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Die Luftwaffe der Bundeswehr im Zeitalter der Blockkonfrontation<br />

Text: Dr. Heiner Möllers<br />

Die Luftwaffe erlebt, wie die gesamte Bundeswehr, seit<br />

1990 nahezu permanent Veränderungen, die als Reform,<br />

Transformation oder Neuausrichtung bezeichnet werden<br />

und umfassende Veränderungen implizieren. Als ihr Einsatzgebiet<br />

könnte heute nahezu die ganze Welt betrachtet<br />

werden, auch wenn es derzeit nur wenige Regionen auf<br />

dem Globus sind. Im Gegensatz dazu war die Luftwaffe<br />

vor 1990 auf ein Einsatzgebiet zwischen Kattegat und<br />

Alpen fixiert. Ihre Aufgaben waren eingebunden in eine<br />

Weltordnung, die durch den Ost-West-Konflikt zwischen<br />

NATO und Warschauer Pakt bestimmt war. Wesentliches<br />

Merkmal dieser Zeit war eine auf Abschreckung abgestützte<br />

und durch Atomwaffen abgesicherte Weltordnung, die<br />

einen Krieg letztendlich verhinderte. Die Luftwaffe der<br />

Bundeswehr war zu dieser Zeit infolge der nuklearen Teilhabe<br />

der Bundesrepublik Deutschland in der NATO von<br />

der Existenz der Nuklearwaffen in vielfältiger Weise besonders<br />

betroffen. „Die Bombe“ prägte viele Soldaten und<br />

Verbände der Luftwaffe im täglichen Dienst nachhaltig.<br />

Das Weißbuch 1985 vermerkt: „Die Luftwaffe stellt in<br />

Mitteleuropa 50 Prozent der Flugabwehrraketensysteme,<br />

30 Prozent der präsenten Kampfflugzeuge, 35 Prozent<br />

der Flugkörperwaffensysteme und 80 Prozent des Führungssystems<br />

der NATO-Luftverteidigung.“ 1 Damit war<br />

die Luftwaffe der Bundeswehr neben der US Air Force<br />

Europe (USAFE) in der Zeit, die man gemeinhin als Kalten<br />

Krieg bezeichnet, in Mitteleuropa ein wichtiger Faktor<br />

der atlantischen Sicherheitsarchitektur. Nimmt man diese<br />

Zahlen als Grundlage, wird ebenso deutlich, dass die Luftwaffe<br />

für die NATO in Mitteleuropa unverzichtbar war.<br />

Ihr gehörten dazu Mitte der 1980er Jahre rund 106.000<br />

Soldaten an, wovon 35.000 Wehrpflichtige waren – mithin<br />

ein erheblicher Teil der Bundeswehr.<br />

Um die Luftwaffe als Organisation zu verstehen, kann<br />

man sie in ihrem Werden beschreiben, ihre Organisationsgeschichte<br />

nachzeichnen 2 oder herausragende Ereignisse,<br />

wie zum Beispiel die Starfighter-Krise 3 , darstellen. Dieser<br />

10<br />

Heiner Möllers<br />

Beitrag soll die Luftwaffe anhand eines charakteristischen<br />

Aspektes beschreiben, der bislang noch immer eher durch<br />

Annahmen und Vermutungen als durch Quellen und Belege<br />

bestimmt ist 4 .<br />

Die Luftwaffe war ausgehend von den ersten Planungen<br />

im Kloster Himmerod 1950 und den anschließenden<br />

Planungen zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft<br />

(EVG) als strukturell defensiv ausgerichtete Streitmacht<br />

zur Flugabwehr in Mitteleuropa vorgesehen. Dazu sollte<br />

sie über rund 1300 Kampfflugzeuge und eine starke Flugabwehr<br />

verfügen. Als Alliierter sollte die Bundesrepublik<br />

das Vorfeld für die westlichen Nachbarn darstellen. Davon<br />

ausgehend sahen die operativen Planungen in den frühen<br />

1950er Jahre eine Verteidigung am Rhein vor.<br />

Dies war aus Sicht der politischen und militärischen Verantwortlichen<br />

in der Bundesrepublik Deutschland nicht<br />

tragbar. Aus ihrer Sicht müsste, und dies hat sich letztlich<br />

durchgesetzt, eine Verteidigung Westeuropas bereits am<br />

„Eisernen Vorhang“ und damit nah an der innerdeutschen<br />

Grenze beginnen. Die dazu grundlegenden Begriffe wie<br />

„Vorwärtsverteidigung“ oder später dann „Vorneverteidigung“<br />

implizieren, dass es nicht nur militärische Kampf-<br />

1. Weißbuch 1985. Zur Lage und Entwicklung der Bundeswehr, Bonn 1985, Nr. 443.<br />

2. Dazu: Heinz Rebhan, Aufbau und Organisation der Luftwaffe 1955 bis 1971. In: Bernd Lemke, Dieter Krüger, Heinz Rebhan, Wolfgang Schmidt, Die Luftwaffe 1950 bis 1970. Aufbau, Konzeption, Integration, München 2006 (= Sicherheitspolitik<br />

und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland, 2). Im Überblick zur Organisation der Luftwaffe vgl. die Chronik bei www.geschichte.luftwaffe.de.<br />

3. Siehe die Starfighter-Beiträge in: Eberhard Birk, Heiner Möllers, Wolfgang Schmidt (Hg.), Die Luftwaffe zwischen Politik und Technik, Berlin 2012 (= Schriften zur Geschichte der Deutschen Luftwaffe, 2).<br />

4. Diejenigen Akten in der Überlieferung der Luftwaffengeschichte, die sich mit Fragen der Einbindung in die Nukleare Teilhabe befassen, werden auch auf lange Sicht als Verschlusssachen der breiten Öffentlichkeit wie auch der<br />

historischen Forschung nicht zugänglich sein.

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