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PILOTEN DER „BEMANNTEN RAKETE“. AUFTRAG UND ALLTAG MIT DER „HUNDERTVIER“.<br />
sofortigen Einsatz bereitgehalten, um so auch die Überlebenschancen<br />
zu erhöhen. Dieses System wurde mit der<br />
NATO-Strategie MC 14/2 („Massive Retaliation“) eingeführt.<br />
Die ursprüngliche NATO-Forderung von vier<br />
QRA-Maschinen pro Staffel konnte die Luftwaffe jedoch<br />
auf Grund ihrer personellen und logistischen Lage nicht<br />
erfüllen und so standen ab 1963 zwei QRA-Flugzeuge<br />
pro Staffel in einem speziell eingerichteten Bereich in der<br />
Nähe eines besonders gesicherten Atomwaffenlagers dauerhaft<br />
„aufgewärmt“ für den sofortigen Einsatz bereit. Der<br />
Start dieser Starfighter sollte spätestens 15 Minuten nach<br />
der Alarmierung erfolgen. 8<br />
Durch den Strategiewechsel der NATO von der Massiven<br />
Vergeltung zur im NATO-Dokument MC 14/3 vom<br />
16. Januar 1968 definierten Flexiblen Reaktion („Flexible<br />
Response“) kam es zu einer Flexibilisierung innerhalb des<br />
Bündnisses mit dem Ziel einer Anpassung an die jeweils<br />
erwartete Angriffsintensität des Warschauer Pakts. 9 Bereits<br />
ab 1965 wurden statt der ursprünglich vorgesehenen 10<br />
Staffeln von fünf Geschwadern nur sieben in den Jagdbombergeschwadern<br />
31, 33, 34 und 36 – hier nur eine<br />
Staffel – für Nuklearwaffeneinsätze vorbereitet. Später,<br />
ab Anfang der 1970-er Jahre, übernahmen die STRIKE-<br />
Staffeln auch konventionelle Aufgaben (Dual-Role). Die<br />
Jagdbombergeschwader 32 in Lechfeld und 26 in Rheine<br />
waren hingegen rein konventionell ausgerüstet und erhielten<br />
zusätzlich zu den bisherigen, reinen Jagdbomberaufgaben<br />
auch noch die Gefechtsfeldjagd als Zweitrolle. Ab<br />
Mitte 1967 waren sechs der Dual-Role-Staffeln assigniert<br />
und nur ein Jahr später folgte die letzte der sieben Staffeln.<br />
10<br />
Bei den für den nuklearen Einsatz vorgesehenen Hundertvier<br />
entfiel zur Erhöhung der Reichweite die Bordkanone,<br />
wodurch ein weitere Zusatztank eingebaut werden konnte.<br />
Im konventionellen Einsatz war die Bordkanone Teil der<br />
Standardbewaffnung; dies bedeutete, dass in den Dual-<br />
Role-Einheiten der Wechsel der Einsatzrolle (nuklear zu<br />
konventionell oder umgekehrt) nur mit großem Aufwand<br />
erfolgen konnte. 11 Trotz hoher zeitlicher und physischer<br />
Belastungen konnte sich die überwiegende Mehrzahl der<br />
Piloten mit den Vorgaben des Dienstherrn arrangieren:<br />
„[...] Damals hatten wir ein Strike Assignment; Vier Flugzeuge<br />
aufgerüstet mit der Bombe, in 15 Minuten Bereitschaft<br />
und neben dem Flugdienst war es dann so, dass wir QRA<br />
(be-)setzen mussten. Und es war immer so eingeteilt in Wochendienst,<br />
so dass man im einen Rhythmus Sonntag reinging,<br />
und so weiter. Montag frei, Dienstag rein und so weiter<br />
und das im Wechsel, so dass man einmal ein normales Wochenende<br />
hatte und das zweite Mal ein langes Wochenende.<br />
[...] Wenn man 27 Flugzeugführer (in der Staffel) hat und<br />
dann Chef und Einsatzoffizier abzieht, dann Kur und Urlaub,<br />
dann kann man sich vorstellen, wie oft man dran kam.<br />
[...] Es war ein durchaus akzeptierter Dienst, weil wir dann<br />
für die Familie auch den freien Tag dazubekamen. Und QRA<br />
war in dem Sinne, ja es war ein Bereitschaftsdienst, es war<br />
nicht, es war keine Bedrohung da, wo wir befürchtet hätten,<br />
wir müssten mal in Krieg ziehen.[...]“ 12<br />
Zusätzlich zur Alarmbereitschaft absolvierten die Piloten<br />
den normalen Tagesdienst. Dabei übernahmen die Piloten,<br />
je nach Staffel, im wöchentlichen Wechsel entweder<br />
die Früh- oder die Spätschicht. Während dieser hatte man<br />
jeweils zwei bis drei Flüge zu absolvieren. 13<br />
Auftrag und Alltag in den Jagdgeschwadern<br />
„[...] Von der Flugfähigkeit, wir als Jäger (waren)<br />
im Luftkampf tätig, hat man dann schon die Grenzen des<br />
Flugzeugs gemerkt. Da oben, wenn es in den Kurvenkampf<br />
gegangen ist, (konnte man) den Vogel dann nicht so rumreißen<br />
konnte, wie andere Maschinen, auf Grund der Aerodynamik.[...]<br />
“ 14<br />
Im JG 71 „Richthofen“ in Wittmund und im JG 74 in<br />
Neuburg an der Donau wurden die Starfighter vornehmlich<br />
als Jäger eingesetzt. Für die Jagdeinsätze standen dabei<br />
als Bewaffnung die infrarotgelenkte Luft-/Luftrakete<br />
AIM-9B Sidewinder und die M.61-20mm-Gatling-Bordkanone<br />
zur Verfügung. Radargelenkte Raketen, die vor<br />
8. Vgl. Lemke, Konzeption und Aufbau der Luftwaffe, S. 223 und Rebhan, Heinz: Aufbau und Organisation der Luftwaffe 1955 bis 1971. In: Lemke / Krüger / Rebhan / Schmidt, Die Luftwaffe 1950 bis 1970, S. 557-647, hier: S. 579 und S. 639.<br />
9. Vgl. Lemke, Konzeption und Aufbau der Luftwaffe, S. 224 und Schlieper, Wechselwirkung Taktik-Technik-Mensch, S. 566 sowie North Atlantic Military Committee: Final Decision on MC 14/3: http://www.nato.int/docu/stratdoc/eng/a680116a.<br />
pdf (01. Oktober 2012).<br />
10. Vgl. Lemke, Konzeption und Aufbau der Luftwaffe, S. 228-229.<br />
11. Vgl. Lemke, Konzeption und Aufbau der Luftwaffe, S. 230-231.<br />
12. Interview mit Fischer, Edgar.<br />
13. Vgl. Interview mit Fischer, Edgar.<br />
14. Interview mit Kohler, Wilfried.