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Scientia Halensis 2 (2007) - Martin-Luther-Universität Halle ...

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32<br />

(FACH-)LITERATURFABRIK UNIVERSITÄT<br />

SCIENTIA HALENSIS 2/07<br />

(Fach-)Literaturfabrik <strong>Universität</strong><br />

Lese-Empfehlungen querbeet<br />

C ARSTEN HECKMANN, THOMAS JÄHNIG, PAOLO SCHUBERT UND MARGARETE WEIN<br />

Wiederum kann nur ein Teil dessen vorgestellt werden, was in letzter Zeit an Druckprodukten<br />

von <strong>Universität</strong>sangehörigen auf den Buchmarkt gebracht worden ist. Wenn die eine oder andere<br />

Präsentation zum Kauf – und vor allem zur Lektüre – animiert, ist der vorgesetzte Sinn dieser<br />

Seiten erfüllt. Allerdings muss man gar nicht immer Geld ausgeben, wenn man etwas Neues lesen<br />

will: Auch die Aktion »Bring ein Buch, nimm ein Buch« der Franckeschen Stiftungen zum<br />

Themenjahr <strong>2007</strong> »mitteilenswert. Ein Jahr der Kommunikation« (siehe unten) hat inzwischen<br />

schon mehr als 500 Liebhaber(innen) gefunden, von denen gewiss nicht wenige aus studentischen<br />

Kreisen kommen ...<br />

Die Vorstellung periodischer Schriften in Fakultäten und Instituten wird diesmal unterbrochen<br />

und in der Oktoberausgabe <strong>2007</strong> weitergeführt.<br />

V OM »SAALWEIN« BERG ZUM HIGHTECH-CAMPUS<br />

Teil 1 einer kurzweiligen, mit viel Liebe zum<br />

Detail zusammengetragenen Lokalhistorie von<br />

Dr. Walter Müller (<strong>Universität</strong>s- und Landesbibliothek<br />

Sachsen-Anhalt) ist seit Ende Mai<br />

im Uni-Shop am halleschen Markt zu haben<br />

und bietet allen, die sich für die Geschichte der<br />

Stadt <strong>Halle</strong> und ihrer <strong>Universität</strong> interessieren,<br />

lohnende Lektüre.<br />

»weinberg campus zwischen gestern und heute«<br />

heißt das handliche Bändchen, das reich<br />

illustriert die über viele Jahrhunderte wechselvollen<br />

Geschicke jenes Areals zwischen<br />

der halleschen »Heide« und der Wilden Saale<br />

für eine wissbegierige Leserschaft wahlweise<br />

deutsch und englisch präsentiert.<br />

Am Anfang war der »Saalwein«, seit dem 13.<br />

Jahrhundert angebaut und laut Dreyhaupts<br />

berühmter Stadtchronik von 1749/50 »... sehr<br />

stark, ja sehr feurig, als ein alter Rheinwein<br />

immer sein kann ...« – wenn man »den kalkigen<br />

Erdgeschmack« ignoriert. Später spielte<br />

der Aufklärer, Professor, Schankwirt, Häftling<br />

und Philosoph Carl Friedrich Bahrdt eine<br />

teils zwielichtige Rolle. 1813 kam Teilen des<br />

ausgedehnten Weinberggeländes eine strategische<br />

Bedeutung im Abwehrkampf gegen die<br />

Napoleonischen Truppen zu. Auch der Bau<br />

einer »Heil- und Irrenanstalt«, die Anlage von<br />

Maulbeerbaumplantagen und einer prächtigen<br />

Platanenallee, eine Rennstrecke, ein Gestüt,<br />

Bürgervillen und Kasernen präg(t)en im Lauf<br />

der Zeit das Gesicht dieses nordwestlich der<br />

Altstadt gelegenen Bezirks.<br />

Die universitäre Historie des Weinberg(weg)s<br />

begann in den Jahren 1952–55 mit dem Bau<br />

des neue Chemischen Instituts. Es folgten bis<br />

1974 das Institut für Festkörperphysik und<br />

Elektronenmikroskopie der Akademie der<br />

Wissenschaften der DDR, das Pharmazeutische<br />

Institut, vier Studentenwohnheime und<br />

ein Mensa-Komplex, schließlich 1986 (als<br />

letztes Projekt der Vorwendezeit) das Biotechnikum.<br />

Ein kurzer Überblick zur Entwicklung seit<br />

1989 – TGZ I, II und III u.v.a.m. – beschließt<br />

das Buch und weckt Neugier auf Teil 2.<br />

❚ Walter Müller: weinberg campus. zwischen gestern<br />

und heute. Teil 1, DVZ-Verlags-GmbH <strong>Halle</strong> <strong>2007</strong>, 38<br />

Seiten, zweisprachig (englisch & deutsch), Wegweiser<br />

& Lageplan, 20 große Farbfotos, 60 kleine Schwarz-<br />

Weiß-Fotos, 14,00 Euro, ISBN 978-3-9807801-9-3<br />

UNGLEICHHEIT FÖRDERT GEWALT<br />

Zu den Forschungsfeldern der halleschen Soziologen<br />

gehört die Gewaltkriminalität.<br />

Nicht zuletzt ein tiefgreifender ökonomischer<br />

und sozialer Strukturwandel rückte dieses Phänomen<br />

in der zweiten Hälfte des 20. Jh. immer<br />

stärker in den Blick. Das Professor Helmut<br />

Thome und Christoph Birkel veröffentlichten<br />

in ihrem neuen Buch »Sozialer Wandel und<br />

Gewaltkriminalität. Deutschland, England<br />

und Schweden im Vergleich, 1950–2000«<br />

die Ergebnisse eines Projekts, das als Teil des<br />

Forschungsverbunds »Gesellschaftliche Desintegrationsprozesse<br />

– Stärkung von Integrationspotenzialen<br />

moderner Gesellschaften«<br />

vom BMBF gefördert wurde.<br />

Die Analysen von Kriminalstatistiken zeigen<br />

u. a., dass die Häufi gkeit von Raubdelikten,<br />

bezogen auf die Einwohnerzahl, in den letzten<br />

Jahrzehnten drastisch zugenommen hat, am<br />

stärksten in England, aber in Schweden (um<br />

das 21-fache) und (West-)Deutschland (Verdreizehnfachung)<br />

gab es Anstiege.<br />

»Die im Buch enthaltene Darstellung der langfristigen<br />

Entwicklung von Gewaltdelikten ist<br />

unverzichtbar für die Einschätzung aktueller<br />

Befunde zur Häufi gkeit von Gewaltkriminalität«,<br />

sagt Professor Helmut Thome und<br />

konstatiert: »Der ökonomische und soziale<br />

Strukturwandel hat zum Anstieg der Gewaltkriminalität<br />

wesentlich beigetragen« ...<br />

Ökonomischer Erfolg zählte mehr und mehr,<br />

die soziale Ungleichheit wurde größer, gemeinschaftsbildende<br />

Milieus lösten sich auf<br />

und alte Wertorientierungen wurden in Frage<br />

gestellt.« Im Zeitalter der Globalisierung sei<br />

zu befürchten, dass sich die gewaltfördernden<br />

gesellschaftlichen Entwicklungstendenzen<br />

fortsetzen. »Das gilt insbesondere für die<br />

Verschärfung der Wettbewerbssituation und<br />

die Zunahme der Ungleichheit, die viele Menschen<br />

nicht nur in Armut abgleiten lässt, sondern<br />

auch ins gesellschaftliche Abseits stellt.«<br />

»Das von uns entwickelte Erklärungsschema<br />

ist beim Verständnis nicht nur des Anstiegs<br />

der Gewaltkriminalität in der Vergangenheit,<br />

sondern auch von aktuellen Entwicklungen in<br />

den Bereichen Arbeitsmarkt, Sozialpolitik und<br />

Wirtschaft hilfreich und erlaubt es, ihre gesellschaftlichen<br />

Folgen einzuschätzen«, erläutert<br />

Christoph Birkel. So sei die aktuell diskutierte<br />

Verbesserung der öffentlichen Kinderbetreuung<br />

als eine Stärkung des »kooperativen Individualismus«<br />

zu interpretieren und als solche<br />

für den sozialen Zusammenhalt förderlich.<br />

»Weitere Verschärfungen der Zumutbarkeitsregelungen<br />

und Kontrollen für Empfänger<br />

von Arbeitslosengeld II würden hingegen<br />

die gesellschaftliche Entwicklungstendenz in<br />

Richtung eines ‚desintegrativen Individualismus’<br />

beschleunigen und wären mit hohen<br />

Nebenkosten in Form von unmittelbaren Kontrollkosten,<br />

aber zum Beispiel auch einer Verringerung<br />

des sozialen Kapitals verbunden.«<br />

Die Autoren sind sich einig: Um die Bereitschaft<br />

zur Gewaltkriminalität zu senken, müssten<br />

Solidarstrukturen neu aufgebaut werden.

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