UMWELTPOLITIK - Eltis
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BMU-Demonstrationsvorhaben „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“<br />
Analyse des umweltrechtlichen Ordnungsrahmens<br />
den. Die Verträge gewinnen unweigerlich an Nettocharakter, da fehlkalkulierte Zahlungen zu Lasten des Betrauten<br />
gehen.<br />
Der Ausgleich muss dem Prinzip der Erforderlichkeit genügen, damit wettbewerbsverzerrende Überkompensationen<br />
verhindert werden. Inwieweit die Nettomehrkosten der Gemeinwohlverpflichtungen rechnerisch extrahiert<br />
werden können, bleibt fraglich.<br />
Das vierte Kriterium markiert aus der Sicht des Ökonomen einen erheblichen Fortschritt, indem nicht mehr<br />
die (vom Wirtschaftsprüfer bestätigten) Ist-Kosten zum Maßstab des Ausgleichs erhoben werden, sondern die fiktiven<br />
Kosten eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens. Die Kompensation auf die geringsten<br />
Kosten für die Allgemeinheit beschränken zu wollen, ist ein klares Votum für mehr Effizienz. Allerdings stellt<br />
sich die Frage, über welchen Mechanismus diese zu bestimmen sind. Ökonomisch ist allein der Ausschreibungswettbewerb<br />
denkbar, da er ungleich erfolgreicher als jeder Außenstehende die Gebote der Marktteilnehmer auf<br />
ihre Güte hin testen kann.<br />
Wendet man die vier Kriterien auf die derzeit geübte Praxis an, kann das Urteil nur lauten, dass diese aller<br />
Wahrscheinlichkeit nach im deutschen ÖPNV kaum erfüllt werden. Klare Vertragsbeziehungen sind ebenso selten<br />
wie transparente Kostenaufstellungen, die erst recht nicht vorab angefertigt werden. Pauschale Defizitabdeckungen<br />
werden überall ex post geleistet. Doch selbst wenn die Besteller diese Mängel beseitigten – die härteste<br />
Klippe bildet das Effizienzkriterium. Es ist äußerst fraglich, ob die öffentlichen ÖPNV-Unternehmen mit<br />
ihren „historischen Altlasten“ der Vorgabe eines mittleren, gut geführten Unternehmens genügen können,<br />
solange sie den Markttest nicht zu bestehen brauchen.<br />
Als Zwischenfazit ist festzustellen, dass das EuGH-Urteil, selbst wenn aus ihm (noch) nicht unmittelbar eine<br />
Ausschreibungspflicht abzuleiten ist, dennoch dem Wettbewerb den Weg geebnet hat. Besteller können die verbotene<br />
Gewährung von Beihilfen rechtssicher nur ausschließen, wenn sie den Verkehr im Wettbewerb vergeben.<br />
Andernfalls müssen sie darauf vertrauen, dass Gerichte im Falle einer Klage das direkt erwählte Unternehmen<br />
auch tatsächlich als „gut geführt“ anerkennen. Haushaltsrechtlich wäre es kaum vertretbar, solche Risiken einzugehen.<br />
Auch die erhöhten Transparenzanforderungen intensivieren den Kosten- und Effizienzdruck, da im<br />
Prinzip ein bundesweiter Benchmark-Prozess initiiert wird.<br />
Mit Blick auf anspruchsvolle Umweltstandards eröffnet das EuGH-Urteil den Kommunen eine interessante<br />
Handlungsalternative. Da ihre Unternehmen den Preiswettbewerb so lange nicht gewinnen können, wie sie<br />
nicht vollends in die Autonomie entlassen werden, muss ihre Strategie darauf hinauslaufen, höhere Kosten durch<br />
ein Mehr an Qualität zu legitimieren. Die Aufgabenträger könnten ihnen insofern entgegenkommen, als sie<br />
Standards und Fahrzeugkonzepte in Ausschreibungen verlangen, die ein großes Know-how voraussetzen und für<br />
„Billiganbieter“ eine Hürde darstellen. Dass derartige Vorgaben europarechtlich einwandfrei sind, hat bereits ein<br />
Gutachten im Auftrag des Bundesumweltministerium sowie der EuGH bestätigt.<br />
Betriebswirtschaftlich wird der zunehmende Effizienzanreiz dazu führen, dass die ÖPNV-Unternehmen noch<br />
sehr viel stärker und präziser als bislang die Lebenszykluskosten der Investitionsobjekte einschließlich der<br />
Kostenrisiken berücksichtigen müssen. Dadurch verlagert sich der Fokus von einer kurzfristigen kameralistischen<br />
Betrachtungsweise auf eine „mit langem Atem“. Implizit müsste dies zum Vorteil anspruchsvoller Umweltstandards<br />
gereichen, deren Nutzen sich um so stärker entfalten, je weiter in die Zukunft geschaut wird und<br />
ambitionierte Umweltziele Platz greifen.<br />
Wie schnell sich das Urteil in der Praxis der Unternehmen und Besteller niederschlägt, kann noch nicht präzise<br />
vorhergesagt werden. Kurzfristig hat der Wettbewerbsprozess sogar insofern einen Rückschlag erlitten, als<br />
das EuGH-Urteil im konkreten auslösenden Streitfall „Altmark-Trans“ verpuffte, weil die Beteiligten als juristische<br />
Personen nicht mehr existieren. Daher konnte es das Bundesverwaltungsgericht bei der Entscheidungsvorlage<br />
belassen, ohne selbst ein Urteil sprechen zu müssen. Wettbewerbspolitisch ist diese Entwicklung bedauerlich,<br />
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