. Bestimmung der Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse im Vergleich zu den Referenzfahrzeugen<br />
1 Kapitalkosten<br />
Die Kapitalkosten für Omnibusse stellen sich für die Einsatzbedingungen der SVF gemäß Tabelle 22 dar.<br />
Tabelle 22 Auswirkungen der Anschaffungsmehrkosten von EEV-Erdgasbussen gegenüber<br />
Referenzbussen auf die Kapitalkosten (ohne und mit spezifischer Förderung)<br />
53
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />
Die höheren Anschaffungskosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzbussen (Diesel, Euro 3 mit<br />
CRT) von knapp 11,7 % (Normalbus) bzw. 23 % (Gelenkbus) führen zu erheblichen Kapitalmehrkosten von rd. 7<br />
bzw. 18 eCent je km, die sich jedoch durch die gewährte spezifische Förderung auf rd. 2 bzw. 6 eCent je km<br />
verringern.<br />
Im Zusammenhang mit der Beschaffung von Erdgasbussen kann sich weiterer geringfügiger Investitionsbedarf<br />
für Ausrüstung der Werkstatt und der Abstellhalle ergeben (s. Tab. 23).<br />
Tabelle 23 Kosten für Ausrüstung von Abstellhallen und Werkstätten im Zusammenhang mit<br />
der Anschaffung von Erdgasbussen<br />
Die Kosten für die Nachrüstung der Werkstätten und Abstellanlagen bei der Anschaffung von Erdgasbussen,<br />
die im Wesentlichen die von der Versicherung geforderten Gaswarnanlagen betreffen, sind insgesamt als unerheblich<br />
anzusehen.<br />
Bei einer Reihe von anderen Unternehmen, die ebenfalls Erdgasbusse einsetzen, bestanden keine Forderungen<br />
von Versicherungen in Bezug auf die Gaswarnanlagen in Werkstätten und Abstellhallen. D.h. dort fallen die<br />
ohnehin unerheblichen Kosten für Sicherungseinrichtungen nicht an.<br />
Spezielle Werkstatteinrichtungen zur Instandhaltung der Gasspeicher (z.B. Dacharbeitsstände, Gabelstapler)<br />
sind nicht notwendig, da entsprechende Arbeiten von den Verkehrsunternehmen nicht durchgeführt werden<br />
dürfen. Das Notventil ist durch eine gesonderte Öffnung im Busdach von innen erreichbar. Bei der Durchführung<br />
von Revisionen sind entsprechende Hebezeuge von den jeweiligen Revisionsfirmen mitzubringen.<br />
54
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />
2 Kraftstoffkosten<br />
Abbildung 10 und Abbildung 11 zeigen den durchschnittlichen monatlichen Erdgasverbrauch je 100 km für<br />
EEV-Erdgasnormal- und EEV-Erdgasgelenkbusse, der auf Basis von bei SVF erhobener Daten ermitteltet wurde.<br />
Zum Vergleich wurde der Verbrauch der durch die Erdgasbusse ersetzten Euro 0-Dieselbusse angegeben, die<br />
unter den identischen Bedingungen wie die Erdgasbusse eingesetzt wurden. Ausgehend von dem für die Euro<br />
0-Dieselbusse erhobenen Dieselverbrauch wurde der Dieselverbrauch für die Referenzfahrzeuge (Euro 3 mit CRT,<br />
Diesel) abgeleitet.<br />
Abbildung 10: Erdgasverbrauch in kg je 100 km der EEV-Erdgas-Normalbusse (Jahr 2003)<br />
sowie Dieselverbrauch in l je 100 km der ersetzten Euro 0-Diesel-Normalbusse<br />
(Jahr 2002)<br />
55
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />
Abbildung 11 Erdgasverbrauch in kg je 100 km der EEV-Erdgas-Gelenkbusse (Jahr 2003) sowie<br />
Dieselverbrauch in l je 100 km der ersetzten Euro 0-Diesel-Gelenkbusse (Jahr 2002)<br />
Der in die Ermittlung der Leistungsmehrkosten einbezogene Durchschnittsverbrauch der EEV-Erdgasbusse<br />
bzw. der Referenzfahrzeuge (Diesel, Euro 3 mit CRT) ist in Tabelle 24 enthalten. Der Verbrauch des Referenzbusses<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT) wurde aus den Ist-Werten der vorher eingesetzten Euro 0-Busse und einem 10%-igen<br />
Zuschlag festgelegt.<br />
Tabelle 24 Durchschnittsverbrauch der EEV-Erdgasbusse sowie der Referenzfahrzeuge<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />
56
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Einsatz von EEV-Erdgasbussen bei der Stadt-Verkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) MBH (SVF)<br />
Danach ergeben sich die in Tabelle 25 zusammengestellten Kraftstoffkostenunterschiede, die zum Vorteil des<br />
EEV-Busses ausfallen.<br />
Tabelle 25 Kraftstoffkostenunterschied zwischen EEV-Erdgas- und Referenzbus<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />
In Bezug auf die Kraftstoffversorgung sind im Vergleich zwischen EEV-Erdgasbus und Referenzbus (Diesel,<br />
Euro 3 mit CRT) unterschiedliche Marktmodelle der Kraftstoffversorgung zu berücksichtigen. Für die Erdgasbusse<br />
wird das bei SVF praktizierte Marktmodell der „Fremdbetankung", d.h. die Stadtwerke betreiben die Tankstelle,<br />
unterstellt. Für die Referenzbusse (Diesel, Euro 3 mit CRT) wird das bei der BVG praktizierte Modell der „eigenen<br />
Tankstelle" für die Betankung angenommen. Die Kraftstoffkosten enthalten dabei neben den Dieselbezugskosten<br />
noch Kosten für die Vor- und Unterhaltung der Tankstellung sowie deren Betrieb. Hier werden als Referenzfall<br />
die bei der BVG erhobenen Daten zu Grunde gelegt, und zwar 0,7000 e je l Diesel als Dieselbezugspreis<br />
und 0,0123 e je l Diesel als Kosten für Vor- und Unterhaltung sowie Betrieb der „eigenen“ Tankstelle.<br />
Insgesamt ergibt sich somit ein Kraftstoffkostenvorteil unter den Bedingungen der SVF für den Erdgasbus<br />
gegenüber dem Referenzdieselbus von 4,75 eCent je km beim Normalbus und 5,79 eCent je km beim Gelenkbus.<br />
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3 Betankungskosten<br />
Die Betankungskosten betreffen nur die Kosten für den zeitlichen Aufwand der Betankung. Kapital-, Instandhaltungs-<br />
und Betriebskosten der Tankstelle sind hier nicht einbezogen und ohnehin nur für Dieselbusse zu<br />
berücksichtigen, was jedoch über die Treibkraftkosten erfolgt.<br />
Die Betankungskosten (s. Tab. 26) ergeben sich aus dem Verbrauch je 100 km und der Durchflussmenge des<br />
Kraftstoffs an der Tankstelle pro Zeiteinheit sowie den Personalkosten. Die Durchflusszeiten wurden bei den in<br />
die Praxisfalluntersuchung einbezogenen Unternehmen erfragt und mit Erfahrungen bei anderen Unternehmen<br />
abgeglichen.<br />
Tabelle 26 Ermittlung der Betankungskosten für EEV-Erdgasbusse und Referenzfahrzeuge<br />
4 Betriebskosten<br />
Betriebskosten im Sinn des hier durchgeführten Systemvergleichs betreffen Kosten aus der Wartung der stationären<br />
und mobilen Gaswarnanlagen in den Buswerkstätten und Abstellhallen bei der SVF (s. Tab. 27). Stromkosten<br />
sind hier vernachlässigbar und daher nicht weiter einbezogen. Wie oben bereits ausgeführt, ist die Installation<br />
von Gaswarnanlagen nicht obligatorisch und resultiert aus den spezifischen Forderungen von Versicherungen,<br />
sodass die ohnehin unerheblichen Betriebskosten für die Gaswarnanlagen nicht zwangsläufig anfallen<br />
müssen.<br />
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Tabelle 27 Betriebskosten für Gaswarnanlagen<br />
5 Instandhaltungskosten<br />
Diese Kosten betreffen die Instandhaltung der Komponenten, die in den Systemen EEV-Erdgasbus und Referenzfahrzeug<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT) unterschiedlich sind.<br />
Zu unterscheiden ist zwischen planmäßiger und außerplanmäßiger Instandhaltung.<br />
Grundsätzlich werden in den folgenden Betrachtungen Arbeitskosten mit 20 e pro Stunde und damit nur mit<br />
dem variablen Kostenanteil bewertet. Gemeinkosten für Verwaltung, Lager und dergleichen bleiben außer Acht,<br />
da in der Regel mit den vorhandenen Verwaltungsressourcen geringfügige Zusatzarbeiten leistbar sein dürften.<br />
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Die Kostenunterschiede in der planmäßigen Instandhaltung sind in Tabelle 28 zusammengestellt.<br />
Tabelle 28 Kostenunterschied EEV-Erdgas gegenüber Euro 3-Diesel bei der planmäßigen<br />
Fahrzeuginstandhaltung<br />
Die Kostenunterschiede bei der planmäßigen Instandhaltung zwischen den EEV-Erdgasbussen und den Referenzfahrzeugen<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT) liegen in einer Größenordnung von etwa 2,2 bis 2,5 eCent je km, unter<br />
den Bedingungen der SVF (hier durchschnittlich 39 500 km Jah-reslaufleistung je Normal- und Gelenkbus). Ohne<br />
die Revisionskosten für die Erdgasspeicheranlage, die bei Dieselbussen nicht anfallen, verbleibt ein Kostenunterschied<br />
von ca. 1 eCent je km bei der geringen spezifischen Laufleistung der Busse bei SVF.<br />
Für die Revision – die nach derzeitiger Freigabe durch den Fahrzeughersteller bzw. den Hersteller der Gasflaschen<br />
alle zehn Jahre fällig ist – beträgt der Preis, abhängig von der Anzahl der Gasflaschen ca. 3,9 Te bis<br />
4,9 Te. Diese hier für SVF in Ansatz gebrachten Preise sind Angebotspreise für ein anderes Unternehmen, wobei<br />
die Revision bei dem Unternehmen vor Ort durchgeführt wird. Da die Revision bei dem Verkehrsunternehmen<br />
vor Ort durchgeführt wird, entfällt eine gesonderte Busreservehaltung oder die Vorhaltung von Reserveflaschensätzen,<br />
um eine längere Nichtverfügbarkeit der Busse zu kompensieren bzw. zu vermeiden.<br />
Da im Betrachtungsjahr, dem ersten Betriebsjahr der EEV-Erdgasbusse, keine Ausfälle der EEV-Erdgaskomponenten<br />
zu verzeichnen waren, wurden die Unterschiede in den Instandhaltungs-kosten der beiden Systeme von<br />
WIBERA gemeinsam mit SVF analytisch ermittelt. Für die Ausbildung der Mitarbeiter wurden in Anlehnung an<br />
andere Unternehmen Schulungskosten von einmalig 3 000 e angesetzt.<br />
60
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Tabelle 29 zeigt die Komponenten, die den EEV-Erdgasbus von den Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit<br />
CRT) unterscheiden sowie die zugehörige analytische Kostenermittlung, nach der sich die Mehrkosten für die<br />
außerplanmäßige Instandhaltung unter den Einsatzbedingungen der SVF (38 000 km Jahreslaufleistung,<br />
zwölf Jahre Nutzungsdauer) von nur rd. 0,1 eCent je km ergeben.<br />
Tabelle 29 Mehrkosten – außerplanmäßige Instandhaltung – der EEV-Erdgasbusse gegenüber<br />
den Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />
Insgesamt stellen sich die Instandhaltungsmehrkosten für die EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzdieselfahrzeugen<br />
unter den spezifischen Bedingungen der SVF entsprechend den Angaben in Tabelle 30 dar.<br />
Tabelle 30 Mehrkosten – Instandhaltung – der EEV-Erdgasbusse gegenüber den<br />
Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />
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6 Wagniskosten<br />
a) Verwertungs- und Betriebsrisiken für Busse unterhalb EEV (ab 2010)<br />
Die Wagniskosten betreffen den Referenzbus (Diesel, Euro 3 mit CRT) und stellen somit einen Kostenvorteil<br />
für den EEV-Erdgasbus dar.<br />
Die in den Abschnitten und grundsätzlich erläuterten, bei der Beschaffung von Bussen unterhalb der Norm<br />
EEV zu berücksichtigten Wagnisse, sind für den untersuchten Praxisfall SVF in Tabelle 31 zusammengefasst.<br />
Tabelle 31 Wagniskosten bei weiterer Beschaffung von Omnibussen mit Beschränkung auf<br />
den gesetzlichen Mindeststandard unterhalb EEV (bis 2009)<br />
Bei der Beurteilung des Verwertungsrisikos wird davon ausgegangen, dass die in den Jahren 2005 bis 2009<br />
mit hier geltendem gesetzlichen Mindeststandard (Euro 3 und Euro 4) beschafften Fahrzeuge nach sechs Jahren<br />
Nutzung - im Zeitraum 2011 bis 2020 wegen der Nichterfüllung des EEV-Standards vorzeitig veräußert werden.<br />
Es wird davon ausgegangen, dass gegenüber dem derzeitigen Verkehrswert für Fahrzeuge dieses Alters ein Mindererlös<br />
in Höhe von 10 % bezogen auf die Anschaffungs-/Herstellungskosten entsteht. Dieser eventuelle Mindererlös<br />
ist auf die Vorjahre als Wagniskosten gleichmäßig aufzuteilen. Bei der Laufleistung von 38 000 km pro Bus<br />
62
?<br />
?<br />
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und Jahr ergeben sich für die spezifischen Verhältnisse der BVG entsprechende Wagniskosten von rd. 8 (Normalbus)<br />
bzw. 10 eCent je km (Gelenkbus).<br />
Das Betriebsrisiko bildet, wie in Abschnitt dargestellt, betriebliche Einschränkungen des Einsatzes der Busse<br />
mit Umweltstandard unterhalb der EEV-Norm ab. Dieses Risiko wird mit 0,5 % bezogen auf die Betriebskosten<br />
bewertet. Ausgehend von einer Nutzungsdauer von zwölf Jahren wären die noch bis maximal 2009 beschaffbaren<br />
Busse mit einem Standard unterhalb der EEV-Norm noch bis 2017 bzw. 2021 im Einsatz. Da ab 2010 mit Nutzungseinschränkungen<br />
gerechnet wird, ergäbe sich somit durchschnittlich eine Nutzungseinschränkung von<br />
neun Jahren pro Bus. Die sich aus der Nutzungseinschränkung ergebenden Mehrkosten wären bei der Anschaffung<br />
als Wagniskosten – verteilt auf die Gesamtnutzungsdauer von zwölf Jahren – zu berücksichtigen.<br />
b) Risiko aus der Anhebung der Mineralölsteuer für Diesel<br />
In Abschnitt sind die denkbaren Richtungen bei der Minderalölbesteuerung dargestellt:<br />
■ Abschaffung der Steuerermäßigung auf Dieselkraftstoff,<br />
■ Angleichung der Besteuerung von Diesel an die von Benzin.<br />
Das Risiko hängt vom Zeitpunkt der Abschaffung der Steuerermäßigung, der Jahreslaufleistung der Busse und<br />
dem spezifischen Verbrauch ab (s. Abschnitt ). Hier wird davon ausgegangen, dass die Angleichung frühestens<br />
im Jahr 2015 erfolgen könnte. Für die spezifischen Bedingungen der SVF ist es daher sachgerecht, das Besteuerungsrisiko<br />
für Diesel mit 0,03 e je km zu bewerten.<br />
IV. Flottenbetrachtung<br />
Die Leistungsmehrkosten der EEV-Erdgasbusse gegenüber den Referenzfahrzeugen (Diesel, Euro 3 mit CRT)<br />
betragen unter den spezifischen SVF-Bedingungen (einschl. Förderung) rd. 0,01 e je km bei Normalbussen und<br />
rd. 0,04 e je km bei Gelenkbussen, durchschnittlich also etwa 0,03 e je km.<br />
Ohne die Förderung ergeben sich Mehrkosten von ca. 0,06 (Normalbus) bzw. ca. 0,16 e je km unter den spezifischen<br />
Bedingungen der SVF. Dies entspricht insgesamt etwa 2,6 % der Gesamtbetriebskosten der SVF (3,50 e<br />
je km).<br />
Berücksichtigt man auch hier, dass dieser Kostenvorteil allenfalls noch bei den bis 2009 zu beschaffenden<br />
Fahrzeugen bei Beschränkung auf den gesetzlichen Mindeststandard ausschöpfbar ist, ergibt sich tatsächlich ein<br />
geringerer Kostennachteil. Ausgehend von einer Nutzungsdauer der Fahrzeuge von zwölf Jahren bei SVF, wären<br />
bei kontinuierlicher Erneuerung nur noch für die Jahre 2005 bis 2009, entsprechend fünf Jahre bzw. für 42 %<br />
der Flotte, die Kostenvorteile nutzbar. Unter Berücksichtigung der Förderung ergibt sich flottenbezogen nur ein<br />
Kostenvorteil von 0,015 e je km. Selbst wenn man die Förderung außer Acht ließe, verbliebe auf die Flotte bezogen<br />
nur noch ein Kostenvorteil von 0,046 e je km, der später sukzessive durch weitere Erneuerungen verloren<br />
geht und daher in Ausschreibungskalkulationen – ab 2010 – nicht mehr voll in Ansatz kommen kann. Werden<br />
in die Betrachtung noch Wagniskosten für die weitere Beschaffung von Bussen zum gesetzlichen Mindeststandard<br />
bis 2009 einbezogen, wird der Leistungskostennachteil der EEV-Dieselbusse weitgehend vollständig kompensiert.<br />
Als grundsätzliches Fazit ist festzuhalten:<br />
Der Ordnungsrahmen schreibt mittelfristig – und zwar bereits bis 2009 – eine weitgehende Verschärfung der<br />
Umweltstandards fest. Die bis dahin noch mögliche Beschaffung von Bussen unterhalb des EEV-Standards bringt<br />
im Allgemeinen auf den Flottenbestand bezogen nur einen geringen Kostenvorteil. D.h. entscheidet man sich<br />
heute bei anstehenden Investitionsentscheidungen für Busse mit EEV-Standards, so nimmt man nur geringe<br />
Mehrkosten in Kauf, die auf die Flotte bezogen im Bereich von etwa 0,5 bis 1 % liegen.<br />
63
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />
Dagegen stehen erhebliche Risiken, da ab 2010 der Einsatz von Bussen unterhalb der Norm EEV gesetzlich<br />
oder nach Maßgabe des Aufgabenträgers verwehrt bzw. eingeschränkt sein kann.<br />
Bezogen auf die Leistungserstellungskosten von etwa 3,50 e je km ergeben sich für die Flotte insgesamt Leistungsmehrkosten<br />
von nur 0,4 % bei Beschaffung von EEV-Erdgasbussen bis 2009 an Stelle einer weiteren<br />
Beschaffung von Bussen mit gesetzlichem Mindeststandard (Euro 3, Euro 4), die SVF-spezifische Förderung der<br />
Erdgasbusse vorausgesetzt.<br />
I. VERALLGEMEINERUNG DER UNTERSUCHUNGS-<br />
ERGEBNISSE<br />
I. Modell zur Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse auf andere Einsatzfälle<br />
Ausgehend von der Untersuchung der Praxisfälle BVG und SVF wurde ein Modell für den allgemeinen Kostenvergleich<br />
zwischen dem gewählten Referenzfall (Diesel, Euro 3 mit CRT) und dem anspruchsvollen Umweltstandard<br />
EEV-Diesel bzw. EEV-Erdgas sowie zwischen diesen beiden entwickelt, um die entsprechenden Leistungsmehrkosten<br />
für unterschiedlichste betriebliche Einsatzfälle im Vergleich ableiten zu können.<br />
Hierfür wurde ein Modell entwickelt, das die Leistungsmehrkosten zwischen Euro 3- (mit CRT) und EEV-Bussen<br />
für unterschiedliche betriebliche Einsatzfälle (Regionalbusverkehr, Stadtbusverkehr) abbilden kann.<br />
Das Modell (s. Abb. 12) charakterisiert die betrieblichen Verhältnisse dreidimensional durch<br />
■ den spezifischen Kraftstoffverbrauch je 100 km,<br />
■ die Jahreslaufleistung der Fahrzeuge sowie die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer.<br />
Abbildung 12: Modell zur Beschreibung und Abbildung von Leistungskostenunterschieden<br />
zwischen Omnibussen mit unterschiedlichen Umweltstandards bzw. Antriebssystemen<br />
64
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />
In dem Modell sind die in Tabelle 32 zusammengestellten Prämissen hinterlegt, wobei die Vergleichbarkeit<br />
der Kraftstoffverbräuche von Erdgas- und Dieselbussen durch ein empirisch erhobenes Verbrauchsäquivalent<br />
hergestellt wird. Dieses Verbrauchsäquivalent stellt dar, wie viel kg Erdgas je 100 km notwendig wären, bei<br />
einem bestimmten Verbrauch von Diesel je 100 km. Für Normal- und Gelenkbusse wurde jeweils ein geringfügig<br />
unterschiedlicher Faktor aus vorliegenden Verbrauchsdaten abgeleitet.<br />
Tabelle 32 Prämissen für ein allgemeines Modell zur Ermittlung von Leistungsmehrkosten von<br />
EEV-Diesel- und EEV-Erdgasbussen im Vergleich zu Euro 3-Dieselreferenzbussen<br />
65
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Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />
II. Leistungskostenunterschiede zwischen Euro 3- (Diesel, mit CRT) und EEV-Bussen (Diesel,<br />
Erdgas) für das Gesamtspektrum der Einsatzfälle<br />
Die nachstehenden Nomogramme zeigen die Leistungsmehrkosten für EEV-Busse im Vergleich zu den Referenzbussen<br />
(Diesel, Euro 3 mit CRT) für branchenübliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauern von acht, zehn<br />
und zwölf Jahren, Laufleistungen je Bus und Jahr zwischen 40 000 und 65 000 km sowie Dieselkraftstoffverbräuchen<br />
von 30 bis 70 l je 100 km.<br />
Aus diesem Kostenvergleich kann indirekt der Leistungskostenunterschied zwischen EEV-Diesel- und EEV-Erdgasbussen<br />
abgeleitet werden.<br />
Die Handhabung der Nomogramme wird an Abbildung 13 erläutert, die die Leistungsmehrkosten für EEV-<br />
Erdgas- und EEV-Dieselbusse bei betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer von acht Jahren zeigt.<br />
Abbildung 13 Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Diesel, mit CRT,<br />
Normalbus) bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von acht Jahren<br />
66
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />
Fallbeispiel:<br />
Derzeit werden Normalbusse (Euro 3) mit 48 l Diesel Durchschnittsverbrauch und einer Jahreslaufleistung von<br />
45 000 km betrieben.<br />
Frage: 1. Wie hoch wären die Leistungsmehrkosten bei einem EEV-Dieselbus ?<br />
2. Wie hoch wären die Leistungsmehrkosten bei einem EEV-Erdgasbus ?<br />
Antwort: 1. etwa 4,5 eCent je km (bei Verbrauch 48 l auf Kostenlinie DK 45 000; Ableitung der Kostenlinie<br />
DK 45 000 durch Interpolation der Kostenlinien DK 40 000 und DK 50 000)<br />
2: etwa 6,5 eCent je km (bei Verbrauch 48 l auf Kostenlinie CNG 45 000; Ableitung der Kosteninie<br />
CNG 45 000 durch Interpolation der Kostenlinien CNG 40 000 und CNG 50 000), hiervon<br />
sind noch die Tankstellenbetriebskosten von rd. 0,3 bis 0,6 eCent je km abzuziehen, da der<br />
Dieselpreis für das Marktmodell „eigene Dieseltankstelle" ermittelt wurde. Somit ergibt sich ein<br />
Kostenunterschied von 6 eCent je km.<br />
Die Abbildungen 14 - 18 enthalten die Nomogramme für Normal- bzw. Gelenkbusse bei zehn bzw. zwölf<br />
Jahren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer.<br />
Abbildung 14: Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Diesel mit CRT,<br />
Normalbus) bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von zehn Jahren<br />
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Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />
Abbildung 15: Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Normalbus)<br />
bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von zwölf Jahren<br />
Abbildung 16: Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Diesel mit CRT,<br />
Gelenkbus) bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von acht Jahren<br />
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Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse<br />
Abbildung 17 Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Diesel mit CRT,<br />
Gelenkbus) bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von zwölf Jahren<br />
Abbildung 18 Kostenunterschied EEV (Erdgas bzw. Diesel) gegenüber Euro 3 (Diesel mit CRT,<br />
Gelenkbus) bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Busse von zehn Jahren<br />
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Gesamtfazit der betriebswirtschaftlichen Analyse<br />
J. GESAMTFAZIT DER BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHEN<br />
ANALYSE<br />
I. Ist die Beschaffung von Bussen mit EEV-Standard gegenüber der Beschaffung von Bussen mit<br />
dem gesetzlichen Mindeststandard sinnvoll?<br />
Die Leistungsmehrkosten der EEV-Fahrzeuge gegenüber Euro 3-Dieselbussen (mit CRT) hängen von den Einsatzbedingungen,<br />
insbesondere der Jahreslaufleistung ab.<br />
Die Praxisfalluntersuchung BVG, in der die Leistungsmehrkosten des Einsatzes von EEV-Dieselnormalbussen<br />
betrachtet wurde, ergab unter den dortigen Einsatzbedingungen (Jahreslaufleistung 65 000 km, betriebsgewöhnliche<br />
Nutzungsdauer acht Jahre) Leistungsmehrkosten von rd. 0,03 e je km bzw. rd. 0,7 % bezogen auf die<br />
Betriebskosten insgesamt (s. Abschnitt ).<br />
Bei der SVF ergeben sich bei einer Jahreslaufleistung der Fahrzeuge von ca. 40 000 km Leistungsmehrkosten<br />
von rd. 0,06 e je km (Normalbus) bzw. 0,16 e je km (Gelenkbus), d.h. im Durchschnitt 0,11 e je km bzw. ca. 3 %<br />
bezogen auf die Leistungserstellungskosten. Unter Berücksichtigung der spezifischen Förderung verbleiben noch<br />
Mehrkosten von rd. 0,01 e je km bzw. 0,04 e je km, durchschnittlich knapp 0,03 e je km. Die Mehrkosten der<br />
Erdgasbusse resultieren ausschließlich aus den höheren Anschaffungskosten. Auf Grund der Preisvorteile von Erdgas<br />
gegenüber Diesel ergibt sich im Betrieb ein geringfügiger Kostenvorteil für den Erdgasbus (ca. 0,01 e je km).<br />
Der Gelenkbusanteil bei der SVF mit 50 % ist im deutschlandweiten Vergleich sehr hoch; er liegt hier bei 21 %.<br />
Eine solche „statische“ Kostenbetrachtung ist vor dem Hintergrund der bereits fixierten Inkraftsetzung höherer<br />
Abgasnormen bis zum 01.10.2008 (Euro 5) nur sehr eingeschränkt zutreffend, da vom Stand der heutigen<br />
technischen Entwicklung aus keine Lösung zu erkennen ist, die ohne Mehrkosten die höhere Norm erreichen<br />
lässt. Demzufolge können auf Grund von Übergangsfristen allenfalls noch bis September 2009 Fahrzeuge mit<br />
dem niedrigeren Standard (Euro 3 und Euro 4) geliefert werden. Der Leistungskostenvorteil wäre also allenfalls<br />
noch für die bis 2009 zu beschaffenden Fahrzeuge ausschöpfbar.<br />
Ausgehend von einer Nutzungsdauer der Fahrzeuge von acht Jahren bei der BVG, wären bei kontinuierlicher<br />
Erneuerung nur noch für fünf Jahre (2005 bis 2009) bzw. für 60 % der Flotte die Kostenvorteile nutzbar, die man<br />
hätte, wenn man anstatt des überobligatorischen EEV-Standards Fahrzeuge nur mit dem jeweils gesetzlichen<br />
Mindeststandard unterhalb Euro 5 (der hier technisch und kostenseitig weitgehend mit dem EEV-Standard gleich<br />
gesetzt wird) einsetzt. Bei der SVF würden bei kontinuierlicher Erneuerung über die betriebsgewöhnliche Nutzung<br />
von zwölf Jahren – die tatsächlich erfolgte vollständige Fuhrparkerneuerung kann als Ausnahme angesehen<br />
werden – 42 % des Fuhrparks neu beschafft. Entsprechend kann der Kostenvorteil der Busse mit Standards<br />
unterhalb EEV bzw. Euro 5 im Jahr 2004 noch anteilig für 40 bis 60 % des Fahrzeugbestandes ausgeschöpft werden.<br />
Demnach ergeben sich im Jahr 2004 flottenbezogen nur noch Kostennachteile von etwa 0,4 bis 1,2 %, da<br />
ab 2009 ohnehin die technisch und kostenseitig aufwändigeren Fahrzeuge der Norm EEV bzw. der hier technisch<br />
gleichgesetzten Norm Euro 5 zu beschaffen sind.<br />
Den vergleichsweise geringen Einsparungen von 0,7 % bis maximal 3 % stehen erhebliche Risiken gegenüber,<br />
da fraglich ist, ob auf Grund der vorgezeichneten Änderung des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens ab 2010<br />
Fahrzeuge unterhalb des EEV-Standards überhaupt noch unbeschränkt einsatzfähig sind oder gesetzliche Maßgaben<br />
oder Forderungen von ÖPNV-Aufgabenträgern im Ausschreibungswettbewerb den höheren Standard<br />
grundsätzlich verlangen.<br />
Infolgedessen können die Unternehmen zum vorzeitigen Verkauf der zwischen 2005 und 2009 beschafften<br />
Busse mit gesetzlichem Mindeststandard mit erheblichem Wertverlust gezwungen sein. Dieses „Restwertrisiko“<br />
70
BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Gesamtfazit der betriebswirtschaftlichen Analyse<br />
ist für BVG auf etwa 0,05 e je km zu schätzen und damit deutlich höher als die Mehrkosten durch EEV. Für die<br />
SVF ist dieses Risiko auf 0,08 bis 0,10 e je km zu schätzen und damit auch über bzw. in der Größenordnung der<br />
Leistungsmehrkosten des Normal- bzw. Gelenkbusses.<br />
Als grundsätzliches Fazit ist zu ziehen:<br />
Die Unternehmen sind ab 2009 zur Einhaltung anspruchsvoller Umweltstandards gezwungen und damit zur<br />
Beschaffung von Fahrzeugen, die diesen Standard erfüllen. Deren Anschaffungs- und damit Leistungskosten liegen<br />
über denen von Fahrzeugen, die den derzeit geltenden niedrigeren Umweltstandard erfüllen. Dieser Kostenvorteil<br />
ist jedoch vergleichsweise gering und ohnehin nur noch befristet ausschöpfbar. Insgesamt ist hier ein<br />
Kostenvorteil bezogen auf die Flotte von etwa 0,4 bis 1,2 % der Leistungskosten erschließbar. Diesem Kostenvorteil<br />
stehen mindestens gleich hohe Risiken gegenüber, die daher rühren, dass nach 2010 in einem ÖPNV-Ausschreibungswettbewerb<br />
grundsätzlich Fahrzeuge mit anspruchsvollem Umweltstandard von den Aufgabenträgern<br />
verlangt werden können.<br />
Eine heute geführte Diskussion um die Beschaffung von Fahrzeugen mit hohem Umweltstandard ist in Anbetracht<br />
der fixierten Abgasnormen als eine temporäre anzusehen. Außerdem führt eine heutige strategische Entscheidung<br />
für die Beschaffung von Fahrzeugen mit anspruchsvollem Umweltstandard nur zu geringen, im Wettbewerb<br />
unerheblichen Mehrkosten, denen erhebliche Einsatzrisiken für Fahrzeuge unterhalb EEV ab 2010<br />
gegenüber stehen. Ein Verzicht auf die Beschaffung von Fahrzeugen mit anspruchsvollem Umweltstandard zum<br />
jetzigen Zeitpunkt ist daher mit dem Argument höherer Kosten nicht zu begründen. Faktisch wäre nur die Frage<br />
zu stellen, mit welchem konkreten Antriebssystem der anspruchsvolle Umweltstandard erreicht werden soll.<br />
II. Welche Kostenunterschiede gibt es zwischen den EEV-Erdgas- und dem EEV-Dieselbus?<br />
Die Darstellungen in und H. II zeigen die Kostenunterschiede zwischen einem EEV-Diesel- und einem EEV-<br />
Erdgasbus. Danach ist festzustellen:<br />
Bei den zu 80 % in Deutschland gebräuchlichen Normalbussen liegt der Kostenunterschied in Abhängigkeit<br />
von den Einsatzbedingungen etwa zwischen 0,01 und 0,04 e je km.<br />
Bei Gelenkbussen kann der Kostenunterschied zwischen 0,06 und 0,20 e je km betragen.<br />
Ursächlich für die Kostenunterschiede sind die - jeweils gegenüber dem Euro 3-Dieselbus - deutlich niedrigeren<br />
Anschaffungsmehrkosten eines EEV-Dieselbusses von 14 000 e bei der BVG im Vergleich zu den Anschaffungsmehrkosten<br />
von EEV-Erdgasbussen von ca. 25 Te (Normalbus) bzw. 65 Te (Gelenkbus) für die Einsatzbedingungen<br />
der SVF. Dabei können die beim Erdgasantrieb günstigen Kraftstoffkosten die höheren Kapitalkosten<br />
aus der Anschaffung der Fahrzeuge nur in Ausnahmenfällen kompensieren. Eine weitgehende Förderung der<br />
Anschaffungsmehrkosten von Erdgasbussen würde diesen Kostennachteil gegenüber dem EEV-Dieselbus ausgleichen.<br />
Mit nur 0,01 bis 0,02 e je km sind die Kostenunterschiede bei Normalbussen gering, bei einer hohen Jahreslaufleistung<br />
(über 50 000 km pro Jahr) und/oder hohen spezifischen Verbräuchen je km (um 50 l Diesel je 100<br />
km).<br />
Eine deutliche Verbesserung der Position des Erdgasbusses ergibt sich, wenn Risiken aus einer zukünftigen<br />
Veränderung der Mineralölbesteuerung von Diesel mit einbezogen werden. Die Abschaffung der Steuerrückerstattung<br />
(0,054 e/l) sowie die Steuerangleichung von Diesel an Benzin (0,184 e/l) könnte Kostensteigerungen bei<br />
einem Verbrauch von 40 l Diesel je 100 km von rd. 0,02 bzw. 0,07 e je km bedeuten und würde die Kostendifferenz<br />
zwischen Erdgas- und Dieselbussen weitgehend kompensieren bzw. überkompensieren. Selbst wenn man<br />
davon ausgeht, dass diese Anpassungen erst im Jahr 2015 erfolgen, ergibt sich hier noch ein Wagnis von etwa<br />
0,03 e je km, das zu Gunsten des Erdgasbusses anzurechnen wäre.<br />
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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Gesamtfazit der betriebswirtschaftlichen Analyse<br />
Der Unterschied in den Leistungskosten zwischen dem EEV-Diesel- und dem EEV-Erdgasbus ist jedoch nicht<br />
allein durch höhere Anschaffungskosten bedingt. Er wird in erheblichem Umfang durch die Einsatzbedingungen<br />
mitbestimmt. Hohe Jahreslaufleistungen bei hohen einsatzbedingten Kraftstoffverbräuchen minimieren die<br />
Kostendifferenz zwischen EEV-Diesel- und EEV-Erdgasbus. Sofern die Veränderung der Dieselbesteuerung eine<br />
langfristige Option ist, wären hierfür entsprechende Wagnisse bei der Anschaffung von Dieselbussen zu berücksichtigen,<br />
die die Kostendifferenz in vielen Fällen aufheben dürfte.<br />
Layout: Selbach Design · Sankt Augustin · www.selbachdesign.de<br />
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