18.10.2013 Aufrufe

Der Faktor Geschwindigkeit im motorisierten Strassenverkehr - BfU

Der Faktor Geschwindigkeit im motorisierten Strassenverkehr - BfU

Der Faktor Geschwindigkeit im motorisierten Strassenverkehr - BfU

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

fu-Sicherheitsdossier Nr. 06<br />

<strong>Der</strong> <strong>Faktor</strong> <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>motorisierten</strong> <strong>Strassenverkehr</strong><br />

Autoren: Bern 2010<br />

Uwe Ewert, Gianantonio Scaramuzza, Steffen Niemann, Esther Walter<br />

bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung


fu-Sicherheitsdossier Nr. 06<br />

<strong>Der</strong> <strong>Faktor</strong> <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>motorisierten</strong> <strong>Strassenverkehr</strong><br />

Autoren: Bern 2010<br />

Uwe Ewert, Gianantonio Scaramuzza, Steffen Niemann, Esther Walter


Autoren<br />

Uwe Ewert<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschung, bfu, u.ewert@bfu.ch<br />

Dr. phil. MPH; Psychologiestudium an der Universität Freiburg i.Br. Studium der Gesundheitswissenschaften<br />

in den USA. Seit 1993 wissenschaftlicher Mitarbeiter der bfu. Forschungsschwerpunkte:<br />

Einstellungen und Verhalten von Verkehrsteilnehmern, Fussgänger, Senioren, Benützung<br />

von Sicherheitsgurten, Sicherheit auf Ausserortsstrassen, <strong>Geschwindigkeit</strong>.<br />

Gianantonio Scaramuzza<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschung, bfu, g.scaramuzza@bfu.ch<br />

Dipl. Ing. ETH; Bauingenieurstudium an der ETH Zürich; bis 1986 Assistent am Institut für Verkehrsplanung<br />

und Transportsysteme (IVT) an der ETH Zürich. 1986–2004 Mitarbeiter in der Abteilung<br />

Verkehrstechnik der bfu. Seit 2004 tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung<br />

Forschung der bfu. Schwerpunkte: Infrastruktur (insbesondere Verkehrsberuhigung), Fussverkehr,<br />

Fahrradverkehr, Geisterfahrer und Unfallschwerpunkte.<br />

Steffen Niemann<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschung, bfu, s.niemann@bfu.ch<br />

Magister Artium; Studium der Soziologie, Psychologie und Informationswissenschaften an der<br />

Universität Düsseldorf; 1995–2005 Mitarbeiter am Institut für Sozial- und Präventivmedizin der<br />

Universität Bern. Seit April 2005 bei der bfu in der Abteilung Forschung. Arbeitsschwerpunkte:<br />

Datengrundlagen in den Bereichen Haus und Freizeit, <strong>Strassenverkehr</strong>, Sport, sowie eigene Erhebungen<br />

der bfu.<br />

Esther Walter<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschung, bfu, e.walter@bfu.ch<br />

Lic. phil.; Studium am Institut für Psychologie der Universität Bern; 1997–2001 Assistentin am<br />

Institut für Sozial- und Präventivmedizin in Bern. Seit 2002 wissenschaftliche Mitarbeiterin der<br />

Forschungsabteilung der bfu. Schwerpunkte: Fahrradverkehr, Fussverkehr, Motorradverkehr,<br />

Kinder, Kampagnen. Seit 2006 <strong>im</strong> interuniversitären Weiterbildungsstudiengang Public Health.


Impressum<br />

Herausgeberin bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung<br />

Postfach 8236<br />

CH-3001 Bern<br />

Tel. +41 31 390 22 22<br />

Fax +41 31 390 22 30<br />

info@bfu.ch<br />

www.bfu.ch<br />

Bezug http://shop.bfu.ch<br />

Autoren Uwe Ewert, Dr. phil., Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschung, bfu<br />

Gianantonio Scaramuzza, dipl. Ing. ETH, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschung, bfu<br />

Steffen Niemann, M.A., Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschung, bfu<br />

Esther Walter, lic. phil., Wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschung, bfu<br />

Mitarbeit Nathalie Clausen, lic. iur., Wissenschaftliche Mitarbeiterin Recht, bfu<br />

Regula Stöcklin, Fürsprecherin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Recht, bfu<br />

Cinthia Donzallaz Cerf, lic. iur., Wissenschaftliche Mitarbeiterin Recht, bfu<br />

Redaktion Stefan Siegrist, Dr. phil., Leiter Forschung / Ausbildung, Stv. Direktor, bfu<br />

Druck/Auflage Bubenberg Druck- und Verlags-AG, Monbijoustrasse 61, CH–3007 Bern<br />

1/2010/600<br />

© bfu/FVS 2010 Alle Rechte vorbehalten; Reproduktion (z. B. Fotokopie), Speicherung, Verarbeitung und<br />

Verbreitung sind mit Quellenangabe (s. Zitationsvorschlag) gestattet.<br />

Dieser Bericht wurde <strong>im</strong> Auftrag des Fonds für Verkehrssicherheit (FVS) hergestellt. Für den<br />

Inhalt ist die bfu verantwortlich.<br />

Zitationsvorschlag Ewert U, Scaramuzza G, Niemann S, Walter E. <strong>Der</strong> <strong>Faktor</strong> <strong>Geschwindigkeit</strong> <strong>im</strong> <strong>motorisierten</strong><br />

<strong>Strassenverkehr</strong>. Bern: bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2010. bfu-Sicherheitsdossier 06.<br />

Aus Gründen der Lesbarkeit verzichten wir darauf, konsequent die männliche und weibliche<br />

Formulierung zu verwenden.<br />

Aufgrund von Rundungen sind <strong>im</strong> Total der Tabellen leichte Differenzen möglich.<br />

Wir bitten die Lesenden um Verständnis.


Inhalt<br />

I. Abstract / Résumé / Compendio 9<br />

1. Deutsch 9<br />

2. Français 10<br />

3. Italiano 11<br />

II. Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 12<br />

1. Kurzfassung 12<br />

1.1 Einleitung 12<br />

1.2 Exkurs: Raser 12<br />

1.3 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht 12<br />

1.4 Unfallgeschehen 13<br />

1.5 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 13<br />

2. Version abrégée 18<br />

2.1 Introduction 19<br />

2.2 Digression: les chauffards 19<br />

2.3 La vitesse de différents points de vue 19<br />

2.4 Accidentalité 20<br />

2.5 Mesures de gestion de la vitesse 20<br />

3. Riassunto 26<br />

3.1 Introduzione 26<br />

3.2 Digressione: pirati della strada 26<br />

3.3 La velocità da diversi punti di vista 26<br />

3.4 Incidentalità 27<br />

3.5 Misure per la gestione della velocità 27<br />

III. Einleitung 33<br />

IV. Exkurs: Raser 35<br />

V. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht 37<br />

1. Einleitung 37<br />

2. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus Sicht der Unfallverhütung 37<br />

2.1 <strong>Geschwindigkeit</strong> als Risikofaktor für die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls 37<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Inhalt 5


2.1.1 Reaktionszeit 37<br />

2.1.2 Abweichung von der Durchschnittsgeschwindigkeit als Risikofaktor<br />

für einen Unfall 38<br />

2.2 <strong>Geschwindigkeit</strong> als Risikofaktor für die Schwere von Verletzungen 39<br />

3. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus verkehrstechnischer Sicht 40<br />

4. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus juristischer Sicht 41<br />

4.1 Einleitung 41<br />

4.2 Entwicklung der <strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkungen 41<br />

4.3 Gesetzliche Vorschriften betreffend <strong>Geschwindigkeit</strong> 43<br />

4.3.1 Absolute Höchstgeschwindigkeiten 43<br />

4.3.2 Anpassen der <strong>Geschwindigkeit</strong> an die Umstände (Art. 32 Abs. 1 SVG und<br />

Art. 4 VRV) 45<br />

5. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus Sicht der Psychologie 47<br />

5.1 Lerntheorie 47<br />

5.2 Theorie des geplanten Verhaltens 48<br />

5.3 Das Risk Speed Model von Taylor (1964) 49<br />

5.4 Contagion Model of Speeding 49<br />

5.5 Persönlichkeitstheorie 49<br />

6. Fazit 50<br />

VI. Unfallgeschehen 51<br />

1. Datenlage 51<br />

2. Unfallgeschehen 1992–2008 52<br />

3. Das aktuelle Unfallgeschehen (2004–2008) 54<br />

4. Fazit 59<br />

VII. Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 60<br />

1. Einleitung 60<br />

2. Höchstgeschwindigkeit 60<br />

3. Motorfahrzeuglenkende 61<br />

3.1 Alter 61<br />

3.2 Geschlecht 62<br />

3.3 Reaktionszeit 62<br />

3.4 Einstellungen 62<br />

3.5 Sensation Seeking 63<br />

3.6 Risikoakzeptanz 64<br />

3.7 Risikowahrnehmung 64<br />

3.8 Alkoholniveau 65<br />

6 Inhalt bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


3.9 Motorfahrzeugbesitz 65<br />

3.10 Anzahl Passagiere 65<br />

3.11 Graduated Driver Licensing 66<br />

3.12 Behandlung von delinquenten Motorfahrzeuglenkenden 66<br />

3.13 Verkehrssicherheitskampagnen 67<br />

3.14 Fazit 68<br />

4. Recht und seine Durchsetzung 68<br />

4.1 Sanktionen nach reinen <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen (ab 01. Januar 2005) 68<br />

4.1.1 Allgemein 68<br />

4.1.2 Strafrechtliche Sanktionen 70<br />

4.1.3 Administrativmassnahmen: insbesondere Verwarnung oder<br />

Führerausweisentzug 71<br />

4.2 Staffelung der Sanktionen in Abhängigkeit von der Gefährlichkeit des<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikts 72<br />

4.3 Demerit points 72<br />

4.4 Kontrolltätigkeit der Polizei 73<br />

4.4.1 Sichtbarkeit 74<br />

4.4.2 Mobile oder stationäre Kontrollen 74<br />

4.4.3 Unbemannte versus bemannte Kontrollen 74<br />

4.4.4 Polizeikontrollen mit oder ohne Ankündigung/Kampagnen? 75<br />

4.4.5 Schnelligkeit der Bestrafung 75<br />

4.4.6 Fakten zur <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelinquenz und zu den Polizeikontrollen<br />

in der Schweiz 75<br />

4.4.7 Section Control 76<br />

4.4.8 Zufällige Auswahl der Kontrollstellen und -zeiten 77<br />

4.4.9 Fazit 78<br />

5. Verkehrstechnik 78<br />

5.1 Einleitung 78<br />

5.1.1 Abgrenzung 78<br />

5.1.2 Problematik der <strong>Strassenverkehr</strong>sunfallstatistik hinsichtlich<br />

verkehrstechnischer Mängel 79<br />

5.1.3 Begriffe 79<br />

5.2 Übergeordnete Ziele 80<br />

5.3 Planung 81<br />

5.4 Infrastruktur 82<br />

5.4.1 Autobahnen 82<br />

5.4.2 Ausserortsstrassen 82<br />

5.4.3 Verkehrsorientierte Innerortsstrassen 87<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Inhalt 7


5.4.4 Siedlungsorientierte Innerortsstrassen 90<br />

5.5 Gestaltung und Betrieb 91<br />

5.5.1 Grundsätzliches 91<br />

5.5.2 Autobahnen und Ausserortsstrassen 92<br />

5.5.3 Innerortsstrassen 92<br />

5.6 Umsetzung in der Schweiz 96<br />

5.6.1 Best<strong>im</strong>mung der durch Infrastrukturmängel bedingten Unfälle 96<br />

5.6.2 Neudefinition der Ausbaugeschwindigkeit in den VSS-Normen 96<br />

5.6.3 Aufwertung der VSS-Normen 96<br />

5.6.4 Ausbildung der Ingenieure und Planer 96<br />

5.6.5 Sensibilisierung von Verwaltungen und Politik für die Bedeutung<br />

der Infrastruktur 97<br />

5.6.6 Instrumente zur systematischen flächendeckenden Sicherheitsüberprüfung<br />

geplanter und bestehender Infrastruktur 97<br />

5.6.7 Erarbeiten diagnostischer Verfahren zur sicherheitstechnischen Analyse der<br />

horizontalen Linienführung 99<br />

5.6.8 Förderung der Umsetzung des bfu-Modells Tempo 50/30. 99<br />

5.7 Fazit 100<br />

6. Fahrzeugtechnische Massnahmen 101<br />

6.1 Deformationszone/Knautschzone 101<br />

6.2 Sicherheitsgurt 102<br />

6.3 Airbags 103<br />

6.4 Elektronisches Stabilitätskontrolle 103<br />

6.5 ISA 105<br />

6.6 Leistungsgewicht 106<br />

6.7 Fazit 106<br />

VIII. Schlussfolgerungen 108<br />

Quellenverzeichnis 109<br />

8 Inhalt bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


I. Abstract / Résumé / Compendio<br />

1. Deutsch<br />

Die bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung präsentiert<br />

<strong>im</strong> vorliegenden Sicherheitsdossier evidenzbasierte<br />

Massnahmen zur Entschärfung der<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sproblematik auf Schweizer Strassen.<br />

Wichtig sind nebst der Einhaltung der allgemeinen<br />

Höchstgeschwindigkeit auch die Anpassung<br />

der Fahrgeschwindigkeit an die Verhältnisse.<br />

Aufgrund eines Fehlverhaltens bezüglich <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

werden pro Jahr durchschnittlich<br />

1251 Personen schwer verletzt, 163 sterben. Die<br />

Hälfte der Getöteten erleidet ihr Schicksal bei einem<br />

Selbstunfall auf Ausserortsstrassen, ein Viertel<br />

bei Unfällen innerorts. Autobahnen stellen keinen<br />

Schwerpunkt dar.<br />

Die Unfallfahrer sind hauptsächlich männlich und<br />

eher jung. Alkohol und das soziale Umfeld begünstigen<br />

schnelles Fahren. Die Wirksamkeit der Zweiphasenfahrausbildung<br />

muss diesbezüglich noch<br />

evaluiert werden. Sinnvoll wäre ein Alkoholverbot<br />

für Neulenkende.<br />

Für ein wirksames <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement<br />

haben sich Polizeikontrollen als wichtiges Element<br />

erwiesen. Pro Jahr werden rund 2,5 Mio. Fahrer<br />

wegen überhöhter <strong>Geschwindigkeit</strong> gebüsst. Die<br />

allermeisten Kontrollen werden automatisch<br />

durchgeführt. <strong>Der</strong>en Intensivierung, vor allem auf<br />

Landstrassen, ist notwendig. Zudem sind gut sichtbare<br />

sowie räumlich und zeitlich möglichst zufällig<br />

verteilte bemannte <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

sinnvoll. Nur so kann die für eine Verhaltensände-<br />

rung sehr wichtige Kontrollerwartung gesteigert<br />

werden. Führerausweisentzüge in Kombination mit<br />

verhaltenstherapeutischen Interventionen haben<br />

sich ebenfalls als wirksam erwiesen.<br />

Zur Entschärfung des <strong>Geschwindigkeit</strong>sproblems<br />

trägt auch die Opt<strong>im</strong>ierung einer adäquaten Infrastruktur<br />

bei, mit der das Strassennetz hierarchisiert<br />

sowie selbsterklärende und fehlertolerante Strassen<br />

realisiert werden sollen. Innerorts sind in erster<br />

Linie die Nutzungsansprüche aller Verkehrsteilnehmenden<br />

zu berücksichtigen. Ausserortsstrassen<br />

sind prioritär so zu projektieren, dass sie zu einem<br />

homogenen <strong>Geschwindigkeit</strong>sverlauf führen. Die<br />

Beseitigung von festen Objekten am Strassenrand<br />

(z. B. Mauern, Zäune, Pfosten) und – unter gewissen<br />

Bedingungen – die Montage von Mittelleitschranken<br />

können die Folgen von geschwindigkeitsbedingten<br />

Unfällen reduzieren. Zur Umsetzung<br />

dieser Interventionen sind Fachleute laufend zu<br />

sensibilisieren sowie Road Safety Audits, Road Safety<br />

Inspections und Black Spot Management für<br />

obligatorisch zu erklären.<br />

Bezüglich Fahrzeugsicherheit ist der Sicherheitsgurt<br />

nach wie vor die wichtigste Massnahme. Ebenfalls<br />

sehr wirkungsvoll ist die elektronische Stabilitätskontrolle,<br />

die das Schleudern verhindern kann.<br />

Auch künftige Fahrzeugtechnik wie ISA (Intelligent<br />

Speed Adaptation) wird einen Beitrag gegen <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfälle<br />

leisten können.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Abstract / Résumé / Compendio 9


2. Français<br />

Dans ce dossier de sécurité, le bpa – Bureau de<br />

prévention des accidents présente des mesures<br />

basées sur des données probantes et à même d'atténuer<br />

la problématique de la vitesse sur les routes<br />

suisses. Outre le fait de respecter la vitesse max<strong>im</strong>ale<br />

générale, il est <strong>im</strong>portant d'adapter sa vitesse<br />

aux conditions.<br />

En raison d'un comportement erroné relatif à la<br />

vitesse, 1251 personnes sont grièvement blessées<br />

et 163 décèdent chaque année. La moitié des tués<br />

est vict<strong>im</strong>e d'une perte de maîtrise sur des routes<br />

hors localité et un quart subit un accident en localité.<br />

Les autoroutes ne représentent pas une priorité.<br />

Les conducteurs accidentés sont principalement<br />

des hommes plutôt jeunes. L'alcool et le milieu<br />

social favorisent la vitesse au volant. A ce sujet,<br />

l'efficacité de la formation à la conduite en deux<br />

phases doit encore être évaluée. Interdire l'alcool<br />

aux nouveaux conducteurs serait une mesure judicieuse.<br />

Les contrôles de police se sont avérés être un élément<br />

<strong>im</strong>portant d'une gestion efficace de la vitesse.<br />

Chaque année, quelque 2,5 millions de conducteurs<br />

reçoivent une amende pour cause d'excès de<br />

vitesse. La plupart des contrôles sont automatisés.<br />

Il faut les intensifier, surtout sur les routes secondaires.<br />

De plus, il est judicieux de faire des<br />

contrôles de vitesse bien visibles ainsi que des<br />

contrôles spatialement et temporellement répartis<br />

au hasard et effectués par des policiers. C'est la<br />

seule manière d'augmenter la probabilité subjective<br />

d'être contrôlé, si <strong>im</strong>portante pour un changement<br />

de comportement. Les retraits du permis de<br />

conduire en combinaison avec des interventions<br />

thérapeutiques visant à changer le comportement<br />

se sont également avérés efficaces.<br />

Opt<strong>im</strong>iser une infrastructure adéquate en hiérarchisant<br />

le réseau routier et en réalisant des routes<br />

lisibles qui tolèrent les erreurs contribue aussi à<br />

atténuer le problème de la vitesse. A l'intérieur des<br />

localités, il faut en premier lieu tenir compte des<br />

exigences de tous les usagers de la route. Les routes<br />

hors localités doivent prioritairement être<br />

conçues de manière à ce que les vitesses soient<br />

homogènes. L'él<strong>im</strong>ination d'objets fixes au bord de<br />

la route (par ex., murs, clôtures, poteaux) et – sous<br />

certaines conditions, le montage de glissières de<br />

sécurité centrales peuvent réduire les conséquences<br />

d'accidents dus à la vitesse. Pour réaliser ces interventions,<br />

il faut constamment sensibiliser les spécialistes<br />

et rendre obligatoires les safety audits<br />

routiers, les inspections ainsi que la gestion des<br />

points noirs.<br />

En ce qui concerne la sécurité des véhicules, la<br />

ceinture de sécurité reste la mesure la plus <strong>im</strong>portante.<br />

Le contrôle électronique de la stabilité qui<br />

peut prévenir les dérapages est également très<br />

efficace. Les technologies du futur comme ISA<br />

(Intelligent Speed Adaptation) pourront contribuer<br />

à contrer les accidents dus à la vitesse.<br />

10 Abstract / Résumé / Compendio bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


3. Italiano<br />

In questo dossier sicurezza, l'upi – Ufficio prevenzione<br />

infortuni – presenta delle misure basate<br />

sull'evidenza per smorzare la problematica relativa<br />

alla velocità sulle strade svizzere. Oltre al rispetto<br />

dei l<strong>im</strong>iti mass<strong>im</strong>i di velocità è altrettanto <strong>im</strong>portante<br />

adeguare la velocità di marcia alle condizioni<br />

meteo e stradali.<br />

Ogni anno, i comportamenti erronei correlati alla<br />

velocità causano mediamente 1251 feriti gravi e<br />

163 morti. La metà dei morti è coinvolta in un<br />

incidente a veicolo isolato su una strada extraurbana,<br />

un quarto su una strada urbana. Le autostrade<br />

non rientrano tra i punti ad alta incidentalità.<br />

I conducenti coinvolti in un incidente sono prevalentemente<br />

uomini e piuttosto giovani. L'alcol e<br />

l'ambiente sociale favoriscono l'eccesso di velocità.<br />

L'efficacia della formazione in due fasi su tale punto<br />

deve ancora essere valutata. Andrebbe preso in<br />

considerazione un divieto di bere alcolici per i neopatentati.<br />

I controlli della polizia si sono rivelati uno strumento<br />

<strong>im</strong>portante per una gestione efficace della velocità.<br />

Ogni anno si multano circa 2,5 milioni di conducenti<br />

per eccesso di velocità. La stragrande maggioranza<br />

dei controlli è effettuata automaticamente.<br />

Specialmente sulle strade extraurbane è necessario<br />

intensificarli. Inoltre, sono utili dei controlli<br />

della velocità effettuati spazialmente e temporalmente<br />

in modo casuale da agenti che si trovano sul<br />

posto. Solo in questo modo è possibile aumentare<br />

l'aspettativa di essere controllati che è fondamentale<br />

per un cambiamento del comportamento.<br />

Anche le revoche della patente legate a terapie<br />

comportamentali si sono rivelate efficaci.<br />

A contrastare il problema relativo alla velocità contribuisce<br />

anche un'infrastruttura migliorata con cui<br />

gerarchizzare la rete stradale e realizzare delle strade<br />

self explaining che tollerano degli errori. Nell'abitato<br />

va in pr<strong>im</strong>a linea tenuto conto delle esigenze<br />

di tutti gli utenti. Le strade extraurbane vanno progettate<br />

in modo che comportino delle velocità<br />

omogenee. La soppressione di oggetti fissi al bordo<br />

della strada (p. es. muri, staccionate, pali) e, in<br />

particolari condizioni, il montaggio di guardrail<br />

centrali possono ridurre le conseguenze degli incidenti<br />

correlati alla velocità. Per realizzare questi<br />

interventi bisogna continuamente sensibilizzare gli<br />

specialisti e rendere obbligatori i Road Safety Audit,<br />

le Road Safety Inspection e il Black Spot<br />

Management.<br />

In materia di sicurezza dei veicoli, la cintura di sicurezza<br />

è tuttora la misura più <strong>im</strong>portante. Molto<br />

efficace è anche il controllo elettronico della stabilità<br />

che può evitare uno sbandamento. Anche le<br />

tecniche future come l'ISA (sistema intelligente di<br />

adattamento della velocità) contribuirà a ridurre gli<br />

incidenti correlati alla velocità.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Abstract / Résumé / Compendio 11


II. Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto<br />

1. Kurzfassung<br />

1.1 Einleitung<br />

<strong>Der</strong> Fonds für Verkehrssicherheit (FVS) verfolgt<br />

eine Geldvergabepolitik, die auf Schwerpunkte <strong>im</strong><br />

Unfallgeschehen und wirksame Massnahmen ausgerichtet<br />

ist. Voraussetzung dafür ist ein umfassendes<br />

Wissensmanagement. Die Verwaltungskommission<br />

des FVS hat der bfu – Beratungsstelle<br />

für Unfallverhütung einen langfristig angelegten<br />

Leistungsauftrag für die Erarbeitung der notwendigen<br />

Grundlagen erteilt. Die Sicherheitsdossiers<br />

decken dabei einen wichtigen Teilauftrag ab. Sie<br />

umfassen die präventionsorientierte Analyse von<br />

Schwerpunkten <strong>im</strong> Unfallgeschehen. Diese Dossiers<br />

haben den Anspruch, den aktuellen Wissensstand<br />

wiederzugeben, um evidenzbasierte Entscheidungen<br />

zu ermöglichen.<br />

Die Publikation richtet sich an Personen und Institutionen,<br />

die für die Planung und Finanzierung<br />

von präventions- oder anderen sicherheitsrelevanten<br />

Massnahmen <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> verantwortlich<br />

sind.<br />

Die Fahrgeschwindigkeit der Motorfahrzeuge hat<br />

einen entscheidenden Einfluss auf die Verkehrssicherheit:<br />

Einerseits verkürzen hohe <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

die Zeit, um auf Verkehrssituationen reagieren<br />

zu können, und erhöhen dadurch die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass es zu einem Unfall kommt.<br />

Andererseits beeinflusst die <strong>Geschwindigkeit</strong> die<br />

Schwere eines allfälligen Unfalls. Gerade bei den<br />

sehr verletzlichen Verkehrsteilnehmenden (Fuss-<br />

gänger, Rad- und Motorradfahrende) hängt die<br />

Überlebenswahrscheinlichkeit bei Unfällen sehr<br />

stark von der Kollisionsgeschwindigkeit ab.<br />

1.2 Exkurs: Raser<br />

Ein Thema, das <strong>im</strong> Zusammenhang mit den <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikten<br />

<strong>im</strong>mer wieder auftaucht,<br />

sind die sogenannten Raser. Diese Diskussion widerspiegelt<br />

ein generelles Problem der Prävention,<br />

dass es zwar Hochrisikogruppen gibt (beispielsweise<br />

Raser), diese aber zumeist sehr klein und deshalb<br />

nur für einen eher geringen Teil des Problems<br />

verantwortlich sind. Gruppen hingegen, die nur<br />

leicht auffällig sind (= etwas zu schnell fahren),<br />

sind viel grösser und demzufolge auch viel öfter ein<br />

Teil des Problems (= Unfälle mit überhöhter <strong>Geschwindigkeit</strong>).<br />

Dies bedeutet, dass wirksame Interventionen<br />

sowohl auf Raser als auch auf die breite<br />

Masse ausgerichtet sein müssen.<br />

1.3 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher<br />

Sicht<br />

Insgesamt handelt es sich bei der Fahrgeschwindigkeit<br />

um ein komplexes Thema, das mithilfe<br />

verschiedener Fachdisziplinen zu analysieren und<br />

behandeln ist. Die technische Ausgestaltung des<br />

Systems <strong>Strassenverkehr</strong> und der Fahrzeuge hat<br />

einen <strong>im</strong>mensen Einfluss auf das <strong>Geschwindigkeit</strong>sund<br />

Gefahrenniveau. Die Analyse dieser Einflüsse<br />

ermöglicht die Einflussnahme durch Verkehrstechnik<br />

und Verkehrstelematik. Das Rechtssystem gibt<br />

den gesetzlichen Handlungsrahmen vor und kann<br />

allfällige Verstösse ahnden. Es ist zu prüfen, ob die<br />

12 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


sicherheitsfördernde Wirkung der Vorschriften und<br />

Sanktionsandrohungen gegeben ist und inwiefern<br />

sie opt<strong>im</strong>iert werden kann. Einerseits kann das<br />

Verhalten des Einzelnen beeinflusst werden, andererseits<br />

können sich rechtliche Vorgaben auch an<br />

Systeme respektive an deren Planer richten. Die<br />

Psychologie schliesslich zeigt auf der Grundlage<br />

von verschiedenen Modellen und Theorien auf, wie<br />

das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten der Motorfahrzeuglenkenden<br />

beeinflusst wird und verändert werden<br />

kann. Welche psychologische Theorie am «besten»<br />

ist, kann nicht abschliessend beurteilt werden.<br />

Aber es ist offensichtlich, dass Theorien, die Interventionsmöglichkeiten<br />

aufzeigen, für die Prävention<br />

geeigneter sind als andere, die ein Menschenbild<br />

mit wenig Veränderungspotenzial beinhalten.<br />

1.4 Unfallgeschehen<br />

Zwischen 1992 und 2008 hat gemäss den polizeilich<br />

registrierten Unfällen mit möglichem <strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss<br />

die Anzahl der Leichtverletzten<br />

um 22 %, diejenige der Schwerverletzten<br />

um 47 % und diejenige der Getöteten um 59 %<br />

abgenommen. Aktuell (Durchschnitt 2004–2008)<br />

werden jährlich 1251 Personen bei <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

schwer verletzt und 163 getötet.<br />

Dabei sind über die Hälfte der Opfer Personenwageninsassen<br />

und annähernd 30 % Motorradfahrende.<br />

Mit rund 5 % resp. 6 % sind aber auch der<br />

Fussverkehr und Radfahrende betroffen. <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfälle<br />

sind häufig Schleuder-/Selbstunfälle.<br />

Allein 70 % aller Schwerverletzten und Getöteten<br />

gehen auf ihr Konto. Auffällig viele Opfer sind dabei<br />

auf Ausserortsstrassen zu beklagen (57 %).<br />

Durch den hohen Anteil an Schleuder-/Selbstunfällen<br />

sind es meist die Insassen der Fahrzeuge<br />

selbst, die bei Unfällen mit <strong>Geschwindigkeit</strong>sein-<br />

fluss verletzt oder getötet werden. Bei allen Unfällen<br />

mit Beteiligung von Personenwagen und verursacht<br />

durch nicht angepasste oder überhöhte <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

sind drei Viertel der Opfer die Personenwageninsassen<br />

selbst. Jedes 6. Opfer ist Insasse<br />

eines weiteren beteiligten Personenwagens, jedes<br />

15. ein Fussgänger. Bei den durch <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

verursachten Motorradunfällen zeigt sich ein anderes<br />

Verhältnis. Hier sind 95 % der Opfer die Motorradfahrenden<br />

selbst.<br />

Demographisch gesehen sind Motorfahrzeuglenkende,<br />

die ihre Fahrweise nicht den Verhältnissen<br />

anpassen oder die Höchstgeschwindigkeit übertreten,<br />

eher männlich und zwischen 18–24 Jahre alt.<br />

Mit steigendem Alter n<strong>im</strong>mt nicht nur der Anteil an<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen insgesamt ab, sondern<br />

vor allem auch die Häufigkeit der Unterkategorie<br />

«Übertretung der Höchstgeschwindigkeit».<br />

1.5 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement<br />

Damit die Höchstgeschwindigkeiten seltener überschritten<br />

und die gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

den Verhältnissen – seien es Wetter-, Strassenoder<br />

Verkehrsverhältnisse – angepasst werden,<br />

sind Massnahmen notwendig (Tabelle 1, S. 17).<br />

In der Präventionsstrategie gilt es zwei Ansätze zu<br />

verfolgen: Einerseits sollen in der Spezialprävention<br />

Hochrisikogruppen angesprochen werden (z. B.<br />

Raser), andererseits in der Generalprävention die<br />

breite Masse. In der Spezialprävention geht es<br />

konkret darum, Motorfahrzeuglenkende, die mit<br />

massiv unangemessener <strong>Geschwindigkeit</strong> unterwegs<br />

sind, zu erfassen und zu sanktionieren (Strafen<br />

und Administrativmassnahmen wie beispielsweise<br />

Führerausweisentzüge) sowie vor einem<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 13


Rückfall zu bewahren. Zum spezialpräventiven<br />

Ansatz sind auch edukative oder gar therapeutische<br />

Massnahmen zu zählen, die in Kombination<br />

mit Führerausweisentzug angewandt werden. Dieser<br />

Ansatz hat seine Berechtigung, darf aber in<br />

seiner Wirkung nicht überschätzt werden. Aufgrund<br />

der wissenschaftlichen Erfahrung mit verschiedenen<br />

Massnahmen ist die Generalprävention<br />

mindestens genauso wichtig. Dabei muss das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

breiter Schichten der Bevölkerung<br />

angesprochen werden, die sich keinesfalls<br />

als Raser und allenfalls nicht einmal als<br />

Schnellfahrer sehen. Aber angesichts der grossen<br />

Zahl von 2,5 Mio. <strong>Geschwindigkeit</strong>ssündern pro<br />

Jahr ist offensichtlich, dass es sich nicht nur um ein<br />

Problem einer kleinen Minderheit handelt. Es muss<br />

das Gefühl verstärkt werden, dass das Überschreiten<br />

der Höchstgeschwindigkeit – auch in geringem<br />

Mass – bereits schwerwiegende Konsequenzen<br />

haben kann. Neue wissenschaftliche Arbeiten beschreiben<br />

unter dem Stichwort Power-Model einen<br />

weit folgenreicheren Zusammenhang zwischen<br />

Durchschnittsgeschwindigkeit und Unfallgeschehen<br />

als bisher angenommen. So erhöhen z. B. 5 km/h<br />

zu viel <strong>im</strong> Innerortsbereich das Gefährdungspotenzial<br />

um ein Vielfaches gegenüber 5 km/h zu viel auf<br />

Autobahnen. Solche Überlegungen sind <strong>im</strong><br />

Schweizerischen Sanktionensystem für <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikte<br />

enthalten (auf Autobahnen darf die<br />

signalisierte Höchstgeschwindigkeit mehr überschritten<br />

werden als innerorts, bis ein Vergehen<br />

z. B. als schwerwiegend eingestuft wird). Aufgrund<br />

der neuen Erkenntnisse – und wenn gleiche Risikogefährdung<br />

mit gleicher Sanktion einher gehen soll<br />

– wäre ein Überdenken der bisherigen Grenzziehung<br />

jedoch angebracht. So wird heute auf Autobahnen<br />

ein Überschreiten der <strong>Geschwindigkeit</strong> von<br />

mindestens 35 km/h als schwere Widerhandlung<br />

eingestuft (was bei Ersttätern zwingend zu einem<br />

dre<strong>im</strong>onatigen Führerausweisentzug führt), innerorts<br />

um 25 km/h. Möchte man innerorts dieselbe<br />

Risikogefährdung (bzgl. Getöteten) als schwere<br />

Widerhandlung sanktionieren wie auf Autobahnen,<br />

müsste die Grenze innerorts bereits bei einer Überschreitung<br />

von 15 km/h liegen (was heute lediglich<br />

in den Bereich der Ordnungsbussen fällt).<br />

Zentral für das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten der Motorfahrzeuglenkenden<br />

<strong>im</strong> Sinn der Generalprävention<br />

wird jedoch nicht die Strafe sein, sondern die<br />

subjektive Kontrollerwartung bezüglich der polizeilichen<br />

Überwachung. Hier ist in den vergangenen<br />

Jahren Erhebliches geleistet worden. Mittlerweile<br />

wird in der Schweiz bei über 500 Mio. Fahrzeugen<br />

pro Jahr die <strong>Geschwindigkeit</strong> gemessen; die allermeisten<br />

Kontrollen werden mit stationären, unbemannten<br />

Mess-Systemen (Starenkästen) durchgeführt.<br />

Letztere haben allerdings das Problem, dass<br />

ihr Standort bald bekannt ist und sie dann eine<br />

wesentlich geringere präventive Wirkung haben als<br />

die stationären, bemannten Kontrollen an regelmässig<br />

wechselnden Standorten. Sie sind aber auf<br />

jeden Fall dort sinnvoll, wo die Motorfahrzeuglenkenden<br />

aus Sicherheitsgründen langsamer fahren<br />

sollen (Unfallhäufungsstellen). Von den in der<br />

Schweiz auf <strong>Geschwindigkeit</strong> kontrollierten Fahrzeugen<br />

sind nur 3 % ausserorts unterwegs, obwohl<br />

mehr als die Hälfte der Verkehrstoten auf das<br />

Konto dieser Strassenkategorie geht. Hier besteht<br />

Handlungsbedarf.<br />

Aus generalpräventiver Sicht ist es wichtig, dass es<br />

nebst den stationären, unbemannten Mess-Systemen<br />

ausreichend stationäre, bemannte <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

gibt, die klar als solche erkennbar<br />

sind. Im besten Fall werden die Erhebungsorte<br />

und Kontrollzeiten zufällig ausgewählt, so dass die<br />

Motorfahrzeuglenkenden das Gefühl haben, die<br />

14 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


Verkehrspolizei könne jederzeit und überall kontrollieren.<br />

Die Problematik dieses nachgewiesenermassen<br />

sehr wirkungsvollen Vorgehens ist, dass man<br />

auch manchmal an Orten und zu Zeiten kontrolliert,<br />

wo nur wenig gefahren wird und die <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

kaum überhöht sind. Dies gegenüber der<br />

Öffentlichkeit und den Behörden zu kommunizieren,<br />

ist wichtig («Hier passiert doch nie etwas ...»).<br />

Neben Sanktionen und Polizeikontrollen gibt es<br />

verschiedene andere Massnahmen, die helfen, das<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sproblem und seine Konsequenzen<br />

zu entschärfen. Einen besonders wichtigen Beitrag<br />

dazu kann die Verkehrstechnik leisten. Die Auswertung<br />

der amtlichen Unfallstatistik zeigt, dass das<br />

geschwindigkeitsbedingte Unfallgeschehen insbesondere<br />

auf Strassen ausserorts und innerorts erheblich<br />

ist. Autobahnen spielen trotz höherem <strong>Geschwindigkeit</strong>sniveau<br />

in dieser Hinsicht eine untergeordnete<br />

Rolle. Infrastrukturelle Eingriffe baulicher<br />

und betrieblicher Art zur Beeinflussung der gefahrenen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en bedürfen einer sorgfältigen<br />

Überprüfung hinsichtlich der sicherheitstechnischen<br />

Auswirkungen. Das Beispiel von Radiusreduktionen<br />

in Kurven veranschaulicht das komplexe Zusammenspiel<br />

von <strong>Geschwindigkeit</strong> und Sicherheit. Geringere<br />

Radien erzwingen zwar grundsätzlich geringere<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en, führen aber bei mangelhafter<br />

Projektierung zu mehr Unfällen. Ziel einer adäquaten<br />

Infrastruktur sind pr<strong>im</strong>är eine einfache Hierarchisierung<br />

des Strassennetzes sowie die Realisierung<br />

von selbsterklärenden und fehlertoleranten Strassen.<br />

Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Verkehr<br />

mit angepasster <strong>Geschwindigkeit</strong> zirkuliert.<br />

Innerortsstrassen sind unter Berücksichtigung der<br />

Nutzungsansprüche aller Verkehrsteilnehmenden zu<br />

projektieren, zu bauen und zu betreiben. Das bfu-<br />

Modell Tempo 50/30 ist für das Erreichen dieses<br />

Ziels besonders geeignet. Es sieht vor, alle siedlungsorientierten<br />

Strassen mit Tempo-30-Zonen zu<br />

belegen und alle verkehrsorientierten Strassen innerorts<br />

derart zu gestalten, dass die Sicherheit der<br />

verletzlichsten Verkehrsteilnehmenden besonders<br />

berücksichtigt wird. Ausserortsstrassen sind so zu<br />

projektieren, dass sie zu einem homogenen <strong>Geschwindigkeit</strong>sverlauf<br />

führen. Korrigierende Massnahmen<br />

(Leitpfeile, abweichende Höchstgeschwindigkeiten)<br />

dürfen nicht von vornherein ins Auge<br />

gefasst werden, um Projektierungsmängel auszubessern.<br />

Die Entfernung von festen Objekten am<br />

Strassenrand (z. B. Mauern, Zäune, Pfosten) und –<br />

unter gewissen Bedingungen – Mittelleitschranken<br />

können die Folgen von geschwindigkeitsbedingten<br />

Unfällen reduzieren.<br />

Die konkrete Umsetzung dieser Interventionen in<br />

der Schweiz kann durch Massnahmen auf verschiedenen<br />

Ebenen aktiviert werden. Verkehrsingenieure<br />

und Planer sind bereits während des Studiums<br />

und/oder in systematischen Weiterbildungsgängen<br />

ganz speziell auf die erwähnten Punkte zu sensibilisieren.<br />

Flächendeckende Instrumente zur systematischen<br />

Überprüfung geplanter und bestehender<br />

Infrastruktur (Road Safety Audits, Road Safety Inspections,<br />

Black Spot Management) sind als Obligatorium<br />

schweizweit einzuführen.<br />

Die VSS-Normen stellen <strong>im</strong> Verkehrsingenieurwesen<br />

die Regeln der Baukunde dar. <strong>Der</strong>en Umsetzung in<br />

Projekten kann je nach Randbedingungen kostenintensiv<br />

sein. In der Praxis zeigt sich, dass in solchen<br />

Fällen Abstriche in Kauf genommen werden, was<br />

sich sicherheitstechnisch negativ auswirken kann.<br />

Bevölkerung, Politik und Verwaltung sind deshalb<br />

hinsichtlich der sicherheitstechnischen Bedeutung<br />

von Normen und adäquater Infrastruktur zu sensibilisieren.<br />

Dadurch soll die Umsetzung kostenintensi-<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 15


ver, jedoch sicherheitstechnisch relevanter Projekte<br />

gefördert werden.<br />

Schliesslich ist die Umsetzung des bfu-Modells Tempo<br />

50/30 gezielt zu fördern. Dies kann mittels Anpassung<br />

der entsprechenden Verordnungen oder<br />

aktiver Propagierung bei den zuständigen Behörden<br />

und der Bevölkerung erfolgen.<br />

Nun gilt es, nicht nur Unfälle zu verhindern, sondern<br />

– wenn sie trotzdem passieren – die Verletzungsfolgen<br />

zu min<strong>im</strong>ieren. Bei <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen ist<br />

nach wie vor die Benützung des Sicherheitsgurtes<br />

entscheidend. Hier hat die Schweiz in den letzten<br />

Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Das Rettungspotenzial<br />

ist aber nach wie vor gross. Weitere<br />

Anstrengungen sind nötig.<br />

Fast ebenso wichtig wie der Sicherheitsgurt ist die<br />

elektronische Stabilitätskontrolle, der Schleuderschutz.<br />

Dieser hat sich als sehr wirksam erwiesen<br />

und hilft, Unfälle zu vermeiden oder in ihrer Schwere<br />

zu vermindern, indem er den Motorfahrzeuglenkenden<br />

eine bessere Kontrolle über das Fahrzeug<br />

ermöglicht.<br />

Alkohol ist mit seiner enthemmenden Wirkung ein<br />

Risikofaktor für zu schnelles Fahren. Daher sollte <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit unangepasster <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

auch der Einfluss des Alkohols berücksichtigt werden.<br />

Dazu liegt bereits ein Sort<strong>im</strong>ent an begründeten<br />

und realisierbaren Massnahmen vor, darunter<br />

etwa das Alkoholverbot für Neulenkende.<br />

Junge Neulenkende sind aber nicht nur in alkoholisiertem<br />

Zustand besonders gefährdet und gefährlich.<br />

Mit der Zweiphasenausbildung soll ihr <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

positiv beeinflusst werden.<br />

Die Begleitevaluation dieser Massnahme wird <strong>im</strong><br />

Jahr 2011 aufzeigen, ob die Erwartungen erfüllt<br />

wurden oder ob diese wichtige und aufwändige<br />

Massnahme anzupassen ist.<br />

Eine recht neue und noch nicht breit <strong>im</strong>plementierte<br />

Massnahme ist die Intelligent Speed Adaptation<br />

(ISA). Es geht darum, die Motorfahrzeuglenkenden<br />

auf unterschiedliche Art und Weise über die aktuell<br />

geltenden Höchstgeschwindigkeiten zu informieren.<br />

In der einen oder anderen Form wird sich dieses<br />

System durchsetzen und wohl einen erheblichen<br />

Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten können.<br />

Massenmediale Kampagnen zum Thema Verkehrssicherheit<br />

<strong>im</strong> Allgemeinen und <strong>Geschwindigkeit</strong> <strong>im</strong><br />

Besonderen müssen verschiedene Kriterien erfüllen,<br />

um einen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten zu<br />

können. Insbesondere sollten deren Inhalte auf wissenschaftlichen<br />

Analysen basieren, theoriegeleitet<br />

sein und in der Umsetzung mit anderen Aktivitäten<br />

kombiniert werden. Ein zentraler Punkt der kommunizierten<br />

Inhalte müssen jeweils konkrete Handlungsanweisungen<br />

für die Zielgruppen sein.<br />

Insgesamt muss bezüglich verhaltensändernden<br />

Interventionen für das Fahren mit angepasster <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

(z. B. Kampagnen, Verkehrserziehung,<br />

Nachschulung) festgehalten werden, dass sie einen<br />

umfassenden gesellschaftlichen Ansatz verlangen,<br />

der die demographischen <strong>Faktor</strong>en, die physische<br />

und soziale Umwelt, Persönlichkeits- und Entwicklungsfaktoren,<br />

die Fahrkompetenz u. a. m. berücksichtigen.<br />

Eind<strong>im</strong>ensionale Ansätze, die z. B. die<br />

Motorfahrzeuglenkenden lediglich über Wissensvermittlung<br />

zu einer adäquaten <strong>Geschwindigkeit</strong>swahl<br />

zu motivieren versuchen, werden kaum zum<br />

Ziel führen.<br />

16 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


Die Fülle des verfügbaren, in diesem Bericht verwerteten<br />

Wissens darf nicht darüber hinwegtäuschen,<br />

dass einige wichtige Fragen unbeantwortet sind. So<br />

ist beispielsweise der Einfluss des Leistungsgewichts<br />

des Fahrzeugs auf das Fahrverhalten der Motorfahrzeuglenkenden<br />

noch nicht geklärt. Auch der Einfluss<br />

der Passagiere – insbesondere auf das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

bei jungen Lenkenden – ist für die<br />

Schweiz noch nicht untersucht worden. <strong>Der</strong> Bedarf<br />

für weitere Forschungsprojekte ist gegeben.<br />

Tabelle 1<br />

Überblick über alle Massnahmen zur Förderung der Sicherheit <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> hinsichtlich <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

Massnahme<br />

Polizeikontrollen<br />

Empfehlung<br />

Stationäre, bemannte und klar erkennbare <strong>Geschwindigkeit</strong>s-Mess-Systeme Sehr empfehlenswert<br />

Stationäre und unbemannte <strong>Geschwindigkeit</strong>s-Mess-Systeme Sehr empfehlenswert<br />

Zufällige Auswahl der stationären und bemannten <strong>Geschwindigkeit</strong>s-Mess-Stellen nach Ort und Zeit Sehr empfehlenswert<br />

Angekündigte Polizeikontrollen mit begleitender Kampagne Sehr empfehlenswert<br />

Generell intensivierte Polizeikontrollen Sehr empfehlenswert<br />

Einführung von <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen über einen längeren Streckenabschnitt Empfehlenswert (Wirksamkeit sollte erst<br />

noch durch laufende Probephase aufgezeigt<br />

werden)<br />

Nicht zufällige Auswahl der stationären und bemannten <strong>Geschwindigkeit</strong>s-Mess-Stellen (beispielsweise Orte<br />

mit erhöhtem Unfallgeschehen oder mit häufiger Missachtung der Verkehrsvorschriften usw.)<br />

Empfehlenswert<br />

Vermehrte stationäre <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen auf Ausserortsstrassen (bemannt und unbemannt) Empfehlenswert<br />

Mobile <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen mit Zivilfahrzeugen Bedingt empfehlenswert (praktisch keine<br />

generalpräventive Wirkung)<br />

Neulenkende<br />

Prüfung, ob die Zweiphasen-Fahrausbildung <strong>im</strong> Hinblick auf die Wirksamkeit noch verbessert werden muss<br />

(nach Abschluss der Evaluation <strong>im</strong> Jahr 2011)<br />

Präventionsstrategie<br />

Sehr empfehlenswert<br />

Konzentration der Aktivitäten auf alle <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelinquenten (nicht nur Raser) Sehr empfehlenswert<br />

Massnahmen für die Zielgruppe der besonders schnellen Fahrer (Raser) Empfehlenswert<br />

Fahrzeugtechnik<br />

Einführung von ISA (Intelligent Speed Adaptation) nur mit Anzeige der geltenden Höchstgeschwindigkeit Sehr empfehlenswert<br />

ISA mit Warnung bei Überschreitung der geltenden Höchstgeschwindigkeit Sehr empfehlenswert oder empfehlenswert<br />

(je nach Ausgestaltung)<br />

Bekanntheit und Anwendung elektronischer Stabilitätskontrolle mit Information und Kampagnen deutlich<br />

fördern<br />

Fortführung der bisherigen Aktivitäten zur Steigerung der Gurtentragquoten auf allen Strassenarten und<br />

Sitzplätzen<br />

Obligatorium für Systeme, die den Lenker mit Ton und Warnlicht daran erinnern, wenn jemand <strong>im</strong> Auto nicht<br />

angegurtet ist (auch auf den Rücksitzen)<br />

Sehr empfehlenswert<br />

Sehr empfehlenswert<br />

ISA, die ausgeschaltet werden kann empfehlenswert<br />

Sehr empfehlenswert, aber abhängig von<br />

der Entwicklung in der EU<br />

ISA, die eingeschaltet werden muss Bedingt empfehlenswert (fraglich, wie oft<br />

und von wem ISA eingeschaltet würde)<br />

Strafen und Administrativmassnahmen<br />

Vermehrter Einsatz der Administrativmassnahme Führerausweisentzug (auch in Kombination mit verhaltensorientierten<br />

Nachschulungskursen) in Ergänzung zu den Strafen<br />

Sehr empfehlenswert<br />

Evaluation des Kaskadensystems und evtl. Verbesserungsvorschläge Sehr empfehlenswert<br />

Überprüfen der Höhe der <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen innerorts und ausserorts, die zur Festlegung der<br />

Sanktionen (Strafen und Administrativmassnahmen) bei <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikten führen (unter Berücksichtigung<br />

der neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse, dem Power-Model)<br />

Empfehlenswert<br />

Beschleunigung der Sanktionierung (Strafe und Administrativmassnahme) Empfehlenswert<br />

«Incentive letters» (<strong>im</strong> Sinne eines Mahnbriefs) für <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelinquenten (<strong>im</strong> Rahmen des bestehenden<br />

Systems)<br />

Empfehlenswert (aber auf der Grundlage<br />

der Artikel 16 a, b und c SVG nicht<br />

einfach umsetzbar)<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 17


Fortsetzung Tabelle 1<br />

Überblick über alle Massnahmen zur Förderung der Sicherheit <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> hinsichtlich <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

Massnahme<br />

Verkehrssicherheitskampagnen<br />

Empfehlung<br />

Verkehrssicherheitskampagnen auf theoretischer Grundlage und unter Berücksichtigung des aktuellen wissen- Empfehlenswert (idealerweise kombiniert<br />

schaftlichen Kenntnisstandes zur Opt<strong>im</strong>ierung der Wirksamkeit<br />

mit anderen Massnahmen)<br />

Spezifische Verkehrssicherheitskampagnen zur Bekanntmachung von polizeilichen Kontrollen nach dem<br />

Zufallsprinzip (bzgl. Örtlichkeit und Zeit), so dass den Lenkenden bewusst wird, dass Kontrollen überall und<br />

jederzeit stattfinden<br />

Verhaltensänderung<br />

Anwendung integrativer Konzepte, die psychologische, geschlechtsspezifische und soziale <strong>Faktor</strong>en be<strong>im</strong><br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten berücksichtigen<br />

Erhöhung der subjektiven Risikowahrnehmung durch infrastrukturelle Massnahmen (Beispiel: Strassenbreiten<br />

mit Markierungen optisch einengen)<br />

Fahren unter Alkoholeinfluss<br />

Dem Thema Alkohol sollte weiterhin grosse Aufmerksamkeit <strong>im</strong> Sinne des Sicherheitsdossiers «Beeinträchtigte<br />

Fahrfähigkeit von Motorfahrzeuglenkenden» gewidmet werden<br />

Infrastruktur: Ausbildung der Ingenieure und Planer<br />

Empfehlenswert<br />

Sehr empfehlenswert<br />

Empfehlenswert<br />

Sehr empfehlenswert<br />

Erstausbildung: Sensibilisierung bzgl. Verkehrssicherheit sowie Vermittlung fachspezifischen Grundwissens Sehr empfehlenswert<br />

Weiter-/Fortbildung: Organisation und Koordination von fachspezifischen Tagungen sowie<br />

Weiterbildungsobligatorium<br />

Sowohl in der Erstausbildung als auch in der Weiter-/Fortbildung ist die Behandlung folgender Themen in<br />

Bezug auf die Projektierung von Verkehrsanlagen zu intensivieren:<br />

- Entwurf von verkehrsorientierten Innerortsstrassen<br />

- Projektierung von Ausserortsstrassen<br />

- Grundsätze zur Signalisation von Höchstgeschwindigkeiten<br />

Infrastruktur: Instrumente zur Sicherheitsüberprüfung<br />

Sehr empfehlenswert<br />

Sehr empfehlenswert<br />

Road Safety Audits als standardmässigen Projektteil einführen Sehr empfehlenswert<br />

Road Safety Inspections durchführen, mit Fokussierung auf Fehlertoleranz und Begreifbarkeit von Verkehrsanlagen<br />

Sehr empfehlenswert<br />

Black Spot Management Empfehlenswert<br />

Infrastruktur: Normen<br />

Neudefinition des Begriffs der Ausbaugeschwindigkeit in den VSS-Normen Bedingt empfehlenswert (nicht dringend)<br />

Infrastruktur: Rechtliche Möglichkeiten<br />

Einforderung und Umsetzung adäquater Infrastruktur Sehr empfehlenswert<br />

Änderung von Artikel 4a der VRV sowie von Artikel 22 der SSV oder Loslösung der Regelungen zu Tempo-<br />

30-Zonen von Artikel 108.2 der SSV<br />

Sehr empfehlenswert<br />

Haftung von Betreibern defizitärer Infrastruktur bei Unfällen Heute bedingt empfehlenswert<br />

(Hürden und finanzielle Risiken zu hoch),<br />

je nach Entwicklung auf Bundesebene<br />

unter Umständen in Zukunft relevant<br />

Aufwertung gewisser VSS-Normen hinsichtlich rechtlicher Bedeutung, indem sie zu Weisungen des UVEK<br />

erklärt werden<br />

Forschung<br />

Bedingt empfehlenswert (geringe Akzeptanz<br />

erwartet)<br />

Wissenschaftliche Studie zum Einfluss der Passagiere auf das Unfallgeschehen von jungen Lenkenden Sehr empfehlenswert<br />

Machbarkeitsstudie zur genauen Quantifizierung des geschwindigkeitsbedingten Unfallgeschehens, das auf<br />

defizitäre Infrastruktur zurückzuführen ist<br />

Empfehlenswert<br />

Verfahren zur Früherkennung sicherheitstechnischer Mängel in der horizontalen Linienführung Empfehlenswert<br />

Forschungsprojekt zur Wirkung des Leistungsgewichts auf das Fahrverhalten bzw. Unfallgeschehen Empfehlenswert<br />

Prüfung des Konzepts des Sensation Seeking auf seine Tauglichkeit für die Prüfung der charakterlichen<br />

Eignung<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Förderung der Akzeptanz des bfu-Modells Tempo 50/30 bei den zuständigen Behörden und in der Bevölkerung<br />

Bedingt empfehlenswert (rein spezialpräventive<br />

Massnahme für sehr wenige<br />

hochgradig auffällige Lenkende)<br />

Sehr empfehlenswert<br />

Sensibilisierung von Verwaltung und Politik für die Bedeutung der Infrastruktur für die Verkehrssicherheit Empfehlenswert<br />

18 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


2. Version abrégée<br />

2.1 Introduction<br />

Le Fonds de sécurité routière (FSR) poursuit une<br />

politique de subventionnement centrée sur les<br />

accidents prioritaires et des mesures efficaces.<br />

Pour cela, il faut savoir gérer les connaissances. La<br />

commission administrative du FSR a chargé le bpa<br />

– Bureau de prévention des accidents d'un mandat<br />

de prestation à long terme pour que ce dernier<br />

élabore les bases nécessaires. Les dossiers de sécurité<br />

comblent un <strong>im</strong>portant mandat partiel. Ils<br />

comprennent l'analyse axée sur la prévention des<br />

accidents prioritaires. Ces dossiers ont pour ambition<br />

de communiquer l'état actuel des connaissances<br />

afin de permettre des prises de décisions basées<br />

sur des données probantes.<br />

La publication s'adresse à des personnes et à des<br />

institutions responsables de projets et du financement<br />

de mesures préventives ou d'autres mesures<br />

<strong>im</strong>portantes pour la sécurité dans la circulation<br />

routière.<br />

La vitesse des véhicules à moteur a une <strong>im</strong>portance<br />

décisive sur la sécurité routière: d'une part, des<br />

vitesses élevées d<strong>im</strong>inuent le temps disponible pour<br />

pouvoir réagir aux conditions du trafic et augmentent<br />

de ce fait la probabilité d'un accident. D'autre<br />

part, la vitesse influence la gravité d'un éventuel<br />

accident. Et, pour les usagers de la route les plus<br />

faibles (piétons, cyclistes et motocyclistes), la probabilité<br />

de survie en cas d'accident dépend fortement<br />

de la vitesse de collision.<br />

2.2 Digression: les chauffards<br />

Dans le contexte des délits liés à la vitesse, un thème<br />

revient sans cesse: les chauffards. Cette discussion<br />

reflète un problème général en matière de<br />

prévention. Il existe bien des groupes à très haut<br />

risque (les chauffards, par ex.) mais, le plus souvent,<br />

ils sont très petits et, de ce fait, seulement<br />

responsables d'une petite partie du problème. Par<br />

contre, ceux qui roulent un peu trop vite sont<br />

beaucoup plus nombreux et, de ce fait, sont bien<br />

plus souvent partie du problème (= accidents avec<br />

excès de vitesse). Ce qui veut dire que les interventions<br />

efficaces doivent s'adresser aussi bien aux<br />

chauffards qu'au grand public.<br />

2.3 La vitesse de différents points de<br />

vue<br />

La vitesse est un thème complexe qui doit être<br />

analysé et traité à la lumière de différentes disciplines.<br />

La conception technique du système circulation<br />

routière et des véhicules a une influence <strong>im</strong>mense<br />

sur la vitesse et le niveau de danger. L'analyse<br />

de ces influences permet d'intervenir par le<br />

biais de l'ingéniérie du trafic et la télématique routière.<br />

Le système juridique donne le cadre d'action<br />

légale et peut répr<strong>im</strong>er les éventuelles infractions. Il<br />

faut examiner si l'effet de promotion de la sécurité<br />

des prescriptions et des menaces de sanctions existe<br />

et dans quelle mesure il peut être opt<strong>im</strong>isé.<br />

D'une part, le comportement individuel peut être<br />

influencé, d'autre part, des directives juridiques<br />

peuvent aussi s'adresser aux systèmes ou à ceux<br />

qui les conçoivent. Enfin, sur la base de différents<br />

modèles et théories, la psychologie montre comment<br />

le comportement des conducteurs de véhicules<br />

à moteur en matière de vitesse est influencé et<br />

comment il peut être modifié. A ce stade, il n'est<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 19


pas possible de dire quelle théorie psychologique<br />

est la «meilleure». Mais il est évident que les théories<br />

qui présentent des possibilités d'intervention<br />

sont plus appropriées que d'autres qui renferment<br />

une conception de l'homme ayant peu de potentiel<br />

de changement.<br />

2.4 Accidentalité<br />

D'après les accidents avec influence probable de la<br />

vitesse enregistrés par la police, le nombre de blessés<br />

légers a d<strong>im</strong>inué de 22%, celui des blessés<br />

graves de 47% et celui des tués de 59% entre<br />

1992 et 2008. Actuellement (moyenne 2004–<br />

2008) 1251 personnes sont, chaque année, grièvement<br />

blessées et 163 tuées dans des accidents<br />

avec influence probable de la vitesse.<br />

Plus de la moitié des vict<strong>im</strong>es sont des occupants<br />

de voitures de tourisme et presque 30% sont des<br />

motocyclistes. Mais avec respectivement 5% et<br />

6%, les piétons et les cyclistes sont également<br />

affectés. Les accidents liés à la vitesse sont souvent<br />

des pertes de maîtrise. C'est le cas pour 70% des<br />

blessés graves et des tués. De nombreuses vict<strong>im</strong>es<br />

sont à déplorer sur les routes hors localité (57%).<br />

Vu la part <strong>im</strong>portante des pertes de maîtrise, le<br />

plus souvent, ce sont les occupants mêmes du<br />

véhicule qui sont blessés ou tués lors d'accidents<br />

avec influence probable de la vitesse. Pour tous les<br />

accidents <strong>im</strong>pliquant des voitures de tourisme et<br />

causés par une vitesse inadaptée ou excessive, trois<br />

quarts des vict<strong>im</strong>es sont les occupants mêmes de<br />

ces voitures. Une vict<strong>im</strong>e sur six est occupante<br />

d'une voiture antagoniste, une sur quinze est un<br />

piéton. Il en est autrement des accidents de motocyclistes<br />

dus à la vitesse où 95% des vict<strong>im</strong>es sont<br />

les motocyclistes eux-mêmes.<br />

Du point de vue démographique, les conducteurs<br />

de véhicules à moteur qui n'adaptent pas leur manière<br />

de conduire aux conditions ou qui dépassent<br />

la vitesse max<strong>im</strong>ale autorisée sont plutôt de sexe<br />

masculin et âgés de 18 à 24 ans. Non seulement la<br />

part des accidents dus à la vitesse d<strong>im</strong>inue avec<br />

l'âge, mais aussi et surtout la fréquence de la souscatégorie<br />

«dépassement de la vitesse max<strong>im</strong>ale».<br />

2.5 Mesures de gestion de la vitesse<br />

Des mesures sont nécessaires pour que les vitesses<br />

max<strong>im</strong>ales soient moins souvent dépassées et que<br />

les vitesses effectives soient adaptées aux conditions<br />

de la route, du trafic ou météorologiques<br />

(tableau 1, p. 24).<br />

La stratégie préventive doit poursuivre deux approches:<br />

d'une part, une prévention particulière ciblée<br />

sur les groupes à haut risque (les chauffards, par<br />

ex.) et une prévention générale qui s'adresse au<br />

grand public. Dans la prévention particulière, il<br />

s'agit concrètement d'appréhender et de sanctionner<br />

(sanctions et mesures administratives comme le<br />

retrait du permis de conduire, par ex.) les conducteurs<br />

de véhicules à moteur qui roulent à une vitesse<br />

totalement inadaptée et d'empêcher qu'ils ne<br />

récidivent. L'approche de la prévention particulière<br />

comprend aussi des mesures éducatives voire thérapeutiques<br />

appliquées en combinaison avec le<br />

retrait du permis de conduire. Cette approche se<br />

justifie, mais son efficacité ne doit pas être surévaluée.<br />

Vu les expériences scientifiques faites avec<br />

différentes mesures, la prévention générale est au<br />

moins aussi <strong>im</strong>portante. Il faut aborder le comportement<br />

en matière de vitesse de larges couches de<br />

la population qui ne se considèrent nullement<br />

comme des chauffards et même pas comme roulant<br />

trop vite. Mais vu que quelque 2,5 millions de<br />

20 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


conducteurs se rendent coupables de dépassements<br />

de vitesse, il est clair qu'il ne s'agit pas d'un<br />

problème qui ne touche qu'une petite minorité. Il<br />

faut renforcer le sent<strong>im</strong>ent que dépasser la l<strong>im</strong>ite<br />

de vitesse max<strong>im</strong>ale – même de très peu – peut<br />

déjà avoir des conséquences graves. De nouveaux<br />

travaux scientifiques décrivent sous le terme de<br />

modèle «Power» une relation beaucoup plus lourde<br />

de conséquences qu'admise jusqu'ici entre vitesse<br />

moyenne et acccidentalité. Ainsi, par exemple,<br />

5 km/h de trop en localité augmente considérablement<br />

le danger potentiel par rapport à 5 km/h<br />

de trop sur autoroute. Ce genre de considération<br />

est inclus dans le système pénal suisse relatif aux<br />

délits liés à la vitesse (sur autoroute, pour qu'un<br />

délit soit classé comme grave, par ex., la vitesse<br />

max<strong>im</strong>ale signalée peut être davantage dépassée<br />

qu'en localité). En raison de ces nouvelles connaissances<br />

– et si une même prise de risque doit aller<br />

de pair avec une sanction identique – il faudrait<br />

reconsidérer les seuils actuels. De nos jours, sur<br />

autoroute, un dépassement de vitesse de 35 km/h<br />

au moins est considéré comme une infraction grave<br />

(ce qui, pour un pr<strong>im</strong>odélinquant, signifie obligatoirement<br />

un retrait de permis de 3 mois au<br />

min<strong>im</strong>um); en localité, pour la même infraction, le<br />

seuil est de 25 km/h. Si l'on voulait sanctionner la<br />

même mise en danger (relative aux tués) comme<br />

infraction grave en localité comme sur autoroute,<br />

en localité, la l<strong>im</strong>ite serait déjà atteinte avec un<br />

dépassement de 15 km/h (ce qui, actuellement,<br />

relève du domaine des amendes d'ordre).<br />

En ce qui concerne le comportement des conducteurs<br />

de véhicules à moteur en matière de vitesse,<br />

l'essentiel – dans le sens de la prévention générale<br />

– n'est pas la sanction mais la probabilité subjective<br />

d'être contrôlé par la police. Et, dans ce domaine,<br />

beaucoup a été fait au cours des dernières années.<br />

La vitesse de plus de 500 millions de véhicules est<br />

mesurée chaque année en Suisse. La plupart des<br />

contrôles sont effectués avec des systèmes de mesure<br />

fixes automatisés (radars) et ne sont pas annoncés.<br />

Mais l'emplacement de ces derniers est<br />

vite connu, et à partir de ce moment, leur effet<br />

préventif est nettement plus faible que les contrôles<br />

fixes manuels et dont l'emplacement change<br />

régulièrement. Ils sont toutefois très utiles aux<br />

endroits où il faudrait que, pour des raisons de<br />

sécurité, les conducteurs roulent plus lentement<br />

(points noirs). De tous les véhicules dont la vitesse a<br />

été contrôlée en Suisse, seuls 3% roulaient hors<br />

localité, alors que plus de la moitié des tués est à<br />

mettre sur le compte de ce type de route. Il y a<br />

donc nécessité d'agir.<br />

Du point de vue de la prévention générale, il est<br />

<strong>im</strong>portant qu'en plus des systèmes de mesure fixes<br />

et automatisés, il y ait suffisamment de contrôles<br />

de vitesse fixes manuels clairement identifiables<br />

comme tels. Dans le meilleur des cas, le type de<br />

relevé et les heures de contrôle sont choisis au<br />

hasard afin que les conducteurs de véhicules à<br />

moteur aient l'<strong>im</strong>pression que la police de la circulation<br />

peut les contrôler à tout moment et partout.<br />

La problématique de cette méthode dont la très<br />

grande efficacité a été prouvée est que des contrôles<br />

ont parfois lieu aussi à des endroits et à des<br />

heures où le trafic est faible et où les excès de vitesse<br />

sont très peu nombreux. Il est <strong>im</strong>portant de<br />

communiquer cela au public et aux autorités («Ici, il<br />

ne se passe jamais rien ...»).<br />

Outre les sanctions et les contrôles de police, différentes<br />

autres mesures peuvent aider à atténuer le<br />

problème de la vitesse et ses conséquences. La<br />

technique de la circulation peut y contribuer de<br />

manière <strong>im</strong>portante. L'analyse de la statistique<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 21


officielle des accidents montre que l'accidentalité<br />

due à la vitesse est particulièrement <strong>im</strong>portante sur<br />

les routes hors et en localité. Sur ce point, et malgré<br />

un niveau de vitesse plus élevé, les autoroutes ne<br />

jouent qu'un rôle mineur. Les interventions infrastructurelles<br />

d'aménagement et d'exploitation destinées<br />

à influencer les vitesses effectives nécessitent<br />

un contrôle minutieux quant aux effets techniques<br />

de sécurité. L'exemple des réductions de rayons<br />

dans les virages illustre l'interaction complexe entre<br />

la vitesse et la sécurité. Bien qu'avec des rayons plus<br />

petits, on obtient, en principe, des vitesses plus faibles,<br />

des projets mal ficelés augmentent le nombre<br />

d'accidents. Les buts principaux d'une infrastructure<br />

adéquate sont une hiérarchisation s<strong>im</strong>ple du réseau<br />

routier ainsi que la réalisation de routes lisibles qui<br />

tolèrent les erreurs. De cette manière, il est possible<br />

de garantir que le trafic se déroule à une vitesse<br />

adaptée.<br />

Les routes en localité doivent être prévues, construites<br />

et exploitées en tenant compte des exigences<br />

de tous les usagers de la route. Pour atteindre<br />

ce but, le modèle 50/30 km/h du bpa est particulièrement<br />

approprié. Il prévoit d'intégrer toutes les<br />

routes d'intérêt local dans des zones 30 et d'aménager<br />

les routes à orientation trafic à l'intérieur des<br />

localités de manière à tenir particulièrement compte<br />

de la sécurité des usagers de la route les plus<br />

faibles. Les routes hors localité doivent être<br />

conçues de manière à ce que les vitesses soient<br />

homogènes. Il ne faut pas, dès le départ, envisager<br />

des mesures correctrices (flèches de guidage, vitesses<br />

max<strong>im</strong>ales différentes) pour corriger les défauts<br />

du projet. Enlever les objets fixes qui se trouvent au<br />

bord de la chaussée (murs, clôtures, poteaux, par<br />

ex.) et – sous certaines conditions – les glissières de<br />

sécurité centrales peut réduire les conséquences<br />

d'accidents dus à la vitesse.<br />

La mise en oeuvre concrète de ces interventions en<br />

Suisse peut être activée par des mesures à différents<br />

niveaux. Les ingénieurs du trafic et les concepteurs<br />

doivent être particulièrement sensibilisés aux points<br />

susmentionnés déjà pendant leurs études et/ou leurs<br />

cours de formation continue. Des instruments généralisés<br />

d'évaluation systématique d'infrastructures<br />

prévues et existantes (safety audits routiers, inspections<br />

de sécurité routière, gestion des points noirs)<br />

doivent obligatoirement être introduits dans toute la<br />

Suisse.<br />

Pour les ingénieurs du trafic, les normes VSS représentent<br />

les règles de l'art de construire. Leur concrétisation<br />

peut, selon les contraintes, être coûteuse. La<br />

pratique montre que, dans de tels cas, des concessions<br />

pouvant se répercuter négativement sur la<br />

sécurité sont envisagées. Il faut donc sensibiliser la<br />

population, les politiciens et l'administration à<br />

l'<strong>im</strong>portance des normes pour la sécurité ainsi qu'à<br />

l'<strong>im</strong>portance d'infrastructures adéquates. Il sera ainsi<br />

possible de promouvoir la réalisation de projets plus<br />

onéreux mais aussi plus sûrs.<br />

Enfin, il s'agit de promouvoir de manière ciblée le<br />

modèle 50/30 km/h du bpa au moyen d'une adaptation<br />

des ordonnances correspondantes ou par sa<br />

mise en valeur active auprès des autorités compétentes<br />

et de la population.<br />

Il s'agit non seulement de prévenir les accidents mais<br />

– lorsqu'ils ont quand même lieu – d'atténuer les<br />

conséquences des blessures. En ce qui concerne les<br />

accidents dus à la vitesse, le port de la ceinture de<br />

sécurité reste décisif. Dans ce domaine, la Suisse a<br />

fait des progrès notables ces dernières années. Mais<br />

le potentiel de réduction du nombre de vict<strong>im</strong>es<br />

reste <strong>im</strong>portant, et des efforts supplémentaires sont<br />

nécessaires.<br />

22 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


Le contrôle électronique de la stabilité, l'antipatinage<br />

est presqu'aussi <strong>im</strong>portant que la ceinture de<br />

sécurité. Il s'est avéré très efficace et aide à éviter les<br />

accidents ou d'en amoindrir la gravité en permettant<br />

au conducteur de mieux maîtriser son véhicule.<br />

Vu son effet désinhibant, l'alcool représente un<br />

facteur de risque d'une conduite trop rapide. Il faudrait<br />

donc aussi tenir compte de l'influence de l'alcool<br />

en relation avec une vitesse inadaptée. Tout un<br />

assort<strong>im</strong>ent de mesures fondées et réalisables existe<br />

déjà dont, par exemple, l'interdiction faite aux nouveaux<br />

conducteurs de consommer de l'alcool avant<br />

de prendre le volant.<br />

Mais les nouveaux jeunes conducteurs ne sont pas<br />

seulement particulièrement dangereux pour euxmêmes<br />

et pour les autres quand ils ont bu. La formation<br />

à la conduite en deux phases doit permettre<br />

d'influencer positivement leur comportement en<br />

matière de vitesse. En 2011, l'évaluation de cette<br />

mesure montrera si les attentes ont été satisfaites ou<br />

s'il faut adapter cette mesure <strong>im</strong>portante.<br />

Une mesure nouvelle et encore peu <strong>im</strong>plantée est<br />

l'Intelligent Speed Adaptation (ISA). Il s'agit d'informer,<br />

de différentes manières, les conducteurs de<br />

véhicules à moteur des vitesses max<strong>im</strong>ales en vigueur.<br />

Ce système va s'<strong>im</strong>poser d'une manière ou<br />

d'une autre et il contribuera certainement à augmenter<br />

la sécurité routière.<br />

Les campagnes médiatiques sur le thème de la<br />

sécurité routière en général et sur la vitesse en particulier<br />

doivent remplir plusieurs critères pour pouvoir<br />

contribuer à la sécurité routière. Leurs contenus<br />

devraient se baser sur des analyses scientifiques, une<br />

théorie et être réalisés en combinaison avec d'autres<br />

activités. Des instructions d'action concrètes pour les<br />

groupes cible doivent toujours être au centre des<br />

contenus communiqués.<br />

En ce qui concerne les interventions visant à changer<br />

le comportement pour une conduite à une vitesse<br />

conforme (par ex.: campagnes, éducation routière,<br />

perfectionnement), retenons qu'elles exigent une<br />

approche sociétale globale qui tienne compte, entre<br />

autres, des facteurs démographiques, de l'environnement<br />

physique et social, de facteurs personnels et<br />

de développement et des capacités nécessaires à la<br />

conduite. Les approches unid<strong>im</strong>ensionnelles qui,<br />

par ex., essaient de motiver les conducteurs de véhicules<br />

à moteur à adopter une vitesse adéquate par<br />

la transmission de connaisssances uniquement n'atteindront<br />

probablement pas leur but.<br />

Les nombreuses connaissances disponibles et utilisées<br />

dans ce rapport ne doivent pas masquer le fait<br />

que quelques questions <strong>im</strong>portantes restent encore<br />

sans réponse. Ainsi, par ex., l'influence de la puissance<br />

massique du véhicule sur le comportement<br />

des conducteurs de véhicules à moteur n'est pas<br />

encore clarifiée. L'influence des passagers – particulièrement<br />

sur le comportement relatif à la vitesse des<br />

jeunes conducteurs – n'a pas encore été étudiée<br />

pour la Suisse. Des recherches supplémentaires sont<br />

donc nécessaires.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 23


Tableau 1<br />

Vue d'ensemble de toutes les mesures de promotion de la sécurité dans la circulation routière relatives à la vitesse<br />

Mesure<br />

Contrôles de police<br />

Recommandation<br />

Systèmes de mesure de la vitesse fixes, manuels et bien reconnaissables Très recommandé<br />

Systèmes de mesure fixes et automatisés Très recommandé<br />

Choix aléatoire des lieux de mesure fixes et manuels selon l'endroit et le moment Très recommandé<br />

Contrôles de police annoncés flanqués d'une campagne Très recommandé<br />

Contrôles de police accrus Très recommandé<br />

Introduction de contrôles de vitesse sur un long tronçon Recommandé (l'efficacité devrait encore<br />

être démontrée au moyen de phases d'essai<br />

en cours)<br />

Choix non aléatoire des endroits de mesure de la vitesse fixes et manuels (par ex., points noirs, violations<br />

des règles de la circulation routière plus fréquentes)<br />

Recommandé<br />

Plus de contrôles de la vitesse fixes sur les routes hors localité (manuels et automatisés) Recommandé<br />

Contrôles de la vitesse mobiles avec des véhicules banalisés Recommandé sous condition (pratiquement<br />

pas d'effet préventif général)<br />

Nouveaux conducteurs<br />

Examiner si la formation à la conduite en deux phases doit encore être améliorée du point de vue de son<br />

efficacité (après la fin de l'évaluation en 2011)<br />

Stratégie préventive<br />

Très recommandé<br />

Concentrer les activités sur tous les délinquants de la vitesse (pas seulement sur les chauffards) Très recommandé<br />

Mesures destinées au groupe cible de ceux qui roulent particulièrement vite (chauffards) Recommandé<br />

Technique du véhicule<br />

Introduction d'ISA (Intelligent Speed Adaptation) seulement avec affichage de la vitesse max<strong>im</strong>ale autorisée Très recommandé<br />

ISA avec avertissement lorsque la vitesse max<strong>im</strong>ale autorisée est dépassée Très recommandé ou recommandé (dépend<br />

de la conception)<br />

Faire connaître et clairement encourager le contrôle électronique de la stabilité (information et campagnes) Très recommandé<br />

Poursuivre les activités pour augmenter le taux de port de la ceinture de sécurité sur tous les types de<br />

routes et sur tous les sièges<br />

Rendre obligatoire les sytèmes sonores et lumineux qui avertissent le conducteur si quelqu'un n'a pas<br />

bouclé sa ceinture (aussi sur les sièges arrière)<br />

Très recommandé<br />

ISA que l'on peut arrêter Recommandé<br />

Très recommandé, mais dépend de l'évolution<br />

dans l'UE<br />

ISA qu'il faut allumer Recommandé sous condition (qui et à<br />

quelle fréquence allumerait ISA?)<br />

Sanctions et mesures administratives<br />

Plus de retraits de permis comme mesure administrative (aussi en combinaison avec des cours visant à<br />

changer le comportement), en complément aux sanctions<br />

Très recommandé<br />

Evaluation du système en cascade et, évent., propositions d'amélioration Très recommandé<br />

Examiner quels excès de vitesses, en et hors localité, déterminent quelles sanctions (sanctions et mesures<br />

administratives) (en tenant compte des dernières connaissances scientifiques, modèle «Power»)<br />

Recommandé<br />

Accélerer le sanctionnement ( sanctions et mesures administratives) Recommandé<br />

Lettre d'avertissement aux délinquants de la vitesse («Incentive letter») (dans le cadre du système actuel) Recommandé (mais difficile à réaliser vu<br />

l'article 16 a, b et c LCR)<br />

24 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


74<br />

Tableau 1 (suite)<br />

Vue d'ensemble de toutes les mesures de promotion de la sécurité dans la circulation routière relatives à la vitesse<br />

Mesure Recommandation<br />

Campagnes de sécurité routière<br />

Campagnes de sécurité routière théoriquement fondées et tenant compte de l'état actuel des connaissances Recommandé (dans l'idéal, combiné à<br />

scientifiques d'opt<strong>im</strong>isation de l'efficacité<br />

d'autres mesures)<br />

Campagnes de sécurité routière spécifiques et aléatoires (en ce qui concerne le lieu et le moment) pour Recommandé<br />

annoncer les contrôles de police, afin que les conducteurs se rendent compte que les contrôles ont lieu<br />

partout et à tout moment<br />

Changer le comportement<br />

Appliquer des concepts intégrants qui, en ce qui concerne le comportement en matière de vitesse, tiennent Très recommandé<br />

compte des facteurs psychologiques, sociaux, liés aux spécificités de chaque sexe<br />

Augmenter la perception subjective du risque par des mesures infrastructurelles (exemple: réduire optique- Recommandé<br />

ment la largeur de la chaussée par un marquage)<br />

Conduite sous l'influence de l'alcool<br />

Le thème de l'alcool au volant doit continuer à faire l'objet de la plus grande attention (cf dossier de sécurité Très recommandé<br />

«Capacité de conduire réduite»<br />

Infrastructure: formation des ingénieurs et des concepteurs<br />

Formation: sensibilisation à la sécurité routière et transmission de connaissances de base spécialisées Très recommandé<br />

Perfectionnement: organisation/coordination de congrès spécialisés et formation continue obligatoire Très recommandé<br />

Pendant la formation tout comme lors de cours de perfectionnement, il faut intensifier le traitement des Très recommandé<br />

thèmes suivants relatifs à la conception d'infrastructures routières:<br />

- projet de routes à orientation trafic en localité<br />

- conception de routes hors localité<br />

- principes de signalisation des vitesses max<strong>im</strong>ales<br />

Infrastructure: instruments de contrôle de la sécurité<br />

Introduire les road safety audits comme partie intégrante du projet Très recommandé<br />

Faire des inspections de sécurité routière en se concentrant sur la tolérance aux erreurs et la compréhension Très recommandé<br />

d'infrastructures de trafic<br />

Gestion des points noirs Recommandé<br />

Infrastructure: normes<br />

Nouvelle définition de la notion de vitesse de base dans les normes VSS Recommandé sous condition (pas urgent)<br />

Infrastructure: possibilités juridiques<br />

Demande et réalisation d'infrastructures adéquates Très recommandé<br />

Modification des articles 4a OCR et 22 OSR ou retrancher la règlementation relative aux zones 30 de l'article Très recommandé<br />

108.2 OSR<br />

Responsabilité de l'exploitant d'infrastructures déficientes en cas d'accident Actuellement, recommandé sous condition<br />

(obstacles et risques financiers trop<br />

élevés), selon l'évolution au niveau<br />

fédéral, peut-être relevant dans le futur<br />

Réévaluation de certaines normes VSS en ce qui concerne leur <strong>im</strong>portance juridique en devenant des directi- Recommandé sous condition (faible<br />

ves du DETEC<br />

acceptation attendue)<br />

Recherche<br />

Etude scientifique sur l'influence des passagers sur l'accidentalité des jeunes conducteurs Très recommandé<br />

Etude de faisabilité sur la quantification exacte des accidents dus à la vitesse, <strong>im</strong>putables à des infrastructures Recommandé<br />

déficientes<br />

Méthode de reconnaissance précoce de défauts techniques de sécurité dans le tracé en plan Recommandé<br />

Projet de recherche sur l'effet de la puissance massique sur la conduite ou sur l'accidentalité Recommandé<br />

Vérifier la validité du concept «sensation seeking» pour examiner l'aptitude caractérielle Recommandé sous condition (mesure de<br />

prévention particulière pure pour très<br />

peu de conducteurs)<br />

Sensibilisation de l'opinion publique<br />

Promouvoir l'acceptation du modèle 50/30 km/h du bpa auprès des autorités compétentes et de la population Très recommandé<br />

Sensibiliser l'administration et le monde politique à l'<strong>im</strong>portance de l'infrastructure pour la sécurité routière Recommandé<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 25


3. Riassunto<br />

3.1 Introduzione<br />

Il Fondo di sicurezza stradale (FSS) persegue un'erogazione<br />

di fondi focalizzata sui punti ad alta<br />

incidentalità e sulle misure efficaci. Ciò è possibile<br />

mediante un'ampia gestione della conoscenza. La<br />

Commissione amministrativa dell'FSS ha commissionato<br />

un mandato di prestazione a lungo termine<br />

con cui chiede all'upi, Ufficio prevenzione infortuni,<br />

di elaborare le basi necessarie. In questo<br />

contesto, i Dossier sicurezza ricoprono un <strong>im</strong>portante<br />

mandato parziale. Questi, infatti, comprendono<br />

l'analisi orientata alla prevenzione dei temi<br />

prioritari nell'antinfortunistica. Questi dossier rivendicano<br />

di contenere lo stato delle conoscenze<br />

attuale per permettere delle decisioni basate<br />

sull'evidenza.<br />

La pubblicazione è destinata a persone e istituzioni<br />

che sono responsabili della pianificazione e del<br />

finanziamento di misure di prevenzione o altre misure<br />

rilevanti per la sicurezza stradale.<br />

La velocità di marcia dei veicoli a motore influenza<br />

in modo determinante la sicurezza stradale: 1) le<br />

velocità elevate accorciano il tempo per poter reagire<br />

a una situazione stradale e aumentano in questo<br />

modo la probabilità che si verifichi un incidente;<br />

2) la velocità influenza la gravità di un eventuale<br />

incidente. Specialmente tra gli utenti molto vulnerabili<br />

(pedoni, ciclisti, motociclisti) la probabilità di<br />

sopravvivenza dipende moltiss<strong>im</strong>o dalla velocità di<br />

collisione.<br />

3.2 Digressione: pirati della strada<br />

Un argomento che spunta continuamente in relazione<br />

ai delitti relativi alla velocità è quello dei cosiddetti<br />

pirati della strada. Questa discussione rispecchia<br />

un problema generale della prevenzione:<br />

esistono dei gruppi ad elevato rischio (per esempio<br />

i pirati della strada), ma a questa categoria spesso<br />

molto piccola e perciò <strong>im</strong>putabile solo una parte<br />

piuttosto esigua del problema. I gruppi invece che<br />

sono solo leggermente evidenti (= che portano<br />

velocità leggermente elevate) sono molto più grandi<br />

e pertanto anche molto più spesso una parte del<br />

problema (= incidenti con eccesso di velocità). Ciò<br />

significa che gli interventi efficaci devono mirare sia<br />

ai pirati della strada sia alla vasta massa.<br />

3.3 La velocità da diversi punti di vista<br />

Complessivamente la velocità di marcia è un tema<br />

complesso che va analizzato e affrontato mediante<br />

diverse discipline. L'arredo tecnico del sistema "circolazione<br />

stradale" e dei veicoli influenza <strong>im</strong>mensamente<br />

il livello di velocità e di pericolo. L'analisi<br />

di questi influssi permette di intervenire con la<br />

tecnica del traffico e la telematica stradale. Il sistema<br />

legislativo stabilisce il raggio d'azione giuridico<br />

e permette di perseguire le eventuali infrazioni. Va<br />

verificato se le norme o le sanzioni previste hanno<br />

l'effetto desiderato sulla promozione della sicurezza<br />

e in quale modo possono essere migliorate. Le<br />

misure giuridiche possono influenzare il comportamento<br />

del singolo, ma anche i sistemi rispettivamente<br />

i pianificatori. La psicologia, infine, illustra in<br />

base a diversi modelli e teorie come viene influenzato<br />

e può essere cambiato il comportamento relativo<br />

alla velocità dei conducenti di veicoli a motori.<br />

Non è possibile valutare in via definitiva quale sia la<br />

teoria psicologica «migliore». Ma è evidente che le<br />

26 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


teorie che illustrano delle possibilità di intervento<br />

sono più idonee di quelle che contengono un aspetto<br />

umano con un esiguo potenziale di cambiamento.<br />

3.4 Incidentalità<br />

Tra il 1992 e il 2008, negli incidenti probabilmente<br />

correlati alla velocità e rilevati dalla polizia il numero<br />

dei feriti leggeri è d<strong>im</strong>inuito del 22%, quello dei<br />

feriti gravi del 47% e quello dei morti del 59%.<br />

Attualmente (media 2004–2008) gli incidenti correlati<br />

alla velocità comportano ogni anno 1251 feriti<br />

gravi e 163 morti.<br />

In oltre la metà dei casi le vitt<strong>im</strong>e erano occupanti<br />

di un'automobile e quasi nel 30% dei casi si è<br />

trattato di motociclisti. Con appross<strong>im</strong>ativamente il<br />

5% e il 6% sono stati coinvolti anche rispettivamente<br />

dei pedoni e dei ciclisti. Gli incidenti correlati<br />

alla velocità rientrano spesso nella categoria degli<br />

sbandamenti/incidenti a veicolo isolato. Ben il 70%<br />

di tutti i feriti gravi e morti sono riconducibili a tale<br />

causa. Sono state contate particolarmente molte<br />

vitt<strong>im</strong>e sulle strade extraurbane (57%). L'elevata<br />

percentuale di sbandamenti/incidenti a veicolo<br />

isolato comporta prevalentemente il fer<strong>im</strong>ento o la<br />

morte degli occupanti stessi dei veicoli. In tutti gli<br />

incidenti che vedono coinvolti delle automobili e<br />

che sono causati dalla velocità non adeguata o<br />

eccessiva, tre quarti delle vitt<strong>im</strong>e sono gli occupanti<br />

stessi delle auto. 1 vitt<strong>im</strong>a su 6 viaggiava in un'altra<br />

automobile coinvolta nell'incidente, 1 su 15 era un<br />

pedone. Negli incidenti motociclistici correlati alla<br />

velocità è emerso un altro rapporto. In questo caso,<br />

il 95% delle vitt<strong>im</strong>e è il motociclista stesso.<br />

Dal punto di vista demografico, i conducenti di un<br />

veicolo a motore che non adeguano la loro guida<br />

alle condizioni meteo o del traffico oppure che<br />

superano il l<strong>im</strong>ite di velocità rientrano piuttosto<br />

nella categoria dei maschi tra i 18 e i 24 anni. Più<br />

aumenta l'età, più d<strong>im</strong>inuisce non solo complessivamente<br />

la percentuale degli incidenti correlati alla<br />

velocità, ma soprattutto anche la frequenza della<br />

sottocategoria «superamento del l<strong>im</strong>ite di velocità».<br />

3.5 Misure per la gestione della velocità<br />

Affinché i l<strong>im</strong>iti di velocità vengano superati più<br />

raramente e le velocità adeguate alle condizioni<br />

meteo, dello stato della strada o del traffico è necessario<br />

intervenire con delle misure idonee (tabella<br />

1, p. 31).<br />

Nella strategia di prevenzione vanno seguiti due<br />

proced<strong>im</strong>enti: 1) nella prevenzione speciale bisogna<br />

rivolgersi ai gruppi ad alto rischio (p. es. pirati della<br />

strada) e 2) nella prevenzione generale alla vasta<br />

massa. La prevenzione speciale mira a individuare e<br />

a sanzionare i conducenti di veicoli a motore che<br />

viaggiano a velocità inadeguata (pene e misure<br />

amministrative come per esempio il ritiro della<br />

patente) e a <strong>im</strong>pedire che diventano recidivi. La<br />

prevenzione speciale comprende anche misure<br />

educative o persino terapeutiche applicate in combinazione<br />

con la revoca della licenza di condurre.<br />

Questo proced<strong>im</strong>ento è fondato, ma non va sopravvalutato<br />

nei suoi effetti. In base all'esperienza<br />

scientifica con diverse misure, la prevenzione generale<br />

è almeno altrettanto <strong>im</strong>portante. Significa che<br />

c'è bisogno di occuparsi del comportamento relativo<br />

alla velocità di una vasta parte della popolazione<br />

che non si autodefinisce assolutamente come pirata<br />

della strada e che è convinta di non correre<br />

quando è al volante. Ma l'elevato numero di 2,5<br />

milioni di persone che ogni anno commettono un<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 27


infrazione la dice lunga sulla situazione: non si<br />

tratta solo di un problema di una piccola minorità.<br />

Va rafforzata l'<strong>im</strong>pressione che il superamento del<br />

l<strong>im</strong>ite di velocità – anche solo di poco – può già<br />

comportare conseguenze gravi. Nuovi lavori scientifici<br />

descrivono alla voce "power model" un nesso<br />

con conseguenze molto più ampie tra la velocità<br />

media e l'incidentalità di quanto supposto finora.<br />

Un superamento della velocità di p. es. 5 km/h<br />

nell'abitato incrementa il potenziale di pericolosità<br />

per un multiplo rispetto a 5 km/h in più sull'autostrada.<br />

Tali riflessioni sono contenute nel sistema<br />

delle sanzioni svizzero per i delitti relativi alla velocità<br />

(sulle autostrade il l<strong>im</strong>ite di velocità segnalato<br />

può essere superato di più rispetto alle strade urbane<br />

pr<strong>im</strong>a che un'infrazione venga considerata<br />

grave). In base ai dati scientifici nuovi – e se per il<br />

medes<strong>im</strong>o rischio di pericolo deve essere usata la<br />

stessa misura di sanzione – sarebbe però opportuno<br />

ripensare i l<strong>im</strong>iti fissati. Pertanto oggi sulle autostrade<br />

un superamento del l<strong>im</strong>ite di velocità di<br />

almeno 35 km/h è considerata un'infrazione grave<br />

(in caso di pr<strong>im</strong>a infrazione comporta obbligatoriamente<br />

il ritiro della patente per tre mesi), sulle<br />

strade urbane un superamento di 25 km/h. Se sulle<br />

strade urbane si vorrebbe sanzionare come infrazione<br />

grave il medes<strong>im</strong>o rischio di pericolo (relativo<br />

a morti) come sulle autostrade, sulle strade urbane<br />

il l<strong>im</strong>ite dovrebbe essere fissato già a un superamento<br />

di 15 km/h (che oggi viene sanzionato soltanto<br />

con una multa disciplinare).<br />

Nel senso della prevenzione generale, per il comportamento<br />

relativo alla velocità per i conducenti di<br />

un veicolo a motore non sarà centrale la sanzione<br />

bensì l'aspettativa soggettiva di essere controllati<br />

dalla polizia. In questo ambito negli ult<strong>im</strong>i anni è<br />

stato fatto moltiss<strong>im</strong>o. Nel frattempo, in Svizzera si<br />

rileva ogni anno la velocità di oltre 500 milioni di<br />

veicoli; la stragrande maggioranza dei controlli<br />

viene effettuata con radar fissi senza la presenza di<br />

agenti. Questi però hanno lo svantaggio che la loro<br />

ubicazione è presto nota e che pertanto hanno un<br />

effetto preventivo notevolmente minore rispetto ai<br />

radar mobili con la presenza di agenti di polizia<br />

ubicati regolarmente in diversi luoghi. Sono però in<br />

ogni caso utili là dove i conducenti di veicoli a motore<br />

devono moderare la velocità per motivi di<br />

sicurezza (punti nevralgici). In Svizzera solo il 3%<br />

dei veicoli che ha subito un controllo della velocità<br />

viaggiava su una strada extraurbana, benché oltre<br />

la metà dei morti sradali sia stata rilevata su questo<br />

tipo di strada. In questo caso urgono misure.<br />

Dal punto di vista della prevenzione generale è<br />

<strong>im</strong>portante che oltre ai radar fissi senza agenti sul<br />

posto ci sia anche un numero sufficiente di radar<br />

fissi con la presenza di agenti di polizia ben in vista.<br />

Nel migliore dei casi i punti e gli orari per i controlli<br />

sono scelti a caso, in modo che i conducenti dei<br />

veicoli a motore abbiano l'<strong>im</strong>pressione che la polizia<br />

stradale possa effettuare un controllo in qualsiasi<br />

momento e dappertutto. La problematica di<br />

questo proced<strong>im</strong>ento provatamente molto efficace<br />

è che a volte si effettuano controlli anche in luoghi<br />

e a orari con poco traffico e con l<strong>im</strong>iti di velocità<br />

raramente superati. È <strong>im</strong>portante che questo venga<br />

comunicato alla popolazione e alle autorità («Ma<br />

qui non succede mai niente ...»).<br />

Oltre alle sanzioni e ai controlli della polizia esiste<br />

tutta una gamma di altre misure per smorzare la<br />

problematica relativa alla velocità e le sue conseguenze.<br />

Un contributo molto <strong>im</strong>portante può venire<br />

dalla tecnica del traffico. Dall'analisi della statistica<br />

ufficiale degli incidenti emerge che l'incidentalità<br />

correlata alla velocità è elevata specialmente<br />

sulle strade urbane ed extraurbane. Nonostante il<br />

28 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


maggior livello di velocità, in questo caso le autostrade<br />

giocano un ruolo subordinato. Gli interventi<br />

infrastrutturali (architettura ed esercizio) volti ad<br />

influenzare le velocità devono essere vagliati attentamente<br />

in merito agli effetti sulla sicurezza. L'esempio<br />

della riduzione dei raggi nelle curve illustra i<br />

complessi nessi tra velocità e sicurezza. Raggi inferiori<br />

<strong>im</strong>pongono delle velocità minori, ma comportano<br />

più incidenti se progettati in modo lacunoso.<br />

Gli obiettivi di un'infrastruttura adeguata sono<br />

principalmente: 1) creare una gerarchia semplice<br />

della rete stradale e 2) realizzare strade del tipo self<br />

explaining che tollerano degli errori. In questo modo<br />

si vuole garantire che il traffico circoli a velocità<br />

adeguata.<br />

Le strade urbane vanno progettate, costruite e<br />

gestite in modo da tener conto delle esigenze di<br />

tutti gli utenti della strada. Il modello dell'upi 50/30<br />

all'ora si presta particolarmente bene per raggiungere<br />

questo obiettivo poiché integra tutte le strade<br />

a funzione di servizio in una zona con l<strong>im</strong>ite di<br />

velocità 30 km/h e prevede di arredare tutte le<br />

strade a funzione di traffico nell'abitato in modo<br />

da offrire la maggior sicurezza possibile agli utenti<br />

della strada più vulnerabili. Le strade extraurbane<br />

vanno progettate in modo che comportino delle<br />

velocità omogenee. Le misure correttive (frecce<br />

direttrici, l<strong>im</strong>iti di velocità divergenti) non vanno<br />

prese in considerazione dall'inizio per correggere le<br />

lacune di progettazione. La distanza degli oggetti<br />

fissi al bordo della strada (p. es. muri, staccionate,<br />

pali) e – a determinate condizioni – i guardrail centrali<br />

possono ridurre le conseguenze degli incidenti<br />

correlati alla velocità.<br />

La realizzazione concreta di questi interventi in<br />

Svizzera può essere attivata mediante delle misure<br />

a diversi livelli. Gli ingegneri del traffico e i pianifi-<br />

catori vanno sensibilizzati già durante lo studio e/o<br />

in sistematiche formazioni continue in modo particolare<br />

ai punti menzionati. Gli strumenti a tappeto<br />

per controllare sistematicamente l'infrastruttura<br />

progettata ed esistente (Road Safety Audit, Road<br />

Safety Inspection, Black Spot Management) vanno<br />

resi obbligatori per tutta la Svizzera.<br />

Le norme VSS rappresentano le regole dell'arte<br />

edilizia nella tecnica del traffico. La loro applicazione<br />

in un progetto può rivelarsi costosa a seconda<br />

delle condizioni quadro. Nella prassi emerge che in<br />

tali casi si tende a risparmiare, accettando dei possibili<br />

effetti negativi sulla sicurezza. Pertanto bisogna<br />

sensibilizzare la popolazione, la politica e<br />

l'amministrazione nei confronti del significato in<br />

materia di sicurezza delle norme e delle infrastrutture<br />

adeguate. In tal modo si intende promuovere<br />

la realizzazione di progetti costosi ma con un elevato<br />

livello di sicurezza.<br />

Infine va promosso in modo mirato la realizzazione<br />

del modello upi 50/30 all'ora. Questo può essere<br />

fatto con l'adeguamento delle relative ordinanze o<br />

con la propagazione attiva tra le autorità competenti<br />

o la popolazione.<br />

Tuttavia non bisogna solo prevenire gli incidenti,<br />

ma – se comunque dovessero verificarsi – min<strong>im</strong>izzare<br />

anche le conseguenze delle ferite. L'uso della<br />

cintura di sicurezza è tuttora fondamentale per gli<br />

incidenti correlati alla velocità. Negli ult<strong>im</strong>i anni, la<br />

Svizzera ha fatto dei progressi significativi in questo<br />

campo. Tuttavia il potenziale di riduzione del numero<br />

delle vitt<strong>im</strong>e è ancora elevato. Sono pertanto<br />

necessari ulteriori sforzi.<br />

Quasi altrettanto <strong>im</strong>portante quanto la cintura di<br />

sicurezza è il controllo elettronico della stabilità.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 29


Questo si è rivelato molto efficace e contribuisce a<br />

prevenire gli incidenti o a ridurne la gravità, intervenendo<br />

in modo che il conducente possa avere un<br />

miglior controllo sul veicolo.<br />

L'alcol disinibisce ed è pertanto un fattore di rischio<br />

per l'eccesso di velocità. Pertanto quando si parla<br />

di velocità inadeguata va tenuto conto anche degli<br />

effetti dell'alcol. A tale scopo è già a disposizione<br />

una vasta gamma di misure scientificamente fondate<br />

e realizzabili come per esempio il divieto di<br />

bere alcolici per i neopatentati.<br />

I neopatentati giovani però non costituiscono un<br />

pericolo e non sono loro stessi in pericolo solo se<br />

hanno bevuto troppo. Con la formazione in due<br />

fasi si intende influenzare positivamente il loro<br />

comportamento relativo alla velocità. Nel 2011,<br />

l'indagine che accompagna questa misura mostrerà<br />

se le aspettative sono state soddisfatte oppure se<br />

questa misura <strong>im</strong>portante e <strong>im</strong>pegnativa deve essere<br />

adeguata.<br />

Una misura relativamente nuova e non ancora<br />

<strong>im</strong>plementata su vasta scala è il sistema intelligente<br />

di adattamento della velocità (ISA). Si tratta di un<br />

sistema che informa i conducenti di veicoli a motore<br />

in diversi modi sui l<strong>im</strong>iti di velocità in vigore in<br />

un determinato punto. Questo sistema si <strong>im</strong>porrà<br />

nell'una o nell'altra forma, apportando certamente<br />

un notevole contributo alla sicurezza stradale.<br />

Le campagne massmediali relative alla sicurezza<br />

stradale in generale e alla velocità in particolare<br />

devono soddisfare diversi criteri per poter contribuire<br />

a una maggiore sicurezza stradale. I loro contenuti<br />

dovrebbero, in particolare, basarsi su analisi<br />

scientifiche, essere guidati dalla teoria e realizzati in<br />

combinazione con altre attività. Punto centrale dei<br />

contenuti comunicati devono sempre essere delle<br />

indicazioni comportamentali concrete per i destinatari.<br />

Complessivamente va sottolineato che gli interventi<br />

per promuovere una guida con velocità adeguata<br />

(p. es. campagne, educazione stradale, corsi di<br />

ripetizione) esigono un approccio globale che tiene<br />

conto dei seguenti aspetti nella società: fattori<br />

demografici, ambiente fisico e sociale, fattori relativi<br />

a personalità e sviluppo, competenza a condurre<br />

ecc. Gli approcci monod<strong>im</strong>ensionali che per esempio<br />

vogliono motivare i conducenti di veicoli a motore<br />

semplicemente mediante l'istruzione ad adeguare<br />

la velocità, saranno difficilmente coronati di<br />

successo.<br />

La quantità del sapere disponibile e integrato in<br />

questo rapporto non deve illudere sul fatto che<br />

alcuni dei quesiti <strong>im</strong>portanti sono ancora irrisolti.<br />

L'influsso del rapporto peso/potenza del veicolo sul<br />

comportamento alla guida dei conducenti, per<br />

esempio, non è ancora chiarito. Nemmeno l'influsso<br />

dei passeggeri – in particolare sul comportamento<br />

relativo alla velocità tra i conducenti giovani – è<br />

ancora stato studiato in Svizzera. È dunque ancora<br />

necessario effettuare ulteriori ricerche.<br />

30 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


Tabella 1<br />

Panoramica su tutte le misure per promuovere la sicurezza stradale correlata alla velocità<br />

Misura<br />

Controlli della polizia<br />

Raccomandazione<br />

Radar fissi, con presenza di agenti e ben in vista Molto raccomandabile<br />

Radar fissi e senza presenza di agenti Molto raccomandabile<br />

Scelta casuale dell'ubicazione e degli orari dei radar fissi con presenza di agenti Molto raccomandabile<br />

Controlli annunciati e fiancheggiati da campagna Molto raccomandabile<br />

Controlli generalmente intensificati Molto raccomandabile<br />

Introdurre controlli della velocità su una tratta stradale più lunga Raccomandabile (efficacia dovrebbe<br />

ancora essere mostrata mediante fase di<br />

prova in corso)<br />

Scelta non casuale dei radar fissi con presenza di agenti (per esempio luoghi ad alta incidentalità oppure con<br />

frequenti infrazioni ecc.)<br />

Raccomandabile<br />

Maggiori controlli della velocità fissi sulle strade extraurbane (con e senza agenti) Raccomandabile<br />

Controlli della velocità mobili con auto civetta Parzialmente raccomandabile (praticamente<br />

nessun effetto di prevenzione<br />

generale)<br />

Neopatentati<br />

Verificare se la formazione in due fasi va migliorata per ottenere una maggiore efficacia (dopo conclusione<br />

della valutazione nel 2011)<br />

Strategia di prevenzione<br />

Molto raccomandabile<br />

Concentrare le attività su tutti i conducenti che superano il l<strong>im</strong>ite di velocità (non solo pirati della strada) Molto raccomandabile<br />

Misure per la categoria dei conducenti che superano di molto il l<strong>im</strong>ite di velocità (pirati della strada) Raccomandabile<br />

Tecnica dei veicoli<br />

Introdurre il sistema di adattamento della velocità ISA (Speed Adaptation) solo con l'indicazione del l<strong>im</strong>ite di<br />

velocità in vigore<br />

Molto raccomandabile<br />

ISA con avvert<strong>im</strong>ento se si supera il l<strong>im</strong>ite di velocità in vigore Molto raccomandabile o raccomandabile<br />

(dipende da come è realizzato)<br />

Promuovere notevolmente la notorietà e l'uso del controllo elettronico della stabilità mediante informazione e<br />

campagne<br />

Continuare le attuali attività per incrementare il tasso d'uso delle cinture su tutte le strade e su tutti i posti a<br />

sedere<br />

Rendere obbligatori i sistemi acustici e luminosi che informano il conducente che una persona a bordo non è<br />

allacciata (anche sui sedili posteriori)<br />

Molto raccomandabile<br />

Molto raccomandabile<br />

ISA che può essere disattivato Raccomandabile<br />

Molto raccomandabile, ma dipendente<br />

dallo sviluppo nell'Ue<br />

ISA che deve essere attivato Parzialmente raccomandabile (da chi e<br />

con quale frequenza verrebbe attivato<br />

ISA?)<br />

Pene e misure amministrative<br />

Applicare maggiormente la misura amministrativa che prevede il ritiro della patente (anche in combinazione<br />

con corsi di rieducazione) per integrare le sanzioni<br />

Molto raccomandabile<br />

Valutazione del sistema a cascata ed eventuali proposte di miglioria Molto raccomandabile<br />

Verificare di quanto è stato superato il l<strong>im</strong>ite di velocità sulle strade urbane ed extraurbane nelle infrazioni<br />

che hanno servito come base per stabilire le pene e le misure amministrative (tenendo conto dei recenti dati<br />

scientifici, del Power-Model)<br />

Raccomandabile<br />

Accelerare i sanzionamenti (pena e misura amministrativa) Raccomandabile<br />

«Incentive letters» (nel senso di un sollecito) per chi ha superato il l<strong>im</strong>ite di velocità (nel quadro del sistema<br />

esistente)<br />

Raccomandabile (ma in base articoli 16<br />

a, b e c LCStr non facile da realizzare)<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto 31


Continuazione Tabella 1<br />

Panoramica su tutte le misure per promuovere la sicurezza stradale correlata alla velocità<br />

Misura<br />

Campagne di sicurezza stradale<br />

Raccomandazione<br />

Campagne di sicurezza stradale basate su teoria e che tengono conto degli attuali dati scientifici per migliora- Raccomandabile (ideale se combinato<br />

re l'efficacia<br />

con altre misure)<br />

Campagne di sicurezza stradale specifiche per annunciare i controlli della polizia effettuati in luoghi e orari<br />

scelti a caso, in modo che il conducente si renda conto che i controlli possono essere effettuati in qualsiasi<br />

luogo e orario<br />

Cambiamento del comportamento<br />

Usare concetti integrativi che tengono conto di fattori psicologici, sociali e relativi al sesso nell'ambito del<br />

comportamento relativo alla velocità<br />

Aumentare la percezione soggettiva del rischio mediante misure infrastrutturali (esempio: restringere otticamente<br />

la larghezza della strada mediante segnali orizzontali)<br />

Guidare sotto l'effetto di alcol<br />

All'alcol va ancora dedicato molta attenzione nel senso del dossier sicurezza «Capacità di guida l<strong>im</strong>itata dei<br />

conducenti di veicoli a motore» (riassunto in italiano)<br />

Infrastruttura: formazione di ingegneri e pianificatori<br />

Pr<strong>im</strong>a formazione: sensibilizzare nei confronti della sicurezza stradale e istruzione di nozioni base tecnicospecifiche<br />

Formazione continua: organizzare e coordinare convegni tecnico-specifici e rendere obbligatoria la formazione<br />

continua<br />

Sia nella pr<strong>im</strong>a formazione sia nella formazione continua va intensificato l'approfond<strong>im</strong>ento dei seguenti<br />

argomenti in materia di progettazione di <strong>im</strong>pianti stradali:<br />

- progettazione di strade urbane a funzione di traffico<br />

- progettazione di strade extraurbane<br />

- principi per segnalare i l<strong>im</strong>iti mass<strong>im</strong>i di velocità<br />

Infrastruttura: strumenti per verificare la sicurezza<br />

Raccomandabile<br />

Molto raccomandabile<br />

Raccomandabile<br />

Molto raccomandabile<br />

Molto raccomandabile<br />

Molto raccomandabile<br />

Molto raccomandabile<br />

Introdurre i Road Safety Audit come fase di progetto standard Molto raccomandabile<br />

Organizzare Road Safety Inspection focalizzati sulla tolleranza di errori e la leggibilità intuitiva degli <strong>im</strong>pianti<br />

stradali<br />

Molto raccomandabile<br />

Black Spot Management Raccomandabile<br />

Infrastruttura: norme<br />

Ridefinire il termine "velocità di progetto" nelle norme VSS Parzialmente raccomandabile (non<br />

urgente)<br />

Infrastruttura: possibilità giuridiche<br />

Esigere e realizzare un'infrastruttura adeguata Molto raccomandabile<br />

Modificare l'articolo 4a della ONC nonché l'articolo 22 della OSStr oppure scorporare le regolamentazioni<br />

relative alle zone 30 km/h dall'articolo 108.2 della OSStr<br />

Molto raccomandabile<br />

Responsabilità dei gestori di infrastrutture lacunose in caso di incidenti Oggi parzialmente raccomandabile<br />

(ostacoli e rischi economici troppo alti), a<br />

seconda dello sviluppo a livello federale<br />

eventualmente rilevante in futuro<br />

Rivalutare determinate norme VSS rispetto al loro significato giuridico, dichiarandole direttive del DATEC Parzialmente raccomandabile (probabilmente<br />

poco accettato)<br />

Ricerca<br />

Studio scientifico sull'influenza dei passeggeri sull'incidentalità dei conducenti giovani Molto raccomandabile<br />

Studio sulla fattibilità per quantificare in modo preciso l'incidentalità correlata alla velocità che è dovuta a<br />

un'infrastruttura lacunosa<br />

Raccomandabile<br />

Proced<strong>im</strong>ento per riconoscere presto le carenze di sicurezza del tracciato orizzontale Raccomandabile<br />

Progetto di ricerca sugli effetti del rapporto peso/potenza sul comportamento alla guida ovvero sull'incidentalità<br />

Verificare se il concetto del sensation seeking (ricerca di sensazioni) possa essere usato per verificare l'idoneità<br />

caratteriale<br />

Relazioni pubbliche<br />

Raccomandabile<br />

Parzialmente raccomandabile (pura<br />

misura di prevenzione speciale per<br />

pochiss<strong>im</strong>i conducenti altamente toccati<br />

dal problema)<br />

Promuovere l'approvazione del modello upi 50/30 all'ora tra le autorità competenti e nella popolazione Molto raccomandabile<br />

Sensibilizzare l'amministrazione e la politica nei confronti del significato dell'infrastruttura per la sicurezza<br />

stradale<br />

Raccomandabile<br />

32 Kurzfassung / Version abrégée / Riassunto bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


III. Einleitung<br />

<strong>Der</strong> Fonds für Verkehrssicherheit (FVS) verfolgt<br />

eine Geldvergabepolitik, die auf Schwerpunkte <strong>im</strong><br />

Unfallgeschehen und wirksame Massnahmen ausgerichtet<br />

ist. Voraussetzung dafür ist ein umfassendes<br />

Wissensmanagement. Die Verwaltungskommission<br />

des FVS hat der bfu – Beratungsstelle<br />

für Unfallverhütung einen langfristig angelegten<br />

Leistungsauftrag für die Erarbeitung der notwendigen<br />

Grundlagen erteilt. Die Sicherheitsdossiers<br />

decken dabei einen wichtigen Teilauftrag ab. Sie<br />

umfassen die präventionsorientierte Analyse von<br />

Schwerpunkten <strong>im</strong> Unfallgeschehen. Diese Dossiers<br />

haben den Anspruch, den aktuellen Wissensstand<br />

wiederzugeben, um evidenzbasierte Entscheidungen<br />

zu ermöglichen.<br />

Die Publikation richtet sich an Personen und Institutionen,<br />

die für die Planung und Finanzierung<br />

von Präventions- oder anderen sicherheitsrelevanten<br />

Massnahmen <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> verantwortlich<br />

sind.<br />

Das Thema <strong>Geschwindigkeit</strong> polarisiert aus verschiedener<br />

Sicht: <strong>Geschwindigkeit</strong>, sei es in Form<br />

von Höchstgeschwindigkeiten oder auch in Form<br />

des <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhaltens der Auto- und<br />

Motorradfahrenden ist ein Politikum. Die Raser-<br />

Debatte wird seit Jahren intensiv geführt. Es ist<br />

Aufgabe der Experten die teilweise plakativen<br />

Analysen und Lösungsvorschläge zu bewerten und<br />

den wirksamen Lösungen zum Durchbruch zu<br />

verhelfen.<br />

Die Höchstgeschwindigkeiten sind <strong>im</strong>mer wieder<br />

ein Diskussionsgegenstand. Die Schweiz hat – wie<br />

viele andere Länder auch – in den vergangenen<br />

Jahrzehnten die allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten<br />

gesenkt. Nebst anderen <strong>Faktor</strong>en dürfte dies<br />

einer der Gründe sein, warum die Schweiz <strong>im</strong> internationalen<br />

Vergleich der Unfallstatistik gut abschneidet.<br />

Zusammen mit Schweden und Holland<br />

gehört die Schweiz diesbezüglich zur Spitze in<br />

Europa. Pro 1 Mio. Einwohner gab es <strong>im</strong> Jahr 2006<br />

in der Schweiz 50 Getötete, in Schweden 49 und<br />

in Holland 45.<br />

Dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – gibt<br />

es <strong>im</strong>mer wieder Bestrebungen, die allgemeinen<br />

Höchstgeschwindigkeiten, insbesondere auf Autobahnen,<br />

zu lockern bzw. zu erhöhen.<br />

Die Fahrgeschwindigkeit hat einen entscheidenden<br />

Einfluss auf die Verkehrssicherheit: Einerseits verkürzen<br />

hohe <strong>Geschwindigkeit</strong>en die Zeit, um auf<br />

Verkehrssituationen reagieren zu können, und<br />

erhöhen dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass es<br />

zu einem Unfall kommt. Andererseits beeinflusst<br />

die <strong>Geschwindigkeit</strong> die Schwere eines allfälligen<br />

Unfalls. Gerade bei den sehr verletzlichen Verkehrsteilnehmenden<br />

(Fussgänger, Rad- und Motorradfahrende)<br />

hängt die Überlebenswahrscheinlichkeit<br />

bei Unfällen sehr stark von der Kollisionsgeschwindigkeit<br />

ab.<br />

Die gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en haben einen<br />

doppelten Einfluss auf die Umwelt. Einerseits steigt<br />

der Benzinverbrauch mit höherer <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

überproportional. So war beispielsweise die<br />

Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, die in der<br />

Schweiz aus Anlass der ersten Ölkrise <strong>im</strong> Jahr 1973<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Einleitung 33


vorübergehend eingeführt worden war, mit dem<br />

verringerten Energieverbrauch begründet worden.<br />

Davis [1] konnte aufzeigen, dass das Verhältnis<br />

zwischen Kraftstoffverbrauch und gefahrener <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

eine umgekehrte U-Funktion ist. Die<br />

Anzahl gefahrener Meilen pro verbrauchte Gallone<br />

Benzin (= ca. 4 Liter) ist am höchsten <strong>im</strong> Bereich<br />

von 40 bis 55 mph (Meilen pro Stunde), d. h. zwischen<br />

65 und 90 km/h. <strong>Der</strong> Mehrverbrauch führt<br />

zu mehr Abgasen, wobei sich die heutige Diskussion<br />

vor allem auf das kl<strong>im</strong>aschädigende CO2 und<br />

den Feinstaub, der durch Dieselfahrzeuge und<br />

Autoreifen produziert wird, konzentriert.<br />

<strong>Der</strong> andere wichtige Umwelteffekt der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

ist der Lärm. In der Schweiz sind laut Bundesamt<br />

für Umwelt (BAFU) etwa 1,2 Mio. Menschen<br />

oder 16 % der Schweizer Wohnbevölkerung<br />

tagsüber schädlichem oder lästigem Verkehrslärm<br />

ausgesetzt [2]. Nachts sind es <strong>im</strong>mer noch 10 %.<br />

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Verkehrslärm<br />

zu verringern, beispielsweise mit Flüsterasphalt<br />

und geräuscharmen PW-Reifen. Eine weitere<br />

Möglichkeit ist die gefahrene <strong>Geschwindigkeit</strong>. Sie<br />

wirkt sich insbesondere auf die Wind- und Rollgeräusche<br />

aus. Schliesslich soll eine Verringerung der<br />

gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong> um 20 km/h den<br />

Lärm in etwa halbieren.<br />

Entsprechende Abklärungen haben gezeigt, dass<br />

viele Sicherheitsmassnahmen auch positive Auswirkungen<br />

auf die Umweltbelastung haben. In diesem<br />

Sinn dürfte das Sicherheitsdossier <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

auch über Verkehrssicherheitskreise hinaus von<br />

Interesse sein.<br />

Neben den negativen Effekten der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

darf man nicht vergessen, dass ein erheblicher Teil<br />

der Bevölkerung Freude am schnellen Fahren hat:<br />

Hunderttausende erhalten jedes Jahr Bussen wegen<br />

überhöhter <strong>Geschwindigkeit</strong>. Autorennen<br />

haben viele Fans, Fahrzeuge werden getunt usw.<br />

Weitere oft genannte Gründe für schnelles Fahren<br />

sind Eile, die Tatsache, dass man von anderen, die<br />

dicht auffahren, dazu gezwungen wird oder auch<br />

die Einschätzung, dass moderne Autos schneller<br />

fahren können. Deshalb wird ein Bericht, der die<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> aus Verkehrssicherheitssicht thematisiert,<br />

wohl auch Anstoss erregen.<br />

34 Einleitung bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


IV. Exkurs: Raser<br />

Ein Thema, das <strong>im</strong> Zusammenhang mit den <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikten<br />

<strong>im</strong>mer wieder auftaucht<br />

sind die sogenannten Raser. Dabei stellt sich zunächst<br />

einmal die Frage was überhaupt ein Raser<br />

ist. Offensichtlich ist es jemand, der zu schnell<br />

fährt, und zwar deutlich zu schnell. Wiprächtiger<br />

stellt verschiedene mögliche Definitionen vor [3].<br />

Im Zusammenhang mit der Initiative «Kampf gegen<br />

Raser» wurden 80 km/h in Tempo-30-Zonen,<br />

100 km/h innerorts, 160 km/h ausserorts oder<br />

200 km/h auf Autobahnen genannt. Jürg Boll von<br />

der Zürcher Staatsanwaltschaft versteht darunter<br />

Motorfahrzeuglenkende, die durch eine besonders<br />

drastische Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit<br />

oder eine andere hochriskante Fahrweise wie<br />

Durchführung von Autorennen auf öffentlichen<br />

Strassen auffallen. Wiprächtiger selber neigt einer<br />

eher psychologischen Definition zu, die die Motivation<br />

für die Übertretung der Höchstgeschwindigkeit<br />

berücksichtigt. Diese Differenzierung scheint<br />

allerdings aus Sicht der Verkehrssicherheit, bei der<br />

es ja um die kinetischen Energien bei einem Unfall<br />

geht, weniger sinnvoll (Die Frage der Motivation ist<br />

dann allerdings bei therapeutischen/rehabilitativen<br />

Interventionen bedeutsam). Auch die bfu hat eine<br />

Definition von Rasern. Sie beinhaltet einerseits eine<br />

Überschreitung der Höchstgeschwindigkeiten in<br />

der Grössenordnung der schweren Widerhandlungen<br />

(um mindestens 25 bis 35 km/h, je nach Strassenart)<br />

und andererseits eine Gefährdung anderer<br />

Verkehrsteilnehmer bzw. Nichtanpassung an die<br />

Witterungsverhältnisse. Einig scheint man sich<br />

jedoch zu sein, dass es eine erhebliche Überschreitung<br />

der erlaubten Höchstgeschwindigkeit gegeben<br />

haben muss.<br />

Es gibt pro Jahr rund 140 000 Anzeigen wegen<br />

überhöhter <strong>Geschwindigkeit</strong>. 21 500 Personen<br />

wurden von den Gerichten wegen grober Verkehrsregelverletzungen<br />

verurteilt. Die Verurteilten<br />

sind zum allergrössten Teil Männer, je die Hälfte<br />

unter und über 35 Jahre alt und knapp die Hälfte<br />

Ausländer.<br />

Ein Vergleich der Verurteilungen nach dem <strong>Strassenverkehr</strong>sgesetz<br />

mit der Unfallstatistik, insbesondere<br />

was die Anzahl ausländischer Motorfahrzeuglenkender<br />

angeht, ist nicht möglich, da nicht alle<br />

Kantone Nationalität und Wohnort der Ausländer<br />

korrekt kodieren. Man muss jedoch konstatieren,<br />

dass Unfälle mit einer Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit<br />

nur einen Teil der <strong>Geschwindigkeit</strong>sproblematik<br />

ausmachen (das Überschreiten<br />

der Höchstgeschwindigkeit n<strong>im</strong>mt Platz 3 der verschiedenen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>smängel ein) und dass<br />

die <strong>Geschwindigkeit</strong>smängel generell «nur» bei<br />

jedem 4. schweren Unfall von der Polizei als Ursache<br />

gesehen werden.<br />

Somit würde eine Beschränkung der <strong>Geschwindigkeit</strong>sproblematik<br />

auf eine Raserdebatte allein dem<br />

Thema nicht gerecht. Die Hochrisikogruppe mit<br />

äusserst bedenklichen Einstellungen zur <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

und einem dementsprechenden Verhalten<br />

ist gezielt anzugehen. Aber selbst wenn diese vollständig<br />

aus dem <strong>Strassenverkehr</strong> el<strong>im</strong>iniert würde,<br />

so gäbe es dennoch <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfälle und<br />

Unfälle wegen überhöhter <strong>Geschwindigkeit</strong>.<br />

Diese Frage erinnert stark an die Unfalldebatte der<br />

frühen Verkehrssicherheitsarbeit aus dem Beginn<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Exkurs: Raser 35


des 20. Jahrhunderts. Dort war überlegt worden,<br />

die unfallträchtigsten Motorfahrzeuglenkenden zu<br />

el<strong>im</strong>inieren. Es hatte sich zwar herausgestellt, dass<br />

es Personen mit höherem Unfallrisiko gibt, dass<br />

aber deren Ausschluss vom <strong>Strassenverkehr</strong> nur<br />

marginale Verbesserungen der Verkehrssicherheit<br />

bringen würde, da der weitaus grösste Teil der<br />

Unfälle durch an sich unauffällige Personen verursacht<br />

wird.<br />

Diese Diskussion widerspiegelt ein generelles Problem<br />

der Prävention, dass es zwar Hochrisikogruppen<br />

gibt (beispielsweise Raser), diese aber zumeist<br />

sehr klein sind und deshalb auch nur für einen eher<br />

geringen Teil des Problems verantwortlich sind.<br />

Gruppen hingegen, die nur leicht auffällig sind<br />

(= etwas zu schnell fahren) sind sehr viel grösser<br />

und demzufolge auch sehr viel öfter ein Teil des<br />

Problems (= Unfälle mit überhöhter <strong>Geschwindigkeit</strong>).<br />

Für eine wirksame Prävention bedeutet dies,<br />

dass zweigleisig gefahren werden muss: Einerseits<br />

sollen die präventiven Anstrengungen pr<strong>im</strong>är darauf<br />

abzielen, die Motorfahrzeuglenkenden dazu zu<br />

bringen etwas langsamer und situationsangepasster<br />

zu fahren. Ergänzend ist eine Hochrisikogruppenstrategie<br />

notwendig. Für beide Strategien bedarf<br />

es je adäquater Massnahmen technischer,<br />

pädagogischer und / oder rechtlicher Natur.<br />

36 Exkurs: Raser bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


V. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht<br />

1. Einleitung<br />

In diesem Kapitel werden verschiedene Ansätze/<br />

Perspektiven zur <strong>Geschwindigkeit</strong>sthematik und<br />

der Problemanalyse dargestellt. Diese zeigen auf,<br />

dass das Problem verschiedene Ursachen hat – und<br />

dass Lösungen auf verschiedensten Ebenen gefunden<br />

werden müssen.<br />

2. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus Sicht der Unfallverhütung<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> hat, wie erwähnt, einen zweifachen<br />

Einfluss auf die Verkehrssicherheit. Einerseits<br />

steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem<br />

Unfall kommt, mit steigender <strong>Geschwindigkeit</strong>.<br />

Daneben hat die <strong>Geschwindigkeit</strong> aber auch einen<br />

Einfluss darauf, wie schwer ein Unfall ist.<br />

2.1 <strong>Geschwindigkeit</strong> als Risikofaktor für<br />

die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls<br />

Die Gründe dafür, dass sich bei höheren <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

mehr Unfälle ereignen sind vielfältig.<br />

Es besteht eine erhöhte Gefahr, dass man die<br />

Kontrolle über das Fahrzeug verliert, man hat weniger<br />

lange Zeit auf Hindernisse jeglicher Art zu<br />

reagieren, auch andere Verkehrsteilnehmende<br />

verschätzen sich möglicherweise hinsichtlich tatsächlichen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en des schnelleren<br />

Fahrzeugs und können somit weniger gut und<br />

nicht ausreichend schnell reagieren.<br />

Es gibt etliche Studien, die sich mit dem Zusammenhang<br />

von gefahrener <strong>Geschwindigkeit</strong> und<br />

Unfallwahrscheinlichkeit beschäftigt haben. <strong>Der</strong><br />

Zusammenhang ist eindeutig. Je schneller gefahren<br />

wird, umso grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass<br />

es zu einem Unfall kommt. In den verschiedenen<br />

Studien variiert dieses Ausmass. Wenn man sich<br />

nur auf die Unfälle mit Verletzten konzentriert, so<br />

besteht nach Elvik et al. in etwa eine quadratische<br />

Beziehung zwischen prozentualem Anstieg der<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> und prozentualem Anstieg der<br />

Unfälle mit Verletzten [4]. Eine 10%ige Erhöhung<br />

der gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en würde somit zu<br />

einem Anstieg der verletzten Personen um 21 %<br />

führen. Wenn man sich hingegen nur auf die Unfälle<br />

mit Sachschaden konzentriert, dann ist es<br />

hingegen ein direkter linearer Zusammenhang<br />

(Abbildung 3, S. 40).<br />

Eine Meta-Analyse von Elvik und Vaa basierend auf<br />

36 Studien ergab, dass pro Stundenkilometer <strong>Geschwindigkeit</strong>sreduktion<br />

die Anzahl der Unfälle um<br />

2 % abnahm [5].<br />

2.1.1 Reaktionszeit<br />

In diesem Zusammenhang soll auch kurz die Frage<br />

der Reaktionszeiten angeschnitten werden. Reaktionszeiten<br />

werden oft pauschal mit einer Sekunde<br />

abgerechnet. Die empirischen Befunde, die es zu<br />

diesem Thema gibt, legen nahe, dass es zwar möglich<br />

ist, innerhalb von einer Sekunde zu reagieren,<br />

dass aber unter normalen Alltagsbedingungen<br />

diese Zeiten erheblich grösser sein dürften. Durchschnittlich<br />

muss wohl eher mit 1,25 bis 1,5 Sekunden<br />

gerechnet werden. Wenn die allermeisten<br />

Bremsmanöver abgedeckt werden sollen, dann<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht 37


muss wohl mit Reaktionszeiten (genauer «perception-reaction<br />

t<strong>im</strong>e») von 2 Sekunden oder noch<br />

mehr gerechnet werden. Dies ist in verschiedener<br />

Hinsicht wichtig. Neulenkende müssen die richtigen<br />

Zeiten lernen, damit sie sich für rechtzeitiges<br />

Anhalten dementsprechend verhalten, Verkehrstechniker<br />

müssen dies in ihrer Arbeit berücksichtigen<br />

um beispielweise für ausreichende Sichtweiten<br />

zu sorgen. Und selbst in den Bereich der Unfallbegutachtung<br />

und der Rechtsprechung spielt dies<br />

hinein. Die bfu arbeitet zurzeit daran, diese Problematik<br />

mit den betroffenen Gruppen zu diskutieren.<br />

2.1.2 Abweichung von der Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

als Risikofaktor für einen<br />

Unfall<br />

Eines der frühen Resultate zum Thema <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

war, dass sich die Unfallrate pro gefahrenen<br />

Kilometer mit der Abweichung von der durchschnittlich<br />

gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong> erhöht (Uförmige<br />

Funktion, Abbildung 1 [6]). Die geringste<br />

Unfallrate wurde für Fahrzeuge gefunden, die geringfügig<br />

schneller fahren als die Durchschnittsgeschwindigkeit.<br />

Wenn jedoch deutlich schneller oder<br />

deutlich langsamer als die Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

gefahren wurde, stieg die Unfallwahrscheinlichkeit<br />

an. Dieses Resultat wurde von verschiedenen<br />

Autoren gefunden [7,8]. Allerdings gibt<br />

es methodische Einwände. Die Resultate scheinen<br />

methodische Artefakte gewesen zu sein, die dadurch<br />

zustande kamen, dass die langsam fahrenden<br />

Fahrzeuge andere Fahrmanöver wie beispielsweise<br />

Linksabbiegen durchgeführt haben, die mit<br />

höherem Unfallrisiko verbunden sind.<br />

Fildes et al. [9] konnten mit einer genaueren Untersuchung<br />

die U-Funktion nicht mehr nachweisen<br />

und fanden eine lineare Beziehung zwischen <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

und Unfallrisiko.<br />

Auch Kloeden et al. [10] kamen mit einer Fall-<br />

Kontroll-Studie zu ähnlichen Resultaten, wobei bei<br />

ihnen allerdings die Beziehung nicht linear war wie<br />

bei Fildes und Lee, sondern bei höherer <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

einen Knick nach oben aufwies.<br />

Insgesamt muss man also konstatieren, dass nicht<br />

die Abweichung von den durchschnittlichen gefahrenen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en das Unfallrisiko erhöht.<br />

Vielmehr ist es nach aktuellem Wissensstand so,<br />

dass das Unfallrisiko mit zunehmender <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

<strong>im</strong>mer mehr ansteigt.<br />

Abbildung 1<br />

Verschiedene Resultate betreffend Zusammenhang der Abweichung<br />

von der durchschnittlichen gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

und der Unfallwahrscheinlichkeit<br />

Quelle: TRB [6]<br />

38 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


2.2 <strong>Geschwindigkeit</strong> als Risikofaktor für<br />

die Schwere von Verletzungen<br />

Insbesondere für die Fussgängersicherheit und die<br />

Sicherheit anderer «vulnerable road user» ist die<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> ein entscheidendes Element, denn<br />

deren Überleben hängt in sehr starkem Masse von<br />

den Kollisionsgeschwindigkeiten ab. Exemplarisch<br />

sollen hier Ergebnisse von Pasanen ([11] zitiert nach<br />

[12]) präsentiert werden, die aufzeigen, wie dramatisch<br />

die Sterbewahrscheinlichkeit der Fussgänger<br />

mit zunehmender Kollisionsgeschwindigkeit ansteigt.<br />

Bei einer Kollision mit 30 km/h sterben weniger<br />

als 6 % der Fussgänger, bei 50 km/h sind es<br />

jedoch bereits 40 % (Abbildung 2). In Wahrheit ist<br />

diese Kurve noch weitaus dramatischer, weil ein<br />

grosser Teil der getöteten Fussgänger höheren<br />

Alters ist und deren Sterbewahrscheinlichkeit noch<br />

grösser ist als diejenige der durchschnittlichen Erwachsenen.<br />

Diese Kurve entspricht derjenigen, die<br />

die bfu in ihren Publikationen meistens verwendet<br />

und die das Problem wohl realistischer darstellt als<br />

diejenige von Pasanen.<br />

Abbildung 2<br />

Sterbewahrscheinlichkeit der Fussgänger in Abhängigkeit von<br />

der <strong>Geschwindigkeit</strong> des Fahrzeugs mit dem kollidiert wird, in<br />

Prozent<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />

km/h<br />

Sterbewahrscheinlichkeit<br />

Quelle: Peden et al. [12]<br />

Das Power-Model von Nilsson [13] zeigt auf, wie<br />

die Wahrscheinlichkeit des Unfallgeschehens in<br />

Abhängigkeit von Änderungen der Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

variiert. Es handelt sich dabei um<br />

eine exponentielle Funktion. Bei einer Erhöhung<br />

der <strong>Geschwindigkeit</strong> um x % (=1+x/100) steigt die<br />

Anzahl beispielsweise der Unfälle mit Getöteten<br />

auf (1+x/100) 4 . Bei Nilsson betrug der Exponent für<br />

Unfälle mit Getöteten 4, für Unfälle mit Schwerverletzten<br />

und Getöteten 3 und für alle Unfälle mit<br />

Verletzten 2. Das ursprüngliche Power-Model wurde<br />

von Elvik et al. einer empirischen Überprüfung<br />

unterzogen. Dabei zeigte sich, dass die Zahlen von<br />

Nilsson zwar gut aber nicht ganz korrekt waren.<br />

Elvik et al. kamen zu folgenden Exponenten [4]:<br />

• Getötete: 4,5 (Konfidenzintervall: 4,1–4,9)<br />

• Schwerverletzte: 3,0 (2,2–3,8)<br />

• Leichtverletzte: 1,5 (1,0–2,0)<br />

• Alle Verletzten: 2,7 (0,9–4,5)<br />

• Unfälle mit Getöteten: 3,6 (2,4–4,8)<br />

• Unfälle mit Schwerverletzten: 2,4 (1,1–3,7)<br />

• Unfälle mit Leichtverletzten: 1,2 (0,1–2,3)<br />

• Alle Unfälle mit Verletzten: 2,0 (1,3–2,7)<br />

• Unfälle mit Sachschaden: 1,0 (0,2–1,8)<br />

Wenn man diese Zusammenhänge in grafischer<br />

Form darstellt, dann erkennt man, dass Veränderungen<br />

der <strong>Geschwindigkeit</strong>en (egal ob nach oben<br />

oder nach unten) sich besonders stark auf die<br />

schwersten Unfälle bzw. Verletzungen auswirken.<br />

So ergibt ein Anstieg der durchschnittlichen <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

um 10 % (also beispielsweise von 50<br />

auf 55 km/h) einen Anstieg der Getöteten um<br />

54 %. Die Anzahl der Leichtverletzten hingegen<br />

steigt nur um 15 %. Umgekehrt ist es auch so,<br />

dass Reduktionen der <strong>Geschwindigkeit</strong>en sich besonders<br />

positiv bei der Anzahl der Getöteten sowie<br />

der Schwerverletzten auswirken: Hier würde eine<br />

Reduktion der <strong>Geschwindigkeit</strong> um 10 % die<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht 39


Todesfälle um 38 %, die Zahl der Schwerverletzten<br />

um 27 % senken (Abbildung 3).<br />

Das Power-Model zeigt auf, warum es für die Verkehrssicherheit<br />

so wichtig ist, dass die Höchstgeschwindigkeiten<br />

nicht überschritten werden und<br />

warum es sinnvoll ist, dass alle Autofahrer – und<br />

nicht nur die viel zu schnell Fahrenden – ermutigt<br />

werden sollten, langsamer zu fahren. Jeder kann<br />

durch eine verlangsamte Fahrweise einen Beitrag<br />

zur Verbesserung der Verkehrssicherheit leisten.<br />

Abbildung 3<br />

Prozentuale Entwicklung der Zahlen der Unfallbeteiligten bzw.<br />

Unfälle nach prozentualer <strong>Geschwindigkeit</strong>sänderung [4]<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

-50<br />

-100<br />

-30<br />

-27<br />

-24<br />

-21<br />

-18<br />

-15<br />

-12<br />

-9<br />

-6<br />

-3<br />

0<br />

3<br />

6<br />

9<br />

12<br />

15<br />

18<br />

21<br />

24<br />

27<br />

30<br />

Quelle: Elvik et al. [4]<br />

Getötete Schwerverletzte<br />

Leichtverletzte Unfälle mit Sachschaden<br />

3. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus verkehrstechnischer<br />

Sicht<br />

Die <strong>Geschwindigkeit</strong> ist in der Verkehrstechnik eine<br />

wichtige Grösse für die Bemessung, den Betrieb und<br />

die Beurteilung von Verkehrsanlagen.<br />

Als Grundlage für die Projektierung einer Strasse<br />

dienen die Ausbaugeschwindigkeit und die Projektierungsgeschwindigkeit<br />

(Kap. VII.5.1.3, S. 79). Die<br />

Ausbaugeschwindigkeit einer Strecke legt den Ausbaugrad<br />

einer Strasse fest. Sie best<strong>im</strong>mt die min<strong>im</strong>ale<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>, mit der die entsprechende Strecke<br />

befahren werden kann. Darauf aufbauend können<br />

Min<strong>im</strong>alwerte für die einzelnen Projektierungselemente<br />

(Kurvenradien) festgelegt werden. Bei<br />

diesem Arbeitsschritt ist die sogenannte Projektierungsgeschwindigkeit<br />

von zentraler Bedeutung. Sie<br />

ist die max<strong>im</strong>ale <strong>Geschwindigkeit</strong>, mit der eine best<strong>im</strong>mte<br />

Stelle einer Strasse, insbesondere eine Kurve,<br />

mit genügender Sicherheit befahren werden<br />

kann. Basierend auf physikalischen Grundlagen und<br />

Annahmen wird in der SN 640 080b [14] den Kurven<br />

die Projektierungsgeschwindigkeit in Abhängigkeit<br />

des Radius zugeordnet.<br />

Die juristische Massnahme der <strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkungen<br />

ist aus verkehrstechnischer Sicht in<br />

2-facher Hinsicht relevant. Die allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten<br />

plafonieren die Projektierungsgeschwindigkeit.<br />

Von der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit<br />

abweichende tiefere Höchstgeschwindigkeiten<br />

werden dann eingesetzt, wenn<br />

Gefahrenstellen für Motorfahrzeuglenkende nicht<br />

oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und anders<br />

nicht zu beheben sind (Art. 108.2 SSV1 ).<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

1 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979,<br />

SR 741.21<br />

40 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


Schliesslich sei die sogenannte V85 erwähnt. An<br />

einem best<strong>im</strong>mten Messort ist sie diejenige <strong>Geschwindigkeit</strong>,<br />

die von 85 % der Fahrzeuge nicht<br />

überschritten wird. Dieser Wert wird in der Verkehrstechnik<br />

als Mass für den Einhaltegrad einer<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sl<strong>im</strong>ite verwendet.<br />

4. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus juristischer<br />

Sicht<br />

4.1 Einleitung<br />

Das Thema Fahrgeschwindigkeit ist auch aus juristischer<br />

Sicht äusserst komplex und kann <strong>im</strong> Rahmen<br />

des vorliegenden Kapitels nicht umfassend abgehandelt<br />

werden. Im Folgenden wird kurz die Entwicklung<br />

der <strong>Geschwindigkeit</strong>sreg<strong>im</strong>es in der<br />

Schweiz dargestellt und die heute geltende gesetzliche<br />

Regelung erläutert.<br />

4.2 Entwicklung der <strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkungen<br />

Die Regelung der Fahrgeschwindigkeit erfuhr <strong>im</strong><br />

Laufe der Zeit verschiedene Änderungen. Das Bundesgesetz<br />

über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr<br />

vom 15. März 1932 (MFG) sah – anders als<br />

davor geltende kantonale Regelungen des Fahrzeugverkehrs<br />

– keine starre Begrenzung der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

vor. <strong>Der</strong> Bundesrat wurde zwar verpflichtet,<br />

Höchstgeschwindigkeiten für schwere<br />

Fahrzeuge festzulegen, doch stand es ihm frei, dies<br />

auch für andere Fahrzeugkategorien zu tun. In der<br />

Folge machte er von seiner Kompetenz keinen<br />

Gebrauch. <strong>Der</strong> Gesetzgeber des MFG sah davon ab<br />

vorzuschreiben, wie schnell max<strong>im</strong>al gefahren<br />

werden durfte. Er zog es vor, eine allgemeine Regel<br />

über die <strong>Geschwindigkeit</strong> zu erlassen. Diese forderte<br />

von den Fahrzeuglenkenden, das Fahrzeug zu<br />

beherrschen und die <strong>Geschwindigkeit</strong> an die konkreten<br />

Strassen- und Sichtverhältnisse anzupassen.<br />

<strong>Der</strong> Grundsatz der situationsangepassten <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

wurde in erweiterter Form ins <strong>Strassenverkehr</strong>sgesetz<br />

(SVG) übernommen und ist als<br />

Art. 32 Abs. 1 SVG 2 bis heute unverändert. Die<br />

Pflicht zur Beherrschung des Fahrzeugs wurde<br />

separat in Art. 31 Abs. 1 SVG verankert. Mit dem<br />

SVG, das etappenweise in Kraft gesetzt wurde und<br />

gleichzeitig das MFG aufhob, führte der Gesetzgeber<br />

aus Sicherheitsgründen erstmals eine zahlenmässige<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkung ein: Vorbehältlich<br />

abweichender Anordnungen durfte in<br />

Ortschaften max<strong>im</strong>al 60 km/h gefahren werden<br />

(Art. 32 Abs. 2a SVG 3 ).<br />

Die Kompetenz zum Erlass sogenannter funktioneller<br />

Verkehrsanordnungen, inklusive der Regelung<br />

der erlaubten Höchstgeschwindigkeit, wurde an<br />

die Kantone delegiert (Art. 3 Abs. 4 SVG). Diese<br />

resp. die Gemeinden durften lokale <strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkungen<br />

anordnen, wenn dies durch<br />

einen verkehrspolizeilichen Grund wie die Sicherheit,<br />

Erleichterung oder Regelung des Verkehrs<br />

gerechtfertigt war 4 . Zusätzlich wurden die zuständigen<br />

kantonalen Behörden ermächtigt, die<br />

Höchstgeschwindigkeit ausserorts zu beschränken<br />

und innerorts abweichende Höchstgeschwindigkeiten<br />

festzulegen (Art. 32 Abs. 3 aSVG 5 ).<br />

<strong>Der</strong> Bundesrat erhielt ebenfalls eine Teilkompetenz<br />

zum Erlass von <strong>Geschwindigkeit</strong>svorschriften<br />

(Art. 32 Abs. 5 aSVG 6 ). Gestützt darauf beschränkte<br />

er die Höchstgeschwindigkeiten auf Autobahnen<br />

lediglich für einige Fahrzeugarten. Es lag folglich <strong>im</strong><br />

Ermessen des zuständigen Organs (Bundesrat,<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

2 <strong>Strassenverkehr</strong>sgesetz vom 19. Dezember 1958, SR 741.01<br />

3 AS 1959, 690<br />

4 Botschaft des Bundesrats vom 24. Juni 1955, BBl 1955 II 11.<br />

5 AS 1959, 690<br />

6 AS 1959, 690<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht 41


kantonale bzw. kommunale Behörden), <strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkungen<br />

für best<strong>im</strong>mte Strassen<br />

festzulegen.<br />

In Anbetracht des kontinuierlich zunehmenden<br />

Individualverkehrs und der damit einhergehenden<br />

steigenden Unfallzahlen wuchs das Bedürfnis nach<br />

einer umfassenden Regelung der <strong>Geschwindigkeit</strong>.<br />

Anlässlich der 1975 erfolgten Revision des SVG<br />

wurde auf die zahlenmässige Höchstgeschwindigkeiten<br />

<strong>im</strong> Gesetz selbst verzichtet und dem Bundesrat<br />

mit dem neu gefassten Art. 32 Abs. 2 SVG<br />

(in Kraft seit 1. Januar 1977) sowohl die Kompetenz<br />

als auch die Verpflichtung übertragen, die<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> der Motorfahrzeuge auf allen<br />

Strassen zu beschränken. Dies minderte den kantonalen<br />

Handlungsspielraum bezüglich <strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkungen<br />

erheblich (revidierte<br />

Art. 32 Abs. 3 und 4 SVG 7 ).<br />

<strong>Der</strong> Bundesrat kam dem vom Gesetzgeber erteilten<br />

Auftrag nach und setzte mit Art. 4a VRV 8 die allgemeinen<br />

Höchstgeschwindigkeiten fest. Im Lauf<br />

der Jahre wurden diese bis auf die heute geltenden<br />

Werte herabgesetzt. Zusätzlich erliess der Bundesrat<br />

die Signalisationsverordnung9 ,in der u. a. auch<br />

die Voraussetzungen geregelt werden, unter denen<br />

von den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten<br />

abgewichen werden kann.<br />

In Tabelle 2 ist ersichtlich wie sich die allgemeinen<br />

Höchstgeschwindigkeiten 10 entwickelt haben [17].<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

7 AS 1975, 1260<br />

8 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962,<br />

SR 741.11<br />

9 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979,<br />

SR 741.21<br />

10 Man vergleiche die ausführliche Darstellung zur Geschichte<br />

und rechtspolitischen Ausgangslage der <strong>Geschwindigkeit</strong>sbegrenzung<br />

<strong>im</strong> Kommentar SVG von Giger [15, S. 177-<br />

179], <strong>im</strong> Urteil des Bundesgerichts 2A.38/2006, E. 2 vom<br />

13. Juli 2006 sowie <strong>im</strong> SINUS-Report 2008 [16].<br />

Gemäss einer Meinungsumfrage aus dem Jahr<br />

2008 werden die aktuellen <strong>Geschwindigkeit</strong>sbegrenzungen<br />

von der Bevölkerung generell gut akzeptiert.<br />

Je nach Strassentyp bestehen jedoch Unterschiede:<br />

Während 85 % der Befragten Tempo<br />

80 ausserorts eher befürworten, st<strong>im</strong>men nur<br />

69 % Tempo 120 auf Autobahnen zu. Hingegen<br />

wird die Sicherheitsmassnahme «Tempo 50/30<br />

innerorts», die die <strong>Geschwindigkeit</strong> auf den Hauptverkehrsachsen<br />

innerorts auf 50 km/h und überall<br />

sonst auf 30 km/h begrenzt, nur von 40 % der<br />

Bevölkerung unterstützt [16].<br />

Tabelle 2<br />

Entwicklung der <strong>Geschwindigkeit</strong>sreg<strong>im</strong>es<br />

Jahr Innerorts<br />

Vor 1959 Keine Beschränkung<br />

1959 60 km/h definitiv (Art. 32 Abs. 2 aSVG)<br />

1980 50 km/h provisorisch<br />

1984 50 km/h definitiv<br />

2002 Begegnungszonen (20 km/h) neu und Tempo-30-Zonen<br />

vereinfacht (SSV)<br />

Jahr Ausserorts<br />

Vor 1973 keine Beschränkung<br />

1973 100 km/h provisorisch<br />

1977 100 km/h definitiv<br />

1985 80 km/h versuchsweise<br />

1989 80 km/h definitiv (Volksabst<strong>im</strong>mung vom 26.11.1989)<br />

Jahr Autobahn<br />

Vor 1973 keine Beschränkung<br />

1973 100 km/h vorübergehend (Ölkrise)<br />

1974 130 km/h provisorisch<br />

1977 130 km/h definitiv<br />

1985 120 km/h versuchsweise<br />

1989 120 km/h definitv (Volksabst<strong>im</strong>mung vom 26.11.1989<br />

Quellen: ASTRA, Kloeden et al.[10, S. 33–34]<br />

42 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


Die heute in Art. 82 Abs. 1 BV 11 verankerte Kompetenz<br />

des Bundes auf dem Gebiet des <strong>Strassenverkehr</strong>s<br />

vermittelt dem Bund eine umfassende<br />

Rechtsetzungszuständigkeit. Ohne dass dies besonders<br />

erwähnt zu werden braucht, verbleibt den<br />

Kantonen <strong>im</strong> Übrigen die Strassenhoheit, insbesondere<br />

das Recht, den Fahrverkehr <strong>im</strong> Einzelfall zu<br />

beschränken oder zu verbieten (Art. 37bis Abs. 2a<br />

BV 12 ).<br />

4.3 Gesetzliche Vorschriften betreffend<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong><br />

4.3.1 Absolute Höchstgeschwindigkeiten<br />

<strong>Der</strong> Bundesrat hat gestützt auf Art. 32 Abs. 2 SVG<br />

für alle Strassen allgemein gültige Höchstgeschwindigkeiten<br />

(Art. 4a VRV) sowie für best<strong>im</strong>mte<br />

Fahrzeugkategorien und Vorgänge besondere<br />

Höchstgeschwindigkeiten (Art. 5 VRV) festgesetzt.<br />

Diese gelten nur für Führende von Motorfahrzeugen<br />

und dürfen selbst dann nicht überschritten<br />

werden, wenn aufgrund sämtlicher Umstände eine<br />

höhere <strong>Geschwindigkeit</strong> angemessen erschiene.<br />

Sind Radfahrende zu schnell unterwegs, verstossen<br />

sie gegen Art. 32 Abs. 1 SVG, auf den anschliessend<br />

noch eingegangen wird [15, S. 185-187,18,<br />

S. 289-291].<br />

Allgemeine Höchstgeschwindigkeiten für<br />

Motorfahrzeuge<br />

Gemäss Art. 4a Abs. 1 VRV gelten heute für (Motor-)Fahrzeuge<br />

folgende allgemeine Höchstgeschwindigkeiten:<br />

• 50 km/h innerorts<br />

• 80 km/h ausserorts<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

11 Bundesverfassung vom 18. Dezember 1999, SR 101<br />

12 Botschaft über eine neue Bundesverfassung vom<br />

20. November 1996, 259 f.<br />

• 100 km/h auf Autostrassen<br />

• 120 km/h auf Autobahnen<br />

Es handelt sich dabei um absolute Höchstgeschwindigkeiten,<br />

die nicht etwa wenn <strong>im</strong>mer möglich<br />

zu erreichen sind, sondern nur unter günstigen<br />

Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen gefahren<br />

werden dürfen. Abweichende signalisierte<br />

Höchstgeschwindigkeiten gehen den allgemeinen<br />

Höchstgeschwindigkeiten ebenso vor wie diejenigen<br />

für gewisse Fahrzeugarten oder Vorgänge, für<br />

die besondere Höchstgeschwindigkeiten gelten<br />

(Art. 4a Abs. 5 VRV). Unter Vorbehalt der situationsangemessenen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> gilt somit folgende<br />

«Rangordnung» in Bezug auf die einzuhaltenden<br />

Höchstgeschwindigkeiten:<br />

1. Höchstgeschwindigkeiten für einzelne Fahrzeugarten<br />

(und Vorgänge)<br />

2. Signalisierte bzw. lokale Höchstgeschwindigkeiten<br />

3. Allgemeine Höchstgeschwindigkeiten<br />

In Tempo-30-Zonen darf max<strong>im</strong>al 30 km/h gefahren<br />

werden (Art. 22a SSV), in Begegnungszonen<br />

20 km/h (Art. 22b SSV) und in Fussgängerzonen,<br />

sofern beschränkter Fahrzeugverkehr zugelassen<br />

ist, nur <strong>im</strong> Schritttempo (Art. 22c SSV).<br />

<strong>Der</strong> Geltungsbereich der allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten,<br />

d. h. innerorts, ausserorts, auf<br />

Autobahnen 13 und –strassen, sowie der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

in Begegnungs- und Fussgängerzonen, wird<br />

durch Signale geregelt. Innerorts gilt die allgemeine<br />

Höchstgeschwindigkeit <strong>im</strong> ganzen dicht bebauten<br />

Gebiet. Sie ist vorschriftsgemäss zu signalisieren,<br />

denn aus dem Vorhandensein einer Ortstafel muss<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

13 Zum Geltungsbereich signalisierter Höchstgeschwindigkeiten<br />

bei der Verzweigung von Autobahnen vgl. BGE 128 IV<br />

30, wonach die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von der<br />

Stelle an beginnt, wo das Signal steht, bis zum Ende-Signal.<br />

Sie endet nicht schon mit der Gabelung der Fahrbahnen.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht 43


gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht<br />

auf die allgemeine Höchstgeschwindigkeit von<br />

50 km/h geschlossen werden 14 . Zu beachten ist<br />

jedoch, dass Fahrzeuglenkende, die auf unbedeutenden<br />

Nebenstrassen in eine Ortschaft einfahren,<br />

sich auch ohne Signalisation an die allgemeine<br />

Höchstgeschwindigkeit innerorts halten müssen,<br />

sobald der Innerortscharakter erkennbar ist<br />

(Art. 4a Abs. 2 VRV). Bei der Beurteilung, ob sich<br />

eine Strasse <strong>im</strong> dicht bebauten Gebiet einer Ortschaft<br />

befindet, stellt das Bundesgericht nicht nur<br />

auf ein kurzes Teilstück ab, sondern auf das ganze<br />

umliegende Gebiet 15 .<br />

Wer die signalisierte Höchstgeschwindigkeit überschreitet,<br />

verstösst pr<strong>im</strong>är gegen Art. 27 Abs. 1SVG,<br />

der sämtliche Verkehrsteilnehmende dazu verpflichtet,<br />

Signale und Markierungen sowie die Weisungen<br />

der Polizei zu befolgen.<br />

Höchstgeschwindigkeiten für einzelne Motorfahrzeugarten<br />

und Vorgänge<br />

Art. 5 Abs. 1 VRV best<strong>im</strong>mt die Höchstgeschwindigkeiten<br />

für einzelne Motorfahrzeugarten 16 und<br />

Vorgänge. Diese betragen:<br />

• 80 km/h für schwere Motorwagen (ausser Personenwagen),<br />

Anhängerzüge, Sattelmotorfahrzeuge<br />

und Fahrzeuge mit Spikesreifen<br />

• 60 km/h für gewerbliche Traktoren<br />

• 40 km/h be<strong>im</strong> Abschleppen von Fahrzeugen<br />

und Nachziehen eines leeren Abschlepprollis<br />

(sofern die zuständige Behörde nichts anderes<br />

gestattet)<br />

• 30 km/h be<strong>im</strong> Mitführen von nicht <strong>im</strong>matrikulierten<br />

und <strong>im</strong>matrikulierten landwirtschaftlichen<br />

Anhängern (vorbehältlich anderer Anga-<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

14 BGE 127 IV 229, 234.<br />

15 BGE 127 IV 229, 235.<br />

16 Zur Klassifizierung der Fahrzeuge vgl. Art. 11 f. VTS.<br />

ben <strong>im</strong> Fahrzeugausweis) sowie für Fahrzeuge<br />

mit Metall- oder Vollgummireifen.<br />

Gesellschaftswagen, sofern es sich nicht um Gelenkbusse<br />

handelt, und schwere Motorwohnwagen<br />

dürfen auf Autobahnen und Autostrassen max<strong>im</strong>al<br />

100 km/h fahren (Art. 5 Abs. 2 VRV).<br />

Abweichungen von den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten<br />

Die zuständige Behörde kann die vom Bundesrat<br />

festgelegte allgemeine Höchstgeschwindigkeit auf<br />

best<strong>im</strong>mten Strassenstrecken herauf- oder herabsetzen,<br />

jedoch nur aufgrund eines Gutachtens, das<br />

abklärt, ob die Massnahme tatsächlich nötig, zweckund<br />

verhältnismässig ist oder ob eine andere Massnahme<br />

besser geeignet wäre (Art. 32 Abs. 3 SVG in<br />

Verbindung mit Art. 108 Abs. 4 SSV). Die Voraussetzungen<br />

für eine lokale Abweichung der allgemeinen<br />

Höchstgeschwindigkeiten sind in Art. 108 SSV<br />

geregelt. Dessen Anwendung wird präzisiert durch<br />

die Weisung zur Festlegung abweichender Höchstgeschwindigkeiten<br />

17 , die das Eidgenössische Justizund<br />

Polizeidepartement (EJPD) am 13. März 1990<br />

erlassen hat.<br />

Ein Herabsetzung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten<br />

kann erforderlich sein<br />

(Art. 108 Abs. 2 SSV), wenn<br />

• eine Gefahr nur schwer oder nicht rechtzeitig<br />

erkennbar und anders nicht zu beheben ist<br />

(lit. a),<br />

• best<strong>im</strong>mte Verkehrsteilnehmende eines besonderen,<br />

nicht anders zu erreichenden Schutzes<br />

bedürfen (lit. b),<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

17 http://www.astra2.admin.ch/media/pdfpub/1990-03-<br />

13_2489_d.pdf, Zugriff am 14. Juli 2009.<br />

44 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


• auf Strecken mit grosser Verkehrsbelastung der<br />

Verkehrsablauf verbessert werden kann (lit. c),<br />

• dadurch eine <strong>im</strong> Sinn der Umweltschutzgesetzgebung<br />

übermässige Umweltbelastung (Lärm,<br />

Schadstoffe) vermieden werden kann (lit. d).<br />

Die Einzelheiten betreffend Anordnung von Tempo-30-Zonen<br />

und Begegnungszonen sind explizit in<br />

der gleichnamigen Verordnung 18 geregelt. Seit<br />

deren Inkrafttreten am 1. Januar 2002 ist in der<br />

ganzen Schweiz eine grosse Zahl solcher Zonen<br />

realisiert worden, wobei insbesondere die Tempo-<br />

30-Zonen von den Kantonen und Gemeinden sehr<br />

unterschiedlich eingesetzt werden.<br />

Nur innerorts besteht die Möglichkeit, die allgemeine<br />

Höchstgeschwindigkeit hinaufzusetzen –<br />

jedoch nur auf gut ausgebauten Strassen mit Vortrittsrecht.<br />

Voraussetzung ist, dass durch die Heraufsetzung<br />

der Höchstgeschwindigkeit der Verkehrsablauf<br />

verbessert werden kann, ohne dass<br />

sich dies nachteilig auf Sicherheit und Umwelt<br />

auswirken würde (Art. 108 Abs. 3 SSV). Angesichts<br />

der Erkenntnisse <strong>im</strong> Zusammenhang mit <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

und Unfallfolgen dürfte Letzteres<br />

praktisch nie gegeben sein.<br />

4.3.2 Anpassen der <strong>Geschwindigkeit</strong> an die<br />

Umstände (Art. 32 Abs. 1 SVG und<br />

Art. 4 VRV)<br />

<strong>Der</strong> Lenkende muss sein Fahrzeug ständig so beherrschen,<br />

dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen<br />

kann (Art. 31 Abs. 1 SVG). Einer der<br />

massgebenden <strong>Faktor</strong>en in diesem Zusammenhang<br />

ist die Fahrgeschwindigkeit. Oft gehen Fahrzeuglenkende<br />

irrtümlich davon aus, be<strong>im</strong> Einhalten der<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

18 Verordnung über die Tempo-30-Zonen und Begegnungszonen<br />

vom 28. September 2001, SR 741.213.3<br />

allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten nichts zu<br />

riskieren – weder eine Busse, eine Geld- oder Freiheitsstrafe<br />

noch einen Führerausweisentzug oder<br />

einen Unfall. Art. 32 Abs. 1 SVG schreibt jedoch<br />

Folgendes vor:<br />

«Die <strong>Geschwindigkeit</strong> ist stets den Umständen<br />

anzupassen, namentlich den Besonderheiten von<br />

Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs-<br />

und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug<br />

den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren<br />

und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen<br />

Stellen, vor nicht frei überblickbaren<br />

Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.»<br />

Diese Vorschrift richtet sich nicht nur an Lenker von<br />

Motorfahrzeugen, sondern an alle Fahrzeuglenkende,<br />

d. h. auch an Radfahrer. Zudem gilt sie<br />

sinngemäss für Strassenbahnführer (Art. 48 SVG),<br />

Reiter und Führer von Tierfuhrwerken<br />

(Art. 50 Abs. 4 SVG) sowie für die übrigen Strassenbenützer<br />

(Art. 1 Abs. 2 SVG).<br />

<strong>Der</strong> in Art. 32 Abs. 1 SVG enthaltene Umstände-<br />

Katalog ist nicht abschliessend. Die <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

ist somit nicht bloss an die Besonderheiten von<br />

Fahrzeug und Ladung sowie die Strassen-, Sichtund<br />

Verkehrsverhältnisse anzupassen, sondern<br />

generell an die Umstände. Umstand <strong>im</strong> Sinn dieser<br />

Vorschrift ist für den Fahrzeuglenker ausser der<br />

Fahrgeschwindigkeit alles, was für die Beachtung<br />

seiner Vorsichtspflichten relevant sein kann. Dazu<br />

gehören auch Besonderheiten in der Person des<br />

Fahrzeuglenkers selbst wie sein Zustand, seine<br />

Fahrpraxis19 oder das Wetter (insbesondere <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit den Strassen- und Sichtverhältnissen).<br />

<strong>Der</strong> Fahrzeuglenker hat somit ständig<br />

sämtliche relevanten Umstände auszumachen und<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

19 BGE 93 IV 29.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht 45


seine Fahrgeschwindigkeit entsprechend seinen<br />

Erkenntnissen über die Gesamtheit der massgebenden<br />

Umstände so zu wählen, dass er seinen<br />

Vorsichtspflichten nachkommen kann [18, S. 263].<br />

Art. 32 Abs. 1 SVG wird konkretisiert durch<br />

Art. 4 VRV [15, S. 182-184,18]:<br />

• In Bezug auf die Anpassung der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

an die Sichtverhältnisse schreibt Abs. 1 dem<br />

Fahrzeuglenker vor, nur so schnell zu fahren,<br />

dass er innerhalb der überblickbaren Strecke<br />

halten kann; wo das Kreuzen schwierig ist,<br />

muss er auf halbe Sichtweite anhalten können.<br />

<strong>Der</strong> Grundsatz des Fahrens auf Sicht ist eine der<br />

zentralen Vorschriften über die Fahrgeschwindigkeit.<br />

Er gilt gemäss bestätigter Rechtsprechung<br />

des Bundesgerichts auch auf Autobahnen,<br />

insbesondere nachts be<strong>im</strong> Fahren mit Abblendlichtern<br />

20 . Dass die gesetzlichen Forderungen<br />

nicht <strong>im</strong>mer ohne weiteres zu erfüllen<br />

sind, zeigte Cohen am Beispiel der aus wahrnehmungspsychologischer<br />

Perspektive möglichen<br />

Höchstgeschwindigkeiten auf, die eine<br />

Behinderung des gleichmässigen Verkehrsflusses<br />

darstellen könnten [19].<br />

• Hinsichtlich der Anpassung der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

an die Strassenverhältnisse führt Abs. 2 aus, es<br />

sei langsam zu fahren, wo die Strasse verschneit,<br />

vereist, mit nassem Laub oder Splitt<br />

bedeckt ist, besonders – also nicht nur – wenn<br />

Anhänger mitgeführt werden.<br />

• Abs. 3 verpflichtet den Fahrzeuglenker, die <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

zu mässigen und nötigenfalls anzuhalten,<br />

wenn Kinder <strong>im</strong> Strassenbereich nicht<br />

auf den Verkehr achten. Dies entspricht<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

20 BGE 126 IV 91; BGE 93 IV 115. Gemäss BGE 100 IV 279 ist<br />

die <strong>Geschwindigkeit</strong> eines mit Abblendlicht auf der Autobahn<br />

fahrenden Fahrzeugs nur dann angemessen, wenn<br />

der Lenker in der Lage ist, innerhalb der kürzesten beleuchteten<br />

Strecke anzuhalten, d. h. auf der linken Fahrbahnseite<br />

innert 50 m.<br />

Art. 26 Abs. 2 SVG, wonach gegenüber Kindern<br />

besondere Vorsicht angebracht ist. 21<br />

• Bei der Begegnung mit Tierfuhrwerken und<br />

Tieren hat der Fahrzeuglenker gemäss Abs. 4 so<br />

zu fahren, dass die Tiere nicht erschreckt werden.<br />

Dies bedeutet, dass allenfalls die <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

reduziert werden muss.<br />

• Das Anpassen der <strong>Geschwindigkeit</strong> an die Verkehrsverhältnisse<br />

verlangt vom Fahrzeuglenker,<br />

langsam zu fahren, wo es die Verkehrssicherheit<br />

erfordert, vor allem bei dichtem und<br />

schwer überblickbarem Verkehr. Gleichzeitig<br />

untersagt Abs. 5, ohne zwingende Gründe so<br />

langsam zu fahren, dass ein gleichmässiger<br />

Verkehrsfluss behindert wird.<br />

Ein Verstoss gegen die allgemeinen und abweichend<br />

signalisierten Höchstgeschwindigkeitsvorschriften<br />

wird grundsätzlich über Art. 27 SVG in<br />

Verbindung mit Art. 90 SVG geahndet, über<br />

Art. 32 SVG nur dann, wenn die Fahrgeschwindigkeit<br />

<strong>im</strong> Rahmen der signalisierten Höchstgeschwindigkeit<br />

nicht den Umständen angemessen war 22 .<br />

Welche <strong>Geschwindigkeit</strong> jeweils als angemessen zu<br />

gelten hat, ist eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht<br />

frei überprüft werden kann. Die Beantwortung<br />

dieser Frage hängt jedoch weitgehend von<br />

den örtlichen Verhältnissen ab. Deshalb gesteht<br />

das Bundesgericht den kantonalen Instanzen diesbezüglich<br />

einen grossen Ermessensspielraum zu<br />

und weicht von ihren Feststellungen nur dort ab,<br />

wo es sich aufdrängt 23 .<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

21 BGE 129 IV 282 betreffend Sorgfaltspflichten gegenüber<br />

Kindern <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong>.<br />

22 Oger BL 8.3.1988, JdT 1989 I 687<br />

23 BGE 99 IV 227<br />

46 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


5. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus Sicht der<br />

Psychologie<br />

Auch die Verkehrspsychologie hat sich mit dem<br />

Thema <strong>Geschwindigkeit</strong> befasst. Es gibt verschiedene<br />

Theorien und Modelle, die helfen können,<br />

das Problem überhöhter bzw. unangepasster <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

zumindest teilweise zu erklären und<br />

Lösungsansätze zu liefern.<br />

5.1 Lerntheorie<br />

Zu nennen wäre etwa die Lerntheorie, vor allem<br />

das Lernen am Modell durch das Beobachten des<br />

Fahrens mit unangepasster <strong>Geschwindigkeit</strong> bei<br />

anderen Motorfahrzeuglenkenden. Wenn man nun<br />

dafür sorgt, dass es kaum oder am besten gar keine<br />

«erfolgreichen» Beispiele für zu schnelles Fahren<br />

gibt, dann wird dies auch zunehmend seltener<br />

ausgeübt. So gibt es die klassische Untersuchung<br />

von Van Houten und Nau, bei der am Strassenrand<br />

angezeigt wurde, wie viel Prozent der Autofahrer<br />

die <strong>Geschwindigkeit</strong> einhalten [20]. Dabei wurde<br />

entweder ein strenges Kriterium (nicht einhalten<br />

der signalisierten <strong>Geschwindigkeit</strong>) oder ein weiches<br />

Kriterium (mit recht grosser Toleranz) verwendet.<br />

Be<strong>im</strong> strengen Kriterium ergaben sich demzufolge<br />

geringere Prozentsätze von Personen, die die<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> einhielten, be<strong>im</strong> weicheren Kriterium<br />

hingegen höhere Prozentsätze. Die höheren<br />

Prozentsätze führten zu einer positiveren Veränderung<br />

des <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhaltens. Das Resultat<br />

zeigt, dass der Mensch das Verhalten anderer<br />

nachahmt. Eine andere Interpretation könnte sein,<br />

dass die Prozentangaben eine Art soziale Norm<br />

darstellen (Kap. V.5.2, S. 48).<br />

Die klassische Lerntheorie zeigt auf, dass ein Verhalten,<br />

das positive Konsequenzen nach sich zieht,<br />

zunehmend häufiger ausgeübt wird. Schnell fahren<br />

macht Spass – also macht man es <strong>im</strong>mer öfter,<br />

solange es keine negativen Konsequenzen hat.<br />

Negative Konsequenzen sind etwa <strong>Geschwindigkeit</strong>sbussen,<br />

Unfälle oder auch soziale Konsequenzen<br />

in Form von gesellschaftlicher Ächtung. Diese<br />

Theorie erklärt auch, warum unangepasste <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

ein häufigeres Problem ist als das<br />

Überschreiten der Höchstgeschwindigkeiten. Für<br />

unangepasste <strong>Geschwindigkeit</strong> wird man nur selten<br />

durch die Polizei bestraft, da man die allgemeinen<br />

oder signalisierten Höchstgeschwindigkeiten<br />

eingehalten hat. Und solange man keinen Unfall<br />

erleidet, hat man kaum negative Konsequenzen –<br />

höchstens mal ein Reifenquietschen oder den temporären<br />

Verlust der Kontrolle über das Fahrzeug.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht 47


5.2 Theorie des geplanten Verhaltens<br />

Die Theorie des geplanten Verhaltens ist etwas<br />

komplexer als die verhaltenstheoretischen Modelle.<br />

Hier wird davon ausgegangen, dass sich das Verhalten<br />

aus den verschiedenen Komponenten der<br />

Grafik in Abbildung 4 ergibt: verschiedene Vorstellungen<br />

(beliefs), Einstellungen, Normen und Wahrnehmungen.<br />

All diese beeinflussen die Verhaltensabsicht.<br />

Letztere best<strong>im</strong>mt dann, solange man<br />

nicht gehindert wird, das Verhalten.<br />

Die empirischen Resultate unterstreichen besonders<br />

die Bedeutung der persönlichen Norm, d. h. des<br />

Gefühls, ob das, was man tut, richtig oder falsch<br />

ist. Dies konnte für verschiedene Arten des Fehlverhaltens<br />

<strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> bestätigt werden<br />

[21]. Interessant ist in diesem Zusammenhang,<br />

dass bei der vom Bundesamt für Statistik (BFS)<br />

zusammen mit der bfu alle 2 Jahre durchgeführten<br />

Befragung der Motorfahrzeuglenkenden eine weitaus<br />

grössere Akzeptanz für <strong>Geschwindigkeit</strong>s- als<br />

für Alkoholdelikte besteht. So wird Fahren in ange-<br />

Abbildung 4<br />

Darstellung des Modells des geplanten Verhaltens<br />

Quelle: Parker et al. [21]<br />

trunkenem Zustand von 59 % der Befragten als<br />

kr<strong>im</strong>inell beurteilt. Aber nur 15 % vertreten diese<br />

Meinung bezüglich des Überschreitens der Höchstgeschwindigkeiten.<br />

Die soziale Norm bezüglich FiaZ<br />

(Fahren in angetrunkenem Zustand) ist also deutlich<br />

strenger als bezüglich zu schnellem Fahren.<br />

Dieses Modell bietet viele Ansatzpunkte für Intervention.<br />

Man kann praktisch an allen «Stellschrauben»<br />

drehen. So könnte man versuchen, die gesellschaftlichen<br />

Normen zu verändern (von «Zu<br />

schnell fahren ist ein Kavaliersdelikt» zu «Schnellfahrer<br />

sind doofe Proleten»), was einen Einfluss auf<br />

die subjektive Norm hat («Ich bin kein doofer Prolet,<br />

also fahre ich auch nicht zu schnell»), wodurch<br />

die Verhaltensabsicht («Ich will nicht zu schnell<br />

fahren») und das Verhalten («Ich fahre nicht zu<br />

schnell») geändert werden. Ähnliche Szenarien<br />

sind auch für die Vorstellungen von Verhalten und<br />

Kontrolle denkbar. Daher ist dieses Modell gut<br />

geeignet, theoretische Grundlagen beispielsweise<br />

für Präventionskampagnen zu liefern.<br />

48 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


5.3 Das Risk Speed Model von Taylor<br />

(1964)<br />

Das Risiko-<strong>Geschwindigkeit</strong>s-Modell von Taylor aus<br />

dem Jahr 1964 (zitiert nach [22]) geht davon aus,<br />

dass sich das Fahrverhalten aus dem Zusammenhang<br />

zwischen subjektivem Risiko und der Fahrgeschwindigkeit<br />

ergibt. Je stärker das wahrgenommene<br />

Risiko ist, umso mehr wird die Fahrgeschwindigkeit<br />

reduziert. Das Produkt aus subjektivem<br />

Risiko und Fahrgeschwindigkeit soll also konstant<br />

gehalten werden. Es kann auch Ausnahmen<br />

von dieser Regel geben, z. B. wenn man schneller<br />

fährt, um einer riskanten Situation zu entkommen.<br />

Es handelt sich bei Taylors Modell um einen Vorläufer<br />

des bekannten und umstrittenen Risikohomöostase-Modells<br />

von Wilde.<br />

5.4 Contagion Model of Speeding<br />

Connolly und Aberg argumentieren, dass das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

nur teilweise durch die<br />

Einstellung zur <strong>Geschwindigkeit</strong>, den Vorstellungen<br />

über die Konsequenzen des zu schnell Fahrens und<br />

den <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen der Polizei best<strong>im</strong>mt<br />

wird [23]. Sie gehen davon aus, dass die<br />

eigene <strong>Geschwindigkeit</strong> durch den Vergleich mit<br />

derjenigen anderer Fahrer best<strong>im</strong>mt wird. Sie nennen<br />

dies das Ansteckungsmodell des zu schnellen<br />

Fahrens. In Modellrechnungen führen sie vor, dass<br />

– falls das Modell st<strong>im</strong>mt – durch das positive Beeinflussen<br />

(Verlangsamung) einiger Fahrer, andere<br />

Fahrer durch Nachahmung ebenfalls ihr <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

verlangsamen. Auch legen die<br />

Autoren einige empirische Belege für ihr Ansteckungsmodell<br />

vor: Fahrzeuge, die zur selben Zeit<br />

am selben Ort sind, sind auffallend häufig mit derselben<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> unterwegs.<br />

5.5 Persönlichkeitstheorie<br />

Die Persönlichkeitstheorie befasst sich mit den<br />

stabilen psychischen Merkmalen des Menschen.<br />

Besonders hervorgetan hat sich dabei das Fünf-<br />

<strong>Faktor</strong>en Modell. Es geht davon aus, dass sich der<br />

Charakter des Menschen in fünf verschiedene <strong>Faktor</strong>en<br />

aufteilen lässt. Jeder Mensch hat dabei auf<br />

jedem dieser <strong>Faktor</strong>en eine best<strong>im</strong>mte Ausprägung.<br />

Die <strong>Faktor</strong>en sind:<br />

• Neurotizismus<br />

• Extraversion<br />

• Offenheit für Erfahrungen<br />

• Verträglichkeit<br />

• Gewissenhaftigkeit<br />

Neurotizismus (was auch Ängstlichkeit beinhaltet)<br />

erwies sich als ein <strong>Faktor</strong>, der positiv mit Verkehrssicherheit<br />

zusammenhängt. Offenheit für Erfahrung<br />

hingegen weist einen negativen Zusammenhang<br />

auf. Leider kann man daraus keine (Pr<strong>im</strong>är-)<br />

Präventionsstrategie entwickeln. Einerseits sind die<br />

Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Unfallgeschehen<br />

nicht stark genug, weil <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong><br />

vieles situativ bedingt ist. Darüber hinaus<br />

sind auch die Testverfahren nicht gut genug um<br />

beispielsweise Personen mit auffälligen Persönlichkeitsmerkmalen<br />

aus dem <strong>Strassenverkehr</strong> präventiv<br />

zu entfernen (Kap. IV, S. 35).<br />

Den umgekehrten Fall aber gibt es natürlich. Personen,<br />

die <strong>im</strong> Verkehr auffällig geworden sind,<br />

werden unter Umständen einer verkehrspsychologischen<br />

Begutachtung unterzogen, um festzustellen,<br />

ob die charakterliche Eignung zum Führen<br />

eines Fahrzeugs gegeben ist.<br />

In der Schweiz wurde für diesen Zweck beispielsweise<br />

der Test zur Erfassung verkehrsrelevanter<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht 49


Persönlichkeitsmerkmale (TVP) von Spicher und<br />

Hänsgen entwickelt [24].<br />

Ein weiteres Modell, das in der Verkehrssicherheitsarbeit<br />

<strong>im</strong>mer wieder diskutiert wird, ist das<br />

Sensation Seeking. Die Theorie stammt von Zuckerman.<br />

Er geht davon aus, dass es genetisch<br />

bedingte Unterschiede bei den Menschen hinsichtlich<br />

ihres Bedürfnisses nach neuen und/oder intensiven<br />

Reizen gibt. Die von ihm entwickelte Sensation<br />

Seeking Scale lässt sich in vier D<strong>im</strong>ensionen<br />

aufteilen [25]:<br />

1. «Thrill and adventure seeking»: Körperlich riskante<br />

Aktivitäten (beispielsweise Klettern, Fallschirmsprung)<br />

2. «Experience seeking»: Abwechslung durch<br />

unkonventionellen Lebensstil (Reisen, Musik,<br />

Drogen)<br />

3. «Disinhibition (dt.: «Enthemmung») seeking»:<br />

Abwechslung durch soziale St<strong>im</strong>ulation (Party,<br />

Promiskuität, soziales Trinken)<br />

4. «Boredom susceptibility» (dt.: «Anfälligkeit für<br />

Langeweile»): Abneigung gegenüber Langeweile<br />

und Neigung zur Unruhe, wenn die Umwelt<br />

keine Abwechslung mehr bietet.<br />

Insbesondere die D<strong>im</strong>ensionen 1 und 4 sowie allenfalls<br />

auch noch 2 und 3 (wegen der psychoaktiven<br />

Substanzen) könnten negative Einflüsse auf das<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten haben. Erfreulich hingegen<br />

ist, dass, wie Tay et al. aufzeigten, ein negativer<br />

Zusammenhang zwischen Alter und Sensation<br />

Seeking besteht, d. h. dass mit zunehmendem<br />

Alter diese spezifische Form der Unangepasstheit<br />

nachlässt, genauso wie wir es auch für das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

finden [26].<br />

6. Fazit<br />

Insgesamt handelt es sich bei der Fahrgeschwindigkeit<br />

um ein komplexes Thema bei dem verschiedene<br />

Disziplinen involviert sind. Die Verkehrstechnik<br />

bietet wichtige Möglichkeiten zur Anpassung<br />

der Strassen an die gewünschten Fahrgeschwindigkeiten,<br />

das Rechtssystem gibt den gesetzlichen<br />

Handlungsrahmen vor und kann allfällige<br />

Verstösse ahnden (Kap. VII.4.2, S. 72). Die Psychologie<br />

schliesslich zeigt auf der Grundlage von<br />

verschiedenen Modellen und Theorien auf, wie das<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten der Motorfahrzeuglenkenden<br />

beeinflusst wird und verändert werden<br />

kann. Eine abschliessende Bewertung darüber,<br />

welche psychologische Theorie am «besten» ist, ist<br />

nicht möglich. Aber es ist offensichtlich, dass Theorien,<br />

die Interventionsmöglichkeiten aufzeigen für<br />

die Prävention geeigneter sind als andere, die ein<br />

Menschenbild mit wenig Veränderungspotenzial<br />

beinhalten.<br />

Für eine erfolgreiche Verkehrssicherheitsarbeit <strong>im</strong><br />

Bereich <strong>Geschwindigkeit</strong> ist eine Verknüpfung der<br />

verschiedenen Interventionsmöglichkeiten nötig.<br />

50 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


VI. Unfallgeschehen<br />

1. Datenlage<br />

Die folgenden Auswertungen der <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfälle<br />

basieren auf Daten der polizeilich registrierten<br />

<strong>Strassenverkehr</strong>sunfälle des Bundesamts<br />

für Statistik (BFS) [27]. Für jedes an einem Unfall<br />

beteiligte Fahrzeug kann die Polizei bis zu<br />

3 mögliche Mängel/Einflüsse aus einem Kategoriensystem<br />

registrieren. In der internationalen Literatur<br />

werden zwei verschiedene Arten von <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen<br />

unterschieden: die<br />

«excess speed», also schneller als die erlaubte<br />

Höchstgeschwindigkeit und die «inappropriate<br />

speed», eine nicht den Verhältnissen angepasste<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>. Auch <strong>im</strong> schweizerischen Unfallaufnahmeprotokoll<br />

gibt es verschiedene Arten der<br />

Unfallursache <strong>Geschwindigkeit</strong>. Eine davon ist das<br />

Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit: «Überschreiten<br />

der gesetzlichen oder signalisierten<br />

Höchstgeschwindigkeit (Mangel 414)». Fünf weitere<br />

Arten beinhalten eine Art von geschwindigkeitsbezogenem<br />

Fehlverhalten ohne dass die gesetzliche<br />

Höchstgeschwindigkeit überschritten wurden:<br />

«Nichtanpassen an die Linienführung (410)»,<br />

«Nichtanpassen an die Strassenverhältnisse (411)»,<br />

«Nichtanpassen an die Verkehrsverhältnisse (412)»,<br />

«Nichtanpassen an die Sichtverhältnisse (413)» und<br />

«Anderes Fehlverhalten <strong>im</strong> Zusammenhang mit der<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> (419)».<br />

Bei der Analyse des Unfallgeschehens auf der Basis<br />

der polizeilich registrierten Daten muss bedacht<br />

werden, dass eine erhebliche Dunkelziffer besteht.<br />

Schätzungen gehen von 3,5-mal mehr Unfällen<br />

aus, als registriert werden [28]. Ob ein Unfall von<br />

der Polizei registriert wird, ist von zwei zentralen<br />

<strong>Faktor</strong>en abhängig: dem Unfalltyp und den Unfallfolgen.<br />

Eher registriert werden Kollisionen, bei<br />

denen andere Verkehrsteilnehmende beteiligt waren.<br />

Selbstunfälle oder Alleinunfälle weisen eine<br />

deutlich höhere Dunkelziffer auf. <strong>Der</strong> zweite entscheidende<br />

<strong>Faktor</strong> ist die aus dem Unfall resultierende<br />

Verletzung. Je schwerwiegender diese ist,<br />

desto eher werden Unfälle erfasst. Bei Unfällen mit<br />

Todesfolge ist deshalb mit einer annähernd vollumfänglichen<br />

Registrierung zu rechnen. Unfälle aufgrund<br />

von überhöhter oder unangepasster Fahrgeschwindigkeit<br />

haben oft schwere oder sogar tödliche<br />

Verletzungen zur Folge. Daher ist zumindest<br />

bei diesen mit einer geringeren Dunkelziffer zu<br />

rechnen.<br />

Gleichzeitig muss aber auch berücksichtigt werden,<br />

dass die Polizei an der Unfallstelle ein <strong>Geschwindigkeit</strong>svergehen<br />

nicht <strong>im</strong>mer zweifelsfrei feststellen<br />

kann. Die Bedeutung von <strong>Geschwindigkeit</strong> als<br />

Unfallursache wird damit insgesamt unterschätzt.<br />

Nach einem Überblick über die Unfälle seit 1992<br />

werden die Unfälle der letzten 5 Jahre analysiert.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Unfallgeschehen 51


2. Unfallgeschehen 1992–2008<br />

Seit dem Jahr 1992 wurden bei Unfällen mit möglichem<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss durchschnittlich<br />

4800 Personen leicht, 1500 Personen schwer und<br />

222 Personen tödlich verletzt (Tabelle 3). Die Entwicklung<br />

zeigt für alle Verletzungskategorien abnehmende<br />

Trends. Gegenüber 1992 hat die Anzahl<br />

der Leichtverletzten um 22 %, die der Schwerverletzten<br />

um 47 % und die der Getöteten bei <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

um 59 % abgenommen<br />

(Abbildung 5). Diese Abnahme spiegelt gleichzeitig<br />

den generellen Rückgang der Verkehrsopfer in den<br />

letzten 17 Jahren wieder. Die Anteile der durch<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> geforderten Opfer an allen Personenschäden<br />

bleiben damit über diesen Zeitraum<br />

relativ stabil. Bei den Schwerverletzten sind es<br />

durchschnittlich 25 %, bei den Getöteten etwa<br />

40 % aller <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> geforderten Opfer<br />

(Abbildung 6). <strong>Der</strong> Anteil der differenzierten <strong>Geschwindigkeit</strong>seinflüsse<br />

bleibt über die Zeit nicht in<br />

allen Fällen stabil: Während bei Unfällen mit<br />

Schwerverletzten das «Nichtanpassen an die Linienführung»<br />

mit rund 40 % und «Nichtanpassen<br />

Tabelle 3<br />

Personenschäden bei <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen, 1992–2008<br />

Unfalljahr Leichtverletzte Schwerverletzte Getötete<br />

1992 5 064 2 100 359<br />

1993 4 995 1 907 321<br />

1994 5 067 1 659 265<br />

1995 5 004 1 788 254<br />

1996 4 461 1 504 243<br />

1997 4 325 1 488 215<br />

1998 5 043 1 606 220<br />

1999 5 634 1 741 229<br />

2000 5 224 1 604 229<br />

2001 5 269 1 634 202<br />

2002 5 095 1 408 207<br />

2003 4 942 1 525 219<br />

2004 4 840 1 387 219<br />

2005 4 629 1 248 178<br />

2006 4 310 1 295 135<br />

2007 4 108 1 223 134<br />

2008 3 960 1 109 147<br />

Quelle: BFS<br />

an die Strassenverhältnisse» mit 33 % gleichbleibend<br />

die häufigsten <strong>Geschwindigkeit</strong>seinflüsse<br />

sind, zeigt sich bei der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit<br />

ein deutlicher Rückgang (Tabelle<br />

4). Nichtanpassen an die Verkehrs- oder Sichtverhältnisse<br />

und «anderes Fehlverhalten» machen<br />

zusammen weniger als ein Drittel der Unfälle mit<br />

schweren Personenschäden aus. Bei Unfällen mit<br />

Getöteten verläuft die Entwicklung entsprechend.<br />

Bei diesen ist aber das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit<br />

für einen höheren Anteil der Unfälle<br />

verantwortlich.<br />

Abbildung 5<br />

Entwicklung der Verletzten und Getöteten bei Unfällen mit<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss (indexiert), 1992–2008<br />

52 Unfallgeschehen bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

Leichtverletzte Schwerverletzte Getötete<br />

Abbildung 6<br />

Anteil durch <strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss Schwerverletzter und<br />

Getöteter an allen <strong>Strassenverkehr</strong>sopfern, 1992–2008<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Quelle: BFS<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

Anteil an Schwerverletzten Anteil an Getöteten


Tabelle 4<br />

Anteile einzelner <strong>Geschwindigkeit</strong>smängel bei <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Unfälle mit Schwerverletzten<br />

Nichtanpassen an die<br />

Linienführung<br />

39% 43% 40% 38% 41% 44% 43% 44% 43% 42% 44% 47% 42% 40% 42% 47% 42%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Strassenverhältnisse<br />

35% 33% 32% 37% 33% 30% 34% 36% 32% 34% 30% 27% 35% 35% 31% 29% 33%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Verkehrsverhältnisse<br />

7% 8% 9% 7% 8% 8% 9% 6% 9% 8% 8% 8% 6% 8% 8% 7% 8%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Sichtverhältnisse<br />

9% 8% 8% 7% 7% 7% 7% 7% 8% 8% 6% 5% 6% 5% 6% 6% 7%<br />

Überschreiten der<br />

gesetzlichen oder<br />

signalisierten Höchstgeschwindigkeit<br />

23% 19% 21% 19% 17% 20% 16% 18% 17% 16% 19% 19% 18% 13% 11% 15% 14%<br />

Anderes Fehlverhalten<br />

<strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />

der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

4% 4% 4% 6% 4% 5% 5% 5% 6% 6% 8% 7% 8% 9% 13% 9% 9%<br />

Unfälle mit Getöteten<br />

Nichtanpassen an die<br />

Linienführung<br />

40% 45% 38% 37% 46% 48% 44% 44% 46% 43% 45% 53% 50% 51% 47% 47% 48%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Strassenverhältnisse<br />

29% 25% 26% 24% 28% 31% 31% 31% 23% 24% 30% 17% 21% 18% 24% 18% 23%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Verkehrsverhältnisse<br />

5% 6% 7% 3% 6% 2% 4% 3% 5% 4% 3% 4% 5% 5% 6% 6% 2%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Sichtverhältnisse<br />

14% 8% 12% 9% 9% 11% 7% 10% 9% 13% 11% 11% 10% 6% 7% 10% 9%<br />

Überschreiten der<br />

gesetzlichen oder<br />

signalisierten Höchstgeschwindigkeit<br />

29% 30% 33% 36% 25% 28% 29% 26% 29% 23% 23% 29% 33% 35% 27% 29% 25%<br />

Anderes Fehlverhalten<br />

<strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />

der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

4% 5% 5% 6% 8% 8% 7% 10% 9% 10% 7% 7% 8% 9% 13% 10% 7%<br />

Quelle: BFS<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Unfallgeschehen 53


3. Das aktuelle Unfallgeschehen<br />

(2004–2008)<br />

In den letzten 5 Jahren ereigneten sich durchschnittlich<br />

1200 Unfälle mit schweren Personenschäden<br />

(Unfälle mit Schwerverletzten oder Getöteten)<br />

mit der Ursache <strong>Geschwindigkeit</strong> pro Jahr.<br />

Bei diesen waren rund 700 Personenwagen beteiligt.<br />

Damit waren in 60 % aller schweren<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sunfälle Personenwagen beteiligt<br />

(Tabelle 5). Die zweithäufigste Fahrzeugkategorie<br />

sind die Motorräder (31 %). Liefer-, Lastwagen und<br />

Sattelschlepper sind dagegen eher selten vertreten.<br />

Wird der Anteil mit <strong>Geschwindigkeit</strong>smangel versehener<br />

Fahrzeuge bei allen schweren Unfällen<br />

betrachtet, ändert sich das Bild: Bei allen in schwere<br />

Unfälle verwickelten Personenwagen wird in 16<br />

von Hundert Fällen der Mangel <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

vergeben. Bei den Motorrädern liegt dieser Anteil<br />

je nach Motorradkategorie zwischen 15 % bei den<br />

Kleinmotorrädern und 28 % bei den Motorrädern<br />

mit mehr als 125 cm3 .<br />

Im Zeitraum 2004–2008 wurden bei <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

pro Jahr durchschnittlich 1251 Personen<br />

schwer verletzt und 163 getötet. Wie bereits bei den<br />

Tabelle 5<br />

An schweren Unfällen beteiligte Fahrzeuge mit Mangel <strong>Geschwindigkeit</strong>, 2004–2008<br />

2004 2005 2006 2007 2008 Summe Durchschnitt<br />

2004–2008<br />

Quelle: Quelle: Quelle: BFS BFS BFS<br />

Quelle: BFS<br />

beteiligten Fahrzeugen gezeigt wurde, sind über die<br />

Hälfte der Opfer Personenwageninsassen und annähernd<br />

30 % Motorradfahrende. Mit rund 5 % und<br />

6 % sind auch Fussgänger und Radfahrende betroffen<br />

(Abbildung 7). Rund ein Viertel der Opfer sind<br />

Frauen, drei Viertel Männer. Die meisten Schwerverletzten<br />

und Getöteten sind <strong>im</strong> Alter von 18 bis 59<br />

Jahren (80 %), wobei jedes 5. Opfer ein Mann <strong>im</strong><br />

Alter von 18 bis 24 Jahren ist (Abbildung 8).<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sunfälle sind häufig Schleuder-/<br />

Selbstunfälle. Allein 70 % aller Schwerverletzten<br />

und Getöteten werden bei diesen gefordert<br />

(Abbildung 9). Auffällig viele Opfer sind dabei auf<br />

Ausserortsstrassen zu beklagen (57 %). Kollisionen<br />

fordern innerorts und ausserorts eine vergleichbare<br />

Anzahl an Personenschäden, wobei der Anteil Getöteter<br />

auf Ausserortsstrassen höher liegt. Bei den<br />

Kollisionen sind es vor allem Streif- und Frontalkollisionen,<br />

die einen hohen Opferanteil ausmachen.<br />

Bei den Schleuder-/Selbstunfällen sind 60 % der<br />

Schwerverletzten und Getöteten Personenwageninsassen,<br />

28 % Motorradfahrer und <strong>im</strong>merhin<br />

noch 5 % Fahrradfahrer. Aber auch Fussgänger<br />

werden Opfer von Schleuder-/Selbstunfällen von<br />

Fahrzeugen. Bei diesem Unfalltyp kommt es nicht<br />

Anteil an allen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

Anteil Fahrzeuge mit<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>smangel<br />

in allen schweren Unfällen<br />

Personenwagen 842 728 722 617 652 3 561 712 59% 16%<br />

Lieferwagen 34 26 35 29 19 143 29 2% 11%<br />

Lastwagen 13 6 12 8 18 57 11 1% 7%<br />

Sattelschlepper 5 5 6 6 8 30 6 0% 11%<br />

Motorfahrrad 18 16 16 23 7 80 16 1% 8%<br />

Kleinmotorrad 33 40 23 35 12 143 29 2% 15%<br />

Motorrad bis 125 cm 3 109 93 96 109 83 490 98 8% 17%<br />

Motorrad über 125 cm 3 235 240 260 248 247 1 230 246 20% 28%<br />

Fahrrad 70 76 76 75 72 369 74 6% 8%<br />

Andere 23 23 40 29 25 140 28 2% 10%<br />

Total Schwere <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfälle<br />

1 333 1 218 1 224 1 152 1 078 6 005 1 201 104%<br />

54 Unfallgeschehen bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


direkt zu einer Kollision zwischen Fahrzeug und<br />

Fussgänger. <strong>Der</strong> Fussgänger wird vielmehr Opfer<br />

eines bereits schleudernden Fahrzeugs. Im Durchschnitt<br />

werden dabei pro Jahr 7 Fussgänger schwer<br />

verletzt und 2 getötet. Bei direkten Kollisionsunfällen<br />

sind Fussgänger entsprechend häufiger unter<br />

den Opfern zu finden: Jährlich werden 56 schwer<br />

verletzt und 10 getötet (16 % aller schweren Personenschäden<br />

bei Kollisionen).<br />

Abbildung 7<br />

Schwerverletzte und Getötete bei <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

nach Verkehrsteilnahme, Ø 2004–2008<br />

Personenwagen<br />

Kleinmotorräder/<br />

Motorräder<br />

Motorfahrrad<br />

Abbildung 8<br />

Schwerverletzte und Getötete bei Unfällen mit <strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss<br />

nach Alter und Geschlecht, Ø 2004–2008<br />

80+<br />

70–79<br />

60–69<br />

50–59<br />

40–49<br />

30–39<br />

25–29<br />

20–24<br />

18–19<br />

15–17<br />

10–14<br />

5–9<br />

0–4<br />

Quelle: BFS<br />

Fahrrad<br />

Fussgänger<br />

Andere<br />

29<br />

21<br />

78<br />

58 10<br />

18 2<br />

5<br />

63 11<br />

355<br />

681<br />

41<br />

0 200 400 600 800<br />

Schwerverletzte Getötete<br />

18<br />

17<br />

14<br />

13<br />

158<br />

166<br />

137<br />

5<br />

8<br />

102<br />

101<br />

78<br />

59<br />

47<br />

3 8 6 1<br />

5 16 15 2<br />

1 19 9<br />

14 6 1<br />

2 1 4<br />

200 175 150 125 100 75 50 25 25 50 75<br />

Schwer verletzte Männer Getötete Männer<br />

Schwer verletzte Frauen Getötete Frauen<br />

19<br />

24<br />

27<br />

36<br />

31<br />

2<br />

57<br />

56<br />

55<br />

2<br />

3<br />

3<br />

2<br />

94<br />

3<br />

4<br />

3<br />

Durch den hohen Anteil an Schleuder-/Selbstunfällen<br />

sind es meist die Nutzer der Fahrzeuge mit<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>smangel selbst, die verletzt oder<br />

getötet werden. In allen Unfällen mit Beteiligung<br />

von Personenwagen mit dem Mangel <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

sind drei Viertel der Opfer die Personenwageninsassen<br />

selbst. Jedes 6. ist Insasse eines weiteren<br />

beteiligten Personenwagens, jedes 15. ein<br />

Fussgänger. Bei Unfällen mit Beteiligung von Motorrädern<br />

zeigt sich ein anderes Verhältnis: Hier<br />

sind 95 % der Opfer die Motorradfahrer selbst und<br />

2 % Fussgänger. Mit jeweils etwa 1 % sind andere<br />

Motorrad-, und Fahrradfahrende sowie Personenwageninsassen<br />

vertreten. Einer der Gründe für<br />

dieses Verhältnis zwischen Motorrad- und Personenwagenunfällen<br />

ist die höhere Vulnerabilität der<br />

Motorradfahrenden.<br />

Abbildung 9<br />

Schwerverletzte und Getötete bei <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

nach Unfalltyp und Ortslage, Ø 2004–2008<br />

Kollision mit<br />

anderem<br />

Verkehrsteilnehmer<br />

Ausserorts<br />

Ausserorts<br />

Autobahn<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Unfallgeschehen 55<br />

Schleuder-<br />

/Selbstunfall<br />

Quelle: BFS<br />

Innerorts<br />

Innerorts<br />

167<br />

163<br />

Autobahn 35 5<br />

252<br />

89 12<br />

Andere (z. B. Tierunfall) 12 1<br />

13<br />

26<br />

26<br />

534<br />

0 100 200 300 400 500 600 700<br />

Schwerverletzte Getötete<br />

80


Von den einzelnen <strong>Geschwindigkeit</strong>seinflüssen<br />

fordern insbesondere Unfälle, bei denen «Nichtanpassen<br />

an die Linienführung» bemängelt wurde,<br />

schwere Personenschäden. Das Überschreiten der<br />

Höchstgeschwindigkeit liegt mit rund 204 Schwerverletzten<br />

und 51 Getöteten jährlich an dritter<br />

Stelle (Abbildung 10).<br />

Um die speziellen Bedingungen von <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

aufzuzeigen, werden diese <strong>im</strong> Folgenden<br />

mit allen anderen Unfällen verglichen. Es<br />

werden nur Unfälle mit schweren Personenschäden<br />

betrachtet. <strong>Der</strong> Unfall muss also zumindest eine<br />

schwer verletzte oder eine getötete Person gefordert<br />

haben. Neben der allgemeinen Ursache <strong>Geschwindigkeit</strong>,<br />

werden auch die Anteile der differenzierten<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>smängel angegeben.<br />

Die Bedeutung der Schleuder-/Selbstunfälle wurde<br />

bereits bei den schweren Personenschäden bei<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen deutlich. Von diesen<br />

schweren Unfällen wird annähernd der Hälfte die<br />

Abbildung 10<br />

Anzahl Schwerverletze und Getötete nach <strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss,<br />

Ø 2003–2008<br />

Nichtanpassen<br />

an die Linienführung<br />

Nichtanpassen<br />

an die Strassenverhältnisse<br />

Überschreiten der gesetzlichen<br />

oder signalisierten<br />

Höchstgeschwindigkeit<br />

Anderes Fehlverhalten<br />

<strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

Nichtanpassen<br />

an die Verkehrsverhältnisse<br />

Nichtanpassen<br />

an die Sichtverhältnisse<br />

74<br />

121<br />

92<br />

204<br />

7<br />

13<br />

16<br />

410<br />

51<br />

532<br />

0 100 200 300 400 500 600 700<br />

Schwerverletzte Getötete<br />

Quelle: BFS Quelle: BFS<br />

34<br />

77<br />

Ursache <strong>Geschwindigkeit</strong> zugeordnet (Tabelle 6).<br />

Bei den Kollisionen sind es lediglich 11 %. Vor<br />

allem das Nichtanpassen an die Linienführung oder<br />

die Strassenverhältnisse ist für diesen hohen Anteil<br />

verantwortlich. Ausserorts werden 39 %, auf Autobahnen<br />

36 % und Innerorts 14 % aller schweren<br />

Unfälle mit dem Mangel <strong>Geschwindigkeit</strong> versehen.<br />

Das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit<br />

spielt dabei innerorts und auf Autobahnen eine<br />

grössere Rolle als ausserorts (Tabelle 7).<br />

Tabelle 6<br />

Anteil Unfälle mit <strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss an allen Unfällen<br />

mit schweren Personenschäden nach Unfalltyp, Ø 2004–2008<br />

Schleuder-/<br />

Selbstunfall<br />

Kollision mit<br />

anderem<br />

Verkehrsteilnehmer<br />

Andere<br />

(z. B.<br />

Tierunfall)<br />

Alle <strong>Geschwindigkeit</strong>smängel 47% 11% 6%<br />

Anteil einzelner Mängel an allen <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

Nichtanpassen an die<br />

Linienführung<br />

50% 27% 17%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Strassenverhältnisse<br />

36% 21% 23%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Verkehrsverhältnisse<br />

2% 19% 11%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Sichtverhältnisse<br />

3% 13% 14%<br />

Überschreiten der gesetzlichen<br />

oder signalisierten<br />

Höchstgeschwindigkeit<br />

15% 19% 15%<br />

Anderes Fehlverhalten <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit der<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong><br />

9% 10% 29%<br />

Tabelle 7<br />

Anteil Unfälle mit <strong>Geschwindigkeit</strong>einfluss an alle Unfällen mit<br />

schweren Personenschäden nach Ortslage, Ø 2004–2008<br />

Innerorts Ausserorts Autobahn<br />

Alle <strong>Geschwindigkeit</strong>smängel 14% 39% 36%<br />

Anteil einzelner Mängel an allen <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

Nichtanpassen an die<br />

Linienführung<br />

35% 52% 22%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Strassenverhältnisse<br />

26% 34% 36%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Verkehrsverhältnisse<br />

11% 3% 15%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Sichtverhältnisse<br />

8% 5% 10%<br />

Überschreiten der gesetzlichen<br />

oder signalisierten<br />

Höchstgeschwindigkeit<br />

19% 14% 20%<br />

Anderes Fehlverhalten <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit der<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong><br />

11% 8% 16%<br />

56 Unfallgeschehen bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


<strong>Geschwindigkeit</strong> ist vor allem in Kurvenbereichen<br />

ein Problem. In der Hälfte aller Unfälle in Kurvenbereichen<br />

wird die <strong>Geschwindigkeit</strong>, vor allem das<br />

Nichtanpassen an die Linienführung bemängelt.<br />

Auf geraden Strecken stehen die Strassenverhältnisse<br />

an erster Stelle (Tabelle 8). Das Nichtanpassen<br />

an die Strassenverhältnisse wird bei Unfällen bei<br />

Schneefall in 9 von 10 <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen,<br />

bei Regen in 7 von 10 bemängelt (Tabelle 9). Absolut<br />

gesehen spielen Unfälle bei Schneefall aber eine<br />

untergeordnete Rolle.<br />

In der Nacht wird ein höherer Anteil an schweren<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen registriert. Auch hier sind<br />

das Nichtanpassen an die Linienführung und die<br />

Strassenverhältnisse stark vertreten. Auffallend ist<br />

gegenüber Unfällen bei Tag und in der Dämmerung<br />

der erhöhte Anteil an Unfällen mit <strong>Geschwindigkeit</strong>sübertretung<br />

(Tabelle 10).<br />

Tabelle 8<br />

Anteil Unfälle mit <strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss an alle Unfällen mit schweren Personenschäden nach Unfallstelle, Ø 2004–2008<br />

Gerade Kurve Einmündung Kreuzung Platz / Parkplatz / Andere<br />

Strecke<br />

Verkehrsfläche Nebenanlage<br />

Alle <strong>Geschwindigkeit</strong>smängel 17% 51% 10% 9% 6% 6% 9%<br />

Anteil einzelner Mängel an allen <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

Nichtanpassen an die Linienführung 16% 59% 38% 36% 21% 17% 46%<br />

Nichtanpassen an die Strassenverhältnisse 34% 32% 22% 24% 29% 33% 18%<br />

Nichtanpassen an die Verkehrsverhältnisse 16% 2% 14% 15% 21% 8% 0%<br />

Nichtanpassen an die Sichtverhältnisse 12% 3% 7% 9% 14% 17% 9%<br />

Überschreiten der gesetzlichen oder<br />

signalisierten Höchstgeschwindigkeit<br />

Anderes Fehlverhalten <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

Quelle: BFS<br />

17% 15% 22% 16% 0% 13% 18%<br />

14% 7% 10% 10% 29% 25% 18%<br />

Tabelle 9<br />

Anteil Unfälle mit <strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss an alle Unfällen<br />

mit schweren Personenschäden nach Witterung, Ø 2004–2008<br />

Tabelle 10<br />

Keine<br />

Niederschläge<br />

Regen Schneefall Andere<br />

Anteil Unfälle mit <strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss an alle Unfällen<br />

mit schweren Personenschäden nach Tageszeit, Ø 2004–2008<br />

Alle<br />

22% 27% 68% 31%<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>smängel<br />

Anteil einzelner Mängel an allen <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

Alle <strong>Geschwindigkeit</strong>smängel<br />

Tag<br />

20%<br />

Dämmerung<br />

25%<br />

Nacht<br />

33%<br />

Nichtanpassen an die<br />

48% 27% 12% 26% Anteil einzelner Mängel an allen <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

Linienführung<br />

Nichtanpassen an die<br />

46% 34% 40%<br />

Nichtanpassen an die<br />

21% 68% 93% 84% Linienführung<br />

Strassenverhältnisse<br />

Nichtanpassen an die<br />

30% 42% 33%<br />

Nichtanpassen an die<br />

8% 5% 1% 5% Strassenverhältnisse<br />

Verkehrsverhältnisse<br />

Nichtanpassen an die<br />

9% 6% 4%<br />

Nichtanpassen an die<br />

6% 11% 5% 0% Verkehrsverhältnisse<br />

Sichtverhältnisse<br />

Nichtanpassen an die<br />

4% 5% 10%<br />

Überschreiten der<br />

18% 9% 2% 5% Sichtverhältnisse<br />

gesetzlichen oder signali-<br />

Überschreiten der gesetzlichen 13% 15% 21%<br />

siertenHöchstgeschwin- oder signalisierten Höchstgedigkeitschwindigkeit<br />

Anderes Fehlverhalten <strong>im</strong><br />

11% 5% 1% 5% Anderes Fehlverhalten <strong>im</strong><br />

10% 9% 8%<br />

Zusammenhang mit der<br />

Zusammenhang mit der<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong><br />

<strong>Geschwindigkeit</strong><br />

Quelle: BFS Quelle: BFS<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Unfallgeschehen 57


Bei den an schweren Unfällen beteiligten Fahrzeugen<br />

wird insbesondere bei den Motorradlenkenden<br />

die <strong>Geschwindigkeit</strong> bemängelt. Be<strong>im</strong> differenzierten<br />

Mangel «Überschreiten der gesetzlichen oder<br />

signalisierten Höchstgeschwindigkeit» liegen diese<br />

aber noch hinter den Personenwagenlenkenden<br />

zurück (Tabelle 11).<br />

Demographisch gesehen sind Motorfahrzeuglenker,<br />

die ihre Fahrweise nicht den Verhältnissen anpassen<br />

oder die Höchstgeschwindigkeit übertreten<br />

eher Männer und Personen <strong>im</strong> Alter von 18 bis 24<br />

Jahre: Mit steigendem Alter n<strong>im</strong>mt nicht nur der<br />

Anteil an <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen insgesamt ab,<br />

sondern vor allem auch die Häufigkeit der Unterkategorie<br />

«Übertretung der Höchstgeschwindigkeit»<br />

(Tabelle 12). Werden die Motorfahrzeuglenkenden<br />

nach Geschlecht differenziert, zeigt sich, dass<br />

Männer allgemein einen höheren Anteil <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfälle<br />

haben und zudem häufiger die<br />

Höchstgeschwindigkeit übertreten. Bei Frauen als<br />

Lenkerinnen ist das Nichtanpassen an die Strassenverhältnisse<br />

häufiger vertreten (Tabelle 13).<br />

Tabelle 11<br />

Anteil Fahzeuge mit <strong>Geschwindigkeit</strong>smangel an alle Fahrzeugen<br />

in schweren Unfällen nach Fahrzeugart, Ø 2004–2008<br />

Personenwagen <br />

Kleinmotorräder/<br />

Motorräder<br />

Lieferwagen <br />

Lastwagen/Sattelschlepper<br />

Alle <strong>Geschwindigkeit</strong>smängel<br />

16% 23% 11% 8%<br />

Anteil einzelner Mängel an allen <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

Nichtanpassen an die<br />

Linienführung<br />

37% 54% 25% 32%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Strassenverhältnisse<br />

39% 20% 47% 33%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Verkehrsverhältnisse<br />

7% 8% 13% 10%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Sichtverhältnisse<br />

8% 4% 10% 17%<br />

Überschreiten der gesetzlichen<br />

oder signalisierten<br />

Höchstgeschwindigkeit<br />

19% 15% 8% 14%<br />

Anderes Fehlverhalten <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit der<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong><br />

7% 10% 11% 21%<br />

Quelle: BFS Quelle: BFS<br />

Tabelle 12<br />

Anteil bemängelter Fahrzeuglenker an allen in schweren Unfällen<br />

beteiligten Lenker nach Alter, Ø 2004–2008<br />

18–24 25–44 45–64 65–74 75+<br />

Alle <strong>Geschwindigkeit</strong>mängel 29% 16% 10% 8% 6%<br />

Anteil einzelner Mängel an allen <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

Nichtanpassen an die<br />

Linienführung<br />

46% 39% 41% 37% 48%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Strassenverhältnisse<br />

31% 34% 34% 38% 31%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Verkehrsverhältnisse<br />

5% 8% 9% 10% 12%<br />

Nichtanpassen an die<br />

Sichtverhältnisse<br />

5% 8% 8% 8% 12%<br />

Überschreiten der gesetzlichen<br />

oder signalisierten<br />

Höchstgeschwindigkeit<br />

25% 16% 6% 4% 2%<br />

Anderes Fehlverhalten <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit der<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong><br />

6% 10% 12% 12% 6%<br />

Tabelle 13<br />

Anteil bemängelter Fahrzeuglenker an allen in schweren Unfällen<br />

beteiligten Lenker nach Geschlecht, Ø 2004–2008<br />

Männer Frauen<br />

Alle <strong>Geschwindigkeit</strong>smängel 17% 11%<br />

Anteil einzelner Mängel an allen <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

Nichtanpassen an die Linienführung 44% 33%<br />

Nichtanpassen an die Strassenverhältnisse 29% 51%<br />

Nichtanpassen an die Verkehrsverhältnisse 7% 8%<br />

Nichtanpassen an die Sichtverhältnisse 7% 9%<br />

Überschreiten der gesetzlichen oder signalisierten<br />

Höchstgeschwindigkeit<br />

18% 7%<br />

Anderes Fehlverhalten <strong>im</strong> Zusammenhang mit der<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong><br />

10% 7%<br />

58 Unfallgeschehen bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


4. Fazit<br />

Im Zeitraum von 1992–2008 hat die Anzahl von<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen mit Personenschäden<br />

entsprechend der allgemeinen Entwicklung des<br />

Unfallgeschehens abgenommen. Die grosse Bedeutung<br />

der <strong>Geschwindigkeit</strong> als Unfallursache bleibt<br />

trotzdem bestehen. Auch heute werden 25 % aller<br />

Schwerverletzten und 40 % aller Getöteten <strong>im</strong><br />

<strong>Strassenverkehr</strong> durch nicht angepasste oder überhöhte<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> gefordert. In absoluten<br />

Zahlen sind dies pro Jahr 1251 Schwerverletzte und<br />

163 Getötete.<br />

Mehr als zwei Drittel aller Opfer von <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen<br />

werden bei Schleuder-/Selbstunfällen<br />

gefordert. <strong>Geschwindigkeit</strong> ist vor allem bei Ausserortsunfällen<br />

und Unfällen in Kurvenbereichen<br />

häufige Ursache. Auch nachts zeigt sich ein erhöhter<br />

Anteil von <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfällen. Besonders<br />

häufig werden Motorradfahrer bemängelt, an<br />

zweiter Stelle stehen PW-Lenker. Unter den bemängelten<br />

Motorfahrzeuglenkenden sind überproportional<br />

Männer und Personen <strong>im</strong> Alter von 18 bis<br />

24 Jahre vertreten.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Unfallgeschehen 59


VII. Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement<br />

1. Einleitung<br />

<strong>Der</strong> Umgang mit dem Thema bzw. Problem <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

läuft oft unter dem Begriff <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement<br />

[6,29,30]. Dabei werden<br />

meist die folgenden Punkte angesprochen:<br />

Höchstgeschwindigkeiten, Polizeikontrollen und<br />

Rechtsprechung, Strasseninfrastruktur, Fahrzeugtechnik,<br />

Risikogruppen bzw. der Umgang mit diesen<br />

mittels Verkehrserziehung, Ausbildung und<br />

Information.<br />

Aus der Literatur sind viele <strong>Faktor</strong>en bekannt, die<br />

die <strong>Geschwindigkeit</strong>swahl beeinflussen. Eine Zusammenstellung<br />

des European Transport Safety<br />

Council [31] aus dem Jahr 1995 setzt sich aus<br />

strassen-, fahrzeug-, verkehrs-, umwelt- und lenkerbezogenen<br />

<strong>Faktor</strong>en zusammen:<br />

Strasse:<br />

• Breite<br />

• Längsneigung<br />

• Ausrichtung<br />

• Umgebung<br />

• Gestaltung<br />

• Markierung<br />

• Qualität des Belags<br />

Fahrzeug:<br />

• Fahrzeugtyp<br />

• Leistungsgewicht<br />

• Höchstgeschwindigkeit<br />

• Komfort<br />

Verkehr:<br />

• Dichte<br />

• Zusammensetzung<br />

• Vorherrschende <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

Umwelt:<br />

• Wetter<br />

• Strassenzustand<br />

• Lichtverhältnisse<br />

• Signale<br />

• Höchstgeschwindigkeit<br />

• Polizeikontrollen<br />

Motorfahrzeuglenkende:<br />

• Alter<br />

• Geschlecht<br />

• Reaktionszeit<br />

• Einstellungen<br />

• Suche nach Nervenkitzel («sensation seeking»)<br />

• Risikoakzeptanz<br />

• Risikowahrnehmung<br />

• Alkoholniveau<br />

• Motorfahrzeugbesitz<br />

• Umstände der Fahrt<br />

• Anzahl Passagiere<br />

Eine wohl wünschenswerte Gewichtung der Risikofaktoren<br />

nach ihrer relativen Bedeutung nehmen<br />

die Autoren nicht vor.<br />

2. Höchstgeschwindigkeit<br />

Die Höchstgeschwindigkeit ist die <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

mit der man rechtlich gesehen auf einer Strasse<br />

unter opt<strong>im</strong>alen Verkehrs-, Wetter- und Strassen-<br />

60 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


verhältnissen unterwegs sein darf. Aber auch bei<br />

Einhaltung der allgemeinen oder signalisierten<br />

Höchstgeschwindigkeit ist der Motorfahrzeuglenkende<br />

noch nicht aus der Pflicht. Er muss sein <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

an die jeweiligen Bedingungen<br />

wie Verkehrs-, Strassen- und Wetterverhältnisse<br />

anpassen. Letztlich gibt der Gesetzgeber<br />

nur vor, unterhalb welcher Höchstgrenze sich das<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten abzuspielen hat.<br />

Davon abzugrenzen ist die <strong>Geschwindigkeit</strong>, für die<br />

die Strasse gebaut worden ist. Hier handelt es sich<br />

um die sogenannten Ausbau- bzw. Projektierungsgeschwindigkeiten.<br />

Von der Theorie her sollten<br />

Ausbau- und Projektierungsgeschwindigkeit, allgemeine<br />

oder signalisierte Höchstgeschwindigkeit<br />

und tatsächlich gefahrene <strong>Geschwindigkeit</strong> möglichst<br />

nah beieinander sein. Allerdings gibt es empirische<br />

Resultate, die darauf hinweisen, dass das<br />

Unfallgeschehen verringert werden kann, wenn die<br />

erlaubte Höchstgeschwindigkeit geringer ist als die<br />

Ausbau- bzw. Projektierungsgeschwindigkeit, d. h.<br />

wenn die Strasse eine gewisse <strong>Geschwindigkeit</strong>stoleranz<br />

bietet. Dies dürfte auch der Grund dafür<br />

sein, dass die erlaubte Höchstgeschwindigkeit in<br />

den USA in den allermeisten Fällen sogar deutlich<br />

unter der V85 liegt, also der <strong>Geschwindigkeit</strong>, die<br />

von 85 % der Motorfahrzeuglenkenden nicht<br />

überschritten wird.<br />

3. Motorfahrzeuglenkende<br />

Merkmale der Motorfahrzeuglenkenden haben<br />

einen ganz erheblichen Einfluss darauf, ob mit<br />

angemessener <strong>Geschwindigkeit</strong> gefahren wird oder<br />

nicht. Einige der wichtigen <strong>Faktor</strong>en wurden bereits<br />

in Kap. V.5, S. 47 erwähnt.<br />

3.1 Alter<br />

Unangemessene <strong>Geschwindigkeit</strong> ist ein Problem<br />

der eher jüngeren Motorfahrzeuglenkenden, wobei<br />

dies relativ zu verstehen ist. Es handelt sich dabei<br />

nicht nur um die Gruppe der 18- bis 24-Jährigen,<br />

sondern um Lenkende bis ca. Mitte 30. Es ist allerdings<br />

nicht ausgeschlossen, dass dem problematischen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten der ganz Jungen<br />

und der Erwachsenen unterschiedliche Ursachen<br />

zugrunde liegen. Im einen Fall dürfte es sehr viel<br />

mit dem entwicklungspsychologischen Stand der<br />

jungen Leute zu tun haben. Bei den anderen hingegen<br />

ist die Entwicklung eigentlich abgeschlossen,<br />

aber die Grenzerfahrung wird noch <strong>im</strong>mer<br />

gesucht.<br />

Das Risikoverhalten der Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen wird auf eine Kombination von verschiedenen<br />

<strong>Faktor</strong>en zurückgeführt. Genannt werden<br />

beispielsweise das Pubertätsalter, hormonelle<br />

Fluktuationen und genetische <strong>Faktor</strong>en neben psychologischen<br />

<strong>Faktor</strong>en wie Selbstwahrnehmung,<br />

Beziehungen zu den Gleichaltrigen («peers»), Erziehungsstil<br />

der Eltern und andere psychosoziale<br />

<strong>Faktor</strong>en. Comsis Corporation und The Johns Hopkins<br />

University [32] weisen darauf hin, dass Theorien,<br />

die nur einen Aspekt der menschlichen Entwicklung<br />

berücksichtigen, der Komplexität des<br />

Phänomens nicht gerecht würden. Auch Shope<br />

[33] sieht diverse Einflussfaktoren für das riskante<br />

Fahrverhalten junger Motorfahrzeuglenkender. Sie<br />

nennt Persönlichkeitsmerkmale, demographische<br />

<strong>Faktor</strong>en, wahrgenommene Umgebung, soziale<br />

und physische Fahrerumgebung, Entwicklungsfaktoren<br />

und die Fahrkompetenz. In all diesen Aspekten<br />

sieht sie Interventionsmöglichkeiten. Versuche<br />

zur Änderung des Risikoverhaltens sollten auf je-<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 61


den Fall theoriegestützt sein und einen möglichst<br />

breiten Ansatz verfolgen.<br />

Die Interventionen sollten dabei auf die jeweiligen<br />

Zielgruppen zugeschnitten werden, da die Probleme<br />

je nach Alter unterschiedlich gelagert sein können<br />

(Kap. VII.3.10, S. 65).<br />

3.2 Geschlecht<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikte sind zum allergrössten Teil<br />

«Männersache». Sowohl bei den deskriptiven wie<br />

bei den analytischen Auswertungen waren Lenker<br />

gegenüber Lenkerinnen deutlich übervertreten.<br />

Dieser Geschlechtsunterschied besteht nach wie<br />

vor, obwohl man vermuten könnte, dass aufgrund<br />

der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung<br />

vermehrt auch <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikte durch<br />

Frauen begangen werden. Erfreulicherweise ist dies<br />

nicht der Fall.<br />

Für Interventionen bedeutet dies, dass man sich vor<br />

allem auf die Männer als Zielgruppe konzentrieren<br />

sollte.<br />

3.3 Reaktionszeit<br />

Die Reaktionszeit ist stark mit dem Alter korreliert.<br />

Je älter man wird, desto langsamer werden die<br />

Reaktionszeiten. Andere Punkte, die die Reaktionszeit<br />

beeinflussen sind beispielsweise Alkohol oder<br />

Ablenkung. Da allerdings die <strong>Geschwindigkeit</strong>sproblematik<br />

vor allem mit jüngerem Alter zu tun<br />

hat, scheint die Reaktionszeit hier – abgesehen von<br />

den in Kap. V.2.1.1, S. 37 genannten Punkten –<br />

nicht sehr relevant zu sein.<br />

3.4 Einstellungen<br />

Die Einstellungen spielen in verschiedenen psychologischen<br />

Theorien eine wichtige Rolle. Allerdings<br />

ist der Zusammenhang zwischen Einstellung und<br />

Verhalten bei weitem nicht so klar wie man meinen<br />

könnte. Die Kenntnis der Einstellung(en) allein<br />

reicht meistens für eine Verhaltensprognose nicht<br />

aus. Ohne weiter auf die komplexe Diskussion<br />

innerhalb der Psychologie einzusteigen muss konstatiert<br />

werden,<br />

• dass es nicht einfach ist, Einstellungen zu ändern<br />

• und dass dies allein nicht ausreicht, um ein<br />

komplexes Verhalten wie die <strong>Geschwindigkeit</strong>swahl<br />

be<strong>im</strong> Autofahren zu ändern.<br />

Interventionen, die sich lediglich auf die Einstellungen<br />

der Motofahrzeuglenkenden konzentrieren,<br />

scheinen wenig erfolgversprechend zu sein. Komplexe<br />

Modelle wie beispielsweise das von Shope<br />

[33] oder die Theorie des geplanten Verhaltens<br />

können hier eher helfen.<br />

Shope schlägt beispielsweise folgende Interventionen<br />

für Neulenkende generell (nicht nur bezogen<br />

auf die <strong>Geschwindigkeit</strong>) vor (Abbildung 11):<br />

• Schnelle und zuverlässige Polizeikontrollen unter<br />

Einbezug der technischen Möglichkeiten<br />

• Eine Fahrausbildung, die auf wissenschaftlichen<br />

Grundlagen basiert<br />

• Berücksichtigung der Erkenntnisse zum Erwachsenwerden.<br />

Insbesondere soll das Alter des Führerausweiserwerbs<br />

unter diesen Aspekten kritisch<br />

analysiert werden.<br />

• Die Eltern sollen bei der Entscheidung, wann<br />

ein junger Mensch alleine Autofahren darf, eine<br />

wichtige Rolle spielen.<br />

62 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


• Geschlechtsunterschiede be<strong>im</strong> Unfallrisiko sollten<br />

berücksichtigt werden (späteres Führerscheinalter<br />

für Männer als für Frauen?)<br />

• Die soziale Umwelt sollte korrektes Verhalten<br />

<strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> vorleben (Eltern, Peers). Auf<br />

Gemeindeebene könnte ein besserer öffentlicher<br />

Verkehr zu Verfügung gestellt werden.<br />

• Verbesserung der Sicherheit der Strasseninfrastruktur;<br />

elterliche Verbote zu best<strong>im</strong>mten Zeiten<br />

/ Wetterbedingungen Auto zu fahren.<br />

Man muss allerdings bei Shopes Vorschlägen berücksichtigen,<br />

dass das Führerscheinalter in den<br />

USA bei 16 oder sogar 15 Jahren liegt, wo der<br />

elterliche Einfluss noch um einiges grösser sein<br />

dürfte als bei den mindestens 18-Jährigen in der<br />

Schweiz.<br />

Abbildung 11<br />

Einflussfaktoren auf Fahrverhalten junger Lenker [32]<br />

Personality characteristics<br />

Risk taking propensity<br />

Hostility/aggressiveness<br />

Susceptibility to peer pressure<br />

Tolerance of deviance<br />

Demographic factors<br />

Age, sex<br />

Employment<br />

Education<br />

Living situation (parents)<br />

Perceived environment<br />

Parents' norms, behavior expectations<br />

Parental involvement, monitoring<br />

Peers' norms, behavior expectations<br />

Partner's norms, behavior expectations<br />

Community norms<br />

Cultural norms<br />

Media-advertising, entertainment<br />

Risk perception<br />

Quelle: Shope [33]<br />

3.5 Sensation Seeking<br />

Das Modell des Sensation Seeking wurde bereits an<br />

anderer Stelle vorgestellt (Kap. V.5.5, S. 49). Auch<br />

wenn dieses für die vorliegende Problematik recht<br />

plausibel erscheint, so ist doch fraglich, ob eine<br />

solche, eher eind<strong>im</strong>ensionale Betrachtungsweise,<br />

ausreichend ist. Darüber hinaus eröffnet dieses<br />

Modell, da es sich dabei um ein kaum änderbares<br />

Persönlichkeitsmerkmal handeln soll, nur wenig<br />

Interventionsmöglichkeiten.<br />

Eine mögliche Rolle könnte das Sensation Seeking<br />

bei der Begutachtung von charakterlich auffälligen<br />

Motorfahrzeuglenkenden spielen. Dazu müsste<br />

allerdings noch überprüft werden, wie sensitiv und<br />

spezifisch das Erhebungsinstrument ist. Von besonderer<br />

Bedeutung wäre auch der positive und<br />

negative Vorhersagewert, der von der Prävalenz in<br />

der zu untersuchenden Population abhängt [34].<br />

Developmental factors<br />

Physical<br />

Hormones, energy, brain, sleep<br />

Psychosocial<br />

Emotional, social (identity, sexual)<br />

Behavioral<br />

Substance use, school grades<br />

Driving ability<br />

Knowledge<br />

Skill<br />

Experience<br />

Driving behavior<br />

Speeding<br />

Unsafe passing<br />

Tailgating<br />

Failure to yield<br />

Impaired driving<br />

Lack of safety belt use<br />

Driving environment (physical and social)<br />

Night/dark<br />

Weather and road conditions<br />

Vehicle availability, play, interior<br />

Passengers (age, sex, substance use)<br />

Trip purpose<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 63


3.6 Risikoakzeptanz<br />

Mit Risikoakzeptanz ist das Unfallrisiko gemeint,<br />

das der Fahrer bereit ist, in Kauf zu nehmen: das<br />

akzeptierte persönliche Risiko. Dabei handelt es<br />

sich, nach verschiedenen Untersuchungen um ein<br />

relativ stabil bleibendes Niveau an Risikobereitschaft.<br />

Insbesondere in der Risikohomöostase-<br />

Hypothese von Wilde [35] spielt das subjektive<br />

Risikoniveau eine zentrale Rolle. Das subjektiv geschätzte<br />

Risiko und das akzeptierte persönliche<br />

Risiko werden miteinander verglichen (mit einem<br />

«Komparator») und das Verhalten bei Bedarf angepasst,<br />

beispielsweise langsamer gefahren. Aber<br />

auch der umgekehrte Fall ist denkbar: dass Verbesserung<br />

der Verkehrssicherheit beispielsweise durch<br />

sicherere Fahrzeuge mittels riskanteren Fahrverhaltens<br />

kompensiert wird. Die Hypothese von Wilde<br />

ist deshalb stark umstritten aber es kann wohl<br />

davon ausgegangen werden, dass es unterschiedliche<br />

individuelle Risikoakzeptanz gibt. Wilde selber<br />

geht davon aus, dass die Risikoakzeptanz beispielsweise<br />

von Erfahrung, Persönlichkeit, Geschlecht,<br />

Alter, Ausbildung aber auch von temporären<br />

<strong>Faktor</strong>en wie Alkohol, Ermüdung usw. abhängt.<br />

Er vertritt die Meinung, dass die Verkehrssicherheit<br />

letztlich nur dadurch verbessert werden<br />

kann, dass das «target level risk», also das akzeptierte<br />

persönliche Risiko, verändert wird.<br />

Trotz der Streitigkeit der Risikohomöostase-<br />

Hypothese kann man doch zwei Schlussfolgerungen<br />

für die Verkehrssicherheitsarbeit ableiten [22]:<br />

1. Intensivierte Polizeikontrollen führen zu einer<br />

erhöhten Risikowahrnehmung und demzufolge<br />

weniger <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen.<br />

2. Strassenmarkierungen, die zu einem subjektiv<br />

erhöhten Risiko führen, können Verhaltensänderungen<br />

herbeiführen. Beispiele dafür sind<br />

etwa optische Einengungen von Fahrbahnbreiten,<br />

die zu verringerten <strong>Geschwindigkeit</strong>en führen.<br />

Auch abgestufte Kurvenleitpfeile, die einen<br />

geringeren Kurvenradius vortäuschen als tatsächlich<br />

besteht, erhöhen das subjektiv wahrgenommene<br />

Risiko.<br />

3.7 Risikowahrnehmung<br />

Die Risikowahrnehmung spielt für unser Verhalten<br />

<strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> eine wichtige Rolle. Unsere<br />

alltägliche Erfahrung zeigt, dass es nur selten Verkehrsunfälle<br />

gibt. Eine Modellrechnung von Shinar<br />

[22] für die USA zeigt auf, dass der durchschnittliche<br />

Motorfahrzeuglenkende eine Wahrscheinlichkeit<br />

von 0,00016 hat, <strong>im</strong> kommenden Jahr ums<br />

Leben zu kommen. Aus dieser Perspektive ist beispielsweise<br />

eine Verringerung des Sterberisikos<br />

durch das Tragen eines Sicherheitsgurts auf<br />

0,00012 nicht besonders motivierend. Mit der<br />

Frage der Risikowahrnehmung haben sich u. a.<br />

auch Kahneman und Tversky beschäftigt, wobei<br />

Ersterer <strong>im</strong> Jahr 2002 dafür den Nobelpreis für<br />

Wirtschaftswissenschaften erhielt. Sie zeigten auf,<br />

dass die menschliche Risikowahrnehmung erheblichen<br />

Fehleinschätzungen unterliegt. Anwendungen<br />

dieser «Neuen Erwartungstheorie» auf das<br />

Verkehrsverhalten sind rar und sollten in Zukunft<br />

vermehrt geprüft werden.<br />

Rundmo und Iversen [36] konnten nachweisen,<br />

dass eine Verkehrssicherheitskampagne mit<br />

Schwerpunkt auf die Risikowahrnehmung sowohl<br />

diese verstärkte als auch das Unfallgeschehen positiv<br />

beeinflusste. Es scheint also möglich zu sein,<br />

mittels Kampagnen die Risikowahrnehmung zu<br />

intensivieren und so das Risikoverhalten zu reduzieren.<br />

64 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


3.8 Alkoholniveau<br />

Dass Alkohol verschiedenste negative Einflüsse auf<br />

das Fahrfähigkeit hat, ist bekannt. So ändern sich<br />

die Reaktionszeiten, die Wahrnehmung, Risikofreudigkeit<br />

und vieles mehr. Das Alkoholniveau<br />

erhöht auch die Wahrscheinlichkeit für zu schnelles<br />

Fahren. Junge Lenker sind besonders anfällig für<br />

die enthemmende Wirkung des Alkohols. Cavegn<br />

et al. [37] haben sich ausgiebig mit dem Thema<br />

Alkohol <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> auseinandergesetzt.<br />

Die ihrer Meinung nach sehr empfehlenswerten<br />

Interventionen sind:<br />

• Alkoholverbot für Neulenker in der Probephase<br />

und für Berufschauffeure<br />

• Ausdehnung der Beweiskraft von Atemalkoholproben<br />

• Intensivierung der polizeilichen Kontrolltätigkeit<br />

• Polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit über Kontrolltätigkeit<br />

• Zwingender Führerausweisentzug für Fahren in<br />

angetrunkenem Zustand zwischen 0.5 und 0.79<br />

Promille<br />

• Flächendeckende Einführung von Nachschulungsprogrammen<br />

für Erstdelinquenten<br />

• Anreizsteigerung für freiwillige Teilnahme an<br />

Nachschulungskursen<br />

3.9 Motorfahrzeugbesitz<br />

Ob man selber der Eigentümer eines Fahrzeugs ist<br />

oder nicht, hat einen Einfluss auf das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten.<br />

Eigentümer fahren mit ihrem<br />

Fahrzeug schneller als Personen, denen das Fahrzeug<br />

nicht gehört. Ein neueres Ergebnis in dieser<br />

Richtung fanden auch Ewert und Eberling [38], die<br />

ein geringeres Risiko schwerer Verletzungen für die<br />

Insassen von Fahrzeugen fanden, die nicht vom<br />

Eigentümer gefahren wurden.<br />

Interventionen lassen sich aus diesem Befund nur<br />

schwer ableiten. Eine theoretische Möglichkeit<br />

wäre, das Autofahren so weit zu verteuern, dass<br />

zumindest die ganz jungen Motorfahrzeuglenkenden<br />

sich ein eigenes Fahrzeug kaum leisten können.<br />

Dies würde dann zur vermehrten Nutzung von<br />

Mietfahrzeugen führen, deren Benutzung dann mit<br />

einem geringeren Risiko einherginge. Darüber hinaus<br />

dürften dadurch auch die Fahrleistungen gesenkt<br />

werden, wodurch die Unfallhäufigkeit noch<br />

mehr vermindert würde.<br />

3.10 Anzahl Passagiere<br />

<strong>Der</strong> Einfluss der Anzahl der Passagiere auf das Unfall-<br />

und <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten der Motorfahrzeuglenkenden<br />

wurde schon oft untersucht.<br />

Die Ergebnisse sind allerdings nicht einheitlich.<br />

Einige Studien kamen insbesondere für junge Lenker<br />

zum Schluss, dass das Unfallrisiko mit der Anzahl<br />

der Passagiere ansteigt. Die Ergebnisse sind so<br />

weit akzeptiert, dass beispielsweise in einigen Staaten<br />

der USA ein Passagierverbot für junge Motorfahrzeuglenkende<br />

besteht.<br />

Umgekehrt gibt es aber auch Studien, die zu einem<br />

positiven Fazit kommen, d. h. dass die Anwesenheit<br />

von Passagieren die Verkehrssicherheit verbessert<br />

[39].<br />

Insgesamt sieht es so aus, als ob bei jungen Lenkern<br />

insbesondere die Anwesenheit von Gleichaltrigen<br />

zu einer Risikoerhöhung führt. Die Anwesenheit<br />

von Kindern oder Erwachsenen hingegen hat<br />

eher positive Effekte. Jenseits des Alters von<br />

25 Jahren sind die Effekte von Passagieren auf das<br />

Fahrverhalten generell eher sicherheitsförderlich.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 65


Es wird empfohlen zu diesem Thema eine Schweizer<br />

Studie durchzuführen, um abzuschätzen, ob<br />

durch ein Passagierverbot für junge Lenker ein<br />

bedeutender Sicherheitsgewinn erreicht werden<br />

kann. Falls dem so wäre, könnte eine solche Massnahme<br />

Teil der Zweiphasenfahrausbildung werden.<br />

3.11 Graduated Driver Licensing<br />

Das bisher erfolgreichste Vorgehen gegen das erhöhte<br />

Unfallgeschehen von Neulenkenden ist das<br />

Graduated Driver Licensing (GDL), dessen theoretische<br />

Basis darin besteht, dass man bei Neulenkenden<br />

die Exposition für besonders riskante Situationen<br />

vermindert. So erklärt sich, dass in den USA<br />

das GDL vor allem die drei Komponenten des<br />

Nachtfahrverbots, Alkoholverbots und Passagierverbots<br />

beinhaltet. Alle drei Komponenten gehen<br />

mit deutlich erhöhten Unfallrisiken (und vermehrten<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikten) einher. Die in Europa<br />

üblichen Massnahmen für Neulenkende unter<br />

demselben Titel des GDL hingegen sind weniger<br />

eindeutig auf die Expositionsminderung von Risikosituationen<br />

ausgerichtet. Hier versteht man darunter<br />

verschiedene Komponenten wie vermehrte<br />

Ausbildung und höhere Strafandrohung. Ob sich<br />

die europäischen Varianten als ähnlich wirksam<br />

erweisen, wie die amerikanischen, die eine Reduktion<br />

von 20 bis 30 % bei den Unfällen aufweisen,<br />

muss noch geklärt werden.<br />

Elvik und Vaa [40] kommen aufgrund einer Meta-<br />

Analyse zum Schluss, dass mittels GDL 9 % der<br />

Unfälle mit Verletzten verhindert werden könnte.<br />

Nachtfahrverbote hingegen sollen einen Effekt von -<br />

36 % haben. Eine Cochrane Review [41] kommt<br />

jedoch zum Schluss, dass GDL zwar positive Effekte<br />

hat, das Ausmass aber aufgrund der schwachen<br />

Untersuchungsdesigns nicht best<strong>im</strong>mt werden kann.<br />

Insgesamt dürfte das Graduated Driver Licensing<br />

eine der erfolgversprechendsten Massnahmen für<br />

den Umgang mit jungen Motorfahrzeuglenkenden<br />

und deren Problemen <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> sein. Die<br />

genauen Inhalte und deren Wirksamkeit müssen<br />

aber noch besser überprüft werden. Für das<br />

schweizerische System (Zweiphasenfahrausbildung)<br />

sind Resultate etwa <strong>im</strong> Jahr 2011 zu erwarten.<br />

Abhängig von diesen Resultaten sind allenfalls<br />

noch Verbesserungen vorzunehmen.<br />

3.12 Behandlung von delinquenten<br />

Motorfahrzeuglenkenden<br />

Ein generelles Problem bei der Behandlung von<br />

delinquenten Motorfahrzeuglenkenden ist die<br />

mangelnde Reichweite der Spezialprävention. Nur<br />

ein kleiner Teil der Motorfahrzeuglenkenden, die<br />

zu schnell fahren, wird erwischt. Und nur ein geringer<br />

Teil derjenigen, die zu schnell fahren, tun<br />

dies in einem Ausmass, dass sie Sanktionen, Therapien<br />

oder Ähnliches erhalten. Und wiederum nur<br />

bei einem Teil derjenigen, die eine Intervention<br />

erhalten, wirkt sie dann auch.<br />

Lenkende, die <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> wegen <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikten<br />

auffällig geworden sind,<br />

werden in der Schweiz in zweifacher Hinsicht behandelt.<br />

Einerseits gibt es die strafrechtliche Sanktion<br />

in Form einer Busse, Geldstrafe, Freiheitsstrafe<br />

oder gemeinnütziger Arbeit (Kap. VII.4.1, S. 68).<br />

Dazu kommt allenfalls noch eine Administrativmassnahme<br />

<strong>im</strong> Verwaltungsverfahren, d. h. eine<br />

Verwarnung oder – von den Motorfahrzeuglenkenden<br />

oft als am schl<strong>im</strong>msten empfunden –der<br />

Führerausweisentzug.<br />

Elvik und Vaa [40] analysierten verschiedene Arten<br />

von Behandlungen von «problem drivers» und<br />

66 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


kamen zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen,<br />

je nach Art der Intervention. Fahrkurse zu defensivem<br />

Fahren ergaben eine Verbesserung von etwa<br />

7 % be<strong>im</strong> Unfallgeschehen. Diskussionen oder<br />

Gespräche ergaben keinen Effekt. Auch ein erneuter<br />

Erwerb des Führerausweises führte zu keinen<br />

bedeutenden positiven Effekten. Dasselbe gilt für<br />

Warnbriefe oder Broschüren, die per Post zugeschickt<br />

wurden.<br />

Einen deutlich positiven Effekt (15 % Verringerung<br />

bei den Unfällen) hingegen hatten sogenannte<br />

«incentive letters», d. h. persönliche Briefe, in denen<br />

Inhalte kommuniziert werden, dass beispielsweise<br />

kein neuer Führerausweis erworben werden<br />

muss, wenn innerhalb einer best<strong>im</strong>mten Zeit keine<br />

weiteren Auffälligkeiten registriert werden.<br />

Denkbar wäre etwa für «incentive letters», welche<br />

sich auf die kaskadenartige Verschärfung der Administrativmassnahme<br />

beziehen, folgendes Szenario:<br />

Alle Lenker, die bei einem mittelschweren oder<br />

schweren (<strong>Geschwindigkeit</strong>s-)Delikt erwischt wurden,<br />

erhalten einen Brief, der darauf hinweist, dass<br />

bei einem weiteren mittelschweren oder schweren<br />

Delikt innerhalb einer gewissen Zeit mit einer verschärften<br />

Administrativmassnahme zu rechnen sei.<br />

Bei unauffälligem Verhalten innerhalb der nächsten<br />

Jahre käme es jedoch nicht zur Verschärfung der<br />

Administrativmassnahme.<br />

Ein solches System würde einerseits dem Motorfahrzeuglenkenden<br />

mehr Klarheit über die allenfalls<br />

bevorstehenden Sanktionen verschaffen. Andererseits<br />

wüsste er auch, was er tun oder lassen<br />

muss, um dies zu vermeiden. Für die <strong>Strassenverkehr</strong>sämter,<br />

welche solche Briefe verschicken müssten,<br />

gäbe es wohl ein erhebliches Ausmass an<br />

Mehrarbeit, da für jeden einzelnen Delinquenten<br />

überprüft werden müsste, auf welcher Stufe der<br />

kaskadenartigen Verschärfung der Administrativmassnahmen<br />

er sich aktuell befindet und welche<br />

Administrativmassnahmen ihm bei einem weiteren<br />

<strong>Strassenverkehr</strong>sdelikt einer best<strong>im</strong>mten Schwere<br />

drohen würden. Angesichts der Komplexität der<br />

Art. 16a, b und c SVG, die die Anzahl, die Schwere<br />

und den Zeitpunkt der bisherigen Delikte berücksichtigen,<br />

ist dies nicht ganz trivial.<br />

3.13 Verkehrssicherheitskampagnen<br />

Verkehrssicherheitskampagnen sind eine weit verbreitete<br />

Methode um zu versuchen, die Motorfahrzeuglenkenden<br />

zu Änderungen in Bezug auf Einstellungen<br />

und Verhalten zu bewegen. Verkehrssicherheitskampagnen<br />

können wirksam sein, müssen<br />

aber nicht. Bemerkenswert ist der geringe Anteil<br />

von Kampagnen, der gründlich evaluiert wurde. Es<br />

gibt jedoch drei Übersichtsarbeiten, die sich mit der<br />

Wirksamkeit von massenmedialen Verkehrssicherheitskampagnen<br />

befasst haben. Eine ältere von<br />

Elliott aus dem Jahr 1993 [42], eine etwas neuere<br />

von Delhomme et al. aus dem Jahr 1999 [43] und<br />

eine aktuelle aus dem Jahr 2009. Letztere hebt sich<br />

aufgrund der verwendeten Methoden markant von<br />

den beiden älteren Arbeiten ab und ist daher am<br />

aussagekräftigsten. Laut Vaa et al. [44] können<br />

massenmediale Kampagnen von Nutzen sein (sowohl<br />

bezüglich der Reduktion von Unfällen als<br />

auch bezüglich Verhaltensänderungen). Gemäss<br />

diesen Analysen unterscheiden sich die Einflussfaktoren<br />

auf die Wirkung einer Kampagne aber je<br />

nach Outcome-Kriterium (z. B. Unfälle, Gurttragquote<br />

usw.). Die Planung und Implementierung<br />

einer Kommunikationskampagne muss daher sehr<br />

sorgfältig ausgearbeitet werden. Von Kampagnen,<br />

die ausschliesslich auf massenmediale Kommunikation<br />

setzen, ist eher abzuraten.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 67


3.14 Fazit<br />

Es sind diverse Risikofaktoren für das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

bekannt. Die wichtigsten sind männliches<br />

Geschlecht und junges Alter. Gegen das erhöhte<br />

Unfallrisiko der jungen Lenker wurde das Konzept<br />

des «Graduated Driver Licensing» entwickelt, das<br />

darauf abzielt, risikoreiche Fahrsituationen zu min<strong>im</strong>ieren.<br />

Eine Evaluation der schweizerischen Zweiphasenfahrausbildung<br />

steht aber noch aus.<br />

Geschlechtsunterschiede bestehen be<strong>im</strong> <strong>Geschwindigkeit</strong>s-<br />

und Unfallverhalten nach wie vor, so dass<br />

der Fokus der Aktivitäten auf die Männer gelegt<br />

werden muss.<br />

Auch Alkohol hat einen erheblichen Einfluss auf<br />

das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten. Deswegen müssen<br />

die bereits mehrfach von der bfu vorgeschlagenen<br />

Massnahmen, wie z. B. ein Alkoholverbot für Neulenkende,<br />

das ja auch Bestandteil des Programms<br />

Via sicura ist, forciert werden. Weitere Massnahmen<br />

gegen Alkohol am Steuer können dem Sicherheitsdossier<br />

Nr. 4 entnommen werden [37].<br />

Junge Motorfahrzeuglenker weisen ein wesentlich<br />

höheres Bedürfnis nach «Sensation Seeking» – also<br />

neuen und aufregenden Erfahrungen – auf. Möglicherweise<br />

kann dieses Konzept in der verkehrspsychologischen<br />

Diagnostik eingesetzt werden.<br />

Andere psychologische Konzepte wie Risikoakzeptanz<br />

oder Risikowahrnehmung kann man in Verkehrssicherheitskampagnen<br />

einsetzen. Letztere<br />

sind nur sinnvoll, wenn sie sehr sorgfältig und literaturbasiert<br />

geplant und <strong>im</strong>plementiert werden.<br />

Bei der Behandlung von geschwindigkeitsauffälligen<br />

Lenkern muss man zwischen dem Sanktionsan-<br />

spruch des Staates und der verbesserten Rückfallprognose<br />

unterscheiden. Für Letzteres haben sich<br />

beispielsweise Führerausweisentzüge insbesondere<br />

in Kombination mit verhaltenstherapeutischen<br />

Massnahmen oder auch sogenannte incentive letters<br />

(persönliches Informationsschreiben <strong>im</strong> Sinn<br />

eines Mahnbriefes) erwiesen.<br />

Weitere Einflussfaktoren auf das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

mit Interventionsmöglichkeiten sind die<br />

Anzahl Passagiere, die wohl auf junge Motorfahrzeuglenkende<br />

einen risikosteigernden Effekt ausüben,<br />

sowie die Frage nach dem Fahrzeugeigentümer.<br />

Wenn man mit einem fremden Fahrzeug<br />

unterwegs ist, wird wohl vorsichtiger gefahren.<br />

4. Recht und seine Durchsetzung<br />

Das Kapitel Recht und seine Durchsetzung zum<br />

Thema <strong>Geschwindigkeit</strong> besteht aus zwei Teilen:<br />

1. Die Sanktionierung von <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen<br />

2. Die Kontrolltätigkeit der Polizei<br />

4.1 Sanktionen nach reinen <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen<br />

(ab 01. Januar 2005)<br />

4.1.1 Allgemein<br />

Ein Fehlverhalten <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> hat nebst<br />

einem strafrechtlichen regelmässig auch ein verwaltungsrechtliches<br />

Nachspiel. Die Sanktionierung<br />

von Verkehrsregelverletzungen erfolgt somit nach<br />

einem dualistischen System: Einerseits wird <strong>im</strong><br />

Strafverfahren eine eigentliche Strafe ausgefällt.<br />

Andererseits können gegen fehlbare Fahrzeuglenkende<br />

zusätzlich zur Strafe <strong>im</strong> Verwaltungsverfahren<br />

Administrativmassnahmen, z. B. in Form einer<br />

68 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


Verwarnung oder eines Führerausweisentzugs,<br />

verfügt werden. Diese doppelte Sanktionierung<br />

verstösst nicht gegen das Prinzip «ne bis in<br />

idem» 24 , weil die jeweiligen Sanktionsmittel unterschiedliche<br />

Zwecke verfolgen [3].<br />

Bei Widerhandlungen gegen die Verkehrsregeln<br />

sind, soweit das SVG nichts anderes best<strong>im</strong>mt, die<br />

allgemeinen Best<strong>im</strong>mungen des Schweizerischen<br />

Strafgesetzbuchs 25 anwendbar (Art. 102 Abs. 1<br />

SVG). Mit der Revision des Allgemeinen Teils des<br />

StGB, in Kraft seit dem 1. Januar 2007, erfolgte<br />

eine Neuordnung des Sanktionensystems. Anstelle<br />

der kurzen Freiheitsstrafe, die nur noch ausnahmsweise<br />

zur Anwendung gelangen soll, traten<br />

die Geldstrafe <strong>im</strong> Tagessatzsystem und – sofern der<br />

Täter zust<strong>im</strong>mt – die gemeinnützige Arbeit. Im<br />

Gegensatz zur Busse können die drei Sanktionsmöglichkeiten<br />

Geldstrafe [45,46], Freiheitsstrafe<br />

oder gemeinnützige Arbeit auch bedingt oder teilbedingt<br />

ausgesprochen werden (Art. 42 und<br />

43 StGB). Zudem kann eine bedingte Freiheitsstrafe<br />

auch mit einer unbedingten Geldstrafe oder mit<br />

einer (unbedingten) Busse bis zu CHF 10 000.–<br />

verbunden werden (Art. 42 Abs. 4, Art. 106 StGB)<br />

[3]. In leichteren Fällen kann zudem von der Strafe<br />

abgesehen werden 26 . Bei der Festlegung des<br />

Strafmasses kommt den zuständigen kantonalen<br />

Strafbehörden ein erhebliches Ermessen zu 27 .<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

24 Gemäss diesem Grundsatz darf niemand wegen der gleichen<br />

Straftat zwe<strong>im</strong>al verfolgt werden.<br />

25 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937,<br />

SR 311.0<br />

26 Vgl. dazu die Darstellung der Grundzüge des neuen – nur 2<br />

Jahre nach seinem Inkrafttreten sowohl von politischen als<br />

auch rechtlichen Kreisen zum Teil heftig kritisierten – Sanktionensystems<br />

in BGE 134 IV 82, E. 3-5.<br />

27 Die Konferenz der Strafverfolgungsbehörden der Schweiz<br />

(KSBS) hat Empfehlungen für die Strafzumessung abgegeben,<br />

u. a. für Überschreitungen allgemeiner, fahrzeugbedingter<br />

oder signalisierter Höchstgeschwindigkeiten:<br />

http://www.ksbs-caps.ch/pages_d/empfehlungen_d.htm,<br />

Zugriff am 13. Juli 2009<br />

Administrativmassnahmen haben erzieherische<br />

Funktionen oder bezwecken, Personen, die sich<br />

nicht zum Fahren eignen, vom Verkehr fernzuhalten.<br />

Rechtlich stellen sie zwar keine Strafe dar,<br />

werden von den Betroffenen jedoch oft als belastender<br />

empfunden. Ein Führerausweisentzug<br />

schmerzt in der Regel mehr als z. B. eine Busse<br />

oder eine bedingte Geldstrafe. Administrativmassnahmen<br />

werden nicht vom Gericht, sondern vom<br />

zuständigen kantonalen <strong>Strassenverkehr</strong>samt angeordnet.<br />

Die am 1. Januar 2005 in Kraft getretene<br />

Revision des SVG führte mit der Neuregelung des<br />

Warnungsentzugs das sogenannte Kaskadensystem<br />

ein (Art. 16a-c SVG). Damit wurde dem<br />

Wunsch des Parlaments und der Mehrheit der Kantone<br />

nach einer Vereinheitlichung der Führerausweisentzugspraxis<br />

und einem strengeren Vorgehen<br />

gegen Wiederholungstäter, die in schwerer oder<br />

mittelschwerer Weise gegen die Verkehrsregeln<br />

verstossen haben, entsprochen. <strong>Der</strong> Sicherungsentzug<br />

<strong>im</strong> Sinn des vorher geltenden Rechts ist nun als<br />

Führerausweisentzug wegen fehlender Fahreignung<br />

in Art. 16d SVG geregelt 28 .<br />

Überschreitungen der zulässigen Fahrgeschwindigkeit<br />

gehören zu den häufigsten Delikten <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong>.<br />

Sie können sowohl straf- als auch verwaltungsrechtlichen<br />

Sanktionen auslösen. Im Folgenden<br />

werden kurz die gängigen strafrechtlichen<br />

Sanktionen sowie Administrativmassnahmen erklärt,<br />

die nach reinen <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikten29 ausgesprochen werden können. Die bezifferten<br />

Überschreitungen allgemeiner oder signalisierter<br />

Höchstgeschwindigkeiten verstehen sich jeweils<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

28 Zur Revision des Administrativmassnahmerechts vgl. die<br />

Botschaft des Bundesrats vom 31. März 1999,<br />

BBl 1999 4462; Vgl. ferner die beiden Kapitel von He<strong>im</strong>gartner<br />

und Schönknecht sowie von Schaffhauser [47, S.<br />

226-228, 48,48].<br />

29 Fälle, bei denen «lediglich» gegen die <strong>Geschwindigkeit</strong>svorschriften<br />

verstossen wurde, ohne dass dies zu einem Unfall<br />

führte.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 69


nach Abzug der Sicherheitsmarge. Sanktionen<br />

nach massiven <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen30<br />

[3] bzw. infolge sogenannter Raserei werden<br />

hier nicht speziell thematisiert.<br />

4.1.2 Strafrechtliche Sanktionen<br />

Übertretungen der <strong>Strassenverkehr</strong>sregeln können<br />

in einem vereinfachten Verfahren, dem Ordnungsbussenverfahren,<br />

geahndet werden. Dieses kommt<br />

in der Regel bei besonders leichten Fällen, d. h.<br />

auch geringfügigen <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen<br />

(1–15 km/h innerorts; 1–20 km/h ausserorts<br />

und auf Autostrassen; 1–25 km/h auf Autobahnen),<br />

zur Anwendung. Massgebend sind das<br />

Ordnungsbussengesetz 31 und die Ordnungsbussenverordnung<br />

32 . Bezeichnend für dieses Verfahren<br />

ist, dass die Strafen in der ganzen Schweiz gemäss<br />

Bussenliste festgelegt sind (Anhang 1, Ziff. 303.1,<br />

2 und 3 OBV für <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen).<br />

Ein Verfahren nach OBG ist jedoch ausgeschlossen,<br />

wenn Personen verletzt oder gefährdet<br />

worden sind oder ein Sachschaden entstanden ist.<br />

Einfache Verkehrsregelverletzungen werden mit<br />

Bussen bestraft. Wird eine <strong>im</strong> einfachen Ordnungsbussenverfahren<br />

erhobene Busse nicht fristgerecht<br />

bezahlt oder übersteigen die <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen<br />

in Form einfacher Verkehrsregelverletzungen<br />

gemäss Art. 90 Ziff. 1 SVG den<br />

Anwendungsbereich des Ordnungsbussenverfahrens,<br />

kommt das ordentliche Strafverfahren zum<br />

Zug. Dies ist dann der Fall, wenn jemand die zulässige<br />

Höchstgeschwindigkeit innerorts um 16–<br />

24 km/h, ausserorts und auf Autostrassen um 21–<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

30 Wiprächtiger kommt zum Schluss, dass es für Raser weder<br />

höhere Strafen, schärfere Administrativmassnahmen noch<br />

Gesetzesänderungen braucht. Er wünscht sich eine Versachlichung<br />

der Diskussion betreffend Raserproblematik.<br />

31 OBG vom 24. Juni 1970, SR 741.03<br />

32 OBV vom 4. März 1996, SR 741.031<br />

29 km/h oder auf der Autobahn um 26–34 km/h<br />

überschreitet.<br />

Wenn noch schneller gefahren wird, liegt eine<br />

grobe Verkehrsregelverletzung <strong>im</strong> Sinn von<br />

Art. 90 Ziff. 2 SVG vor. Nach konstanter Rechtsprechung<br />

des Bundesgerichts33 handelt es sich ungeachtet<br />

der konkreten Umstände um eine grobe<br />

Verkehrsregelverletzung, wenn die zulässige<br />

Höchstgeschwindigkeit innerorts um 25 km/h und<br />

mehr, ausserorts um 30 km/h und mehr und auf<br />

der Autobahn um 35 km/h und mehr überschritten<br />

wird. Eine grobe Verkehrsregelverletzung stellt ein<br />

Vergehen34 dar, das mit einer Geldstrafe oder einer<br />

Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren geahndet werden<br />

kann. Falls der Täter zust<strong>im</strong>mt, kann das Gericht<br />

statt einer Freiheits- oder Geldstrafe auch gemeinnützige<br />

Arbeit anordnen (Art. 37 Abs. 1 StGB).<br />

Eine grobe Verkehrsregelverletzung infolge <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitung<br />

wird vor allem bei<br />

Ersttätern kaum eine vollziehbare Freiheitsstrafe<br />

nach sich ziehen, sondern in der Regel mit einer –<br />

meist bedingt oder teilbedingt ausgesprochenen –<br />

Geldstrafe oder gemeinnütziger Arbeit sowie allenfalls<br />

zusätzlich mit einer Busse sanktioniert [3]. Die<br />

Freiheitsstrafe kommt hier praktisch nur noch zum<br />

Zug, wenn jemand schuldhaft die Geldstrafe nicht<br />

bezahlt und sich weigert, stattdessen gemeinnützige<br />

Arbeit zu leisten.<br />

Die Sanktionen bei Verkehrsdelikten sollen zwei<br />

Auswirkungen haben. Zum einen soll der Delinquent<br />

seine Strafe aus Gerechtigkeitsgründen erhalten.<br />

Andererseits soll die Strafe aber auch dazu<br />

führen, dass es möglichst nicht zu einer Wiederho-<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

33 Vgl. dazu die Auswahl von Bundesgerichtsurteilen betreffend<br />

grobe Verkehrsverletzung infolge <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitung<br />

auf der Website der bfu:<br />

http://www.bfu.ch/German/strassenverkehr/rechtliches/Doc<br />

uments/<strong>Geschwindigkeit</strong>.aspx<br />

34 Art. 10 Abs. 3 StGB<br />

70 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


lung des Delikts bzw. zu einem Rückfall kommt.<br />

Die Beweise für Letzteres sind allerdings aus methodischen<br />

Gründen nicht ganz einfach zu führen.<br />

So konnte eine Arbeit von Lawpoolsri und Li aus<br />

Maryland [49] zwar aufzeigen dass diejenigen, die<br />

<strong>im</strong> Mai 2002 eine Ordnungsbusse wegen überhöhter<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> erhalten hatten, eine mehr als<br />

doppelt so grosse Wahrscheinlichkeit hatten, <strong>im</strong><br />

darauf folgenden Jahr erneut deswegen gebüsst zu<br />

werden. Die Schlussfolgerung, dass die Busse keinen<br />

positiven Effekt auf das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

hat, lässt sich daraus kaum ableiten. Immerhin<br />

wäre es möglich, dass das Risiko vor Erhalt der<br />

ersten Busse noch höher gewesen ist. Als rückfallrisikosenkend<br />

erwies sich hingegen eine Bewährungsstrafe.<br />

Falls es innerhalb eines halben oder<br />

ganzen Jahres nicht zu einem weiteren Delikt kam,<br />

so gab es keinen Eintrag ins Verkehrsregister was<br />

sonst eine erhöhte Versicherungsprämie nach sich<br />

gezogen hätte.<br />

Eine zurzeit stark diskutierte Frage ist die Wiedereinführung<br />

der kurzen Freiheitsstrafen bis zu 6<br />

Monaten. Meta-Analysen, die sich mit den Auswirkungen<br />

von verschiedenen Strafen auf die Rückfallquote<br />

speziell von Verkehrsdelinquenten beschäftigen,<br />

sind den Autoren nicht bekannt. Zwei<br />

Arbeiten [50,51], die sich mit den Auswirkungen<br />

von verschiedenen strafrechtlichen Konsequenzen<br />

auf die Rückfallwahrscheinlichkeit allgemein beschäftigt<br />

haben, finden entweder keinen Unterschied<br />

für die verschiedenen Strafarten oder – bei<br />

längeren Gefängnisstrafen – einen Anstieg der<br />

Rückfallwahrscheinlichkeit.<br />

4.1.3 Administrativmassnahmen: insbeson<br />

dere Verwarnung oder Führerausweisentzug<br />

Gegen Fahrzeugführer, die die <strong>Geschwindigkeit</strong>svorschriften<br />

nicht nur in geringfügiger Weise missachten,<br />

können zusätzlich Administrativmassnahmen<br />

– insbesondere in Form einer Verwarnung<br />

oder eines Führerausweisentzugs – verfügt werden.<br />

Die Art der Massnahme hängt von der Schwere der<br />

begangenen Verkehrsregelverletzung ab. Das SVG<br />

unterscheidet – analog der bundesgerichtlichen<br />

Praxis 35 – zwischen leichten (Art. 16a SVG), mittelschweren<br />

(Art. 16b SVG) und schweren Widerhandlungen<br />

(Art. 16c SVG). 36 In besonders leichten<br />

Fällen kann auf eine Massnahme verzichtet werden<br />

(Art. 16a Abs 4 SVG) [47].<br />

Es gibt eindeutige Belege für die unfallverhütende<br />

Wirkung der Administrativmassnahme Führerausweisentzug.<br />

Immerhin wird für diesen Zeitraum das<br />

Ausmass des Autofahrens vermindert (obwohl viele<br />

Delinquenten trotz Ausweisentzug Autofahren).<br />

Siegrist [45] empfiehlt auf der Grundlage verschiedener<br />

Studien zusätzlich noch verhaltensorientierte<br />

Kurse. Auch bereits die Androhung eines Führerausweisentzuges<br />

führt bereits zu erheblich verringerten<br />

Rückfallraten, wie Corbett, Delmonte,<br />

Qu<strong>im</strong>by und Grayson [53] herausfanden. Die Drohung<br />

ist sogar wirksamer als die Erfahrung eines<br />

vorherigen Ausweisentzugs.<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

35 Vgl. dazu die Auswahl von Bundesgerichtsurteilen betreffend<br />

Führerausweisentzug auf der Website der bfu:<br />

http://www.bfu.ch/German/strassenverkehr/rechtliches/Seite<br />

n/Warnungsentzug_Fuehrerausweis_uebersicht.aspx<br />

http://www.bfu.ch/German/strassenverkehr/rechtliches/Docu<br />

ments/SicherungsentzugwegencharakterlicherMaengel.aspx<br />

Zum Recht vor 1995 vergleiche man die Studie von Dillier-<br />

Gamma [52].<br />

36 Vgl. zur Qualifizierung der Widerhandlungen u. a. die<br />

Websites der kantonalen <strong>Strassenverkehr</strong>sämter, z. B. Bern:<br />

http://www.pom.be.ch/site/index/pom_svsa_index/pom_svs<br />

a_administrativmassnahmen.htm, Zugriff am 14. Juli 2009<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 71


4.2 Staffelung der Sanktionen in Abhängigkeit<br />

von der Gefährlichkeit<br />

des <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikts<br />

Die Kategorisierung der verschiedenen Strafen für<br />

die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeiten<br />

ist zwar abgestuft nach der Höhe der Überschreitungen<br />

und Art der Strasse (Tabelle 14). Sie steht<br />

aber nur in einem lockeren Zusammenhang mit<br />

den physischen Konsequenzen eines allfälligen<br />

Unfalls. Neue wissenschaftliche Arbeiten [4] beschreiben<br />

unter dem Stichwort Power-Model einen<br />

weit folgenreicheren Zusammenhang zwischen<br />

Durchschnittsgeschwindigkeit und Unfallfolgen als<br />

bisher angenommen.<br />

Aufgrund der neuen Erkenntnisse – und wenn<br />

gleiche Risikogefährdung mit gleicher Sanktion einhergehen<br />

soll – wäre ein Überdenken der bisherigen<br />

Grenzziehung angebracht. So wird heute auf<br />

Autobahnen ein Überschreiten der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

von mindestens 35 km/h als schwere Widerhandlung<br />

eingestuft (was bei Ersttätern zwingend<br />

zu einem 3-monatigen Führerausweisentzug führt),<br />

innerorts um 25 km/h. Möchte man innerorts die-<br />

Tabelle 14<br />

Sanktionen nach <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen ab 01.01.2005<br />

Wiederholungstäter:<br />

Kaskadensystem (Führerausweisentzug<br />

von mind. 4 Monaten bis <strong>im</strong>mer)<br />

Ersttäter:<br />

mind. 3-monatiger Führerausweisentzug<br />

selbe Risikogefährdung (bzgl. Getöteten) als<br />

schwere Widerhandlung sanktionieren wie auf<br />

Autobahnen, müsste die Grenze innerorts bereits<br />

bei einer Überschreitung von 15 km/h liegen (was<br />

heute lediglich in den Bereich der Ordnungsbussen<br />

fällt).<br />

<strong>Der</strong> Schwerpunkt bei der Sanktionierung sollte<br />

allerdings nicht so sehr auf die strafrechtlichen<br />

Sanktionen gelegt werden, sondern auf die Administrativmassnahmen<br />

(insbesondere Führerausweisentzug),<br />

die die Delinquenten meist härter treffen<br />

als Strafen.<br />

4.3 Demerit points<br />

Punktesysteme für Verkehrssünder sind weit verbreitet.<br />

So haben 19 der 27 EU-Staaten solche<br />

Systeme eingeführt. Die Belege für deren Wirksamkeit<br />

sind jedoch eher schwach. Redelmeier,<br />

Tibshirani und Evans haben 2003 zu diesem Thema<br />

eine Arbeit mit einem Case-Crossover-Design gemacht<br />

[54]. Dabei fanden sie heraus, dass bei <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikten<br />

Strafpunktesysteme wirksamer<br />

waren als normale Bussen. Insgesamt hielt<br />

Sanktionen Ortslage Widerhandlung<br />

Massnahme Strafe Innerorts Ausserorts Autobahn<br />

Ordnungsbusse bis Fr. 250.– bis 15 km/h<br />

Ordnungsbusse bis Fr. 240.– bis 20 km/h<br />

Ordnungsbusse bis Fr. 260.– bis 25 km/h<br />

Verwarnung oder mind. 1-monatiger<br />

Führerausweisentzug<br />

Busse 16–20 km/h 21–25 km/h 26–30 km/h leicht<br />

Ersttäter:<br />

Strafe entweder wie nach leichter 21–24 km/h 26–29 km/h 31–34 km/h mittelschwer<br />

mind. 1-monatiger Führerausweisentzug oder wie nach schwerer Widerhandlung<br />

(abhängig von Umständen<br />

des Falls)<br />

Wiederholungstäter:<br />

Kaskadensystem (Führerausweisentzug<br />

von mind. 6 Monaten bis <strong>im</strong>mer)<br />

Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren<br />

oder Geldstrafe<br />

mind. 25 km/h mind. 30 km/h mind. 35 km/h schwer<br />

72 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


jedoch die Wirkung nur rund 1 bis 2 Monate an.<br />

Danach war das Unfallsterberisiko derjenigen die<br />

Strafpunkte erhalten hatten wieder gleich hoch.<br />

Insgesamt besteht also wohl keine Notwendigkeit<br />

in der Schweiz ein Strafpunktesystem einzuführen.<br />

Eine Kombination des bestehenden Systems mit<br />

«incentive letters» (Kap. VII.3.12, S. 66), die darauf<br />

hinweisen, dass die kaskadenartige Verschärfung<br />

der Strafen durch zukünftiges Wohlverhalten vermieden<br />

werden kann, wäre aber eine Verbesserung<br />

mit potenziellem Nutzen für das Unfallgeschehen.<br />

4.4 Kontrolltätigkeit der Polizei<br />

Polizeikontrollen haben sich als wirksam erwiesen,<br />

um das Unfallgeschehen zu vermindern [55,56].<br />

Alle Motorfahrzeuglenkenden – sowohl die zu<br />

schnell fahrenden, als auch diejenigen, die die<br />

Höchstgeschwindigkeiten nicht überschritten hatten,<br />

senken ihre <strong>Geschwindigkeit</strong>, wenn es eine<br />

(erkennbare) <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrolle gibt. <strong>Der</strong><br />

geschwindigkeitsverringernde Effekt einer Kontrolle<br />

hält max<strong>im</strong>al 5 Kilometer an. Danach wird wieder<br />

mit der vorherigen <strong>Geschwindigkeit</strong> gefahren<br />

(räumlicher Halo-Effekt). Die verhaltensändernde<br />

Erinnerung an die <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrolle hält<br />

für etwa 10 bis 14 Tage an (zeitlicher Halo-Effekt).<br />

Die theoretische Grundlage der rechtlichen Massnahmen<br />

und ihrer Durchsetzung ist die «deterrence<br />

theory», also die Theorie der Abschreckung.<br />

Ohne auf die Details einzugehen, ist die wichtigste<br />

Konsequenz, dass eine ausreichende Intensität der<br />

Polizeikontrollen gesichert sein sollte.<br />

Weiterhin ist noch die Frage der Generalprävention<br />

und der Spezialprävention wichtig. Bei der Spezial-<br />

prävention geht es um den Umgang mit delinquenten<br />

Personen, insbesondere den Fragen, wie man<br />

sie überführt und wie man Rückfälle verhindern<br />

kann. Bei der Generalprävention hingegen geht es<br />

darum zu verhindern, dass es überhaupt zu delinquentem<br />

Verhalten kommt.<br />

An dieser Stelle soll noch darauf hingewiesen werden,<br />

dass beispielsweise die Verkehrspolizeien und<br />

das BFS unterschiedliche Begriffe für die verschiedenen<br />

Arten von <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen verwenden<br />

(Tabelle 15).<br />

Im vorliegenden Bericht wird vor allem die BFS-<br />

Terminologie verwendet.<br />

Die wichtigste Frage für die Wirksamkeit der Polizeikontrollen<br />

ist die Art der Durchführung. Dabei<br />

werden besonders diskutiert:<br />

1. Sollen die Kontrollen sichtbar oder nicht sichtbar<br />

sein?<br />

2. Sollen die Kontrollen mobil oder stationär stattfinden?<br />

3. Sollen Kontrollen automatisch oder manuell<br />

durchgeführt werden?<br />

4. Sollen <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen angekündigt<br />

und/oder mit Kampagnen unterstützt werden?<br />

5. Ist die Schnelligkeit der Bestrafung entscheidend?<br />

Tabelle 15<br />

Unterschiedliche Begriffe für verschiedene Arten von <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

Verkehrspolizei BFS<br />

Fixe <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen Stationäre Mess-Systeme –<br />

unbemannt<br />

Stationäre <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen Stationäre Mess-Systeme –<br />

bemannt<br />

Vollmobile <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen Mobile Mess-Systeme<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 73


4.4.1 Sichtbarkeit<br />

Die Sichtbarkeit von Polizeikontrollen erhöht deren<br />

Wirkung. Die subjektiv wahrgenommene Kontrollintensität<br />

steigt an, wenn die Autofahrer sehen,<br />

dass kontrolliert wird – sei es mit einem mobilen<br />

Fahrzeug oder an einem bemannten stationären<br />

Kontrollposten. Diese Art der <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

ist allerdings nicht sehr weit verbreitet.<br />

Nur 2,4 % der <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen werden<br />

bemannt durchgeführt, von denen die allermeisten<br />

sichtbar gewesen sein dürften.<br />

Das Überraschungsmoment fehlt allerdings bei den<br />

sichtbaren Kontrollen.<br />

4.4.2 Mobile oder stationäre Kontrollen<br />

Bei stationären Kontrollen können wesentlich mehr<br />

Motorfahrzeuglenkende kontrolliert werden als bei<br />

mobilen Kontrollen. Im Prinzip kann jedes vorbeifahrende<br />

Fahrzeug auf <strong>Geschwindigkeit</strong> kontrolliert<br />

werden. <strong>Der</strong> Nachteil ist, dass der Effekt der stationären<br />

Kontrolle nur einige Kilometer anhält. <strong>Der</strong><br />

Effekt von mobilen Kontrollen hingegen hält länger<br />

an, da dieses Fahrzeug am Verkehr teiln<strong>im</strong>mt und<br />

somit von den Verkehrsteilnehmenden längere Zeit<br />

wahrgenommen wird. Mobile Kontrollen werden<br />

aber nur von relativ wenigen Lenkern gesehen.<br />

4.4.3 Unbemannte versus bemannte<br />

Kontrollen<br />

Unbemannte Kontrollen mittels <strong>Geschwindigkeit</strong>skameras<br />

bieten die Möglichkeit, eine grosse Zahl<br />

von Fahrzeugen ohne allzu grossen Aufwand zu<br />

kontrollieren. <strong>Der</strong> Nachteil ist, dass der Standort<br />

dieser Kontrollen nach kurzer Zeit bekannt ist, und<br />

deshalb die «Erfolgsquote» – der Anteil überführ-<br />

ter <strong>Geschwindigkeit</strong>ssünder – gering wird. In der<br />

Schweiz liegt sie bei etwa 0,3 %. Auch zeigt sich<br />

hier ein starker räumlicher Halo-Effekt: es wird vor<br />

allem in der direkten Nähe der <strong>Geschwindigkeit</strong>skamera<br />

die Höchstgeschwindigkeit eingehalten.<br />

Aus diesem Grund sind <strong>Geschwindigkeit</strong>skameras<br />

entweder an Unfallhäufungsstellen zu positionieren<br />

(um lokal die Fahrgeschwindigkeiten zu vermindern)<br />

oder in grosser Dichte aufzustellen.<br />

Eine Studie der Cochrane Collaboration [57]<br />

kommt zum Schluss, dass mit automatischen <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

auf Innerorts- und Ausserortsstrassen<br />

Verletzte und Getötete <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong><br />

vermieden werden können. Aufgrund des<br />

schwachen Untersuchungsdesigns vieler Studien<br />

sehen sich die Autoren jedoch nicht in der Lage,<br />

eine Angabe über die genaue Wirksamkeit zu machen.<br />

Elvik und Vaa [40] kommen ebenfalls zu<br />

einem positiven Resultat. Sie gehen von einer Wirksamkeit<br />

von 28 % weniger Unfälle innerorts und<br />

4 % ausserorts aus.<br />

Manuelle Kontrollen bieten den Vorteil einer höheren<br />

Erfolgsquote (6,7 bis 6,8 %), fordern aber einen<br />

wesentlich höheren personellen Aufwand, da<br />

die Kontrollposten eingerichtet und mit ausreichend<br />

Personal bestückt werden müssen. Wenn<br />

man dazu auch noch die Bussen sofort erteilen<br />

möchte, dann steigt der Aufwand nochmals an: die<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> muss gemessen werden, ein weiterer<br />

Posten darüber informiert werden, dieser den<br />

fehlbaren Motorfahrzeuglenkenden herauswinken,<br />

Busse erteilen usw.<br />

Elliott und Broughton [55] berichten, dass der<br />

räumliche Halo-Effekt bei manuellen <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

etwa 5-mal so gross ist wie bei<br />

automatischen Kontrollen.<br />

74 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


4.4.4 Polizeikontrollen mit oder ohne<br />

Ankündigung/Kampagnen?<br />

Zu diesem Thema gibt es eindeutige Ergebnisse.<br />

Polizeikontrollen mit begleitender Medienarbeit sind<br />

wirkungsvoller. Dies erklärt sich durch die grössere<br />

subjektive Kontrollwahrscheinlichkeit. Falls die Kontrolltätigkeit<br />

allerdings nicht tatsächlich intensiviert<br />

wird, so geht der Medieneffekt jedoch nach einigen<br />

Wochen wieder verloren. Eine Intensivierung der<br />

Polizeikontrollen alleine wird oft nicht bemerkt.<br />

4.4.5 Schnelligkeit der Bestrafung<br />

Die Schnelligkeit der Bestrafung gilt allgemein als<br />

einer der Pfeiler der Spezialprävention (neben der<br />

Entdeckungs-, Verfolgungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit).<br />

Es gibt allerdings kaum empirische<br />

Beweise für die Bedeutung der Schnelligkeit der<br />

Bestrafung. Möglicherweise ist der Mensch – <strong>im</strong><br />

Gegensatz zu den tierexper<strong>im</strong>entellen Untersuchungen<br />

– doch in der Lage den Zusammenhang zwischen<br />

einer länger zurückliegenden Handlung und<br />

der deutlich später erfolgenden Strafe herzustellen<br />

und mit angemessenen Verhaltensänderungen zu<br />

reagieren.<br />

4.4.6 Fakten zur <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelinquenz<br />

und zu den Polizeikontrollen in der<br />

Schweiz<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen sind (auch) in<br />

der Schweiz ein Massendelikt. Das BFS und die bfu<br />

erfassen gemeinsam mit den Polizeikorps regelmässig<br />

den Anteil überprüfter und sanktionierter Lenkender<br />

und führt alle zwei Jahre eine Befragung der<br />

Motorfahrzeuglenkenden durch [58]. Aus diesen<br />

Erhebungen stammen die folgenden Erkenntnisse<br />

zum Thema <strong>Geschwindigkeit</strong> und Polizeikontrollen.<br />

Rund ein Drittel der Schweizer Bevölkerung überschreitet<br />

nach eigenen Angaben mindestens einmal<br />

<strong>im</strong> Monat die Höchstgeschwindigkeiten, wobei der<br />

Anteil auf den schnellen Strassen grösser ist als auf<br />

den langsamen. Es zeigt sich, nicht ganz unerwartet,<br />

dass Männer (selbstberichtet) häufiger zu schnell<br />

fahren als Frauen, Junge häufiger als Ältere, Vielfahrer<br />

öfter als Personen mit geringen Fahrleistungen<br />

sowie die Tessiner seltener als die Deutschschweizer<br />

oder die Romands.<br />

In der Schweiz wurden in den letzten Jahren die<br />

Anzahl der <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen massiv erhöht.<br />

Im Jahr 2003 waren es noch 243 Mio., 2007<br />

über 515 Mio. Fahrzeuge, d. h. eine Steigerung um<br />

112 %. 97,6 % der <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

wurden durch unbemannte stationäre Mess-<br />

Systeme durchgeführt. Ihre Erfolgsquote beträgt<br />

0,3 %, an den bemannten Stationen waren es 6,7<br />

bis 6,8 %. Daraus resultiert, dass die <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelinquenten<br />

zu etwa zwei Dritteln mit unbemannten<br />

und zu einem Drittel mit bemannten<br />

Mess-Systemen erfasst wurden. Insgesamt hat es<br />

sich um etwa 2,5 Mio. <strong>Geschwindigkeit</strong>ssünder<br />

bzw. zu schnell fahrende Fahrzeuge gehandelt.<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen, die verzeigt<br />

wurden, machten 5,6 % davon aus, also etwa<br />

140 000 Fälle. Verurteilungen wegen grober Verkehrsregelverletzungen<br />

(vor allem <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikte)<br />

gibt es allerdings nur etwa 21 500<br />

(Stand 2006). Betroffen davon sind zum allergrössten<br />

Teil Männer (87 %) und eher junge Lenker (die<br />

Hälfte unter 35 Jahren). Schweizer und Ausländer<br />

machen je rund die Hälfte der Verurteilten aus.<br />

Die Strafen waren meistens nur Bussen (87 %) oder<br />

bedingte Freiheitsstrafen (13 %). Unbedingte Freiheitsstrafen<br />

wurden in den letzten vier Jahren <strong>im</strong><br />

Durchschnitt nur bei 35 Personen jährlich ausge-<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 75


sprochen, wobei dies <strong>im</strong> Vergleich zu früheren Zeiten<br />

einen deutlichen Anstieg darstellt. Die durchschnittliche<br />

Dauer der bedingten Freiheitsstrafe beträgt<br />

16 Tage, diejenige der unbedingten etwa 92.<br />

Neben den möglichen strafrechtlichen Konsequenzen<br />

gibt es auch noch die Administrativmassnahmen,<br />

insbesondere den Führerausweisentzug<br />

(Kap. VII.4.1, S. 68). Gut 40 % der Führerausweisentzüge<br />

(2007: 31 700 = 42 %, 2008: 33 200 =<br />

43 %) sind auf <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikte zurückzuführen37<br />

. Es existieren diesbezüglich grosse Unterschiede<br />

zwischen den Kantonen und von Jahr zu<br />

Jahr.<br />

<strong>Der</strong> Anteil Personen, die sich mehr <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

wünschen, hat – gegenläufig zu<br />

den intensivierten Kontrollen – in den vergangenen<br />

Jahren abgenommen. 2004 waren es noch 38 %,<br />

die sich mehr <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen wünschen,<br />

2007 nur noch 26 %. <strong>Der</strong> Anteil derjenigen,<br />

die der Meinung sind, dass es zu viele Kontrollen<br />

gibt, ist <strong>im</strong> selben Zeitraum von 10 % auf 16 %<br />

angestiegen. Offensichtlich ist die Intensivierung<br />

der <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen bemerkt worden<br />

und für einen grösser werdenden Anteil der Bevölkerung<br />

genügt es jetzt. Dennoch ist der Anteil<br />

derjenigen, die mehr <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

wünschen, <strong>im</strong>mer noch um 10 Prozentpunkte höher<br />

als der Anteil derjenigen, die gerne weniger<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen hätten.<br />

Wenn man nach der subjektiven Erwartung von<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen fragt, so zeigt sich,<br />

dass rund 4 von 5 Autofahrern damit rechnen, dass<br />

sie mindestens einmal jährlich auf <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

37 Ein Führerausweisentzug kann die Folge mehrerer Delikte<br />

sein. Bezogen auf die Summe dieser Delikte (und nicht der<br />

Ausweisentzüge) machen <strong>Geschwindigkeit</strong>sdelikte rund ein<br />

Drittel aus.<br />

kontrolliert werden. Männer rechnen damit mehr<br />

als Frauen, junge Lenkende mehr als ältere und<br />

Vielfahrer mehr als Lenkende mit geringen Kilometerleistungen.<br />

Weiterhin wird <strong>im</strong> Tessin und in der<br />

Deutschschweiz eher mit <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

gerechnet als in der Romandie. Die verschiedenen<br />

Arten von <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen werden<br />

von [40] mit einer Reduktion von 5 bis 20 % beurteilt,<br />

wobei die stationären bemannten Polizeikontrollen<br />

mit -14 % am besten abschneiden. [55]<br />

weist allerdings darauf hin, dass der Zusammenhang<br />

zwischen Polizeikontrollen und Unfallgeschehen<br />

nicht linear ist. Bei geringer Kontrollintensität<br />

dürfte eine Intensivierung wirksamer sein als bei<br />

hoher. Irgendwann dürfte sogar ein Sättigungspunkt<br />

erreicht sein. In welchem Bereich sich die<br />

Schweiz diesbezüglich befindet, ist nicht bekannt.<br />

<strong>Der</strong> Sättigungspunkt dürfte aber kaum erreicht<br />

sein.<br />

Für die Schweiz hat das BFS festgestellt, dass<br />

knapp je die Hälfte der <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

auf Innerortsstrassen und auf Autobahnen stattfinden.<br />

Auf Landstrassen werden nur 3 % aller <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

durchgeführt. Dies ist<br />

angesichts der Schwere und Häufigkeit des Unfallgeschehens<br />

auf Landstrassen definitiv zu wenig.<br />

Insbesondere hier sollte eine Intensivierung stattfinden<br />

und – falls nicht möglich – so doch zumindest<br />

eine Verlagerung der <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

entsprechend dem tödlichen Unfallgeschehen:<br />

53 % Landstrassen, 36 % innerorts und 11 %<br />

Autobahn.<br />

4.4.7 Section Control<br />

Eine neuere Entwicklung ist die «section control»<br />

oder Abschnittskontrollsystem. Dabei wird die<br />

Durchschnittsgeschwindigkeit innerhalb eines be-<br />

76 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


st<strong>im</strong>mten Streckenabschnitts gemessen. Technisch<br />

bedingt dies, dass die Fahrzeuge am Anfang und<br />

am Ende des Abschnitts identifiziert werden (Kennzeichenerkennung),<br />

die Zeitdauer der Durchfahrung<br />

erfasst und mit der Streckenlänge zur Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

verrechnet wird. Bei angemessenen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en müssen die Informationen<br />

über die Kennzeichen aus Datenschutzgründen<br />

sofort wieder gelöscht werden. Die technischen<br />

Probleme sind weitgehend gelöst. Schwächen<br />

hat das System weil der Streckenabschnitt<br />

best<strong>im</strong>mte Charakteristika aufweisen muss (gleichbleibende<br />

Höchstgeschwindigkeit, wenig Kreuzungen<br />

oder Abzweigungen, wenig Kurven, die die<br />

Durchschnittsgeschwindigkeiten automatisch senken<br />

würden). All dies weist darauf hin, dass diese<br />

Art der <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrolle vor allem für<br />

Autobahnen und monotone Ausserortsstrecken<br />

geeignet sein dürfte.<br />

Ein Pilotversuch in Österreich [59] <strong>im</strong> Kaisermühlentunnel<br />

bei Wien ergab positive Ergebnisse. Die<br />

Anzahl der Unfälle mit verletzten Personen sowie<br />

die Anzahl der verletzten Personen sanken vor dem<br />

und <strong>im</strong> Tunnel <strong>im</strong> Vergleich zur Vorherperiode um<br />

rund 40 %. Nach dem Tunnel gab es keine grossen<br />

Veränderungen. Besonders markant sank die Unfallkostenrate<br />

(–80 %), was ein Hinweis darauf ist,<br />

dass neben der Anzahl der Unfälle auch deren<br />

Schwere abgenommen hat. Die Studie hat einige<br />

methodische Schwächen (mögliche Regression-zur-<br />

Mitte), so dass ein für 2010 geplanter Pilotversuch<br />

in der Schweiz noch weitere wichtige Informationen<br />

wird liefern können.<br />

4.4.8 Zufällige Auswahl der Kontrollstellen<br />

und -zeiten<br />

Eine wichtige Praxis für stationäre <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

ist, dass die Positionen zufällig (randomisiert)<br />

ausgesucht werden, damit die Motorfahrzeuglenkenden<br />

die Erfahrung machen, dass die<br />

Polizei auch an unerwarteten Stellen präsent sein<br />

kann [55].<br />

So berichten Newstead, Cameron und Leggett<br />

[60], dass die Einführung eines Systems der zufälligen<br />

Zuweisung der Kontrollen nach Ort und Zeit<br />

(sogenannte Random Road Watch – RRW) in der<br />

Region Queensland in Australien zu einem erheblichen<br />

Rückgang der Unfälle führte. RRW bedeutete,<br />

dass jeder von knapp 300 Polizeiposten <strong>im</strong> Durchschnitt<br />

etwa 40 mögliche Kontrollstellen angab.<br />

Die Kontrollzeiten wurden auf 2 Stunden zwischen<br />

6 Uhr morgens und Mitternacht begrenzt. Die<br />

Kontrollen wurden dann durch eine zufällige Kombination<br />

von Ort und Zeit best<strong>im</strong>mt. Die Anzahl<br />

tödlicher Unfälle sank insgesamt um 25 %; die<br />

Reduktion war allerdings geringer für weniger<br />

schwere Verletzungen. Die Wirksamkeit dieser<br />

Strategie war besser in ländlichen Regionen als<br />

innerorts. Sie schien <strong>im</strong> Laufe der Zeit wirksamer zu<br />

werden – möglicherweise weil die Lenker merkten,<br />

dass sie zu verschiedenen Uhrzeiten und an unterschiedlichen<br />

Orten mit Kontrollen rechnen mussten.<br />

<strong>Der</strong> letzte Punkt könnte ein Hinweis darauf sein,<br />

dass es eine gewisse Zeit braucht, bis die Motorfahrzeuglenkenden<br />

das System begreifen. Möglicherweise<br />

würden Informationskampagnen dazu<br />

beitragen, die Wirksamkeit dieses Systems zu beschleunigen.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 77


Das Nutzen-Kosten-Verhältnisse lag bei dem<br />

Queensland-Programm bei 55:1 und war somit<br />

deutlich besser als ein Programm zu <strong>Geschwindigkeit</strong>skameras<br />

(9,4:1) oder anlassfreien Alkoholkontrollen<br />

(25:1).<br />

4.4.9 Fazit<br />

Automatische <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen (unbemannt<br />

und stationär) müssen weiterhin das Rückgrat<br />

der Polizeiaktivität <strong>im</strong> <strong>Geschwindigkeit</strong>sbereich<br />

bilden. Diese sollten noch weiter intensiviert werden.<br />

Die Akzeptanz dafür ist – trotz der bereits<br />

deutlich gestiegenen Häufigkeit an <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

– <strong>im</strong>mer noch gegeben. Die Intensivierung<br />

der automatischen Kontrollen sollte sich<br />

besonders auf die Ausserortsstrassen – und dort<br />

auf besonders gefährliche Streckenabschnitte –<br />

konzentrieren, um eines der grössten Verkehrssicherheitsprobleme<br />

in der Schweiz entschärfen zu<br />

helfen.<br />

Die zufällige Auswahl der Kontrollorte und –zeiten<br />

bei stationären bemannten Kontrollen ist nach dem<br />

aktuellen Kenntnisstand eine sehr wirkungsvolle<br />

Massnahme. Durch eine geringe Vorhersehbarkeit<br />

für die Lenker steigt die subjektive Kontrollerwartung<br />

an. Dadurch können erhebliche Reduktionen<br />

bei den schwersten Unfällen erreicht werden, ohne<br />

dass die Kontrolltätigkeit der Polizei intensiviert<br />

werden muss.<br />

Fahrende <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen insbesondere<br />

mit zivilen Fahrzeugen sind hingegen zur Bekämpfung<br />

des Massendelikts «überhöhte <strong>Geschwindigkeit</strong>»<br />

nur wenig geeignet, da sie zwar zu Spezialprävention<br />

(Überführen der Delinquenten) aber<br />

kaum zur Generalprävention (allgemeine Abschreckung)<br />

beitragen. Die Begleitung der polizeilichen<br />

Aktivitäten mittels Information oder Kampagnen ist<br />

sehr sinnvoll, da Veränderungen der Polizeiaktivitäten<br />

erst bei erheblicher Intensivierung durch die<br />

Öffentlichkeit bemerkt wird. Die Massenmedien<br />

sind in der Lage, dies vorwegzunehmen.<br />

5. Verkehrstechnik<br />

5.1 Einleitung<br />

5.1.1 Abgrenzung<br />

Strassenart<br />

Das Unfallgeschehen (Kap. VI, S. 51) zeigt auf, dass<br />

sich Unfälle mit möglichem <strong>Geschwindigkeit</strong>seinfluss<br />

vor allem auf Innerorts- und Ausserortsstrassen<br />

ereignen. Autobahnen sind also weniger belastet.<br />

Rund die Hälfte aller Schwerverletzten und<br />

rund zwei Drittel der Getöteten sind auf Ausserortsstrassen<br />

zu verzeichnen. Ein Drittel der Schwerverletzten<br />

und ein Viertel der Getöteten finden sich<br />

auf Innerortsstrassen. Die Letalität von geschwindigkeitsbedingten<br />

Unfällen ist auf Ausserortsstrassen<br />

mehr als doppelt so hoch wie auf Innerortsstrassen.<br />

Obwohl auf Autobahnen hohe <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

gefahren werden, ist dieser Strassentyp<br />

hinsichtlich geschwindigkeitsbedingten<br />

Unfallgeschehens von untergeordneter Bedeutung.<br />

Deshalb werden <strong>im</strong> Folgenden nur verkehrstechnische<br />

Massnahmen auf Innerorts- und Ausserortsstrassen<br />

diskutiert.<br />

Wirkungsebene<br />

<strong>Der</strong> Effekt von verkehrstechnischen Massnahmen<br />

auf die gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en kann auf<br />

zwei Ebenen gemessen werden. Auf der Wirkungsebene<br />

zeigt sich eine Senkung der gefahrenen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en, auf der Ergebnis-Ebene<br />

78 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


die Reduktion des Unfallgeschehens. Es zeigt sich,<br />

dass bezüglich verkehrstechnischer Massnahmen<br />

eine Reduktion der gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

meist mit einer Reduktion des Unfallgeschehens<br />

und der Unfallschwere einhergeht. Im Folgenden<br />

wird pr<strong>im</strong>är auf verkehrstechnische Massnahmen<br />

eingegangen, die zur Einhaltung der allgemeinen<br />

oder signalisierten Höchstgeschwindigkeiten beitragen<br />

und/oder zu einer den (lokalen) Verhältnissen<br />

angepassten Fahrgeschwindigkeit führen.<br />

Dazu kommen einzelne Massnahmen, die in erster<br />

Linie auf eine Senkung der Unfallfolgen abzielen<br />

(unabhängig davon, ob dabei auch die gefahrenen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en reduziert werden).<br />

5.1.2 Problematik der <strong>Strassenverkehr</strong>sunfallstatistik<br />

hinsichtlich verkehrstechnischer<br />

Mängel<br />

Die amtliche <strong>Strassenverkehr</strong>sunfallstatistik enthält<br />

zwar Merkmale bezüglich Infrastruktur wie beispielsweise<br />

«Strassenart», «Unfallstelle», «mögliche<br />

Mängel/Einflüsse». Verkehrstechnische Mängel<br />

lassen sich daraus jedoch nicht ableiten. So ist etwa<br />

die auf der polizeilichen Unfallstatistik basierende<br />

Aussage, dass sich die meisten Unfälle an Kreuzungen<br />

ereignen verkehrstechnisch wenig aussagekräftig.<br />

Wichtig wären Informationen über die<br />

konkrete Ausgestaltung einer Kreuzung, namentlich<br />

die Sichtweiten, die Abbiegeradien, die Anzahl<br />

und Lage der Fahrspuren, die Verkehrsmengen und<br />

-zusammensetzung und Ähnlichem. Die Verbreitung<br />

und Relevanz der Mängel aus Sicht des Verkehrsingenieurwesens<br />

sowie die Priorität von baulichen,<br />

gestalterischen oder betrieblichen Massnahmen<br />

aus sicherheitstechnischer Sicht können somit<br />

auf der Basis der polizeilichen Unfallstatistik nicht<br />

quantifiziert werden. Die Praxis sowie Erfahrungen<br />

aus Road Safety Audits (Kap. VII.5.6.6, S. 97) zeigen<br />

aber <strong>im</strong>mer wieder, dass sicherheitstechnische<br />

Bedingungen oft nicht eingehalten werden [61].<br />

Aus diesen Gründen werden <strong>im</strong> Folgenden Infrastruktur,<br />

Gestaltung und Betrieb von Verkehrsanlagen<br />

systematisch dahingehend analysiert, ob und<br />

wie sie hinsichtlich <strong>Geschwindigkeit</strong>sreduktion und<br />

Sicherheitsgewinn opt<strong>im</strong>iert werden können.<br />

5.1.3 Begriffe<br />

Ausbaugeschwindigkeit<br />

Die Ausbaugeschwindigkeit ist eine Vorgabe zur<br />

Festlegung des Ausbaugrades einer Strasse. Sie legt<br />

die Grenzwerte der Projektierungselemente (Kurvenradius,<br />

Querschnitt, Längsneigung) fest [14,62].<br />

In diesem Sinn legt sie den Ausbaugrad einer Strasse<br />

fest. Diese Definition orientiert sich in erster<br />

Linie an der Funktion einer Strasse hinsichtlich motorisiertem<br />

Individualverkehr. Die OECD [29] empfiehlt<br />

eine Definition, mit einem starken Bezug zur<br />

Verkehrssicherheit. Danach ist die Ausbaugeschwindigkeit<br />

diejenige Höchstgeschwindigkeit, die<br />

eine sichere und angenehme Fahrweise bei leichtem<br />

Verkehrsaufkommen ermöglicht.<br />

Projektierungsgeschwindigkeit<br />

Die Projektierungsgeschwindigkeit ist die höchste<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>, mit der eine best<strong>im</strong>mte Stelle<br />

einer Strasse befahren werden kann. Ihre Grösse<br />

richtet sich in erster Linie nach den Kurvenradien.<br />

In Geraden wird die Projektierungsgeschwindigkeit<br />

der geltenden Höchstgeschwindigkeit gleichgesetzt.<br />

Dies gilt auch für Radien, die eine höhere<br />

Projektierungsgeschwindigkeit zuliessen.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 79


Infrastruktur<br />

Die Infrastruktur umfasst alle baulichen Elemente<br />

einer Strasse inkl. Signale und Markierungen.<br />

Betrieb<br />

<strong>Der</strong> Betrieb einer Strasse umschreibt die gesamte<br />

Abwicklung und Organisation des Verkehrs. Dazu<br />

gehören die mittels Signalisation festgelegte<br />

Höchstgeschwindigkeit, Fahrrichtung, Anzahl Fahrspuren,<br />

sowie Verkehrsstärken und –zusammensetzung.<br />

Gestaltung<br />

Eine gestaltete Strasse weist Interventionen zur<br />

Aufwertung des Erscheinungsbildes des Strassenraumes<br />

auf. Dadurch soll dem Motorfahrzeuglenkenden<br />

namentlich auf übergeordneten Strassen<br />

innerorts die Multifunktionalität eines Strassenraumes<br />

vergegenwärtigt werden. Dazu gehören insbesondere<br />

die Nutzungsansprüche der verletzlichen<br />

Verkehrsteilnehmenden.<br />

Linienführung<br />

Die horizontale Linienführung ist durch die Kurvenradien,<br />

die Geraden und den dazwischen liegenden<br />

Übergangsbereichen gegeben. Die vertikale Linienführung<br />

wird durch die Längsneigungen charakterisiert.<br />

Querschnitt<br />

<strong>Der</strong> Querschnitt einer Strasse wird hauptsächlich<br />

durch die Spurbreiten für den rollenden Verkehr, die<br />

Trottoirbreiten, die seitlichen Freiräume und die<br />

Anzahl der Spuren charakterisiert.<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sreg<strong>im</strong>es<br />

Darunter werden die je nach Ortslage geltenden<br />

allgemein gültigen Höchstgeschwindigkeiten verstanden.<br />

In der Schweiz sind dies gemäss Art. 4a der<br />

Verkehrsregelverordnung:<br />

50 km/h innerorts<br />

80 km/h ausserorts<br />

100km/h auf Autostrassen<br />

120 km/h auf Autobahnen<br />

Siedlungsorientierte Strasse<br />

Auf siedlungsorientierten Strassen dominiert die<br />

Erschliessungs- und Aufenthaltsfunktion. Da sie<br />

meist durch Wohnquartieren führen, sind sie möglichst<br />

frei von Durchgangsverkehr zu halten.<br />

Verkehrsorientierte Strasse<br />

Verkehrsorientierte Strassen haben zwei Funktionen:<br />

Einerseits sollen sie effiziente Verkehrsträger für den<br />

rollenden Verkehr sein, andererseits sind sie für<br />

einen Ort identitätsstiftend und sollen dem Langsamverkehr<br />

grosse Sicherheit und hohe Aufenthaltsqualität<br />

bieten.<br />

V85<br />

Dies ist die <strong>Geschwindigkeit</strong>, die von 85% aller an<br />

einem best<strong>im</strong>mten Strassenquerschnitt erfassten<br />

Fahrzeuge erreicht bzw. unterschritten wird.<br />

5.2 Übergeordnete Ziele<br />

Infrastruktur, Betrieb und Gestaltung der Strasse (bei<br />

neuen Projekte oder Sanierungen) sind so zu planen,<br />

zu projektieren und auszuführen, dass Motorfahrzeuglenkende<br />

intuitiv mit angemessener <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

fahren. Um dies sicherzustellen sind insbesondere<br />

folgende Grundsätze zu beachten [63,64]:<br />

• In der Basisplanung ist das Strassennetz zu hierarchisieren.<br />

Dadurch werden den einzelnen Strassen<br />

Funktionen zugeordnet. Darauf basierend können<br />

unter Berücksichtigung der Nutzungsansprüche<br />

aller Verkehrsteilnehmenden [65] die Strassen projektiert,<br />

betrieben und gestaltet werden.<br />

80 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


• Es ist davon auszugehen, dass die Wahl einer<br />

angemessenen <strong>Geschwindigkeit</strong> unter anderem<br />

davon abhängt, ob die Motorfahrzeuglenkenden<br />

eine Strasse richtig beurteilen. Das Erkennen<br />

von Funktion und Nutzungsansprüchen<br />

muss demnach für Motorfahrzeuglenkenden<br />

aufgrund des Erscheinungsbildes der Strasse<br />

möglich sein, d. h. eine Strasse muss selbsterklärend<br />

ausgeführt sein [64,66]. In der Norm<br />

SN 640 211 [65] des Schweizerischen Verbands<br />

der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS) ist<br />

dieser Grundsatz unter dem Stichwort «Begreifbarkeit»<br />

subsummiert. Die Wirksamkeit<br />

dieses Grundsatzes auf das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

konnte in einem S<strong>im</strong>ulatorversuch gezeigt<br />

werden. Selbsterklärende Strassen weisen<br />

homogenere <strong>Geschwindigkeit</strong>en auf [67].<br />

• Homogenität <strong>im</strong> <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

•<br />

wird in der Literatur oft als bedeutsamer <strong>Faktor</strong><br />

hervorgehoben. Insbesondere in [68] und [5]<br />

werden diverse Studien zitiert, wonach homogene<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en einen positiven Effekt<br />

auf das Unfallgeschehen haben. So weisen<br />

Fahrzeuge, die bedeutend schneller als der<br />

Durchschnitt fahren, eine bedeutend erhöhte<br />

Unfallwahrscheinlichkeit auf. Von grosser Bedeutung<br />

für die Projektierung von Verkehrsanlagen<br />

sind die Aussagen in [68], wonach sich<br />

die Homogenität der gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en,<br />

auch über eine ganze Strecke betrachtet,<br />

positiv auf das Unfallgeschehen auswirkt.<br />

Zur Vollständigkeit sei noch der Grundsatz der<br />

fehlertoleranten Strasse erwähnt. Es ist nicht<br />

davon auszugehen, dass damit unmittelbar die<br />

Fahrgeschwindigkeiten beeinflusst werden<br />

können. Ziel einer fehlertoleranten Strasse ist es<br />

jedoch, die Folgen auch von geschwindigkeitsbedingten<br />

Unfällen zu min<strong>im</strong>ieren.<br />

5.3 Planung<br />

Auf der Stufe der Planung werden die Strassen hierarchisch<br />

gegliedert. Ein wesentlicher Punkt der Hierarchisierung<br />

ist, dass die Zuteilung einer Strasse in<br />

die adäquate Hierarchiestufe nicht nur auf Planungsstufe<br />

erfolgt, sondern in der Realität umgesetzt und<br />

für die Motorfahrzeuglenkenden erkennbar wird. Die<br />

Erfahrung zeigt, dass dies in der Praxis wiederholt<br />

missachtet wird. Klassisches Beispiel sind siedlungsorientierte<br />

Strassen mit überbreiten Fahrbahnen und<br />

beidseitigem, baulich deutlich abgetrenntem Trottoir<br />

sowie Mittellinie (Abbildung 12). Ein solches Erscheinungsbild<br />

widerspricht der Funktion einer Quartierstrasse<br />

und kann u. a. zu unangepasstem <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

führen (Abbildung 13).<br />

Abbildung 12<br />

Diskrepanz zwischen Funktion und Erscheinungsbild einer Tempo-<br />

30-Strasse<br />

Abbildung 13<br />

Diskrepanz zwischen Funktion und Erscheinungsbild einer Ausserortsstrasse<br />

(Tempo 80)<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 81


5.4 Infrastruktur<br />

5.4.1 Autobahnen<br />

Die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen beträgt<br />

120 km/h. Je nach Topografie und Siedlungsstruktur<br />

beträgt demnach die Ausbaugeschwindigkeit<br />

max<strong>im</strong>al ebenfalls 120 km/h. Gemäss den<br />

Vorgaben in [62] und [14] ist die horizontale Linienführung<br />

danach zu projektieren.<br />

Da die Ausbaugeschwindigkeit sowie der Querschnitt<br />

von Autobahnen vorgegeben sind, besteht<br />

kein Spielraum für infrastrukturelle Massnahmen<br />

zur Reduktion der gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en.<br />

Zu diesem Schluss gelangen auch die Autoren von<br />

[69]. Sie halten fest, dass es auf Autobahnen keinen<br />

Zusammenhang zwischen Geometrie und der<br />

gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong> gibt. Engere Radien<br />

zwingen zwar die Lenkenden aus physikalischen<br />

Gründen zu niedrigeren <strong>Geschwindigkeit</strong>en. Übergeordnetes<br />

Ziel der horizontalen Linienführung<br />

sollte es jedoch sein, homogene <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

auf einem Streckenzug anzustreben und nicht<br />

das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten zu beeinflussen.<br />

Dies wird <strong>im</strong> folgenden Kap. VII.5.4.2 eingehend<br />

erläutert.<br />

Berücksichtigt man schliesslich, dass Autobahnen<br />

hinsichtlich geschwindigkeitsbedingtem Unfallgeschehen<br />

keinen Schwerpunkt darstellen<br />

(Kap. VII.5.1.1, S. 78), spielt die Tatsache, dass<br />

mittels Infrastruktur und Gestaltung die <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

nicht beeinflusst werden können, eine<br />

untergeordnete Rolle.<br />

5.4.2 Ausserortsstrassen<br />

Ausserortsstrassen wiesen in den vergangenen 8<br />

Jahren eine V85 von 79 km/h bis 85 km/h auf [28].<br />

<strong>Der</strong> Anteil Fahrzeuge, welche die Höchstgeschwindigkeit<br />

nicht einhielten, betrug in diesem Zeitraum<br />

16–35 %. Aus [68] ist bekannt, dass es vor allem<br />

die schnellen Fahrzeuge aus einer <strong>Geschwindigkeit</strong>sverteilung<br />

sind, welche eine hohe Unfallrate<br />

aufweisen. Zusammen mit den Erkenntnissen bezüglich<br />

geschwindigkeitsbedingte Unfallgeschehen,<br />

ist auf Ausserortsstrassen Handlungsbedarf angezeigt.<br />

Wie kann das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

bzw. das Unfallgeschehen durch die Geometrie der<br />

Strasse beeinflusst werden?<br />

Auf Stufe Projektierung können folgende Features<br />

verändert werden:<br />

• Die horizontale Linienführung<br />

• die vertikale Linienführung<br />

• der Querschnitt<br />

Die horizontale Linienführung ist durch die Elemente<br />

«Gerade» und «Kurve» gegeben, wobei diese<br />

durch sogenannte «Übergangsbögen» verbunden<br />

werden (geometrisch: Klothoiden). Letztere sind<br />

insbesondere bei höheren <strong>Geschwindigkeit</strong>en notwendig,<br />

weil das Einschlagen des Lenkrades bis zur<br />

gewünschten Endposition eine gewisse Zeit (und<br />

somit Strecke) in Anspruch n<strong>im</strong>mt.<br />

Physikalisch beschränkt die Geometrie (Radius,<br />

Quergefälle) einer Kurve die an diesem Ort max<strong>im</strong>al<br />

mögliche Fahrgeschwindigkeit. Trotzdem fällt<br />

der triviale Ansatz, auf ganzen Streckenzügen mittels<br />

Aneinanderreihen von Kurven mit sehr kleinen<br />

Radien die <strong>Geschwindigkeit</strong>en und damit auch die<br />

Unfallschwere zu min<strong>im</strong>ieren, aus ökologischen<br />

und ökonomischen Überlegungen ausser Betracht.<br />

82 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


Das Strecken von Linienführungen führt andererseits<br />

zu höheren <strong>Geschwindigkeit</strong>en.<br />

Diese Betrachtungsweise deckt einen ersten Zielkonflikt<br />

auf. Hierzu sind zudem zwei Studien bekannt<br />

[38], wonach das Unfallrisiko ausserorts<br />

ansteigt, wenn die Radien ein gewisses Mass unterschreiten<br />

(430 m resp. 1000 m). Grössere Radien<br />

führen also zu höherer Sicherheit, lassen aber<br />

höhere <strong>Geschwindigkeit</strong>en zu.<br />

Die Frage, wie <strong>Geschwindigkeit</strong> und Unfallgeschehen<br />

mittels Wahl der Kurvenradien beeinflusst<br />

werden können, ist gemäss diesen Ausführungen<br />

nicht zu beantworten.<br />

Ein möglicher Ausweg aus dieser Schwierigkeit ist<br />

in Kap. VII.5.2, S. 80 erläutert. Danach ist nicht nur<br />

der absolute Betrag der gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

für die Sicherheit einer Strecke massgebend,<br />

sondern auch eine streckenbezogen homogene<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>. Auf diesen Überlegungen beruhen<br />

die Empfehlungen in [62] und [14]. Basierend<br />

auf dem Prinzip, dass ein Streckenzug homogen<br />

projektiert werden soll [70]. Das darin empfohlene<br />

Verfahren ermöglicht es, Streckenzüge homogen<br />

zu projektieren. Insbesondere sind geometrische<br />

Bedingungen hinsichtlich Elementenfolge formuliert.<br />

So sind max<strong>im</strong>ale Differenzen der Projektierungsgeschwindigkeiten<br />

benachbarter Projektierungselemente,<br />

namentlich Kurven, festgelegt.<br />

Zudem werden geometrische Bedingungen für die<br />

Übergänge zwischen Kurven und Geraden formuliert.<br />

Es wird davon ausgegangen, dass eine Projektierung<br />

gemäss diesen Vorgaben zu einer homogenen<br />

Linienführung führt.<br />

Oft lassen es die Randbedingungen (z. B. Topografie,<br />

Eigentumsverhältnisse) nicht zu, die geschilder-<br />

ten Projektierungsvorgaben einzuhalten. Führt dies<br />

zu Sicherheitsproblemen, so kann versucht werden,<br />

Kurven mit optischen Führungshilfen zu entschärfen.<br />

Bevor auf die einzelnen Möglichkeiten eingegangen<br />

wird, sei eine Studie zu dieser Thematik<br />

erwähnt [71]. Darin wird ein Verfahren vorgeschlagen,<br />

unsichere Kurven zu diagnostizieren, ohne<br />

sich dabei auf das Unfallgeschehen abzustützen zu<br />

müssen. Auch dieser Ansatz beruht auf dem Prinzip<br />

der Homogenität. Im Wesentlichen werden<br />

dabei die relativen Differenzen zwischen Annäherungsgeschwindigkeit<br />

und Kurvengeschwindigkeit<br />

der einzelnen Fahrzeuge als Massstab für die Qualität<br />

der Kurve herangezogen. Demgemäss weist<br />

eine sicherheitstechnisch problematische Kurve<br />

eine grosse Streuung in den relativen Differenzen<br />

zwischen Annäherungsgeschwindigkeit und Kurvengeschwindigkeit<br />

auf.<br />

Als optische Führungshilfen zur Verdeutlichung des<br />

Kurvenverlaufes wird in der Praxis eine ganze Reihe<br />

von Massnahmen eingesetzt, insbesondere:<br />

• Randlinien (Abbildung 14)<br />

• Dichte Abfolge von Leitpfosten oder flexiblen<br />

Kunststoffpollern zur Verdeutlichung des Kurvenverlaufs<br />

• Leitpfeile<br />

Abbildung 14<br />

Randlinie<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 83


• abgestufte Leitpfeile (Abbildung 15)<br />

• Gefahrensignale (Rechtskurve, Linkskurve, Doppelkurve<br />

rechts beginnend, Doppelkurve links<br />

beginnend (Abbildung 16)<br />

• Verknüpfungen dieser Massnahmen. Zwahlen<br />

erarbeitete dazu ein Verfahren, um je nach geometrischen<br />

Bedingungen, die ideale Kombination<br />

festzulegen [72].<br />

Nicht für jede der aufgelisteten Interventionen<br />

konnten in der Literatur Befunde für einen sicherheitstechnischen<br />

Erfolg gefunden werden.<br />

Abbildung 15<br />

Abgestufte Leitpfeile (Kap. VII.3.6, S. 64)<br />

Abbildung 16<br />

Gefahrensignal «Rechtskurve»<br />

Quelle: SSV<br />

Untersuchungen hinsichtlich Erfolg von Randlinien<br />

und in dichter Folge platzierten Leitpfosten in Kurven<br />

fehlen. Fachleute sehen in dieser Massnahme<br />

zwar einen ersten, einfachen Schritt hin zur Verdeutlichung<br />

der Linienführung. Immerhin zeigen<br />

Meta-Analysen und Reviews, dass grundsätzlich<br />

Massnahmen zur Verdeutlichung des Kurvenverlaufes<br />

zu einer Reduktion von Unfällen mit Verletzten<br />

von 20 % bis 50 % führt [5]. Ähnliche Grössen<br />

finden sich auch in [73], wobei in dieser Studie<br />

zusätzlich eine positive Auswirkung auf die Wahrnehmung<br />

der Kurven nachgewiesen werden konnte.<br />

Abschliessend sei noch festgehalten, dass in der<br />

gesichteten Literatur für Gefahrensignale vor Kurven<br />

(z. B. Abbildung 16) kein signifikanter Effekt<br />

auf die Unfälle mit Verletzten sowie auf Unfälle mit<br />

Sachschaden gefunden werden konnte [5,74].<br />

Die Palette an Massnahmen zur Entschärfung von<br />

sicherheitstechnisch problematischen Kurven sowie<br />

der Nachweis der unfallreduzierenden Wirkung<br />

einiger dieser Massnahmen könnte vordergründig<br />

zum Schluss führen, den Aufwand für eine homogene<br />

Projektierung zu min<strong>im</strong>ieren und bei Bedarf<br />

mit Massnahmen zur Verdeutlichung des Kurvenverlaufes<br />

zu intervenieren. Dem ist entgegen zu<br />

halten, dass der Grundsatz der selbsterklärenden<br />

Strasse sowie der homogenen Linienführung besagen,<br />

dass mittels adäquater Projektierung ein angemessenes<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten anzustreben<br />

ist. Es wäre also ethisch fahrlässig, bei umständlichen<br />

Randbedingungen von einer homogenen<br />

Linienführung abzusehen, das Unfallgeschehen<br />

zu analysieren und bei negativer Entwicklung<br />

die Probleme mittels Leitpfeilen nachträglich zu<br />

korrigieren.<br />

Die vertikale Linienführung ist durch das Längsgefälle<br />

der Strasse charakterisiert.<br />

84 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


<strong>Der</strong> Spielraum für Eingriffe in die vertikale Linienführung<br />

ist auf Ausserortsstrassen beschränkt.<br />

Die grossräumige Betrachtungsweise zeigt, dass<br />

Steigungen die gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

kaum beeinflussen. Steigungen wirken sich erst ab<br />

8% auf die <strong>Geschwindigkeit</strong>en aus [62]. Dabei gilt<br />

es zu beachten, dass in Gegenrichtung eine Steigung<br />

zum Gefälle wird, was sich vermutlich negativ<br />

auf die gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en auswirkt.<br />

Daher sind Steigungen und Gefälle nicht als<br />

geschwindigeitswirksame Massnahmen zu betrachten.<br />

Sie ergeben sich schlicht als Folge der topografischen<br />

Gegebenheiten.<br />

Kleinräumige Eingriffe in die vertikale Linienführung<br />

führen zur Massnahme des vertikalen Versatzes<br />

(kurze Anhebungen der Fahrbahn). Diese sind<br />

auf verkehrsorientierten Ausserortsstrassen grundsätzlich<br />

ungeeignet, denn sie stellen insbesondere<br />

bei steilen Anrampungen eine Inhomogenität<br />

(Kap. VII.5.2, S. 80) dar. Indessen versuchen einige<br />

Baubehörden gezielt an sicherheitstechnisch kritischen<br />

Örtlichkeiten die <strong>Geschwindigkeit</strong>en mittels<br />

vertikalen Versätzen mit eher geringer Rampenneigung<br />

zu senken. In [75] werden kreissegmentförmige<br />

vertikale Versätze empfohlen, wobei Rampenneigungen<br />

von 3,8 % bis 4 % für <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

von 60 km/h bis 50 km/h empfohlen<br />

werden. Dass solche Eingriffe die <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

punktuell senken können, ist plausibel. Kritisch<br />

anzumerken ist hingegen, dass vertikale Versätze<br />

auf verkehrsorientierten Strassen dem Grundsatz<br />

der Erkennbarkeit von Strassentypen widersprechen<br />

(Kap. VII.5.2, S. 80). Diese Elemente sind<br />

insbesondere für siedlungsorientierte Innerortsstrassen<br />

vorzusehen (Kap. VII.5.4.4, S. 90 und Kap.<br />

VII.5.5.3, S. 92).<br />

Als kleinräumige Eingriffe auf die vertikale Linienführung<br />

können auch die sogenannten «Rumble<br />

Strips» angesehen werden. Es handelt sich dabei<br />

um rillenartige Vertiefungen, die entlang der seitlichen<br />

Fahrbahnabgrenzung oder in Fahrbahnmitte<br />

angebracht werden (Abbildung 17). Gemäss [76]<br />

können Rumble Strips die Anzahl Frontal- und<br />

Streifkollisionen mit Personenschäden um 25 %,<br />

die Unfälle mit Personenschaden insgesamt um<br />

<strong>im</strong>merhin 15 % reduzieren. Ob es sich hierbei um<br />

geschwindigkeitsbedingte Unfälle handelte, konnte<br />

nicht eruiert werden. Immerhin konnte [74] einen<br />

positiven Effekt von Rumble Strips auf die gefahrenen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en sowie auf die Schleuderunfälle<br />

nachweisen.<br />

<strong>Der</strong> Einfluss des Querschnitts einer Strasse auf die<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> und die Sicherheit ist vielschichtig.<br />

In der Literatur sind einige Auswertungen zum<br />

Zusammenhang zwischen Breite und <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

vorhanden. Daraus geht hervor, dass für Ausserortsstrassen<br />

ein schwacher, jedoch positiver<br />

Zusammenhang zwischen diesen Grössen besteht.<br />

Aus dieser Erkenntnis sollte jedoch nicht der direkte<br />

Schluss gezogen werden, prinzipiell mittels Verschmälerung<br />

von Strassen die Sicherheit zu verbessern.<br />

In der Tat zeigen die Auswertungen mehrerer<br />

Analysen, dass weitere Variablen ebenso die Si-<br />

Abbildung 17<br />

Rumble Strips in Fahrbahnmitte<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 85


cherheit beeinflussen. So wird beispielsweise in<br />

[73] gezeigt, dass sich die Verbreiterung von Spuren<br />

positiv auf Frontal- und Schleuderunfälle auswirkt.<br />

Unerwartete Ergebnisse ergeben sich aus [5].<br />

So nehmen die Unfälle mit Personenschaden ausserorts<br />

bei einer Zunahme der Anzahl Spuren von 2<br />

auf 3 oder von 2 auf 4 signifikant zu, bei einer<br />

Zunahme der Anzahl Spuren von 4 auf 6 hingegen<br />

signifikant ab. Desgleichen nehmen die Unfälle mit<br />

Personenschaden signifikant zu, wenn die Breiten<br />

von (gemäss Norm) zu schmalen Spuren erhöht<br />

werden. Demgegenüber nehmen die Unfälle mit<br />

Personenschaden bei Verbreiterung der gesamten<br />

Strasse ab. Diese sich teilweise widersprechenden<br />

Aussagen sind vermutlich darauf zurück zu führen,<br />

dass in Studien niemals alle erklärenden Variablen<br />

mitberücksichtigt werden können und gleichzeitig<br />

konfundierende Variablen den Outcome verfälschen.<br />

Beispielsweise spielt die Lage eines Querschnittes<br />

in der horizontalen Linienführung genau<br />

so ein Rolle wie die Verkehrszusammensetzung. So<br />

führen beispielsweise Verbreiterungen von Kurven<br />

gemäss [5] zu keiner signifikanten Veränderung<br />

des Unfallgeschehens. Ein weiteres Beispiel zum<br />

komplexen Zusammenspiel von Breite, Sicherheit<br />

und <strong>Geschwindigkeit</strong> zeigt eine Schweizerische<br />

Studie zur Verträglichkeit von leichtem Zweiradverkehr<br />

und motorisiertem Individualverkehr [77].<br />

Diese gelangt zum Schluss, dass auf Grund der<br />

Begegnungsfälle und Überholabstände Breiten von<br />

unter 6 m und über 7,50 m sicherheitstechnisch<br />

verträglich und Zwischenbreiten zu vermeiden sind.<br />

Aus diesen Ausführungen lässt sich der Schluss<br />

ziehen, dass keine allgemeingültige Aussage zu<br />

Gunsten einer Verbreiterung oder Verengung von<br />

Strassenbreiten möglich ist – weder hinsichtlich<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> noch hinsichtlich Sicherheit. Hierzu<br />

wäre ein rechnerisches Modell nötig, das alle<br />

relevanten Einflussvariablen (Verkehrszusammen-<br />

setzung, Anzahl Spuren, usw.) enthält. Dieser Problematik<br />

versuchen die VSS-Normen Rechnung zu<br />

tragen. Sie legen die zu wählenden Fahrbahnbreiten<br />

auf Grund der massgebenden Begegnungsfälle<br />

und den <strong>Geschwindigkeit</strong>en fest [78–80].<br />

Ebenso undeutlich ist die Sachlage betreffs Quergefälle.<br />

In [5] werden zwei sich widersprechende<br />

Studien zitiert, welche die sicherheitstechnischen<br />

Auswirkungen von Korrekturen des Quergefälles<br />

untersuchten.<br />

Zur Thematik des Querschnittes einer Strasse gehört<br />

auch die Fragestellung bezüglich baulicher<br />

Trennung von verletzlichen Verkehrsteilnehmern<br />

und motorisiertem Verkehr. Insbesondere auf Ausserortsstrassen<br />

herrschen beträchtliche <strong>Geschwindigkeit</strong>sunterschiede<br />

zwischen diesen beiden Verkehrskategorien.<br />

Wo die bestehenden Breiten Konfliktpotenzial<br />

beinhalten bzw. wo die gefahrenen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en nicht auf ein verträgliches Mass<br />

gesenkt werden können [30], muss diese Trennung<br />

angestrebt werden. Sie entspricht auch dem Prinzip<br />

der Homogenität von <strong>Geschwindigkeit</strong>en und Massen.<br />

Weitere Aspekte des Querschnittes betreffen<br />

Massnahmen, die nicht direkt das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

beeinflussen, sondern die Folgen von<br />

geschwindigkeitsbedingten Unfällen auf Ausserortsstrassen<br />

mindern. Dazu gehören das Entfernen<br />

von festen Objekten am Strassenrand (z. B. Mauern,<br />

Zäune, Pfosten) sowie die Verbreiterung von<br />

Banketten (Seitenstreifen der Strasse). Diese Interventionen<br />

sind gemäss [46] bedeutend und müssten<br />

bei einer Normenrevision mitberücksichtigt<br />

werden. Leitschrankensysteme nehmen in dieser<br />

Gruppe von Massnahmen eine spezielle Stellung<br />

ein, da sie in der Praxis sehr oft zur Diskussion<br />

86 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


stehen bzw. zur Anwendung gelangen, ihre sicherheitstechnische<br />

Wirkung jedoch nicht unumstritten<br />

ist. So besteht das hauptsächliche Ziel von<br />

Leitschranken an der Kurvenaussenseite darin, von<br />

der Fahrbahn abirrende Fahrzeuge zurück zu halten.<br />

Dies <strong>im</strong>pliziert jedoch das Risiko von Sekundärkollisionen,<br />

sodass in jedem Einzelfall die verschiedenen<br />

Auswirkungen abzuwägen sind. Diesen<br />

Grundsätzen trägt auch die Norm [81] Rechnung<br />

(Abbildung 18). Mittelleitschranken zielen dagegen<br />

darauf ab, Frontalkollisionen, die teilweise auch auf<br />

zu hohe <strong>Geschwindigkeit</strong>en zurück zu führen sind,<br />

zu vermeiden. Dabei muss der Betrieb in jeder Hinsicht<br />

gewährleistet sein (Zugang für Rettungsfahrzeuge,<br />

Abbiegemanöver bei Verzweigungen,<br />

Abbildung 18<br />

Leitschranke an der Kurvenaussenseite auf einer<br />

Ausserortsstrasse<br />

Abbildung 19<br />

Mittelleitschranke auf einer Ausserortsstrasse<br />

Kompatibilität mit dem leichten Zweiradverkehr).<br />

Deshalb sind Mittelleitschranken nur bei gewissen<br />

verkehrstechnischen Bedingungen (Örtlichkeit,<br />

Geometrie, Anteil des leichten Zweiradverkehrs)<br />

zielführend (Abbildung 19). Immerhin zeigen Reviews<br />

von zahlreichen Studien für beide Leitschrankensysteme<br />

positive Auswirkungen auf das Unfallgeschehen.<br />

So weist [5] sowohl für Leitschranken<br />

an der Kurvenaussenseite als auch für Mittelleitschranken<br />

einen signifikanten Rückgang von Unfällen<br />

mit Getöteten von über 40 %. Daraus darf aus<br />

den vorgängig dargelegten Gründen jedoch nicht<br />

der Schluss gezogen werden, dass jede Kurve und<br />

jede Ausserortsstrecke mit Leitschranken zu versehen<br />

sind. Jeder einzelne Fall muss sorgfältig geplant<br />

werden.<br />

5.4.3 Verkehrsorientierte Innerortsstrassen<br />

Das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten innerorts zeigt<br />

hinsichtlich Einhaltegrad der geltenden Höchstgeschwindigkeit<br />

ein erfreulicheres Bild auf als Ausserortsstrassen<br />

[28]. <strong>Der</strong> Anteil Fahrzeuge, die schneller<br />

als die max<strong>im</strong>al erlaubte 50 km/h fährt, ist aber<br />

trotzdem beträchtlich. Er bewegte sich in den vergangenen<br />

6 Jahren zwischen 12 % und 21 %.<br />

Dementsprechend betrug in diesem Zeitraum die<br />

V85 zwischen 47 km/h und 50 km/h. Ob <strong>im</strong> Einzelfall<br />

die gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en situationsangepasst<br />

waren, geht aus dieser Betrachtungsweise<br />

nicht hervor. Da aber innerorts sehr oft verletzliche<br />

Verkehrsteilnehmer unterwegs sind (Fussgänger,<br />

Zweiradfahrer, Behinderte, etc.), ist ein<br />

tiefes, homogenes <strong>Geschwindigkeit</strong>sniveau eine<br />

notwendige Voraussetzung für die Verkehrssicherheit.<br />

Zusätzlich sind Querungsstellen für den Fussverkehr<br />

und Abbiegestellen für den Fahrradverkehr<br />

mit geeigneten Massnahmen abzusichern.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 87


Diese Überlegungen, die Zahlen zum Unfallgeschehen<br />

sowie die Erkenntnisse hinsichtlich Unfallbeteiligung<br />

hauptsächlich der schnellen Fahrzeuge ([68])<br />

zeigen auf, dass auch innerorts Handlungsbedarf<br />

besteht. Die Systematik der baulich möglichen<br />

Eingriffe zur <strong>Geschwindigkeit</strong>sbeeinflussung ist<br />

innerorts grundsätzlich dieselbe wie ausserorts.<br />

Folgende Eigenschaften können verändert werden:<br />

• die horizontale und vertikale Linienführung<br />

• der Querschnitt<br />

Die Grundsätze der horizontalen Linienführung<br />

sind innerorts nur theoretisch mit denjenigen ausserorts<br />

zu vergleichen (Kurvenradien, Übergangsbögen,<br />

Geraden). Innerorts sind die Vorgaben für<br />

die horizontale Linienführung <strong>im</strong> Besonderen durch<br />

die Lage der Bauten (Siedlungsstruktur) und die<br />

Nutzungsansprüche verschiedenster Verkehrsteilnehmer<br />

gegeben. Eine homogene Abfolge von<br />

Projektierungselementen entwerfen zu wollen<br />

unter Berücksichtigung der Ausbaugeschwindigkeit<br />

um damit einen homogenen <strong>Geschwindigkeit</strong>sverlauf<br />

zu erreichen, führt innerorts nicht zum Ziel.<br />

Die horizontale Linienführung muss sich innerorts<br />

somit nach der Fahrzeuggeometrie des <strong>motorisierten</strong><br />

Individualverkehrs richten und nicht nach der<br />

Fahrdynamik.<br />

Die einzige Möglichkeit, innerorts in die horizontale<br />

Linienführung einzugreifen, um die <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

zu dämpfen, besteht <strong>im</strong> Vermeiden von langgezogenen<br />

Geraden. Denn es ist davon auszugehen,<br />

dass solche Verhältnisse zu erhöhten <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

führen. Lassen es die Platzverhältnisse<br />

zu, so kann mit Kurvenelementen eine gestreckte<br />

Linienführung unterbrochen werden. Dies<br />

jedoch nur unter Berücksichtigung der in<br />

Kap. VII.5.4.2, S. 82 erläuterten Projektierungsvorgaben.<br />

sodass keine punktuellen Inhomogenitäten<br />

entstehen und damit die Gefahren verlagert werden.<br />

Grossräumige Eingriffe auf die vertikale Linienführung<br />

ergeben sich in erster Linie aus der Topografie<br />

und sind als geschwindigkeitsreduzierende Massnahme<br />

ungeeignet. Änderungen des Längsgefälles<br />

können zudem zu sichtbehindernde Kuppen führen<br />

und daher kontraproduktiv wirken.<br />

Kleinräumige Eingriffe z. B. vertikale Versätze<br />

(Kap. VII.5.4.4, S. 90), Rumble Strips und leicht<br />

überhöhte Querbänder . können unfall- und geschwindigkeitsmindernd<br />

wirken. So wird beispielsweise<br />

in [5] nachgewiesen, dass vertikale Versätze<br />

die Unfälle um 48 % und leicht überhöhte Querbänder<br />

die Unfälle mit Personenschaden um 33 %<br />

reduzieren. Die positive Wirkung von Rumble Strips<br />

ist in Kap. VII.5.4.2, S. 82 beschrieben. Alle diese<br />

Massnahmen weisen jedoch anderweitige Nachteile<br />

auf, sodass sie nur bedingt auf verkehrsorientierten<br />

Innerortsstrassen empfohlen werden können.<br />

Vertikale Versätze verstossen gegen das Prinzip der<br />

selbsterklärenden Strasse und sind daher pr<strong>im</strong>är<br />

auf siedlungsorientierten Strassen vorzusehen. Auf<br />

verkehrsorientierten Innerortsstrassen sollten sie<br />

nur als Bestandteil eines umfassenden Gestaltungskonzeptes<br />

und ausnahmsweise eingesetzt<br />

werden. Rumble Strips und überhöhte Querbänder<br />

verursachen Lärmemissionen und stossen in der<br />

Praxis <strong>im</strong>mer wieder auf Widerstand der Anwohner.<br />

Überhöhte Querbänder sind aus Sicht der<br />

Verkehrssicherheit nur einzusetzen, wenn sie in der<br />

richtigen Ausdehnung ausgeführt werden [82].<br />

Ansonsten können sie vom Fussverkehr als vortrittsberechtigte<br />

Querungsstelle missinterpretiert<br />

werden.<br />

88 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


Die Befunde hinsichtlich Querschnitt sind analog zu<br />

denjenigen für Ausserortsstrassen. In [83] finden<br />

sich denn Hinweise, dass auch innerorts mit zunehmender<br />

Fahrbahnbreite die <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

ansteigen. Aber auch innerorts gilt, dass die Fahrbahnbreite<br />

nicht der einzige Parameter des Querschnittes<br />

ist. So wirkt sich beispielsweise analog zu<br />

ausserorts die Anzahl Spuren auf das Unfallgeschehen<br />

aus. Gemäss [5] bewirkt eine Erhöhung<br />

der Anzahl Spuren von1 auf 2 eine Zunahme der<br />

Unfälle mit Personenschaden um 75 %, Erhöhungen<br />

der Anzahl Spuren von 2 auf 3 sowie von 2<br />

auf 4 sind hingegen mit einer Abnahme von Unfällen<br />

mit Personenschaden verbunden. Solche Befunde<br />

zeigen, dass es der Sicherheit nicht zuträglich<br />

ist, leichthin Fahrbahnbreiten zu reduzieren,<br />

um damit <strong>Geschwindigkeit</strong>en zu senken. Andere<br />

wichtige Kenngrössen, wie beispielsweise die Verkehrszusammensetzung<br />

spielen eine ebenso wichtige<br />

Rolle. So erweisen sich gemäss [77] Breiten<br />

unter 6,00 m und über 7,00 m hinsichtlich Sicherheit<br />

des leichten Zweiradverkehrs als problematisch.<br />

Abschliessende Aussagen zu idealen Fahrbahnreiten<br />

können somit keine gemacht werden.<br />

Jeder Einzelfall ist hinsichtlich seiner eigenen Charakteristika<br />

zu planen und zu projektieren.<br />

Abbildung 20<br />

Kreisel<br />

Eine spezielle punktuelle Massnahme, die sowohl<br />

bezüglich horizontaler Linienführung als auch<br />

Querschnitt wirkt, sind Kreisverkehrsplätze bzw.<br />

Kreisel (Abbildung 20).<br />

Die Betriebsform des Kreisels, die alle Zufahrten mit<br />

«kein Vortritt» belegt, sowie die vergleichsweise<br />

engen Radien, wirken sich geschwindigkeitsmindernd<br />

aus. Dieser Zusammenhang wird in [73]<br />

erläutert, woraus hervorgeht, dass die <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

direkt proportional zur Wurzel des Radius<br />

des Kreisels ist. Dass Kreisel auch sicherheitswirksam<br />

sind wurde in unzähligen Studien nachgewiesen.<br />

Im Folgenden ist lediglich eine kleine Auswahl<br />

von zusammenfassenden Studien erwähnt. Ein<br />

Problem bei der Vergleichbarkeit dieser Untersuchungen<br />

ergibt sich aus den Designs. So spielt es<br />

eine wesentliche Rolle mit welcher Art von Kreuzungen<br />

die Kreisel verglichen werden (Lichtsignalanlage,<br />

Vortrittsregelung).<br />

Gemäss [84] können mittels Kreisel die Unfälle mit<br />

Personenschaden um 76 % und die Unfälle mit<br />

schweren Folgen um 90 % <strong>im</strong> Vergleich zu Lichtsignalanlagen<br />

gesenkt werden. Nicht ganz so grosse<br />

Reduktionen weist [73] nach. In dieser Quelle<br />

werden Studien zitiert, wonach <strong>im</strong> Vergleich zu<br />

ungeregelten Kreuzungen, an Kreiseln eine Reduktion<br />

der Unfälle mit Personenschaden um 50 % bis<br />

60 % zu erwarten ist, an Lichtsignalanlagen hingegen<br />

nur 40 %. In [73] wird auch die Problematik<br />

des Fussverkehrs und des leichten Zweiradverkehrs<br />

in Kreiseln angedeutet. Danach ist der leichte Zweiradverkehr<br />

an Kreiseln überproportional oft in Unfälle<br />

verwickelt. Dass der leichte Zweiradverkehr in<br />

Kreiseln sicherheitstechnisch problematisch sein<br />

kann, wurde bereits in [85] hingewiesen. Danach<br />

nahm die Zahl der Unfälle mit leichtem Zweiradverkehr<br />

bei Kreuzungen, die zu Kreiseln umgebaut<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 89


wurden zu. Eine weitere Möglichkeit, die sicherheitstechnischen<br />

Wirksamkeit von Kreiseln zu<br />

quantifizieren, ist in [5] beschrieben. Dabei wird die<br />

Änderung des Unfallgeschehens nach dem Umbau<br />

einer Kreuzung zu einem Kreisel hinsichtlich der<br />

ursprünglichen verkehrstechnischen Ausgestaltung<br />

der Kreuzung beurteilt (3-armig, 4-armig, Lichtsignalanlagenregelung,<br />

Regelung mit «kein Vortritt»).<br />

Es zeigt sich, dass ausser be<strong>im</strong> Fall von dreiarmigen,<br />

lichtsignalgeregelten Kreuzungen der Umbau<br />

zu Kreiseln <strong>im</strong>mer einen signifikant positiven Effekt<br />

auf die Unfallschwere ergibt (Reduktion um 17 %<br />

bis 41 %).<br />

Als geschwindigkeitsreduzierende, sicherheitsfördernde<br />

und zugleich gestalterische Massnahme<br />

eignet sich der Kreisel, unter Berücksichtigung der<br />

dargestellten Erkenntnisse insbesondere als Element<br />

zur Strassenraumgestaltung (Kap. VII.5.5.3,<br />

S. 92)<br />

5.4.4 Siedlungsorientierte Innerortsstrassen<br />

Auf siedlungsorientierten Innerortsstrassen sind nur<br />

kleinräumige Eingriffe in die horizontale und vertikale<br />

Linienführung sinnvoll. Die Siedlungsstruktur<br />

ist meistens gegeben und die <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

kann kaum mit Kurvenradien und schon gar nicht<br />

mit Eingriffen ins Längsgefälle beeinflusst werden.<br />

Kleinräumige Eingriffe in die vertikale Linienführung<br />

sind insbesondere mit sogenannten vertikalen<br />

Versätzen angezeigt. Dabei handelt es sich um<br />

trapez- oder kreissegmentförmige lokale Erhöhungen<br />

der Fahrbahn (Abbildung 21 und [86]). Die<br />

Reduktion von Unfällen mit Personenschaden wird<br />

in [5] mit rund 48 % ausgewiesen. Je nach Neigung<br />

der beidseitigen Rampen kann dadurch eine<br />

Reduktion der <strong>Geschwindigkeit</strong> erreicht werden<br />

[86]. <strong>Der</strong> Einsatz von vertikalen Versätzen ist insbesondere<br />

in Tempo-30-Zonen angezeigt, wenn die<br />

signalisierte Höchstgeschwindigkeit schlecht eingehalten<br />

wird (Kap. VII.5.5.3, S. 92). Wesentlich ist<br />

dabei auch, dass vertikale Versätze nicht derart<br />

angeordnet werden, dass sie für den Motorfahrzeuglenkenden<br />

als Hindernis wirken (Art. 4 SVG).<br />

Die Praxis zeigt, dass die Akzeptanz von vertikalen<br />

Versätzen beschränkt ist und diese zu aggressivem<br />

Verhalten ausserhalb derselben führen können.<br />

Deshalb sollten sie an Örtlichkeiten realisiert werden,<br />

die seitens der Lenkenden als sinnvoll eingestuft<br />

werden (z. B. Anhebung ganzer Kreuzungsbereiche).<br />

Horizontale Versätze (Abbildung 22) sind kleinräumige<br />

Unterbrüche der Geradlinigkeit der Fahr-<br />

Abbildung 21<br />

Vertikaler Versatz<br />

Abbildung 22<br />

Horizontaler Versatz<br />

90 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


ahn, die durch seitliche Verschiebung der Fahrbahnachse<br />

erzielt werden. Auch horizontale Versätze<br />

eignen sich besonders für Tempo-30-Zonen,<br />

wenn die signalisierte Höchstgeschwindigkeit<br />

schlecht eingehalten wird (Kap. VII.5.5.3, S. 92).<br />

Zur Sicherstellung einer hinreichenden Akzeptanz<br />

seitens der Motorfahrzeuglenkenden, sollten auch<br />

horizontale Versätze nicht den Eindruck einer<br />

künstlichen Schikane erwecken und möglichst<br />

natürlich in den Strassenraum integriert werden.<br />

Die geometrische Ausgestaltung von horizontalen<br />

Versätzen ist in [86] beschrieben.<br />

Auf siedlungsorientierten Innerortsstrassen ist der<br />

Spielraum hinsichtlich Fahrbahnbreite gering. Mittels<br />

min<strong>im</strong>er Variation der Fahrbahnbreiten die<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> und damit die Sicherheit beeinflussen<br />

zu wollen, erscheint <strong>im</strong> Licht der bisher<br />

zitierten Literaturquellen inadäquat. Viel nützlicher<br />

erweisen sich hingegen die Befunde, wonach die<br />

Erhöhung der Anzahl Spuren von 1 auf 2 auf Innerortsstrassen<br />

mit einer Zunahme der Unfälle mit<br />

Personenschaden um rund 75 % einhergeht. Es<br />

stellt sich daher die Grundsatzfrage, ob sich auf<br />

siedlungsorientierten Innerortsstrassen jederzeit<br />

und überall zwei Personenwagen kreuzen können<br />

müssen. In diesem Sinn erscheint es sehr wirksam,<br />

Lösungen wie Abbildung 23. zeigt in Betracht zu<br />

Abbildung 23<br />

Einspurige siedlungsorientierte Strasse innerorts<br />

ziehen. Diese Lösung weist mehrere Vorteile auf.<br />

<strong>Der</strong> Fussverkehr ist <strong>im</strong> Gegensatz zu einem einseitigen<br />

Trottoir auf beiden Strassenseiten geschützt.<br />

Be<strong>im</strong> Überqueren der Strasse muss überall nur eine<br />

Fahrbahn gequert werden. Die verkehrsberuhigende<br />

Wirkung ist kontinuierlich und wirkt nicht<br />

künstlich.<br />

5.5 Gestaltung und Betrieb<br />

5.5.1 Grundsätzliches<br />

Selbstredend gilt das physikalische Gesetz, wonach<br />

jegliche Senkung der Fahrgeschwindigkeiten eine<br />

Senkung der kinetischen Energie zur Folge hat, was<br />

sich mildernd auf die Unfallschwere auswirken<br />

kann. In diesem Sinn könnten die allgemeinen<br />

Höchstgeschwindigkeiten (Kap. VII.5.1.3, S. 79)<br />

beliebig gesenkt werden. Mit Ausnahme der siedlungsorientierten<br />

Innerortsstrassen werden die<br />

jetzigen Höchstgeschwindigkeiten als angemessen<br />

erachtet. Zentral dabei ist die Einsicht, dass die<br />

geltenden Höchstgeschwindigkeiten lediglich die in<br />

Art. 32 SVG gesetzlich geregelten <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

plafonieren. Pr<strong>im</strong>äres Ziel von betrieblichen und<br />

gestalterischen Massnahmen ist folglich, situationsgerechte<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en und die Einhaltung<br />

der Höchstgeschwindigkeit zu erwirken. Darauf<br />

zielen die in den folgenden Kapiteln beschriebenen<br />

Massnahmen ab.<br />

Die Reduktion von geschwindigkeitsbedingten Unfällen<br />

durch den Einsatz von betrieblichen Massnahmen<br />

kann unter best<strong>im</strong>mten Bedingungen<br />

durch die Signalisation von sogenannten abweichenden<br />

Höchstgeschwindigkeiten angestrebt werden<br />

(Art. 108 SSV). Diese Massnahme ermöglicht es,<br />

örtlich begrenzt (Stellen oder Strecken) die allgemein<br />

geltende Höchstgeschwindigkeit anzupassen. Da-<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 91


durch kann gezielt in das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />

eingegriffen werden.<br />

Fachleute erachten es als zentral, diese Intervention<br />

streng nach Gesetz anzuwenden. Demnach soll<br />

eine lokal abweichende Höchstgeschwindigkeit das<br />

letzte Mittel sein, wenn alle anderen Gestaltungsund<br />

Projektierungsmassnahmen kein Resultat zeigen.<br />

Diese Interpretation entspricht genau dem in<br />

Kap. VII.5.2, S. 80 formulierten Grundsatz der<br />

selbsterklärenden Strasse.<br />

5.5.2 Autobahnen und Ausserortsstrassen<br />

Das geschwindigkeitsbedingte Unfallgeschehen auf<br />

Autobahnen spielt zwar eine untergeordnete Rolle.<br />

Trotzdem sei an dieser Stelle die Möglichkeit, mit<br />

betrieblichen Interventionen auf die Fahrgeschwindigkeiten<br />

oder auf das Unfallgeschehen einzugreifen,<br />

kurz erörtert. Dabei geht es um die Signalisation<br />

von sogenannten variablen Höchstgeschwindigkeiten.<br />

Diese Intervention wird insbesondere auf<br />

Autobahnen angewendet mit dem Ziel, bei speziellen,<br />

nicht vorhersehbaren Situationen (z. B. Stau,<br />

glitschige Fahrbahnoberfläche, spezielle Witterung)<br />

die Höchstgeschwindigkeiten entsprechend anzupassen.<br />

Pr<strong>im</strong>äres Ziel dieser Massnahme ist jedoch,<br />

bei sehr hohen Verkehrsbelastungen, eine opt<strong>im</strong>ale<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong> des Fahrzeugstroms zu bewirken,<br />

um einen besseren Verkehrsfluss zu erzielen. Die<br />

Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit sind in<br />

der Literatur spärlich untersucht, meistens interessiert<br />

die Reduktion von Stauzeiten bzw. die Verbesserung<br />

der Kapazität von Hochleistungsstrassen.<br />

Immerhin sind Hinweise vorhanden, dass mit variablen<br />

Höchstgeschwindigkeiten die Verkehrssicherheit<br />

beeinflusst werden kann. Insbesondere<br />

konnte eine Reduktion der Unfälle mit Personenschaden<br />

be<strong>im</strong> Einsatz von LED-Anzeigen, die die<br />

Höchstgeschwindigkeit automatisch aufgrund der<br />

Verkehrssituation ermittelten, nachgewiesen werden<br />

[87]. Interessant ist in diesem Zusammenhang<br />

auch die Tatsache, dass der Effekt von LED-<br />

Anzeigen bedeutend besser ist als der Effekt von<br />

elektromechanischen Wechselanzeigen [88].<br />

Schliesslich sei noch auf eine Studie aus den USA<br />

hingewiesen. Basierend auf der Verkehrssituation<br />

berechnet ein Algorithmus eine Unfallwahrscheinlichkeit<br />

und die Höchstgeschwindigkeit wird entsprechend<br />

angepasst. Trotz einer gewissen örtlichen<br />

Verlagerung des Unfallgeschehens werden<br />

positive Rückschlüsse gezogen.<br />

Die langfristige Wirksamkeit von Signalen, die dem<br />

Motorfahrzeuglenkenden seine aktuelle Fahrgeschwindigkeit<br />

anzeigen, wird in der Literatur eher<br />

angezweifelt. Hingegen kann gemäss [89] durch<br />

Kombination von solchen <strong>Geschwindigkeit</strong>s-<br />

Feedback-Signalen mit polizeilicher Überwachung<br />

das Problem von überhöhter <strong>Geschwindigkeit</strong> vollständig<br />

behoben werden.<br />

5.5.3 Innerortsstrassen<br />

Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit innerorts<br />

beträgt für alle Strassen 50 km/h. Dieses Reg<strong>im</strong>e<br />

trägt den unterschiedlichen Nutzungsansprüchen<br />

von Innerortsstrassen nicht Rechnung. Daher sind<br />

davon abweichende Reg<strong>im</strong>es jeweils zu prüfen<br />

(z. B. Tempo-30-Zonen, Begegnungszonen). Die<br />

bfu favorisiert und propagiert aktiv das bfu-Modell<br />

Tempo 50/30 innerorts. Dieser Ansatz dient dazu,<br />

die in Kap. VII.5.2, S. 80 formulierten Ziele zu erreichen.<br />

Denn dieses Modell basiert auf einer Unterscheidung<br />

des innerörtlichen Strassennetzes in<br />

siedlungs- und verkehrsorientierte Strassen. Dadurch<br />

berücksichtigt das bfu-Modell Tempo 50/30<br />

den planerischen Grundsatz der Hierarchisierung<br />

92 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


des Strassennetzes. Es verfolgt zudem das Ziel, den<br />

Strassentyp auf verständliche Art und Weise dem<br />

Motorfahrzeuglenkenden zu vergegenwärtigen. Im<br />

Weiteren vereinigt es die sicherheitstechnischen<br />

Erkenntnisse hinsichtlich Tempo-30-Zonen [90] und<br />

Gestaltung sowie der selbsterklärenden Strasse zu<br />

einer gesamtheitlichen Lösung für Innerortsstrassen.<br />

Dieser Ansatz deckt sich schliesslich auch mit<br />

den in [91] enthaltenen Erkenntnissen, wonach die<br />

frei gewählten <strong>Geschwindigkeit</strong>en durch die signalisierte<br />

Höchstgeschwindigkeit und die Zonenart<br />

signifikant beeinflusst werden.<br />

Die oftmals einseitige Betrachtung, nur Wohngebiete<br />

in die Verkehrsberuhigung mit einzubeziehen,<br />

lässt die Tatsache ausser Acht, dass das Unfallgeschehen<br />

auf verkehrsorientierten Innerortsstrassen<br />

gravierender ist (Tabelle 16). Die amtliche Verkehrsunfallstatistik<br />

lässt keine Auswertung nach Funktion<br />

der Strasse zu. Da Nebenstrassen innerorts ebenfalls<br />

oft verkehrsorientiert sind, dürfte das Verhältnis in<br />

Wirklichkeit bedeutend stärker zu Ungunsten der<br />

verkehrsorientierten Strassen ausfallen. Deshalb<br />

sieht das bfu-Modell Tempo 50/30 vor, das innerörtliche<br />

Strassennetz zu hierarchisieren (siedlungs- und<br />

verkehrsorientierte Strassen). Zusätzlich zur Einführung<br />

von Tempo 30 in allen Wohngebieten sollen<br />

die verkehrsorientierten Strassen auf Basis der VSS-<br />

Norm SN 640 212 [92] umgestaltet werden. Mit den<br />

darin vorgestellten Gestaltungselementen wird beabsichtigt,<br />

den Strassenraum aufzuwerten und fussgänger-<br />

bzw. radfahrergerecht zu gestalten.<br />

Tabelle 16<br />

Getötete und Schwerverletzte innerorts nach Strassenart und<br />

Strassenkategorie (2004–2008)<br />

Kantonsstrasse Gemeindestrasse Total<br />

Hauptstrasse 5 374 801 6 175<br />

Nebenstrasse 1122 3 959 5 081<br />

Total 6 496 4 760<br />

Quelle: BFS<br />

Das bfu-Modell Tempo 50/30 sieht vor, dem Fahrzeuglenker<br />

die Funktion der Strasse mittels typischer<br />

verkehrstechnischer Elemente für siedlungs- bzw.<br />

verkehrsorientierte Strassen zu vergegenwärtigen.<br />

Auf siedlungsorientierten Strassen sollen als Erkennungsmassnahmen<br />

ein auffälliges Eingangstor<br />

(Abbildung 24), versetzte Parkfelder (Abbildung 25),<br />

Rechtsvortrittsmarkierungen (Abbildung 26) und<br />

Abbildung 24<br />

Torelement bei der Einfahrt in eine Tempo-30-Zone<br />

Abbildung 25<br />

Versetzte Parkfelder in einer Tempo-30-Zone<br />

Abbildung 26<br />

Verdeutlichung einer Kreuzung mit Rechtsvortritt in einer<br />

Tempo-30-Zone<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 93


Tempo-30-Signete (Abbildung 27) auf der Fahrbahn<br />

angewandt werden. Parkfelder sollten nicht<br />

dort angeordnet werden, wo Kinder häufig hinter<br />

geparkten Autos hervor auf die Strasse treten.<br />

Bauliche Massnahmen zur Verkehrsberuhigung<br />

(Vertikal-, Horizontalversatz, aufgepflasterte Kreuzungen<br />

gemäss [86]) sollen nur auf denjenigen<br />

Strassen zur Anwendung kommen, deren Erscheinungsbild<br />

einen niedrigen Einhaltegrad der <strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkung<br />

vermuten lässt oder<br />

auf denen die gesetzlich vorgeschriebenen Nachhermessungen<br />

zu hohe <strong>Geschwindigkeit</strong>en ergaben<br />

(Abbildung 28).<br />

Die Massnahme, am Strassenrand elektronische<br />

Anzeigetafeln aufzustellen, die dem vorbeifahrenden<br />

Motorfahrzeuglenkenden seine Fahrgeschwin-<br />

Abbildung 27<br />

Tempo-30-Signet<br />

Abbildung 28<br />

Aufgepflasterter Kreuzungsbereich<br />

digkeit anzeigt, ist nicht nachhaltig. In [93] werden<br />

Studien zitiert, wonach eine leichte <strong>Geschwindigkeit</strong>ssenkung<br />

zu erwarten ist, die Wirkung jedoch<br />

zeitlich beschränkt ist, während welcher die Signale<br />

aufgestellt sind.<br />

Auf verkehrsorientierten Strassen sind Erkennungselemente<br />

wie Lichtsignalanlagen, Mittelmarkierungen,<br />

Mehrzweckstreifen, Fussgängerstreifen, Fussgängerschutzinseln<br />

und/oder das Vortrittsrecht<br />

gegenüber Querstrassen anzuwenden. Zur Gewährleistung<br />

eines hohen Verkehrssicherheitsniveaus,<br />

zur Verbesserung der Querbeziehungen und<br />

zur Min<strong>im</strong>ierung der Trennwirkung der Fahrbahn<br />

sind die übergeordneten Strassenraumgestaltungsprinzipien<br />

und -elemente gemäss [92] anzuwenden:<br />

• Torwirkung (optische Abgrenzung zwischen<br />

Strassenräumen unterschiedlicher Charakteristik,<br />

die eine Anpassung des Fahrverhaltens anstrebt,<br />

Abbildung 29)<br />

Abbildung 29<br />

Torwirkung bei einer Ortseinfahrt<br />

94 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


• Kammerung des Strassenraums (Längsunterteilung<br />

des Strassenraums in Raumkammern, um<br />

den Fokus der Wahrnehmung auf den Nahbereich<br />

zu richten und damit einen geschwindigkeitssenkenden<br />

Effekt zu erzielen) für den Verkehrsablauf<br />

zu erreichen, Abbildung 30)<br />

Abbildung 30<br />

Kammerung des Strassenraumes<br />

Abbildung 31<br />

Verzahnung der Seitenräume<br />

Abbildung 32<br />

Ensemble<br />

• Verzahnung der Seitenräume (durch Verwendung<br />

verschiedener Beläge wird die Bandwirkung der<br />

Fahrbahnränder gemildert, Abbildung 31)<br />

Zusätzlich zu den oben erwähnten Elementen wirkt<br />

ein Ensemble geschwindigkeitsmindernd [94]. Unter<br />

der Ensemble-Wirkung versteht man das Zusammenwirken<br />

der verschiedenen Gestaltungselemente<br />

insbesondere zwischen Hoch- und Tiefbau<br />

(farbliche Einheit zwischen Gebäudefassaden und<br />

den gewählten verkehrstechnischen Elementen,<br />

Abbildung 32).<br />

Bei der Umsetzung dieser Prinzipien sind nachfolgende<br />

Aspekte mit einzubeziehen:<br />

• Städtebauliche Vorgaben und Ziele<br />

• Struktur des Strassenraums<br />

• Funktion und Lage der Strasse<br />

Von zentraler Bedeutung ist, dass das übergeordnete<br />

Strassennetz innerorts sowohl eine hohe Leistungsfähigkeit<br />

als auch eine hohe Sicherheit für die<br />

verletzlichsten Verkehrsteilnehmenden aufweist.<br />

Dadurch soll vermieden werden, dass sich Schleichverkehr<br />

auf die siedlungsorientierten Strassen verlagert<br />

und andererseits die Nutzungsansprüche der<br />

Anwohner erfüllt werden. Verkehrsorientierte Innerortsstrassen<br />

stellen also für Planer und Behörden<br />

hinsichtlich Projektierung, Gestaltung und<br />

Betrieb äusserst anspruchsvolle und komplexe Herausforderungen.<br />

Ein Approach, diese Aufgaben mit<br />

dem Aspekt der Verkehrssicherheit zu verbinden ist<br />

in [94] enthalten.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 95


5.6 Umsetzung in der Schweiz<br />

5.6.1 Best<strong>im</strong>mung der durch Infrastrukturmängel<br />

bedingten Unfälle<br />

Wie in Kap. VII.5.1.2, S. 79 bereits angedeutet,<br />

lässt die amtliche Verkehrsunfallstatistik keine präzise<br />

Aussage zur Häufigkeit von geschwindigkeitsbedingten<br />

Unfällen, die durch defizitäre Infrastruktur<br />

verursacht wurde, zu. Die Tatsache, dass sich<br />

geschwindigkeitsbedingte Unfälle durch Verbesserung<br />

der Infrastruktur reduzieren lassen, ist bei<br />

Fachleuten unbestritten. Genaue Aussagen sind<br />

nur aufgrund einer entsprechenden Forschungsarbeit<br />

möglich. Da diese Thematik jedoch sehr komplex<br />

ist, müsste die Machbarkeit zumindest in einer<br />

Voruntersuchung abgeschätzt werden.<br />

5.6.2 Neudefinition der Ausbaugeschwindigkeit<br />

in den VSS-Normen<br />

Zur Sensibilisierung der projektierenden Ingenieure<br />

hinsichtlich Sicherheitsrelevanz bei der Festlegung<br />

der Ausbaugeschwindigkeit ist bei der nächsten<br />

Revision der VSS-Norm SN 640 080b [14] eine<br />

Anpassung des Begriffs in Erwägung zu ziehen.<br />

Dabei bietet sich eine Definition mit Bezug zur<br />

Verkehrssicherheit <strong>im</strong> Sinn der OECD<br />

(Kap. VII.5.1.3, S. 79) an.<br />

5.6.3 Aufwertung der VSS-Normen<br />

Die VSS-Normen stellen den aktuellen Wissensstand<br />

dar und entsprechen somit den Regeln der<br />

Baukunde. Sie sind nicht unmittelbar bindend,<br />

können jedoch in Schadensfällen, also <strong>im</strong> Nachhinein<br />

als Grundlage beigezogen werden.<br />

Einige wenige dieser Normen gelten als Weisung<br />

des Eidgenössischen Departements für Umwelt,<br />

Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) <strong>im</strong><br />

Sinn von Art. 115 Abs. 1 SSV und erhalten dadurch<br />

ein grösseres Gewicht38 . Die Praxis zeigt, dass diese<br />

<strong>im</strong> Planungs- und Projektierungsprozess einfacher<br />

durchzusetzen sind.<br />

Naheliegender ist die Forderung, VSS-Normen vermehrt<br />

in den Stand einer Weisung zu erheben.<br />

Dem muss entgegengehalten werden, dass die<br />

Akzeptanz hierfür gering sein dürfte und den aktuellen<br />

Wissensstand zum Teil nur verzögert widerspiegelt.<br />

Ausserdem können mit einer Verweisung<br />

verschiedene Nachteile verbunden sein. So wird<br />

beispielsweise eine Norm nicht nach den für die<br />

Schaffung von Rechtssätzen geltenden Vorschriften<br />

erzeugt. Probleme kann es z. B. auch geben, wenn<br />

der private Regelsetzer, der durch die Verweisung<br />

nicht gebunden ist, die Norm ändert oder aufhebt<br />

[95].<br />

Eine Lösung könnte darin bestehen, auf Bundesebene<br />

sicherzustellen, dass alle kantonalen und<br />

kommunalen Baugesetze die Forderung enthalten,<br />

die Infrastruktur müsse dem aktuellen Stand der<br />

Technik entsprechen mit dem Ziel, Unfälle möglichst<br />

auszuschliessen bzw. höchstens geringe Folgen<br />

für Leib und Leben der Unfallbeteiligten zu<br />

bewirken.<br />

5.6.4 Ausbildung der Ingenieure und Planer<br />

In der Praxis finden sich <strong>im</strong>mer wieder infrastrukturelle<br />

Defizite, die zu geschwindigkeitsbedingten<br />

Unfällen führen können. Gründe dafür können<br />

Unkenntnis der Normen und Forschungsergebnisse<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

38 Verordnung des UVEK vom 12. Juni 2007 über die auf die<br />

Signalisation von Strassen, Fuss- und Wanderwegen anwendbaren<br />

Normen, SR 741.211.5<br />

96 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


oder deren bewusste Nichtbeachtung sein. Massnahmen<br />

dagegen sind auf zwei Stufen denkbar:<br />

Erstausbildung: Während der Erstausbildung an<br />

Hoch- und Fachhochschulen ist eine verstärkte<br />

Sensibilisierung für das Thema der Verkehrssicherheit<br />

gesamtschweizerisch zu gewährleisten.<br />

Insbesondere ist sicherzustellen, dass den Studierenden<br />

nebst dem Grundwissen spezifisch zu diesem<br />

Thema die entsprechenden Normen, Gesetze<br />

und Forschungsergebnisse und insbesondere deren<br />

Sicherheitsrelevanz vermittelt werden. Ein Schwerpunkt<br />

muss dabei der Entwurf von Innerortsstrassen<br />

(Konflikte mit verletzlichen Verkehrsteilnehmern)<br />

sowie die Projektierung von Ausserortsstrassen<br />

(Linienführung, Querschnitt) sein.<br />

Fort-/Weiterbildung: Viele Berufsstände sehen eine<br />

obligatorische Weiterbildung vor. In Analogie zu<br />

anderen Berufsständen (Piloten, Fachpsychologen,<br />

Lehrkräfte usw.) ist eine obligatorische Weiterbildung<br />

für Verkehrsingenieure und -planer wünschenswert.<br />

Kongresse und Tagungen zu Verkehrssicherheitsthemen<br />

werden in der Schweiz schon<br />

heute regelmässig organisiert. Als kurzfristige<br />

Massnahme kann die Unterstützung der Organisation<br />

solcher Tagungen/Kongresse empfohlen werden.<br />

Mittelfristig ist zu überprüfen, wie das gesamte<br />

Angebot an Tagungen/Kongressen koordiniert<br />

und mit einer allfälligen obligatorischen Weiter-/<br />

Fortbildung abgest<strong>im</strong>mt werden kann. Ein erster<br />

Ansatz in dieser Hinsicht stellt die von der bfu angebotene<br />

Nachschulung für Verkehrsingenieure<br />

zum Thema «Strassenraumgestaltung» dar, der <strong>im</strong><br />

Herbst 2009 beginnt.<br />

5.6.5 Sensibilisierung von Verwaltungen und<br />

Politik für die Bedeutung der Infrastruktur<br />

Nebst der in Kap. VII.5.6.4, S. 96 erwähnten Gründe<br />

können topografische, aber auch finanzielle<br />

sowie politische Randbedingungen zur Missachtung<br />

von Normen, und damit u. a. zu geschwindigkeitsbedingten<br />

Unfällen führen. Deshalb gilt es,<br />

die Behörden für die Bedeutung der Infrastruktur<br />

bezüglich Verkehrssicherheit zu sensibilisieren. Mit<br />

den zuständigen Behörden ist eine enge Zusammenarbeit<br />

und regelmässiger Kontakt seitens der<br />

Fachstellen zu pflegen.<br />

Im Vordergrund stehen dabei vorerst folgende Aktivitäten:<br />

• Fachtechnische Beratungen zu sicherheitsrelevanten<br />

Themen<br />

• Fachtechnische Unterstützung von Projekten<br />

• Regelmässige Veranstaltung von Kolloquien/<br />

Weiterbildungskursen/Foren<br />

• Publikationen in Fachzeitschriften<br />

Welche dieser Massnahmen am effizientesten ist,<br />

kann erst nach einer Quantifizierung der Gründe<br />

für die Nichtumsetzung von sicherheitsrelevanten<br />

Normen erfolgen. Hierzu ist jedoch Forschung<br />

notwendig.<br />

5.6.6 Instrumente zur systematischen<br />

flächendeckenden Sicherheitsüberprüfung<br />

geplanter und bestehender Infrastruktur<br />

Road Safety Audit (RSA)<br />

Ein Road Safety Audit ist ein standardisiertes Verfahren<br />

zur Prüfung von Projekten (Neubau, Um-<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 97


au, Sanierung) in den verschiedenen Planungsphasen.<br />

Durch eine unabhängige Sicherheitsverträglichkeitsprüfung<br />

können potenzielle Verkehrssicherheitsprobleme<br />

bereits während der Planungsphase<br />

vermieden werden. In einigen Ländern<br />

gehört dieses Verfahren heute schon zum üblichen<br />

Ablauf bei Neuprojekten.<br />

Nach den zur Verfügung stehenden Unterlagen<br />

sind Anwendungen aus Australien, Grossbritannien,<br />

Dänemark, Deutschland, Schweden, Norwegen<br />

und der Tschechischen Republik bekannt. Untersuchungen<br />

zur Wirksamkeit liegen u. a. für Dänemark<br />

vor und belegen einen Kosten-Nutzen-<br />

<strong>Faktor</strong> von 1,5.<br />

In Analogie zur Umweltverträglichkeitsprüfung von<br />

Projekten, sind Safety Audits auch in der Schweiz<br />

als fester Bestandteil von Projekten zwingend flächendeckend<br />

einzuführen. Seit 2008 wird ein Kurs<br />

für Ingenieure zu RSA angeboten. Dieser ist aber<br />

nicht obligatorisch. Zudem existiert seit 2008 eine<br />

entsprechende VSS-Norm SN 641 712 [96].<br />

Road Safety Inspection (RSI)<br />

Die Road Safety Inspection ist ein standardisiertes<br />

Verfahren zur Überprüfung von bestehenden Anlagen<br />

<strong>im</strong> Sinn einer Betriebssicherheitsprüfung. Im<br />

Gegensatz zum Road Safety Audit, bei dem Neuund<br />

Umbauprojekte begutachtet werden, überprüfen<br />

bei der Road Safety Inspection die zuständigen<br />

Behörden periodisch die bestehende Infrastruktur<br />

auf sicherheitstechnische Mängel.<br />

In einigen Ländern gehört dieses Verfahren bereits<br />

heute zum Standard bei bestehenden Anlagen,<br />

insbesondere in Deutschland. In der Schweiz ist<br />

eine Standardisierung und Institutionalisierung<br />

(Erhaltungsmanagement) über alle Tiefbauämter<br />

und Signalisationsbehörden erforderlich. Dabei<br />

muss die Überprüfung der Infrastruktur hinsichtlich<br />

des Potenzials für geschwindigkeitsbedingte Unfälle<br />

eine zentrale Stellung einnehmen. Validierte<br />

diagnostische Instrumente erhalten dabei eine<br />

wesentliche Bedeutung, erlauben sie doch eine<br />

Sanierung bevor sich Unfälle ereignen<br />

(Kap. VII.5.6.7, S. 99). Es ist anzumerken, dass<br />

Ende 2009 ein Forschungsgesuch für RSI durch das<br />

Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme<br />

(IVT) und die bfu be<strong>im</strong> VSS eingegeben wurde.<br />

Black Spot Management (BSM)<br />

Black Spot Management bezweckt die systematische<br />

Unfallanalyse der Verkehrsnetze. Ergeben sich<br />

daraus Örtlichkeiten mit auffallend vielen Unfällen<br />

(Unfallhäufungsstellen), so sind diese prioritär –<br />

unter Anwendung von adäquaten Verfahren – zu<br />

sanieren. Aufgrund der amtlichen Unfallstatistik39 können Unfallhäufungen abgelesen werden. Expositionsmasse<br />

sind jedoch in dieser Datenbank nicht<br />

berücksichtigt. Genauso wenig ist anhand der Unfallauswertung<br />

festzustellen, ob defizitäre Infrastruktur<br />

zu einem Unfall führte (Kap. VII.5.1.2,<br />

S. 79). Daher ist sicherzustellen, dass alle zuständigen<br />

Tiefbauämter solche Stellen systematisch <strong>im</strong><br />

Strassennetz ausfindig machen, die entsprechenden<br />

Stellen verkehrstechnisch analysieren und, falls<br />

diese defizitär sind, eine qualifizierte Sanierung<br />

planen (wie dies in manchen Kantonen auch bereits<br />

praktiziert wird).<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

39 Die Koordinaten der Unfallstellen sind nicht bei allen Unfällen<br />

und nicht in allen Kantonen vorhanden, sodass eine systematische<br />

Lokalisierung nicht möglich ist.<br />

98 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


5.6.7 Erarbeiten diagnostischer Verfahren zur<br />

sicherheitstechnischen Analyse der horizontalen<br />

Linienführung<br />

Die in Kap. VII.5.6.6, S. 97 beschriebenen Prozeduren<br />

zur Inspektion bestehender Verkehrsanlagen,<br />

RSI und BSM, weisen nebst vielen Vorzügen auch<br />

Schwachstellen auf. So wird be<strong>im</strong> RSI der Handlungsbedarf<br />

anhand der Abweichungen des<br />

Istzustands der Verkehrsanlagen vom Sollzustand<br />

festgelegt. Bekanntlich ist aber nicht jede Normabweichung<br />

der Infrastruktur à priori sicherheitsrelevant.<br />

Es besteht also die Gefahr, dass Ressourcen<br />

für die Sanierung von Örtlichkeiten verwendet<br />

werden, die nie zu Unfällen führen oder die kein<br />

Fehlverhalten hervorrufen würden. Aber auch BSM<br />

weist Probleme auf. So ist die Best<strong>im</strong>mung von<br />

Unfallschwerpunkten aufgrund der Unfallzahlen<br />

statistisch kompliziert, denn wegen des Phänomens<br />

der Regression zur Mitte sollte nicht einfach auf die<br />

absolute Anzahl Unfälle abgestützt werden. Zudem<br />

sollte BSM aus Sicht der Prävention langfristig zur<br />

Ausnahme werden, ist es doch befremdlich, Unfälle<br />

abzuwarten, bevor saniert wird.<br />

In diesem Sinn bietet sich an, diagnostische Verfahren<br />

zu erarbeiten. Das in [71] erläuterte Verfahren<br />

zur Diagnose von Kurven müsste mittelfristig überprüft<br />

und <strong>im</strong>plementiert werden, um geschwindigkeitsbedingten<br />

Unfällen in Kurven vorzubeugen.<br />

5.6.8 Förderung der Umsetzung des bfu-<br />

Modells Tempo 50/30.<br />

Es hat sich gezeigt, dass hinsichtlich Verbreitung<br />

des bfu-Modells Tempo 50/30 ein riesiges Potenzial<br />

besteht. Auf rund 75 % der überbauten Bauzonen<br />

gilt derzeit noch die Höchstgeschwindigkeit<br />

50 km/h. Dazu kommen schätzungsweise 98 %<br />

verkehrsorientierte Innerortsstrassen, die nicht nach<br />

[92] umgestaltet sind [90]. Um eine breitere Umsetzung<br />

des bfu-Modells Tempo 50/30 zu verwirklichen,<br />

sind Massnahmen auf verschiedenen Ebenen<br />

angezeigt:<br />

• Die aktuelle Rechtslage stellt ein grosses Hindernis<br />

dar. Solange Tempo-30-Zonen als abweichende<br />

L<strong>im</strong>ite zur geltenden allgemeinen<br />

•<br />

Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts<br />

gelten und somit gemäss Art. 108 SSV begründet<br />

werden müssen, ist eine zügige Verbreitung<br />

des bfu-Modells Tempo 50/30 kaum möglich.<br />

Art. 4a VRV sowie Art. 22 SSV müssten dahingehend<br />

angepasst werden, dass innerorts zwei<br />

Höchstgeschwindigkeitsreg<strong>im</strong>es festgelegt werden:<br />

50 km/h auf dem übergeordneten Strassennetz<br />

und 30 km/h auf dem siedlungsorientierten<br />

Strassennetz. Außerdem müssten Regelungen<br />

zu Tempo-30-Zonen von Art. 108 SSV<br />

losgekoppelt werden.<br />

In der Zwischenzeit müssen die zuständigen<br />

Behörden weiter für die sicherheitstechnischen<br />

Vorteile des bfu-Modells Tempo 50/30 sensibilisiert<br />

werden. Zwar haben alle Signalisationsbehörden<br />

2006 und 2009 von der bfu eine Klarstellung<br />

erhalten [97], dass die entsprechenden<br />

Bundesgerichtsentscheide (BGE) aus dem Jahr<br />

2006 und 2008 kein Hindernis für die Umsetzung<br />

von Tempo-30-Zonen darstellen und dass<br />

eine gemeindeweite Einführung von Tempo-30-<br />

Zonen auf dem siedlungsorientierten Strassennetz<br />

keine Umgehung der Volksinitiative aus<br />

dem Jahr 2001 (Strassen für alle) darstellt. Dennoch<br />

scheint weiterer Klärungsbedarf (auch bei<br />

den Gemeinden) zu bestehen.<br />

• Entsprechend gilt es, bei den Baubehörden die<br />

sicherheitstechnischen Vorteile umgestalteter<br />

verkehrsorientierter Strassen weiterhin zu propagieren.<br />

Bekanntlich werden bauliche Eingriffe<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 99


pr<strong>im</strong>är dann geplant, wenn bei Strassen Unterhaltsarbeiten<br />

anstehen. Deshalb ist es wichtig,<br />

den Baubehörden nahe zu legen, bei diesen<br />

Gelegenheiten die Planung von Umgestaltungen<br />

nach [92] zu berücksichtigen.<br />

• <strong>Der</strong> Befund, dass besonders kleinere, finanzschwächere<br />

Gemeinden seltener Tempo-30-<br />

Zonen und umgestaltete verkehrsorientierte<br />

Strassen aufweisen, zeigt ein Informationsdefizit<br />

auf. Inhalt des bfu-Modells Tempo 50/30 ist<br />

u. a., Tempo-30-Zonen mit einem akzeptablen<br />

Aufwand realisieren zu können. Andererseits<br />

betrifft die Umgestaltung von verkehrsorientierten<br />

Strassen pr<strong>im</strong>är Kantonsstrassen, sodass auf<br />

diesen Strassen die Kosten nicht voll zu Lasten<br />

der Gemeinden gehen. Aus diesem Grund ist es<br />

wichtig, gerade solche Gemeinden beispielsweise<br />

über die Sicherheitsdelegierten anzugehen<br />

und sie vertiefter über die sicherheitstechnischen<br />

Vorteile zu informieren.<br />

• Die Umsetzung der erwähnten Punkte bedarf<br />

einer zielgerechten Kommunikationsstrategie.<br />

Die Resultate zeigen, dass besonders der direkte<br />

Kontakt erfolgreich ist. Dazu gehören das gezielte<br />

Beliefern der zuständigen kantonalen<br />

oder kommunalen Behörden mit Fachbroschüren<br />

sowie die jährlichen Zusammenkünfte der<br />

kantonalen Signalisationsbehörden. In diesem<br />

Sinn wäre auch eine jährliche Zusammenkunft<br />

der zuständigen kantonalen Baubehörden vielversprechend.<br />

Als Alternative bietet sich an, dafür<br />

zu sorgen, dass der bfu bei der bereits bestehenden<br />

jährlichen Zusammenkunft der Kantonsingenieure<br />

ein festes Fenster zugesprochen<br />

wird. Dies ermöglicht, entsprechende Anliegen<br />

direkt bei den Amtsvorstehern anzubringen.<br />

5.7 Fazit<br />

Die Auswertung der amtlichen Unfallstatistik zeigt<br />

auf, dass das geschwindigkeitsbedingte Unfallgeschehen<br />

insbesondere auf Ausserorts- und Innerortsstrassen<br />

relevant ist. Autobahnen spielen erstaunlicherweise<br />

in dieser Hinsicht eine untergeordnete<br />

Rolle. Infrastrukturelle Eingriffe baulicher<br />

und betrieblicher Art zum Zweck der <strong>Geschwindigkeit</strong>sreduktion<br />

bedürfen einer sorgfältigen Überprüfung<br />

hinsichtlich sicherheitstechnischer Auswirkungen.<br />

Das Beispiel von Radiusreduktionen in<br />

Kurven veranschaulicht das komplexe Zusammenspiel<br />

von <strong>Geschwindigkeit</strong> und Sicherheit. Geringere<br />

Radien erzwingen zwar grundsätzlich geringere<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en, führen aber bei mangelhafter<br />

Projektierung zu mehr Unfällen. Ziel einer adäquaten<br />

Infrastruktur sind pr<strong>im</strong>är eine einfache Hierarchisierung<br />

des Strassennetzes sowie die Realisierung<br />

von selbsterklärenden und fehlertoleranten<br />

Strassen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass<br />

der Verkehr mit angepasster <strong>Geschwindigkeit</strong> zirkuliert.<br />

Die vorrangigen Interventionen sind <strong>im</strong><br />

Folgenden aufgelistet. Innerortsstrassen sind unter<br />

Berücksichtigung der Nutzungsansprüche aller<br />

Verkehrsteilnehmenden zu projektieren, zu bauen<br />

und zu betreiben. Das bfu-Modell Tempo 50/30 ist<br />

für das Erreichen dieses Ziels besonders geeignet.<br />

Es sieht vor, alle siedlungsorientierten Strassen mit<br />

Tempo-30-Zonen zu belegen und alle verkehrsorientierten<br />

Innerortsstrassen derart zu gestalten, dass<br />

die Sicherheit der verletzlichsten Verkehrsteilnehmenden<br />

besonders berücksichtigt wird.<br />

Ausserortsstrassen sind derart zu projektieren, dass<br />

sie zu einem homogenen <strong>Geschwindigkeit</strong>sverlauf<br />

führen. Korrigierende Massnahmen à posteriori<br />

(Leitpfeile, abweichende Höchstgeschwindigkeiten)<br />

100 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


dürfen nicht von Vorneherein verwendet werden,<br />

um Projektierungsmängel auszubessern.<br />

Die Entfernung von festen Objekten am Strassenrand<br />

(z. B. Mauern, Zäune, Pfosten) und – unter<br />

gewissen Bedingungen – Mittelleitschranken können<br />

die Folgen von geschwindigkeitsbedingten<br />

Unfällen reduzieren.<br />

Die konkrete Umsetzung in der Schweiz kann dabei<br />

durch Massnahmen auf verschiedenen Ebenen<br />

aktiviert werden. Verkehrsingenieure und Planer<br />

sind bereits während des Studiums und/oder in<br />

systematischen Weiterbildungsgängen ganz speziell<br />

auf die erwähnten Punkte zu sensibilisieren.<br />

Flächendeckende Instrumente zur systematischen<br />

Überprüfung geplanter und bestehender Infrastruktur<br />

(Road Safety Audit, Road Safety Inspection,<br />

Black Spot Management) sind als Obligatorium<br />

schweizweit einzuführen (wie dies auch <strong>im</strong> Handlungsprogramm<br />

ViaSicura vorgesehen ist).<br />

Die VSS-Normen stellen <strong>im</strong> Verkehrsingenieurwesen<br />

die Regeln der Baukunde dar. <strong>Der</strong>en Umsetzung<br />

in Projekten kann je nach Randbedingungen<br />

kostenintensiv sein. In der Praxis zeigt sich, dass in<br />

solchen Fällen Abstriche in Kauf genommen werden,<br />

was sich sicherheitstechnisch negativ auswirken<br />

kann. Bevölkerung, Politik und die Verwaltung<br />

sind deshalb hinsichtlich der sicherheitstechnischen<br />

Bedeutung von Normen und adäquater Infrastruktur<br />

zu sensibilisieren. Dadurch soll die Umsetzung<br />

kostenintensiver, jedoch sicherheitstechnisch relevanter<br />

Projekte gefördert werden.<br />

Schliesslich ist die Umsetzung des bfu-Modells<br />

Tempo 50/30 gezielt zu fördern. Dies kann mittels<br />

Anpassung der entsprechenden Verordnungen<br />

oder aktiver Propagierung bei den zuständigen<br />

Behörden und der Bevölkerung erfolgen.<br />

6. Fahrzeugtechnische Massnahmen<br />

6.1 Deformationszone/Knautschzone<br />

Die Sicherheit von Fahrzeugen wird mittels Crash-<br />

Tests überprüft. Dabei spielen die Knautschzonen<br />

eine besondere Rolle. Sie nehmen einen Teil der<br />

kinetischen Energie auf, d. h. sie sind eher<br />

«weich». Erst wenn der eigentliche Passagierraum<br />

erreicht ist, dann muss die Karosserie hart sein, um<br />

zu verhindern, dass die Kollisionsobjekte bis zu den<br />

Fahrzeuginsassen vordringen können.<br />

Weiterhin wurde in den letzten Jahren vermehrt<br />

der Fussgängersicherheit Aufmerksamkeit geschenkt.<br />

In diesem Gebiet hat es bedeutende Verbesserungen<br />

gegeben. So gibt es beispielsweise<br />

spezielle Mechanismen, die dafür sorgen, dass bei<br />

einem Unfall die Motorhaube angehoben wird,<br />

sodass der Fussgänger nicht auf den harten Motorblock<br />

prallt, sondern auf die eher nachgiebige<br />

Motorhaube. Auch in die Bewertung bei Euro<br />

NCAP (European New Car Assessment Programme)<br />

fliesst die Fussgängersicherheit mit ein.<br />

Obwohl seit vielen Jahrzehnten Crash-Tests durchgeführt<br />

werden, ist die Frage der Validität der Verfahren<br />

<strong>im</strong>mer noch nicht ganz geklärt. So gibt es<br />

Arbeiten, die aufzeigen, dass die Crash-Tests zwar<br />

bei Frontalkollisionen mittlerweile recht aussagekräftig<br />

sind [98]. Für Heckaufprallkollisionen<br />

scheint dies aber noch nicht <strong>im</strong> selben Masse gegeben<br />

zu sein. Insofern dürfte es auch in Zukunft<br />

noch weitere Verbesserungen bei der passiven<br />

Sicherheit der Fahrzeuge geben.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 101


6.2 Sicherheitsgurt<br />

<strong>Der</strong> Sicherheitsgurt ist nach wie vor eine der wichtigsten,<br />

wahrscheinlich sogar die wichtigste Präventionsmassnahme<br />

<strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong>. Seine Wirksamkeit<br />

hängt von <strong>Geschwindigkeit</strong> des Unfalls<br />

und Merkmalen des Kollisionsobjektes ab.<br />

<strong>Der</strong> Anteil Personen, der die Sicherheitsgurte trägt,<br />

ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Waren<br />

es <strong>im</strong> Jahr 2000 noch 77 % so sind es nun<br />

87 %. Bei einer Tragquote von 100 % könnten<br />

schätzungsweise 40 Verkehrstote und 150 Scherverletzte<br />

vermieden werden.<br />

Die Schweiz steht <strong>im</strong> internationalen Vergleich der<br />

Tragquoten nicht besonders gut da. Unterschiede<br />

gibt es nach Strassenart (je schneller auf einer<br />

Strasse gefahren werden darf, umso höher ist die<br />

Tragquote; innerorts nur 82 %), nach Sprachregion<br />

(<strong>im</strong> Tessin 82 %, in der Romandie 82 % und in der<br />

Deutschschweiz 89 %). Ewert und Fitz zeigten auf,<br />

dass die Wahrscheinlichkeit nicht angegurtet zu<br />

verunfallen von diversen <strong>Faktor</strong>en abhängig ist<br />

[99]:<br />

• Junge Verkehrsteilnehmer benützen den Gurt<br />

weniger als Ältere<br />

• Rücksitzpassagiere weniger als Frontpassagiere<br />

• Männer weniger als Frauen<br />

• Personen unter Alkoholeinfluss weniger als<br />

Nüchterne<br />

• Bei Nacht weniger als am Tage<br />

• Am Wochenende weniger als unter der Woche<br />

• Auf trockenen Strassen weniger als auf nassen<br />

oder verschneiten<br />

Insgesamt scheint es also so, als ob gerade diejenigen<br />

Personen, die den Gurt besonders nötig haben,<br />

ihn weniger häufig benutzen.<br />

<strong>Der</strong> Sicherheitsgurt ist sehr wichtig, um die Überlebenschancen<br />

bei einem Unfall zu verbessern. Allerdings<br />

kann auch der Gurt nicht <strong>im</strong>mer schützen.<br />

Bei Unfällen mit hoher <strong>Geschwindigkeit</strong> und bei<br />

einem nicht oder kaum nachgebenden Hindernis,<br />

gibt es auch mit Gurt praktisch keine Überlebenschance.<br />

Ab ca. 110 km/h Kollisionsgeschwindigkeit<br />

frontal auf ein massives Hindernis kann der Gurt<br />

nicht mehr helfen. Erfreulicherweise sind diese Art<br />

Unfälle nicht sehr häufig. Solche <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

werden üblicherweise nur auf Autobahnen<br />

erreicht. Kollisionen finden dann eher mit anderen<br />

Fahrzeugen statt, welche in dieselbe Richtung fahren,<br />

wodurch dann die <strong>Geschwindigkeit</strong>sdifferenz<br />

(Delta-V) geringer wird. Auch ist die Wahrscheinlichkeit<br />

einer Frontalkollision eher gering. Meistens<br />

wird in eher spitzen Winkel – beispielsweise auf die<br />

Leitplanken aufgefahren.<br />

Angesichts der Tatsache, dass rund die Hälfte aller<br />

unangegurteten Getöteten hätte gerettet werden<br />

können, sind weitergehende Anstrengungen zur<br />

Erhöhung der Tragquoten sinnvoll und notwendig.<br />

Hierbei ist der Fokus insbesondere auf die Ausserortsstrassen<br />

zu richten. Dort findet sich eine recht<br />

niedrige Tragquote (Tessin 82 %, Westschweiz<br />

84 % und Deutschschweiz 90 %) verbunden mit<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en, bei denen der Sicherheitsgurt<br />

noch einen guten Beitrag zur Überlebenswahrscheinlichkeit<br />

leisten kann. Bei Tempo 80 beträgt<br />

das Risiko ohne Gurt ums Leben zu kommen etwa<br />

45 %; mit Gurt hingegen beträgt es «nur» 20 %.<br />

Hier sollten die Anstrengungen in Bezug auf Polizeikontrollen<br />

mit begleitenden Kampagnen weiter<br />

fortgeführt werden.<br />

Auch in Bezug auf das Anschnallen auf Rücksitzen<br />

hat sich in den letzten Jahren eine deutliche Verbesserung<br />

ergeben. Dennoch sind über alle Stras-<br />

102 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


senarten und Landesteile hinweg 32 % der Rücksitzpassagiere<br />

nicht angegurtet. Die in modernen<br />

Fahrzeugen bereits üblichen Systeme zur Erinnerung<br />

des Motorfahrzeuglenkenden an den Sicherheitsgurt<br />

für sich und die Frontpassagiere (seat-belt<br />

reminder), die sich bereits als wirksam erwiesen<br />

haben [100] sollten auch auf die Rücksitzpassagiere<br />

ausgeweitet werden.<br />

6.3 Airbags<br />

<strong>Der</strong> Airbag ist ein Sack, der bei Bedarf, d. h. bei<br />

einem Unfall, mittels einer Explosion mit Gas gefüllt<br />

wird. Zunächst in den USA vor allem als Ersatz<br />

für den Sicherheitsgurt geplant (weil die Tragquoten<br />

sehr tief waren und anfänglich kaum verbessert<br />

werden konnten), hat er sich mittlerweile eher als<br />

Sicherung zusätzlich zum Gurt durchgesetzt (zumindest<br />

in Europa).<br />

Insgesamt muss man jedoch sagen, dass der Airbag<br />

die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht ganz erfüllen<br />

konnte. Die Berechnungen über die Wirksamkeit<br />

von Sicherheitsgurt und Airbag zeigen auf, der<br />

Sicherheitsgurt das Sterberisiko bei einem Unfall<br />

um etwa 50 % reduzieren kann, der Airbag allein<br />

aber nur um 14 %. Sicherheitsgurt und Airbag<br />

zusammen bringen es auf etwa 60 % Reduktion<br />

(NHTSA, 2001[101]). Am wichtigsten ist es also<br />

nach wie vor, dass man den Sicherheitsgurt benützt.<br />

Aufgrund der enormen Kräfte, die be<strong>im</strong> Auslösen<br />

des Airbags wirken, kann er auch negative Folgen<br />

haben. Ein Thema war das sogenannte «out-ofposition».<br />

Es bedeutet, dass jemand (vor allem die<br />

Beifahrer) mit dem Airbag in Kontakt kommt, während<br />

dieser noch gefüllt wird. Da er sich währenddessen<br />

mit etwa 300 km/h auf die Person zube-<br />

wegt, kann es (und ist es) zu schweren oder tödlichen<br />

Verletzungen (ge)kommen – insbesondere bei<br />

Kindern und kleinen Frauen. Mittlerweile ist dieses<br />

Thema aber durch technische Verbesserungen<br />

weitgehend erledigt.<br />

<strong>Der</strong> Airbag hat aber noch weitere Anwendungsgebiete.<br />

So werden beispielsweise die Rücksitzpassagiere<br />

bis heute kaum frontal mit Airbags geschützt,<br />

obwohl er auch hier gute Dienste leisten könnte.<br />

6.4 Elektronisches Stabilitätskontrolle<br />

Die elektronische Stabilitätskontrolle (ESC, Fachbegriff),<br />

das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP<br />

– Markenname des Bosch-Systems) oder auch die<br />

Systeme anderer Hersteller sind eine der besten<br />

Verkehrssicherheitsmassnahmen der vergangenen<br />

Jahrzehnte. Das System vergleicht hinsichtlich der<br />

Fahrtrichtung die Absicht des Lenkers (Lenkradeinschlag)<br />

mit der physikalischen Bewegung des Fahrzeugs.<br />

Falls diese beiden <strong>Faktor</strong>en nicht übereinst<strong>im</strong>men<br />

(Schleudern), wird eingegriffen indem<br />

einzelne Räder abgebremst und allenfalls sogar die<br />

Motorleistung gedrosselt wird. Dadurch kann <strong>im</strong><br />

Grenzbereich das Schleudern verhindert werden.<br />

Das System greift also nur ein, wenn der Lenkende<br />

bereits die Herrschaft über das Fahrzeug verloren<br />

hat. Es ermöglicht ein richtungsgetreues Fahren<br />

solange es physikalisch überhaupt nur möglich ist.<br />

ESC war ursprünglich eine Weiterentwicklung des<br />

Antiblockiersystems ABS, welches das Lenken während<br />

scharfer Bremsmanöver ermöglichen und das<br />

Blockieren der Räder verhindern sollte. ESC wurde<br />

viel evaluiert und die Ergebnisse sind extrem positiv.<br />

Ferguson [102] kommt bei der Analyse von 15<br />

verschiedenen Studien aus Japan, Schweden, den<br />

USA, Deutschland, Frankreich und Grossbritannien<br />

zu dem Schluss, dass tödliche Selbstunfälle durch<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 103


ESC um 30 bis 50 % reduziert werden. Auch bei<br />

schweren Unfällen mit mehreren Fahrzeugen beträgt<br />

die Reduktion zwischen 17 und 38 %. Bei<br />

den beliebten SUVs (Geländewagen) sollen die<br />

Effekte sogar noch stärker sein, da diese aufgrund<br />

des hohen Schwerpunktes stärker vom Überschlag<br />

bedroht sind.<br />

ESC hat sich als so wirksam erwiesen, dass es stark<br />

gefördert wird. Viele Neuwagen in der Schweiz<br />

haben es als Standardausstattung (laut TCS 80 %<br />

aller angebotenen Modelle). Andere haben es optional<br />

(11 % aller Modelle). Leider sind vor allem<br />

kleinere Fahrzeuge aus dem Niedrigpreissegment<br />

teilweise gar nicht mit ESP zu erhalten (9 % aller<br />

Modelle). Eine Erhebung von Bosch ergab Anteile<br />

von Neuwagen mit ESC von 96 % in Schweden,<br />

79 % in Deutschland bis zu lediglich 46 % in<br />

Frankreich und 42 % in Italien. Zahlen für die<br />

Schweiz gibt es nicht; es darf aber vermutet werden,<br />

dass sie eher <strong>im</strong> oberen Bereich liegen.<br />

Auch die Politik hat sich bereits engagiert. In der<br />

EU müssen ab November 2011 alle neu zugelassenen<br />

Pkw und Lkw serienmäßig mit ESC ausgestattet<br />

werden. Ab 01.11.2014 müssen diese auch bei<br />

der 1. Inverkehrsetzung mit einem solchen System<br />

ausgerüstet sein40 . Insofern besteht also kein Handlungsbedarf<br />

für die Schweiz.<br />

Eine noch offene Frage ist die Ausschaltbarkeit von<br />

ESC. Best<strong>im</strong>mte – aber nicht alle – Hersteller ermöglichen<br />

eine Ausschaltung von ESC. Angeblich<br />

gibt es Situationen in denen ESC hinderlich ist (Anfahren<br />

auf verschneiten oder vereisten Strassen),<br />

wo das System die Situation möglicherweise falsch<br />

einschätzt.<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

40 EG-Verordnung Nr. 661/2009, publiziert <strong>im</strong> EU-ABl, am<br />

31.07.2009<br />

Die meisten Hersteller haben jetzt Systeme, wo sich<br />

ESC bei jedem Motorstart neu einschaltet. Dies<br />

stösst allerdings nicht bei allen Besitzern auf Freude.<br />

Zu vermuten ist, dass gerade diejenigen Personen,<br />

die ESC abschalten einen riskanten Fahrstil<br />

pflegen. Von daher ist zu hoffen, dass die Hersteller<br />

ihre Systeme so weiterentwickeln, dass es die<br />

Ausschaltfunktion nicht mehr braucht und diese<br />

abgeschafft werden kann.<br />

Ein anderes Problem ist, dass es noch erhebliche<br />

Zeit dauern wird, bis sich ESC in allen Neufahrzeugen<br />

findet und alle Altfahrzeuge ohne ESC vom<br />

Markt verschwunden sind. Hier gäbe es zwar theoretisch<br />

Interventionsmöglichkeiten (beispielsweise<br />

eine Verschrottungsprämie für Altautos ohne ESC).<br />

Die politische Akzeptanz für eine solche Massnahme<br />

dürfte jedoch in der Schweiz gering sein.<br />

Ein grosses Einflusspotenzial hätten die Versicherungswirtschaft<br />

und auch die Kantone. Sie könnten<br />

beispielsweise die Versicherungsprämien oder die<br />

Motorfahrzeugsteuer für Fahrzeuge mit ESC reduzieren.<br />

Für umweltfreundliche Autos gibt es solche<br />

Bonus-Malus-Systeme auf der Ebene der Motorfahrzeugsteuer.<br />

Ob es für eine solche eindeutig<br />

sicherheitsförderliche Massnahme die notwendigen<br />

Mehrheiten gäbe, ist zu prüfen.<br />

In Bezug auf die Versicherungen muss man wohl<br />

etwas pess<strong>im</strong>istischer sein. Zwar gibt es einzelne<br />

Versicherer, die technische Massnahmen unterstützen<br />

(beispielsweise die AXA-Winterthur mit dem<br />

Unfalldatenschreiber), aber ESC hat es – überraschenderweise<br />

– noch nicht so weit gebracht.<br />

Möglicherweise haben die Versicherer die potenziellen<br />

Präventions- und Einsparmöglichkeiten noch<br />

nicht so recht wahrgenommen.<br />

104 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


6.5 ISA<br />

ISA ist die Abkürzung für Intelligent Speed Adaptation.<br />

Es handelt sich dabei um ein elektronisches<br />

System, das einerseits aus einer Datenbank bzw.<br />

Kartenmaterial besteht in der alle Höchstgeschwindigkeiten<br />

gespeichert sind und andererseits einem<br />

System, das den aktuellen Standpunkt erkennt<br />

(GPS). Aus der Kombination von diesen beiden<br />

Informationen kann dann abgeleitet werden, welche<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>sl<strong>im</strong>ite <strong>im</strong> Moment gilt. Mit<br />

dieser Information kann auf drei Arten Verfahren<br />

werden:<br />

1. Die Information wird an den Fahrer weitergegeben,<br />

beispielsweise in Form einer Einblendung<br />

der L<strong>im</strong>ite ins Armaturenbrett oder ins<br />

Head-Up Display auf der Windschutzscheibe.<br />

2. Unterstützung des Fahrers indem das System<br />

meldet, wenn die Höchstgeschwindigkeit überschritten<br />

wird<br />

3. Ein intervenierendes System, welches <strong>im</strong>mer<br />

eingreift, wenn man zu schnell fährt, wobei allerdings<br />

der Motorfahrzeuglenkende das System<br />

übergehen kann.<br />

Welches dieser Systeme sich durchsetzen wird ist<br />

bis anhin noch nicht klar.<br />

Erste Untersuchungen zur Wirksamkeit von ISA<br />

haben zu vielversprechenden Ergebnissen geführt.<br />

Eine australische Studie [103] kam zu dem Schluss,<br />

dass mit ISA die tödlichen Unfälle um 8 %, diejenigen<br />

mit Schwerverletzten um 6 % gesenkt werden<br />

könnten. Grundlage dieser Resultate waren Beobachtungen,<br />

dass sowohl die mittleren und die<br />

max<strong>im</strong>alen <strong>Geschwindigkeit</strong>en sowie die V85 gesenkt<br />

wurden. Eine englische Studie [104] kam zu<br />

wesentlich stärkeren Effekten. Je nach Art des ISA<br />

und Art der <strong>Geschwindigkeit</strong>sl<strong>im</strong>ite wird mit einer<br />

Reduktion der Getötetenzahlen um bis zu 59 %<br />

gerechnet. Die letzte Zahl erscheint allerdings etwas<br />

hoch. Dennoch kann man festhalten, dass mit<br />

ISA ein erhebliches Potenzial zur Verringerung der<br />

Anzahl von Verletzten und Getöteten <strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong><br />

besteht. Darüber hinaus führt ISA auch zu<br />

weniger Emissionen inklusive Lärm. ISA hat sich mit<br />

einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 7:1 auch als<br />

finanziell lohnend erwiesen. Die Technologie ist<br />

vorhanden und kann sehr schnell umgesetzt werden,<br />

da es sich um ein fahrzeuggebundenes System<br />

handelt.<br />

Das andere Thema und möglicherweise das Hauptproblem<br />

ist die Akzeptanz von ISA. Je strenger der<br />

Eingriff umso geringer ist die Akzeptanz. Und umgekehrt<br />

ist es natürlich so, dass ISA umso wirkungsvoller<br />

ist, je stärker und ungestörter der Eingriff<br />

des Systems ist. In der SARTRE-Umfrage von<br />

2004 [105] hatte sich gezeigt, dass die Schweizer<br />

<strong>im</strong> Vergleich zu den übrigen Befragten aus über 20<br />

Ländern fahrzeugtechnischen Interventionen <strong>im</strong><br />

Allgemeinen und geschwindigkeitsbezogenen Systemen<br />

<strong>im</strong> Besonderen kritisch gegenüber stehen.<br />

Das European Transport Safety Council befasste<br />

sich <strong>im</strong> Jahr 2006 [106] mit 10 Mythen zum Thema<br />

ISA und bewertete sie allesamt als falsch. Die Mythen<br />

sind:<br />

1. ISA ist noch keine reife Technologie<br />

2. Das genaue Best<strong>im</strong>men der <strong>Geschwindigkeit</strong>en<br />

auf Landkarten ist zu kompliziert<br />

3. Nicht alle Länder können ISA anwenden<br />

4. ISA ist für die Gesellschaft zu teuer<br />

5. ISA ist Big Brother <strong>im</strong> Fahrersitz<br />

6. ISA hat unüberwindbare haftungsrechtliche<br />

Probleme<br />

7. ISA hat keine öffentliche Akzeptanz<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 105


8. ISA wäre erfolgreicher wenn es nicht per Gesetz<br />

sondern über den freien Markt eingeführt würde<br />

9. <strong>Geschwindigkeit</strong> ist nur ein kleines Element der<br />

Verkehrssicherheit<br />

10. Andere Fahrzeug- und Infrastrukturmassnahmen<br />

machen ISA überflüssig.<br />

6.6 Leistungsgewicht<br />

Das Thema Leistungsgewicht als möglicher Risikofaktor<br />

für zu schnelles Fahren bzw. <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfälle<br />

insbesondere bei jungen Lenkern wird<br />

<strong>im</strong>mer wieder erwähnt. Die Beweise dafür sind<br />

jedoch eher schwach. Palamara und Gavin [107]<br />

führten eine Fall-Kontroll-Studie durch bei der sie<br />

verunfallte und nicht verunfallte junge Motorfahrzeuglenkende<br />

bzw. das Leistungsgewicht deren<br />

Fahrzeuge miteinander verglichen. Sie fanden keinen<br />

signifikanten Unterschied. Sie zitieren in ihrer<br />

Arbeit zwei weitere Studien, die eher schwache<br />

Zusammenhänge nachwiesen. Drummond und<br />

Healy [108] fanden einen Zusammenhang – allerdings<br />

für alle Altersgruppen, nicht nur für die jungen<br />

Lenker. Fontaine [109] fand eine erhöhte<br />

Wahrscheinlichkeit ums Leben zu kommen, wenn<br />

Leistungsgewicht höher als 75 kW pro Tonne Fahrzeuggewicht<br />

war. Dieser Effekt soll vor allem auf<br />

die höheren gefahrenen <strong>Geschwindigkeit</strong>en zurückzuführen<br />

sein. Das Risiko bestand aber nur für<br />

männliche Lenker unter 30 Jahren ausserhalb von<br />

Ortschaften.<br />

Insgesamt sind die Belege für einen Einfluss des<br />

Leistungsgewichts auf das Unfallgeschehen nicht<br />

eindeutig – weder in die positive noch in die negative<br />

Richtung. Eine genauere Prüfung bzw. Untersuchung<br />

wäre wohl notwendig bevor man eine<br />

diesbezügliche Massnahme aufgrund nachgewie-<br />

sener Wirksamkeit einführt. Dennoch gibt es Vorbilder:<br />

In Victoria, Australien dürfen junge Motorfahrzeuglenkende<br />

in der Zeit des Führerausweises<br />

auf Probe kein Fahrzeug über 125 kW pro Tonne<br />

Fahrzeuggewicht fahren. Und auch der Motor darf<br />

pro Tonne nicht mehr als 3,5 Liter Hubraum haben.<br />

6.7 Fazit<br />

Die Fahrzeugtechnik hat extrem wichtige Beiträge<br />

zur Verkehrssicherheit geleistet und wird wohl<br />

auch in Zukunft noch viel beitragen können. An<br />

erster Stelle ist hier der Sicherheitsgurt zu nennen,<br />

der, rund der Hälfte der unangegurteten Verkehrstoten<br />

das Leben hätte retten können. In der<br />

Schweiz macht dies etwa 40 Getötete pro Jahr<br />

weniger aus. Das grösste Problem ist die nach wie<br />

vor nicht befriedigende Tragquote insbesondere<br />

bei jungen männlichen Lenkern, innerorts, ausserorts<br />

sowie bei Nacht und unter Alkoholeinfluss.<br />

Hier sind weitere Anstrengungen nötig.<br />

An zweiter Stelle ist die elektronische Stabilitätskontrolle<br />

(ESC) zu nennen, da sie eine überragende<br />

Wirksamkeit bei der Verhinderung von Schleuderunfällen<br />

hat. Die obligatorische gesetzliche Einführung<br />

von ESC in der Europäischen Union und die<br />

Verbreitung des Wissens über den Nutzen der<br />

Fahrassistenz-Systeme sind wichtige Schritte. Bedauerlich<br />

ist, dass es noch einige Zeit dauern wird<br />

bis die Elektronische Stabilitätskontrolle in der gesamten<br />

Fahrzeugflotte vorhanden sein wird. Eine<br />

Ermutigung vor allem der jungen Lenkende auf<br />

Fahrzeuge mit ESC umzusteigen, könnte helfen,<br />

diese Übergangszeit zu verkürzen.<br />

Eine weitere innovative Technik, die allerdings den<br />

Durchbruch noch nicht geschafft hat, ist ISA – die<br />

Intelligent Speed Adaptation. Dabei wird aus der<br />

106 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


aktuellen Position (best<strong>im</strong>mt mittels GPS) und<br />

elektronischen Landkarten mit den gültigen<br />

Höchstgeschwindigkeiten best<strong>im</strong>mt, wie schnell<br />

man aktuell fahren darf. Das Sicherheitspotenzial<br />

für ISA kann, je nach Art der konkreten Ausgestaltung,<br />

beträchtlich sein.<br />

Airbag und Deformationszone/Knautschzone sind<br />

wichtig um die Schwere von Unfällen zu vermindern.<br />

Bei beiden wird man in Zukunft noch weitere<br />

Verbesserungen sehen.<br />

Nicht ganz geklärt ist die Frage nach der Bedeutung<br />

des Leistungsgewichts. Diesbezüglich besteht<br />

noch Forschungsbedarf.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 107


VIII. Schlussfolgerungen<br />

Aufgrund eines Fehlverhaltens bezüglich <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

werden pro Jahr durchschnittlich<br />

1251 Personen schwer verletzt, 163 sterben. Die<br />

Hälfte der Getöteten erleidet ihr Schicksal bei einem<br />

Selbstunfall auf Ausserortsstrassen, ein Viertel<br />

bei Unfällen innerorts. Autobahnen stellen keinen<br />

Schwerpunkt dar.<br />

Die <strong>Geschwindigkeit</strong>swahl ist aus zweierlei Hinsicht<br />

für die Verkehrssicherheit entscheidend: Je schneller<br />

gefahren wird, desto weniger Zeit bleibt einerseits<br />

für angemessene Reaktionen, um Unfälle zu<br />

verhindern, und desto gravierender sind andererseits<br />

die Verletzungsfolgen. Ein paar Stundenkilometer<br />

mehr oder weniger können aufgrund des<br />

exponentiellen Zusammenhangs über Tod oder<br />

Leben entscheiden, insbesondere bei relativ tiefen<br />

<strong>Geschwindigkeit</strong>en.<br />

Die Unfallfahrer sind hauptsächlich männlich und<br />

eher jung. Alkohol und das soziale Umfeld begünstigen<br />

schnelles Fahren. Die Wirksamkeit der Zweiphasenfahrausbildung<br />

muss diesbezüglich noch<br />

evaluiert werden. Sinnvoll wäre ein Alkoholverbot<br />

für Neulenkende.<br />

Für ein wirksames <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement<br />

haben sich Polizeikontrollen als wichtiges Element<br />

erwiesen. Pro Jahr werden rund 2,5 Mio. Fahrer<br />

wegen überhöhter <strong>Geschwindigkeit</strong> gebüsst. Die<br />

allermeisten Kontrollen werden automatisch<br />

durchgeführt. <strong>Der</strong>en Intensivierung vor allem auf<br />

Landstrassen ist notwendig. Zudem sind gut sichtbare<br />

sowie räumlich und zeitlich möglichst zufällig<br />

verteilte bemannte <strong>Geschwindigkeit</strong>skontrollen<br />

sinnvoll. Nur so kann die für eine Verhaltensänderung<br />

sehr wichtige Kontrollerwartung gesteigert<br />

werden. Führerausweisentzüge in Kombination mit<br />

verhaltenstherapeutischen Interventionen haben<br />

sich ebenfalls als wirksam erwiesen.<br />

Zur Entschärfung des <strong>Geschwindigkeit</strong>sproblems<br />

trägt auch die Opt<strong>im</strong>ierung einer adäquaten Infrastruktur<br />

bei, mit der das Strassennetz hierarchisiert<br />

sowie selbsterklärende und fehlertolerante<br />

Strassen realisiert werden sollen. Innerorts sind in<br />

erster Linie die Nutzungsansprüche aller Verkehrsteilnehmer<br />

zu berücksichtigen. Ausserortsstrassen<br />

sind prioritär so zu projektieren, dass sie<br />

zu einem homogenen <strong>Geschwindigkeit</strong>sverlauf<br />

führen. Die Beseitigung von festen Objekten am<br />

Strassenrand und – unter gewissen Bedingungen –<br />

die Montage von Mittelleitschranken können die<br />

Folgen von geschwindigkeitsbedingten Unfällen<br />

reduzieren. Zur Umsetzung dieser Interventionen<br />

sind Fachleute laufend zu sensibilisieren sowie<br />

Road Safety Audits, Road Safety Inspections und<br />

Black Spot Management für obligatorisch zu erklären.<br />

Bezüglich Fahrzeugsicherheit ist der Sicherheitsgurt<br />

nach wie vor die wichtigste Massnahme. Ebenfalls<br />

sehr wirkungsvoll ist die elektronische Stabilitätskontrolle,<br />

die das Schleudern verhindern kann.<br />

Auch künftige Fahrzeugtechnik wie ISA (Intelligent<br />

Speed Adaptation) wird einen Beitrag gegen <strong>Geschwindigkeit</strong>sunfälle<br />

leisten können. Einen Überblick<br />

über Massnahmen mit unterschiedlichem<br />

Nutzen liefert Tabelle 1, S. 17.<br />

108 Schlussfolgerungen bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


Quellenverzeichnis<br />

[1] Davis SC. Transportation Energy Data Book. Edition 17 Auflage. Oak Ridge, Tennessee: Oak Ridge<br />

National Laboratory; 1997.<br />

[2] Über 1,3 Mio. Menschen in der Schweiz sind schädlichem Lärm ausgesetzt. Bundesamt für Umwelt<br />

BAFU.<br />

http://www.bafu.admin.ch/dokumentation/medieninformation/00962/index.html?lang=de&msgid=26942.<br />

Zugriff am 13.07.2009.<br />

[3] Wiprächtiger H. Härtere Strafen für Schnellfahrer? Genügen Gesetzgebung und Gerichtspraxis<br />

be<strong>im</strong> Umgang mit Rasern? <strong>Strassenverkehr</strong>/Circulation Routière. 2009;1(1):5–15.<br />

[4] Elvik R, Christensen P, Amundsen A. Speed and road accidents. Oslo: TOI; 2004. Report 740.<br />

[5] Elvik R, Vaa T. The Handbook of Road Safety Measures. Amsterdam: Elsevier; 2004.<br />

[6] Committee for guidance on setting and enforcing speed l<strong>im</strong>its. Managing speed. Review of current<br />

practice for detting and enforcing speed l<strong>im</strong>its. Washington, D.C.: Transportation Research<br />

Board; 1998.<br />

[7] Cirillo JA. Interstate System Accident Research - Study II - Inter<strong>im</strong> Report II. Public Roads.<br />

1968;35(3)<br />

[8] Solomon DH. Accidents on Main Rural Highways Related to Speed, Driver, and Vehicle. Washington:<br />

Bureau of Public Roads, U.S. Department of Commerce; 1964.<br />

[9] Fildes BN, Rumbold G, Leening A. Speed Behavior and Drivers' Attitude to Speeding. Monash,<br />

Victoria: Monash University Accident Research Center; 1991. Report 16.<br />

[10] Kloeden CN, McLean AJ, Moore VM, Ponte G. Travelling Speed and the Risk of Crash Involvement.<br />

Vol. I - Findings. Adelaide: NHMRC Road Accident Research Unit, The University of Adelaide;<br />

1997.<br />

[11] Pasanen E. Ajonopeudet ja jalankulkijan turvallisuus [Driving speeds and pedestrian safety]. Espoo:<br />

Teknillinen korkeakoulu, Liikennetekniikka; 1991.<br />

[12] Peden M, Scurfield R, Sleet D et al. World report on road traffic injury prevention. Geneva: World<br />

Health Organization; 2004.<br />

[13] Nilsson G. Traffic safety d<strong>im</strong>ensions and the Power Model to describe the effect of speed on safety.<br />

Lund: Lund Institute of Technology, Department of Technology and Society, Traffic Enginering;<br />

2004. Bulletin 221.<br />

[14] Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS. Projekt, Grundlagen; <strong>Geschwindigkeit</strong><br />

als Projektierungselement. Zürich: VSS; 1991. VSS-Norm SN 640 080b.<br />

[15] Giger H. Kommentar <strong>Strassenverkehr</strong>sgesetz. 7. Auflage. Zürich: Orell Füssli; 2008.<br />

[16] Cavegn M, Achermann Stürmer Y, Niemann S. SINUS-Report 2008: Sicherheitsniveau und Unfallgeschehen<br />

<strong>im</strong> Strassenvekehr 2007. Bern: bfu - Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2008.<br />

[17] Bundesamt für Strassen ASTRA. Strassen und Verkehr: Zahlen und Fakten 2008. Bern: ASTRA;<br />

2008.<br />

[18] Schaffhauser R. Grundriss des schweizerischen <strong>Strassenverkehr</strong>srechts. 2. Auflage. Bern: Stämpfli;<br />

2002. Band I: Grundlagen Verkehrszulassung und Verkehrsregeln.<br />

[19] Cohen AS. Möglichkeiten und Grenzen der Informationsaufnahme und -verarbeitung <strong>im</strong> <strong>motorisierten</strong><br />

<strong>Strassenverkehr</strong> aus psychologischer Sicht. In: Schaffhauser R, Hg. Aspekte der Überforderung<br />

<strong>im</strong> <strong>Strassenverkehr</strong> - Forderungen an die Praxis. 1997:9-34.<br />

[20] Van Houten R, Nau PA. Feedback interventions and driving speed: a parametric and comparative<br />

analysis. Journal of Applied Behavior Analysis. 1983;16(3):253–281.<br />

[21] Parker D, Manstead ASR, Stradling SG. Extending the theory of planned behavior: The role of<br />

personal norm. British Journal of Social Psychology. 1995;34:127–137.<br />

[22] Shinar D. Traffic safety and human behavior. United Kingdom, North America, Japan, India, Malaysia,<br />

China, Australia: Emerald; 2007.<br />

[23] Connolly T, Aberg L. Some contagion models of speeding. Accident Analysis and Prevention.<br />

1993;25(1):57–66.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Quellenverzeichnis 109


[24] Spicher B, Hänsgen K-D. TVP - Test zur Erfassung verkehrsrelevanter Persönlichkeitsmerkmale,<br />

Manual. Göttingen, Toronto, Seattle: Verlag Hans Huber; 2000.<br />

[25] Sensation Seeking. Wikipedia. http://de.wikipedia.org/wiki/Sensation_Seeking. Zugriff am<br />

15.06.2009.<br />

[26] Tay R, Champness P, Watson B. Personality and speeding. IATSS Research. 2003;27(1):68–74.<br />

[27] Bundesamt für Statistik BFS. Polizeilich registrierte <strong>Strassenverkehr</strong>sunfälle in der Schweiz [Unveröffentlichte<br />

Datenbank]. Neuenburg: BFS; 2008.<br />

[28] bfu - Beratungsstelle für Unfallverhütung. STATUS 2009: Statistik der Nichtberufsunfälle und des<br />

Sicherheitsniveaus in der Schweiz, <strong>Strassenverkehr</strong>, Sport, Haus und Freizeit. Bern: bfu; 2009.<br />

[29] OECD, ECMT. Speed management. Paris: OECD; 2006.<br />

[30] World Health Organization WHO. Speed management: A road safety manual for decision makers<br />

and practitioners. Geneva: Global Road Safety Partnership; 2008.<br />

[31] Allsop RE. Reducing traffic injuries resulting from access and inapropriate speed. Brussels: European<br />

Transport Safety Council, ETSC; 1995.<br />

[32] Understanding youthful risk taking and driving. Comsis Corporation; The Johns Hopkins University.<br />

http://www.nhtsa.dot.gov/people/injury/research/pub/risk.pdf. Zugriff am 12.06.2009.<br />

[33] Shope JT. Influences on youthful driving behavior and their potential for guiding interventions to<br />

reduce crashes. Injury Prevention. 2006;12(Suppl 1):i9–i14.<br />

[34] Szklo M, Nieto FJ. Epedemiology. Beyond the basics. Gaithersburg, Maryland: Apen Publishers,<br />

Inc.; 2000.<br />

[35] Wilde GJS. Wirkung und Nutzen von Verkehrssicherheitskampagnen. Ergebnisse und Forderungen<br />

- ein Überblick. Zeitschrift für Verkehrssicherheit. 1974;(20):227–238.<br />

[36] Rundmo T, Iversen H. Risk perception and driving behaviour among adolescents in two Norwegian<br />

counties before and after a traffic safety campaign. Safety Science. 2004;42(1):1–21.<br />

[37] Cavegn M, Walter E, Scaramuzza G, Niemann S, Allenbach R, Stöcklin R. Beeinträchtigte Fahrfähigkeit<br />

von Motorfahrzeuglenkenden: Risikobeurteilung, Unfallanalyse und Präventionsmöglichkeiten.<br />

Bern: bfu - Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2008. bfu-Sicherheitsdossier 4.<br />

[38] Ewert U, Eberling P. Sicherheit auf Ausserortsstrassen. Bern: bfu - Beratungsstelle für Unfallverhütung;<br />

2009. bfu-Report 61.<br />

[39] Engström I, Gregersen NP, Granstöm K, Nyberg A. Young drivers - reduced crash risk with passengers<br />

in the vehicle. Accident Analysis and Prevention. 2008;40(1):341–348.<br />

[40] Elvik R, Vaa T. The handbook of road safety measures. Amsterdam: Elsevier; 2004.<br />

[41] Hartling L, Wiebe N, Russell KF, Petruk J, Spinola C, Klassen TP. Graduated driver licensing for<br />

reducing motor vehicle crashes among young drivers. The Cochrane Database of Systematic Reviews.<br />

2004;(2) DOI: 10.1002/14651858.CD003300.pub2.<br />

[42] Elliott B. Road safety mass media campaigns: a meta-analysis. Canberra, Australien: Federal Office<br />

of Road Safety: Department of Transport and Communications; 1993. Report CR 118.<br />

[43] Delhomme P, Vaa T, Meyer T et al. Evaluated road safety media campaigns: an overview of 265<br />

evaluated campaigns and some meta-analysis on accidents. France: INRETS; 2000. Gadget project<br />

Deliverable 4.<br />

[44] Vaa T, Philipps R, Adamos G, Areal A, Ausserer K, Delhomme P. Results of Meta-Analysis: Effects<br />

of Road Safety Campaigns. 2009. Campaigns and awareness raising strategies in traffic safety<br />

CAST Deliverable D 1.3.<br />

[45] Siegrist S. Sanktionen zur Bekämpfung der Verkehrsdelinquenz: welche Rolle spielen sie und welche<br />

sind wirksam? In: Schaffhauser R, Hg. Jahrbuch zum <strong>Strassenverkehr</strong>srecht 2008. 2008:45-<br />

70.<br />

[46] Dolge A. Die Geldstrafe als Ersatz für kurze Freiheitsstrafen: Ein Erfahrungsbericht. Referat gehalten<br />

an der Tagung: <strong>Der</strong> neue Allgemeine Teil des Strafgesetzbuchs in der Praxis; 2009.<br />

[47] He<strong>im</strong>gartner S, Schönknecht F. Administrativmassnahmen bie <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen<br />

nach bisherigem und neuem Recht - Eine Übersicht. In: Schaffhauser R, Hg. Jahrbuch zum Strassenverkehsrecht<br />

2005. St. Gallen: 2005:225-239.<br />

[48] Schaffhauser R. Die neuen Administrativmassnahmen des <strong>Strassenverkehr</strong>sgesetzes. In: Schaffhauser<br />

R, Hg. Jahrbuch zum <strong>Strassenverkehr</strong>srecht 2003. St. Gallen: 2005:161-226.<br />

110 Quellenverzeichnis bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


[49] Lawpoolsri S, Li J, Braver ER. Do speeding tickets reduce the likelihood of receiving subsequent<br />

speeding tickets? A longitudinal study of speeding violators in Maryland. Traffic Injury Prevention.<br />

2007;8(1):26–34.<br />

[50] Killias M, Villettaz P, Zoder I. The effects of custodial vs. non-custodial sentences on re-offending:<br />

a systematic review of the state of knowledge. 2006.<br />

[51] Smith P, Goggin C, Gendreau P. The effects of prison sentences and intermediate sanctions on<br />

recidivism: general effects and individual differences. Public Works and Government Services Canada;<br />

2002.<br />

[52] Dillier-Gamma A. <strong>Geschwindigkeit</strong>süberschreitungen - Neueste Rechtsprechung und Praxis <strong>im</strong><br />

Straf- und Administrativmassnahmebereich - ein interkantonaler Vergleich. In: TCS, Hg. Collezione<br />

Artista. Genf: 1998:80-97.<br />

[53] Does the threat of disqualification deter drivers from speeding? DfT Publications.<br />

http://www.dft.gov.uk/pgr/roadsafety/research/rsrr/theme2/threat.pdf. Zugriff am 29.07.2009.<br />

[54] Redelmeier DA, Tibshirani RJ, Evans L. Traffic-law enforcement and risk of death from motorvehicle<br />

crashes: a case-crossover study. The Lancet. 2003;361(9376):2177–2182.<br />

[55] Elliott M, Broughton J. How methods and levels of police affect road casuality rates. Prepared for<br />

Transport of London. Workingham, Berkshire, UK: Transportation Research Laboratory; 2005.<br />

TRL637.<br />

[56] Zaal D. Traffic law enforcement: a review of the literature. Clayton, Victoria, Australia: Monash<br />

University Accident Research Centre; 1994. Report 53.<br />

[57] Wilson C, Willis C, Hendrikz JK, bellamy N. Speed enforcement detection devices for preventing<br />

road traffic injuries (Review). The Cochrane Database of Systematic Reviews. 2006;(2):1–49. DOI:<br />

10.1002/14651858.CD004607.pub2.<br />

[58] Querschnittsthemen <strong>Strassenverkehr</strong>sdelinquenz. Bundesamt für Statistik BFS.<br />

http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/19/04/01.html. Zugriff am 02.07.2009.<br />

[59] Osrael E, Robatsch K. Auswirkungen von Section Control auf die Verkehrssicherheit <strong>im</strong> österreichischen<br />

Autobahnnetz am Beispiel Kaisermühlentunnel. <strong>Strassenverkehr</strong>stechnik.<br />

2008;52(7):411–416.<br />

[60] Newstead SV, Cameron MH, Leggett LMW. The crash reduction effectiveness of a network-wide<br />

traffic police deployment system. Accident Analysis and Prevention. 2001;33(3):393–406.<br />

[61] Bakaba JE, Butterwegge P. Auswertung von Auditberichten und Stellungnahmen <strong>im</strong> Land Brandenburg.<br />

Berlin: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV; 2005.<br />

[62] Spacek P. Entwurf von Strassen - Grundzüge. Zürich: ETH Zürich, Institut für Verkehrsplanung und<br />

Transportsysteme; 2004.<br />

[63] S<strong>im</strong>cic G, Townsend E. Managing Speed. Brüssel: European Transport Safety Council ETSC; 2008.<br />

[64] Wegman F, Aarts L. Advancing Sustainable Safety. Leidschendam: SWOV Institute for Road Safety<br />

Research; 2006.<br />

[65] Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS. Entwurf des Strassenraumes;<br />

Grundlagen. Zürich: VSS; 2000. VSS-Norm SN 640 211.<br />

[66] OECD Transport Research Centre. Speed Management. Paris: ECMT; 2006.<br />

[67] Kaptein NA, Claessens FMM. Effect of Cognitive Road Classification on Driving Behaviour: a Driving<br />

S<strong>im</strong>ulator Study. Soesterberg: TNO Human Factors Research Institute; 1998.<br />

[68] Aarts L, van Schagen I. Driving speed and the risk of road crashes: a review. Accident Analysis<br />

And Prevention. 2005;38:215–224.<br />

[69] European Transport Safety Council. Reducing Traffic Injuries Resulting from Excess and Inappropriate<br />

Speed. Brussels: 1995.<br />

[70] Dietrich K, Spacek P. Befristete Tempol<strong>im</strong>iten 80/120 und die Projektierungsnormen. Strasse und<br />

Verkehr. 1985;2:33–35.<br />

[71] Friedinger C. Die situative <strong>Geschwindigkeit</strong>; Ein Massstab zur Beurteilung von Kurven. Zürich:<br />

ETHZ: Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme IVT; 1984.<br />

[72] Zwahlen H, Schnell T. Curve warning systems and the delineation of curves with curve delineation<br />

devices. In: Athens OH: Human Factors and Ergonomics Laboratory - Ohio University Traffic Safety<br />

on two Continents 1995; 1995.<br />

[73] Ogden KW. Safer Roads: A Guide to Road Safety Engineering. Melbourne: Avebury Technical;<br />

1997.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Quellenverzeichnis 111


[74] Charlton SG. The role of attention in horizontal curves: A comparison of advance warning, delineation,<br />

and road marking treatments. Accident Analysis And Prevention. 2007;39(5):873–885.<br />

[75] smt ag ingenieure + planer. Vertikalversatz (Bodenwelle). Bern: Tiefbauamt des Kantons Bern;<br />

2008.<br />

[76] Persaud BN, Retting AR, Lyon CA. Crash Reduction Following Installation of Centerline Rumble<br />

Strips on Rural Two-Lanes-Roads. Accident Analysis And Prevention. 2004;36(6):1073–1079.<br />

[77] Bundesamt für Strassen ASTRA. Strassen mit Gemischtverkehr: Anforderungen aus der Sicht der<br />

Zweiradfahrer. Bern: ASTRA; 2003.<br />

[78] Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS. Geometrisches Normalprofil;<br />

Grundabmessungen. Zürich: VSS; 1992. VSS-Norm SN 640 201.<br />

[79] Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS. Geometrisches Normalprofil;<br />

Erarbeitung. Zürich: VSS; 1992. VSS-Norm SN 640 202.<br />

[80] Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS. Geometrisches Normalprofil;<br />

Allgemeine Grundsätze, Begriffe und Elemente. Zürich: VSS; 2003. VSS-Norm SN 640 200.<br />

[81] Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS. Passive Sicherheit <strong>im</strong> Strassenraum;<br />

Grundnorm. Zürich: VSS; 2005. VSS-Norm SN 640 560.<br />

[82] Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS. Entwurf des Strassenraums;<br />

Farbliche Gestaltung von Strassenoberflächen. Zürich: VSS; 2009. VSS-Norm SN 640 214.<br />

[83] Lindenmann HP, Leemann N. Quantifizierung von Sicherheitsdefiziten - provisorische Ausgabe.<br />

Zürich: ETHZ Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme; 2008.<br />

[84] Evans L. Traffic Safety. Bloomfield Hills, Michigan: Science Serving Society; 2004.<br />

[85] Huber ChA, Bühlmann F. Sicherheit von Kreiselanlagen, Erfahrungen und vorläufige Empfehlungen.<br />

Bern: bfu - Beratungsstelle für Unfallverhütung; 1994.<br />

[86] Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS. Entwurf des Strassenraums;<br />

Verkehrsberuhigungselemente. Zürich: VSS; 2000. VSS-Norm SN 640 213.<br />

[87] Rämä P, Schirokoff A. Effects of Weather-Controlled Variable Speed L<strong>im</strong>its on Injury Accidents.<br />

Transportation Research Record. 1999;1689:53–59.<br />

[88] Luoma J, Rämä P. Effects of Variable Speed L<strong>im</strong>it Signs on Speed Behaviour and Recall of Signs.<br />

Traffic Engineering and Control. 1998;39(4):234–236.<br />

[89] European Commission under the Transport RTD Programme of the 4th Framework Programme.<br />

Managing Speeds of Traffic on European Roads. Brussels: 1998.<br />

[90] Scaramuzza G. Prozess-Evaluation des bfu-Modells Tempo 50/30 innerorts. Bern: bfu - Beratungsstelle<br />

für Unfallverhütung; 2008. bfu-Report 60.<br />

[91] Hansen G, Garrick NW, Ivan NJ, Jonsson Th. Variation in Free Flow Speed due to Roadway Type<br />

and Roadside Einvironment. In: TRB 2007 Annual Meeting CD-ROM. Washington DC: TRB; 2007.<br />

[92] Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS. Entwurf des Strassenraumes;<br />

Gestaltungselemente. Zürich: VSS; 2000. VSS-Norm SN 640 212.<br />

[93] Huber ChA. Aufstellen von <strong>Geschwindigkeit</strong>sanzeigen am Strassenrand. Bern: bfu - Beratungsstelle<br />

für Unfallverhütung; 2000.<br />

[94] Eberling P, Haubold St. Strassenraumgestaltung - Gestaltung von Ortsdurchfahrten für eine<br />

höhere Verkehrssicherheit. Bern: bfu - Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2009.<br />

[95] Bundesamt für Justiz. Gesetzgebungsleitfaden. Leitfaden für die Ausarbeitung von Erlassen des<br />

Bundes. 3., nachgeführte Auflage. Bern: BBL; 2007.<br />

[96] Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS. <strong>Strassenverkehr</strong>ssicherheit;<br />

Sicherheitsaudit für Projekte von <strong>Strassenverkehr</strong>sanlagen. Zürich: VSS; 2008. VSS-Norm SN 641<br />

712.<br />

[97] Thoma J, Huber ChA, Eberling P. bfu-Empfehlung zu Tempo-30-Zonen. Bern: bfu - Beratungsstelle<br />

für Unfallverhütung; 2006.<br />

[98] Lie A, Tingvall C. How do Euro NCAP results correlate with real life injury risks? A paired comparisonstudy<br />

of car-to-car crashes. Traffic Injury Prevention. 2002;3(4):288–293.<br />

[99] Ewert U, Fitz B. Sicherheitsgurt. Gründe für das Nichttragen und Massnahmen zur Erhöhung der<br />

Tragquote. Bern: bfu - Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2004. bfu-Report 53.<br />

[100] Kullgren A, Krafft M, Lie A, Tingvall C. The use of seat belts in cars with smart seat belt reminders<br />

– Results of an observational study. Traffic Injury Prevention. 2006;7(2):125–129.<br />

112 Quellenverzeichnis bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06


[101] NHTSA. Fifth/Sixth report to Congress - effectiveness of occupant protection systems and their<br />

use. Washington, D.C.: U.S. Department of Transportation; 2001.<br />

[102] Ferguson SA. The effectiveness of electronic stability control in reducing real-world crashes: a<br />

literature review. Traffic Injury Prevention. 2007;8(4):329–338.<br />

[103] Regan MA, Trigg TJ, Young KL et al. On-Road evaluation on Intelligent Speed Adaptation, Following<br />

Distance Warning and Seatbelt Reminder System: Final results of the TAC SafeCar project.<br />

Monash University Accident Research Centre; 2006.<br />

[104] Carsten O, Fowkes M. External vehicle speed control: Executive Summary of project results. University<br />

of Leeds: Institute for Transport Studies; 2000.<br />

[105] SARTRE 3 consortium. European drivers and road risk. Part 1: Report on principal results. Arceuil<br />

Cedex: INRETS; 2004.<br />

[106] Intelligent speed assistance - myths and reality. ETSC position on ISA. European Transport Safety<br />

Council. http://www.etsc.eu/documents/ISA%20Myths.pdf. Zugriff am 05.08.2009.<br />

[107] The relationship between vehicle power to weight ratio and young driver crash involvement.<br />

Injury Research Centre.<br />

http://www.officeofroadsafety.wa.gov.au/documents/PalamaraandGavinPowertoweightratio.pdf.<br />

Zugriff am 10.06.2009.<br />

[108] Drummond A, Healy D. The risk of driver crash involvement per distance travelled in metropolitan<br />

Melbourne. In: Proceedings of ARRB/REAAA Combined Conference, Part.9. Melbourne; 1986.<br />

[109] Fontaine H. High performance cars, age and sex of drivers. Effects on risk and safety. In: Proceedings<br />

of the 14th International Technical Conference on the Enhanced Safety of Vehicles. München;<br />

1994.<br />

bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Quellenverzeichnis 113


Sicher leben: Ihre bfu.<br />

Die bfu setzt sich <strong>im</strong> öffentlichen Auftrag für die Sicherheit<br />

ein. Als Schweizer Kompetenzzentrum für Unfallprävention<br />

forscht sie in den Bereichen <strong>Strassenverkehr</strong>, Sport sowie<br />

Haus und Freizeit und gibt ihr Wissen durch Beratungen,<br />

Aus bildungen und Kom munikation an Privatpersonen<br />

und Fachkreise weiter. Mehr über Unfall prävention auf<br />

www.bfu.ch.<br />

Im Auftrag von:<br />

© bfu 2010. Alle Rechte vorbehalten; Reproduktion (z. B. Fotokopie), Speicherung, Verarbeitung<br />

und Verbreitung sind mit Quellenangabe (s. Zitationsvorschlag) gestattet.<br />

bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung, Postfach 8236, CH-3001 Bern<br />

Tel. +41 31 390 22 22, Fax +41 31 390 22 30, info @ bfu.ch, www.bfu.ch<br />

2.051.01 – 05.2010

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!