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Download - Gneisenau Gesellschaft

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18<br />

LUFTWAFFENMOTIVE IN DER FRÜHPHASE DER FREIWILLIGENWERBUNG DER BUNDESWEHR<br />

der Wehrmacht einem anderen Zweck folgten, als die Bilder<br />

der Nachwuchswerbung der Bundeswehr.<br />

Diese dienten je länger je mehr einem komplexen Kommunikationsprozess,<br />

in dessen Mittelpunkt der Kunde,<br />

die jugendlich-männliche Zielgruppe, stand, die es zu<br />

erreichen galt. Die Bilder der Nachwuchswerbung versprachen<br />

den Kunden mehr oder weniger befriedigende<br />

Lösungen für ihr Problem der Arbeitsplatzsuche nach der<br />

schulischen oder beruflichen Ausbildung zu bieten. Im<br />

Gegensatz zu den Soldatenbildern der Wehrmacht, ging<br />

es diesen Bildern nicht um den Transport bestimmter<br />

Bildmuster, um die <strong>Gesellschaft</strong> im weitesten Sinne zu<br />

beeinflussen, sondern den Arbeitsplatz Bundeswehr als<br />

attraktive Berufsalternative zu kommunizieren. Die dabei<br />

entwickelten und transportierten Bilder waren nicht das<br />

Produkt eines politischen Willens sondern vielmehr das<br />

Ergebnis der Beobachtung der Beobachter, also demoskopischer<br />

Untersuchungen, die die Einstellung der Zielgruppe<br />

analysierte und visuell-bildlich umsetzten.<br />

Dabei entwickelte sich vor dem Hintergrund der historischen<br />

Folie und der Einstellung weiter Teile der <strong>Gesellschaft</strong><br />

ein Soldatenbild, dessen „roter Faden“ sich zwischen<br />

1956 und der Wiedervereinigung 1990 durch alle Motive<br />

zieht. Im Vergleich zum Heroen der Wehrmacht, der die<br />

<strong>Gesellschaft</strong> auf den kommenden Krieg vorbereiten sollte,<br />

zeigte das Soldatenbild der Nachwuchswerbung der Bundeswehr<br />

einen „postheroischen“ Soldaten. Betrachtet man<br />

jedoch eine größere Entwicklungslinie, scheint es angebracht,<br />

weniger vom „postheroischen“ als vielmehr vom<br />

„bürgerlichen“ Soldaten zu sprechen: Ein Soldatenbild,<br />

mit offenen und weichen Gesichtszügen, einem Soldaten,<br />

der sich in vielen Kontexten präsentierte, jedoch nicht ein<br />

einziges Mal kämpfend dargestellt wurde. Dies gilt generell<br />

für die gesamte Nachwuchswerbung zwischen 1956 und<br />

1990. An die Stelle des heroischen Soldaten, des Kämpfers<br />

für die nationale Schicksalsgemeinschaft und die „arische<br />

Rasse“ trat der defensiv gestimmte Soldat. Der heldenhafte<br />

Kämpfer wandelte sich zum postheroischen Beschützer.<br />

Hinter diesem visuellen Bruch verbirgt sich ein tiefer lie-<br />

gender Wandel, der von der Durchsetzung einer bürgerlichen<br />

<strong>Gesellschaft</strong>sordnung zeugt, deren Ursprünge im 19.<br />

Jahrhundert wurzeln.<br />

Doch wie lässt sich dieser Wandel erklären? 16 Für die<br />

Werbung länger dienender Mannschaften, vor allem<br />

aber Unteroffiziere und Offiziere, war bis zum Ende des<br />

Zweiten Weltkrieges überwiegend die jeweilige Truppe<br />

verantwortlich. Erst im Zuge des Krieges entwickelten<br />

sich Zentralisierungstendenzen. Die Bundeswehr brach<br />

völlig mit dieser Tradition, indem von nun an das Bundesverteidigungsministerium<br />

zentral für die Werbung des<br />

Nachwuchses verantwortlich zeichnete. Mangels fachlicher<br />

Kontinuitäten und somit mangels qualifizierten Personals<br />

und Fachwissens, griff man auf die Kompetenz und<br />

Beratungsleistung ziviler Werbeagenturen zurück. Woher<br />

aber kamen nun die Bildinhalte, deren Grundzüge sich bis<br />

1990 kaum änderten? Die Niederlage in zwei Weltkriegen,<br />

der totale Zusammenbruch und auch das wachsende<br />

Bewusstsein für die verbrecherische Kriegführung hatten<br />

alles Soldatische aus dem Alltag der Deutschen verbannt.<br />

Dies wurde durch die alliierte Besatzungsherrschaft und<br />

ihre Demilitarisierungspolitik in vielen Lebensbereichen<br />

verstärkt. Die Mehrheit lehnte aus unterschiedlichsten<br />

Gründen die Aufstellung der Bundeswehr ab, für die Politik<br />

hingegen war sie ein Mittel zum Schutz gegen die<br />

sowjetische Aggression und zum anderen ein Mittel zur<br />

Erreichung von mehr Souveränität und Mitsprache im<br />

westlichen Bündnis. Die Nachwuchswerbung hatte all dies<br />

zu berücksichtigen. Ihrem Bemühen um die Gunst der<br />

Zielgruppe stand das schlechte Image der Streitkräfte und<br />

seit Ende der 1950er-Jahre eine prosperierende Wirtschaft<br />

entgegen, die attraktive Alternativen zum Soldatenberuf<br />

bereithielt. Die anfänglich guten Bewerberzahlen waren<br />

in den frühen 1960er-Jahern rückläufig und führten bereits<br />

ab 1965 zu besorgniserregenden Personallücken. Die<br />

Präsentation eines neuen Soldatenbildes und die bildliche<br />

Abkehr von der Wehrmacht reichten da ebenso wenig aus<br />

wie die im Vergleich zur Wirtschaft geringen materiellen<br />

resp. wirtschaftlichen Anreize. Erst eine grundlegende Reform<br />

in der Aus- und Weiterbildung der länger dienenden<br />

16. Für die folgenden Überlegungen vgl. Thorsten Loch, Soldatenbilder im Wandel. Die Nachwuchswerbung der Bundeswehr in Werbeanzeigen, in: Visual History. Ein Studienbuch, hrsg. von Gerhard Paul, Göttingen 2006, S. 279 f. sowie<br />

Loch, Frontkämpfer, S. 104-106.

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