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ALS DIE „HEITEREN SPIELE“ ZU ENDE GINGEN. DAS OLyMPIA-ATTENTAT VOM 5. / 6. SEPTEMBER 1972.<br />
terroristischen Gewaltaktionen am Austragungsort“ die<br />
Rede war.<br />
Sieber hielt seinen Lage-Vortrag mit den diversen Szenarien<br />
im Februar 1972. Eingehend auf das Szenario Nr. 21,<br />
wurde er nach wenigen Minuten vom Münchner Polizeipräsidenten<br />
Schreiber mit den Worten unterbrochen:<br />
„Herr Kamerad, das steht jetzt hier nicht auf der Agenda.<br />
Das brauchen wir nicht.“<br />
Die Frage nach dem „Warum und weshalb dem so sei“,<br />
ließ Schreiber offen. Stimmig mit seinem Statement war<br />
die Antwort, die der Präsident des NOK der Bundesrepublik<br />
Deutschland, Willi Daume, dann während einer<br />
Besprechung zur Sicherheitslage ein paar Wochen später,<br />
im Mai 1972, gab. Der Sicherheitschef des Olympischen<br />
Dorfes, Ernst-Thomas Strecker (übrigens Offizier der<br />
Bundeswehr!), wies auf die defizitäre Absicherung des<br />
Olympischen Dorfes hin: eher laxe Zugangskontrollen,<br />
ein nur zwei Meter hoher Zaun zum Olympiadorf und<br />
keine Wachen in den Unterkunftsbereichen und somit<br />
auch nicht im israelischen Quartier. Brüsk wurde Strecker<br />
durch Daume zurechtgewiesen: „Herr Strecker, wir sind<br />
hier nicht im KZ.“<br />
Der Tag der Geiselnahme: 05.09.1972<br />
Am Morgen des 5. September stiegen acht Terroristen<br />
der palästinensischen Terrororganisation „Schwarzer September“<br />
– der Name erinnerte an die Vertreibung der Palästinenser<br />
aus Jordanien im Vorjahr – gegen 4.10 Uhr<br />
über den unbewachten Zaun zum Olympischen Dorf und<br />
drangen ins ebenerdig gelegene Quartier der israelischen<br />
Mannschaft, Connolly-Straße 31, ein. Zunächst irrten sie<br />
sich in der Tür: sie verwechselten die Olympiateilnehmer<br />
aus Hongkong mit denen aus Israel.<br />
Der Irrtum währte nur kurz: Sie nahmen unter Anwendung<br />
brutaler Gewalt elf Olympioniken als Geiseln. Moshe<br />
Weinberg, der Ringertrainer der israelischen Olympiamannschaft,<br />
seit kurzem Vater, wurde angeschossen. Die<br />
Terroristen zwangen Weinberg, ihnen die anderen Quartiere<br />
der Israelis in den angrenzenden Wohneinheiten zu<br />
zeigen. Weinberg versuchte zu fliehen und wurde um 4.52<br />
Uhr erschossen. Kurz darauf starb ein weiterer israelischer<br />
Sportler, der angeschossene und schwer verletzte Gewichtheber<br />
Josef Romano. Er verblutete vor den Augen seiner<br />
Kameraden, die von den Terroristen mittlerweile in Weinbergs<br />
Apartment verbracht worden waren.<br />
Was nun folgte, war gemein, absurd, bitter-real und beschämend<br />
zugleich. Kein Zweifel: der Olympische Friede<br />
war ganz brutal gebrochen und das Gastrecht der die<br />
Olympischen Spiele austragenden Nation war auf das<br />
Schändlichste missbraucht worden. Doch die Wettkämpfe<br />
am 5. September gingen ununterbrochen weiter bis 15.38<br />
Uhr. Ob die Spiele danach gänzlich hätten abgebrochen<br />
werden müssen, ist bis heute umstritten.<br />
Bei der Trauerfeier im Olympiastadion tags darauf sollte<br />
ursprünglich nur der zwei ermordeten Sportler gedacht<br />
werden. Es wurden dann weit mehr zu Betrauernde. Trotzig<br />
wurde hier seitens des Internationalen Olympischen<br />
Komitees durch den IOC-Präsidenten Avery Brundage<br />
dem Terrorismus die Parole „The Games must go on!“ entgegengehalten.<br />
Dies war nicht die Haltung der Bundesregierung!<br />
Das hilflose Verhalten der Polizeikräfte in den dramatischen<br />
Stunden – bisher hatten sie es in München nur<br />
mit Bankräubern zu tun gehabt! – wurde öffentlich vor<br />
Ort durch zahlreiche Gaffer und überdies „live“ auf den<br />
Kanälen der Welt wahrgenommen. Die Terroristen wussten<br />
über das Geschehen via TV also nur zu gut Bescheid.<br />
Doch das ganze war kein „Reality-TV“. Es war Wirklichkeit,<br />
auf welche die gastgebende Nation mental überhaupt<br />
nicht vorbereitet war. Es wurde also improvisiert – und:<br />
wie hätte es denn auch anders sein sollen…<br />
Ausdrücklich sei festgehalten, dass am späten Vormittag<br />
(11.09 Uhr) im Auftrag des Vizepräsidenten der Münchener<br />
Polizei, Georg Wolf, mehrere Polizisten die wichtigsten<br />
Fernsehsender ersucht hatten, keine Live-Aufnahmen<br />
vom olympischen Dorf zu zeigen. Hier stellt sich die Frage,<br />
ob dies „ebenengerecht“ geschah…