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innen und Eröffnung der Eschborner Fachtage 2000 - Gtz

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

I. DOKUMENTATION DER PLENUMSVERANSTALTUNG<br />

Begrüßung <strong>der</strong> Teilnehmer/-<strong>innen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Eröffnung</strong> <strong>der</strong> <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong><br />

Dr. Bernd Eisenblätter<br />

Geschäftsführer <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für<br />

Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH<br />

Dear Mrs. López, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Nuscheler, sehr geehrter Herr<br />

Dr. Nunnenkamp, liebe Kolleg<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Kollegen befre<strong>und</strong>eter Institutionen <strong>und</strong> Organisationen,<br />

liebe Gäste, liebe Mitarbeiter<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Mitarbeiter aus dem In- <strong>und</strong> Ausland, sehr geehrte<br />

Damen <strong>und</strong> Herren: Ich begrüße Sie ganz herzlich zu unseren <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong>n<br />

im Jahr <strong>2000</strong>. Wie Sie wissen, ist es schon unsere dritte Fachkonferenz. Und bei immer<br />

weiter steigenden Anmeldungszahlen – dieses Mal waren es fast 700 – schon eine weitreichend<br />

geschätzte Institution. Darüber freuen wir uns außerordentlich.<br />

Bei den ersten <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong>n 1998 haben wir uns mit <strong>der</strong> Umsetzung des Leitbildes<br />

<strong>der</strong> „Nachhaltigen Entwicklung“ auseinan<strong>der</strong>gesetzt. Wir haben auf <strong>der</strong> Basis unserer Praxiserfahrungen,<br />

gemeinsam mit unseren Gästen aus dem Wissenschaftsbereich herausgearbeitet,<br />

dass wirtschaftliche, soziale <strong>und</strong> ökologische Ziele, komplementär <strong>und</strong> wechselseitig<br />

abhängige Dimensionen einer Gesamtentwicklung darstellen. 1999 richteten wir den Fokus<br />

auf den „Entwicklungsfaktor Solidarität“. Wir diskutierten innovative Solidarsysteme, soziale<br />

Sicherung, Interessensausgleich <strong>und</strong> Solidarität auf lokaler, nationaler <strong>und</strong> globaler<br />

Ebene. Auch dies taten wir in einer übergreifenden Denk- <strong>und</strong> Herangehensweise.<br />

Im Millenniumsjahr nun ist unser Tagungsthema nicht weniger ambitioniert. Es lautet: Menschen,<br />

Organisationen <strong>und</strong> Rahmenbedingungen - Technische Zusammenarbeit für eine<br />

globalisierte Welt. Warum haben wir dieses Thema gewählt? Immerhin ein Thema, das nicht<br />

leicht zu fassen ist <strong>und</strong> durchaus ausufern kann? Worum geht es uns dabei?<br />

Es geht um unsere Beiträge zur Entwicklung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Menschen <strong>und</strong> Organisationen,<br />

sowie um den Auf- <strong>und</strong> Ausbau <strong>der</strong> dafür erfor<strong>der</strong>lichen politischinstitutionellen<br />

Rahmenbedingungen. International wird diese Aufgabe meist als „Institutional<br />

and Capacity Development“ bezeichnet. Ein Thema, das weltweit an Bedeutung gewinnt,<br />

aber für unser Unternehmen in keine Weise neu ist. Denn es geht dabei um unser Kerngeschäft.<br />

Seit ihrer Gründung vor 25 Jahren unterstützt <strong>und</strong> för<strong>der</strong>t die GTZ die Leistungsfähigkeit von<br />

Menschen <strong>und</strong> Organisationen. Zunächst in den klassischen Entwicklungslän<strong>der</strong>n, seit den<br />

90er Jahren immer stärker auch in den Transformationslän<strong>der</strong>n. In den frühen Jahren deutscher<br />

TZ lag <strong>der</strong> Schwerpunkt unserer Arbeit auf <strong>der</strong> klassischen Trägerför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> wir<br />

verfolgten – zugegebenermaßen – überwiegend organisationsbezogene, technokratische<br />

Ansätze. Die Früchte unserer Arbeit waren häufig eher ernüchternd. Nachhaltigkeit <strong>und</strong><br />

Breitenwirksamkeit konnten selten sichergestellt werden. Die über die Jahre hinweg gesammelten<br />

Erfahrungen zeigten immer klarer auf, dass mit zunehmen<strong>der</strong> Verflechtung <strong>der</strong> wirtschaftlichen,<br />

politischen <strong>und</strong> kulturellen Beziehungen - in den Partnerlän<strong>der</strong>n, aber auch<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

weltweit - eine breitenwirksame <strong>und</strong> nachhaltige Entwicklung nur dann erreicht werden kann,<br />

wenn sich die Interventionen in einem entwicklungsför<strong>der</strong>lichen Rahmen abspielen. Dass<br />

dies in unseren Partnerlän<strong>der</strong>n meist nicht <strong>der</strong> Fall ist, wird vielen von uns tagtäglich vor Augen<br />

geführt.<br />

Immer mehr reifte die Erkenntnis, dass sich Entwicklungszusammenarbeit verstärkt auch um<br />

die Gestaltung des nationalen <strong>und</strong> internationalen politisch-institutionellen Umfeldes bemühen<br />

muss, will sie die Wirkungen ihrer Interventionen auf <strong>der</strong> organisatorischen <strong>und</strong> menschlichen<br />

Ebene intensivieren. Die Inhalte von Capacity Development haben sich also erweitert.<br />

Dies hat auch die international beachtete Assessing Aid-Studie <strong>der</strong> Weltbank erkannt.<br />

Heute befindet sich die internationale EZ <strong>und</strong> damit auch die TZ in einem Prozess gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong><br />

Umorientierung. Neue Themen, wie eine „politischere“ TZ, Demokratieför<strong>der</strong>ung,<br />

„Good Governance“, Politikkohärenz, Programmansätze, Geberkoordination <strong>und</strong> stärkere<br />

Prozessorientierung beherrschen die aktuellen Debatten.<br />

Zu diesem konzeptionellen Umdenken, gehört auch die Suche nach neuen Wegen. Einige<br />

Protagonisten sprechen von einem neuen „Geist“ in <strong>der</strong> entwicklungspolitischen Auseinan<strong>der</strong>setzung.<br />

Sie konstatieren heute einen ernsthafteren Willen zu einer kohärenten Politik<br />

<strong>und</strong> zu einer Reform <strong>der</strong> politischen <strong>und</strong> institutionellen Rahmenbedingungen in den Partnerlän<strong>der</strong>n<br />

<strong>und</strong> auf Seiten <strong>der</strong> Internationalen Organisationen. Als ebenso bedeutsam wird<br />

die Schaffung von mehr Transparenz, innerhalb <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>, zwischen Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

<strong>und</strong> Industrielän<strong>der</strong>n sowie unter den Gebern, gesehen.<br />

Fakt ist, dass sich bi- <strong>und</strong> multilaterale Institutionen sowie internationale Nicht-Regierungsorganisationen<br />

zunehmend ganzheitlichen <strong>und</strong> übergreifenden Ansätzen zuwenden. Sie for<strong>der</strong>n,<br />

dass Strategie- <strong>und</strong> Politikentwicklung auf mehr <strong>und</strong> breitere Füße gestellt wird. Staatliche,<br />

zivilgesellschaftliche <strong>und</strong> privatwirtschaftliche Akteure sind zur Mitgestaltung aufgerufen.<br />

Nach <strong>der</strong> UNCED-Konferenz 1992 folgten eine Reihe von internationalen Initiativen, die<br />

für Aufsehen gesorgt haben.<br />

Lassen Sie mich auf die drei wichtigsten eingehen:<br />

1996 hat das OECD Development Assistance Committee (DAC) ein visionäres, aber auch<br />

handlungsleitendes Strategiepapier für die internationale Zusammenarbeit verabschiedet:<br />

„Shaping the 21 st century“. Die aus <strong>der</strong> Agenda 21 abgeleitete Initiative zur Erarbeitung nationaler<br />

Nachhaltigkeitsstrategien wurde ins Leben gerufen.<br />

Anfang 1999 legte <strong>der</strong> Präsident <strong>der</strong> Weltbank, James Wolfensohn, einen ersten Entwurf des<br />

„Comprehensive Development Framework, CDF“, ein auf mehr Transparenz zielendes Analyse-<br />

<strong>und</strong> Managementinstrument, vor. Darin for<strong>der</strong>t er eine stärkere Konzentration auf die<br />

För<strong>der</strong>ung guter Regierungsführung <strong>und</strong> auf institutionelle Reformen sowie die Integration<br />

<strong>der</strong> zivilgesellschaftlichen Akteure. Er erkennt, wie notwendig es ist, neben den makroökonomischen<br />

Reformprozessen auch die sozialen, menschlichen <strong>und</strong> infrastrukturellen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Auge zu behalten.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Und schließlich verkündete <strong>der</strong> Internationale Währungsfonds <strong>und</strong> die Weltbank im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Entschuldungsinitiative im Herbst 1999 ihre neuen Ansätze zur Armutsbekämpfung. Mithin<br />

erging <strong>der</strong> Aufruf an die <strong>der</strong>zeit 40 zur HIPC-Entschuldungsinitiative zählenden Län<strong>der</strong>,<br />

Armutsmin<strong>der</strong>ungs-Strategie-Papiere („Poverty Reduction Strategy Papers, PRSP“) auf<br />

breiter Ebene zu entwickeln. Auch hier wird ausdrücklich die Integration <strong>der</strong> Zivilgesellschaft<br />

i. w. S. <strong>und</strong> die soziale Dimension <strong>der</strong> Initiative hervorgehoben.<br />

Dies sind sicherlich ermutigende strategische Initiativen für ein konzertiertes Vorgehen bei<br />

<strong>der</strong> Erarbeitung von nationalen Planungsprozessen. Alle drei Ansätze for<strong>der</strong>n die Umsetzung<br />

<strong>der</strong> Prinzipien wie Ownership des Strategieprozesses durch die Län<strong>der</strong>, breite Einbeziehung<br />

aller gesellschaftlichen Akteure, langfristige Visionen <strong>und</strong> Ganzheitlichkeit. Um diese Philosophie<br />

auch angemessen umzusetzen, wird Capacity Development als wesentlicher Hebel<br />

<strong>und</strong> Voraussetzung gesehen. Eine „Konvergenz des Denkens“ ist also eingeleitet. Bei dieser<br />

geballten internationalen Einsicht <strong>der</strong> Bretton-Woods-Institutionen in die Komplexität <strong>der</strong><br />

Wirkungszusammenhänge darf allerdings nicht verhehlt werden, dass es in den 90er Jahren<br />

schon fast zu einer Proliferation von Strategieansätzen gekommen ist. Denken wir z. B. an<br />

den National Environment Action Plan <strong>der</strong> Weltbank.<br />

Strategien gibt es weltweit - also viele. Doch was melden die „Mühen <strong>der</strong> Arbeitsebene“ zurück?<br />

Gibt es dort auch eine „Kohärenz des Handelns“? Was bewirken die neuen Strategien<br />

für die konkrete Arbeit vor Ort? Wie praxisnah ist <strong>der</strong> beherzte Slogan „put the partner into<br />

the driver’s seat“? Unsere Erfahrungen zeigen, dass viele Partner aufgr<strong>und</strong> ihrer unzureichenden<br />

finanziellen, personellen <strong>und</strong> institutionellen Kapazitäten schlichtweg überfor<strong>der</strong>t<br />

sind. Kontraproduktiv <strong>und</strong> riskant ist u. E. auch, dass sich die vielfältigen Strategieansätze in<br />

ihren Umsetzungsschritten nicht immer ergänzen. Was fehlt ist „die unsichtbare Hand“, die,<br />

nicht im Sinne von Adam Smiths Marktregulierungsphilosophie, all die wohlgemeinten Ansätze<br />

effektiv <strong>und</strong> effizient koordiniert. Was aus meiner Sicht ebenso fehlt, ist eine wirklichkeitsnahe<br />

Präzisierung des Begriffs <strong>der</strong> „Ownership“.<br />

Aus meiner Sicht geht es darum, dass alle Akteure ihre Verantwortung wahrnehmen müssen.<br />

Damit spreche ich nicht <strong>der</strong> kollektiven Unverantwortung das Wort. Nein, ich sage, je<strong>der</strong><br />

muss an seinem Platz Verantwortung <strong>und</strong> Ownership übernehmen. Und diese Verantwortungsübernahme<br />

beginnt bereits in den ersten Verhandlungen. Erst wenn sich eine<br />

Partnerorganisation <strong>und</strong> alle Beteiligten – nach einer gemeinsamen Planung <strong>und</strong> dem f<strong>und</strong>ierten<br />

Wissen über potentielle Schwächen – öffentlich entscheiden, das gemeinsame Vorhaben<br />

verantwortungsvoll durchzuführen, hat es eine Chance, wirkungsvoll zu sein. Es kann<br />

nicht angehen, Ownership von Partnern mit defizitären Umsetzungskapazitäten zu verlangen<br />

<strong>und</strong> zugleich die Unterstützung zu versagen. Es kann genauso wenig angehen, absolute<br />

Ownership von jenen Partnern zu verlangen, die nachweislich Schwierigkeiten in <strong>der</strong> Umsetzung<br />

von Good Governance <strong>und</strong> womöglich auch von Korruptionsbekämpfung haben.<br />

Doch auch hier keimt Hoffnung. Denn die multilateralen Institutionen, wie Währungsfonds<br />

<strong>und</strong> Weltbank, formulieren mittlerweile deutliches Interesse an den Praxiserfahrungen <strong>der</strong><br />

bilateralen Geber im Politikdialog, in <strong>der</strong> Prozessberatung <strong>und</strong> –mo<strong>der</strong>ation, sowie im Gestalten<br />

partizipativer Ansätze. Die Zusammenarbeit wird aktiv gesucht. Komparative Vorteile<br />

erkennen sie auf Seiten <strong>der</strong> Bilateralen beim Institutional <strong>und</strong> Capacity Development. Aber<br />

genau dort gehen die Meinungen durchaus noch auseinan<strong>der</strong>. So kommt es für uns auch<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

darauf an, die komparativen Vorteile <strong>der</strong> deutschen TZ in Form <strong>der</strong> Direktleistung zu verdeutlichen.<br />

Denn die Verfasstheit des deutschen EZ-System <strong>und</strong> die TZ, wie sie die GTZ<br />

gestaltet, hat beson<strong>der</strong>e Vorteile. So bietet sie zweifelsohne weniger Angriffsflächen für Korruption<br />

<strong>und</strong> unterstützt die Artikulations- <strong>und</strong> Organisationsfähigkeit benachteiligter Gruppen<br />

stärker, als an<strong>der</strong>e Formen von Technical Assistance.<br />

Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die internationale Diskussion um Capacity Development,<br />

so erkennen wir eine „Race of definitions“. Vor 5 Jahren schon existierten weltweit<br />

mehr als 60 verschiedene Definitionen. Jede Organisation, die etwas auf sich hält, hat den<br />

Begriff für sich definiert.<br />

Dies gilt selbstverständlich auch für unser Haus. Im internationalen Vergleich genießen wir<br />

allerdings insofern eine beson<strong>der</strong>e Stellung, als die GTZ als Institution <strong>und</strong> die TZ als<br />

Instrument, Capacity Development als Alleinstellungsmerkmal ihrer Arbeit ausweist. Die För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>und</strong> Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Menschen <strong>und</strong> Organisationen <strong>und</strong> ihres<br />

politisch-institutionellen Umfeldes ist unsere Kernaufgabe <strong>und</strong> unsere Raison d’être.<br />

„Institutional and Capacity Development“ findet für die GTZ auf vielen Ebenen statt. Es ist für<br />

uns die wichtigste Querschnittsaufgabe <strong>und</strong> damit handlungsleitende Richtschnur für unser<br />

Handeln vor Ort <strong>und</strong> im eigenen Haus.<br />

In unseren Vorhaben vor Ort findet Capacity Development für eine nachhaltige Entwicklung<br />

heute im Idealfall auf <strong>der</strong> Mikro-, Meso- <strong>und</strong> Makroebene statt. Entwicklungspolitische Zielerreichung<br />

kann nur gelingen, wenn die gestiegene Leistungsfähigkeit von Menschen <strong>und</strong> Organisationen,<br />

auf ein gesellschaftliches <strong>und</strong> politisch-institutionelles Umfeld trifft, das diese<br />

Entwicklungspotentiale auch zur Entfaltung bringen lässt.<br />

Aus Sicht <strong>der</strong> Stärkung <strong>der</strong> EZ im Sinne einer globalen Strukturpolitik lässt sich dieses Umfeld<br />

unterglie<strong>der</strong>n in die nationale bzw. lokale, regionale <strong>und</strong> internationale Wirkungsebene.<br />

Demnach sieht TZ auf <strong>der</strong> globalen Ebene die Mitgestaltung <strong>der</strong> internationalen Rahmenbedingungen<br />

<strong>und</strong> Abkommen <strong>und</strong> die Schaffung von Mechanismen für <strong>der</strong>en Umsetzung vor.<br />

Auf <strong>der</strong> regionalen Ebene unterstützt TZ die regionale Integration <strong>und</strong> Zusammenarbeit zwischen<br />

Entwicklungs- <strong>und</strong> Industrielän<strong>der</strong>n. Die Verbesserung <strong>der</strong> politischen Rahmenbedingungen<br />

in den Entwicklungs- <strong>und</strong> Industrielän<strong>der</strong>n, inklusive <strong>der</strong> Schaffung von schlagkräftigen<br />

Kapazitäten für die Umsetzung, Steuerung <strong>und</strong> Einhaltung internationaler Abkommen<br />

<strong>und</strong> Regime findet auf <strong>der</strong> nationalen <strong>und</strong> lokalen Interventionsebene statt.<br />

Um meine Einführungsrede nicht gar zu theoretisch <strong>und</strong> abgehoben werden zu lassen, will<br />

ich Ihnen, meine verehrten Gäste, gerne ein Beispiel aus unserer Praxis näher bringen. Es<br />

handelt sich um das SWAM Projekt zur Wasserver- <strong>und</strong> entsorgung im Ovamboland im Norden<br />

Namibias, 50 km südlich von Angola.<br />

Seit 1992 unterstützt die GTZ den Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> im Unabhängigkeitskrieg zerstörten<br />

kommunalen Wassersysteme. Was zunächst wie ein klassisches TZ Sektorprojekt begann,<br />

entwickelte sich im Laufe von drei Projektphasen (9 Jahren) zu einem Promotor für den gesamten<br />

kommunalen Reformprozess des Landes.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Die Zusammenarbeit mit den lokalen Politikern <strong>und</strong> dem Verwaltungspersonal wie auch die<br />

Organisationsberatung zum Aufbau von Stadtverwaltungen haben dazu geführt, dass den<br />

Bürgern heute die notwendigen Dienstleistungen bereitgestellt werden können <strong>und</strong> die alten<br />

Apartheidschranken überw<strong>und</strong>en wurden. Zeitgleich konnte an <strong>der</strong> Entwicklung einer nationalen<br />

Dezentralisierungs-Policy, die die Autonomie <strong>der</strong> Städte garantiert, mitgewirkt werden.<br />

Last but not least wurde eine Restrukturierung des Ministeriums erfolgreich in die Wege geleitet.<br />

All dies sind Ergebnisse <strong>und</strong> Wirkungen unserer TZ-Interventionen, die sich sukzessive<br />

entwickelten <strong>und</strong> logisch ineinan<strong>der</strong> greifen. Sie konnten erreicht werden, weil die Partnerseite<br />

die Voraussetzung dafür schuf. Namibia hatte den notwendigen politischen Verän<strong>der</strong>ungswillen.<br />

Die GTZ hat bei diesem Prozess ihr sektor-fachliches Wissen <strong>und</strong> ihre Beratungskompetenz<br />

für Organisationen <strong>und</strong> Prozesse zu Verfügung gestellt. Durch ihre unabhängige<br />

Mo<strong>der</strong>atoren- <strong>und</strong> Fazilitatorenrolle hat sie den Prozess in katalysieren<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

transparenter Weise stetig nach vorne bewegt. Sie hat mitgewirkt beim Überbrücken bestehen<strong>der</strong><br />

Interessenskonflikte <strong>und</strong> zivilgesellschaftlichen Akteuren zu Wort verholfen.<br />

Der anfangs konstatierte Mangel an theoretischem Wissen <strong>und</strong> praktischer Erfahrung auf<br />

Seiten <strong>der</strong> Partner wurde kompensiert durch die Entschlossenheit <strong>der</strong> Akteure, eine Kommunalverwaltung<br />

für alle Bürger aufbauen zu wollen. Die formale Ausbildung wurde nachgeholt.<br />

Ein junger Stadtdirektor absolvierte die Harvard Universität <strong>und</strong> arbeitet heute als renommierter<br />

Gutachter für kommunale Fragestellungen. Die TZ-Beratung im Norden Namibias<br />

wird Mitte nächsten Jahres auslaufen. Das Projektziel ist erfüllt.<br />

Wie wir an diesem Beispiel sehen, ist Capacity Development in <strong>der</strong> TZ kein punktuelles <strong>und</strong><br />

wissenstransferorientiertes Konzept mehr, son<strong>der</strong>n Teil eines integrierten, kontinuierlichen<br />

<strong>und</strong> dynamischen Lernprozesses. Das Beispiel zeigt, dass TZ sehr wohl zeitgemäß ist, weil<br />

sie flexibel Gestaltungsspielräume nutzt <strong>und</strong> damit zur Verbesserung <strong>der</strong> Lebensbedingungen<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung beiträgt.<br />

Der heutige konzeptionelle Ansatz ist zwar nicht f<strong>und</strong>amental neu. Aber er ist strategischer,<br />

systemischer <strong>und</strong> ganzheitlicher. Er verknüpft drei wesentliche Dimensionen: die Menschen,<br />

die Organisationen <strong>und</strong> das auf sie wirkende gesellschaftliche System: die internen <strong>und</strong> externen<br />

(bis hin zur globalen) ökonomischen <strong>und</strong> politisch-institutionellen Umfeldbedingungen.<br />

Die systemische Perspektive wie<strong>der</strong>um intensiviert den Einblick in die Vernetzung <strong>und</strong> die<br />

wechselseitige Verän<strong>der</strong>ung von Rollen <strong>und</strong> Beziehungen sowie die Unterstützungsbedarfe.<br />

Meine Damen <strong>und</strong> Herren, im Laufe <strong>der</strong> Tagung werden sie noch mit vielen, sehr konkreten<br />

Beispielen aus <strong>der</strong> Praxis unserer Arbeit konfrontiert werden. Von unseren Mitarbeiter<strong>innen</strong><br />

<strong>und</strong> Mitarbeitern werden Sie erfahren, dass Capacity Development in unseren Methoden,<br />

Prinzipien <strong>und</strong> Vorgehensweisen zunehmend verankert ist. Sie werden sehen, dass wir<br />

Eigenverantwortung <strong>der</strong> Partnerorganisationen, Hilfe zur Selbsthilfe, Orientierung an Entwicklungszielen<br />

<strong>und</strong> nicht an institutionellen Begrenzungen, Trägerdiversifizierung, d. h. auch<br />

Interaktion von Staat, Zivilgesellschaft <strong>und</strong> Privatwirtschaft, als ernstzunehmende Prinzipien<br />

unseres Beratungshandelns verstehen. Und Sie werden sehen, dass wir in <strong>der</strong> Vernetzung<br />

mit den verschiedenen Partner- <strong>und</strong> Geberorganisationen, in <strong>der</strong> Unterstützung des Dialogs<br />

verschiedener „stakehol<strong>der</strong>“, gepaart mit unserem Verständnis von „echter Partnerschaft“,<br />

unsere Technische Zusammenarbeit bis heute weiterentwickelt haben.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Unter dem Vorzeichen <strong>der</strong> Verbesserung unseres eigenen Tuns haben wir uns Anfang des<br />

Jahres auch an <strong>der</strong> OECD/DAC-Initiative zur Selbstbewertung von Geber- <strong>und</strong> Durchführungsorganisationen<br />

beteiligt. Ziel dieses Unternehmens war es, herauszufinden, ob <strong>und</strong> wie<br />

Capacity Development in unsere Politiken, Strategien, Instrumente <strong>und</strong> Verfahren integriert ist.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass wir ganz klar auf dem richtigen Weg sind, Anspruch <strong>und</strong> Wirklichkeit<br />

noch stärker miteinan<strong>der</strong> in Einklang zu bringen. Mit unserer Dezentralisierung <strong>und</strong><br />

Flexibilisierung von Entscheidungen <strong>und</strong> Kompetenzen in unsere Partnerlän<strong>der</strong>, mit <strong>der</strong> Einrichtung<br />

von Fachverbünden, mit <strong>der</strong> Reorganisation unseres Bereiches Planung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

in sektorübergreifende Arbeitsfel<strong>der</strong> <strong>und</strong> mit unseren partizipativen Planungs- <strong>und</strong><br />

Managementmethoden sind wir näher an unsere Partner gerückt <strong>und</strong> haben unsere Wirkungen<br />

verbessern können. Dass es natürlich immer Verbesserungspotentiale gibt, ist klar.<br />

Dass wir daran arbeiten, ist für mich ein Zeichen, dass wir nicht nur von an<strong>der</strong>en for<strong>der</strong>n,<br />

sich zu entwickeln, son<strong>der</strong>n, dass wir uns auch selbst in Frage stellen <strong>und</strong> weiterentwickeln<br />

wollen. In diesem Sinne verstehe ich auch die diesjährigen <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong>. Wir wollen<br />

Ihnen nicht nur eine Leistungsschau unseres Könnens präsentieren, son<strong>der</strong>n wir wollen mit<br />

<strong>und</strong> von Ihnen lernen.<br />

Unser Tagungsprogramm ist wie schon in den beiden vergangenen Jahren sehr facettenreich.<br />

Mit Sicherheit finden alle Anwesenden eine interessante Diskussionsr<strong>und</strong>e. Wie Sie<br />

aus dem Programmheft entnehmen können, haben wir 4 Themenschwerpunkte vorgesehen,<br />

die wir ab heute Nachmittag in Gruppenarbeiten praxisnah behandeln wollen: Interne <strong>und</strong><br />

internationale Rahmenbedingungen, Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

<strong>und</strong> die Entwicklung menschlicher Potentiale. Doch bevor wir uns <strong>der</strong> Praxis nähern werden,<br />

haben wir das Vergnügen, <strong>und</strong> darauf freue ich mich sehr, verschiedene Redner<strong>innen</strong> <strong>und</strong><br />

Redner zu hören, die nicht nur unser Tagungsthema aus <strong>der</strong> politischen <strong>und</strong> wissenschaftlichen<br />

Perspektive beleuchten, son<strong>der</strong>n z. T. auch an den Gr<strong>und</strong>festen unserer Arbeit <strong>und</strong><br />

damit an <strong>der</strong> Raison d’être unseres Hauses rütteln wollen.<br />

Bevor ich uns allen einen anregenden <strong>und</strong> erfolgreichen Tagungsverlauf wünschen darf <strong>und</strong><br />

die Ehre habe, Frau Cecilia López anzukündigen, möchte ich noch auf eine kleine Verän<strong>der</strong>ung<br />

unseres Programmes am heutigen Vormittag hinweisen.<br />

Die ursprünglich vorgesehene Veranstaltungsplanung sah vor, dass Herr Staatssekretär<br />

Erich Stather im Anschluss an meine Einführungsrede zur Thematik: „Internationale Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

<strong>und</strong> bilaterale TZ“ zu uns sprechen wird. Dies kann aufgr<strong>und</strong> wichtiger konkurrieren<strong>der</strong><br />

Termine im politischen Raum lei<strong>der</strong> nicht in <strong>der</strong> vorgesehenen Weise erfolgen. Herr<br />

Stather wollte es sich allerdings nicht nehmen lassen, an unseren <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong>n<br />

persönlich teilzunehmen. Herr Stather beabsichtigt noch vor 12 Uhr mittags zu uns zu kommen<br />

<strong>und</strong> wird dann zu uns sprechen. Bis dahin werden wir den Vormittag genau so gestalten,<br />

wie er vorgesehen war.<br />

Zunächst wird Frau Cecilia López, unser kolumbianischer Gast aus Washington zu uns sprechen.<br />

Danach werden Professor Dr. Nuscheler vom Institut für Entwicklung <strong>und</strong> Frieden von<br />

<strong>der</strong> Universität Duisburg <strong>und</strong> Herr Dr. Nunnenkamp vom Kieler Institut für Weltwirtschaft ein<br />

Streitgespräch zur potentiellen Zukunft <strong>der</strong> Technischen Zusammenarbeit im Zeitalter <strong>der</strong><br />

Globalisierung führen.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Mrs. López, I would like to extend a very warm welcome to you. It is very difficult to select a<br />

few major milestones from Mrs López extraordinary curriculum vitae. In her capacity as the<br />

Colombian Minister for Planning, Environment and Agriculture, she covered a wealth of<br />

topics. Please allow me to mention those which relate in particular to development cooperation,<br />

namely poverty reduction, human rights, peace, security, gen<strong>der</strong> equality and human<br />

resources development. The GTZ has been cooperating with you very intensively for a long<br />

period of time, and may I say that this cooperation has been outstanding.<br />

In the early nineties, Germany assisted Colombia with the implementation of the first gen<strong>der</strong><br />

project at macro level. At that time, Mrs Cecilia López was Colombia's very enthusiastic<br />

Minister of Planning, successfully fighting for "Proequidad" in all matters concerning the<br />

country's policies, strategies and planning. In addition to her commitment at national level,<br />

she has always vigorously supported gen<strong>der</strong> issues at the international level. Together with<br />

the German Fe<strong>der</strong>al Ministry for Economic Cooperation and Development and the GTZ, Mrs<br />

López' ministry conducted a supraregional conference in 1998 entitled "Macroeconomics,<br />

Gen<strong>der</strong> and Mo<strong>der</strong>nisation of the State", which was attended by 11 Latin American ministers<br />

of planning.<br />

At present Mrs López is working as an international consultant, for instance for the UN<br />

Commission on Latin America and the Caribbean (ECLAC) and the World Bank. But in the<br />

near future she might once again exert consi<strong>der</strong>able political influence in her own country.<br />

We would like to wish you all the very best for your endeavours.<br />

We are most pleased and honoured that you have accepted our invitation and will be speaking<br />

to us on a development cooperation topic which is particularly important to me, namely,<br />

"Democracy and good governance for sustainable development".<br />

Mrs López, may I please call on you to take the floor.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Politics in Latin America: A Window of distress<br />

Cecila López Montaño, ehem. Planungs-, Umwelt- <strong>und</strong> Landwirtschaftsministerin, Kolumbien<br />

1. Introduction<br />

The new century offers Latin America the possibility of reliable data and expertise in different<br />

social and economic areas that should allow adequate analysis about its development<br />

issues. Great progress was obtained during the last 50 years. Nevertheless, it seems that the<br />

analytical efforts are concentrated more in the short run and in some specific areas, basically<br />

related to the new economic orthodoxy, the neo-liberalism. Nowadays, too much economics<br />

and too little history seem to be the distinctiveness of most Latin American academic work.<br />

But the ab<strong>und</strong>ance of threats, that are weakening most of the countries’ development processes,<br />

has opened new avenues of concern. Although the focus has been mainly macroeconomic<br />

stability, uneasiness, could be a soft word to describe what people are feeling in<br />

the Region. Inequality has emerged as a critical issue, not solved by the economic receipt.<br />

Patience is not working anymore, as it did during the past two centuries. But no clear responses<br />

are on the table in terms of new and efficient policies. It has been especially difficult<br />

to bury the famous trickle down effect. With different disguises, the idea that high economic<br />

growth will finally reach the poor has always been in the back of the mind of economists interested<br />

in the Region. But it did not work with closed economies and has not worked at all in<br />

open, market-oriented societies. Latin America is today the most unequal area of the world.<br />

Without being able to solve this dramatic truth, politics seem to be emerging as a critical<br />

issue that would endanger the future of this part of the world. Democracy is threatened especially<br />

in South America and in particular, but not exclusively, in the Andes. Even more, for<br />

some analysts, the political and social scenario in the Region will be the window of distress.<br />

The unsolved and postponed social demands, the dissatisfaction with politics and democracy,<br />

the concentration of power and wealth, the actual weak situation of middle classes and<br />

the modest results of the economic strategies, are very much interrelated. Economic research<br />

is not enough. Politics, or even better political economy, should be the center of analysis.<br />

Within this new perspective, development in Latin America should be well thought-out.<br />

Democracy, in the context of globalization, institutions required for democracy and good governance,<br />

new political actors and the role of development cooperation are elements of the<br />

innovative approach that Latin America requires. There are too many links that should be<br />

enlightened in or<strong>der</strong> to give actual development discourse a new and relevant perspective.<br />

The purpose of this paper is to offer a modest contribution to this discussion.<br />

2. Democracy and Globalization<br />

Democracy, at least the Latin American version, is facing a severe threat: a potential loss of<br />

citizen confidence. According to recent data, dissatisfaction with this political system now<br />

ranges from 40% in Peru and Bolivia, to 59% in Brazil and 62% in Colombia. When democratically<br />

elected governments do not represent the interests of the people and ignore their<br />

suffering, they end up loosing legitimacy, which means, political instability. It is very clear that<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

universal suffrage is not enough to build a democratic system. But many Latin American politicians<br />

do not seem to <strong>und</strong>erstand this fact.<br />

After the predominance of military regimes, excluded population thought democracy would<br />

provide essential goods and services. As Barton pointed out, they expected something of<br />

substance from democracy. But the emergence of democratic regimes coincided with globalization<br />

and neo liberal economic reforms, that were unable to solve old problems and<br />

created new ones. After a difficult decade of f<strong>und</strong>amentalism, today it is accepted that the<br />

results of the Washington Consensus are modest, to say the least, even in economic terms.<br />

Poverty increased and inequality did not improve. Violence, criminality and political instability<br />

have emerged as severe and sometimes, new problems. As history has proved, in Western<br />

Europe and Asia, capitalistic development requires an appropriate mix of public policies that<br />

the new economic orthodoxy did not consi<strong>der</strong>.<br />

But it will be unfair to make neo liberalism responsible for all the social debt the Region has<br />

accumulated. The ways Latin societies have been organized throughout its history and the<br />

f<strong>und</strong>amentals of all its development models have a lot to say about the growing inequality in<br />

these societies. The rich have always refused to pay taxes, the tax burden in Latin America,<br />

17% is way behind the OECD countries levels, 37.5% . At the same time, natural resources<br />

have been the basis of economic activity, even in the middle of the globalization process and<br />

the rents <strong>der</strong>ived from this type of production, have not contributed to stable and productive<br />

employment or to a real welfare state. Besides, exclusion, political, economic and social, has<br />

become a structural phenomenon, the poor are isolated, even in territorial terms.<br />

For some analysts, globalization made things worst. The Region as a whole, was not totally<br />

prepared to compete in the international market. The macroeconomic policy, the reevaluation<br />

of national currencies, did not help at all; the already weak states were reduced to<br />

a minimum and no other actor really assumed its social functions. National sovereignty was<br />

diluted and democracy lost the basic elements to be stable. But globalization is a fact, impossible<br />

to change. Therefore, Latin America has to find its way to benefit from this new scenario.<br />

3. Institutions for Democracy and Good Governance<br />

There is a growing consensus in Latin America about the weakness of its institutional framework<br />

to develop a real equitable policy. Therefore, one of the more urgent tasks is the reconstruction<br />

of the state. This is a huge challenge, especially when there are more questions<br />

than guide lines about the characteristics of the new structure that these countries need.<br />

Even in developed societies, the phantom of the apartheid economy is a real risk: extremely<br />

rich people absolutely isolated, even physically, from the real poor. Exclusion seems to be a<br />

more generalized problem, which makes good examples of fair societies, difficult to find.<br />

Globalization and the new economic orthodoxy have contributed to this situation.<br />

But the institutional problem goes even further. Latin American countries need to build up<br />

democratic institutions. Since politics is the window of distress, the consolidation of real<br />

democracy is a must. More and more analysts are convinced that all the problems of the<br />

Region are contributing to increase political troubles, making the countries more vulnerable.<br />

13


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Social outburst is growing in a very dangerous way. As Baron says, democracy is a higher,<br />

more cherished value than free markets and profits. Political liberty is a necessity, whereas<br />

economic liberty is a convenience.<br />

Even more, solid democratic institutions will be a key factor not only in political life but also in<br />

how well governments handle the difficult social and economic problems confronting the Region.<br />

And among these institutions, none are more important than parties and party systems.<br />

But in some countries as Colombia, and Venezuela, new political parties are successfully<br />

replacing the traditional ones, which is healthy phenomenon, but also non-political movements,<br />

which is not necessarily positive.<br />

In many countries, especially those in the middle of severe instability, political parties are not<br />

representing the majority of the population, excluded during centuries of the decision making<br />

process. These institutions never had stable roots in society and they have not structured<br />

political preferences over time. In simple terms, many political organizations in the Region<br />

can be identified as anti political parties. Weak or non-existing parties lead to populism that<br />

responds to personalistic appeals; its goal is publicity more than political impact. This is<br />

exactly what Latin America does not need.<br />

According to UNDP, governance can be seen as the exercise of economic, political and administrative<br />

authority to manage a country’s affairs at all levels It comprises the mechanisms,<br />

processes, and institutions through which citizens and groups articulate their interest, exercise<br />

their legal rights, meet their obligations and mediate their differences. Good governance<br />

is participatory, transparent and accountable.<br />

Since in Latin America, neo liberal reforms have not produced self-sustained growth, a more<br />

equitable income distribution, or a fair society, the basic elements for good governance are<br />

not given. Additionally, the lack of institutions at all levels constrains good politics and therefore<br />

democracy, in its real meaning. It is obvious that governance or even better good governance<br />

is still a goal for many nations in the Region. But even more, good governance can<br />

be the primary way to eliminate poverty.<br />

4. New Political Actors<br />

This is the area where positive results can be identified. Out of frustration, citizenship, in the<br />

sense of commitment with public issues, has grown in an impressive matter. It has been<br />

recognized that the most important outcome of the 20th century is the visible role of individuals.<br />

Very few Latin Americans have been able to maintain their prestige over long periods of<br />

time. On the opposite, civil society is becoming more and more a very active actor in their<br />

communities and countries. The big challenge now is to find the right position for building the<br />

new Region: the state can not be replaced and politics is not necessarily their place. First<br />

women, then gen<strong>der</strong> and sustainability are issues that have been promoted basically by the<br />

civil society.<br />

14


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

The clear role of women in the Region has been recognized as the outstanding outcome of<br />

the nineties. Their contribution to the development process is now more visible and their first<br />

steps in politics have been welcome. But there is still a long way to go. Discrimination, probably<br />

less obvious and more sophisticated, persists as a proof that the Latin society is a men’s<br />

world where traditional patterns coexist with globalize and mo<strong>der</strong>n islands. The 20th century<br />

was not the century of women but maybe the 21st can be, or should be, as García Marquez<br />

pointed out.<br />

One of the bright spots in the Latin American picture today is the increasingly independence<br />

of media. The constant attacks to journalist in countries where violence is severe, as in<br />

Colombia, could be taken as a negative sign. But in spite of all these problems, the Region<br />

as a whole offers a greater space of action for the media if compared with some decades<br />

ago. This can not be independent from the dynamic participation of society in public matters.<br />

People will be demanding information, accurate and on time. Social control will be a very<br />

important mechanism to change inadequate procedures.<br />

Youth is still a forgotten actor. A young continent should be more active in terms of working<br />

with new generations. But lack of interest of old lea<strong>der</strong>s and very individualistic approach to<br />

life of younger people has been a real constrains. The unstable economic and political situation,<br />

corruption and populism can explained this attitude. Generations of more educated<br />

people have to play a key role in rebuilding institutions for democracy and good governance<br />

in Latin America. What has happened with women is a perfect stimulus for the youth. New<br />

political space should be open for these actors.<br />

Nevertheless, the most important new actors are 200 millions of Latin-Americans that historically<br />

have been excluded of every benefit of development. Exclusion, inequality, as a<br />

great limitation of development, has to move from the political discourse to the policy actions.<br />

Not as an actor but as a subject another big winner in the nineties is the concept of sustainable<br />

development in Latin American development discourse. Even if the meaning has not<br />

been completely <strong>und</strong>erstood, sustainability, and the importance of the environment are a<br />

substantial element of policy. Actions, real and positive ones are far away, but at least clear<br />

diagnosis are growing in the Region. South American growth, based in natural resources,<br />

has become a huge challenge for environmentalists that are stressing their position in front of<br />

policymakers. The economics of environment, environmental services of the rural sector, are<br />

among many others, new issues that are part of the actual debate. Maybe this century can<br />

show positive actions.<br />

5. Development Cooperation<br />

The globalized world and the new definitions of development mean a real challenge for international<br />

cooperation. Development, conceived now as a permanent process of mo<strong>der</strong>nization,<br />

is not an exclusive issue of poor countries. And also, globalization does not mean only<br />

the opening of financial and commercial markets but the recognition of worldwide problems.<br />

Inequality, is not only, any more, a national concern; crime, corruption, drug trafficking and<br />

terrorism require international actions. These two elements change the scenario for development<br />

cooperation, focus mainly at national or regional level.<br />

15


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

As an example of new areas of action, a debate is rising about the need to create a globalized<br />

welfare state as a response to this aggressive capitalism. Louis Emmerij proposed such<br />

an idea in a recent forum in Bolivia organized by CAF. If Bismarck promoted the welfare<br />

state in Europe when the industrialization process was producing severe inequalities, why<br />

now, when capitalism is again cruel, rich nations can not contribute to reduce them with clear<br />

actions specially in developing nations. This is an interesting subject for international concern.<br />

Although development cooperation has to find its new way, it is important to recognize that<br />

during five decades the results have been neither a great success nor a dismal failure. On<br />

the positive side, a hand full of low-income countries, particularly in East Asia, have in one<br />

generation achieved the standards of living of the industrialized nations. Brazil was the only<br />

Latin American nation mentioned. On the negative side, poverty has increased throughout<br />

the world, income disparities have grown, the environment has been subjected to severe<br />

stress and social demands have grown. The responsibility of development cooperation for<br />

these positive and negative results is a non-ending debate. But it is obvious that during the<br />

last years it was not as successful as it was five decades before.<br />

Many additional factors emerged during the nineties. One of them, is the dramatic change in<br />

the structure of financial flows. In developing countries, private flows represented 77% of the<br />

total, and the ODA resources remained stagnant. Therefore, development finance should be<br />

redefined. This gap is even greater because of the increase in foreign investment in the Region.<br />

One possibility that has been proposed is to concentrate development assistance in<br />

social and sustainable development programs leaving economic growth to private financing.<br />

This can be a terrible and irreversible mistake. Economic behavior is not neutral in equity<br />

terms. Even more, the new economic orthodoxy leaving many decisions to the market and<br />

putting the private sector first then the state has increase disparities and poverty. If this position<br />

is adopted, development assistance would loose much of the efforts because the<br />

machine that produces income disparities goes faster and has more resources than aid,<br />

limited to remedy cruel situations. Its future failure is obvious.<br />

Capacity building in governments and civil societies, helping to rebuild the state, reinforcement<br />

of new actors, development of innovative ideas, building institutions for democracy,<br />

analysis about development activities, unexplored areas for sustainable development and<br />

global solutions for worldwide problems, seem much more appropriate for international cooperation.<br />

Development is too important to be left only to the private sector and to traditional<br />

politicians.<br />

The GTZ experience in Colombia is an excellent example of combining several of these<br />

issues. Introducing gen<strong>der</strong> in macroeconomics, strengthening the state, empowering women,<br />

identifying the problems of men, social development with a gen<strong>der</strong> perspective, were some<br />

of the results of this program. The project helped to introduce an innovative experiment in<br />

gen<strong>der</strong> policies. After many efforts for bringing gen<strong>der</strong> issues at a macro level, with the support<br />

of GTZ, a cooperation project was developed within the National Department of Planning<br />

in Colombia, DNP. The macroeconomic unit, the urban unit, the rural one, the social de-<br />

16


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

velopment area, the good governance section and some other ones, worked intensively with<br />

GTZ consultants in or<strong>der</strong> to build up an agenda introducing gen<strong>der</strong> in each of these areas.<br />

The value of domestic work was elaborated by the macro unit, labor market issues by the<br />

social group, statistics by sex, and the introduction of gen<strong>der</strong> issues in every policy paper<br />

that was consi<strong>der</strong>ed by the Cabinet and the president, were some of the concrete products of<br />

this development project. These efforts were discussed in an international seminar sponsored<br />

by DNP and GTZ, on macroeconomics and gen<strong>der</strong>. Finally two books were published<br />

in Spanish and one of them will be launched in Washington next September with the support<br />

of Inter American Development Bank, the Inter American Dialogue, the World Bank and GTZ.<br />

Being one of the first efforts to <strong>und</strong>erstand the interrelationship between macroeconomics<br />

and gen<strong>der</strong>, the subject has raised much interest in these institutions. The actual administration<br />

has not been interested in continuing with this project, but the products of the former<br />

efforts are part of the daily analysis on gen<strong>der</strong> at the macro level.<br />

6. Final Remarks<br />

At this point, Latin America has more questions than answers. The mainly macroeconomic<br />

analysis and the short run approach, have proved to be insufficient to <strong>und</strong>erstand the real<br />

problems of the Region. Politics is really the window of distress, because all the social gaps<br />

have become visible and explosive. Democracy is loosing credibility and civil dictators and<br />

populist lea<strong>der</strong>s are flourishing. Globalization and the new economic orthodoxy have brought<br />

some positive results but have not been able to guarantee a growing, stable and equitable<br />

society.<br />

But there are some positive aspects that should also be consi<strong>der</strong>ed. In the first place, it has<br />

been recognized a growing tendency toward regional trade agreements. In second place a<br />

set of social issues have become obvious: as it was mentioned, an increasingly independent<br />

media; the growth of grass-root organizations and expanding links between democratic<br />

movements in the region and those in Europe and the United State. Finally, a very important<br />

economic fact can be pointed out, the space created for some small business sectors as a<br />

result of economic liberalization.<br />

For some authors, the more troubling regional trends can be summarized as follows: rapid<br />

decline of the Nation-State, persistent deficiency in the construction of institutions that<br />

<strong>und</strong>erpin democratic life, growing deficit of human capital formation. The basic analytical elements<br />

presented in this paper, positive and negative, could be part of the f<strong>und</strong>amentals to<br />

<strong>und</strong>erstand the new scenario in Latin America.<br />

It could be said that at least in theory Latin America is conscious that economic growth<br />

should be sustainable and equitable. But it is necessary to make it clear that strong governance<br />

is needed to regulate certain futures of growth in or<strong>der</strong> to protect consumers and the<br />

environment. This is not possible if politics do not change and democracy is not reoriented.<br />

There are no institutions to obtain this goal and that fact should also need to be recognized.<br />

17


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Development or international cooperation has a great deal to do but in a very different way.<br />

Less resource, especially human resources, and more ideas are needed. A very valuable<br />

asset of the Region is the existence of excellent professionals, politically correct, that are<br />

ignored by current obsolete and corrupt politicians. They need an opportunity to help their<br />

Region and maybe a joint venture with international agencies will give them the big push they<br />

need.<br />

North American support has been concentrated in promoting, if not imposing, the Washington<br />

Consensus. The results are not positive. Europe, traditionally more conscious of human<br />

rights that includes economic and social rights, might have an important role to play. Do not<br />

lose this opportunity for the sake of Latin America and for the good will of the old continent.<br />

18


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Ist die Technische Zusammenarbeit im Zeitalter <strong>der</strong> Globalisierung noch<br />

zeitgemäß?<br />

Statement von Prof. Dr. Franz Nuscheler<br />

Institut für Entwicklung <strong>und</strong> Frieden (INEF), Universität Duisburg<br />

Die Fragestellung provoziert geradezu ein Nein - falls die TZ weiterhin vorwiegend als Projektför<strong>der</strong>ung<br />

betrieben werden sollte. Ob sie „zeitgemäß“ werden könnte, hängt auch davon<br />

ab, welche Aufgaben die Globalisierung <strong>der</strong> internationalen Entwicklungspolitik im allgemeinen<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> TZ im beson<strong>der</strong>en abverlangt.<br />

Die Zukunftsfähigkeit <strong>der</strong> TZ wird auch stärker als bisher durch das Prinzip <strong>der</strong> Ownership in<br />

Frage gestellt. Die „Expertenindustrie“ entstand in einer Zeit, in <strong>der</strong> es vielen Län<strong>der</strong>n noch<br />

an Potential <strong>und</strong> Personal zur Selbsthilfe mangelte. Wenn Ownership statt Donorship zum<br />

Leitprinzip von Zusammenarbeit <strong>und</strong> Partnerschaft werden soll (wie die PRS <strong>und</strong> das<br />

Comprehensive Development Framework <strong>der</strong> Weltbank for<strong>der</strong>n), dann kann die Entsendung<br />

von Experten o<strong>der</strong> „Entwicklungshelfern“, die immer ein Stück <strong>der</strong> eigenen Hilflosigkeit dokumentierte<br />

<strong>und</strong> außerdem viel Geld kostete, allenfalls noch in Ausnahmefällen „zeitgemäß“<br />

sein.<br />

Stärker als bisher steht jede TZ-Maßnahme unter Begründungszwang, ob sie das gebieterische<br />

Prinzip <strong>der</strong> Ownership beachtet. Der massive Brain drain von wissenschaftlichtechnischer<br />

Intelligenz aus dem Süden beruht auch darauf, dass die im In- <strong>und</strong> Ausland ausgebildeten<br />

Fachkräfte im Inland keine angemessene Beschäftigung finden <strong>und</strong> durch Expatriates<br />

ersetzt werden. Die TZ hat ein schwerwiegendes Legitimationsproblem, wenn sie<br />

nicht dort, son<strong>der</strong>n hier Arbeitsplätze schafft. Das ist zwar ein alter Hut, belastet aber immer<br />

mehr das hehre Prinzip <strong>der</strong> Partnerschaft <strong>und</strong> Ownership.<br />

Meine Kernthese lautet: Die Globalisierung - whatever it means - for<strong>der</strong>t allen Gesellschaften<br />

große Anpassungsleistungen <strong>und</strong> eine Steigerung <strong>der</strong> systemischen Wettbewerbsfähigkeit<br />

ab, um im verschärften internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Dies gilt auch<br />

<strong>und</strong> im beson<strong>der</strong>en für Län<strong>der</strong>gruppen, die gemeinhin zu den Verlierern <strong>der</strong> Globalisierung<br />

gerechnet werden. Hier bildet die Aus- <strong>und</strong> Fortbildung von lokalen Fach- <strong>und</strong> Führungskräften<br />

den Schlüssel für eine „zeitgemäße“ <strong>und</strong> situationsgerechte TZ.<br />

Verbesserung <strong>der</strong> systemischen Wettbewerbsfähigkeit bedeutet capacity building - <strong>und</strong> sie<br />

bedeutet den Aufbau von eigenständigen wissenschaftlichen, technologischen <strong>und</strong> institutionellen<br />

Kapazitäten zur Bewältigung <strong>der</strong> je beson<strong>der</strong>en Problemlagen, wobei die Betonung<br />

auf <strong>der</strong> Eigenständigkeit (also Ownership) liegt. Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können,<br />

muss die internationale Entwicklungspolitik den strategischen <strong>und</strong> operativen Schwerpunkt<br />

von <strong>der</strong> Projektför<strong>der</strong>ung („Projektitis“) auf die Institutionenför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Strukturbildung<br />

verlagern. Konkret: Statt vieler Umweltprojekte Beratung für eine umweltverträgliche<br />

Agrar- <strong>und</strong> Industriepolitik. Das BMZ ist immer noch zu sehr Projekt-Abwicklungsministerium<br />

<strong>und</strong> die GTZ Projektmanagerin.<br />

Nach <strong>der</strong> neoliberalen Manie <strong>der</strong> Entstaatlichung, die nicht nur einen lähmenden Bürokratismus<br />

<strong>und</strong> Interventionismus abgebaut, son<strong>der</strong>n auch die Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> Staaten geschwächt<br />

hat, hat spätestens die Weltbank-Studie „Beyond the Washington Consensus“<br />

19


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

(1998) die Bedeutung von Institutionen für den Entwicklungsprozess wie<strong>der</strong>entdeckt. Das<br />

war ein Himmelsgeschenk für die TZ, aber auch eine neue Gefahrenquelle.<br />

Gudrun Lucius-Kochendörfer <strong>und</strong> Klemens van de Sand haben diesen Primat <strong>der</strong> Institutionenför<strong>der</strong>ung<br />

im April-Heft von E+Z in überzeugen<strong>der</strong> Weise begründet: Nicht <strong>der</strong> Ressourcentransfer,<br />

son<strong>der</strong>n Hilfe beim Aufbau entwicklungsför<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Strukturen <strong>und</strong> Institutionen<br />

<strong>und</strong> beim Abbau institutioneller Entwicklungsbarrieren müsse in den Mittelpunkt <strong>der</strong> TZ gerückt<br />

werden. So weit, so gut! Die Probleme beg<strong>innen</strong> auf <strong>der</strong> operativen Ebene. Ihre For<strong>der</strong>ung,<br />

die Entwicklungshilfe vom Kopf auf die Füße zu stellen, heißt für sie Empowerment <strong>der</strong><br />

Armutsgruppen auf lokaler Ebene <strong>und</strong> Bildung von Gegenmacht, weil Armut vor allem<br />

Machtlosigkeit bedeute. Aber die staatliche TZ darf <strong>und</strong> kann sich nicht an <strong>der</strong> Bildung von<br />

Gegenmacht beteiligen. Sie kann allenfalls im politischen Dialog auf Dezentralisierung drängen<br />

<strong>und</strong> durch die verschiedenen Instrumente <strong>der</strong> TZ (von politischen Stiftungen bis zur Unterstützung<br />

von NGO-Aktivitäten) Beratungs- <strong>und</strong> Organisationshilfe anbieten. Sie kann die<br />

Demokratisierung, Dezentralisierung <strong>und</strong> den Aufbau von zivilgesellschaftlichen Strukturen<br />

unterstützen, mehr aber nicht. Die Erfahrung zeigt, dass die Demokratieför<strong>der</strong>ung von außen<br />

auch mittels <strong>der</strong> politischen Konditionalität nur begrenzte Erfolge erzielen kann. Die TZ kann<br />

nicht leisten, was die Politik tun sollte <strong>und</strong> nur mit geringem Erfolg zu leisten vermag, vor<br />

allem dann, wenn sie im nationalstaatlichen Schrebergarten verbleibt.<br />

Weitere Differenzierungen <strong>und</strong> Präzisierungen sind notwendig:<br />

1. Capacity Building bedeutet in den Schwellenlän<strong>der</strong>n etwas an<strong>der</strong>es als in den meisten<br />

LLCDs. Während hier ein Wissens- <strong>und</strong> Technologietransfer auf hohem Niveau gefor<strong>der</strong>t<br />

ist, bedeutet dort Institutionenför<strong>der</strong>ung noch die Stärkung <strong>der</strong> elementaren<br />

Selbsthilfefähigkeit, z. B. beim Aufbau von Katastrophenvorsorge. Während in vielen<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong>n die Privatwirtschaft für den Aufbau <strong>der</strong> neuen Informations- <strong>und</strong><br />

Kommunikationstechnologien sorgen wird, weil es sich lohnt, muss die TZ dort zur Verringerung<br />

des digital gap beitragen, das die Armutsregionen (im beson<strong>der</strong>en das subsaharische<br />

Afrika) noch weiter von <strong>der</strong> globalen Wissensgesellschaft <strong>und</strong> damit von <strong>der</strong><br />

Dynamik <strong>der</strong> Weltwirtschaft abzukoppeln droht. Das ist auch ein Gebot <strong>der</strong> globalen<br />

Strukturpolitik. Die Weltbank hat bereits ein joint venture mit <strong>der</strong> Softbank gestartet, weil<br />

die bilaterale TZ mit einer solchen Herkulesaufgabe völlig überfor<strong>der</strong>t ist. Ich hätte mir<br />

aber gewünscht, dass sich die EU im neuen Lomé-Vertrag zu diesem Großprojekt <strong>der</strong><br />

TZ durchgerungen hätte.<br />

2. Wie<strong>der</strong> einmal besteht die Gefahr, dass die Möglichkeiten <strong>der</strong> bilateralen TZ gründlich<br />

überschätzt werden. Sie hat offensichtlich diese Gefahr erkannt <strong>und</strong> setzt deshalb auf<br />

PPP (Public-Private Partnership). Wenn ich aber Erklärungen des BMZ zur Einrichtung<br />

seiner PPP-Fazilität <strong>und</strong> Berichte <strong>der</strong> GTZ zu bisherigen PPP-Operationen lese, dann<br />

scheint PPP auf die Kooperation zwischen Staat <strong>und</strong> Wirtschaft reduziert zu werden. Ich<br />

vermisse das zivilgesellschaftliche Element im PPP-Projekt, ohne das die weitreichenden<br />

Ziele <strong>der</strong> Demokratisierung <strong>und</strong> Zivilisierung nicht erreicht werden können. PPP wird, um<br />

unter dem Zwang sinken<strong>der</strong> Entwicklungsetats privatwirtschaftliche Ressourcen zu mobilisieren,<br />

amputiert. Hier fällt ein neues Projekt <strong>der</strong> TZ hinter viele Einsichten <strong>und</strong> Bekenntnisse<br />

zur entwicklungspolitischen Unentbehrlichkeit <strong>der</strong> NGOs zurück. Ein solches<br />

PPP-Projekt ist nur teilweise „zeitgemäß“, insofern es die wünschenswerte Kooperation<br />

zwischen Staat <strong>und</strong> Wirtschaft zu beför<strong>der</strong>n versucht. Aber „privat“ heißt mehr als Pri-<br />

20


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

vatwirtschaft, Institutionenför<strong>der</strong>ung mehr als die Übertragung des dualen Ausbildungssystems<br />

o<strong>der</strong> die Einrichtung von Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern. Die TZ darf sich<br />

nicht selbst zur Magd von Wirtschaftsinteressen machen (lassen).<br />

3. Wenn die Institutionenför<strong>der</strong>ung in den Mittelpunkt einer zeitgemäßen <strong>und</strong> zukunftsweisenden<br />

Entwicklungspolitik gerückt wird, muss die Wirksamkeit <strong>der</strong> bilateralen TZ sehr<br />

begrenzt bleiben. Gerade im Bereich <strong>der</strong> politisch sensiblen Institutionenför<strong>der</strong>ung, die<br />

ja erklärtermaßen in Herrschaftsstrukturen eingreifen will, ist eine Multilateralisierung<br />

geboten. Konkreter: Im subsaharischen Afrika könnte zwar eine koordinierte europäische,<br />

aber keine parzellierte bilaterale TZ einiges erreichen.<br />

Der Bilateralismus ist auch dann überholt, wenn die TZ in das anspruchsvolle Konzept einer<br />

globalen Strukturpolitik eingeb<strong>und</strong>en wird. Sie kann nur dann Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Globalisierung<br />

gerecht werden, wenn sie erstens mit an<strong>der</strong>en Politikbereichen in eine kohärente Gesamtpolitik<br />

eingeb<strong>und</strong>en wird, zweitens besser als bisher mit <strong>der</strong> europäischen <strong>und</strong> globalen<br />

Ebene koordiniert wird. Nicht nur die Entwicklungslän<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch die Geberlän<strong>der</strong><br />

müssen erst noch für eine globale Strukturpolitik fit gemacht werden.<br />

Noch einmal: Eine große Gefahr für die bilaterale TZ liegt darin, dass sie wie<strong>der</strong> mit unerfüllbaren<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen überfrachtet wird <strong>und</strong> sich aufgr<strong>und</strong> politischer Vorgaben mit irgendwelchen<br />

Projekten fast überall auf <strong>der</strong> Welt verzettelt. Sie müsste sich deshalb erstens auf<br />

Bereiche konzentrieren, die im Zeitalter <strong>der</strong> Globalisierung von strategischer Bedeutung sind,<br />

zweitens ihre begrenzten Kräfte auf weniger Län<strong>der</strong> konzentrieren <strong>und</strong> dabei ihre Aktivitäten<br />

stärker mit an<strong>der</strong>en TZ-Agenturen abstimmen, drittens Schwerpunkte <strong>und</strong> Län<strong>der</strong> stärker<br />

multilateral koordinieren. Es wäre beispielsweise sinnvoll, in joint ventures von EU, Weltbank<br />

<strong>und</strong> UNESCO regionale Ausbildungszentren für Verwaltungsfachleute, Projektmanager,<br />

Richter, Biologen etc. aufzubauen. Es macht wenig Sinn, wenn die DSE in Berlin Schnellkurse<br />

anbietet.<br />

Was „zeitgemäß“ ist, muss also auch im Kontext einer stärker europäisierten Entwicklungspolitik<br />

<strong>und</strong> von Global Governance definiert werden. Dieser Lernprozess muss natürlich auf<br />

<strong>der</strong> politischen Leitungsebene beg<strong>innen</strong>, die neuerdings die „globale Strukturpolitik“ wie eine<br />

Monstranz vor sich her trägt. Eine „zeitgemäße“ Zukunft <strong>der</strong> GTZ liegt für mich auch darin,<br />

dass sie mehr <strong>und</strong> mehr zur Subunternehmerin einer auf europäischer Ebene koordinierten<br />

Gesamtpolitik wird, die dann auch zu einer wirksameren Koordination mit dem UN-System<br />

fähig werden sollte. Die nationale Schrebergartenpolitik hat keine Zukunft. Dies gilt auch für<br />

die herkömmliche „Projektitis“.<br />

Zum Schluss ein Ceterum censeo: Wenn die „globale Strukturpolitik“ <strong>und</strong> die „globale nachhaltige<br />

Entwicklung“ keine Sprechblasen bleiben sollen, müssten sich BMZ <strong>und</strong> GTZ mehr in die<br />

struktur- <strong>und</strong> umweltpolitische Debatte im eigenen Land einmischen (wie die Wuppertaler Studie<br />

über das „zukunftsfähige Deutschland“ überzeugend begründete). Hier werden Entscheidungen<br />

getroffen, die größere Auswirkungen auf das Wohlergehen vieler Entwicklungslän<strong>der</strong><br />

haben als alle Wohltaten <strong>der</strong> TZ. Die Entwicklungspolitik kann sich nicht an <strong>der</strong> selbstkritischen<br />

Frage vorbeimogeln: Wer entwickelt den Norden? Die globale Strukturpolitik <strong>und</strong> das „globale<br />

Lernen“ müssen hierzulande beg<strong>innen</strong>. Global Governance braucht globale Lernpartnerschaften<br />

<strong>und</strong> die gemeinsame Suche nach Problemlösungen. Wir müssen aufhören, uns als „Belehrungsgesellschaften“<br />

zu gerieren, <strong>und</strong> von best practices in aller Welt lernen.<br />

21


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Ist die Technische Zusammenarbeit im Zeitalter <strong>der</strong> Globalisierung noch<br />

zeitgemäß?<br />

Statement von Prof. Peter Nunnenkamp, Institut für Weltwirtschaft, Universität Kiel<br />

Im Gegensatz zu vielen Globalisierungsskeptikern halte ich die Auffassung für falsch, dass<br />

die Politik – <strong>und</strong> damit auch die Entwicklungspolitik <strong>und</strong> die TZ – durch die wirtschaftliche<br />

Globalisierung entmachtet <strong>und</strong> ihrer Gestaltungsspielräume beraubt wird. All diejenigen, die<br />

diese Auffassung vertreten, müssten fast zwangsläufig auch den Sinn <strong>und</strong> die zukünftige<br />

Wirksamkeit <strong>der</strong> TZ bezweifeln.<br />

Unabhängig von <strong>der</strong> Debatte über Macht o<strong>der</strong> Ohnmacht <strong>der</strong> Politik unter globalisierten Produktionsbedingungen<br />

stellt sich die Frage nach den Einflussmöglichkeiten <strong>und</strong> <strong>der</strong> Wirksamkeit<br />

<strong>der</strong> traditionell verfolgten entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Diese schätze ich<br />

vermutlich skeptischer ein als die meisten Teilnehmer/-<strong>innen</strong> an den <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong>n.<br />

Ich teile weitgehend die Diagnose, die in Studien <strong>der</strong> Weltbank, <strong>der</strong> Meltzer-Kommission,<br />

des Overseas Development Council <strong>und</strong> des UNDP aufgezeigt wird: Demnach ist die EZ<br />

ihren eigenen Ansprüchen in <strong>der</strong> Vergangenheit bestenfalls partiell gerecht geworden. Obwohl<br />

insbeson<strong>der</strong>e die FZ am Pranger steht, gelten die zwei hauptsächlichen Kritikpunkte<br />

auch für die TZ:<br />

- Die EZ hat neue Aufgaben vernachlässigt, die sich aus <strong>der</strong> engeren weltweiten Verflechtung<br />

von Märkten ergeben. Dies betrifft die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter<br />

bzw. die Bekämpfung von "global public bads";<br />

- Traditionelle Aufgaben im Rahmen <strong>der</strong> län<strong>der</strong>bezogenen EZ sind nur mit begrenztem<br />

Erfolg bearbeitet worden, weil es an Selektivität bei <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>auswahl mangelte, eine<br />

"punktuelle Projektitis" (Nuscheler) vorherrschte, auf Konditionalität statt auf "Ownership"<br />

vertraut wurde <strong>und</strong> die vielen Geber nicht erkennbar auf ihre jeweiligen komparativen<br />

Vorteile gesetzt haben.<br />

Der erste Kritikpunkt hängt unmittelbar mit <strong>der</strong> wirtschaftlichen Globalisierung zusammen;<br />

<strong>der</strong> zweite Kritikpunkt hat nur scheinbar nichts mit <strong>der</strong> Globalisierung zu tun.<br />

Es ist verständlich, dass Institutionen <strong>der</strong> EZ in den Geberlän<strong>der</strong>n sich zunächst darauf konzentrieren,<br />

die Kritik an ihrer Arbeit abzuwehren. Sie sollten aber nicht über die "guten Nachrichten"<br />

hinwegsehen, die die meisten kritischen Studien für diese Institutionen bereit halten.<br />

Die Studien unterbreiten bedenkenswerte Reformvorschläge <strong>und</strong> - die beste Nachricht für<br />

jegliche Institution - sie schreiben <strong>der</strong> EZ im Allgemeinen <strong>und</strong> <strong>der</strong> TZ im Beson<strong>der</strong>en zusätzliche<br />

Aufgaben zu. Diese stellen sich insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> Bekämpfung von "global public<br />

bads". Häufig erwähnte Beispiele betreffen:<br />

- Medizinische Maßnahmen, um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten (vor allem<br />

von AIDS) einzudämmen;<br />

- Umweltpolitische Programme, um zur Lösung grenzüberschreiten<strong>der</strong> Umweltprobleme<br />

beizutragen;<br />

22


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

- Die finanz- <strong>und</strong> währungspolitische Steuerung sowie institutionelle Reformen, um Krisen<br />

wie in Asien <strong>und</strong> ihren internationalen Weiterungen vorzubeugen.<br />

In all diesen Bereichen ist die TZ in gleichem Maße wie die FZ gefragt. Während die FZ die<br />

Empfängerlän<strong>der</strong> mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen erst in die Lage versetzen mag, ihren<br />

Beitrag zu international vereinbarten Prioritäten zu leisten, kann die TZ diese Län<strong>der</strong> dabei<br />

unterstützen, ihre Interessen im internationalen Verhandlungsprozess über die globalen Prioritäten<br />

wirksamer als bisher zu vertreten. Die TZ ist zudem dann gefragt, wenn es darum<br />

geht, den Beitrag <strong>der</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong> zu den globalen Prioritäten möglichst effizient zu<br />

erbringen. Beide Aspekte <strong>der</strong> TZ in diesem Bereich dienen <strong>der</strong> Stärkung lokaler Kapazitäten,<br />

die unabdingbar sind, um globale Probleme wirksam angehen zu können.<br />

Bei <strong>der</strong> län<strong>der</strong>bezogenen EZ beschränken sich die guten Nachrichten darauf, dass selbst<br />

sehr kritische Studien <strong>der</strong> TZ <strong>und</strong> FZ zumeist nicht den Garaus machen wollen. Ohne Zweifel<br />

bedeuten die Reformvorschläge einen radikalen Bruch mit lieb gewonnenen Gewohnheiten,<br />

den keine gewachsene Institution lauthals begrüßen wird, selbst wenn kein Weg an<br />

einer gr<strong>und</strong>sätzlichen Umorientierung vorbei zu führen scheint. Vordringlich dürfte die Erkenntnis<br />

sein, dass eine den Partnerlän<strong>der</strong>n von den Gebern auferlegte Konditionalität wenig<br />

bewirkt <strong>und</strong> dass gute Projekte über den Erfolg <strong>der</strong> EZ wenig aussagen (für den Erfolg ist<br />

entscheidend, was mit den – durch die externe Hilfe – frei gesetzten lokalen Ressourcen<br />

geschieht).<br />

Diese Erkenntnis liegt dem so genannten Common Pool-Ansatz zugr<strong>und</strong>e. Demgemäß wäre<br />

es an den Partnerlän<strong>der</strong>n, eine eigenständige entwicklungspolitische Strategie mit Programmen,<br />

Projekten <strong>und</strong> Beratungsbedarf zu erarbeiten <strong>und</strong> den potentiellen Gebern vorzustellen.<br />

Die Geber hätten dann darüber zu entscheiden, welche Konzeption sie in welchem<br />

Umfang unterstützen wollen. Die bereitgestellten Ressourcen flössen in einen gemeinsamen<br />

"Topf" für das entsprechende Land. Den Gebern wäre es nicht mehr möglich, die Verwendung<br />

ihrer Mittel für spezifische Vorhaben festzulegen ("earmarking"); ein projektbezogenes<br />

Monitoring durch die Geber entfiele.<br />

Welche Rolle käme <strong>der</strong> TZ in einem solchen Konzept von EZ zu? Dies hinge in erster Linie<br />

von den Partnerlän<strong>der</strong>n ab. Diese würden auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des ihnen zur Verfügung gestellten<br />

Ressourcenpools technische Hilfe in den von ihnen als prioritär erachteten Bereichen<br />

nachfragen. Ein erster Bereich ist ziemlich offensichtlich: Vielen Entwicklungslän<strong>der</strong>n mangelt<br />

es an menschlichen, institutionellen <strong>und</strong> organisatorischen Kapazitäten, um die zentrale<br />

Voraussetzung des Common Pool-Ansatzes – die eigenständige Erarbeitung einer entwicklungspolitischen<br />

Strategie – zu erfüllen. Die Nachfrage nach technischer Hilfe dürfte sich also<br />

auf Anbieter richten, die am wirksamsten dabei helfen können, <strong>der</strong>artige Defizite abzubauen.<br />

Eine verstärkte Nachfrage dürfte zudem in solchen Politikbereichen auftreten, denen bei<br />

weltweit enger vernetzten Märkten <strong>und</strong> globalen Produktionsmustern eine wachsende Bedeutung<br />

zukommt. Dies gilt zum Einen für die – globalisierungsgerechte – Gestaltung <strong>der</strong> makroökonomischen<br />

Rahmenbedingungen. Zum An<strong>der</strong>en werden viele Entwicklungslän<strong>der</strong> nach<br />

den jüngsten Finanz- <strong>und</strong> Währungskrisen bestrebt sein, die institutionellen Gr<strong>und</strong>lagen zu<br />

schaffen bzw. zu stärken, um die Risiken ihrer Einbindung in die Weltwirtschaft zu begrenzen.<br />

Eine Nachfrage nach technischer Hilfe in diesem Bereich dürfte nicht nur auf nationaler Ebene<br />

bestehen, son<strong>der</strong>n auch auf <strong>der</strong> Ebene von Län<strong>der</strong>gruppen o<strong>der</strong> regionalen Zusammenschlüssen.<br />

23


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Schließlich kommt <strong>der</strong> Humankapitalbildung im Zeitalter <strong>der</strong> Globalisierung eine wichtige<br />

Bedeutung zu, weil die Standortentscheidungen ausländischer Direktinvestoren nicht zuletzt<br />

von <strong>der</strong> Verfügbarkeit komplementärer Produktionsfaktoren in den Gastlän<strong>der</strong>n abhängen.<br />

Eine starke Nachfrage nach technischer Hilfe im Bildungs-, Ausbildungs- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitssystem<br />

steht deshalb zu erwarten.<br />

Auf welche Geber bzw. Anbieter von technischer Hilfe sich die Nachfrage <strong>der</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong><br />

richtet, ergäbe sich aus <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> verschiedenen Angebote in<br />

den relevanten Bereichen. Finanzielle Beiträge Deutschlands zum Common Pool für ein bestimmtes<br />

Partnerland hätten nicht zwangsläufig zur Folge, dass dieses Land bei <strong>der</strong> GTZ<br />

technische Hilfe in Anspruch nähme, da das Land über die bereitgestellten Mittel frei verfügen<br />

könnte. Ein Land, das zum Beispiel einen Currency Board einführen will, wird sich möglicherweise<br />

durch einen argentinischen Experten währungspolitisch besser beraten fühlen<br />

als durch einen B<strong>und</strong>esbanker o<strong>der</strong> einen Ökonomen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft.<br />

Technische Hilfe beim Aufbau regionaler Institutionen wäre nicht länger die unangefochtene<br />

Domäne europäischer Geberlän<strong>der</strong>, wenn eine integrationsbereite Län<strong>der</strong>gruppe die<br />

Schwierigkeiten des MERCOSUR als relevanter für die eigene Vorgehensweise erachtet als<br />

die weit fortgeschrittene EU-Integration. In jedem Fall wären die traditionellen Anbieter von<br />

TZ gezwungen, ihr Leistungsprofil zu schärfen <strong>und</strong> ihr Angebot an ihren jeweiligen komparativen<br />

Vorteilen auszurichten. Die Wirksamkeit <strong>der</strong> TZ sollte sich dadurch erhöhen.<br />

Fazit: TZ ist im Zeitalter <strong>der</strong> Globalisierung weiterhin angebracht <strong>und</strong> dürfte in mancher Hinsicht<br />

noch an Bedeutung gew<strong>innen</strong>. An<strong>der</strong>erseits gehören die traditionellen Prozesse, Formen<br />

<strong>und</strong> Schwerpunkte <strong>der</strong> TZ genauso auf den Prüfstand wie die EZ im Allgemeinen.<br />

Durch die wirtschaftliche Globalisierung ergeben sich neue Prioritäten <strong>und</strong> zusätzliche Aufgaben.<br />

Reformbedarf bestünde aber selbst ohne Globalisierung.<br />

24


Internationale Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> bilaterale TZ<br />

Erich Stather<br />

Staatssekretär im B<strong>und</strong>esministerium für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit <strong>und</strong> Entwicklung<br />

1. Einleitung<br />

<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

In ihrem Bericht über zehn Fallstudien zu afrikanischen EL treffen die Autoren von „Aid and<br />

Reform in Africa“, eine Forschungsgruppe <strong>der</strong> Weltbank, einige lapidare Feststellungen. Es<br />

ist bemerkenswert, dass sie Technische Zusammenarbeit <strong>und</strong> Politikdialog in einem gemeinsamen<br />

Sachverhalt zusammenfassen. Ich habe mir die Freiheit genommen, in <strong>der</strong> deutschen<br />

Übersetzung aus „technical assistance“ Technische Zusammenarbeit (TZ) zu machen:<br />

Zitat: „Technische Zusammenarbeit o<strong>der</strong> Politikdialog sind Instrumente, die in je<strong>der</strong> Phase<br />

des Reformprozesses von Nutzen sind. Wird beides gut gemacht, hilft es dem Land in seinem<br />

eigenen Lernprozess bei <strong>der</strong> Politikgestaltung. Das heißt, es lernt von an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n<br />

<strong>und</strong> aus dem Experimentieren mit den eigenen Politiken. Die Fallstudien zeigen, dass TZ oft<br />

nicht gut gemacht wird. Sie neigt zur Unwirksamkeit, wenn sie „angebotsorientiert“ („supplydriven“)<br />

von den Gebern vorangetrieben wird. Aber in je<strong>der</strong> Phase eines Reformprozesses<br />

gibt es Gruppen innerhalb <strong>und</strong> außerhalb <strong>der</strong> Regierung, welche die Erfahrungen mit den<br />

neuen Politiken untersuchen <strong>und</strong> bewerten. Diese Gruppen entwickeln auch die Einzelheiten<br />

<strong>der</strong> Reformpolitik. Sie profitieren vom Austausch mit ausländischen Experten. Wo TZ gut<br />

funktioniert hat, da hat es einen echten gegenseitigen Lernprozess gegeben, auf beiden<br />

Seiten, bei den einheimischen <strong>und</strong> bei den ausländischen Fachleuten.“<br />

Mit wenigen Sätzen wird hier in sensitiver <strong>und</strong> durchaus kritischer Weise <strong>der</strong> Zusammenhang<br />

von Reformpolitik, Partizipation <strong>und</strong> Rolle einer mo<strong>der</strong>nen TZ angesprochen. Ich begrüße<br />

es sehr, dass die GTZ diesen Zusammenhang als Thema <strong>der</strong> diesjährigen <strong>Fachtage</strong><br />

gewählt hat. Ich möchte die internationale Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Thema „Menschen,<br />

Organisationen, Rahmenbedingungen“, international als „Capacity and Institutional Development“<br />

bezeichnet, in zweierlei Hinsicht ansprechen:<br />

1. Sie begegnet uns zunächst im Zusammenhang mit dem neuen gemeinsamen Anlauf<br />

multilateraler <strong>und</strong> bilateraler Geber, breite <strong>und</strong> wirksam koordinierte Unterstützung für<br />

ärmere Län<strong>der</strong> zu mobilisieren. Der Vorschlag von Weltbankpräsident Wolfensohn zu<br />

einem „Comprehensive Development Framework“ (CDF) <strong>und</strong> die Entschuldungsinitiative<br />

zugunsten hochverschuldeter ärmster Län<strong>der</strong> (HIPC) markieren die aktuellen Bemühungen<br />

um einen möglichst breit akzeptierten allgemeinen konzeptionellen Rahmen.<br />

Dieser wird verb<strong>und</strong>en mit dem Anspruch, einer systematischen <strong>und</strong> ganzheitlichen<br />

Sichtweise, einer konsequenten Koordinierung, vor allem aber dem Vorrang einer<br />

selbstbestimmten Entwicklung (aktuelles Schlagwort: „Ownership“) zur Geltung zu verhelfen.<br />

Derzeit werden die Prinzipien, Voraussetzungen <strong>und</strong> Verfahren, aber auch ganz<br />

konkrete ausgearbeitete Strategien zur Armutsmin<strong>der</strong>ung (PRSP) von Län<strong>der</strong>n wie Bolivien,<br />

Mauretanien, Uganda <strong>und</strong> Tansania beraten. Den Strategien wird eine Schlüsselrolle<br />

für die Gestaltung <strong>der</strong> künftigen För<strong>der</strong>maßnahmen zugewiesen, <strong>der</strong> multilateralen<br />

wie <strong>der</strong> bilateralen. Eine <strong>der</strong> zentralen Voraussetzungen für den Erfolg sind die hinrei-<br />

25


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

26<br />

chenden Fähigkeiten <strong>und</strong> Kapazitäten <strong>der</strong> betreffenden Län<strong>der</strong>, solche Strategien auszuarbeiten,<br />

im eigenen Lande <strong>und</strong> mit den Gebern abzustimmen sowie sie schließlich<br />

umzusetzen.<br />

2. Die internationale Dimension begegnet uns zweitens im län<strong>der</strong>übergreifenden, ja globalen<br />

Charakter von Potentialen, Problemen <strong>und</strong> Aufgaben in <strong>der</strong> Entwicklungspolitik,<br />

die es mit entsprechenden Fähigkeiten <strong>und</strong> Kapazitäten von Menschen, Organisationen<br />

<strong>und</strong> Institutionen auf den unterschiedlichen Ebenen zu erschließen o<strong>der</strong> anzugehen gilt.<br />

In beiden Fällen geht es um Inhalte <strong>und</strong> Prioritäten von Politik, um Vorgehens- <strong>und</strong> Verfahrensweisen,<br />

um eine schier unübersehbare Zahl von Partnerschaften in <strong>der</strong> Kooperation,<br />

aber auch um das Verfolgen <strong>und</strong> den Ausgleich von Interessen, um das Einbringen von Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> das Vertreten von Werten aus unserer Gesellschaft.<br />

Im Folgenden werde ich den Begriff Technische Zusammenarbeit in einem eher weiten Sinne<br />

verwenden. Für den Zweck dieser Diskussion wird die im deutschen EZ-System übliche<br />

Unterscheidung zwischen „staatlicher“ <strong>und</strong> „nichtstaatlicher“ TZ nicht behandelt. Die nichtstaatlichen<br />

Kooperationen haben hier ihre eigene, beson<strong>der</strong>e Bedeutung.<br />

2. Zur aktuellen entwicklungspolitischen Lage<br />

Lassen Sie mich kurz umreissen, welcher Bandbreite an Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Differenzierung<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> sich die EZ heute gegenüber sieht:<br />

Es gibt weiterhin Entwicklungslän<strong>der</strong>, bei denen die Armut an Ressourcen ins Auge springt,<br />

wo es einen Wettlauf zwischen <strong>der</strong> Mobilisierung knapper Ressourcen <strong>und</strong> dem Bevölkerungswachstum<br />

gibt, wo <strong>der</strong> Kampf um knapper werdende natürliche Ressourcen zu bedrohlichen<br />

Konflikten führt.<br />

In an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n fehlt es we<strong>der</strong> an Rohstoffen noch an Landreserven, theoretisch auch<br />

nicht an finanziellen Möglichkeiten, Menschen auszubilden o<strong>der</strong> den Einsatz ausgebildeter<br />

Menschen zu ermöglichen. Konflikte o<strong>der</strong> die Abwesenheit an stabilen, tragfähigen <strong>und</strong> berechenbaren<br />

politischen <strong>und</strong> institutionellen Strukturen verhin<strong>der</strong>n es aber, dass von den<br />

Ressourcen ein guter Gebrauch zugunsten <strong>der</strong> Bevölkerung gemacht wird. Im Gegenteil, in<br />

einigen Fällen hat die Verfügbarkeit von Öl o<strong>der</strong> Diamanten dazu beigetragen, vorhandene<br />

politische <strong>und</strong> soziale Strukturen zu destabilisieren, gewaltsame Konflikte zu schüren <strong>und</strong><br />

Kriege zu verlängern.<br />

In einer dritten Gruppe haben wir es mit Län<strong>der</strong>n zu tun, in denen eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik<br />

betrieben wird, mit bedeutenden Zentren dynamischen Wirtschaftswachstums,<br />

mit wachsenden Potentialen an ausgebildeten Menschen. Für große Teile <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

bleibt indessen <strong>der</strong> Zugang zu produktiver Arbeit, zu an<strong>der</strong>en wirtschaftlichen Chancen <strong>und</strong><br />

zu den für ihr Leben notwendigen sozialen Dienstleistungen ganz o<strong>der</strong> weitgehend versperrt.<br />

Anpassungslasten sind ungleich verteilt; gleichzeitig verlieren die traditionellen Netzwerke<br />

sozialer Sicherung an Vitalität <strong>und</strong> Bedeutung. In diesen o<strong>der</strong> auch in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n ist<br />

die Erhaltung <strong>der</strong> natürlichen Lebensgr<strong>und</strong>lagen bedroht.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Die gewachsene Bedeutung län<strong>der</strong>übergreifen<strong>der</strong> <strong>und</strong> auch globaler Probleme ist offensichtlich.<br />

Ich nenne nur den Schutz des Klimas o<strong>der</strong> die vorbeugende Anpassung an ihren Wandel,<br />

die nachhaltige <strong>und</strong> ausgeglichene Nutzung zunehmend knapper Wasservorräte, die<br />

Bewahrung <strong>und</strong> Erhaltung von Tropenwäl<strong>der</strong>n <strong>und</strong> <strong>der</strong> Schutz gegen grenzüberschreitende<br />

Umweltverschmutzung, die alarmierende globale Dimension <strong>der</strong> AIDS-Epidemie. Entwicklungslän<strong>der</strong><br />

sind zugleich Betroffene <strong>und</strong> Handelnde in Fragen des Schutzes für Klima <strong>und</strong><br />

Umwelt (z.B. Inseln <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Staaten mit flachen Küsten). Ihre empfindlichen Lebensgr<strong>und</strong>lagen<br />

sind beson<strong>der</strong>s bedroht, ihre Mitwirkung bei <strong>der</strong> Analyse von Ursachen, Trends<br />

<strong>und</strong> Zusammenhängen ist unverzichtbar.<br />

Soziale Phänomene wie die Missachtung von Menschenrechten, die Ungleichbehandlung /<br />

Benachteiligung von Frauen – ein Entwicklungshemmnis ersten Ranges - o<strong>der</strong> die krasse<br />

Ungleichheit von Arbeitsbedingungen werden zunehmend als Fel<strong>der</strong> für län<strong>der</strong>übergreifendes<br />

Handeln erkannt. Vielfach sind sie mit an<strong>der</strong>en Entwicklungen, etwa <strong>der</strong> Entwicklung<br />

o<strong>der</strong> Erschwerung von Handelsbeziehungen verwoben.<br />

Offensichtlich ist die Fähigkeit <strong>und</strong> Bereitschaft von Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Regionen sehr ungleich<br />

verteilt, die großen <strong>und</strong> interdependenten Probleme anzupacken – dies zum Nachteil <strong>der</strong><br />

anstehenden Aufgaben. Mit <strong>der</strong> Erkenntnis von <strong>der</strong> Schwäche entwicklungswichtiger Strukturen<br />

ist aber auch das Interesse, nicht zuletzt unser ureigenes, gewachsen, zu <strong>der</strong> Lösung<br />

zunächst fern <strong>und</strong> abseits erscheinen<strong>der</strong> Probleme beizutragen. Die Mitarbeit an internationalen<br />

Regelwerken, die aktive Teilhabe an koordinierten Aktionen <strong>der</strong> Gebergemeinschaft<br />

<strong>und</strong> die Stärkung von Institutionen in unseren Partnerlän<strong>der</strong>n können für die deutsche Entwicklungspolitik<br />

keine Alternativen sein. Es sind unverzichtbare, sich gegenseitig ergänzende<br />

<strong>und</strong> hoffentlich verstärkende Elemente.<br />

3. „Capacity and institutional Development“ in <strong>der</strong> internationalen Debatte<br />

Es gibt einen breiten internationalen Konsens über den Stellenwert <strong>der</strong> institutionellen <strong>und</strong><br />

organisatorischen Kapazitäten <strong>der</strong> Entwicklungs- <strong>und</strong> Transformationslän<strong>der</strong>. Der Befähigung<br />

<strong>der</strong> institutionellen Kapazitäten wird in den Diskussionen um das Comprehensive Development<br />

Framework (CDF) eine große Bedeutung beigemessen. Sie dürfen schon als begrenzende<br />

<strong>und</strong> einschränkende Faktoren nicht vernachlässigt werden. Entsprechendes gilt<br />

für die Ausarbeitung <strong>und</strong> Bewertung von Strategien zur Armutsmin<strong>der</strong>ung, den PRSP, in den<br />

Län<strong>der</strong>n, die <strong>der</strong>zeit im Zuge <strong>der</strong> HIPC-Initiative zur Schuldenentlastung von einer ganzen<br />

Reihe von Län<strong>der</strong>n formuliert werden.<br />

Für den Entwicklungsausschuss <strong>der</strong> OECD ist die Entwicklung von Institutionen traditionell<br />

ein wichtiges Thema. Das hochrangige Treffen des DAC vom 11. bis 12. Mai <strong>2000</strong> widmete<br />

sich ihm in mehreren Zusammenhängen. Im Bereich Handel <strong>und</strong> Entwicklung seien aufgebaute<br />

Kapazitäten Voraussetzung für den kompetenten Umgang mit handelspolitischen Fragen<br />

<strong>und</strong> Verhandlungen, einschließlich <strong>der</strong> Erhebung <strong>und</strong> Aufbereitung statistischer Daten.<br />

Die Formulierung von Politiken in einer auf Wettbewerb beruhenden Wirtschaftsordnung <strong>und</strong><br />

nicht zuletzt <strong>der</strong> Aufbau <strong>und</strong> die Qualifizierung von Institutionen im Finanzsektor werden unter<br />

den Prioritäten aufgeführt. Der DAC hebt neben dem Prinzip <strong>der</strong> „Ownership“ die notwendige<br />

Harmonisierung <strong>der</strong> Verfahren bei <strong>der</strong> Vorbereitung, Umsetzung <strong>und</strong> Überwachung<br />

27


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

von För<strong>der</strong>programmen sowie die institutionelle Kompetenz <strong>der</strong> begünstigten Län<strong>der</strong> hervor,<br />

die Koordinierung <strong>der</strong> Programme selbst in die Hand zu nehmen.<br />

In ihrer Mitteilung „Die Entwicklungspolitik <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft“ vom 26. April<br />

<strong>2000</strong> zählt die Kommission <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaften den „Aufbau institutioneller<br />

Kapazitäten, verantwortliche Verwaltungsführung <strong>und</strong> Rechtsstaatlichkeit“ zu den sechs vorrangigen<br />

Aktionsfel<strong>der</strong>n für die Entwicklungshilfe <strong>der</strong> Gemeinschaft. Der Aufbau institutioneller<br />

Kapazitäten wird als Schlüsselelement für die Armutsbekämpfung angesehen. Verantwortlichen<br />

Verwaltungen <strong>und</strong> Institutionen, die über die Rechtsstaatlichkeit wachen, wird<br />

zentrale Bedeutung für Frieden <strong>und</strong> Stabilität wie auch für wirtschaftliches Wachstum beigemessen.<br />

Schließlich sollten die Entwicklungslän<strong>der</strong> dabei unterstützt werden, ihre Verhandlungskapazitäten<br />

für die Mitwirkung in solchen internationalen Gremien aufzubauen, die<br />

sich mit Wirtschafts- <strong>und</strong> Handelspolitik, sozialen Fragen <strong>und</strong> mit Umweltschutz befassen.<br />

4. Ansatzpunkte für die TZ <strong>und</strong> Merkmale <strong>der</strong> in TZ diesem Zusammenhang<br />

Gerade im Hinblick auf die internationalen Herausfor<strong>der</strong>ungen kommt es m. E. darauf an:<br />

- Das Aufgabenspektrum <strong>der</strong> deutschen Entwicklungspolitik <strong>und</strong> beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> TZ im<br />

Sinne von Capacity Development zu sichten, unter Umständen zu erweitern, einen<br />

umfassen<strong>der</strong>en Begriff von Institutionen zugr<strong>und</strong>e zu legen <strong>und</strong> die spezifischen Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong> TZ genauer zu bestimmen;<br />

- Die TZ zu stärken in ihrer Fähigkeit, angemessen im aktuellen internationalen Kontext<br />

tätig <strong>und</strong> wirksam zu werden, vor allem auch bei <strong>der</strong> Verknüpfung von Aufgaben <strong>der</strong><br />

globalen Strukturpolitik <strong>und</strong> <strong>der</strong> Stärkung <strong>der</strong> einschlägigen Institutionen <strong>und</strong> Strukturen<br />

in unseren Partnerlän<strong>der</strong>n;<br />

- die deutsche TZ im Kontext <strong>der</strong> internationalen Gebergemeinschaft zu positionieren.<br />

4.1 Aufgaben mo<strong>der</strong>ner TZ auf dem Gebiet Capacity and Institutional<br />

Development<br />

Die Entwicklungspolitik hat es nicht mehr, falls das jemals <strong>der</strong> Fall gewesen ist, mit eindimensionalen<br />

Problemen zu tun. Die Strategien zur Überwindung von Engpässen <strong>und</strong> Defiziten<br />

laufen nicht einfach auf ein Mehr an Kapitaleinsatz <strong>und</strong> Personalaufwand (etwa für<br />

Ausbildung) hinaus. Es geht um die För<strong>der</strong>ung von Institutionen in einem weiten Sinne.<br />

Das Verständnis von „Institutionen“ soll hier umfassen:<br />

- Organisationen wie staatliche Instanzen, Verbände, Familien;<br />

- Juristische Normen, Traditionen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Verhaltensregeln;<br />

- Regeln o<strong>der</strong> Verfahren, mit <strong>der</strong>en Hilfe in <strong>der</strong> Gesellschaft Entscheidungen getroffen<br />

werden.<br />

28


4.2 Mo<strong>der</strong>ne TZ im internationalen Kontext<br />

<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Wenn wir uns aktiv in die konzeptionellen Diskussionen um das CDF o<strong>der</strong> die PRSP einschalten,<br />

geht es nicht etwa um f<strong>und</strong>amental neue entwicklungspolitische Erkenntnisse,<br />

son<strong>der</strong>n darum, die Chancen <strong>der</strong> Zeit zu nutzen <strong>und</strong> mit wichtigen Verbündeten (z. B. <strong>der</strong><br />

Weltbank) den als richtig erkannten Prinzipien für eine wirksame Hilfe gemeinsam in <strong>der</strong><br />

Praxis umzusetzen. Es macht die Hilfe von außen effizienter <strong>und</strong> in ihren Wirkungen nachhaltiger,<br />

wenn es den armen EL gelingt, selbstbestimmte Strategien zur Min<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Armut<br />

im Lande selbst zu formulieren <strong>und</strong> durchzuführen, die Unterstützung dafür selbst zu<br />

koordinieren.<br />

Was die umfassenden Konzeptionen wie CDF <strong>und</strong> PRSP <strong>und</strong> den Stellenwert <strong>der</strong> externen<br />

Unterstützung dabei angeht, gibt es allerdings einige Fallstricke <strong>und</strong> Spannungsverhältnisse,<br />

die man nicht unterschätzen sollte. Wie hilft man etwa als Vertreter einer mächtigen internationalen<br />

Organisation den Aufbau von Institutionen in einem armen Land mit schwachen<br />

Strukturen <strong>und</strong> entgeht den Gefahren <strong>und</strong> Versuchungen, die mit <strong>der</strong> Dominanz <strong>der</strong> eigenen<br />

Position verb<strong>und</strong>en sind?<br />

Dem Konzept des CDF ist zuweilen eine zentralistische Tendenz unterstellt worden. Wie<br />

verhalten sich ganzheitlicher Ansatz <strong>und</strong> die For<strong>der</strong>ung nach effizienter Koordinierung <strong>und</strong><br />

Arbeitsteilung zu <strong>der</strong> Offenheit <strong>der</strong> gewollten Abstimmungsprozesse im Partnerland? Es soll<br />

doch eine Vielzahl gesellschaftlicher <strong>und</strong> wirtschaftlicher Akteure, unter Einschluss <strong>der</strong> Zivilgesellschaft,<br />

beteiligt werden. Wo kann För<strong>der</strong>ung von außen diese Prozesse unterstützen,<br />

ohne sie zu verfälschen? Auf welche Weise kann man unmittelbar <strong>und</strong> dezentral auf den<br />

Bedarf von einzelnen Akteuren reagieren? - Ich glaube, dass gerade hier Erfahrungen aus<br />

<strong>der</strong> bilateralen TZ mit ihren engen <strong>und</strong> vielfältigen Kontakten nützlich sind <strong>und</strong> eingebracht<br />

werden können, ohne dass die TZ sich den Verdacht <strong>der</strong> „Projektitis“ zuziehen müsste.<br />

Die Koordinierungskapazität von Partnerorganisationen können <strong>und</strong> wollen wir verbessern,<br />

wenn dies von diesen gewünscht wird.<br />

Wir sollten die direkte Kooperation mit an<strong>der</strong>en Gebern, internationalen wie bilateralen ausbauen<br />

<strong>und</strong> ihre Möglichkeiten nutzen. Sie sollte sich mehr <strong>und</strong> mehr auch auf gemeinsame<br />

Analysen <strong>und</strong> Evaluierungen erstrecken. Damit würde auch die Verständigung über Begriffe,<br />

Bewertungskriterien <strong>und</strong> entwicklungspolitische Konditionierung von För<strong>der</strong>maßnahmen erleichtert.<br />

Im Sinne <strong>der</strong> oft beschworenen Orientierung <strong>der</strong> EZ an Ergebnissen könnte die<br />

Bestimmung von Indikatoren zur Bewertung von Erfolgen besser zusammengeführt werden,<br />

dies auch auf dem komplizierten Gebiet <strong>der</strong> Qualifizierung von Organisationen.<br />

4.3 Zur Ausrichtung <strong>und</strong> Positionierung <strong>der</strong> TZ<br />

Die international gewollte Koordinierung <strong>und</strong> Arbeitsteilung einerseits <strong>und</strong> die aus Gründen<br />

<strong>der</strong> Signifikanz <strong>und</strong> Effizienz notwendige Bündelung unserer eigenen Beiträge an<strong>der</strong>erseits<br />

gebieten es, die Stärken <strong>und</strong> komparativen Vorteile <strong>der</strong> deutschen TZ zu identifizieren <strong>und</strong><br />

zur Geltung bringen. Dazu gehört es, die Verbindungen zur eigenen Gesellschaft <strong>und</strong> Wirtschaft,<br />

zu Forschungs- <strong>und</strong> Bildungseinrichtungen zu halten <strong>und</strong> auszubauen. Dies kann<br />

29


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

wie<strong>der</strong>um Verständnis <strong>und</strong> Unterstützung in Deutschland für die Aufgaben <strong>der</strong> Entwicklungspolitik<br />

mobilisieren helfen.<br />

Die oft beschworene Gegenseitigkeit von Kooperation mit den Partnerlän<strong>der</strong>n erhält eine<br />

größere Chance; Erkenntnisse, Erfahrungen <strong>und</strong> Ergebnisse von Lernprozessen werden in<br />

die eigene Gesellschaft zurück geleitet.<br />

Die vielfältige Landschaft <strong>der</strong> in <strong>der</strong> EZ tätigen deutschen Organisationen, oft als Hypothek<br />

<strong>und</strong> Hemmnis empf<strong>und</strong>en, bietet beson<strong>der</strong>e Chancen, den Gefahren von Zentralismus <strong>und</strong><br />

Dominanz zu begegnen, Offenheit <strong>und</strong> Pluralismus in den Partnerlän<strong>der</strong>n zu stärken.<br />

Es hat nicht zuletzt auf dem politisch sensiblen Gebiet <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von Menschen, Organisationen<br />

<strong>und</strong> Institutionen Vorteile, wenn Herkunft, Legitimation <strong>und</strong> <strong>der</strong> konkrete Erfahrungshintergr<strong>und</strong><br />

von För<strong>der</strong>maßnahmen für die Partner in <strong>der</strong> EZ kenntlich sind. Die Transparenz<br />

von Interessen <strong>und</strong> Werten macht sie zum Gegenstand des partnerschaftlichen Dialogs.<br />

Dies ist vor allem bei <strong>der</strong> Entscheidung <strong>der</strong> Partner über ihre Optionen wichtig.<br />

Es wird immer wie<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lich sein, eine nüchterne Bewertung von Unterschieden <strong>und</strong><br />

Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> multilateralen, europäischen <strong>und</strong> bilateralen EZ vorzunehmen, unter<br />

allgemeinen Gesichtspunkten <strong>und</strong> auf den konkreten Fall bezogen. Sie ist nicht einfach <strong>und</strong><br />

wird zuweilen kontrovers sein. – Ein Feld solcher Diskussion könnte die erneut anstehende<br />

Debatte zur Abstimmung zwischen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft <strong>und</strong> den Mitgliedstaaten<br />

<strong>der</strong> Union unter dem Stichwort Komplementarität werden. Das für die Gemeinschaftshilfe<br />

reklamierte beson<strong>der</strong>e Aktionsfeld „Aufbau institutioneller Kapazitäten, verantwortungsvolle<br />

Verwaltungsführung <strong>und</strong> Rechtsstaatlichkeit“ ist hier von beson<strong>der</strong>em Interesse.<br />

5. Zusammenfassung<br />

Die Aufgaben <strong>der</strong> Entwicklungspolitik sind über die Finanzierung von Devisenkosten von<br />

Investitionen, über Ausbildungsprogramme <strong>und</strong> die För<strong>der</strong>ung von Trägern <strong>der</strong> Projekte <strong>und</strong><br />

Programme in <strong>der</strong> EZ hinaus gegangen. Es bedarf, wie es im Klappentext des Programmheftes<br />

zu den diesjährigen <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong>n heißt, „<strong>der</strong> Entwicklung eines leistungsför<strong>der</strong>nden<br />

politisch-institutionellen Umfeldes.“<br />

Die deutsche Entwicklungspolitik verfügt über die Kompetenz, den Erfahrungshintergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> die Lernfähigkeit, sich auf neue Herausfor<strong>der</strong>ungen einzustellen. Dies gilt gerade auch<br />

für den Aufbau <strong>und</strong> die Stärkung von Organisationen <strong>und</strong> Institutionen, für die Qualifizierung<br />

von Menschen. Es gilt für die EZ mit Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Regionen ebenso wie für die Beratung<br />

internationaler Regelwerke <strong>und</strong> ihre aktive Mitgestaltung. Wir sind aktiv an <strong>der</strong> Beratung <strong>und</strong><br />

Realisierung von internationalen Rahmenkonzepten <strong>und</strong> an Initiativen zur besseren Koordinierung<br />

beteiligt; wir werden sie bei Entscheidungen über Prioritäten <strong>und</strong> in unseren Vorgehensweisen<br />

berücksichtigen. Um unsere Einsichten, Stärken <strong>und</strong> unseren Einfluss zur Geltung<br />

zu bringen, wird es erfor<strong>der</strong>lich sein, unsere Kräfte <strong>und</strong> Mittel programmatisch stärker<br />

zu bündeln <strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong> auch Anpassungen in <strong>der</strong> Organisation des deutschen EZ-<br />

Systems vorzunehmen. Insgesamt aber ist die deutsche Entwicklungspolitik, <strong>und</strong> beson<strong>der</strong>s<br />

auch die deutsche TZ, gut gerüstet.<br />

30


Zusammenfassung <strong>der</strong> Podiumsdiskussion<br />

<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Teilnehmer/-<strong>innen</strong>: Dr. Bernd Eisenblätter, Cecilia López, Dr. Peter Nunnenkamp,<br />

Prof. Dr. Franz Nuscheler, Erich Stather<br />

Mo<strong>der</strong>ation: Wofgang Schmitt<br />

Protokoll: Uta Dannenmann, Eberhard Hauser<br />

Die Podiumsdiskussion widmete sich <strong>der</strong> Frage, wie EZ zukünftig gestaltet werden solle, um<br />

Sinnhaftigkeit <strong>und</strong> Erfolg zu gewährleisten. Die Meinungen schwankten dabei zwischen zwei<br />

Ansätzen: dem "Common Pool"-Ansatz sowie einer stärkeren Multilateralisierung <strong>der</strong> EZ bei<br />

bestehen<strong>der</strong> Berechtigung bilateraler EZ. Einigkeit bestand in <strong>der</strong> Vermeidung von isolierten<br />

Projekten.<br />

1. Der Common Pool-Ansatz<br />

In diesem Zusammenhang wurden insbeson<strong>der</strong>e folgende Punkte diskutiert:<br />

Korruption: Herr Nuscheler wies darauf hin, dass es sich bei einem "Common Pool“ schwierig<br />

erweisen würde, <strong>der</strong> Korruption Einhalt zu gebieten. Herr Nunnenkamp vertrat jedoch die<br />

Ansicht, Korruption würde mit einem "Common Pool" nicht unbedingt verstärkt. Durch Selektivität<br />

von Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong> einem damit verb<strong>und</strong>enen Zuschuss in den Staatshaushalt als Belohnung<br />

für "gute" Politik könne Korruption vielmehr bekämpft werden. Frau López unterstrich,<br />

dass im Hinblick auf Dezentralisierung <strong>und</strong> Korruption eine romantische Vorstellung<br />

herrsche: Korruption würde genauso auf lokaler Ebene praktiziert.<br />

Zielgruppennähe <strong>und</strong> Empowerment: In Anlehnung an den Vortrag von Frau López stellte<br />

Herr Eisenblätter in Frage, ob überhaupt alle Partnerregierungen die Legitimation <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

haben. Er gab zu bedenken, dass die in einem "Common Pool" vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen möglicherweise nicht dem entsprechen, was benachteiligte Gruppen wünschen.<br />

Ein "Common Pool" begünstige hauptsächlich Gruppen an <strong>der</strong> Macht <strong>und</strong> marginalisiere<br />

schwache Gruppen. Gerade die EZ müsse Benachteiligte unterstützen, damit sie sich in den<br />

politischen Willensbildungsprozess einbringen können (Empowerment).<br />

Frau Lopez bemerkte, dass die Armutsvermin<strong>der</strong>ung auch weiterhin eine hohe Priorität in<br />

<strong>der</strong> TZ darstellen sollte. Herr Nunnenkamp vertrat dagegen die Ansicht, dass "Empowerment“<br />

von Gruppen eine Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> EZ darstelle, es sei vielmehr eine politische Aufgabe,<br />

die am ehesten durch ein Anreizsystem geschaffen werden könne. Er stellte die Frage,<br />

was effizienter ist: selbst "Empowerment" zu leisten o<strong>der</strong> "Empowerment"-<br />

Anstrengungen <strong>der</strong> Partnerregierung zu unterstützen. Die Zielsetzung sei keine an<strong>der</strong>e, lediglich<br />

die Instrumente.<br />

Rolle <strong>der</strong> Partnerregierungen: Herr Nunnenkamp unterstrich, dass politische Än<strong>der</strong>ungen<br />

durch die Län<strong>der</strong> selbst erfolgen müssen. Politischer Druck zur Beschleunigung von Än<strong>der</strong>ungen<br />

könne nicht durch Projekte erfolgen, son<strong>der</strong>n nur durch die am politischen Dialog<br />

beteiligten Partner. Er stellte klar, dass er keinen schwachen Staat wolle, son<strong>der</strong>n einen<br />

starken, aber schlanken Staat.<br />

31


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

Herr Eisenblätter stellte die Frage, ob Partnerregierungen von sich aus konkrete entwicklungspolitische<br />

Vorstellungen haben. Herr Stather betonte, die freie Verfügung über die Mittel<br />

könnte aus EZ-Sicht zu einer Fehlallokation führen, indem mehr Mittel in den militärischen<br />

Bereich geleitet würden <strong>und</strong> keine EZ-Leistungen nachfragt werden würden.<br />

2. Stärkere Multilateralisierung<br />

Frau Lopez betonte, dass TZ Projekte im Prinzip alle erfolgreich sind, sich aber nicht zu<br />

einem Ganzen subsumieren <strong>und</strong> kritisierte insbeson<strong>der</strong>e die Erarbeitung von Modellösungen,<br />

die nicht weiter verfolgt <strong>und</strong> repliziert werden. Sie vertrat einen "inter-agency-approach":<br />

Zusammen mit <strong>der</strong> Partnerregierung wird eine nationale Strategie erarbeitet, die Umsetzung<br />

verbleibt bei den Partnern.<br />

Herr Nunnenkamp gab zu bedenken, dass die Kosten einer Koordination nicht den erwarteten<br />

Nutzen übersteigen sollten. Mit einem "Common Pool" entfalle eine teure <strong>und</strong> schwierige<br />

Projektkoordination.<br />

Die von Herrn Schmitt gestellte Frage: "Gibt es ein deutsches Interesse?" wurde im Verlauf<br />

<strong>der</strong> Diskussion positiv beantwortet. Herr Strather betonte, dass Deutschland mit <strong>der</strong> EZ Außenhandelsinteressen<br />

sowie das Interesse verbinde, Migrationsströme nach Europa zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Ob dies jedoch bilaterale Projekte rechtfertige, wurde unterschiedlich beantwortet:<br />

Herr Nunnenkamp vertrat die Ansicht, dass die Vertretung deutscher EZ-Interessen im Rahmen<br />

einer europäischen EZ möglich wäre <strong>und</strong> auch die Beteiligung an einer globalen Entwicklung<br />

das Interesse <strong>der</strong> deutschen Politik wi<strong>der</strong>spiegeln würde.<br />

Herr Eisenblätter dagegen betonte die Notwendigkeit bilateraler EZ, beispielsweise bei<br />

einem Wettbewerb zwischen politischen Systemen (wie bei EZ mit Transformationslän<strong>der</strong>n<br />

zu beobachten ist). Eine deutsche EZ favorisiere Lösungen, die auf deutschen Erfahrungen<br />

gründen. Hinzu komme eine bei Evaluierungen schlechtere Bewertung <strong>der</strong> EU Projekte im<br />

Vergleich zu bilateral durchgeführten Projekten <strong>der</strong> deutschen EZ. Allerdings sollte eine Kofinanzierung<br />

häufiger in Betracht gezogen werden. Darüber hinaus steht die GTZ mit ihren<br />

Leistungen bei <strong>der</strong> EU heute schon in einem Wettbewerb um die Projekte.<br />

Herr Nuscheler for<strong>der</strong>t in diesem Zusammenhang keine Ablösung des Bilateralismus durch<br />

Multilateralismus, son<strong>der</strong>n eine stärkere Koordination <strong>der</strong> EZ auf politischer Ebene <strong>und</strong> nicht<br />

auf Durchführungsebene.<br />

Eng mit <strong>der</strong> Frage, wie die EZ in Zukunft gestaltet werden soll, hing auch die Frage mit <strong>der</strong><br />

Akzeptanz <strong>und</strong> Legitimität <strong>der</strong> EZ zusammen. Legitimität wurde dabei eng mit Erfolg verknüpft.<br />

Herr Nunnenkamp war <strong>der</strong> Meinung, dass die Akzeptanz <strong>der</strong> EZ umso größer wäre, je mehr<br />

Erfolge sie vorweisen könne. Die Bevölkerung bezweifele nicht den Sinn <strong>der</strong> EZ allgemein,<br />

son<strong>der</strong>n ob die EZ Sinn mache. Er gab allerdings zu bedenken, man könne keine Aussagen<br />

über die Sinnhaftigkeit von Projekten machen, solange man nicht wisse, was Regierungen<br />

mit dem Geld gemacht hätten, das aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> finanziellen Zuwendungen <strong>der</strong> Geber freigesetzt<br />

wurde. Er räumte zugleich ein, dass es dafür noch keine validen Evaluierungskriterien<br />

32


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> – Dokumentation <strong>der</strong> Plenumsveranstaltung<br />

gebe. GTZ <strong>und</strong> Weltbank dokumentieren die Erfolge ihrer Arbeit hinreichend positiv, schenken<br />

den Problemen aber zu wenig Aufmerksamkeit.<br />

Dagegen betonte Herr Stather, dass für die Presse die Regel gilt: „bad news = good news “.<br />

Sensationen liessen sich besser verkaufen als unspektakuläre Projekterfolge. Eine ganze<br />

Reihe von EL hätte es immerhin geschafft, zu Schwellenlän<strong>der</strong>n aufzusteigen <strong>und</strong> die<br />

Gr<strong>und</strong>bildung habe sich in vielen Teilen <strong>der</strong> Dritten Welt wesentlich verbessert.<br />

33


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

II. DOKUMENTATION DER GRUPPENARBEIT<br />

Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

1. WTO: Ein Konfliktfeld entwicklungspolitischer Ziele? ...............................36<br />

Kinka Gerke-Unger, GTZ-Abteilung: Drittgeschäft Mittelmeer,<br />

Europa, Zentralasien, Transformationsprogramm<br />

2. Eight Year After Rio: What Can Technical Co-operation<br />

Contribute to the Global Dialogue on Forests?............................................41<br />

Dr. Christian Mersmann, Evy Thies,<br />

GTZ-Arbeitsfeld: Politik <strong>und</strong> Regionalentwicklung<br />

35


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

1. WTO: Ein Konfliktfeld entwicklungspolitischer Ziele?<br />

36<br />

Kinka Gerke-Unger, GTZ-Abteilung: Drittgeschäft Mittelmeer, Europa, Zentralasien,<br />

Transformationsprogramm<br />

Durch die Schaffung <strong>der</strong> Welthandelsorganisation (World Trade Organization – WTO) wurde<br />

das alte General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) abgelöst, dessen Sekretariat in<br />

Genf bis dahin de facto als internationale Handelsorganisation fungierte. Mit <strong>der</strong> Gründung<br />

<strong>der</strong> WTO sowie <strong>der</strong> parallelen Vertiefung <strong>und</strong> Ausweitung des Regelwerkes für den internationalen<br />

Handel auf Dienstleistungen, die Einbeziehung von handelsbezogenen Investitionsmaßnahmen<br />

<strong>und</strong> geistigen Eigentumsschutz sowie die Reform des Streitschlichtungsverfahrens<br />

ist das öffentliche Interesse für das internationale Handelsregime stark gestiegen.<br />

Für die Entwicklungslän<strong>der</strong> hatten die im Zuge <strong>der</strong> Uruguay-Verhandlungsr<strong>und</strong>e vorgenommenen<br />

Reformen zwei entscheidende Konsequenzen: Wollten die Entwicklungslän<strong>der</strong>, die<br />

bereits Vertragsparteien des GATT waren, Mitglied in <strong>der</strong> Nachfolgeorganisation bleiben, so<br />

mussten sie sehr viel umfangreichere Verpflichtungen eingehen, da die WTO-Mitgliedschaft<br />

sie zur Unterzeichnung aller im Rahmen <strong>der</strong> Uruguay-R<strong>und</strong>e vereinbarten Handelsabkommen<br />

verpflichtete. Für Entwicklungslän<strong>der</strong> hingegen, die bisher noch nicht Mitglie<strong>der</strong> des<br />

GATT waren, wurde, wollten sie erfolgreich am internationalen Handel teilnehmen, die Mitgliedschaft<br />

in <strong>der</strong> WTO nahezu unumgänglich. Kurz: Die Mitgliedschaft in <strong>der</strong> WTO ist für<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong> nicht nur aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> durch die Verabschiedung <strong>der</strong> Abkommen <strong>der</strong><br />

Uruguay-R<strong>und</strong>en gestiegenen Reichweite des Regelwerks von Bedeutung, son<strong>der</strong>n auch,<br />

weil sie unverzichtbar ist für die Umsetzung <strong>der</strong> seit den achtziger Jahren verfolgten, auf<br />

Weltmarktintegration ausgerichteten handels- <strong>und</strong> wirtschaftspolitischen Strategie.<br />

Parallel zu den gestiegenen Anfor<strong>der</strong>ungen einer Mitgliedschaft in <strong>der</strong> WTO ist auch die<br />

Nachfrage nach WTO-bezogener technischer Kooperation gestiegen. Sie wurde in <strong>der</strong> Uruguay-R<strong>und</strong>e<br />

den Entwicklungslän<strong>der</strong>n von den Industrielän<strong>der</strong>n zugesagt, um ihnen die Zustimmung<br />

zu den gestiegenen Verpflichtungen abzuringen. Ziel <strong>der</strong> WTO-bezogenen TZ ist<br />

es:<br />

- Die Entwicklungslän<strong>der</strong> bei ihren Bemühungen zu unterstützen, die Chancen, die eine<br />

vollwertige Mitgliedschaft in <strong>der</strong> WTO bietet, zu nutzen;<br />

- Sie bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen zu unterstützen;<br />

- Sie in die Lage zu versetzen, ihre Interessen in <strong>der</strong> WTO besser einzubringen <strong>und</strong> aktiv<br />

an <strong>der</strong> Gestaltung des internationalen Ordnungsrahmens für die Handelsbeziehungen<br />

mitzuwirken, d.h. sie zu kompetenten <strong>und</strong> informierten Partnern in den weiteren WTO-<br />

Verhandlungen zu machen. 1<br />

In <strong>der</strong> öffentlichen <strong>und</strong> akademischen Diskussion werden – wie unlängst die 3. WTO-<br />

Ministerkonferenz in Seattle zeigte – die Regeln <strong>der</strong> WTO <strong>und</strong> ihre Vereinbarkeit mit bzw.<br />

Auswirkungen auf entwicklungspolitische Ziele zunehmend kritisch diskutiert.<br />

1 Vgl. auch Kinka Gerke-Unger WTO-bezogene Technische Zusammenarbeit als Tätigkeitsfeld <strong>der</strong><br />

GTZ, Internes Arbeitspapier, Eschborn 19.06.<strong>2000</strong>.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

Auf <strong>der</strong> Veranstaltung wurden von den Referent/-<strong>innen</strong> <strong>und</strong> den Teilnehmer/-<strong>innen</strong> daher<br />

folgende zentrale Fragen diskutiert:<br />

- Trägt das Regelwerk <strong>der</strong> WTO zu einer Verbesserung <strong>der</strong> wirtschaftlichen Situation <strong>der</strong><br />

Entwicklungslän<strong>der</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Lösung ihrer sozialen Probleme bei?<br />

- Sind die WTO-Regeln mit den von <strong>der</strong> TZ verfolgten entwicklungspolitischen Zielen vereinbar,<br />

d.h.: führt Handelsliberalisierung zur Armutsmin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> verstärkt sie sie?<br />

- Besteht ein Spannungsfeld zwischen dem Beratungsauftrag gegenüber dem Partner,<br />

d.h. den entwicklungspolitischen Zielen <strong>und</strong> den wirtschaftspolitischen Interessen <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esregierung <strong>und</strong> wenn ja, wie gehen wir damit in <strong>der</strong> Praxis um?<br />

Michael Finger, Leiter <strong>der</strong> Economic Research and Analysis Division <strong>der</strong> WTO referierte über<br />

den Zusammenhang zwischen Handelsliberalisierung <strong>und</strong> Armutsmin<strong>der</strong>ung. Er stellte in<br />

seinem Vortrag die zentralen Ergebnisse zweier neuer Studien zu dem Thema Handel <strong>und</strong><br />

Armut vor 2 <strong>und</strong> vertrat die These, dass die Liberalisierung des Handels – entgegen <strong>der</strong><br />

landläufigen Meinung – zur Min<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Armut beiträgt. So kommt die im Auftrag des<br />

WTO-Sekretariats von Dan Ben-David (Universität Tel Aviv) <strong>und</strong> L. Alan Winters (University<br />

of Sussex) erstellte Studie zu dem Ergebnis, dass Handelsliberalisierung zu stärkerem Wirtschaftswachstum<br />

führt, das wie<strong>der</strong>um zur Senkung <strong>der</strong> Armut beiträgt. Um Armut zu vermin<strong>der</strong>n,<br />

müssen die Ökonomien von Entwicklungslän<strong>der</strong>n stärker wachsen. Da Handel das<br />

wirtschaftliche Wachstum för<strong>der</strong>t, kann Handel eine wichtige Rolle bei <strong>der</strong> Armutsmin<strong>der</strong>ung<br />

spielen. Allerdings erfolgt <strong>der</strong> positive Einfluss des Handels auf die Armutsmin<strong>der</strong>ung über<br />

verschiedene Kanäle <strong>und</strong> ist oftmals indirekt. Zugleich kann in einer Welt, die gekennzeichnet<br />

ist von einer wachsenden Kluft zwischen armen <strong>und</strong> reichen Län<strong>der</strong>n, <strong>der</strong> Handel ein<br />

Faktor sein, die Konvergenz <strong>der</strong> Einkommen zwischen den Län<strong>der</strong>n begünstigt.<br />

Das jährliche Wirtschaftswachstum pro Kopf <strong>der</strong> betrachteten Län<strong>der</strong> zwischen 1960 <strong>und</strong><br />

1990 war sehr ungleich. Im Durchschnitt wuchsen die reichen Län<strong>der</strong> sehr viel stärker als die<br />

armen Län<strong>der</strong>, so dass sich die globalen Einkommensdisparitäten in dem Zeitraum verschärften.<br />

Zugleich verlief die wirtschaftliche Entwicklung zwischen den Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

sehr ungleich. Einige wenige Län<strong>der</strong>, vor allem in Ostasien, wiesen mit durchschnittlich 6 %<br />

Pro-Kopf-Wachstum pro Jahr ein extrem hohes Wachstum auf, an<strong>der</strong>e, insbeson<strong>der</strong>e die<br />

ärmsten Län<strong>der</strong>, hatten zum Teil sogar negative Wachstumsraten. Welche Rolle spielte nun<br />

<strong>der</strong> Handel in diesem Trend wachsen<strong>der</strong> Einkommensdisparitäten? Während es keinen empirischen<br />

Hinweis auf eine wachsende Konvergenz zwischen den Län<strong>der</strong>n allgemein aufgr<strong>und</strong><br />

intensivierter Handelsbeziehungen gibt, so ergab die Analyse <strong>der</strong> bilateralen Handelsdaten,<br />

dass mit <strong>der</strong> Ausweitung des Handels zwischen zwei Län<strong>der</strong>n, die Einkommen zwischen<br />

diesen Län<strong>der</strong>n konvergieren.<br />

Welchen Einfluss haben nun handelspolitische Reformen (sprich: Liberalisierung) auf die<br />

innerstaatliche Einkommensverteilung? Ob handelspolitische Reformen negative Auswirkun-<br />

2<br />

Dan Ben-David, Hakan Nordstrom, L. Alan Winters: „Trade, Income Disparity and Poverty“, WTO<br />

Special Study No. 5, Juni <strong>2000</strong>.<br />

David Dollar and Aart Kray: „Growth Is Good for the Poor“ Erhältlich über das Internet unter:<br />

www.worldbank.org/research/growth/absddolkray.htm.<br />

37


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

gen haben, hängt zum einen von den durch sie induzierten Preiseffekten ab, die wie<strong>der</strong>um<br />

davon determiniert werden, welche Zölle gesenkt werden, zum an<strong>der</strong>en aber davon womit<br />

die Armen ihre Einkommen verdienen <strong>und</strong> wie sie es ausgeben. Allgemein lässt sich feststellen,<br />

dass wichtiger noch als Preisverän<strong>der</strong>ungen die Frage ist, ob die Reformen zu <strong>der</strong><br />

Schaffung neuer o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vernichtung bestehen<strong>der</strong> Märkte führen. Insbeson<strong>der</strong>e die Schaffung<br />

neuer Märkte hat einen positiven Effekt auf die Armutsmin<strong>der</strong>ung.<br />

Handelsreformen beeinflussen die Zahl <strong>der</strong> Armen eines Landes darüber hinaus, erstens,<br />

über die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Faktorpreise, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Löhne für nicht ausgebildete Arbeitskräfte.<br />

Sofern die Reformen die Nachfrage für arbeitsintensive Produkte erhöhen <strong>und</strong> für<br />

<strong>der</strong>en Herstellung vor allem die von den Armen angebotene Arbeitskraft eingesetzt wird,<br />

haben sie einen armutsmin<strong>der</strong>nden Effekt. Zum zweiten haben handelspolitische Reformen<br />

Auswirkungen auf die Staatseinnahmen, allerdings oftmals weniger negativ als gemeinhin<br />

angenommen, da sehr hohe Zölle meist begleitet sind von vielen Ausnahmen, so dass <strong>der</strong><br />

Nettoeffekt <strong>der</strong> Zollsenkung auf den Staatshaushalt geringer ist. Auch dort wo die Zollsenkung<br />

zu hohen Einnahmeverlusten führt, sind die Auswirkungen auf die Armen letztlich davon<br />

abhängig, wie eine Regierung diese Verluste kompensiert. Gr<strong>und</strong>sätzlich hat jede Regierung<br />

zwei Möglichkeiten: Erhebung neuer Steuern bzw. Erhöhung bestehen<strong>der</strong> Steuern o<strong>der</strong><br />

Senkung <strong>der</strong> Staatsausgaben. Die Armutswirkung <strong>der</strong> Maßnahmen hängt im ersten Fall davon<br />

ab, ob die neuen bzw. höheren Steuern überproportional auf die Armen fallen bzw. ob im<br />

zweiten Fall die Kürzungen überproportional zu Lasten <strong>der</strong> Armen vorgenommen werden.<br />

Diese Entscheidung ist jedoch eine politische Entscheidung <strong>der</strong> jeweiligen Regierung, <strong>der</strong> es<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich aufgr<strong>und</strong> des mit einer Handelsliberalisierung verb<strong>und</strong>enen Anstiegs des aggregierten<br />

Einkommens möglich wäre, die Einnahmen aus an<strong>der</strong>en Quellen als den Armen<br />

zu schöpfen.<br />

Drittens, kann eine wirtschaftliche Öffnung risikosenkend wirken, sofern die Weltmärkte stabiler<br />

sind als die nationalen Märkte. Sofern staatliche Preisstabilisierungsprogramme jedoch<br />

in Folge <strong>der</strong> Marktöffnung gestrichen werden <strong>und</strong> Akteure sich neue wirtschaftliche Aktivitäten<br />

suchen, kann es vorübergehend zu wachsen<strong>der</strong> Unsicherheit kommen. Im Kern hängt<br />

eine nachhaltige Armutsmin<strong>der</strong>ung somit von wirtschaftlichem Wachstum ab. Auch wenn<br />

Wachstum nicht zwingend alle wirtschaftlichen Akteure gleichmässig begünstigt, so müsse<br />

<strong>der</strong> Wachstumsprozess jedoch einen starken "Bias" gegen die Armen aufweisen, um negative<br />

Auswirkungen auf die Armut in einem Lande zu haben. Dies schliesst jedoch nicht aus,<br />

dass die Beseitigung von Handelsschranken vorübergehend zu einer Erhöhung <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit<br />

<strong>und</strong> zur Senkung des Lebensstandards eines Teils <strong>der</strong> Bevölkerung führen kann.<br />

Die negativen Auswirkungen solcher temporären Entwicklungen können jedoch durch präventive<br />

Maßnahmen (Sozialversicherung, Ges<strong>und</strong>heitsversorgung, Ausbildung) abgefe<strong>der</strong>t<br />

werden.<br />

Auch die Studie von David Dollar <strong>und</strong> Aart Kraay von <strong>der</strong> Weltbank stellt eine enge Korrelation<br />

zwischen dem Anstieg des Einkommens <strong>der</strong> Armen <strong>und</strong> dem Wirtschaftswachstum fest.<br />

Sie kommen zu dem Schluss, dass das Einkommen <strong>der</strong> Armen parallel (eins zu eins) mit<br />

dem gesamtwirtschaftlichen Wachstum ansteigt. Dabei ist <strong>der</strong> Effekt des Wachstums auf das<br />

Einkommen in den armen <strong>und</strong> den reichen Län<strong>der</strong>n identisch. Auch fallen die Einkommen<br />

<strong>der</strong> Armen in ökonomischen Krisen nicht überproportional zu dem <strong>der</strong> Reichen. Jede<br />

wachstum-induzierende Politik kommt somit den Armen im gleichen (relativen) Ausmaß zu<br />

38


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

Gute wie den Reichen. Dollar and Kraay untersuchen verschiedene Politiken auf ihre<br />

wachstums- <strong>und</strong> damit armutsmin<strong>der</strong>nde Wirkung. Danach trägt die Öffnung des nationalen<br />

Marktes in dem Maße zur Armutsmin<strong>der</strong>ung bei wie es zum Wirtschaftswachstum beiträgt.<br />

Eine beson<strong>der</strong>s positive Wirkung auf die wirtschaftliche Situation <strong>der</strong> Armen habe hingegen<br />

die Inflationsbekämpfung. Sie sei „super-pro-poor“.<br />

Trotzt <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>sätzlichen Feststellung, dass Wirtschaftswachstum <strong>und</strong> Handelsliberalisierung<br />

sich gegenseitig befruchten <strong>und</strong> damit zur Armutsmin<strong>der</strong>ung beitragen, bleibt die Frage<br />

offen, warum in einzelnen Län<strong>der</strong>n wie z. B. in Mexiko die Armutsmin<strong>der</strong>ung trotz Handelsliberalisierung<br />

gering war <strong>und</strong> welche Faktoren die Einkommensdistribution beeinflussen.<br />

Offen ist auch, ob durch die Liberalisierung ein einmaliger o<strong>der</strong> ein genereller Wachstum sschub<br />

induziert wird.<br />

Dr. Klaus Kautzor-Schrö<strong>der</strong>, <strong>der</strong> langjähriger Mitarbeiter (1972-1991) des GATT-Sekretariats<br />

war <strong>und</strong> heute u.a. als Berater für die GTZ tätig ist, stellte die Probleme <strong>der</strong> Beitrittslän<strong>der</strong><br />

bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Abkommen sowie den bestehenden Beratungsbedarf dar. In Bezug<br />

auf die neuen Mitgliedsstaaten bzw. die jetzigen Beitrittskandidaten ist das Problem, dass ihr<br />

Beitritt oftmals rein politisch motiviert sei, z. B. um – wie im Falle <strong>der</strong> Mongolei – Abstand zu<br />

Russland zu gew<strong>innen</strong> <strong>und</strong> die eigene Souveränität zu unterstreichen. Entsprechend<br />

schlecht sei <strong>der</strong> Beitrittsprozess verlaufen. Beratung sei nicht erfolgt, wurde jedoch auch<br />

nicht nachgefragt <strong>und</strong> das Beitrittsprotokoll ist entsprechend ungünstig. Doch auch viele an<strong>der</strong>e<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong> stehen den neuen Abkommen mehr o<strong>der</strong> weniger ratlos gegenüber.<br />

Eines <strong>der</strong> zentralen Probleme in Entwicklungslän<strong>der</strong>n ist die mangelnde interne Koordinierung<br />

des politischen Entscheidungsprozesses. Während in Kroation <strong>und</strong> Moldau <strong>der</strong> Beitrittsprozess<br />

relativ gut abgestimmt war <strong>und</strong> die Verantwortlichkeiten klar geregelt waren,<br />

erfolgte in Vietnam die Koordinierung nur auf dem Papier. In Aserbeidschan hingegen wurden<br />

Zollvereinbarungen ohne Rücksprache mit den zuständigen Fachministerien (Agrar,<br />

Handel, Wirtschaft) getroffen. Auch die Koordinierung zwischen den Hauptstädten <strong>und</strong> den<br />

Delegationen in Genf ist oftmals mangelhaft bis nicht existent. So ist es keine Seltenheit,<br />

dass eine Delegation in drei Jahren nicht eine Weisung aus <strong>der</strong> Hauptstadt erhalten hat.<br />

Schliesslich gilt es die Koordinierung zwischen dem öffentlichen <strong>und</strong> dem privaten Sektor zu<br />

verbessern bzw. die dafür erfor<strong>der</strong>lichen Koordinationsmechanismen aufzubauen. Ein größerer<br />

Input des Privatsektors bei den Verhandlungen (insb. den Beitrittsverhandlungen) ist unverzichtbar.<br />

Beson<strong>der</strong>s gute Arbeit auf diesem Sektor leistet <strong>der</strong> International Trade Centre<br />

in Genf. 3 Problematisch ist schließlich die doppelte Zuständigkeit <strong>der</strong> WTO-Abteilungen in<br />

den Ministerien, die zugleich auch für bilaterale handelspolitische Fragen verantwortlich sind.<br />

Ein beson<strong>der</strong>s gravierendes Problem ist <strong>der</strong> häufige Personalwechsel in den Fachabteilungen<br />

<strong>der</strong> Ministerien aufgr<strong>und</strong> von Auslandsposten, Studium o<strong>der</strong> Stipendien, die zu einer<br />

akuten Knappheit an wirklich kenntnisreichen Mitarbeiter/-<strong>innen</strong> führen. In Folge dessen beg<strong>innen</strong><br />

alle Trainingsprogramme immer wie<strong>der</strong> bei Null <strong>und</strong> eine nachhaltige Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Expertise fast unmöglich machen. Zudem erfolgt die Entsendung von Mitarbeitern zu<br />

entsprechenden Kursen nicht nach Eignung <strong>und</strong> Zuständigkeit <strong>der</strong> Mitarbeiter, son<strong>der</strong>n oftmals<br />

nach dem Senioritätsprinizip. So wird eine Reise nach Brüssel, Genf o<strong>der</strong> Washington<br />

3 Vgl. ITC/Commonwealth Secretariat, Business Guide to the World Trading System, Genf 1999.<br />

39


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

oftmals als eine Form von Bonus, nicht aber als notwendiges Element <strong>der</strong> Weiterqualifikation<br />

gesehen.<br />

Beratungsbedarf haben sowohl Entwicklungslän<strong>der</strong>, die bereits Mitglied in <strong>der</strong> WTO sind, als<br />

auch die Entwicklungslän<strong>der</strong>, die sich um eine Mitgliedschaft bemühen. Dabei besteht ein<br />

Bedarf für Beratung in jedem Stadium des Beitrittsprozesses. Insgesamt ist die Nachfrage so<br />

groß, dass er von <strong>der</strong> WTO aufgr<strong>und</strong> ihrer dünnen Personaldecke nicht abgedeckt werden<br />

kann. Kurz aufgelistet besteht Bedarf für Beratung bei:<br />

- Erstellung des „Memorandums on the Foreign Trade Regime“;<br />

- Verhandlung des Beitrittsprotokolls;<br />

- Beantwortung <strong>der</strong> Fragebögen im Verlauf des Beitrittsprozesses;<br />

- Formulierung <strong>der</strong> Angebotslisten über den Marktzugang für jede Produktkategorie;<br />

- Anpassung <strong>der</strong> nationalen Gesetze an den WTO-Rechtsrahmen (Transport, Telekommunikation,<br />

Versicherungswesen, Antidumping-Gesetz, Schutzklausel-Gesetz etc.);<br />

- Entwicklung handelspolitischer Strategien;<br />

- Streitfällen;<br />

- Wahrnehmung handelspolitischer Interessen.<br />

Einen wirklichen Wi<strong>der</strong>spruch zwischen entwicklungspolitischen Zielen, wie sie vom BMZ<br />

verfolgt werden <strong>und</strong> den Verhandlungszielen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung (insbeson<strong>der</strong>e des B<strong>und</strong>eswirtschaftsministeriums)<br />

sah Kautzor-Schrö<strong>der</strong> nicht. Er wies aber darauf hin, dass die<br />

Tatsache, dass die neuen Beitrittslän<strong>der</strong> nur zum Preis ungleich höherer Verpflichtungen<br />

„erkauften“, mit <strong>der</strong> Folge, dass die Altmitglie<strong>der</strong> weniger strikten Anfor<strong>der</strong>ungen unterlägen<br />

<strong>und</strong> innerhalb <strong>der</strong> WTO Mitglie<strong>der</strong> mit unterschiedlichen Verpflichtungsniveaus – über die in<br />

den Abkommen bereits festgelegten Differenzierungen hinaus – entständen. So seien z. B.<br />

im Zollbereich Übergangsfristen für die neuen Beitrittslän<strong>der</strong> aushandelbar, nicht aber bei<br />

<strong>der</strong> Implementierung des Rechtsrahmens. Beson<strong>der</strong>s rigide Positionen in den Beitrittsverhandlungen<br />

verfolgten die WTO-Mitgliedsstaaten dabei gegenüber den Transformationslän<strong>der</strong>n.<br />

Klaus Liebig, Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik in Berlin, war in Bezug<br />

auf diesen letzten Punkt etwas skeptischer. Auch er beurteilte das multilaterale Regelwerk<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich positiv, wies jedoch darauf hin, dass die Regeln in vielen Fällen die Interessen<br />

<strong>der</strong> Industrielän<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>spiegeln <strong>und</strong> somit auch Ausdruck <strong>der</strong> bestehenden Machtverhältnisse<br />

innerhalb <strong>der</strong> Organisation sind. Dabei differenzierter er scharf zwischen dem<br />

WTO-Sekretariat <strong>und</strong> <strong>der</strong> Haltung <strong>der</strong> einzelnen Mitgliedsstaaten, einen Unterscheidung, die<br />

um so wichtiger bei <strong>der</strong> Betrachtung einer internationalen Organisation ist, die so stark<br />

„member-driven“ ist wie die WTO.<br />

40


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

Liebig stimmte <strong>der</strong> allgemeinen These zu, dass Handelsliberalisierung (insbeson<strong>der</strong>e wenn<br />

dies Beseitigung von Zöllen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Grenzmaßnahmen bedeutet) im Prinzip gut ist,<br />

äußerte sich jedoch kritisch über die Zunahme <strong>der</strong> internen Politikregulierung, also den Eingriff<br />

in nationale Regelungen durch die internationalen Handelsabkommen. Er prognostizierte<br />

eine Zunahme <strong>der</strong> Konflikte zwischen handels- <strong>und</strong> umwelt- bzw. ges<strong>und</strong>heitspolitischen<br />

Zielen.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich sah er auch mögliche Wi<strong>der</strong>sprüche zwischen den entwicklungspolitischen<br />

Zielen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> WTO-Regeln. So trage zwar Handel über seine Wachstum seffekte<br />

zur Armutsmin<strong>der</strong>ung bei, ob dies aber einzelnen Gruppen zugute käme wie z. B.<br />

Frauen o<strong>der</strong> ob dies auch eine nachhaltige Entwicklung gewährleiste stellte er in Frage <strong>und</strong><br />

kritisierte, dass den makroökonomischen Untersuchungen oftmals die mikroökonomische<br />

Untermauerung fehle. Es sei daher schwierig, den wirklichen Einfluss <strong>der</strong> WTO-Regeln zu<br />

analysieren. Schließlich meinte er, dass aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> wirtschaftspolitischen Interessen <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esrepublik ein Konflikt mit dem entwicklungspolitischen Ziel einer Stärkung <strong>der</strong> Verhandlungsposition<br />

<strong>der</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong> in <strong>der</strong> WTO nicht ausgeschlossen ist.<br />

2. Eight Years After Rio: What Can Technical Co-operation Contribute to<br />

the Global Dialogue on Forests?<br />

Dr. Christian Mersmann, Evy Thies, GTZ-Arbeitsfeld: Politik <strong>und</strong> Regionalentwicklung<br />

At the UN Conference on Environment and Development (UNCED) in 1992 in Rio de<br />

Janeiro, a new era was initiated <strong>und</strong>er the motto ”All Forests World-Wide”, with the globally<br />

recognised Forest Principles and with Chapter 11 of Agenda 21. The two documents are<br />

regarded as the first global compromise for sustainable forest management. Since then,<br />

forest issues have been addressed by a temporary working group of the UN Commission on<br />

Sustainable Development (CSD). At present, the permanent UN Forum on Forests is being<br />

established, which is to continue the forest policy dialogue at the international level. One of<br />

the principal functions of this forum will be the co-ordination of the international forest regime,<br />

which includes conventions such as CBD, CCD and FCCC, international organisations such<br />

as FAO and World Bank as well as international mechanisms such as GEF.<br />

Which functions in relation to forests must Technical Co-operation (TC) assume in future in<br />

or<strong>der</strong> to promote capacity development for the successful completion of global and domestic<br />

tasks in our partner countries? What qualification profile will our partners expect TC advisers<br />

to have in or<strong>der</strong> to be able to use effectively the bewil<strong>der</strong>ing array of forest-related instruments?<br />

What political processes must TC <strong>und</strong>erstand and actively support, in or<strong>der</strong> to integrate<br />

into the global context the principal players and their institutions within the framework<br />

of national forest programmes?<br />

The presentation of the TWRP Sector Project provides an overview of ongoing processes<br />

and the contribution of TC to date. A perspective is offered on the future programme of the<br />

new UN Forum on Forests and on what is expected of our partner countries. An internationally<br />

co-ordinated strategy is to be introduced with which TC can meet and master the new<br />

challenges.<br />

41


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

Summaries of presentations:<br />

- The International forest regime (Dr. Astrid Skala-Kuhmann)<br />

- International conventions supporting project work (Evy Thies)<br />

- Financing strategies for sustainable forest management (Dr. Christian Mersmann)<br />

- National forest programmes (Dr. Bernd-Markus Liss).<br />

2.1 The International Forest Regime<br />

42<br />

Dr. Astrid Skala-Kuhmann, Consultant, GTZ-TWRP<br />

2.1.1 Introduction<br />

The current international forest regime which relates to the utilisation and management of<br />

forests at national level is composed of numerous instruments, such as global and regional<br />

conventions, agreements, resolutions and recommendations of international organisations<br />

and conferences and other programmes, initiatives and concepts. A milestone in the development<br />

of the present international forest regime was the 1992 Rio UN Conference on<br />

Environment and Development (UNCED). In the forest sector, UNCED adopted globally<br />

authoritative Forest Principles and cross-sectoral recommendations on forest conservation<br />

(Chapter 11 of Agenda 21). The Rio outcomes are widely viewed as the first global compromise<br />

on the conservation and sustainable management of all world’s forests, and follow a<br />

holistic, cross-sectoral approach. On the other hand, the Forest Principles, which are not<br />

binding <strong>und</strong>er international law, also stress the sovereign right of individual states to command<br />

over their natural resources.<br />

It is increasingly important for the international expert community, national forest policies and<br />

industries as well as development policies to have an <strong>und</strong>erstanding of this international<br />

forest regime and its impacts. It will only be possible to effectively counter the global degradation<br />

of forests in accordance with UNCED decisions if the international instruments are<br />

consolidated and co-ordinated, and implemented synergistically in practice. The following<br />

overview highlights the substantive and legal diversity of the international forest regime and<br />

provides an introduction to the current state of debate on the future of international forest<br />

policy dialogue beyond year <strong>2000</strong>.<br />

2.1.2 Forest-related issues of international concern<br />

From trade issues to the participation of indigenous peoples in forest benefits, the international<br />

forest regime is characterised by substantive diversity. The following forest-related<br />

issues are of major concern at the international level (not a complete list) and have already<br />

been at least partially addressed through a variety of international instruments and arrangements:


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

- Maintenance of globally sufficient forest cover<br />

- Biodiversity<br />

- Desertification<br />

- Climate change<br />

- Indigenous peoples and other forest-dependent people<br />

- Trade and environment<br />

- Financial issues, f<strong>und</strong>ing instruments.<br />

2.1.3 International agreements<br />

The Convention on Biological Diversity (CBD) is currently viewed internationally as the<br />

most important global instrument in the forest sector. The CBD is oriented mainly to in-situ<br />

conservation of biological diversity, addressing forest resources primarily from a conservation<br />

perspective. The innovative element of the Convention stipulates a balanced and equitable<br />

sharing of benefits arising from the use of genetic resources. Moreover the ecosystem<br />

approach of the CBD is widely consi<strong>der</strong>ed exemplary.<br />

The issues surro<strong>und</strong>ing the utilisation of indigenous knowledge and the more equitable distribution<br />

of revenues from forest use are also treated by the Indigenous Peoples Convention<br />

of the International Labour Organisation (ILO Convention No. 169).<br />

The Framework Convention on Climate Change (FCCC) stresses the climate-protecting<br />

function of forests. The Second Conference of the Parties already recommended, although<br />

without binding force, a comprehensive catalogue of measures oriented to the conservation<br />

and sustainable management of forests. The Kyoto Protocol to the Convention is particularly<br />

important, for it recognises forests as important CO2 sinks.<br />

The Convention to Combat Desertification (CCD) which has been adopted in the Rio follow-up<br />

process is linked to forest conservation because forests have important functions that<br />

can serve to prevent desertification or aridity. Major aspects of the CCD refer to decentralisation<br />

which is important in relation to institutional arrangements for sustainable forest management.<br />

The Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Flora and Fauna<br />

(CITES), adopted in 1973, attempts to conserve endangered species by controlling the international<br />

market. Annexes to the convention classify endangered species in different groups,<br />

including timber species. However, CITES is of minor importance to international forest conservation,<br />

for it does not present any measures requiring parties to improve their resource<br />

management practices.<br />

The Ramsar Convention on Wetlands of International Importance also aims to contribute<br />

to forest conservation, although its scope is restricted exclusively to wetlands, thus covering<br />

only a very small geographical portion of the area of concern to international forest issues.<br />

The World Heritage Convention (WHC) also only addresses a very limited area. The Convention<br />

provides international conservation status to natural areas of outstanding universal<br />

value. Currently, 32 ecologically outstanding forest areas have been designated world-wide<br />

as World Heritage forests.<br />

43


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

2.1.4 International institutions and initiatives<br />

International institutions and initiatives have long provided an essential contribution to conservation<br />

and sustainable management of forests. Simultaneously, however, the activities of<br />

institutions with regard to forest-related issues and the growing number of initiatives have<br />

furthered the fragmentation of the international forest regime. It is essential to ensure in the<br />

future that forest-related activities of the principal institutions and initiatives are linked more<br />

coherently in a sustained manner also at national level.<br />

The most important international institution is the UN Food and Agriculture Organisation<br />

(FAO), which has a comprehensive mandate for forest-related issues. FAO is the lead<br />

agency <strong>und</strong>er Chapter 11 of Agenda 21 and chairs the Interagency Task Force on Forests<br />

(ITFF), supporting the Intergovernmental Panel on Forests (IPF) and the Intergovernmental<br />

Forum on Forests (IFF), which have been established to support the implementation and<br />

further development of the forest-related decisions of Rio.<br />

ITTO is an international trade organisation established to regulate international trade in tropical<br />

timber. The International Tropical Timber Agreement (ITTA) on which ITTO is based<br />

gives consi<strong>der</strong>ation to ecological aspects in its amended version of 1994.<br />

The UN Environment Programme (UNEP)’s contribution to international forest conservation<br />

concentrates primarily upon biodiversity issues. UN Development Program (UNDP) is playing<br />

an increasingly important role in efforts to introduce sustainable management practices, particularly<br />

focusing on financing concepts.<br />

An overview of international forest-related instruments must also make mention of financing<br />

institutions, such as the World Bank and of trade policy instruments, including the World<br />

Trade Organisation (WTO).<br />

The overview of international institutions would be incomplete without mention of Non-<br />

Governmental Organisations (NGO) which play an important role to enhance sustainable<br />

management of forest resources at the international level. Organisations like, Fern, Friends<br />

of the Earth International, Friends of Siberian Forests, Greenpeace International, IUCN, The<br />

Rainforest Fo<strong>und</strong>ation, World Rainforest Movement, Wold Wide F<strong>und</strong> for Nature, and many<br />

others have played an important role in the international forest policy dialogue since Rio.<br />

The Forest Stewardship Council (FSC) is unique among the institutions <strong>und</strong>er consi<strong>der</strong>ation<br />

here: it brings together environmental, social and economic interest groups to develop principles<br />

and criteria for responsibly managed forests.<br />

2.1.5 International forest policy dialogue beyond the year <strong>2000</strong><br />

The establishment of the Intergovernmental Panel on Forests (IPF) in 1995 marked the<br />

second phase in building an intergovernmental consensus on forests. In addition to the<br />

implementation and further development of the forest-related decisions of Rio, a further task<br />

of the IPF was to elaborate proposals on how the international community could institutionally<br />

enshrine sustainable forest management in the future. The IPF process culminated in<br />

the IPF Proposals for Action, which were adopted by the 1997 UN General Assembly Special<br />

44


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

Session (UNGASS-„Rio+5“). These proposals represent an emerging consensus on many<br />

globally relevant forest-related issues. They turn on the concept of national forest programmes<br />

(NFPs) as a framework for orientation of national forest policies and for implementation<br />

of the international proposals for action in national processes.<br />

However, IPF participants were not able to find agreement on institutionalisation of the global<br />

forest policy dialogue, in particular on the question of the adoption of a global forest convention.<br />

In or<strong>der</strong> to continue the work of the IPF, and in particular to further prepare consolidation<br />

of the international forest regime, the Intergovernmental Forum on Forests (IFF) was<br />

established in 1997. In February <strong>2000</strong> the IFF decided on recommendations for an arrangement<br />

to host the future forest policy dialogue, which will pave the way for future work on<br />

forests on global level. The major outcome of the IFF is twofold: the creation of an intergovernmental<br />

body, the United Nations Forum on Forests (UNFF) and a Collaborative Partnership<br />

on forests to be formed by all relevant international organisations and instruments.<br />

The Economic and Social Council (ECOSOC) in July <strong>2000</strong> and the General Assembly in<br />

November <strong>2000</strong> will have to take further steps to establish the arrangement. In line with the<br />

IFF recommendations the future arrangement is to perform the following major functions:<br />

- Facilitate and promote the implementation of IPF/IFF proposals as well as other actions<br />

which may be agreed upon<br />

- Provide a forum for continued policy development and dialogue among governments<br />

- Enhance co-operation and co-ordination, synergies among international and regional<br />

instruments, including co-ordination among donors.<br />

2.2 International Conventions supporting project work:<br />

Experiences from Mauritania<br />

Evy Thies 4 , GTZ-Arbeitsfeld: Politik <strong>und</strong> Regionalentwicklung 5<br />

2.2.1 The Context<br />

The climate in Eastern Mauritania is characterised by annual rainfall of less than 400 mm,<br />

varying strongly in time and area. Therefore transhumant (mobile, nomadic) livestock production<br />

is the best-adapted way to use natural resources. It accounts for more than 80% of<br />

regional household incomes.<br />

More than 100 semi-permanent and permanent wetlands, so-called tamourts, exist in<br />

Eastern Mauritania. They are essential linchpins for the mobility of livestock production and<br />

constitute habitats for a rich diversity of, partly endemic, flora and fauna, and migrating birds.<br />

In the context of food security programs, agriculture is increasingly subsidised and several<br />

projects envisage establishing fences aro<strong>und</strong> wetlands with the aim of cultivating cereals and<br />

4<br />

In cooperation with Dirk Thies and Stefan Neu<br />

5 The following work experiences have been gathered in a project for integrated management of<br />

natural resources – GIRNEM – in Eastern Mauritania.<br />

45


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

vegetables in their surro<strong>und</strong>ings. Neither the ecological nor the economic impact of the related<br />

ecosystem degradation has been analysed in detail yet. According to estimates by German<br />

Development Co-operation, livestock production would have to be reduced by 60%.<br />

More than 40% of the Mauritanian primary sector, except fisheries and mining, would be jeopardised.<br />

Moreover, the potential for conflicts between farmers and her<strong>der</strong>s would increase<br />

consi<strong>der</strong>ably, as has been experienced repeatedly in other Sahel countries.<br />

The majority of the Mauritanian legal framework is based on the Code Napoléon, which was<br />

developed for settled societies, but not for mobile ones. The State is organised in a centralised<br />

manner and still fulfils many executive tasks. Decentralisation is just starting; participation<br />

of the civil society in decision building is still insufficient.<br />

2.2.2 Key constraints for the fieldwork of GIRNEM<br />

Local initiatives and measures are not sufficient to allow economically and ecologically<br />

sustainable use of natural resources, particularly of biological diversity.<br />

Even though the Chariaa (Islamic law) provides regulation, there is no legally binding framework<br />

such as a pastoral law, that regulates access to natural resources like water, pasture<br />

and salt, and that can be consulted to solve conflicts within the group of her<strong>der</strong>s and between<br />

her<strong>der</strong>s and farmers.<br />

The main users of the natural resources, the her<strong>der</strong>s are marginalised and are not involved<br />

in decision building. In addition, investment by development co-operation tends to favour<br />

settled agriculture. This fact has aggravated the discrimination of her<strong>der</strong>s instead of reducing<br />

it. One of the reasons is the lack of appropriate concepts to improve transhumant use of resources<br />

and/or to work in sparsely populated regions.<br />

Integration of the civil society in planning and decision building takes place if it is promoted<br />

by projects, but it is not institutionalised. Hence, the decisions are often valid only as long as<br />

the project exists and sustainability of the project as a whole is jeopardised.<br />

2.2.3 Potential approaches and constraints<br />

GIRNEM started by collaborating closely with a project for policy advice at the Ministry of<br />

Environment and Rural Development. Experiences from field level have been channelled into<br />

the decision making process and the project is now well informed about relevant deliberations<br />

and decisions.<br />

The resource users, i.e. the civil society, are the decisive partners of the project. Regional<br />

policy planning, prevention of conflicts between her<strong>der</strong>s and arable farmers, introduction of<br />

environmental impact assessment, investment etc. cannot be sustainable without the active<br />

political participation of the civil society. As a consequence it was necessary to co-operate<br />

with mediators such as the her<strong>der</strong>s’ association and the still very young decentralised structures.<br />

As regards the legal framework it was also necessary to co-operate with Islamic lawyers<br />

and authorities, as the regulatory framework “Chariaa” was developed in a transhumant<br />

context. In contrast, all the mo<strong>der</strong>n legal frameworks have their origin in settled societies.<br />

46


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

Broad participation is limited due to the fact that the project is situated in the Ministry of Environment<br />

and Rural Development and its regional structures. The integration of the civil society<br />

and the democratically legitimated decentralised structures is only voluntary but not<br />

institutionalised. Hence it was necessary to find arguments to promote and legitimate broad<br />

participation.<br />

2.2.4 The tool “Environmental Convention”<br />

In Mauritania, the necessary co-operation with the civil society described above has been<br />

much facilitated through the UNCED follow-up process, particularly the Convention to Combat<br />

Desertification (CCD) and the Convention on Biological Diversity (CBD). Parties to these<br />

Conventions have agreed to implement the following decisive elements, among others:<br />

- participation and partnership<br />

- decentralisation<br />

- following the principle of subsidiarity<br />

- withdrawal of government from executive task in favour of normative tasks<br />

- adaptation and harmonisation of the legal framework.<br />

The ratification of the CCD and the CBD by the Mauritanian government now provides decisive<br />

arguments that, in the case of decentralisation, are additionally supported by the structural<br />

adjustment program. Since UNCED, the targets of structural adjustment are partly in<br />

line with Agenda 21, allowing for a certain symbiosis between the “Bretton-Woods twins” and<br />

the Conventions.<br />

2.2.5 Preliminary impact<br />

The Conventions served to provide arguments in conceptual discussion in the Ministry. A<br />

proposal for the long lacking pastoral law was elaborated in co-operation with representatives<br />

of the administration, the her<strong>der</strong>s’ association and Islamic lawyers. Participation of the<br />

civil society guaranteed that the new pastoral law is adapted to the economic, ecological and<br />

socio-cultural frame conditions. During this process, individuals and groups of the civil society<br />

became acquainted with the opportunities related to the Conventions. This resulted in<br />

consi<strong>der</strong>able empowerment of the democratically legitimated structures and of members of<br />

parliament, and in enhanced transparency of political processes.<br />

In the beginning, staff in the administration were quite sceptical, but the Conventions provided<br />

useful arguments. Meanwhile the government benefits from a positive political feedback<br />

from the civil society and the international donor community. For the first time critical<br />

and constructive discussion is taking place within government and civil society in the design<br />

of new projects. Two new projects of German development co-operation will now have steering<br />

committees in which civil society will participate fully.<br />

2.2.6 Possible risks<br />

Initially, only a relatively elitist part of the civil society will participate in the work with Conventions.<br />

Strategic, political and long-term proposals and decisions are rarely formulated or<br />

47


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

taken by the poorer members of society. These are in general very much concerned with<br />

food security matters and their planning horizon is relatively short-termed. The majority of<br />

society cannot yet take up its mandate due to a substantial lack of knowledge. Moreover, the<br />

principle of subsidiarity may lead to personal interests being promoted to the detriment of<br />

interests of society as a whole.<br />

The Conventions’ texts are partly the opposite of the current Mauritanian legal framework<br />

(centralist <strong>der</strong>ivatives of the Code Napoléon), that only allows participation of civil society and<br />

democratically legitimated structures to a limited extent. Therefore, the actual project work<br />

has to be conducted in a semi-legal framework.<br />

2.2.7 Needs for action<br />

There is a need for extension and training in principles and added value of legislation.<br />

Otherwise, the principle of subsidiarity and decentralisation will become obsolete and may be<br />

used improperly to follow individual interests. Extension and training have to make use of<br />

traditional networks and mo<strong>der</strong>n instruments (e.g. Clearing house of the CBD).<br />

The normative role of government and administration has to be promoted. Staff need to be<br />

supported in fulfilling the task of protecting the interests of society and implementing legislation.<br />

The discrepancy between the Conventions’ texts and current legislation has to be reduced<br />

through stepwise harmonisation and revision of the legislative framework.<br />

The Conventions offer several opportunities for the development of a coherent multisectoral<br />

environmental policy through e.g. policy dialog and the elaboration and implementation of<br />

management plans for natural resources. These opportunities have to be used taking due<br />

account of implementation at field level, which is of utmost importance. The “ecosystem approach”<br />

of the CBD can serve as conceptual basis for the corresponding holistic approach.<br />

Experiences from Mauritania are to be channelled into international policy dialog so that<br />

Mauritania can participate in global decision-making and policy formulation. Deliberations at<br />

international level have to be used to improve the development of nationally and locally<br />

adapted projects. To respond better to these needs, the Mauritanian government has requested<br />

support for the following project: „Support to the implementation of international environmental<br />

Conventions”<br />

Project purpose Mauritania takes advantage of the development opportunities inherent to<br />

the environmental Conventions and the corresponding instruments are adapted to the Mauritanian<br />

context.<br />

Result 1: Environmental information is prepared and exchanged through existing net works<br />

and structures<br />

Result 2: Proposals for the harmonisation of laws and decrees treating the management of<br />

natural resources are submitted<br />

48


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

Result 3: A process of organisational development for joint implementation of the Conventions<br />

is supported<br />

Result 4: National structures are enabled to implement the Conventions and to apply the<br />

instruments in existing and future projects and programs.<br />

This project has been prepared stepwise and formulated with broad participation of the civil<br />

society. It will have a catalyst function. The estimated duration is four years, and it is hoped<br />

that the project will start in October <strong>2000</strong>.<br />

2.2.8 Transferability<br />

The project, which is focused on all Rio Conventions and their predecessors, as well as on<br />

other environment-relevant regulations, is one of the first projects of this type in German development<br />

co-operation. Its aim is very broad. The approach seems to be transferable in<br />

general but not in detail, because the socio-cultural characteristics of Mauritania call for very<br />

specific approaches to implementing particular elements.<br />

In comparison with other countries, the situation in Mauritania is relatively easy to grasp and<br />

individual contacts can easily be cultivated. Advisory services in the context of the Conventions<br />

may therefore have an impact in a relatively short time. In addition, German development<br />

co-operation is the first donor interested in supporting policy development in the “green<br />

sector”. Germany is not aiming at taking a lead-function, but the absence of donor competition<br />

in this sector facilitates increasing transparency in developing and implementing a coherent<br />

approach.<br />

2.3 Financing Strategies for Sustainable Forest Management (SFM)<br />

Dr. Christian Mersmann, GTZ-Arbeitsfeld: Politik <strong>und</strong> Regionalentwicklung<br />

The implementation of the international forest regime was one of the primary objectives of<br />

the IPF/IFF process. The international community had agreed at UNCED that the new paradigm<br />

of sustainable development would include a holistic and comprehensive approach to<br />

forestry development. Consequently, a transformation of current practices towards sustainable<br />

forest management is needed to position the forestry sector in a changing context at<br />

country level. This transformation also requires a fresh look at the question of financing in the<br />

sector.<br />

The political obligation of the international community to achieve the aim of SFM has led to<br />

discussions in the IPF/IFF on the valuation of forest goods and services beyond timber and<br />

other primary products. In particular, environmental services on both international and national<br />

levels are currently subject to intense negotiations in the FCCC and the CBD. What is<br />

termed ”global commons,” such as biodiversity and climate, as well as national demands for<br />

forest goods and services, such as water and recreation/tourism, will increasingly determine<br />

major changes in pricing and subsidies through the internalisation of such forest externalities<br />

as the aforementioned goods and services. Since market-based instruments often fail to<br />

49


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

steer and foster sustainable forest management in its entirety, public debates on such nonmarketable<br />

commodities as biodiversity need to be initiated to complete the comprehensive<br />

valuation of forests. However, both national sovereignty and international obligations must be<br />

carefully consi<strong>der</strong>ed and balanced.<br />

Throughout the last decade, the international community and, in particular, developing countries<br />

have been calling for increased investments in forestry. Besides the work on political<br />

and institutional frame conditions, the problem of cost distribution and cost-sharing between<br />

the public and the private sector has been high on the forestry agenda during recent years.<br />

UNDP and CIFOR, as international lea<strong>der</strong>s on the issue of finance in SFM, have put forward<br />

a range of documents within and outside the IPF/IFF process based on various international<br />

expert consultations. While this work is going on, more information should be made available<br />

to decision-makers and advisers on public/private investments, public-private-partnerships,<br />

ODA, forest and environmental f<strong>und</strong>s, national debt swap arrangements and financing<br />

mechanisms like the GEF and the GM of the CCD. Currently, the international community is<br />

discussing entities such as the proposed Investment Promotion Agency and other arrangements<br />

to foster various investments.<br />

Since the major investments in forestry in recent decades have not succeeded in changing<br />

current unsustainable practices substantially, and since unsustainable forest management<br />

remains an extremely profitable enterprise, the current non-comprehensive “project approach”<br />

is increasingly a target for severe criticism by the public in both industrialised and<br />

developing countries, since it tends to isolate actions from the overall context. Therefore, the<br />

variety of international and national instruments in SFM finance calls for international and<br />

national financing strategies as part of national forest programmes (NFP). Taking into account<br />

the aforementioned points regarding forest goods and services valuation, investments<br />

and frame conditions, and financing mechanisms and instruments, those strategies aim at<br />

more effective and efficient use of existing financial resources in times of decreasing ODA<br />

and national public budgets in forestry. Synergies between international and national public<br />

instruments as well as private investments are easy to call for, but hard to put in place. It<br />

should be stressed, however, that in recent years discussions have begun to yield a new<br />

consensus which assumes that SFM needs to be self-financing and that it is the transformation<br />

from current practices towards SFM which requires human and financial resources from<br />

outside the forest sector.<br />

50


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

2.4 National forest programmes (Nfp):<br />

Forest policy processes in support to sustainable development<br />

Dr. Bernd-Markus Liss, Arbeitsgemeinschaft Entwicklungpolitischer<br />

Gutachter/-<strong>innen</strong> (AGEG)<br />

2.4.1 Backgro<strong>und</strong> and Definition<br />

The concept of national forest programmes was developed during the deliberations of the<br />

Intergovernmental Panel of Forests (IPF, 1995-1997) in a follow up of the Forest Principles<br />

agreed at UNCED, Rio 1992. It emerged as a response to the need for country specific approaches<br />

and international support to conservation, management and sustainable development<br />

of all types of forests. It draws from experiences and related lessons learnt <strong>und</strong>er the<br />

Tropical Forests Action Programme (TFAP) and other forest related initiatives.<br />

The term "national forest programme" stands for a comprehensive forest policy framework for<br />

the achievement of sustainable forest management. It is a generic term for a political process<br />

to be applied at national and sub-national levels.<br />

This process includes knowledge-building, consensus-building and policy making and<br />

implementation. It is a long-term and iterative process of planning, implementation and monitoring,<br />

comprising the generation of accurate information, identification of goals, policies,<br />

strategies and mechanisms for implementation. It provides choices between options as the<br />

results of debates, negotiations and compromises of relevant stakehol<strong>der</strong>s (actors and the<br />

ones concerned).<br />

The objective of a national forest programme is to ensure the conservation, management<br />

and sustainable development of forests to meet local, national, regional and global needs<br />

and requirements, for the benefit of present and future generations.<br />

2.4.2 Nfp Principles and Elements<br />

A national forest programme is based on the following principles:<br />

- national sovereignty and country lea<strong>der</strong>ship<br />

- consistency with the constitutional and legal frameworks of each country<br />

- consistency with and integration of international agreements and commitments<br />

- partnership and participation of all interested parties in the nfp process<br />

- holistic and inter-sectoral approach to forest development and conservation<br />

- integration with the country’s sustainable development strategies<br />

National forest programmes comprise specific aspects:<br />

- decentralisation and empowerment of regional and local levels;<br />

- recognition and respect for customary and traditional rights;<br />

- secure land tenure arrangements;<br />

51


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

- ecosystem approaches that integrate the conservation of biological diversity and the<br />

sustainable use of biological resources; and<br />

- adequate provision and valuation of forest goods and services.<br />

The main elements of the nfp process are:<br />

- National Forest Statement (high level political commitment on forest issues, vision and<br />

overall goals)<br />

- Sector review (analysis of forest sector and other sectors' impact on forests, debate on<br />

forest issues)<br />

- Development of objectives and strategies<br />

- Policy, legislative and institutional reform<br />

- Action plan (measures and activities with time frame, e.g. development of frame conditions,<br />

capacity building programme)<br />

- Investment programme<br />

- Financing strategies (frame conditions for investment, role of ODA)<br />

- Implementation of specific measures<br />

- Monitoring and evaluation system<br />

- Co-ordination and participatory mechanisms, including conflict-resolution schemes.<br />

These elements are not necessarily to be implemented sequentially, but specifically according<br />

to a country's situation.<br />

Partnerships are being discussed as a major elements in support of nfps. They can emerge<br />

at various levels: between actors from central to local level, between donors and the respective<br />

national government, between regional actors or between countries of the North and the<br />

South. The concept of Forest partnership agreements is being elaborated tested <strong>und</strong>er<br />

various arrangements in a range of countries.<br />

2.4.3 Summary of Conceptual Aspects<br />

The nfp concept is based on the concept of sustainable development with its ecological,<br />

economic and social dimensions. This has implications in relation to equity, democratic processes<br />

and partnership, sustainable use of natural resources and poverty alleviation.<br />

Nfps are principle driven. The principles are articulated and agreed by international negotiations.<br />

The principles are guidelines for country-specific processes to avoid or to overcome<br />

conflicts in forest management as a part of sustainable development.<br />

The following main conceptual aspects of nfps can be retained:<br />

- The nfp concept emerges from UNCED, 1992, the Forest Principles and AGENDA 21. It<br />

is embedded into national efforts towards sustainable development.<br />

- The nfp process is based on transparency and participation, support at highest political<br />

level and preparedness for change.<br />

52


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

- The nfp is not a plan or a product, but a process. This process is iterative and continually<br />

evolving. It goes beyond sectoral bo<strong>und</strong>aries and constituencies.<br />

- The nfp incorporates international agreements and processes in relation to forests.<br />

- Preparing nfps is a participatory process with on-going consultation of all actors concerned.<br />

This participatory process shall ensure commitment and support at all levels and<br />

enhance political will for appropriate action, including the highest political level. Adequate<br />

mechanisms for this consultative process have to be in place.<br />

- Nfps are to support the formulation of positions towards the international level and to facilitate<br />

international co-operation through co-ordination in a common framework.<br />

2.4.4 Implementation of Nfps and international support<br />

Quite a number of countries of the North and the South have embarked on processes for the<br />

formulation and implementation of national forest programmes. European countries like<br />

Germany, Great Britain and others have started the elaboration of national forest programmes.<br />

Australia is in a process to implement the IPF Proposals for Action including the<br />

design of a nfp in its fe<strong>der</strong>al set-up. In Finland, the national forest programme is already<br />

being implemented. In the South, countries like Costa Rica, Ecuador, Malawi, Uganda, Indonesia,<br />

Vietnam are presently in the process of formulating nfps in consistence with international<br />

agreements and commitments.<br />

Various international and bilateral donors have made nfps as the framework for international<br />

co-operation, and increasingly acknowledge the concept as a framework for co-ordinated<br />

support. In re-consi<strong>der</strong>ing its approach to country support in the past within the framework of<br />

the Tropical Forests Action Programme (TFAP) FAO has given emphasis to the implementation<br />

of IPF/IFF Proposals and the concept of nfps. During regional workshops on the implementation<br />

of IPF Proposals supported by FAO Regional Forestry Commissions, countries<br />

reflected on the status of their national forest programmes. UNDP has launched its global<br />

Programme on Forests (PROFOR) that aims at specific support to countries in developing<br />

their national forest programmes and related partnership approaches. World Bank is consi<strong>der</strong>ing<br />

nfp processes as the adequate framework for its sector lending activities, while<br />

linking forest sector support to macro-economic frame conditions. The G8 Forest Action Programme<br />

proposed the nfp concept as the appropriate policy and planning framework towards<br />

SFM in its member countries as well as in partner countries of the South.<br />

The European Council and the Commission in their recent resolutions stress national forest<br />

programmes as the adequate framework for forest sector related work in EU countries and<br />

for support to partner countries (e.g. EU Council Resolution on Forests and Development,<br />

November 1999, Doc. n° 248/99 (DEVGEN)). The existence of nfps has even become the<br />

precondition for financial support to EU member states.<br />

In a follow-up of the Ministerial Conference on the Protection of Forests in Europe, Lisbon,<br />

1998, the Pan-European Process acknowledged the need to work towards national forest<br />

programmes in a wi<strong>der</strong> perspective, setting the scene for the implementation of the nfp con-<br />

53


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 1: Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen<br />

cept in its member states. The recently issued EU Forest Strategy emphasises that national<br />

forest programmes are the basis for forest development and the implementation of international<br />

forest related commitments and agreements. In this strategy, the European Council<br />

highlights the importance of comprehensive approaches towards forest development and the<br />

need for a co-ordinated implementation of international commitments, principles and proposals<br />

within national and sub-national forest programmes or similar frameworks.<br />

Major inputs in the formulation and implementation of the IPF Proposals and the way towards<br />

nfps have been given by the IFF Six-Country Initiative in 1998 with the participation of Finland,<br />

Germany, Honduras, Indonesia, Uganda and United Kingdom. This initiative is widely<br />

recognised as an example for North-South partnerships in support to nfp processes. For<br />

Germany, the Six-Country Initiative was the starting point for its own nfp.<br />

54


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

1. Früher war alles <strong>der</strong> Staat: Zugang zu Kredit <strong>und</strong> Sparbuch im<br />

ländlichen Raum. Erfahrungen aus Transformationslän<strong>der</strong>n...................56<br />

Ulrich Wagner, Armin Fach, Thorsten Giehler,<br />

GTZ-Arbeitsfeld: Finanzsysteme <strong>und</strong> Kreditwesen<br />

2. Von <strong>der</strong> ‘Technischen’ Zusammenarbeit zur<br />

Sektrorreformberatung: Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hin<strong>der</strong>nisse<br />

in den Infrastruktursektoren ..............................................................................60<br />

Stefan Opitz, GTZ-Arbeitsfeld: Transport <strong>und</strong> Mobilität,<br />

Jochen Rudolph, GTZ-Arbeitsfeld: Nachhaltige Energiesysteme<br />

Dr. Christine Koch, Gutachterin, GTZ-Arbeitsfeld: Transport <strong>und</strong> Mobilität<br />

3. Ownership statt Donorship? TZ <strong>und</strong> Armutsbekämpfung ........................64<br />

Katrin Freitag, GTZ-Arbeitsfeld: Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialpolitik<br />

4. Strukturwandel im Verkehrssektor: Neue Wege in <strong>der</strong> Beratung............67<br />

Roland Haas, Manfred Breithaupt, Dr. Gerhard Metschies,<br />

GTZ-Arbeitsfeld: Transport <strong>und</strong> Mobilität<br />

5. Verbesserung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen durch Verknüpfung<br />

unterschiedlicher Interventionsebenen: Wunsch o<strong>der</strong> Realität? ............76<br />

Dr. Rolf Mack, Kirsten Hegener,<br />

GTZ-Arbeitsfeld: Nutzung <strong>und</strong> Sicherung natürlicher Ressourcen<br />

6. Gestaltung politischer Rahmenbedingungen ...............................................87<br />

Kerstin Hagman, GTZ-Arbeitsfeld: Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialpolitik<br />

55


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

1. Früher war alles <strong>der</strong> Staat: Zugang zu Kredit <strong>und</strong> Sparbuch im<br />

ländlichen Raum. Erfahrungen aus Transformationslän<strong>der</strong>n.<br />

56<br />

Ulrich Wagner, Armin Fach, Thorsten Giehler,<br />

GTZ-Arbeitsfeld: Finanzsysteme <strong>und</strong> Kreditwesen<br />

1.1 Finanzsystementwicklung auf drei Interventionsebenen<br />

Die Rahmenbedingungen für das Finanzsystem haben sich in den Transformationslän<strong>der</strong>n<br />

seit dem Zusammenbruch <strong>der</strong> Sowjetunion gr<strong>und</strong>legend geän<strong>der</strong>t, doch große Teile <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

haben keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen. Dies trifft insbeson<strong>der</strong>e auf die<br />

Bewohner ländlicher Regionen zu. Die Folge sind zu kleine Sparpolster <strong>und</strong> geringe Finanzierungsmöglichkeiten<br />

von Investitionen.<br />

Für die Technische Zusammenarbeit eröffnet sich hier ein weites Feld für die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Institutionenlandschaft, die Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>der</strong> Mitarbeiter/-<strong>innen</strong> <strong>und</strong> des K<strong>und</strong>enkreises<br />

<strong>der</strong> Finanzinstitutionen (FI) <strong>und</strong> die Gestaltung <strong>der</strong> Finanzsektorpolitik.<br />

Der Ansatz <strong>der</strong> Finanzsystementwicklung greift auf diesen drei Ebenen:<br />

Ziele Stärkung <strong>der</strong> menschlichenLeistungspotentiale<br />

im Umfeld finanzieller<br />

Dienstleistungen<br />

Methoden<br />

<strong>und</strong><br />

Instrumente<br />

Menschen Organisationen Rahmenbedingungen<br />

Aus- <strong>und</strong> Fortbildung<br />

(direkt <strong>und</strong> indirekt)<br />

Beratung<br />

Sensibilisierung (von<br />

Mittlern <strong>und</strong> <strong>der</strong> Zielgruppe<br />

selber)<br />

1.1.1 Interventionsebene Mensch<br />

Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> Institutionen<br />

bezüglich<br />

ihrer Zielgruppenorientierung<br />

<strong>und</strong> Nachhaltigkeit<br />

Upgrading von semiformellen<br />

FI,<br />

Downscaling von<br />

formellen FI, Reform<br />

<strong>der</strong> Staatsbanken,<br />

Computerisierung<br />

Entwicklung einer effizienten<br />

<strong>und</strong> breitenwirksamenFinanzinfrastruktur<br />

Sektorpolitikberatung,<br />

Beratung zur Regulierung<br />

<strong>und</strong> Überwachung<br />

von Finanzmärkten,<br />

Beratung zur Kapitalmarktentwicklung<br />

Auf <strong>der</strong> individuellen Ebene zielt die TZ darauf ab, menschliche Leistungspotentiale im Umfeld<br />

finanzieller Dienstleistungen zu stärken.<br />

Durch Aus- <strong>und</strong> Fortbildung sowohl <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en von (Mikro-) Finanzinstitutionen<br />

direkt, als auch von Multiplikator/-<strong>innen</strong> („Training of the Trainers“) sollen die Menschen<br />

befähigt werden, mit Finanzdienstleistungen im speziellen Umfeld von Entwicklungs<strong>und</strong><br />

Transformationslän<strong>der</strong>n an ihre Situation angepasst umzugehen.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Beratungsleistungen zielen sowohl auf das Management von Finanzinstitutionen als auch<br />

auf Vertreter rahmenbilden<strong>der</strong> Institutionen wie Ministerien, Zentralbanken <strong>und</strong> Regulierungsbehörden.<br />

Ein dritter wichtiger Aspekt ist die Sensibilisierung für das Thema <strong>der</strong> Finanzsystementwicklung<br />

im Umfeld <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit (bei an<strong>der</strong>en Gebern, in Universitäten,<br />

Forschungseinrichtungen). Aber nicht zuletzt auch die Zielgruppe muss für Fragen des<br />

Zugangs zu FI <strong>und</strong> ihrer Funktionsweisen sensibilisiert werden.<br />

1.1.2 Interventionsebene Organisationen<br />

Auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Organisationen zielt die TZ darauf ab, durch ein sinnvolles institution<br />

building die Leistungsfähigkeit von Institutionen zu stärken. Denn es nützt beispielsweise<br />

wenig, wenn <strong>der</strong> best ausgebildete Kreditsachbearbeiter in einer Finanzinstitution tätig ist,<br />

<strong>der</strong>en Strukturen an ein Selbstverständnis anknüpfen, Gebermittel an vorher definierte Zielgruppen<br />

durchzuleiten, wie es viele Entwicklungsbanken in den 80er Jahren massiv getan<br />

haben. Zwei Ziele sind dabei gleichzeitig zu verfolgen: Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Zielgruppenorientierung.<br />

Nachhaltigkeit heißt, die Institutionen in die Lage zu versetzen, dauerhaft zu Marktkonditionen<br />

Finanzdienstleistungen anzubieten, ohne langfristig auf Subventionen angewiesen zu<br />

sein. Zielgruppenorientierung heißt, die Institutionen in die Lage zu versetzen, breitenwirksam<br />

<strong>und</strong> nachfragegerecht Finanzdienstleistungen anzubieten.<br />

Folgende Methoden werden angewandt:<br />

- Upgrading von NRO, Fonds, informellen <strong>und</strong> semi-formellen Finanzinstitutionen zu formellen<br />

Finanzinstitutionen;<br />

- Downscaling von Geschäftsbanken hin zu neuen (armen) K<strong>und</strong>engruppen;<br />

- Institutionelle Verknüpfung von semi- <strong>und</strong> informellen Finanzinstitutionen mit formellen<br />

(Linking).<br />

Diese Methoden gehen stets einher mit einer Umstrukturierung, indem beispielsweise ein<br />

neues Geschäftsfeld „Mikrofinanzen“ eingerichtet wird. Während dieses Prozesses sind auch<br />

geschäftspolitische Fragen zu klären: Welche Produkte werden angeboten (z. B. Kredite <strong>und</strong><br />

Sparen o<strong>der</strong> nur Kredite)? Zu welchen Konditionen (Zinssätze, Garantieformen, Fristigkeiten)?<br />

Unterstützend wirkt die Computerisierung von Finanzinstitutionen, die nicht nur zu einer<br />

Automatisierung von Prozesse führt, son<strong>der</strong>n v.a. durch die Festlegung <strong>und</strong> Standardisierung<br />

von Spar- <strong>und</strong> Kreditprodukten zu einer Klärung von Geschäftsfel<strong>der</strong>n <strong>und</strong> zu einer<br />

Reform von Institutionen beiträgt.<br />

57


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

1.1.3 Interventionsebene Rahmenbedingungen<br />

Auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Rahmenbedingungen zielt die TZ darauf ab, zur Entwicklung einer effizienten<br />

Finanzinfrastruktur beizutragen. Denn was nützt eine gut strukturierte Finanzinstitution,<br />

wenn ihr durch die Rahmenbedingungen bestimmte Restriktionen, wie z. B. Zinsobergrenzen,<br />

vorgegeben sind?<br />

Eine umfassende Finanzsektorpolitikberatung setzt bei den verschiedenen Akteuren an. In<br />

Finanz- <strong>und</strong> verwandten Ministerien kann die TZ Einfluss auf die Ausgestaltung des Wirtschaftssystems<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> rechtlichen Rahmenbedingungen nehmen, sowie die Rolle des<br />

Staates (<strong>und</strong> von Subventionen) klären. Bei <strong>der</strong> Beratung von Zentralbanken <strong>und</strong> Aufsichtsbehörden<br />

stehen die Zinspolitik <strong>und</strong> die Regulierung <strong>und</strong> Überwachung <strong>der</strong> Finanzmärkte im<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, bei <strong>der</strong> von Börsen <strong>und</strong> Börsenaufsicht die Entwicklung <strong>der</strong> Kapitalmärkte.<br />

Darüber hinaus werden Interessenvertretungen <strong>der</strong> Finanzinstitutionen <strong>und</strong> so genannte<br />

Hilfseinrichtungen wie Garantiefonds, Kreditversicherungen, Ausbildungszentren <strong>der</strong> Banken<br />

etc. in ihrem jeweiligen politisch-ökonomischen Kontext beraten.<br />

Eine solch umfangreiche Beratungsleistung kann nur unter Führung <strong>der</strong> nationalen Partner<br />

(Stichwort: Ownership) <strong>und</strong> in Kooperation mit an<strong>der</strong>en Gebern erfolgen.<br />

1.1.4 Zusammenführung im systemischen Ansatz<br />

Trotz <strong>der</strong> vorstehend vorgenommen analytischen Trennung <strong>der</strong> Interventionsebenen muss<br />

ein sinnvoller Beitrag zur Finanzsystementwicklung in Entwicklungs- <strong>und</strong> Transformationslän<strong>der</strong>n<br />

immer gleichzeitig auf allen Ebenen ansetzen, denn eine Komponente von den an<strong>der</strong>en<br />

zu isolieren, kann nicht zum Erfolg führen, da immer Interdependenzen zwischen den<br />

Ebenen bestehen.<br />

Im Folgenden lässt sich die praktische Umsetzung dieses systemischen Ansatzes <strong>der</strong><br />

Finanzsystementwicklung an Hand eines Projektbeispiels aus den ländlichen Regionen<br />

Kirgistans nachvollziehen.<br />

1.2 Projektbeispiel Ländliches Finanzwesen in Kirgistan<br />

Die Vergangenheit des ländlichen Finanzwesens war auch in Kirgistan als Teil <strong>der</strong> früheren<br />

Sowjetunion geprägt von <strong>der</strong> Agroprombank, die die Kolchosen finanzierte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sparbank<br />

zur Erfassung <strong>der</strong> Spargel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />

Nach <strong>der</strong> Unabhängigkeit Kirgistans <strong>und</strong> des folgenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs<br />

wurden beide Institutionen geschlossen. Damit war die ländliche Bevölkerung ohne Zugang<br />

zu Kredit <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Finanzdienstleistungen.<br />

Für die Finanzierung <strong>der</strong> mittlerweile weitgehend privatisierten Landwirtschaft sowie <strong>der</strong> verarbeitenden<br />

Industrie (Agroprocessing) wurde mit Hilfe <strong>der</strong> Weltbank eine spezielle Institution<br />

neu gegründet. Zur Sicherung des Zahlungsverkehrs <strong>und</strong> <strong>der</strong> Anlage von Spargel<strong>der</strong>n<br />

wurde ebenfalls eine Nachfolgeorganisation gegründet.<br />

58


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Beide Nachfolgeorganisationen befinden sich in Staatsbesitz. Darüber hinaus auch einige<br />

Geschäftsbanken, die im Zuge <strong>der</strong> Bankenkrise von <strong>der</strong> Nationalbank übernommen wurden.<br />

Die frühzeitige Privatisierung <strong>der</strong> Landwirtschaft <strong>und</strong> die für die Region ausgeprägte Reformfreudigkeit<br />

ermöglichten es, selbstverwaltete Finanzinstitutionen (Kreditgenossenschaften)<br />

für den ländlichen Raum zu etablieren. Das stark ausgeprägte Gefühl <strong>der</strong> kirgisischen<br />

Bevölkerung für gruppenorientierte Zusammenarbeit im Familien- <strong>und</strong> Stammesbereich<br />

sorgte für eine überraschend schnelle Annahme dieser Idee.<br />

Die formellen Rahmenbedingungen sind weitgehend geschaffen. Als hemmend erweisen<br />

sich die ökonomische <strong>und</strong> politische Entwicklung in Zentralasien sowie die von Russland<br />

übernommene Bürokratie <strong>und</strong> Misstrauenskultur. Außerdem hat die auf genossenschaftliche<br />

Traditionen (Selbstverantwortung statt öffentliche Hilfe) orientierte starke kirgisische Kultur<br />

das Arbeiten mit Sparen <strong>und</strong> Kredit im marktwirtschaftlichen Sinne noch nicht ausreichend<br />

adaptiert. Die gesellschaftliche Loyalität bezieht sich zudem stark auf die Familie <strong>und</strong> integriert<br />

Menschen darüber hinaus nur begrenzt.<br />

Der Aufbau von Kreditgenossenschaften mit Hilfe des GTZ-Projektes ist geeignet, neben <strong>der</strong><br />

Versorgung mit Spar- <strong>und</strong> Kreditmöglichkeiten auch zur sozio-kulturellen Entwicklung <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Entfaltung <strong>der</strong> menschlichen Leistungspotentiale in Kirgistan beizutragen.<br />

1.3 Fazit<br />

Das Beispiel des Projektes in Kirgistan zeigt deutlich, wie wichtig <strong>der</strong> anfangs skizzierte<br />

systemische Ansatz für die Entwicklung <strong>der</strong> Finanzsysteme ist. Die Mentalität <strong>und</strong> die Traditionen<br />

<strong>der</strong> Menschen wirken sich auf den Projekterfolg aus. Das Projekt muss auf diese Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

reagieren <strong>und</strong> die Menschen für den Umgang mit Finanzdienstleistungen sensibilisieren<br />

<strong>und</strong> ausbilden. Die neu geschaffenen Kreditgenossenschaften müssen sich gegen<br />

die Konkurrenz <strong>der</strong> staatlichen Institutionen behaupten <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Fehler im Umgang mit<br />

<strong>der</strong> bäuerlichen K<strong>und</strong>engruppe vermeiden. Und nicht zuletzt mussten beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Anfangsphase<br />

nach dem Zusammenbruch <strong>der</strong> Sowjetunion die rechtlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen für das Wirken von ländlichen Kreditgenossenschaften in Kirgistan<br />

geschaffen werden.<br />

In Kirgistan zeigt die GTZ einen erfolgreichen Weg auf, wie in Transformationslän<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

Zugang zu Sparen <strong>und</strong> Kredit jenseits <strong>der</strong> Staatswirtschaft für die ländliche Bevölkerung geöffnet<br />

werden kann.<br />

59


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

2. Von <strong>der</strong> ‘Technischen’ Zusammenarbeit zur Sektroreformberatung:<br />

Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hin<strong>der</strong>nisse in den Infrastruktursektoren<br />

60<br />

Stefan Opitz, GTZ-Arbeitsfeld: Transport <strong>und</strong> Mobilität<br />

Jochen Rudolph, GTZ-Arbeitsfeld: Nachhaltige Energiesysteme<br />

Dr. Christine Koch, Gutachterin, GTZ-Arbeitsfeld: Transport <strong>und</strong> Mobilität<br />

Hintergr<strong>und</strong> des Konzepts <strong>der</strong> Sektorpolitikberatung ist die zu beobachtende Verschiebung<br />

<strong>der</strong> Schnittstelle zwischen öffentlichem <strong>und</strong> privaten Sektor. Dienstleistungen werden zunehmend<br />

privat bereitgestellt, <strong>und</strong> <strong>der</strong> öffentlichen Hand obliegt, diesen privatwirtschaftlichen<br />

Prozess zu steuern bzw. ihn sozialverträglich abzufe<strong>der</strong>n. Mit dieser Verschiebung än<strong>der</strong>n<br />

sich auch die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> damit das Profil <strong>der</strong> EZ, die zunehmend politischer werdende<br />

hochrangige Entscheidungsträger bei <strong>der</strong> Einleitung <strong>und</strong> Schaffung neuer, reformbegünstigen<strong>der</strong><br />

gesetzlicher Rahmenbedingungen beraten <strong>und</strong> Institutionen bzw. gesellschaftliche<br />

Gruppen stärken will.<br />

Ein wesentlicher Ansatzpunkt für Sektorpolitikberatungsprojekte ist <strong>der</strong> Infrastrukturbereich.<br />

Die Investitionen <strong>der</strong> öffentlichen Hand stagnieren, wohingegen <strong>der</strong> private Sektor aus In<strong>und</strong><br />

Ausland sein Engagement in diesen ehemals öffentlichen Sektoren kontinuierlich ausbaut.<br />

Die Spezifika des Infrastrukturbereichs (hohe Investitionskosten <strong>und</strong> lange Amortisationsdauer,<br />

Notwendigkeit einer Steuerung durch die öffentliche Hand aufgr<strong>und</strong> natürlicher<br />

Monopoleigenschaften, Abstimmungs- <strong>und</strong> Koordinierungsprobleme etc.) machen diesen<br />

Sektor zu einer beson<strong>der</strong>en Herausfor<strong>der</strong>ung für die TZ. Erste Erfahrungen auf diesem Gebiet<br />

in den Län<strong>der</strong>n Jemen, Thailand, Sambia, Simbabwe in den Sektoren Wasser, Energie,<br />

Transport, Abfallwirtschaft haben gezeigt, dass die Zusammenarbeit von Staat <strong>und</strong> Privatwirtschaft<br />

gerade im Infrastrukturbereich nicht nur sinnvoll, son<strong>der</strong>n notwendig ist <strong>und</strong> entwicklungspolitisch<br />

unterstützt werden sollte. Gleichzeitig wurden die Spezifika <strong>und</strong> die damit<br />

verb<strong>und</strong>enen Probleme <strong>und</strong> Herausfor<strong>der</strong>ungen dieses Sektors evident.<br />

Die gr<strong>und</strong>sätzliche Konzeption <strong>der</strong> Sektorpolitikberatung <strong>und</strong> die Konsequenzen ihrer Anwendung<br />

im Infrastrukturbereich wurden in dieser Arbeitsgruppe dargestellt <strong>und</strong> diskutiert.<br />

Dabei konnten die folgenden Diskussionsschwerpunkte ausgemacht werden:<br />

1. Der Begriff ”Sektorpolitikberatung”.<br />

2. Politische Steuerung von Sektorpolitikberatungsprojekten.<br />

3. Koordinierung <strong>der</strong> multilateralen Gebergemeinschaft <strong>und</strong> Partnerabstimmung.<br />

4. Die Verfügbarkeit ausreichend qualifizierter AMA.<br />

5. PPP - Begriffsklärung, Stärken <strong>und</strong> Schwächen.<br />

2.1 Der Begriff ”Sektorpolitikberatung”<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich gehe es bei <strong>der</strong> Sektorpolitikberatung – so Stefan Helming (AL 44) - darum,<br />

”mit Reformprozessen zu spielen”, wobei die einzelnen Politikfel<strong>der</strong> von verschiedenen Akteuren/Stakehol<strong>der</strong>s<br />

beeinflusst würden. Beziehe sich die Beratung auf die Gesamtheit aller<br />

in einem Politikfeld involvierten Akteure, so handele es sich um ein Politikberatungsprojekt.<br />

Würde hingegen nur die Regierung beraten, so sei hingegen von einem Regierungsbera-


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

tungsprojekt zu sprechen. Dies sei auch dann <strong>der</strong> Fall, wenn an<strong>der</strong>e Akteure in die Beratung<br />

mit einbezogen würden, das Projekt aber dennoch auf Regierungsebene verankert sei.<br />

Allerdings sei zu beachten, dass die so skizzierte begriffliche Trennung eher ein theoretisches<br />

Konzept sei, welches nicht 1:1 in die Praxis übertragen werden könnte. Vor dem Hintergr<strong>und</strong>,<br />

dass <strong>der</strong> politische Wille für den Erfolg einer Vielzahl von Beratungsprojekten, insbeson<strong>der</strong>e<br />

in den Bereichen Tarifpolitik, Regulierungspolitik, Dezentralisierungspolitik o<strong>der</strong><br />

aber bei <strong>der</strong> Implementierung von sozialen Aspekten <strong>der</strong> Versorgungssicherheit maßgeblich<br />

sei, sei allgemein <strong>der</strong> Begriff Politikberatung <strong>der</strong> treffendste. Dies sei insofern auch dann<br />

angezeigt, wenn <strong>der</strong> eigentliche Reformprozess auf institutioneller Ebene umgesetzt werde.<br />

Die konkrete Art <strong>der</strong> Beratung richte sich allerdings – so Prof. Dr. Dr. Gocht – nach Art <strong>und</strong><br />

Anzahl <strong>der</strong> Akteure. Demzufolge sei bei Vorhandensein von einzelnen Reformträgern eher<br />

punktuelle Beratung zu empfehlen, wohingegen Institutionen vorwiegend kontinuierlich beraten<br />

werden sollten.<br />

2.2 Politische Steuerung von Sektorpolitikberatungsprojekten<br />

Die politische Steuerung von Sektorpolitikberatungsprojekten durch das BMZ ist nach Dr.<br />

Foerster insbeson<strong>der</strong>e durch die institutionelle Zersplitterung (GTZ, KfW, DEG) problematisch.<br />

Der Koordinationsaufwand sei hoch, <strong>und</strong> eine Arbeit werde oftmals doppelt durchgeführt.<br />

Eine hier ansetzende Reform sei jedoch schwierig durchzusetzen <strong>und</strong> zum gegenwärtigen<br />

Zeitpunkt nicht in Sicht. Wichtig sei allerdings, die drei Akteure <strong>der</strong> deutschen EZ stärker<br />

zusammenzubringen. Auch die Botschaften in den Partnerlän<strong>der</strong>n müssten nach<br />

Helming in Zukunft stärker mit einbezogen werden.<br />

Die angeführte Zersplitterung habe - so Dr. Lindauer - weitere negative Auswirkungen auf<br />

das Ansehen <strong>und</strong> die Position deutscher TZ in den Partnerlän<strong>der</strong>n sowie innerhalb <strong>der</strong> multilateralen<br />

Gebergemeinschaft. In diesem Zusammenhang werde insbeson<strong>der</strong>e bemängelt,<br />

dass die deutsche Seite durch mindestens zwei Personen unterschiedlicher Institutionen<br />

vertreten werde, was es erschwere, einen konkreten Ansprechpartner zu identifizieren. Eine<br />

stärkere regionale <strong>und</strong> sektorale Konzentration <strong>der</strong> EZ könnte hier jedoch erhebliche Fortschritte<br />

leisten <strong>und</strong> auch das Ansehen <strong>der</strong> deutschen TZ stärken. Gelänge es nämlich bei<br />

<strong>der</strong> regionalen Schwerpunktsetzung auch sektorale Schwerpunkte zu setzen, habe man in<br />

bestimmten Län<strong>der</strong>n, wie die Erfahrungen im Jemen zeigten, eine hinreichend starke Position,<br />

die die Voraussetzung böte, etwas zu bewegen <strong>und</strong> die auch von an<strong>der</strong>en multilateralen<br />

Gebern akzeptiert werde.<br />

2.3 Koordinierung <strong>der</strong> multilateralen Gebergemeinschaft <strong>und</strong><br />

Partnerabstimmung<br />

Zunehmend problematisch gestalte sich – so Gocht – die Koordinierung <strong>der</strong> multilateralen<br />

Gebergemeinschaft. Speziell aus deutscher Sicht bestehe hier trotz Rückendeckung durch<br />

die deutsche Regierung insbeson<strong>der</strong>e das Problem, die deutsche TZ zwischen den großen<br />

Gebern Weltbank <strong>und</strong> EU zu platzieren. Da die Koordinierung <strong>der</strong> multilateralen Gebergemeinschaft<br />

<strong>der</strong>zeit nur unter Erbringung immens hoher Transaktionskosten möglich sei, bestehe<br />

hier die Gefahr einer generellen EZ-Lähmung. Nach Auffassung Lindauers sei allerdings<br />

allein durch den Druck zur finanziellen Rationalisierung in Zukunft damit zu rechnen,<br />

61


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

dass die Gebergemeinschaft enger zusammenarbeite. Monatliche Gebermeetings gäbe es<br />

bereits, die auch die Möglichkeit eröffneten, voneinan<strong>der</strong> zu lernen. Langfristig sei die Einbettung<br />

in die multilaterale Gebergemeinschaft jedoch ein Muss, da ein Land allein kein ambitioniertes<br />

Projekt durchführen könne. Nach Gocht müsse deshalb in Zukunft die Politikberatung<br />

von einem einzigen Geber durchgeführt werden, wohingegen durchaus mehrere Geber<br />

an <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Reformen beteiligt sein könnten.<br />

Je höher allerdings die Anzahl <strong>der</strong> in den einzelnen Projektphasen involvierten Kooperationspartner<br />

sei, umso wichtiger werde – so Foerster – die Abstimmung mit dem Partner.<br />

Dies sei insbeson<strong>der</strong>e im Rahmen von Sektorpolitikberatungsprojekten zu beachten. Während<br />

nämlich meist eine generelle Offenheit gegenüber technischer Beratung bestehe, sei<br />

dies bei <strong>der</strong> Politikberatung nicht ohne weiteres gegeben. In diesem Zusammenhang sei<br />

auch zu berücksichtigen, dass die Fachsprache sehr abstrakt sei <strong>und</strong> nicht ohne weiteres<br />

von den Menschen in den Partnerlän<strong>der</strong>n verstanden werde. Dies müsse vor allem bei <strong>der</strong><br />

konkreten Projektdurchführung beachtet werden. Wichtig sei ferner die eindeutige Identifikation<br />

des politischen Willens, <strong>der</strong> ursächlich für den Erfolg des Vorhabens verantwortlich sei.<br />

Dabei sei auch darauf zu achten, dass <strong>der</strong> politische Wille nicht durch die jeweiligen Umstände<br />

erzwungen sei, es unabhängig davon jedoch deutliche Wi<strong>der</strong>stände gegen das Vorhaben<br />

gäbe. Hier könnten Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung helfen.<br />

2.4 Die Verfügbarkeit ausreichend qualifizierter AMA<br />

Nach Auffassung <strong>der</strong> KfW ist es gerade bei Projekten im Bereich <strong>der</strong> Sektorpolitikberatung<br />

schwierig, qualifiziertes Beratungspersonal zu finden. Dies mache es zunehmend schwieriger,<br />

politische Beratungsprojekte extern auszuschreiben. Des weiteren sei – so auch Gocht -<br />

eine Entwicklung weg vom Langzeitexperten hin zu punktuellen Beratungsleistungen zu erwarten.<br />

Entgegen <strong>der</strong> KfW-Auffassung ist nach Helming sowohl innerhalb <strong>der</strong> GTZ als auch im Bereich<br />

<strong>der</strong> Consulting-Wirtschaft ausreichend qualifiziertes Personal vorhanden. Insofern sei<br />

es durchaus denkbar, politische Beratungsprojekte auch weiterhin extern auszuschreiben.<br />

Allerdings müsse vor dem Hintergr<strong>und</strong> von Politikberatungsprojekten deutlich zwischen dem<br />

Management-Consulting <strong>und</strong> dem Consulting-Engineering unterschieden werden. Auch nach<br />

Lindauer ist <strong>der</strong> Einsatz externer Fachkräfte im Bereich <strong>der</strong> Sektorpolitikberatung, speziell im<br />

Infrastrukturbereich durchaus denkbar. Schwierig sei in diesem Zusammenhang allerdings<br />

die Frage nach dem angemessenen Handlungsspielraum des externen Beraters. Einerseits<br />

erfor<strong>der</strong>e das ”Hochschrauben” eines technisch orientierten Projektes in die Politikebene im<br />

Zeitablauf neben engagierten lokalen Fachkräften <strong>und</strong> einem entsprechenden Engagement<br />

von Fachverbänden einen großzügigen Spielraum des Beraters. An<strong>der</strong>erseits werde <strong>der</strong><br />

Erfolg <strong>der</strong> Beratung wesentlich durch das Vertrauen des Partners zum Berater bestimmt.<br />

Letzteres erfor<strong>der</strong>e aber, dass <strong>der</strong> externe Berater als Repräsentant <strong>der</strong> GTZ nicht aber als<br />

eigene Firma aufträte.<br />

2.5 PPP - Begriffsklärung, Stärken <strong>und</strong> Schwächen<br />

Public Private Partnership (PPP) umfasst alle Arten privatwirtschaftlicher Beteiligung, die auf<br />

diese Weise zur Stärkung des Privatsektors beitragen. Diese Komponente ist auch in Sektorpolitikberatungsprojekten<br />

enthalten, die damit nicht in Trade-off-Beziehung zum Gedanken<br />

62


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

des PPP stehen. Konkret geht es darum zu überprüfen, welche Teile eines Projektes dem<br />

Privatsektor übertragen werden können. Insofern beinhaltet PPP immer auch eine Form von<br />

Wettbewerb zwischen den Durchführungsorganisationen. Der Begriff PPI(?) engt den PPP-<br />

Begriff auf den Infrastrukturbereich ein. Da Infrastruktur immer eine öffentliche Aufgabe ist,<br />

beinhaltet PPI damit immer auch eine Beteiligung des Partnerlandes. Überdies sind die eingesetzten<br />

Mittel im Infrastrukturbereich meist größer als in an<strong>der</strong>en Bereichen, weisen somit<br />

einen umso stärkeren Abstimmungsbedarf auf.<br />

In diesem Zusammenhang wurde die Frage aufgeworfen, ob nicht die Berücksichtigung des<br />

privaten Sektors mit seinen rentabilitätsorientierten Interessen im Wi<strong>der</strong>spruch zu den moralisch<br />

möglicherweise höher stehenden Zielsetzungen <strong>der</strong> EZ stehe. Insbeson<strong>der</strong>e unter dem<br />

Gesichtspunkt <strong>der</strong> Armutsbekämpfung sei zu fragen, ob nicht die Integration des privaten<br />

Sektors mit einer Verschlimmerung <strong>der</strong> Lebenssituation <strong>der</strong> wirtschaftlich unattraktiven armen<br />

Län<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Bevölkerungsgruppen verb<strong>und</strong>en sei <strong>und</strong> ob hier nicht Subventionen <strong>der</strong><br />

richtigere Weg seien. Diese Auffassung ist nach Foerster nicht haltbar, da Subventionen <strong>und</strong><br />

Schenkungen we<strong>der</strong> kostendeckend seien noch gewährleistet sei, dass die Mittel den tatsächlich<br />

Bedürftigen auch zuflößen. Speziell im Wasserbereich sei zusätzlich zu bedenken,<br />

dass eine Pauschalsubventionierung zu Wasserverschwendung insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> wohlhaben<strong>der</strong>en<br />

Bevölkerungsgruppen beitrage. PPP-Maßnahmen seien hier zielwirksamer. Würden<br />

sie nämlich um entsprechende Umverteilungsmaßnahmen ergänzt, sei <strong>der</strong> Zielerreichungsgrad<br />

bei Vollkostendeckung deutlich höher, so Stefan Opitz. Die Bemühungen zur<br />

Implementierung <strong>der</strong> Umverteilungskomponente müssten jedoch noch deutlich verstärkt<br />

werden. Eine Awareness-Kampagne könnte hier wesentliche Erfolge erzielen. Speziell im<br />

Infrastrukturbereich habe man jedoch noch mit einem an<strong>der</strong>en Problem zu kämpfen. Die<br />

lange Laufzeit, die hohe Amortisationsdauer <strong>und</strong> das hohe damit verb<strong>und</strong>ene Risiko seien<br />

dafür verantwortlich, dass Private sich bei Infrastrukturinvestitionen zurückhielten.<br />

Weitere Probleme von PPP-Projekten seien, dass man es aus EZ-Sicht mit einem neuen,<br />

sehr viel mächtigeren Partner zu tun habe. Herkömmliche TZ-Instrumente würden auf diese<br />

Weise möglicherweise obsolet. Dies könne allerdings einen Anreiz darstellen, die GTZ-<br />

Konzeption stärker zu überdenken.<br />

63


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

3. Ownership statt Donorship? TZ <strong>und</strong> Armutsbekämpfung<br />

64<br />

Katrin Freitag, GTZ-Arbeitsfeld: Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialpolitik<br />

Die TZ betrachtet den Kampf gegen die Armut nicht allein aus wirtschaftlichem Blickwinkel.<br />

Sie setzt genauso auf nachhaltige Verän<strong>der</strong>ungen von politischen, sozialen <strong>und</strong> rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen. Wichtige Komponenten bei <strong>der</strong> Armutsbekämpfung sind Demokratieför<strong>der</strong>ung<br />

<strong>und</strong> Abbau von Diskriminierung: Und eine zentrale Rolle spielen dabei Institutionen<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Leistungsfähigkeit ebenso wie <strong>der</strong> Zugang zu Wissen <strong>und</strong> Information.<br />

Der Weltentwicklungsbericht <strong>2000</strong> beispielsweise setzt auf die Mitwirkung <strong>der</strong> Armen an politischen<br />

<strong>und</strong> sozialen Entscheidungen (empowerment), auf eine größere Sicherheit für Arme<br />

gegenüber wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Risiken (security) <strong>und</strong> mehr Optionen für die Integration<br />

in das wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Leben (opportunity).<br />

Um die Armut wirksam zu reduzieren, wirkt die TZ am Aufbau von Allianzen mit <strong>der</strong> Zivilgesellschaft,<br />

<strong>der</strong> Privatwirtschaft <strong>und</strong> dem Staat mit. Beiträge <strong>der</strong> GTZ zielen – neben direkter<br />

praktischer Unterstützung etwa im Bildungs- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsbereich – auch auf eine Verbesserung<br />

<strong>der</strong> strategischen Positionen von armen Gruppen in politischen <strong>und</strong> sozialen Zusammenhängen.<br />

Nicht zuletzt muß die Stärkung <strong>der</strong> Potentiale von Armen auf ihre Mitwirkung<br />

an Entscheidungsprozessen hinauslaufen.<br />

3.1 Partizipation, Politiken, Potentiale<br />

Capacity Development ist ein Schlüssel in <strong>der</strong> armutsorientierten TZ, um die Akteursgruppen<br />

in ihren jeweiligen Funktionen <strong>und</strong> Rollen zu stärken, <strong>und</strong> ein gesellschaftliches Umfeld mitzuentwickeln,<br />

welches ihre individuellen <strong>und</strong> institutionellen Potentiale för<strong>der</strong>t.<br />

Mit welchen Mitteln <strong>und</strong> Interventionsformen kann die GTZ unter den neueren Tendenzen<br />

<strong>der</strong> Globalisierung nachhaltige Beiträge zur Verbesserung <strong>der</strong> Machtposition von Armen<br />

leisten? Welche armutsorientierten TZ-Instrumente haben sich für die Erweiterung <strong>der</strong> Leistungspotentiale<br />

von Menschen <strong>und</strong> Organisationen bewährt? Mit welchen armutsrelevanten<br />

Beratungsmethoden hat die TZ bei <strong>der</strong> Gestaltung leistungsför<strong>der</strong>n<strong>der</strong> politisch-institutioneller<br />

Rahmenbedingungen positive Erfahrungen gesammelt?<br />

Einen Austausch über diese Fragestellungen beabsichtigten die Veranstalter Technical<br />

Group on PRS, Programmteam Armutsmin<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> überregionales Sektorvorhaben Armutsbekämpfung,<br />

als sie eine Arbeitsgruppe für die <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> vorbereiteten.<br />

Nachhaltige Armutsbekämpfung setzt Konsens voraus, auf dessen Gr<strong>und</strong>lage sich die verschiedensten<br />

Akteure aus Politik, Wirtschaft <strong>und</strong> Zivilgesellschaft über Ziele, Rollen, Rechte<br />

<strong>und</strong> Pflichten verständigen. Die Entwicklung solch einer Plattform ist das Herzstück <strong>der</strong> von<br />

<strong>der</strong> Weltbank <strong>und</strong> dem Internationalen Weltwährungsfonds propagierten „neuen“ Armutsbekämpfungsstrategie<br />

PRS (Poverty Reduction Strategy).


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Ziel <strong>der</strong> Arbeitsgruppe war es deswegen auch, PRS bekannter zu machen <strong>und</strong> mit den Teilnehmer/-<strong>innen</strong><br />

den aktuellen Bezug zu PRS zu ihrer Beratungsarbeit zu diskutieren. Konkret<br />

sollte es darum gehen, Wege zu identifizieren, wie sich die TZ/EZ-Berater in den PRS-<br />

Prozess einbringen können. Schließlich sollte auf <strong>der</strong> Veranstaltung Unterstützungsbedarf<br />

bzw. offene Fragen formuliert werden.<br />

3.2 Das neue Gewebe PRS<br />

R<strong>und</strong> 80 Entwicklungsexpert/-<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Berater/-<strong>innen</strong> fanden sich für die Veranstaltung<br />

zusammen, <strong>der</strong>en Auftakt eine Präsentation über die gr<strong>und</strong>legenden Charakteristika von<br />

PRS bildete: Was ist PRS? Wo findet PRS statt? Inwieweit ist die GTZ daran beteiligt?<br />

PRS steht im direkten Zusammenhang mit <strong>der</strong> Umsetzung des auf dem Kölner Weltwirtschaftsgipfel<br />

1999 von den G7/8 Staaten verabschiedeten Schuldenerlasses <strong>der</strong> ärmsten<br />

<strong>und</strong> hochverschuldeten Län<strong>der</strong>, <strong>der</strong> sogenannten HIPC II Initiative (Highly Indebted Poor<br />

Countries).<br />

Ownership statt Donorship: Die Verantwortung für erfolgreiche Armutsbekämpfung liegt<br />

letztendlich bei den betroffenen Län<strong>der</strong>n selbst. Dort müssen die dafür erfor<strong>der</strong>lichen politischen,<br />

rechtlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entwickelt werden. Dies enthebt<br />

jedoch auch die Geber-Organisationen nicht <strong>der</strong> Verantwortung, ihren Politikdialog sowie<br />

Programme <strong>und</strong> Projekte auf das internationale Ziel <strong>der</strong> Armutsbekämpfung auszurichten.<br />

Partizipation: Armutsbekämpfung ist <strong>und</strong> kann nicht alleinige Aufgabe <strong>und</strong> Verantwortung<br />

<strong>der</strong> Regierungen sein. Als gesamtgesellschaftliche Aufgabe bedarf es <strong>der</strong> Teilnahme aller<br />

gesellschaftlichen Gruppen an <strong>der</strong> Festlegung <strong>und</strong> Umsetzung von konkreten Zielen <strong>und</strong><br />

Programmen zum Abbau von Armut. Insbeson<strong>der</strong>e die Betroffenen selbst müssen in die Lage<br />

versetzt werden, am gesellschaftspolitischen Willensbildungsprozess qualifiziert teilnehmen<br />

zu können.<br />

Umfassendes Armutsverständnis: Das existenzielle Drama armer Menschen lässt sich<br />

nicht auf die Formel „one dollar a day“ reduzieren. In Armut lebende Menschen leiden unter<br />

sozialer Ausgrenzung, rechtlicher Benachteiligung, kultureller Diskriminierung, politischer<br />

Machtlosigkeit <strong>und</strong> ineffizienter wirtschaftlicher Selbstausbeutung. Frauen, Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Alte<br />

sind dabei beson<strong>der</strong>s betroffen.<br />

Globale Verantwortung: Armut macht nicht Halt vor Landesgrenzen <strong>und</strong> ist auch nicht allein<br />

durch nationale Anstrengungen zu bewältigen. Armutsorientierte Politik muss auf allen<br />

Ebenen, also auch auf <strong>der</strong> internationalen ansetzen. Hier wird die Verantwortung insbeson<strong>der</strong>e<br />

internationaler Regime <strong>und</strong> <strong>der</strong> politisch <strong>und</strong> wirtschaftlich mächtigen Län<strong>der</strong> angesprochen.<br />

Als Ausdruck nachhaltigen politischen Willens <strong>der</strong> Regierung, die Politik des Landes auf Armutsbekämpfung<br />

auszurichten, müssen <strong>der</strong> Weltbank <strong>und</strong> dem Internationalen Weltwährungsfonds<br />

partizipativ erstellte PRS als Voraussetzung für Entschuldung vorgelegt werden.<br />

65


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

3.3 Keine Anzeichen von Ownership?<br />

Im Anschluss an die Präsentation wurden Arbeitsteams gebildet: eins zum Thema Unterstützung<br />

politisch-institutioneller Rahmenbedingungen (Institutional Development) <strong>und</strong> Politikprozess.<br />

Ein zweites zur För<strong>der</strong>ung von Menschen <strong>und</strong> Organisationen (Capacity Development)<br />

<strong>und</strong> Konsultationsprozess. Beide Teams berieten sich zu ähnlichen Fragen:<br />

Was können wir in den PRS-Prozess einbringen (Ein Team: Welche Good Practices <strong>der</strong> Armutsbekämpfung<br />

bei <strong>der</strong> Beratung von leistungsför<strong>der</strong>nden politisch-institutionellen Rahmenbedingungen<br />

kennen wir in <strong>der</strong> TZ? Das zweite Team: Mit welchen armutsorientierten<br />

TZ-Instrumenten haben wir positive Erfahrungen gesammelt bei <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung individueller<br />

<strong>und</strong> institutioneller Leistungspotentiale?<br />

Was leisten wir auf dieser Ebene (entwe<strong>der</strong> Policy-Prozess o<strong>der</strong> Konsultationsprozess) für<br />

die jeweils an<strong>der</strong>e Ebene? Was erwarten wir von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Ebene?<br />

Welche offenen Fragen gibt es zum PRS-Prozeß? Welche Unterstützung brauchen wir von<br />

<strong>der</strong> Technical Group on PRS, dem Programmteam Armutsmin<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> dem überregionalen<br />

Sektorvorhaben Armutsbekämpfung?<br />

Die Teilnehmer/-<strong>innen</strong> verfügten über vielfältige Erfahrungen in unterschiedlichen Beratungsbereichen<br />

von PRS <strong>und</strong> entsprechend heterogen verliefen die mo<strong>der</strong>ierten Diskussionen<br />

in den beiden Arbeitsteams. Als die Teams die Ergebnisse ihrer Diskussionsr<strong>und</strong>en abschließend<br />

auf einem Marktplatz erläuterten, hatten sich als kritische Fel<strong>der</strong> von PRS herausgestellt:<br />

Eigenverantwortung <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> (Ownership statt Donorship): Öffentlichkeit schaffen;<br />

Verhandlungsfähigkeit von Staat <strong>und</strong> Zivilgesellschaft stärken; Indikatoren für Umsetzung<br />

von PRS entwickeln; Kontrolle <strong>der</strong> Operationalisierung von umfassenden Armutsbekämpfungsstrategie<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Zivilgesellschaft: Zivilgesellschaftliche Organisationen <strong>und</strong> vor allem ihre<br />

Zusammenschlüsse <strong>und</strong> Netzwerke stärken; Zusammenarbeit mit starken nichtstaatlichen<br />

Organisationen vorantreiben; Vernetzungskapazitäten <strong>der</strong> Zivilgesellschaft stärken; Monitoring<br />

des Konsultationsprozesses; Umsetzung <strong>und</strong> Wirkungsbeobachtung von Programmen<br />

zur Armutsbekämpfung; För<strong>der</strong>ung insbeson<strong>der</strong>e von Empowerment von Frauen <strong>und</strong> extrem<br />

Armen; Selbsthilfefähigkeit <strong>und</strong> Lobby-Fähigkeit <strong>der</strong> Zivilgesellschaft för<strong>der</strong>n<br />

Kohärente Ausrichtung makroökonomischer <strong>und</strong> sektoraler Politikmaßnahmen: Institutionalisierte<br />

Kontrollmechanismen für die im PRS festgelegten Ziele nationaler Armutsbekämpfung<br />

einführen; Stärkung von Strukturen zur Umsetzung von armutsorientierten Politiken;<br />

TZ zwischenschalten bei Staat/Zivilgesellschaft o<strong>der</strong> zentral/dezentral; Aufarbeitung von<br />

Good Practices <strong>der</strong> beteiligungsorientierten Armutsbekämpfung<br />

Konzertierte bi- <strong>und</strong> multilaterale entwicklungspolitische Zusammenarbeit: Mehr Kooperation<br />

auch unter deutschen EZ-Institutionen herstellen; Beteiligung staatlicher <strong>und</strong> nichtstaatlicher<br />

Organisationen sicherstellen <strong>und</strong> ausbauen; Transparenz schaffen; erfolgreiche<br />

66


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Erfahrungen bei <strong>der</strong> Armutsbekämpfung bündeln; Mainstreaming von Armutsbekämpfung<br />

unterstützen<br />

3.4 Technische Zusammenarbeit <strong>und</strong> PRS<br />

Weiterführende Diskussion über Beiträge <strong>der</strong> GTZ zu PRS sollen fortgesetzt werden im<br />

Rahmen von aktuellen Informationsveranstaltungen. Technical Group on PRS, Programmteam<br />

Armutsmin<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> überregionales Sektorvorhaben Armutsbekämpfung planen, in<br />

loser Reihenfolge Vorträge mit Diskussionen im Club <strong>der</strong> GTZ zu veranstalten. Ein zweitägiges<br />

Fortbildungsseminar für Gutachter/-<strong>innen</strong> beispielsweise, die Einsätze zu PRS planen,<br />

wird schon im August <strong>2000</strong> in <strong>der</strong> GTZ angeboten.<br />

Kompakt aufbereitete Informationen zum PRS-Prozess bietet das Sektorvorhaben Armutsbekämpfung<br />

auf seiner Internet-Homepage www.gtz.de/forum_armut.de. Auch im Intranet<br />

<strong>der</strong> GTZ sind Informationen zu Armutsbekämpfung abrufbar.<br />

4. Strukturwandel im Verkehrssektor: Neue Wege in <strong>der</strong> Beratung<br />

Roland Haas, Dr. Gerhard Metschies, Manfred Breithaupt,<br />

GTZ-Arbeitsfeld: Transport <strong>und</strong> Mobilität<br />

Herr Herberg, Abteilungsleiter Umweltmanagement, Wasser, Energie <strong>und</strong> Transport, begrüßt<br />

die Teilnehmer/-<strong>innen</strong> <strong>und</strong> weist einleitend auf die Bedeutung von Transport für die wirtschaftliche<br />

Entwicklung hin. Er macht deutlich, dass in den Län<strong>der</strong>n Osteuropas dem Transportsektor<br />

zudem eine zentrale Rolle bei <strong>der</strong>en Integration mit <strong>der</strong> EU zukommt. Damit leitet<br />

er über zum ersten Vortrag, <strong>der</strong> von den Erfahrungen berichtet, die entsprechende GTZ-<br />

Projekte zur EU-Harmonisierung <strong>der</strong> Transportsektoren in Litauen <strong>und</strong> Bulgarien gemacht<br />

haben.<br />

4.1 Reform des Verkehrssektors<br />

Dr. Arnd Bernaerts, GTZ-Rechtsberater in den Projekten zur Harmonisierung <strong>der</strong><br />

Verkehrsgesetzgebung in Litauen <strong>und</strong> Bulgarien<br />

Herr Dr. Bernaerts berichtet von GTZ-Projekten, durch die Litauen <strong>und</strong> Bulgarien im Verkehrssektor<br />

bei ihren Assoziierungsbemühungen mit <strong>der</strong> EU unterstützt wurden. Aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> zeitlich ehrgeizigen Beitrittsziele müssen diese Län<strong>der</strong> in allen Sektoren in kurzer Zeit<br />

großen Anpassungen im rechtlichen <strong>und</strong> institutionellen Bereich vornehmen, bei denen sie<br />

auch auf effektive externe Unterstützung <strong>und</strong> Beratung angewiesen sind.<br />

Die maßgeblichen Bereiche, in denen die Beitrittslän<strong>der</strong> Anpassungen im Hinblick auf eine<br />

EU-Harmonisierung vornehmen müssen, betreffen primär folgende Hauptaspekte: Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an das politische System; Anfor<strong>der</strong>ungen an die Wirtschaftsordnung; <strong>und</strong> die Übernahme<br />

des Acquis Communautaire. Insgesamt wird von den Beitrittslän<strong>der</strong>n das Vorhandensein<br />

zuverlässiger Strukturen in allen zentralen Bereichen erwartet. Dies gilt auch für den<br />

Verkehrssektor, in dem reibungslos funktionierende Transportstrukturen die Effizienz des<br />

67


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

B<strong>innen</strong>marktes sicherstellen sollen – unter fairen Marktbedingungen <strong>und</strong> zu volkswirtschaftlich<br />

niedrigen Kosten.<br />

Die Schwierigkeiten für die Reform des Verkehrssektors ergeben sich insbeson<strong>der</strong>e aus diesem<br />

Umstand, dass in den zu reformierenden Strukturen öffentliche <strong>und</strong> private Angelegenheiten<br />

häufig stark vermengt sind. Dies gilt aber nicht nur für den Verkehrssektor <strong>der</strong><br />

Län<strong>der</strong> in Osteuropa, son<strong>der</strong>n auch in Westeuropa. Auch dort wurde erst in den letzten Jahren<br />

begonnen, unter den Schlagworten Privatisierung <strong>und</strong> Deregulierung tiefgreifende Reformen<br />

in einzelnen Verkehrsbereichen (z.B. Luft, Eisenbahn, B<strong>innen</strong>schifffahrt) anzustoßen.<br />

Da die in Westeuropa eingeleiteten Reformwerke fast zeitgleich zu den Reformbestrebungen<br />

in Osteuropa anliefen, waren ausgereifte Modelle für die Beratung von Beitrittslän<strong>der</strong>n nicht<br />

immer vorhanden. Als Leitschnur für die praktische Arbeit dienten jedoch stets folgende Ziele:<br />

die Schaffung von freien <strong>und</strong> fairen Marktbedingungen, <strong>der</strong> Abbau von Wettbewerbsverzerrungen<br />

<strong>und</strong> die Minimierung staatlicher Einflussnahme.<br />

Durchführung <strong>und</strong> Durchsetzung des Acquis Communautaire:<br />

Die Umsetzung des EU-Regelwerks erfor<strong>der</strong>t, dass das allgemeine zivile <strong>und</strong> öffentliche<br />

Recht <strong>der</strong> Beitrittslän<strong>der</strong> dem Standard <strong>der</strong> Mitgliedstaaten angepasst wird. Dieser Prozess<br />

gestaltet sich insbeson<strong>der</strong>e dann als schwierig, wenn die Vorgaben zu den regelungsbedürftigen<br />

Sachverhalten ungenügend sind o<strong>der</strong> politische Zielvorgaben fehlen.<br />

Die ersten Verhandlungen mit <strong>der</strong> sog. „ersten Gruppe“ haben erkennen lassen, dass die<br />

Problemfel<strong>der</strong> vor allem im institutionellen Bereich liegen. Zwar ist inzwischen in einzelnen<br />

Sektoren eine beachtliche nationale Kompetenz vorhanden, aber als zuverlässiges „Netzwerk“<br />

repräsentiert sich dieser Fortschritt häufig nicht. Hier ist noch erhebliches Beratungspotential<br />

vorhanden.<br />

Erfahrungen aus den Projekten:<br />

Bulgarien erhielt seit 1993 Unterstützung bei <strong>der</strong> Reform <strong>der</strong> Transportgesetzgebung. Die<br />

GTZ war daran fe<strong>der</strong>führend beteiligt. Seit 1995 stand dabei die Ausarbeitung von Gesetzen<br />

<strong>und</strong> Verordnungen im Mittelpunkt. Die Fertigung von Entwürfen oblag lokalen Institutionen,<br />

<strong>der</strong>en Experten von externen Beratern unterstützt wurden. Die wesentlichen reformierten<br />

Gesetze wurden verabschiedet. Noch immer ist <strong>der</strong> staatliche Einfluss allerdings hoch, <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> freie Markt ist nur unzureichend entwickelt.<br />

Weiterer Beratungsbedarf besteht: Zum einen müssen die Reformen im Rechtswesen parallel<br />

mit <strong>der</strong> weiteren Einführung einer marktwirtschaftlichen Ordnung fortgesetzt werden,<br />

zum an<strong>der</strong>en muss die Kompetenz bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>und</strong> Wahrung des Acquis Communautaire<br />

auf breiter Ebene gestärkt werden. Insbeson<strong>der</strong>e besteht ein hoher Bedarf im Bereich<br />

„Institution Building“.<br />

In Litauen wurde das Verkehrsministerium bei <strong>der</strong> Reform des Verkehrsrechts bisher mit<br />

zwei Phare-Programmen von je 18 Monaten unterstützt. In <strong>der</strong> 1. Phase (1995/96) ging es<br />

um die sektoralen Verkehrsgesetze <strong>und</strong> – unter Mitwirkung von GTZ – in <strong>der</strong> 2. Phase (1998<br />

bis April <strong>2000</strong>), um <strong>der</strong>en Komplementierung durch Ausführungsgesetze <strong>und</strong> Verordnungen<br />

sowie um die Umsetzung des Rechts <strong>der</strong> EU. Da sich Litauen nach seiner Unabhängigkeit<br />

eine neue eigenständige Rechtsordnung schaffen musste, war die gr<strong>und</strong>legende Gesetzge-<br />

68


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

bung bereits Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre erstellt. Dabei wurde jedoch die Umsetzung von EU-Normen<br />

noch sehr ungenügend berücksichtigt. Hier besteht auch heute noch erheblicher Handlungsbedarf,<br />

dem durch ein neues Projekt ab Oktober diesen Jahres Rechnung getragen<br />

wird.<br />

Beurteilung <strong>der</strong> erreichten Ergebnisse:<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich wurden die mit den Programmen verfolgten Ziele erfüllt. Dabei erwies sich <strong>der</strong><br />

Ansatz, lokale Fachkräfte mit <strong>der</strong> Erarbeitung <strong>der</strong> Gesetzesentwürfe zu beauftragen <strong>und</strong> diese<br />

durch internationale Rechtsexperten punktuell zu unterstützen, als äußerst erfolgreich.<br />

Weitere, nachgeordnete Verordnungen können nun durch diese lokalen Kräfte eigenständig<br />

bearbeitet werden. Insgesamt wurde ein nachhaltiger Beitrag zum „Capacity Development“<br />

geleistet.<br />

Lei<strong>der</strong> konnte das Projekt – abgesehen von öffentlichen Hearings zu jedem Subsektor – eine<br />

weiter reichende, kontinuierliche Integration größerer interessierter Personenkreise (z. B. von<br />

Verbänden, Universitäten, Interessengruppen) nicht leisten. Dies sollte in Zukunft bei ähnlich<br />

gelagerten Projekten von Anfang an versucht werden, um dadurch zur öffentlichen Akzeptanz<br />

<strong>der</strong> zu entwickelnden Gesetzgebung beizutragen.<br />

Auch in den kommenden Jahren wird noch intensiver Beratungsbedarf in den Beitrittslän<strong>der</strong>n<br />

bestehen, wobei insbeson<strong>der</strong>e die Bereiche Institutionenentwicklung <strong>und</strong> Training im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong><br />

stehen.<br />

Anschließende Diskussion:<br />

Herr Petko Tabakov, Vize-Transportminister aus Bulgarien, bedankt sich für die bisher durch<br />

die GTZ im Verkehrssektor in seinem Land geleistete Arbeit. Er macht deutlich, dass die<br />

Verkehrsgesetzgebung große Fortschritte auf dem Weg zu einer EU-Harmonisierung gemacht<br />

hat <strong>und</strong> dass die GTZ daran einen maßgeblich Anteil hatte. Der Erfolg wird auch an<br />

den durchweg positiven Beurteilungen deutlich, die <strong>der</strong> bulgarische Verkehrssektor von <strong>der</strong><br />

EU-Kommission erhält.<br />

Frau Krassimira Martinova, Leiterin <strong>der</strong> Rechtsabteilung im bulgarischen Verkehrsministerium,<br />

bedankt sich ebenfalls für die hervorragende Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> GTZ, durch die<br />

ein umfassendes rechtliches Rahmenwerk von Gesetzen <strong>und</strong> Verordnungen geschaffen<br />

werden konnte, das größtenteils bereits verabschiedet wurde.<br />

Es wird im Rahmen <strong>der</strong> folgenden Diskussion darauf hingewiesen, dass gerade Gesetzgebungsprojekte<br />

eine große Nachhaltigkeit haben, da sie langfristig einen rechtlichen Rahmen<br />

schaffen.<br />

In Bulgarien konnte meist auf ein existierendes rechtliches Rahmenwerk zurückgegriffen<br />

werden, so dass sich die Projektarbeit auf die Überarbeitung bestehen<strong>der</strong> Gesetze konzentrieren<br />

konnte <strong>und</strong> nur in den Fällen, in denen erfor<strong>der</strong>liche Regelungen nicht existierten,<br />

neue Gesetze entwickeln musste. Litauen hingegen war vor seiner Selbständigkeit in das<br />

sowjetische Rechtssystem eingeb<strong>und</strong>en, so dass dort zunächst ein von Gr<strong>und</strong> auf neues<br />

Rechtssystem aufgebaut werden musste.<br />

69


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Es wird angemerkt, dass eine frühzeitige Integration aller möglichem Interessengruppen in<br />

den Prozess des Gesetzesentwurfs sinnvoll ist, um eine weitreichende öffentliche<br />

Unterstützung sicherzustellen. So sollten beispielsweise die zu Beginn des Projektes durchgeführten<br />

öffentlichen Anhörungen in zukünftigen Projekten ausgeweitet werden.<br />

In vielen Bereichen besteht noch großer Bedarf bei <strong>der</strong> Implementierung <strong>der</strong> entwickelten<br />

Gesetze. Dazu sind auch angemessene institutionelle Rahmenbedingungen <strong>und</strong> ein umfassendes<br />

qualifizierendes Training <strong>der</strong> Beteiligten erfor<strong>der</strong>lich. Dies gilt prinzipiell in allen<br />

Subsektoren, insbeson<strong>der</strong>e aber auch im Bereich des maritimen Transports (Häfen, Transportwege)<br />

o<strong>der</strong> im Bereich des Umweltschutzes. Die entsprechenden Gesetze existieren<br />

meist bereits, Probleme treten aber insbeson<strong>der</strong>e dann auf, wenn <strong>der</strong>en Umsetzung mit finanziellem<br />

Aufwand verb<strong>und</strong>en ist.<br />

Die Umsetzung von Umweltstandards kann zukünftig von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung für die<br />

Teilnahme einzelner Län<strong>der</strong> am internationalen Warenverkehr werden. So hat beispielsweise<br />

die EU strenge Umweltsysteme definiert, die in Hafenanlagen umgesetzt sein müssen <strong>und</strong><br />

ohne die den betroffenen Län<strong>der</strong>n eine Handelsdiskriminierung droht.<br />

4.2 Straßen: Vom öffentliche Gut zum Asset<br />

70<br />

Dr. Gerhard Metschies, GTZ-Arbeitsfeld: Transport <strong>und</strong> Mobilität<br />

In seinem Vortrag verdeutlicht Herr Dr. Metschies, dass durch verbesserte Rahmenbedingungen<br />

für Infrastrukturprojekte die wirtschaftliche Entwicklung vieler Entwicklungslän<strong>der</strong><br />

vorangetrieben werden könnte. Er zeigt auf, dass über eine stärker ökonomisch orientierte<br />

Betrachtung von Straßeninfrastruktur, die die Straße als wirtschaftliches Asset <strong>und</strong> weniger<br />

als öffentliches Gut sieht, eine effizientere Nutzung <strong>der</strong> finanziellen Ressourcen im Straßenverkehr<br />

möglich werden kann.<br />

Zielsetzung:<br />

Als ein wichtiges Oberziel wirtschaftlicher Entwicklung stellt Herr Dr. Metschies die Überwindung<br />

<strong>der</strong> wirtschaftlichen Stagnation <strong>und</strong> <strong>der</strong> Übergang zu einem forcierten Wachstumspfad<br />

heraus. Nur dadurch sei es möglich, die aus Sicht <strong>der</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong> immer stärker<br />

auseinan<strong>der</strong>klaffende Schere zwischen Entwicklungslän<strong>der</strong>n (Stagnationslän<strong>der</strong>) <strong>und</strong> den<br />

weiter entwickelten Län<strong>der</strong>n (Wachstumslän<strong>der</strong>) zu verkleinern. Neben einer Vielzahl wichtiger<br />

Einflussfaktoren können auch Infrastrukturprojekte helfen, diesen Übergang in eine<br />

Wachstumsphase voranzutreiben.<br />

Die Bereitstellung von Infrastruktur ist in <strong>der</strong> Regel mit hohem finanziellen Aufwand verb<strong>und</strong>en.<br />

Deshalb muss auf eine möglichst hohe Produktivität <strong>der</strong> Infrastrukturinvestitionen geachtet<br />

werden. Dies ist eine Verpflichtung für den Staat, die sich zugespitzt in <strong>der</strong> Formulierung<br />

zusammenfassen lässt: Eigentum verpflichtet – <strong>und</strong> zwar zu Wachstum, d. h. zur produktiven<br />

Verwendung des Eigentums. Dies kann im Straßensektor am besten dadurch erreicht<br />

werden, dass die Straßeninfrastruktur nicht länger als öffentliches Gut gesehen wird,<br />

dessen Bereitstellung ohne wirtschaftliches Management erfolgt. Statt dessen sollten Straßen<br />

als Asset betrachtet werden, das effizient zu managen ist. Dazu ist jedoch eine tiefgreifende<br />

Reform des Straßensektors erfor<strong>der</strong>lich.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Vorbedingungen <strong>und</strong> Voraussetzungen <strong>der</strong> Sektorreform:<br />

Der Übergang <strong>der</strong> Straße vom öffentlichen Gut zum wirtschaftlichen Asset erfor<strong>der</strong>t eine<br />

Reihe gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong> Rahmenbedingungen auf unterschiedlichen Ebenen. Dazu zählen:<br />

- Rechtliche Rahmenbedingungen: Äußerer <strong>und</strong> innerer Friede; Rechtssicherheit, unabhängige<br />

Justiz; Menschenrechte, Schutz des Privateigentums, Pressefreiheit; wirksame<br />

Steuergesetze, „Transparenz“ o<strong>der</strong> deutlicher: wirksame Mechanismen gegen Korruption.<br />

- Geldwirtschaftliche Rahmenbedingungen: Funktionierendes Bankensystem; einheitlicher<br />

Devisenkurs zu Marktbedingungen; ausgeglichener Staatshaushalt <strong>und</strong> Schuldenbegrenzung;<br />

Geldwertstabilität ohne Kapitalflucht.<br />

- Wirtschaftsrahmen: Konkurrenzwirtschaft ohne Monopole <strong>und</strong> Kartelle; außenwirtschaftliches<br />

Gleichgewicht; produktive Investitionen, kostendeckende Preise <strong>und</strong> Beschäftigung;<br />

Wirtschaftswachstum, Armutsmin<strong>der</strong>ung.<br />

- Sektorrahmen: Produktivitätssteigerung <strong>der</strong> Hauptwirtschaftssektoren; Transformation für<br />

staatliche Subventionssektoren (Post, Bahn, Elektrizität, Wasser); „Schlanker Staat“ für<br />

die Staatssektoren (Verwaltung, Ges<strong>und</strong>heit, Erziehung, Militär); Umweltverträglichkeit<br />

aller Sektoren.<br />

Geeignete Rahmenbedingungen bilden die zentrale Gr<strong>und</strong>lage für eine effiziente Gestaltung<br />

<strong>der</strong> einzelnen Sektoren.<br />

Sektorpolitik im einzelnen:<br />

Gerade für die Infrastruktursektoren ist es wichtig, nicht zu den subventionierten Sektoren zu<br />

gehören. Statt dessen sollen die einzelnen Sektoren sich selbst finanzieren können. Dazu<br />

sind z.B. im Transportwesen die einzelnen Verkehrsträger unter einem gemeinsamen Dach<br />

zu vereinen, das sich insgesamt selbst tragen muss. Dieses gemeinsame „Sektordach“ sollte<br />

sich auch in <strong>der</strong> Regierungsorganisation zeigen – <strong>und</strong> zwar in <strong>der</strong> Existenz eines einzigen,<br />

für den Gesamt-Transportsektor verantwortlichen Ministers, <strong>der</strong> die Gesamtverantwortung<br />

für ein ausgeglichenes Transport-Gesamtbudget trägt. Diese organisatorische Vorbedingung<br />

einer erfolgreichen Sektorpolitik ist in vielen Län<strong>der</strong>n noch nicht gegeben. Im Rahmen des<br />

Sektordaches können einzelne defizitäre Subsektoren (z.B. Eisenbahn) durch die Überschüsse<br />

<strong>der</strong> übrigen Subsektoren (z.B. Straße) mitfinanziert werden. Wichtig ist jedoch, dass<br />

<strong>der</strong> Verkehrssektor insgesamt kostendeckend wirtschaftet. Dazu ist allerdings eine detaillierte<br />

Kostenrechnung unabdingbar, die Kostentransparenz schafft, ohne die ein effizientes<br />

Asset-Management nicht möglich ist.<br />

Road F<strong>und</strong>:<br />

Zur Finanzierung des Straßensektors scheint insbeson<strong>der</strong>e das Konzept eines Road F<strong>und</strong>s<br />

geeignet, aus dem sämtliche Kosten des Straßensektors gedeckt werden. Ein solches System<br />

bildet beispielsweise in den USA seit vielen Jahren die Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Straßenfinanzierung.<br />

Der Road F<strong>und</strong> speist sich dabei zu etwa 80 bis 90 % aus den Einnahmen aus <strong>der</strong><br />

Treibstoffbesteuerung. In Deutschland wird in diesem Zusammenhang immer wie<strong>der</strong> das<br />

Argument ins Feld geführt, dass Steuereinnahmen nicht zweckgeb<strong>und</strong>en erhoben werden<br />

dürfen, son<strong>der</strong>n in den Gesamthaushalt einfließen sollen. Diese – primär finanztheoretischen<br />

– Bedenken könnten entschärft werden, wenn die Treibstoffsteuer nicht länger als<br />

71


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

eine Steuer, son<strong>der</strong>n vielmehr als eine Gebühr (für die Benutzung <strong>der</strong> Straßen) gesehen<br />

würde.<br />

Die einzelnen Verkehrsträger auf dem Weg zum Asset-Management:<br />

Der Übergang zum wirtschaftlich orientierten Asset-Management im Straßensektor ist am<br />

ehesten durch eine breit angelegte Privatisierung zu erreichen, wie sie bereits in an<strong>der</strong>en<br />

Verkehrsbereichen (Fluglinien, Flughäfen, Schiffshäfen, etc.) eingeleitet wurde. Auch im<br />

Straßensektor ist langfristig eine solche Privatisierung möglich. Privatisierung stellt dabei<br />

keinen Selbstzweck dar, son<strong>der</strong>n sie ermöglicht einen wirtschaftliche Betrieb <strong>der</strong> Subsektors<br />

<strong>und</strong> entlastet die Staatsfinanzen, da sich private Straßenbetreiber auch am Kapitalmarkt mit<br />

Krediten zur Straßenfinanzierung eindecken können.<br />

Anschließende Diskussion:<br />

Vize-Transportminister Tabakov merkt an, dass in Bulgarien die Straßenfinanzierung primär<br />

über die beiden Quellen Treibstoffsteuer <strong>und</strong> Transitgebühren sichergestellt wird, wobei ein<br />

Teil <strong>der</strong> Treibstoffsteuereinnahmen (ca. 4 %) für Eisenbahninfrastruktur-Investitionen verwendet<br />

wird. Insgesamt sind die Einnahmen des Straßensektors jedoch nicht ausreichend,<br />

um eine angemessene Erhaltung <strong>der</strong> Straßen zu finanzieren. Hier ist z. Z. in Bulgarien auch<br />

die Einführung einer Autobahngebühr in <strong>der</strong> Diskussion.<br />

Es wird unterstrichen, dass für den Betrieb des Straßensektors eine allgemeine Kostentransparenz<br />

unabdingbar ist. Das Prinzip <strong>der</strong> allgemeinen Staatskasse, über die alle Einnahmen<br />

<strong>und</strong> Ausgaben (auch des Straßensektors) abgewickelt werden, könnte – angesichts<br />

<strong>der</strong> heutigen enormen Höhe des Anlagevermögens im Straßensektor – unter Umständen<br />

nicht mehr angemessen sein.<br />

Kritisch wird angemerkt, dass die Kommerzialisierung des Straßensektors eventuell mit zu<br />

großen Hoffnungen verb<strong>und</strong>en wird. So macht eine Vielzahl von Erfassungs- <strong>und</strong> Bewertungsproblemen<br />

eine wirkliche Kostentransparenz fragwürdig: die vollständigen Kosten des<br />

Straßenverkehrs sind nur schwer zu ermitteln (Bsp. Umweltkosten <strong>und</strong> sonstige externe<br />

Kosten); das Anlagevermögen kann kaum realitätsnah erfasst werden; die Festlegung sinnvoller<br />

Abschreibungszeiträume ist problematisch; <strong>und</strong> die Eigentümerschaft an Straßen ist<br />

sehr komplex (B<strong>und</strong>, Län<strong>der</strong>, Gemeinden). Gleichwohl scheint es sinnvoll, wenigsten den<br />

Versuch zu unternehmen, tendenzielle Kostentransparenz zu schaffen.<br />

72


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

4.3 Strukturwandel <strong>und</strong> Privatisierung <strong>der</strong> Häfen:<br />

Und woher kommt das qualifizierte Personal?<br />

Uwe Breitling, GTZ-Berater im ATAS-GTZ-Projekt<br />

Anfang <strong>der</strong> 80er Jahre wurde von <strong>der</strong> UNCTAD das Programm TRAINMAR zur Ausbildung<br />

von Fachkräften im maritimen Bereich initiiert, das später von <strong>der</strong> UNCTAD weitergeführt<br />

wurde. In dessen Rahmen wurde ein System <strong>und</strong> eine Methodologie modularer Trainingskurse<br />

<strong>und</strong> -programme entwickelt. Im südlichen Lateinamerika („Cono Sur“) wurde dieser<br />

Trainingsansatz durch das ATAS-GTZ-Projekt (ATAS = Asociación TRAINMAR América del<br />

Sur) ab 1992 implementiert.<br />

Herr Breitling stellte anhand dieses Projektes die Umsetzung einer mo<strong>der</strong>nen Trainingskonzeption<br />

als eine Alternative zur konventionellen, staatlich getragenen Aus- <strong>und</strong> Fortbildung<br />

dar, die auf an<strong>der</strong>e Sektoren übertragbar ist <strong>und</strong> das vorhandene Potential an regionalen<br />

Fachkräften <strong>und</strong> die horizontale Kooperation bereits bestehen<strong>der</strong> internationaler Programme<br />

ausschöpft.<br />

Das ATAS-GTZ-Projekt versucht, über ein umfangreiches Networking eine höhere Nachhaltigkeit<br />

zu erreichen, als dies mit <strong>der</strong> traditionellen, punktuellen Entsendung von Langzeit- <strong>und</strong><br />

Kurzzeitexperten möglich scheint.<br />

Die Herausfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kommerzialisierung im Hafen- <strong>und</strong> Transportsektor:<br />

Seit etwa 1993 wurde in den meisten Län<strong>der</strong>n Lateinamerikas eine weitreichende Restrukturierung<br />

<strong>und</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung des Hafen- <strong>und</strong> Transportsektor eingeleitet, die auf Privatisierung<br />

<strong>und</strong> Kommerzialisierung abzielt <strong>und</strong> mit tiefgreifenden Maßnahmen zur Deregulierung<br />

<strong>und</strong> Liberalisierung des Transportsektors verb<strong>und</strong>en ist. Als Folge stellten sich massive Investitionen<br />

ein, die zu einer weitreichenden Erneuerung von Infrastruktur <strong>und</strong> Equipment<br />

führten. Dies führte zu einem drastischen Anstieg <strong>der</strong> über die Häfen abgewickelten Transportvolumina,<br />

zu sinkenden Abfertigungspreisen <strong>und</strong> zu steigen<strong>der</strong> Arbeitsproduktivität.<br />

Dieser Strukturwandel wurde von umfangreichen Trainingsmaßnahmen begleitet, damit die<br />

betroffenen Fachkräfte mit dieser Entwicklung überhaupt Schritt halten konnten. Im Zuge <strong>der</strong><br />

Deregulierung <strong>und</strong> Privatisierung waren allerdings staatliche Trainingszentren, die zuvor<br />

subventionierte, angebotsorientierte („supply driven“) Kurse <strong>und</strong> Programme angeboten<br />

hatten, weggefallen. Gleichzeitig bestand jedoch ein hoher Bedarf nach qualitativ hochwertigen,<br />

nachfragebestimmten („demand driven“) Trainingsleistungen, für die sich allmählich<br />

auch eine Zahlungsbereitschaft auf Seiten <strong>der</strong> privaten Akteure einstellte.<br />

Ansatz <strong>und</strong> Strategie des ATAS-GTZ-Projektes:<br />

Das Projekt versuchte nicht, das Rad neu zu erfinden <strong>und</strong> ein völlig neues Trainingsprogramm<br />

zu entwickeln. Auch wurde kein institutionalisierter Träger von Ausbildungsmaßnahmen<br />

gegründet. Statt dessen wurde über die Einrichtung von „Focal Points“ für bestehende<br />

individuelle <strong>und</strong> institutionelle Kapazitäten ein Netzwerk geschaffen, in dem Trainingsmaterialien<br />

entwe<strong>der</strong> neu entwickelt, o<strong>der</strong> existierende angepasst <strong>und</strong> durch lokale Instruktoren in<br />

Trainingskursen <strong>und</strong> –programmen vermittelt werden. Gr<strong>und</strong>lage bildet das TRAINMAR-Programm.<br />

Für das ATAS-GTZ-Projekt stand dabei die Unterstützung <strong>und</strong> Beratung von Trai-<br />

73


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

ningsexperten („train the trainer“), die Entwicklung, Anpassung <strong>und</strong> Implementierung <strong>der</strong><br />

modularen Trainingskurse auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> TRAINMAR-Methodologie sowie die Gründung<br />

einer regionalen NGO im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Eine Selbstfinanzierung durch den Verkauf von Trainings-<br />

<strong>und</strong> Beratungsleistungen wurde angestrebt <strong>und</strong> erreicht.<br />

Die TRAINMAR-Methodologie schult strukturiert Fachkräfte des oberen <strong>und</strong> mittleren Managements<br />

im Hafen- <strong>und</strong> Transportsektor auf <strong>der</strong> Basis vorgefertigter didaktischer Materialien<br />

(„training packages“). Zu jedem Kurs gibt es ein Manual für die Teilnehmer/-<strong>innen</strong>, einen<br />

Instructor Guide, audiovisuelle Hilfsmittel sowie Testmaterialien, Fallstudien <strong>und</strong> Übungsaufgaben.<br />

Mit diesen vorgefertigten Trainingspaketen können die Instruktoren, die in <strong>der</strong> Regel<br />

direkt aus <strong>der</strong> Praxis stammen, Schulungen durchführen, in denen sie qualitativ hochwertige<br />

Unterrichtsmaterialien mit ihrer eigenen Praxiserfahrung anreichern.<br />

Die organisatorische Struktur von ATAS:<br />

ATAS ist eine regionale gemeinnützigen ("non-profit") Organisation mit Sitz in Montevideo,<br />

Uruguay. Ihre Mitglie<strong>der</strong> sind private <strong>und</strong> öffentliche Trainingszentren, Universitäten, Verbände,<br />

Kammern <strong>und</strong> sonstige Organisationen. Zudem steht die Mitgliedschaft auch einzelnen<br />

Trainingsexperten <strong>und</strong> Consultants offen.<br />

Ziel von ATAS ist eine nachhaltige Verbesserung <strong>der</strong> Dienstleistungen im Hafen- <strong>und</strong> Transportsektor<br />

durch die Entwicklung <strong>und</strong> Implementierung professioneller Trainingskurse <strong>und</strong><br />

-programme.<br />

ATAS finanziert sich primär über Mitgliedsbeiträge <strong>und</strong> Kurs- <strong>und</strong> Lizenzgebühren, die von<br />

den durchführenden Organisationen bei Nutzung <strong>der</strong> ATAS-Materialien zu entrichten sind.<br />

Zudem können Einnahmen aus Consulting-Tätigkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> Entwicklung von Trainingsmaterialien<br />

für Dritte entstehen.<br />

Kooperationspartner von ATAS sind u.a. BMZ/GTZ, UNCTAD, UNDO, ILO, IMO, ECLAC<br />

<strong>und</strong> GEF.<br />

Bisherige Aktivitäten:<br />

Seit 1993 wurden etwa 250 Kurse, Workshops, Seminare <strong>und</strong> Konferenzen für insgesamt<br />

etwa 5.000 Teilnehmer/-<strong>innen</strong> durchgeführt. Bis 1997 wurden etwa 2 Kurse pro Monate<br />

durchgeführt; seit 1998 etwa 5 Kurse pro Monat. Zudem wurden mehr als 200 Fachleute,<br />

darunter Professoren, Instruktoren <strong>und</strong> Trainingsmanager in <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong><br />

TRAINMAR-Methologie geschult.<br />

Gleichzeitig wurden 20 TRAINMAR-Kurse <strong>und</strong> UNCTAD-Seminare an die regionalen Verhältnisse<br />

angepasst, aktualisiert <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> übersetzt. Zwischen 1996 <strong>und</strong> <strong>2000</strong> wurde ein<br />

neues Spezialisierungsprogramm für Internationales Hafen- <strong>und</strong> Transportmanagement mit<br />

30 modularen Kursen von insgesamt 810 St<strong>und</strong>en Dauer entwickelt <strong>und</strong> in Zusammenarbeit<br />

mit Universitäten <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Trainingsinstituten implementiert.<br />

Seit 1998 findet eine horizontale „Süd-Nord” Zusammenarbeit mit GTZ-Projekten in Rumänien<br />

<strong>und</strong> Georgien statt, in dessen Rahmen Kurse des ATAS-Spezialisierungsprogramms<br />

vom Spanischen ins Englische, Russische <strong>und</strong> Rumänische übersetzt, angepasst <strong>und</strong><br />

– unter Mitarbeit lateinamerikainscher Experten – durchgeführt werden.<br />

74


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Inputs <strong>und</strong> Kosten des Programms:<br />

Das Projekt umfasst 75 Mann-Monate für eine Langzeitfachkraft <strong>und</strong> 190 Mann-Monate für<br />

lokale <strong>und</strong> regionale Kurzzeitexperten. Da die angebotenen Kurse unmittelbar auf bestehenden<br />

TRAINMAR-Konzepten aufbauten, konnten durch reine Anpassungs- <strong>und</strong> Übersetzungsarbeiten<br />

die Kurskonzepte relativ kostengünstig erstellt werden. Auch die Durchführung<br />

<strong>der</strong> Kurse durch lokale <strong>und</strong> regionale Experten führte – gegenüber dem sonst oftmals<br />

üblichen Einsatz internationaler Fachkräfte – zu deutlichen Kostenersparnissen.<br />

Abschließende Beurteilung:<br />

Die Kurse des Spezialisierungsprogramms wurden ausschließlich durch lokale <strong>und</strong> regionale<br />

Experten entwickelt. Auch die Durchführung erfolgt durch lokale <strong>und</strong> regionale Experten.<br />

Dadurch konnten in hohem Maße regionale Kapazitäten genutzt, aufgebaut <strong>und</strong> verstärkt<br />

werden, die über das Projekt effektiv vernetzt wurden. Gleichzeitig kann das entstandene<br />

Fachwissen nun aber auch in an<strong>der</strong>en Projekten – wie etwa in Rumänien <strong>und</strong> Georgien –<br />

nutzbar gemacht werden. Anstelle klassischer „Pipeline-Projekte“, bei denen Aktivitäten oftmals<br />

nur innerhalb <strong>der</strong> Projektlaufzeit bei starker externer Unterstützung zu verzeichnen<br />

sind, schuf <strong>der</strong> Aufbau eines Netzwerkes Strukturen, die das Projekt langfristig in <strong>der</strong> regionalen<br />

Verantwortung verankert haben <strong>und</strong> dadurch eine hohe Nachhaltigkeit sicherstellen.<br />

Anschließende Diskussion:<br />

Der Aufbau von Netzwerkstrukturen, wie sie von ATAS geleistet wurde, ist sinnvoll. Dabei<br />

sollten die entwickelten Produkte auch offensiv weiter vermarktet werden.<br />

Das Projekt läuft offiziel im Dezember <strong>2000</strong> aus, eine Nachbetreuung kann aus Restmitteln<br />

finanziert werden. Ziel ist es, ab Ende <strong>2000</strong> finanziell vollkommen unabhängig zu sein. Die<br />

Kurs- <strong>und</strong> Lizenzgebühren sollen dabei auch sicherstellen, dass die Kursmaterialien regelmäßig<br />

aktualisiert werden. Da erste Aktualisierungen bereits von ATAS selbst finanziert wurden,<br />

ist dieses Ziel erreicht.<br />

Zur Sicherstellung einer gleichbleibend hohen Kursqualität wurde ein Qualitätssicherungs<strong>und</strong><br />

Monitoringsystem implementiert, das auch zukünftig die Erstellung <strong>und</strong> Aktualisierung<br />

qualitativ hochwertiger Kursmaterialien <strong>und</strong> Trainingsprogramme absichern soll.<br />

Es wird angemerkt, dass die Übertragung des ATAS-Projektansatzes in an<strong>der</strong>e Sektoren<br />

dort möglich ist, wo private Akteure existieren, die an guter Ausbildung Interesse haben <strong>und</strong><br />

auch bereit sind, dafür Kursgebühren zu entrichten. Im Straßensektor hingegen wäre ein<br />

solcher Ansatz schwieriger, da zum einen die Zielgruppe des Trainings geographisch weit<br />

verstreut ist <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en die Straßen keine direkten Erträge abwerfen, aus denen<br />

Kursgebühren beglichen werden könnten.<br />

Im Fall des Straßensektors wäre es aber denkbar, einen ähnlichen Ansatz zu verfolgen. So<br />

könnte <strong>der</strong> Staat – als Hauptbetreiber <strong>der</strong> Straßen – als Nachfrager <strong>und</strong> Abnehmer <strong>der</strong> privaten<br />

Trainingsleistungen auftreten <strong>und</strong> die Kursgebühren übernehmen. Staatlicher Ausbildungsbedarf<br />

im Straßensektor würde damit durch private Ausbildung befriedigt. Ein solches<br />

Konzept stellt aus staatlicher Perspektive ein wirtschaftlich sinnvolles Outsourcing <strong>der</strong> Trainingsleistungen<br />

dar.<br />

75


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

5. Verbesserung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen durch Verknüpfung<br />

unterschiedlicher Interventionsebenen: Wunsch o<strong>der</strong> Realität?<br />

76<br />

Dr. Rolf Mack, Kirsten Hegener,<br />

GTZ-Arbeitsfeld: Nutzung <strong>und</strong> Sicherung natürlicher Ressorcen<br />

5.1 Capacity development auf unterschiedlichen Interventionsebenen<br />

Das Beispiel des ‚Collaborative Management‘ einer Forstreserve <strong>und</strong> umgeben<strong>der</strong><br />

Waldgebiete in <strong>der</strong> Süd West Provinz Kameruns Mount Cameroon Project, Buea<br />

Jörg Linke, GTZ-Projekt Mt. Kamerun, Kamerun<br />

Durch die vertikale Integration verschiedener Interventionsebenen versucht das Projekt,<br />

Synergieeffekte zu erzielen. An Hand des Beispieles <strong>der</strong> Bomboko Forst Reserve sind im<br />

folgenden die auf <strong>der</strong> jeweiligen Interventionsebene initiierten Prozesse, Wirkungen sowie<br />

die angewandten Instrumente <strong>und</strong> Methoden beschrieben, die mittelfristig zu einem „capacity<br />

development“ <strong>der</strong> jeweiligen Partner führen sollen.<br />

Lokale Ebene:<br />

Die initiierten Prozesse <strong>und</strong> Wirkungen schließen Bewusstseinsbildung (u. a. für die Inwertsetzung<br />

forstlicher Ressourcen), Organisation von Nutzergruppen, Beteiligung <strong>der</strong> Nutzer an<br />

Planung <strong>und</strong> Durchführung, Entwicklung von ‚Ownership‘ für die Waldressourcen sowie den<br />

Prozess <strong>der</strong> Entwicklung von Bewirtschaftungsvereinbarungen ein.<br />

Mit Unterstützung des Projektes wurden 9 sogenannte Village Forest Management Committees<br />

gebildet, die den Aushandlungsprozess von Bewirtschaftungsvereinbarungen vorantreiben.<br />

Die Interventionen des Projektes richten sich außerdem an Zielgruppen / Partner wie:<br />

Nutzergruppen (u. a. Nutzer forstlicher Nichtholzprodukte), Jäger, Holzeinschlagsunternehmen,<br />

Landnutzer, traditionelle Entscheidungsträger, Bürgermeister, ‚chief of post‘ <strong>der</strong> Forstu.<br />

Umweltbehörde (MINEF). Die Instrumente / Methoden die angewandt wurden, umfassen<br />

u. a. fachlich-technische Beratung, Organisationsberatung <strong>und</strong> Konfliktmanagement.<br />

Regionale Ebene:<br />

Zu dieser Ebene gehören die Division sowie die Provinz als politische Verwaltungseinheiten.<br />

Zu den initiierten Prozessen <strong>und</strong> Wirkungen auf dieser Ebene zählen Sensibilisierung für<br />

partizipatives Ressourcenmanagement, für Zusammenhänge zwischen verschiedenen Nutzungsarten,<br />

die Übernahme von Verantwortung / Initiative (Ownership) für den Aushandlungsprozess<br />

sowie für die Bewirtschaftung <strong>der</strong> Waldressourcen, die Einflussnahme auf politisch<br />

- institutionelle Rahmenbedingungen hinsichtlich partizipativer Bewirtschaftungsoptionen,<br />

das Initiieren von Aushandlungsprozessen, die zu Managementvereinbarungen<br />

führen sowie die Dezentralisierung von Entscheidungsfindungsprozessen.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Auf Divisionsebene hat sich das sogenannte Bomboko Forest Management Committee<br />

(BFMC) gebildet, dessen Vorsitz <strong>der</strong> oberste Verwaltungsvertreter <strong>der</strong> Division (SDO) innehat.<br />

Mitglie<strong>der</strong> des Komitees sind außerdem die Divisionsabgeordneten des Umwelt- <strong>und</strong><br />

Forst-, des Landwirtschafts- sowie Stadtplanungsministeriums (einschließlich des Katasteramtes),<br />

eine nationale Forschungsinstitution, traditionelle Entscheidungsträger (chiefs, Eliten)<br />

<strong>und</strong> Vertreter <strong>der</strong> VFMC. Das Komitee steuert die Verhandlungen zur Entwicklung von<br />

Bewirtschaftungsvereinbarungen.<br />

Auf Provinzebene werden die Erfahrungen <strong>und</strong> Informationen in ein sogenanntes Provincial<br />

Land-use Pattern Committee (PLUPC) eingespeist, welchem <strong>der</strong> Gouverneur <strong>der</strong> Provinz<br />

vorsteht. Mitglie<strong>der</strong> sind die Provinzabgeordneten <strong>der</strong> jeweiligen Ministerien, traditionelle<br />

Entscheidungsträger sowie die Privatwirtschaft (landwirtschaftliche Plantagenbetreiber). Das<br />

Komitee beabsichtigt, alle landnutzungsrelevanten Fragen <strong>und</strong> Aktivitäten in <strong>der</strong> Provinz aufeinan<strong>der</strong><br />

abzustimmen.<br />

77


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Abbildung 1: Projektansatz, Interventionsbereiche <strong>und</strong> Ergebnisse des Mount Cameroon<br />

Project - im Spannungsfeld zwischen nachhaltiger Bewirtschaftung<br />

<strong>der</strong> Waldressourcen <strong>und</strong> För<strong>der</strong>ung von Entwicklungsinitiativen:<br />

För<strong>der</strong>ung von<br />

nachhaltigen landwirtschaftlichen<br />

Anbaumethoden<br />

EinkommenschaffendeMaßnahmen<br />

z. B.<br />

Bienenhaltung,<br />

Schneckenzucht<br />

78<br />

Unterstützung von<br />

Entwicklungsinitiativen<br />

in Gemeinden<br />

(Schulen, Wasser,<br />

Ges<strong>und</strong>heit)<br />

Entwicklung von<br />

Ökotourismus<br />

Nachhalt. Waldbewirtschaftung<br />

zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Entwicklung<br />

(Ergebnis 3)<br />

Capacity and<br />

organisational<br />

development<br />

(Ergebnis 2)<br />

Pluralistische<br />

Träger- <strong>und</strong><br />

Durchführungsstruktur<br />

(Ergebnis 1)<br />

Entwicklungsinitiativen,<br />

die zur<br />

nachhaltigen<br />

Bewirtschaftung<br />

beitragen<br />

(Ergebnis 4)<br />

Entwicklung von<br />

Gemeindewaldbewirtschaftung<br />

Collaborative<br />

Management of<br />

Forest Reserves<br />

Entwicklung von<br />

Ökotourismus<br />

Nachhaltige Bewirtschaftung<br />

von<br />

forstl. Nichtholz<br />

Produkten<br />

Nachhalt. Bewirtschaftg.<br />

von<br />

Prunus africana<br />

Partizipative<br />

Landnutzungs-<br />

Planung<br />

Nachhaltiges<br />

Wildlife Management


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Die Instrumente / Methoden, die auf regionaler Ebene zum Einsatz kommen umfassen: Politikberatung,<br />

Organisationsberatung, Konfliktmanagement, partizipative Ansätze, fachlichtechnische<br />

Beratung sowie Öffentlichkeitsarbeit. Die Zielgruppen <strong>der</strong> Ebene sind: die Verwaltung<br />

(Gouverneur, Divisional Officer, Senior Divisional Officer), traditionelle, (organisierte<br />

Entscheidungsträger (chiefs union), Forst- u. Umweltbehörde, MINEF (Division, Provinz)<br />

(ONADEF), landwirtschaftliche Behörde, Katasteramt, Regional Entwicklungsbehörde,<br />

MINPAT (Provinz), Repräsentanten traditioneller Entscheidungsträger, Öffentlichkeit <strong>und</strong><br />

Forschungseinrichtungen.<br />

Nationale Ebene:<br />

Zu den initiierten Prozessen <strong>und</strong> Wirkungen auf dieser Ebene zählen die Entwicklung von<br />

Optionen zur Umsetzung des nationalen Forstgesetzes (Partizipation <strong>der</strong> Bevölkerung) <strong>und</strong><br />

des „plan d’urgence d’action“ des Forstgipfels <strong>der</strong> afrikanischen Staaten (1998), die Umsetzung<br />

<strong>der</strong> Dezentralisierung von Entscheidungsbefugnissen inklusive Budgethoheit <strong>und</strong> die<br />

Beeinflussung politisch–organisationeller Rahmenbedingungen. Hierzu wurden Instrumente /<br />

Methoden <strong>der</strong> Politikberatung, fachlich – technischen Beratung, Organisationsberatung (Modell:<br />

PLUPC) angewandt.<br />

Zu den Zielgruppen / Partnern auf nationaler Ebene gehören das Forst- <strong>und</strong> Umwelt-<br />

Ministerium (MINEF), das Ministerium für Regionalentwicklung (MINPAT) in Yao<strong>und</strong>é, an<strong>der</strong>e<br />

Geberorganisationen (DFID, SNV, EU, WWF, etc.) sowie die gtz-Projekte im Umwelt- <strong>und</strong><br />

Ressourcenmanagementbereich.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Entwicklung eines Landes-Arbeits-Papiers (LAP) einigten sich die gtzunterstützten<br />

Projekte im Bereich Biodiversitätserhalt darauf ein Sektorkonzepte untereinan<strong>der</strong><br />

abzustimmen. Das Ziel wurde wie folgt formuliert: „<strong>der</strong> deutsche Beitrag zum integrierten<br />

Biodiversitätserhalt in Kamerun wird von den beteiligten Partnern immer stärker in Entscheidungsprozesse<br />

einbezogen“. Themen, die den „Charme <strong>der</strong> gtz“ ausmachen <strong>und</strong> auf Indikatorenebene<br />

verankert sein sollen, sind: Antikorruption, Nachhaltigkeit, (Ownership), Umsetzung<br />

von Partizipation (Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen von zentraler auf<br />

„Vor-Ort-Ebene“) sowie Methodenentwicklung <strong>und</strong> –verbreitung. Die Bestrebung zu mehr<br />

Koordination ist darauf gerichtet, durch eine „Mehrwertfacilitation“ <strong>der</strong> Einzel- / Flächenprojekten<br />

die Nutzung von Innovationen <strong>und</strong> eine Minimierung von Isolationseffekten zu erreichen.<br />

Internationale Ebene:<br />

Hier besteht eine enge Zusammenarbeit / Austausch mit dem IUCN – gtz collaborative<br />

management project (siehe Beitrag von Frau K. Hegener).<br />

Schlussfolgerung:<br />

Das Beispiel <strong>der</strong> Entwicklung von Bewirtschaftungsvereinbarungen für eine Forstreserve<br />

zeigt, dass das Projekt durch die vertikale Integration von Akteuren auf allen Ebenen eine<br />

Wirkungsvermehrung erzielt, wie sie durch eine regional begrenzte Intervention nicht möglich<br />

wäre. Dies setzt allerdings voraus, dass die entsprechenden Kapazitäten hinsichtlich Feldarbeit,<br />

Organisations- <strong>und</strong> Politikberatung sowie Konfliktmanagement im Projekt zur Verfügung<br />

stehen. Mitarbeiter/-<strong>innen</strong> mit den entsprechenden Qualitäten können auf diese Weise dafür<br />

sorgen, dass Erfahrungen <strong>und</strong> Innovationen, die auf lokaler Ebene gemacht werden, auf<br />

79


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

höher geordneten Ebenen zur Verfügung stehen <strong>und</strong> akzeptiert werden. Genauso muss die<br />

Brücke gespannt werden von ‚policy‘ Ebene zur „Vor-Ort-Ebene“, um entsprechende Entscheidungen<br />

<strong>und</strong> Richtlinien umzusetzen. Dies erfor<strong>der</strong>t ‚capacity building‘ sowie ‚capacity<br />

development‘ auf allen Ebene wie es das Projekt praktiziert. Die Verknüpfung von <strong>und</strong> Arbeit<br />

auf den unterschiedlichen Ebenen trägt damit zu einem umfassenden Bewusstsein, Akzeptanz<br />

<strong>und</strong> dadurch entscheidend zur Nachhaltigkeit <strong>der</strong> Projektwirkungen bei. Gleichzeitig<br />

unterstützt die vertikale Integration <strong>der</strong> Ebenen den Dezentralisierungsprozess im Sektor<br />

Umweltschutz <strong>und</strong> Ressourcenmanagement des Landes.<br />

5.2. Ein Beispiel zur Diskussion aus Benin<br />

80<br />

Michael Lossner, GTZ-Projekt För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Viehwirtschaft im Atakora, Benin<br />

In Benin unterstützte <strong>und</strong> unterstützt die GTZ r<strong>und</strong> 11 Projekte im Agrarsektor, die Interventionsebenen<br />

reichen von <strong>der</strong> betrieblichen über die kommunale bis zur nationalen Ebene.<br />

Am Beispiel zweier Projekte, die hauptsächlich auf nationaler Ebene intervenieren, dem Vorhaben<br />

„Regierungsberater Landwirtschaft (PCT)“ <strong>und</strong> dem vornehmlich auf dörflicher Ebene<br />

arbeitenden Projekt „För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Viehwirtschaft im Atakora (PPEA)“, sollte die Frage <strong>der</strong><br />

Verknüpfung <strong>der</strong> Interventionsebenen diskutiert werden.<br />

Am Beispiel eines vom PPEA entwickelten Beratungskonzeptes, das auf <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von<br />

Berater/-<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Multiplikatoren/-<strong>innen</strong> aus dem bäuerlichen Umfeld beruhte, wurde <strong>der</strong><br />

Aufbau von individuellen Kapazitäten (z. B. die Fähigkeit Gruppenprozesse zu mo<strong>der</strong>ieren<br />

o<strong>der</strong> gezielt fachliche Beratung anzubieten) dargestellt. Der Aufbau von Kapazitäten bei<br />

Gruppen <strong>und</strong> Organisationen wurde am Beispiel <strong>der</strong> Alphabetisierung in Fulfulde durch eine<br />

NRO dargestellt. Wesentliche Wirkungen waren z. B. die Stärkung <strong>der</strong> sozialen, ökonomischen<br />

<strong>und</strong> kulturellen Kapazitäten dieser ethnischen Min<strong>der</strong>heit innerhalb <strong>der</strong> beninischen<br />

Zivilgesellschaft.<br />

Wesentliche vom PPEA initiierte Prozesse zum capacity development waren <strong>der</strong> Aufbau von<br />

Strukturen <strong>der</strong> Zielgruppen zum Konfliktmanagement, Verbesserung <strong>der</strong> Fähigkeiten <strong>der</strong><br />

Zielgruppen ihre kommunalen Infrastrukturen zu planen, mitzufinanzieren <strong>und</strong> zu unterhalten<br />

<strong>und</strong> ihr Potential in den zukünftigen dezentralisierten Verbandsgemeinden gestalterisch mitzuwirken.<br />

Das Vorhaben PCT unterstützte die Entwicklung individueller Kapazitäten im wesentlichen<br />

bei den Mitarbeitern <strong>der</strong> Agrarverwaltung, den Vertretern von berufsständischen bäuerlichen<br />

Organisationen <strong>und</strong> bei privaten Dienstleistern. Durch eine Reihe von Maßnahmen wurden<br />

die Kapazitäten von Organisationen <strong>und</strong> Gruppen wie z. B. <strong>der</strong> Agrarverwaltung, von Basisgruppen<br />

<strong>und</strong> NRO gestärkt. Wirkungen zur Verbesserung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen wurden<br />

z. B. durch Maßnahmen im Rahmen <strong>der</strong> Strukturanpassung, <strong>der</strong> neuen Agrarpolitik o<strong>der</strong> bei<br />

Gesetzesanpassungen erzielt.<br />

Am Beispiel <strong>der</strong> Formulierung einer ländlichen Entwicklungsstrategie wurden die verschiedenen<br />

Instrumente <strong>und</strong> Methoden, z. B. fachliche Stellungnahmen, Mo<strong>der</strong>atorentraining,<br />

„Workshopping“, Gebergespräche, OE-Beratung, dargestellt.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Eine Verknüpfung <strong>der</strong> Intervention <strong>der</strong> Vorhaben PPEA <strong>und</strong> PCT wurde am Beispiel <strong>der</strong> Liberalisierung<br />

des Veterinärsektors gezeigt. Durch die Unterstützung von Prozessen auf lokaler<br />

<strong>und</strong> nationaler Ebene, den gegenseitigen Austausch <strong>der</strong> Erfahrungen auf den verschiedenen<br />

Ebenen durch die Berater <strong>und</strong> die Partner, die Einbringung von praktischen Erfahrungen,<br />

z. B. in die Formulierung von Durchführungsverordnungen zu Gesetzen, wurde<br />

eine Verknüpfung <strong>der</strong> Interventionsebenen erreicht. Durch diese Verknüpfung <strong>der</strong> Interventionsebenen<br />

wurde ein Mehrwert in <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Projekte erzielt. Dieser Mehrwert führte zu<br />

einem verbesserten Erfahrungsaustausch, <strong>der</strong> Entwicklung kohärenter Methoden <strong>und</strong> Konzepte,<br />

einer besseren Orientierung <strong>der</strong> nationalen Politik an den Bedürfnissen <strong>und</strong> Realitäten<br />

<strong>der</strong> Basis <strong>und</strong> zu Synergien, die eine Effizienzsteigerung <strong>der</strong> Interventionen bewirkten.<br />

Die Verknüpfung <strong>der</strong> Interventionsebenen außerhalb des aufgezeigten Beispieles, wird durch<br />

die Arbeit <strong>der</strong> GTZ in Benin (Projekte <strong>und</strong> Büro) durch eine Reihe von Instrumenten <strong>und</strong><br />

Methoden unterstützt. Zu nennen sind z. B. Arbeitsgruppen, Auftragsteams, Landesarbeitspapier,<br />

Themenfeldteam Ländliche Entwicklung o<strong>der</strong> eine umfassende Programmdiskussion.<br />

5.3 Naturschutz durch Co-Management im Kongobecken –<br />

Zwischenbilanz eines Lernprozesses<br />

Kirsten Hegener, GTZ-Arbeitsfeld: Nutzung <strong>und</strong> Sicherung natürlicher Ressourcen<br />

Seit 1998 gibt es eine GTZ-IUCN Initiative zu Capacity Building in Naturschutz-<br />

Flächenprojekten im Kongobecken, zur Ableitung von Politikempfehlungen <strong>und</strong> zur Aufbereitung<br />

von Lernerfahrungen zur weltweiten För<strong>der</strong>ung von Co-Management-Ansätzen. Die<br />

Initiative war erst für 2 Jahre geplant, wird jetzt aber um 2 weitere Jahre verlängert.<br />

Die folgende Karte gibt eine Übersicht über die beteiligten Projekte. Aus <strong>der</strong> Tabelle gehen<br />

die verschiedenen Interventionsebenen, die Akteure <strong>und</strong> Aktivitäten hervor. Seitens des<br />

Sektorvorhabens Absicherung von Schutzgebieten wurden neben technischer Unterstützung<br />

die notwendigen finanziellen Ressourcen von 150 TDM/Jahr für einen Netzwerkkoordinator<br />

(inkl. Büro-, Kommunikations- <strong>und</strong> Reisekosten), für Ressource-Personen für Fortbildungen<br />

<strong>und</strong> Wokshops, für Zuschüsse zu Reisekosten <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> des Netzwerks <strong>und</strong> in geringem<br />

Umfang für Material zur Verfügung gestellt.<br />

81


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Übersicht über die beteiligten Projekte:<br />

Tabelle 1: Übersicht über Wirkungsebenen, Akteure <strong>und</strong> Aktivitäten<br />

Ebenen Akteure Aktivitäten<br />

Welt IUCN-Socio-Policy-Group,<br />

IUCN-Collaborative Management Working<br />

Group (CMWG),<br />

GTZ Abt. 45 ex-AF Waldwirtschaft <strong>und</strong><br />

Naturschutz,<br />

SV Absicherung von Schutzgebieten<br />

82<br />

Korup National Park<br />

Mount Cameroon<br />

IUCN-ROCA Koordinator<br />

Ressorce-Center<br />

MINEF-Berater<br />

Faunistic Reserve of Dja<br />

Conkouati Biosphere Reserve<br />

Nigeria<br />

Cameroon<br />

Gabon<br />

Congo<br />

Region CEFDAC (Conference sur les Ecosystemes<br />

de Forets Denses Humides d’Afrique<br />

Centrale)<br />

Teilnahme an regionalen <strong>und</strong><br />

internationalen Veranstaltungen<br />

Training of Trainers,<br />

Publikationen,<br />

Beratung Dritter<br />

(CIFOR, WWF, ECOFAC etc.)<br />

Kamerun Umweltberater Kamerun Ressourcecenter<br />

Schutzgebiet Netzwerkmitglie<strong>der</strong> in 10 GTZ bzw.<br />

IUCN Flächenprojekten<br />

Fortbildungen / Netzwerktreffen<br />

Austausch von Personal<br />

Partner SG-Verwaltungen, NROs, Dorfkomitees Beratung von Einzelprojekten<br />

Der Lernprozess <strong>der</strong> beteiligten Projekte <strong>und</strong> des Netzwerkkoordinators bekam insbeson<strong>der</strong>e<br />

im Rahmen von regelmäßigen Treffen/Fortbildungen alle 6 Monate zu selbstbestimmten<br />

Themen (z. B. Verhandlung von Managementvereinbarungen, Prozessmonitoring etc.) neue<br />

Anstöße.<br />

Chad<br />

CAR<br />

Congo<br />

Dem. Rep.<br />

Waza Logone<br />

PROFORNAT<br />

Bayanga<br />

Nouabalé N'doki<br />

Lac Tele-Likouala aux Herbes<br />

Kahuzi-Biega


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Während dieser Treffen fand auch ein enger Austausch mit einigen Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> von IUCN<br />

initiierten Collaborative Management Working Group statt, die als Trainer bzw. Ressourcepersonen<br />

teilnahmen. Wichtig für den Lernprozess war einerseits die "Entdeckung" <strong>der</strong> zur<br />

Verfügung gestellten Ressourcen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits die sich entwickelnde Gruppendynamik.<br />

Heute erfolgt die Netzwerkkoordination zunehmend von den Mitglie<strong>der</strong> selbst (rotierend) <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Austausch <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> untereinan<strong>der</strong> <strong>und</strong> mit dem Netzwerkkoordinator findet zunehmend<br />

auch außerhalb <strong>der</strong> geplanten Aktivitäten statt.<br />

Im Laufe des Prozesses bildete sich immer deutlicher eine gemeinsame Sprache <strong>und</strong> entsprechend<br />

ein gemeinsames Verständnis von Co-Management heraus. Konkret werden in<br />

den einzelnen Projekten Managementvereinbarungen erarbeitet, z. B.:<br />

- Beteiligung <strong>der</strong> Anrainer bei <strong>der</strong> Erstellung eines Managementplans für die Forstreserve<br />

Nta ali in <strong>der</strong> Randzone des Korup Nationalparks;<br />

- Vereinbarung über die Wildtiernutzung zwischen Safarijägern, Dorfbevölkerung <strong>und</strong> lokaler<br />

Verwaltung für Lobéké in SO-Kamerun;<br />

- in Waza-Logone gibt es ein legal anerkanntes Managementgremium für Park <strong>und</strong> Randzone;<br />

- legal anerkannte Managementstruktur für die Bomboko Forstreserve, Mt. Cameroun.<br />

Im Umfeld konnten folgende Prozesse beobachtet werden, die direkt o<strong>der</strong> indirekt auf die<br />

Initiative zurückgehen:<br />

- Die CEFFDAC (Conference sur les Ecosystèmes de forêts denses et humides d ’Afrique<br />

Centrale) greift auf die Erfahrungen im Rahmen von Fortbildungen <strong>und</strong> zur Formulierung<br />

von Strategiedokumenten hinsichtlich Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Umsetzung von Co-<br />

Management zurück.<br />

- Die CEFDAC startet eine regionale Initiative zur Einführung von Co-Management in Curricula<br />

<strong>der</strong> regionalen Forst- <strong>und</strong> Wildhüterschulen.<br />

- Institutionen <strong>und</strong> Projekte wie WWF, Ministerien, CARPE (Central African Program for<br />

the Environment), CIFOR, ECOFAC werden Mitglie<strong>der</strong> im Netzwerk bzw. nehmen an<br />

Veranstaltungen teil <strong>und</strong> reorientieren teilweise ihre Planungen.<br />

- CMWG bereitet Resolution für nächsten IUCN-Weltkongress zu Co-Management vor.<br />

Trotz zahlreicher Erfolge, traten aber auch Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> Umsetzung von Co-<br />

Management auf. So hatten in einzelnen Organisationen die Mitglie<strong>der</strong> des Netzwerks<br />

Probleme, ihre Kenntnisse zur Anwendung zu bringen, da Co-Management-Aktivitäten<br />

(noch) nicht in bestehende Planung passten bzw. nicht ausreichend Ressourcen zur Verfügung<br />

standen. In vereinzelten Fällen blieb die Kontaktperson Einzelkämpfer. Eine weitere<br />

Schwäche des bisher verfolgten Ansatzes ist die Tatsache, dass Erfahrungen sehr stark an<br />

die Personen des Netzwerks insbeson<strong>der</strong>e an den Koordinator geb<strong>und</strong>en sind.<br />

83


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

In <strong>der</strong> aktuellen Phase werden deshalb insbeson<strong>der</strong>e Aktivitäten zur Verbreitung <strong>und</strong> Verankerung<br />

<strong>der</strong> Erfahrungen mit dem Co-Management-Ansatz z. B. durch Veröffentlichungen,<br />

Training of Trainers <strong>und</strong> die Unterstützung institutioneller Vernetzung <strong>und</strong> Vereinbarungen zu<br />

Co-Management weiter verfolgt.<br />

Abschließend kann festgehalten werden, dass im Rahmen des Netzwerks durchaus ein<br />

Mehrwert durch Verknüpfung <strong>der</strong> Ebenen erreicht werden konnte. Der Erfahrungsaustausch<br />

zwischen Flächenprojekten, Regierungsberater, regionalen <strong>und</strong> internationalen Prozessen<br />

konnte für die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> notwendigen Rahmenbedingungen auf nationaler, regionaler<br />

<strong>und</strong> internationaler Ebene <strong>und</strong> die Weiterentwicklung des Co-Management-Ansatzes genutzt<br />

werden (siehe Schema Schlüsseldimensionen zur För<strong>der</strong>ung von Co-Management).<br />

Schema: Schlüsseldimensionen zur För<strong>der</strong>ung von Co-Management<br />

Quelle: O. Karkoschka, 1999<br />

84<br />

Die Fähigkeiten <strong>der</strong><br />

Organisation<br />

Der Ansatz Co-<br />

Management<br />

Die Fähigkeiten <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter/<br />

-<strong>innen</strong><br />

Die<br />

Rahmenbedingungen


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

5.4 Ergebnisse aus Unterarbeitsgruppe 1<br />

Für die Beeinflussung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen wurden folgende Schlüsse aus den zuvor<br />

präsentierten <strong>und</strong> diskutierten Fallbeispielen gezogen:<br />

- Projekte <strong>der</strong> Regierungsberatung sind i. d. R. qualitativ besser, wenn die Beratungsinhalte<br />

durch Erfahrungen in Flächenprojekten verankert sind. Die Projekte in <strong>der</strong> Fläche<br />

müssen jedoch nicht per se durch die GTZ durchgeführt werden. Es stellt sich jedoch die<br />

Frage, wie/mit welchen Instrumenten jeweils <strong>der</strong> Bezug zum konkreten Fall hergestellt<br />

werden kann. Es wurde jedoch auch unterstrichen, dass i. d. R. ein Projekt alleine nicht<br />

ausreicht, um auf Rahmenbedingungen einzuwirken, son<strong>der</strong>n dass hierzu in den meisten<br />

Fällen die Koordination <strong>der</strong> Geber notwendig ist.<br />

- Um Synergien zwischen Flächenprojekten <strong>und</strong> Regierungsberater zu schaffen ist eine<br />

prozessorientierte Vorgehensweise von Vorteil, die zu einer Rollenklärung führt. Eine beson<strong>der</strong>e<br />

Dynamik entsteht oft bei <strong>der</strong> Diskussion gesellschaftlicher Verän<strong>der</strong>ungsprozesse<br />

(z. B. Dezentralisierung).<br />

- Bei Koordination <strong>und</strong> Programmbildung wurden unterschiedliche Erfahrungen gemacht,<br />

z. T. brachte externer Druck die Zusammenarbeit ins Rollen, z. T. ging sie von einem<br />

Bedarf <strong>der</strong> Projekte aus. Allerdings ist <strong>der</strong> Koordinationsaufwand hoch <strong>und</strong> <strong>der</strong> Abstimmungsprozess<br />

teilweise durch Abgrenzungsbestrebungen gekennzeichnet; strukturelle<br />

Vorgaben wurden als wenig hilfreich erlebt.<br />

- Ansätze zur Programmbildung werden <strong>der</strong>zeit beobachtet z. B. durch die Einführung eines<br />

neuen Ergebnisses in die PPÜ von Flächenprojekten: Rückfütterung <strong>der</strong> Erfahrung in<br />

den nationalen Kontext.<br />

- Im Rahmen eines Projektes sollten möglichst alle für die jeweilige Frage wesentlichen<br />

Ebenen angesprochen werden.<br />

Es ergaben sich daraus folgende Gr<strong>und</strong>prinzipien (o<strong>der</strong> eher Vorschläge) für das Projekt-/<br />

Programm-/Prozess-Design:<br />

- Ohne Empirie bzw. Bezug zum konkreten Fall bzw. Lernprojekt keine Regierungsberatung.<br />

- Die Verknüpfung verschiedener Ebenen braucht eine schlüssige EZ-Politik im Partnerland<br />

<strong>und</strong> Foren für Austausch <strong>und</strong> Zusammenarbeit. Im selben Maß wie sich EZ-<br />

Vorhaben verknüpfen ist auch an die Verknüpfung <strong>der</strong> Partnerinstitutionen zu denken.<br />

- Die Verän<strong>der</strong>ung von Rahmenbedingungen erfolgt weitgehend auf Gr<strong>und</strong>lage von Organisationsentwicklung<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Stärkung individueller Fähigkeiten.<br />

- Für Verän<strong>der</strong>ungsprozesse ist eine flexible Planung, Prozessmonitoring <strong>und</strong> Annahmenmonitoring<br />

notwendig.<br />

85


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

5.5 Ergebnisse aus <strong>der</strong> Unterarbeitsgruppe 2:<br />

Für die Beeinflussung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen wurden folgende Schlüsse aus den zuvor<br />

präsentierten <strong>und</strong> diskutierten Fallbeispielen gezogen:<br />

- Der Ansatz muss auf jeden Fall auf verschiedenen Ebenen stattfinden.<br />

- Hierzu ist es wichtig, zunächst die unterschiedlichen Erwartungshaltungen auf den verschiedenen<br />

Ebenen zu erfassen, entsprechende Verän<strong>der</strong>ungswi<strong>der</strong>stände abzuschätzen<br />

<strong>und</strong> so etwas wie eine Macht- <strong>und</strong> Einflußmatrix zu erstellen.<br />

- Zwischen den Ebenen muss ein Informations- <strong>und</strong> Erfahrungstransfer in beide Richtungen<br />

(von 'oben' nach 'unten' <strong>und</strong> umgekehrt) <strong>und</strong> somit ein Wissens-Feed-back sichergestellt<br />

werden.<br />

- Die Koordination <strong>der</strong> intervenierenden Organisationen ist ein an<strong>der</strong>er wesentlicher Faktor.<br />

Hierbei ist eine sowohl horizontale als auch vertikale Kommunikation <strong>und</strong> Kooperation<br />

notwendig. Dies kann ggf. auch strategische Allianzen von Gebern (Geber-<br />

Koordination) einschließen, wobei dann auch die Frage nach einer eventuellen Konditionierung<br />

<strong>der</strong> EZ aufkommen kann.<br />

- Funktionierende Partnerstrukturen sind ein an<strong>der</strong>es wichtiges Element, die vor allem<br />

durch Capacity Building erreicht werden müssen. Hierbei können dann auch strategische<br />

Allianzen auf <strong>der</strong> Zielgruppen-Ebene ('Druck von unten') notwendig werden, um eine angemessene<br />

Interessensartikulation <strong>und</strong> –verteidigung zu ermöglichen.<br />

- Hilfreich können auch möglichst früh durchgeführte 'Entwicklungsszenarien' sein, bei<br />

denen die erwarteten (Aus-)Wirkungen für alle Beteiligten transparent werden, damit eine<br />

Basis <strong>der</strong> Kooperationsbereitschaft seitens aller Beteiligten entstehen kann.<br />

Es ergaben sich daraus folgende Gr<strong>und</strong>prinzipien (o<strong>der</strong> eher Vorschläge) für das Projekt-/<br />

Programm-/Prozess-Design:<br />

- Es muss eine Situationsanalyse auf den verschiedenen Ebenen durchgeführt werden.<br />

- Zeitdimension bei <strong>der</strong> Planung berücksichtigen: Die Interventionen können oft erst über<br />

längere Zeiträume hin erfolgreich sein.<br />

- Informationsmanagement <strong>und</strong> Erfahrungsaustausch muss sowohl horizontal auf je<strong>der</strong><br />

Ebene als auch vertikal zwischen den Ebenen sichergestellt werden.<br />

- Die Vorbereitungsphase sollte eine "Verhandlungsphase" vor dem eigentlichen Projektbeginn<br />

beinhalten, bei <strong>der</strong> durch "Szenariendenken" <strong>und</strong> Offenlegung <strong>der</strong> zu erwartenden<br />

Wirkungen <strong>und</strong> Kompromisse für jeden Beteiligten zunächst die Kooperationsbereitschaft<br />

aller Beteiligten festgestellt werden kann, ohne welche (z. B. bei unüberbrückbaren<br />

Interessenskonflikten <strong>und</strong> Wi<strong>der</strong>ständen) die Durchführung des Projektes von vornherein<br />

gefährdet wäre. (Dieser Vorschlag knüpfte sich an ein Beispiel aus den Philippi-<br />

86


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

nen, wo zur Zeit eine solche "Verhandlungsphase" für ein geplantes Fischerei-Projekt<br />

("Erreichung nachhaltiger Fischbestände nur bei Halbierung <strong>der</strong> Fischereiflotte") angestrebt<br />

wird - nicht ganz ohne Reibung mit den gängigen GTZ-Planungsverfahren, die eine<br />

solche Phase nicht vorsehen.)<br />

Insgesamt wurde festgestellt, dass sich eine kreisförmige Verknüpfung ergibt zwischen gesetzgeben<strong>der</strong><br />

Ebene <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umsetzungsebene, auf <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um Vorschläge für neue<br />

Gesetze o<strong>der</strong> Gesetzesän<strong>der</strong>ungen erarbeitet werden. Ein Vorhaben muss daher in den<br />

meisten Fällen die Möglichkeit haben – in welcher Gestalt auch immer - auf diesen Ebenen<br />

Einfluss zu nehmen.<br />

6. Gestaltung politischer Rahmenbedingungen<br />

Kerstin Hagman, GTZ-Arbeitsfeld: Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialpolitik<br />

Ziel <strong>der</strong> Veranstaltung war die Identifikation <strong>und</strong> Diskussion von Ansätzen <strong>der</strong> Politikberatung<br />

im Rahmen <strong>der</strong> deutschen EZ. Der thematische Einstieg erfolgte in Form eines Rollenspiels:<br />

Der Wasserbauingenieur Oskar Rohr (gespielt von Helmut Lang), Projektleiter in einem<br />

Wasserprojekt in Quasiland, stellt die Situation in Quasiland vor. Da die politische Lage in<br />

Quasiland sehr schwierig ist, soll neben ihm noch eine zweite Langzeitkraft entsandt werden.<br />

Er bittet das Publikum um Hilfe bei <strong>der</strong> Auswahl. Für die Position stellen sich folgende Personen<br />

vor, die unterschiedliche Beratungsansätze <strong>und</strong> –stile repräsentieren.<br />

- Sofia Soft, Organisations- <strong>und</strong> Prozessberaterin (gespielt von Kerstin Hagmann);<br />

- Viktor Ratgeber, regierungsloyaler Politikberater (gespielt von Johannes Giwer);<br />

- Dora Demos, wertorientierte Demokratieför<strong>der</strong>in (gespielt von Frie<strong>der</strong>ike Diaby-Pentzlin);<br />

- Emma Liebermann, Gen<strong>der</strong>beraterin (gespielt von Martha Gutiérrez);<br />

- Robin Huth, Basisberater (gespielt von Jörg Freiberg-Strauss).<br />

Die Wahl des Publikums fiel folgen<strong>der</strong>maßen aus: Sofia Soft <strong>und</strong> Robin Huth je 9 Stimmen,<br />

Viktor Ratgeber <strong>und</strong> Dora Demos je 6 Stimmen <strong>und</strong> Emma Liebermann 4 Stimmen. Im Anschluss<br />

stellte Kerstin Hagmann ein Erklärungsmodell für den Begriff Politikberatung vor.<br />

6.1 Politikberatung<br />

- Wird verstanden als Beratung zur Mitgestaltung <strong>der</strong> politischen Rahmenbedingungen in<br />

den Partnerlän<strong>der</strong>n;<br />

- Ziel ist die Erhöhung <strong>der</strong> gesamtgesellschaftlichen Steuerungsfähigkeit – nicht nur Staat,<br />

son<strong>der</strong>n hybride Steuerungsformen;<br />

87


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

- Als normative Orientierung dienen die 5 BMZ – Kriterien: Achtung <strong>der</strong> Menschenrechte,<br />

Rechtsstaatlichkeit, politische Beteiligung <strong>der</strong> Bevölkerung, soziale <strong>und</strong> marktwirtschaftliche<br />

Ordnung, Entwicklungsorientierung staatlichen Handelns.<br />

Erklärungsmodell (siehe dazu Abbildung 1): Was ist Politik? Was sind politische Rahmenbedingungen?<br />

- Politics: politische Prozesse <strong>der</strong> Interessenaushandlung, Machtausübung, Partizipation,<br />

Legitimation, Vertrauen;<br />

- Polity: institutionelle Ausprägung von Politik: Institutionen, Normen, gültige Vereinbarungen;<br />

- Policy: politische Inhalte.<br />

Parallel zu diesen Dimensionen von Politik lassen sich für die Politikberatung differenzieren:<br />

- Prozessberatung in <strong>der</strong> Politics-Dimension;<br />

- Institutionenberatung in <strong>der</strong> Polity-Dimension;<br />

- Fachberatung in <strong>der</strong> Policy-Dimension.<br />

Politikberatung als das Zusammenwirken von Fachberatung, Prozessberatung <strong>und</strong> Institutionenberatung.<br />

88


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

Abbildung 1: Politikberatung – ein Definitionsversuch<br />

89


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

6.2 Herausfor<strong>der</strong>ung an die Technische Zusammenarbeit<br />

- Erkennen von formalen <strong>und</strong> informellen Aspekten von Politik;<br />

- von traditionellen Normen, die durchaus greifen;<br />

- von Rechtspluralismus;<br />

- Staatsform versus Staatsbildung: Bis wohin greift <strong>der</strong> Staat überhaupt?;<br />

- Legitimation von Politik;<br />

- Vertrauen aufbauen;<br />

- Politikkohärenz: national-regional-lokal.<br />

6.3 Implikationen für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit<br />

- Projektansatz für Politikberatung angebracht?<br />

- Institutionenvielfalt <strong>der</strong> dt. EZ als komparativer Vorteil: Dimensionen können durch unterschiedliche<br />

Akteure bearbeitet werden;<br />

- Programmbildung in den drei Dimensionen;<br />

- Land als Projekt?;<br />

- Planung von Projekten <strong>der</strong> Politikberatung benötigt politische Umfeldanalysen;<br />

- Abstimmung zwischen AA <strong>und</strong> BMZ notwendig;<br />

- Potential: Mitgestaltung <strong>der</strong> politischen Rahmenbedingungen nicht unbedingt im Rampenlicht<br />

<strong>der</strong> großen Politik, son<strong>der</strong>n durch Sektorpolitikberatung;<br />

- Personalprofil än<strong>der</strong>t sich;<br />

- gibt es eine Nachfrage nach Politikberatung?<br />

In einer von Martina Kampmann (GTZ) mo<strong>der</strong>ierten Diskussionsr<strong>und</strong>e berichteten anschließend<br />

folgende Personen von ihren Erfahrungen mit Politikberatung:<br />

Erfahrungen aus Lateinamerika:<br />

- Juliane Ströbele-Gregor (Gutachterin, Lateinamerika)<br />

- Horst Matthäus (Stadtentwicklung, Brasilien)<br />

- Peter Richter (Exportför<strong>der</strong>ung, Guatemala)<br />

- Cecilia López (Ehemalige Planungsministerin, Kolumbien)<br />

Aus Afrika:<br />

- Roman Pöschke (Dezentralisierung <strong>und</strong> Demokratisierung, Malawi)<br />

- Rainer Schweers (Organisationsberater, Benin)<br />

- Werner von <strong>der</strong> Ohe (Agrarpolitikberater, Kenia)<br />

Als wesentliche Punkte, die im Verlauf <strong>der</strong> Veranstaltung vom Publikum kontrovers diskutiert<br />

wurden, können zusammengefaßt werden:<br />

1. Die wichtigsten Adressaten von Politikberatung sind die politische Eliten. Es geht um<br />

eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kräfteverhältnisse. Es geht vor allem um die Trennung von Privatinteressen<br />

<strong>und</strong> öffentlichen Interessen. Die För<strong>der</strong>ung von Demokratie an <strong>der</strong> Basis<br />

ist romantisch, wichtiger sind Verän<strong>der</strong>ungen bei Entscheidungsträgern.<br />

90


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 2: Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

2. Politikberatung muss vor allem auf <strong>der</strong> Basisebene ansetzen. Wir können uns nicht mit<br />

den Mächtigen unterhalten. Verän<strong>der</strong>ungen auf <strong>der</strong> oberen politischen Ebene entstehen<br />

durch Druck von unten. Darum muss im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Aufbau o<strong>der</strong> die Stärkung von<br />

Interessengruppen stehen, damit sich nicht nur die Interessen <strong>der</strong> Mächtigen durchsetzen.<br />

Basisberatung ist nicht romantisch, im Gegenteil, nur wenn Druck von unten entsteht,<br />

verän<strong>der</strong>t sich auch etwas in den Machtstrukturen.<br />

3. Politikberatung wird in dieser Form überhaupt nicht nachgefragt. Kein Land möchte,<br />

dass sich die EZ in die Politik einmischt. Statt Politikberatung wäre darum besser <strong>der</strong><br />

Begriff Strategieberatung o<strong>der</strong> Beratung bei <strong>der</strong> Politikimplementierung.<br />

4. Politische Einmischung kann auch gefährlich sein. Politische Stiftungen wurden schon<br />

aus Län<strong>der</strong>n ausgewiesen, es gab auch Mordanschläge.<br />

5. Wir brauchen so etwas wie eine „Revolutionsberatung“.<br />

6. EZ war schon immer politisch, da sich alle Projekte in einem politischen Kontext, in<br />

einem Machtgefüge bewegen. Die Frage ist, wie wir komplexer arbeiten können, nicht<br />

nur fachlich, son<strong>der</strong>n auch strategisch.<br />

7. Alle Beratungsansätze haben ihre Bedeutung. Es gilt die Vielfalt zu bewahren.<br />

8. Wir müssen die innere Logik unseres Partnersystems verstehen. Wir müssen eine relativ<br />

neutrale Position behalten <strong>und</strong> gleichzeitig Perspektiven vermitteln. Wir müssen den<br />

Partner bei <strong>der</strong> Suche nach einer Vision unterstützen.<br />

9. Profil <strong>der</strong> Berater/-<strong>innen</strong>: Fachliches Know-how, genaue Kenntnis des politischen Projektumfeldes,<br />

Fähigkeit auf mehreren Ebenen zu arbeiten, eigene Werte fließen in die<br />

Beratung ein, man muss sich positionieren, gleichzeitig muss man aber im Gespräch mit<br />

allen Akteuren bleiben.<br />

10. Wir spielen die Rolle eines „Hofnarrs“, <strong>der</strong> Dinge sagen kann, die im ethnischen Gefüge<br />

eigentlich nicht gesagt werden können.<br />

11. Wir sind die Kröte o<strong>der</strong> bittere Pille, die man für Ressourcen schlucken muss.<br />

12. Demokratie ist Voraussetzung für kulturelle Eigenständigkeit. Demokratieför<strong>der</strong>ung führt<br />

zu neuen Organisationsformen, jedoch nicht unbedingt gemäß westlicher Vorstellungen.<br />

Zentral sind Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit <strong>und</strong> politische Teilhabe.<br />

13. Demokratieför<strong>der</strong>ung ist in jedem Sektor möglich. Das Potential zur indirekten Demokratieför<strong>der</strong>ung<br />

wird in den Projekten aber eher selten genutzt.<br />

14. Politikberatung ist nur in Langzeiteinsätzen <strong>und</strong> mit guten Landeskenntnissen zu leisten.<br />

15. Wir sollten nicht eine Vielzahl von Projekten durchführen, son<strong>der</strong>n an Strategien zu Demokratie<br />

<strong>und</strong> Governance arbeiten. Es geht um die Unterstützung neuer Akteure, neuer<br />

Ideen, in Zusammenarbeit mit den Fachkräften im Land.<br />

91


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

1. Capacity Development in <strong>der</strong> globalen Wissensgesellschaft:<br />

Podiums- <strong>und</strong> Publikumsdiskussion...............................................................94<br />

Manfred Häbig, GTZ-Strategisches Projekt: Wissensmanagement<br />

2. Reise ins Land <strong>der</strong> idealen Organisation .....................................................104<br />

Bianca Schimmel, GTZ-Arbeitsfeld: Staatsreform <strong>und</strong> Zivilgesellschaft<br />

3. Qualitätsmanagement <strong>und</strong> Globalisierung in <strong>der</strong><br />

Internationalen Ges<strong>und</strong>heit..............................................................................109<br />

Dr. Gottfried Huss, GTZ-Arbeitsfeld: Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Bevölkerung<br />

4. Verknüpfung von Zivilgesellschaft <strong>und</strong> Staat:<br />

Eine Herausfor<strong>der</strong>ung für die Jugendför<strong>der</strong>ung........................................115<br />

Dr. Hans-Heiner Rudolf <strong>und</strong> Inka Richter, GTZ-Arbeitsfeld: Bildung,<br />

Wissenschaft, Jugend<br />

5. Gewinnorientierte Dienstleister/-<strong>innen</strong> – zufriedene<br />

Kleinunternehmer/-<strong>innen</strong>? Der Markt für unternehmerische<br />

Dienstleistungen ................................................................................................118<br />

Marita Brömmelmeier, GTZ-Arbeitsfeld: Wirtschaftsberatung <strong>und</strong><br />

Handelsför<strong>der</strong>ung<br />

6. Gewaltfreie Konfliktbearbeitung:<br />

För<strong>der</strong>ung lokaler <strong>und</strong> regionaler Strukturen <strong>und</strong> Bildung einer<br />

Friedenslobby ......................................................................................................126<br />

Niels von Keyserlingk, GTZ-Arbeitsfeld: Ernährungssicherung<br />

7. Kein Amt so klein, es trägt was ein.<br />

Der Beitrag <strong>der</strong> GTZ zur Korruptionsbekämpfung ....................................130<br />

Dr. Markus Steinich, GTZ-Arbeitsfeld: Staatsreform <strong>und</strong> Zivilgesellschaft<br />

8. Facts and Impacts! Evaluierung <strong>und</strong> Capacity Development.................141<br />

Simone Mamier <strong>und</strong> Dr. Thomas Engelhardt, GTZ-Stabstelle:<br />

Gr<strong>und</strong>satzfragen <strong>der</strong> Unternehmensentwicklung - Interne Evaluierung<br />

93


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

1. Capacity Development in <strong>der</strong> globalen Wissensgesellschaft:<br />

Podiums- <strong>und</strong> Publikumsdiskussion<br />

94<br />

Manfred Häbig, GTZ-Strategisches Projekt Wissensmanagement<br />

Podium: Dr. Christoph Beier, GTZ-Bereich: Planung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

Prof. Dr. J. Freimuth, Universität Bremen<br />

Anton Mangstl, FAO, Rom<br />

Hans-Jochen Regner, GTZ-Ägypten<br />

Mo<strong>der</strong>ation: Dr. Elmar Kleiner, GTZ-Abteilung: Drittgeschäft Mittelmeer, Europa,<br />

Zentralasien, Transformationsprogramm<br />

1.1 Die Perspektive <strong>der</strong> GTZ<br />

Herr Dr. Beier begann die erste R<strong>und</strong>e <strong>der</strong> einleitenden Kurzvorträge mit sechs Statements,<br />

um so <strong>der</strong> Frage, was denn eigentlich unter globaler Wissensgesellschaft zu verstehen sei,<br />

auf die Spur zu kommen:<br />

1. Das Monopol <strong>der</strong> Wissenserstellung, das bislang bei den Universitäten angesiedelt war,<br />

zerbricht (z. B. durch corporate universities);<br />

2. Sehr relevante neue Marktplätze für Innovationen entstehen;<br />

3. Wissen wird im Vergleich zu an<strong>der</strong>en Ressourcen im globalen Wettbewerb aufgewertet,<br />

weil intelligente Produkte wissensbasiert sind;<br />

4. Wissensarbeit geschieht in komplexen Zusammenhängen;<br />

5. Die Revision von Wissen geschieht zunehmend schneller (Halbwertzeiten verringern<br />

sich).<br />

Die positiven Effekte <strong>der</strong> Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien auf Entwicklung<br />

können sich nach Dr. Beiers Auffassung nur dann entfalten, wenn die technologischen Voraussetzungen<br />

für Kommunikation vorhanden sind, wenn Transaktion von Wissen stattfinden<br />

kann <strong>und</strong> wenn Interaktion in einer Gesellschaft möglich ist.<br />

Schließlich ist, so Dr. Beier, die Bedeutung <strong>der</strong> neuen Möglichkeiten in <strong>der</strong> globalen Wissensgesellschaft<br />

für die Entwicklung von Partnerlän<strong>der</strong>n differenziert zu betrachten: Beson<strong>der</strong>s<br />

relevant seien diese für OECD- <strong>und</strong> Schwellenlän<strong>der</strong>, während an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> zwar<br />

Potentiale aufwiesen, es ihnen aber an Know-how fehlte. Er wies darauf hin, dass es außerdem<br />

eine Gruppe von Län<strong>der</strong>n gäbe, in denen es prioritär um die Selbstorganisationsfähigkeit<br />

in lokalen Räumen ginge, während das ‚Andocken ans Netz’ hier eigentlich nicht so im<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stünde. Diese Län<strong>der</strong> gehörten allerdings auch tendenziell zu <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong><br />

‚Verlierer’ in <strong>der</strong> globalen Wissensgesellschaft.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Der Mo<strong>der</strong>ator griff den von Dr. Beier eingebrachten Aspekt <strong>der</strong> regionalen Differenzierung<br />

auf <strong>und</strong> zitierte zwei Orte mit unterschiedlicher Aufnahmebereitschaft: Soweto, Township in<br />

Südafrika, wo viele kommerzielle Aktivitäten mit Netzanbindung <strong>und</strong> sozusagen laptopbasiert<br />

blühten, während in Novosibirsk, in Sibirien, einst Hochburg <strong>der</strong> Rüstungstechnologie im<br />

Osten, mangels Infrastruktur keinerlei Voraussetzungen zur Ausschöpfung <strong>der</strong> Möglichkeiten<br />

des Internets gegeben seien. Herr Dr. Beier wies darauf hin, dass neben <strong>der</strong> Infrastruktur,<br />

die vorhanden sein muss, ein kreatives Milieu entstehen müsse. Im Nachhinein könnten die<br />

Erfolgsgeschichten zwar erzählt werden, wie dieses Milieu entstanden ist, aber die Voraussetzungen<br />

dafür zu identifizieren, sei nicht einfach, denn man müsse dafür in die Intimsphäre<br />

<strong>der</strong> Gesellschaften schauen.<br />

Die eingangs aufgeworfene Frage des Mo<strong>der</strong>ators nach den Voraussetzungen für Partnerlän<strong>der</strong>,<br />

Entwicklung durch die neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien <strong>und</strong><br />

durch Teilhabe an <strong>der</strong> globalen Wissensgesellschaft zu beför<strong>der</strong>n, beantwortete Dr. Beier mit<br />

vier Punkten, die für die EZ von Bedeutung sein könnten:<br />

1. Der Zugang zu Telekommunikation <strong>und</strong> Internet muss vorhanden sein;<br />

2. Dies aber nicht nur im klassisch-technischen Sinne, son<strong>der</strong>n auch dadurch, dass <strong>der</strong><br />

Staat die Rahmenbedingungen so gestaltet, dass Investitionen in die Infrastruktur sich<br />

für private Investoren lohnen <strong>und</strong> gleichzeitig Wettbewerb entsteht;<br />

3. Das Wissen muss so dargestellt sein, dass Entwicklungsrelevantes zur Verfügung steht<br />

<strong>und</strong><br />

4. Die Partnerorganisationen müssen befähigt sein o<strong>der</strong> werden, mit den Informationen<br />

produktiv umzugehen.<br />

1.2 Die Perspektive <strong>der</strong> FAO<br />

Frage des Mo<strong>der</strong>ators an Herrn Mangstl von <strong>der</strong> FAO: „Was tut die FAO, um den Austausch<br />

zwischen den Län<strong>der</strong>n des Südens mit Hilfe <strong>der</strong> neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsmöglichkeiten<br />

zu unterstützen?“<br />

Herr Mangstl wies in einer Vorbemerkung darauf hin, dass ein Umdenken in Organisationen<br />

<strong>und</strong> Firmen nur möglich sei, wenn nicht nur die jungen Leute ausgebildet würden, son<strong>der</strong>n<br />

wenn auch das Management ‚aufgeweckt’ würde. Die FAO habe seit über 50 Jahren das<br />

Mandat, Informationen im Agrarbereich auszuwerten, aufzubereiten <strong>und</strong> zu verbreiten. Dieses<br />

Mandat könne jedoch erst jetzt, im Zeitalter <strong>der</strong> neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />

(IKT), ‚sauber’ ausgeführt werden. Das Internet sei die Schlüsseltechnologie,<br />

jedoch verschicke die FAO auch CD-ROMs. 1996 hatte die FAO 300.000 Anfragen,<br />

heute hat sie 10 Millionen im Monat. Die Weltbank habe demgegenüber nur 50 Millionen<br />

Anfragen im Jahr. Jeden Monat versende die FAO 300.000 Datensätze in an<strong>der</strong>e (allerdings<br />

vorwiegend Industrie-)Län<strong>der</strong>. Natürlich habe nicht je<strong>der</strong> Bauer Internetanschluss. Um diesem<br />

Problem zu begegnen richte die FAO mit wenig Mitteln Focal Points in den Län<strong>der</strong>n ein,<br />

die die Infrastruktur aufwiesen, um die Informationen herunterzuladen, die dann im Wege<br />

von Printmedien o<strong>der</strong> Radio weiterverbreitet würden. Die FAO sehe ihren Auftrag außerdem<br />

darin, den Partnerlän<strong>der</strong>n Hilfestellung zu geben, ihre eigenen Informationen zu managen.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Dies bedeutet:<br />

- Netzwerke zu unterstützen <strong>und</strong><br />

- Beratung beim Informationsmanagement <strong>der</strong> Partnerorganisationen.<br />

1.3 Die Perspektive eines Universitätsprofessors <strong>und</strong> Unternehmensberaters<br />

Professor Freimuth leitete seinen Kurzvortrag mit dem Statement ein, dass es die globale<br />

Wissensgesellschaft faktisch gäbe, allerdings sei die universitäre Ausstattung in Deutschland<br />

mangelhaft. Deutsche Hochschulen verfolgten das falsche Wissensmodell, nämlich die Präsentation<br />

von fertigem <strong>und</strong> stark arbeitsteiligem Wissen (je<strong>der</strong> seiner Universitätskollegen<br />

könne mit maximal 15 Leuten weltweit wirklich kommunizieren). In <strong>der</strong> Folge gehen auch die<br />

Studenten autoritär <strong>und</strong> arrogant in die Auseinan<strong>der</strong>setzung. Demgegenüber sind in seinem<br />

Bereich (Betriebswirtschaft, Organisationsberatung, Personalwesen) die Beratungsgesellschaften<br />

die Institutionen <strong>der</strong> Wissensproduktion, die Professoren reproduzieren nur (siehe<br />

auch das Buch von Peter Glotz: ‚Im Kern verrottet’). Nötig seien Investitionen in die soziale<br />

<strong>und</strong> Technologieinfrastruktur.<br />

Er wies darauf hin, dass Wissen nicht zu eng zu definieren sei:<br />

- Wissen sei immer individuell, oft implizit (d.h. Menschen wissen nicht, dass sie etwas<br />

wissen);<br />

- Wegen Kommunikationsunfähigkeit könne Wissen oft nicht nutzbar gemacht werden (die<br />

deutschen Universitäten produzierten reihenweise soziale Analphabeten);<br />

- Wissen sei emotional, man müsse auch die för<strong>der</strong>n, die die Brainworker befähigen,<br />

Ergebnisse zu erzielen;<br />

- Die elektronischen Netze machten neue Kommunikationsformen möglich, <strong>der</strong>en Potentiale<br />

nicht ausgeschöpft seien;<br />

- Die Demokratisierung von Wissen durch Netze bedeute eine soziale Revolution.<br />

Der Mo<strong>der</strong>ator nahm diesen Punkt auf <strong>und</strong> verwies auf die inhärenten Tendenzen zur Individualisierung<br />

auf <strong>der</strong> einen Seite <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bedrohung von Machtstrukturen auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite.<br />

1.4 Diskussionsr<strong>und</strong>e<br />

Stimmen aus dem Publikum:<br />

- Weitere Voraussetzungen für die Nutzung von IKT sei Lesen <strong>und</strong> Schreiben können,<br />

Wissen bedürfe des Verständnisses <strong>und</strong> <strong>der</strong> Interpretation, <strong>der</strong> Begründung, unter welchen<br />

Umständen es erworben sei (Wissen ist kontextbezogen).<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

- Es herrsche immer weniger Kommunikation trotz immer mehr Informationen.<br />

- Es gäbe unterschiedliche Ebenen von Wissen – können wir einfach Entwicklungsstadien<br />

überspringen?<br />

- Gibt es einen Nachweis dafür, dass eine vermehrte Verfügbarkeit von Wissen auch mehr<br />

Anwendung von Wissen hervorbringt? Dies wurde sogleich vom Podium verneint.<br />

- New economy, - wie relevant ist diese für Entwicklungslän<strong>der</strong>? Län<strong>der</strong> wie Indien eigneten<br />

sich ‚billiges’ Wissen an (zu dieser These gab es heftigen Wi<strong>der</strong>spruch von mehreren<br />

Seiten).<br />

Dr. Beier kam auf die Frage des Zugangs von Entwicklungslän<strong>der</strong>n (EL) zu IKT zurück. Er<br />

for<strong>der</strong>te, möglichst genau zu definieren, für welche Anwendung ein Konzept zu erstellen sei:<br />

Dafür, unser eigenes Wissen den Entwicklungslän<strong>der</strong>n zur Verfügung zu stellen, o<strong>der</strong> dafür,<br />

ihnen zu helfen, Zugang zu Wissen zu finden o<strong>der</strong> zu schaffen. Er sieht <strong>der</strong>zeit verschiedene<br />

Anwendungsgebiete <strong>der</strong> IKT, die für die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) relevant sind:<br />

E-Commerce, Transparenz im Markt schaffen, distant learning, <strong>und</strong> das Aufbrechen von gesellschaftlichen<br />

Machtstrukturen, wie z. B. die Rolle von Email im Verän<strong>der</strong>ungsprozess in<br />

Indonesien.<br />

Herr Mangstl warf die Frage auf, wie man es schaffen könne, dass kein ‚digital divide’ zwischen<br />

IL <strong>und</strong> EL entstünde <strong>und</strong> führte beispielhaft Aktivitäten <strong>der</strong> FAO an: Anlässlich <strong>der</strong><br />

Welthandelskonferenz in Seattle bot die FAO Trainingskurse <strong>und</strong> Informationen an, damit die<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong> sich ihrerseits vorbereiten konnten. Darüber hinaus sei die Beratung <strong>der</strong><br />

Partner, wie man mit Informationen umgehen könne, von großer Bedeutung, ebenso die<br />

technische Verfügbarkeit <strong>und</strong> die Frage, wie mit endogenem Wissen umgegangen werden<br />

solle. Er verwies darauf, dass nicht immer das endogene Wissen von größerer Relevanz sei<br />

als das exogene <strong>und</strong> führte die eigene Familiengeschichte als Beispiel an. Schließlich<br />

bräuchten Internetgruppen Faszilitatoren, <strong>und</strong> auch in diesem Bereich gälte es Professionalität<br />

zu erwerben <strong>und</strong> den Partnern zu vermitteln.<br />

Prof. Freimuth wandte sich auch <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Rolle von Institutionen zu, die sich wie GTZ<br />

<strong>und</strong> FAO im EZ-Geschäft bewegen: Wissensabgeber kommen bislang aus <strong>der</strong> hierarchischen<br />

Perspektive, die Institutionen leben von den Bedürfnissen dieser Leute. Hier sei eine<br />

Rollenreflektion <strong>und</strong> eine Distanz zu <strong>der</strong> eigenen Rolle nötig. Weil das traditionelle Verhältnis<br />

zwischen Laie <strong>und</strong> Experte zerstört sei, müsse <strong>der</strong> Dialog mit Experten neu organisiert werden.<br />

Die Kultur des Unternehmens GTZ sei geprägt durch seine Monopolstellung. Die GTZ<br />

müsse in diesem Sinne Macht abgeben <strong>und</strong> mit dem Machtvakuum umgehen. Seine Prognose<br />

ist, dass <strong>der</strong> Experte gewinnt, <strong>der</strong> sein Expertentum zurücknehmen kann.<br />

Mo<strong>der</strong>ator: Bislang haben wir von den Experten gefor<strong>der</strong>t, dass sie sich überflüssig machen,<br />

um Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Jetzt müssen sie sich im doppelten Sinne zurücknehmen.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Stimmen aus dem Publikum:<br />

- Wichtig sei, sich über implizites Wissen Gedanken zu machen, im afrikanischen Kontext<br />

sei die Wissensweitergabe kaum verbreitet. Der Diskussionsteilnehmer, <strong>der</strong> sich als<br />

Auslandsmitarbeiter <strong>der</strong> GTZ (AMA) zu erkennen gab, vermisste die Möglichkeit, sich in<br />

das Netz <strong>der</strong> GTZ-Zentrale einzuklinken, wenn er dort sei, um unter idealen Bedingungen<br />

auf die Möglichkeiten des GTZ-Intranets zugreifen zu können.<br />

- Weitere Diskussionsbeiträge beschäftigten sich mit <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Universitäten in Industrie-<br />

<strong>und</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong>n. Die Rolle <strong>der</strong> Unis sei nunmehr Zugang zu Wissen zu<br />

schaffen, beson<strong>der</strong>s in EL als Mittler aufzutreten. Demzufolge sei es eine Rolle <strong>der</strong> TZ,<br />

Wissenschaftler in den Partnerlän<strong>der</strong>n zu befähigen, diese Rolle zu erfüllen.<br />

- Es wurde auch die Frage aufgeworfen, wer eigentlich neues Wissen schaffe, <strong>und</strong> wie die<br />

Wissensschaffung geför<strong>der</strong>t werden könne. Gleichzeitig wurde die For<strong>der</strong>ung erhoben,<br />

dass durch deutsche Mittel fortgebildete Partnerfachkräfte nach einigen Jahren wie<strong>der</strong><br />

Zugang <strong>und</strong> Anschluss zu deutschen Institutionen finden sollten. Hierfür seien Mittel vorzusehen.<br />

Die zweite Diskussionsr<strong>und</strong>e wandte sich <strong>der</strong> Frage zu, wie mit Wissen umgegangen werden<br />

sollte, das im Rahmen von Projekten <strong>der</strong> deutschen Zusammenarbeit entstanden sei (ganz<br />

im Sinne <strong>der</strong> Frage in <strong>der</strong> vorangegangenen R<strong>und</strong>e, wie eigentlich Wissen entstünde). Herr<br />

Hans-Jochen Regner, bis vor kurzem Programmleiter in Ägypten, schil<strong>der</strong>te seinen „Fall“,<br />

das Beispiel des El-Qasr-Projektes in Ägypten.<br />

Dabei handle es sich um ein ländliches Entwicklungsprojekt:<br />

- Lage: Marsa Matruh, Nordwestküste Ägyptens am Mittelmeer;<br />

- Zielbevölkerung sind die in <strong>der</strong> Region lebenden Beduinen;<br />

- Dauer: von 1988 bis Februar <strong>2000</strong>;<br />

- Deutsche Leistungen: ca. 20 Mio. DM;<br />

- Ägyptische Leistungen: ca. 10 Mio. DM sowie teilweise erhebliche Eigenbeteiligung <strong>der</strong><br />

Zielgruppe.<br />

Ergebnisse des Projektes seien:<br />

a. Das Projekt hat in <strong>der</strong> Region Lösungsansätze erarbeitet, die geeignet sind, knappe Boden-<br />

<strong>und</strong> Wasserressourcen zu schützen. Durch die großflächige Implementierung in<br />

dem Pilotgebiet konnten 80 % <strong>der</strong> gefährdeten Bodenressourcen geschützt werden. Anbauflächen<br />

von mehr als 600 bäuerlichen Betrieben wurden erweitert, viele gartenbauliche<br />

Betriebe durch Projekteinfluss neu gegründet.<br />

98


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

b. Umfassende landwirtschaftliche Beratung <strong>der</strong> Beduinen machten den Obst- <strong>und</strong> Gemüsebau<br />

gewinnbringend. Durch eine gezielte Verbesserung in Tierernährung <strong>und</strong> –ges<strong>und</strong>heit<br />

konnten die Verluste reduziert werden.<br />

c. Frauen sind in <strong>der</strong> Region durch die Tradition in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt.<br />

Ca. ein Viertel <strong>der</strong> Frauen muss alleine für den Familienunterhalt aufkommen.<br />

Das Projekt entwickelte <strong>und</strong> verbreitete geeignete einkommensschaffende Aktivitäten.<br />

Durch zusätzliche För<strong>der</strong>ungen in den Bereichen Bildung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit wurden die<br />

Stellung <strong>und</strong> das Ansehen <strong>der</strong> Frauen in den ländlichen Siedlungsgemeinschaften wesentlich<br />

verbessert.<br />

Insgesamt konnten Einkommen <strong>und</strong> Lebensqualität in 1.300 Familien gesteigert, neue Arbeitsplätze<br />

geschaffen <strong>und</strong> die Situation <strong>der</strong> "Rural Poorest" verbessert werden.<br />

Nach einer Projektlaufzeit von 12 Jahren sind die Partnerbehörde <strong>und</strong> die Zielbevölkerung<br />

zufrieden mit den Projektergebnissen, <strong>der</strong>en Nachhaltigkeit im Pilotgebiet schon nachgewiesen<br />

werden konnte. In den letzten beiden Jahren wurde die Verbreitung auf die 10mal größere<br />

gesamte Nordwestküste Ägyptens eingeleitet. Mit qualifizierten Mitarbeitern <strong>und</strong> ausreichenden<br />

Mitteln aus den neu eingerichteten Haushaltstiteln kann die Partnerbehörde die<br />

Projektstrategien ohne weitere ausländische För<strong>der</strong>ung umsetzen. In absehbarer Zeit werden<br />

so Boden- <strong>und</strong> Wasserressourcen einkommenssteigernd geschützt sein. Über die 300<br />

km lange Küstenzone hinaus gibt es in Ägypten noch ähnliche Bedingungen im Nordsinai<br />

<strong>und</strong> an <strong>der</strong> Rotmeerküste. Letztere ist allerdings sehr dünn besiedelt.<br />

Für die GTZ ist mit Abgabe des Schlussberichtes das Projekt zu Ende, die deutschen Fachkräfte<br />

suchen in alle Winde verstreut neue Arbeitsplätze. Wertvolle Erkenntnisse, die in vielen<br />

Entwicklungsprojekten <strong>der</strong> Welt anwendbar wären, gehen verloren. Ansätze, die übernommen<br />

werden könnten, müssen neu erarbeitet werden. Dabei ist das dargestellte Projekt<br />

nur ein Beispiel für ähnliche Erfahrungen vieler an<strong>der</strong>er TZ-Projekte in <strong>der</strong> Welt.<br />

Zwar wurden Planung, Durchführung <strong>und</strong> Wirkung in zahlreichen Berichten, Studien, Evaluierungen,<br />

Handbüchern, Curricula dokumentiert. Die Entwicklungsleistung ist entsprechend<br />

dem Projektbedarf in allen Dokumente auf die spezifischen Gegebenheiten des Projektumfeldes<br />

bezogen. Damit ist die unmittelbar Übertragung in an<strong>der</strong>e Projektregionen <strong>der</strong> Welt<br />

nicht möglich. Selbst wenn man alle Dokumente des Projektes ins Internet, Intranet stellen<br />

würde, würde sich das Material nicht leicht einem hilfesuchenden Kollegen in einem fernen<br />

Projekt anbieten. Die gesuchten Informationen sind i. a. in einem Wust von fachlichen Details<br />

<strong>und</strong> in H<strong>und</strong>erten von Seiten versteckt.<br />

Zur Herstellung einer Übertragbarkeit fehlt eine abstrahierende Darstellung <strong>der</strong> Ergebnisse,<br />

z. B. nach Sektorbereichen. In unserem ägyptischen Falle wären dies die Querschnittsthemen<br />

Umwelt- <strong>und</strong> Ressourcenschutz, landwirtschaftliche Beratung, Frauenför<strong>der</strong>ung,<br />

Armutsbekämpfung, Schaffung von Arbeitsplätzen.<br />

Die ortstreue Darstellung <strong>der</strong> Maßnahmen macht für den Fortschritt eines Projektes Sinn,<br />

weil die Eignung des Projektansatzes von dem gegebenen soziokulturellen Umfeld abhängt.<br />

Die Abstraktionsfähigkeit <strong>der</strong> Ergebnisse zu einem für an<strong>der</strong>e Projekte erscheint damit zu-<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

nächst begrenzt. Neben landesspezifischen Rahmenbedingungen gibt es jedoch eine Reihe<br />

von Charakteristika, die eine breite Anwendbarkeit in vielen an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Erde nahe<br />

legt. Beispiele hierfür sind:<br />

- Die Problematik von Kredit <strong>und</strong> Boden- <strong>und</strong> Wasserrecht in islamischen Gesellschaften,<br />

(20 % <strong>der</strong> Weltbevölkerung sind Moslems, in Asien z. B. sind 66 %, in Afrika 29 % Moslems);<br />

- Die Stellung <strong>der</strong> Frauen in traditionellen arabischen Stammesgesellschaften;<br />

- Maßnahmen zum Schutz von Boden- <strong>und</strong> Wasserressourcen können auf klimatische <strong>und</strong><br />

geomorphologische Charakteristika bezogen werden. Ausgedehnte semiaride Gebiete, in<br />

denen die Existenz <strong>der</strong> ländlichen Bevölkerung von einer geeignete Speicherung <strong>der</strong><br />

spärlichen Nie<strong>der</strong>schläge abhängt gibt es in vielen Län<strong>der</strong>n auf allen Kontinenten. Sie<br />

bedecken insgesamt etwa 12 %, zusammen mit den ariden Bereichen 40 %, <strong>der</strong> Landmasse<br />

<strong>der</strong> Erde.<br />

„Ähnlich wie bei vielen an<strong>der</strong>en Projekten ist nach meinen Erfahrungen das bislang wirkungsvollste<br />

Instrument zur Verbreitung von Ergebnissen ein Projektbesuch durch Mitarbeiter<br />

aus Projekten mit ähnlichen Rahmenbedingungen. Es ist sicherlich aber auch ein aufwendiges<br />

Instrument, das nur während <strong>der</strong> Projektlaufzeit funktioniert, mit dem auch keine<br />

Breitenwirkung erzielt werden kann. Der Rücklauf aus <strong>der</strong> verbreiteten Projektdokumentation<br />

verlief – vermutlich aus den o. g. Gründen - enttäuschend <strong>und</strong> ist ganz offensichtlich über die<br />

<strong>der</strong>zeit genutzten Kanäle kein effektives Mittel zur Verbreitung von Ergebnissen. Ich erhoffe<br />

mir von dieser Diskussion Anregungen für mich selbst <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e wie eine internationale<br />

Übertragbarkeit von Projekterfahrungen geleistet werden kann“.<br />

Herr Regner weist darauf hin, dass das Projektwissen nicht in <strong>der</strong> Form zur Verfügung steht,<br />

dass es übertragen werden kann. Er fragt, in welchem Abstraktionsgrad muss das Wissen<br />

dargestellt werden? In seiner Erfahrung ist die ideale Situation <strong>der</strong> Projektbesuch – <strong>der</strong> sei<br />

aber finanziell nicht darstellbar.<br />

Mo<strong>der</strong>ator:<br />

Welche neuen Wege geht <strong>der</strong> Bereich PuE in <strong>der</strong> GTZ, um das Wissensmanagement in <strong>der</strong><br />

GTZ zu verbessern?<br />

Herr Beier verweist auf das strategische Projekt Wissensmanagement. Die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

in <strong>der</strong> Unternehmensorganisation <strong>der</strong> GTZ durch Dezentralisierung <strong>und</strong> Flexibilisierung sowie<br />

die Tatsache, dass die GTZ sich zunehmend im internationalen Wettbewerb behaupten<br />

muss, erfor<strong>der</strong>n die Einführung eines systematischen Wissensmanagements, damit wir das<br />

richtige Wissen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort einsetzen, damit wir unseren Partnern<br />

<strong>und</strong> K<strong>und</strong>en stets das beste Wissen <strong>der</strong> GTZ anbieten können. Durch Wie<strong>der</strong>verwendung<br />

vorhandenen Wissens über Län<strong>der</strong>, Regionen <strong>und</strong> organisatorische 'Kästchen' hinweg<br />

können wir Kosten senken <strong>und</strong> Zeit gew<strong>innen</strong>. Zum an<strong>der</strong>en soll Lernen - vor allem aus den<br />

Erfahrungen <strong>der</strong> TZ-Arbeit vor Ort - zu Wissen <strong>und</strong> Wissen zu Innovation führen, zu besseren<br />

Problemlösungen, zu neuen Dienstleistungsangeboten.<br />

100


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

1.5 Das strategische Projekt "Wissensmanagement"<br />

Das strategische Projekt Wissensmanagement ist vor allem ein Instrument <strong>der</strong> Unternehmensentwicklung.<br />

Es will <strong>und</strong> kann keine Ersatzvornahme für Leistungsstörungen <strong>der</strong> Linie<br />

sein. Wohl aber will es "Politikberatung" - d. h. Beratung <strong>der</strong> Geschäftsführung, des OFK <strong>und</strong><br />

des mittleren Managements im Hinblick auf eine Verbesserung <strong>der</strong> Voraussetzungen für<br />

erfolgreiches Wissensmanagement - verbinden mit <strong>der</strong> Arbeit an Pilotvorhaben, <strong>der</strong> Unterstützung<br />

von Verän<strong>der</strong>ungsinitiativen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Konsolidierung einer Fachkompetenz zum<br />

Thema Wissensmanagement. Momentan laufen acht sog. Kooperatonsprojekte, d. h. kofinanzierte<br />

Verän<strong>der</strong>ungsinitiativen mit verschiedenen Organisationseinheiten des Hauses.<br />

In den letzten Monaten habe man auf <strong>der</strong> operativen Ebene folgende Ansatzpunkte für ein<br />

nachhaltiges Wissensmanagement in <strong>der</strong> GTZ identifiziert:<br />

1. Vorhandenes Wissen wie<strong>der</strong>verwenden: hier reichten die Maßnahmen von <strong>der</strong> Einführung<br />

von „Gelben Seiten“ <strong>und</strong> <strong>der</strong> Referenzprojektdatenbank „RPS Online“ über die<br />

Erstellung von Wissenskarten im Intranet <strong>und</strong> ein neues Dokumentenmanagement-<br />

System bis zum Debriefing von Mitarbeiter/-<strong>innen</strong>. Man habe auch erste Schritte in<br />

Richtung auf eine Austauschbörse für Wissen getan, die im kommenden Jahr mit Internettechnologie<br />

realisiert werden soll.<br />

2. Neues Wissen ("Produkte") schaffen: Die Beschreibung strategisch wichtiger Dienstleistungsangebote<br />

(„Produkte“) sowie die Verbesserung <strong>der</strong> Voraussetzungen für die<br />

Produktentwicklung stehen hier im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Auch wird eine zentrale Anlaufstelle für<br />

Sektorvorhaben, Eigenmaßnahmen <strong>und</strong> Innovationsprojekte im Intranet aufgebaut.<br />

3. Fachverb<strong>und</strong>e, Netzwerke <strong>und</strong> flexible Arbeitsformen för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> nutzen: Hier<br />

unterstützt des strategische Projekt eine Arbeitsgruppe in PuE, die bis zum Spätherbst<br />

eine neue Fachverb<strong>und</strong>spolitik des Hauses entwickelt <strong>und</strong> abgestimmt haben will.<br />

Ausserdem werden zentrale Dienste zur Unterstützung von Fachverb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Netzwerken<br />

aufgebaut. Eine „Fachverb<strong>und</strong>s-Homepage“ ist bereits freigeschaltet. Darüber<br />

<strong>und</strong> über eine Mailing-Liste sollen AMA sich direkt in den anlaufenden Diskussionsprozess<br />

einschalten können.<br />

In seiner Arbeit stosse das strategische Projekt immer wie<strong>der</strong> auf Hin<strong>der</strong>nisse in <strong>der</strong> sog.<br />

„Unternehmenskultur“, d. h. in <strong>der</strong> Art wie Einzelne, Gruppen <strong>und</strong> Organisationseinheiten<br />

sich „typischerweise“ verhalten. Man sei sich einig, dass es hier Verän<strong>der</strong>ungen brauche,<br />

dass diese aber nicht über Nacht zu erwarten seien. Hier gelte es mit langem Atem Spielregeln,<br />

Prozesse <strong>und</strong> eventuell auch einmal Strukturen zu verän<strong>der</strong>n – vor allem aber gehe es<br />

darum, „Kultur“ durch Führung aktiv zu gestalten.<br />

PuE habe folgende Schwerpunkte für die Verbesserung seines Wissensmanagements im<br />

Jahr <strong>2000</strong> gewählt:<br />

1. Fachverb<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Netzwerke als Ort des Austausches in <strong>der</strong> dezentralen GTZ;<br />

2. Durch systematische Debriefingprozesse sollen Projekterfahrungen bekannt gemacht<br />

werden; in diesem Zusammenhang wird ein Leitfaden für Debriefings durch Fachplaner<br />

entwickelt;<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

3. Das Wissen <strong>der</strong> Arbeitsfel<strong>der</strong> soll im Intranet transparent gemacht werden;<br />

4. Gute Beispiele im Wissensmanagement von PuE sollen dokumentiert <strong>und</strong> über Abteilungsgrenzen<br />

hinweg bekannt gemacht werden, ggf. zum Standard für PuE erhoben<br />

werden; dies betrifft insbeson<strong>der</strong>e die Frage, wie in einer dezentralen GTZ institutionelles<br />

Lernen organisiert werden muss;<br />

5. Die Dokumentation von Lernerfahrungen aus den Projekten anlässlich Projektfortschrittskontrollen<br />

(PFK) soll verbessert werden; dies ist eine Initiative, die zusammen mit<br />

<strong>der</strong> Stabsstelle 04 durchgeführt wird, die <strong>der</strong>zeit den PFK-Leitfaden evaluiert.<br />

Herr Mangstl kommt auf die Intervention von Herrn Regner zurück, <strong>der</strong> es bedauert hatte,<br />

dass Projektbesuche zur Wissensvermittlung <strong>und</strong> –verbreitung nur begrenzt eingesetzt werden<br />

können. Er betont, dass die beste Lösung oft nicht leistbar <strong>und</strong> bezahlbar ist, z. B. ein<br />

persönliches Treffen. Um die Informationsvermittlung gut zu organisieren, muss aus seiner<br />

Sicht die Organisation Standards für die Informationsvermittlung setzen. Frau Littmann-<br />

Schmitt, die <strong>der</strong>zeit von <strong>der</strong> GTZ beurlaubt bei <strong>der</strong> FAO arbeitet <strong>und</strong> im 3. Quartal in die GTZ<br />

zurückkehren wird, betont, dass die GTZ sich mit <strong>der</strong> Frage neuer Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />

<strong>und</strong> ihrer Relevanz für die Entwicklungsarbeit unbedingt auseinan<strong>der</strong>setzen<br />

muss. Aus Ihrer Sicht wird es mittelfristig kein Arbeitsfeld in PuE geben, das sich<br />

nicht mit den mo<strong>der</strong>nen IKT auseinan<strong>der</strong>setzen muss.<br />

Professor Freimuth kommt darauf zurück, dass die GTZ als Expertenorganisation die Rolle<br />

von Experten neu reflektieren müsse. Wissen vermehre sich durch Teilen - im Gegensatz zu<br />

an<strong>der</strong>en Ressourcen. Das Wissen müsse attraktiv aufbereitet sein, es brauche Attraktoren.<br />

Aus seiner Sicht gibt es in <strong>der</strong> GTZ <strong>der</strong>zeit überall Diffusionstendenzen, ja sogar eine Implosion<br />

<strong>der</strong> Wissenskreisläufe. Er for<strong>der</strong>t, virtuelle Räume für Austausch <strong>und</strong> Lernen zu schaffen<br />

(Stichwort: Corporate University). Die GTZ müsse sich mit internationalen Beratungsfirmen<br />

vergleichen. Wenn es aber bereits schwierig sei, in <strong>der</strong> GTZ-Zentrale Computer mit<br />

So<strong>und</strong>karten auszustatten, dann könne man „natürlich schon vom Glauben abfallen...“.<br />

Herr Regner for<strong>der</strong>t auch virtuelle Räume für den Austausch, die aber demokratisch strukturiert<br />

sein müssten. Sie sollten nicht auf GTZ-Mitarbeiter beschränkt bleiben, son<strong>der</strong>n Partnerorganisationen<br />

mit einschliessen.<br />

Stimmen aus dem Publikum:<br />

- Anknüpfend an die Diskussion des ersten Morgens auf den <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong>n<br />

(EFTA), ob wir noch Projekte machen können o<strong>der</strong> sollten, betont ein PuE-Mitarbeiter die<br />

Relevanz des von Herrn Regner dargestellten Projektes. Darüber hinaus gäbe es auch<br />

Sektornetzwerke, die diese Erfahrungen verarbeiten könnten, diese Netzwerke müssten<br />

nur noch stärker miteinan<strong>der</strong> verknüpft werden. Dies sei eine Aufgabe von PuE.<br />

- Eine kritische Stimme aus dem Publikum führt aus, dass Informationen nur relevant sind,<br />

wenn sie Antwort auf eine Frage geben. Wenn diese Frage nicht gestellt wird, ist die Information<br />

wertlos. Ein Projekt kann seine Informationen anbieten, aber wenn keiner sie<br />

will, sind sie irrelevant. Daher solle <strong>der</strong> kritische Umgang mit Information geför<strong>der</strong>t werden.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

- Da es schon viele virtuelle Austauschmöglichkeiten gäbe, sie aber nicht genügend genutzt<br />

würden, for<strong>der</strong>t ein an<strong>der</strong>er Diskussionsteilnehmer Incentives für Führungskräfte.<br />

- Am Ende dieser R<strong>und</strong>e aus dem Plenum wird die Frage gestellt: „Wo will die GTZ bezüglich<br />

IKT hin?“<br />

Zum Abschluss stellt <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ator die Frage an das Podium: „was sind die wichtigsten<br />

Punkte aus <strong>der</strong> Diskussion?“<br />

Herr Mangstl for<strong>der</strong>t die Abkehr vom ‚Wissen behüten’. Er meint, es würde sich für die GTZ<br />

lohnen, in Richtung knowledge sharing zu gehen. Wenn die GTZ eine solche Organisation<br />

werden wolle, sollte die Führung <strong>der</strong> GTZ diese Entwicklung vorantreiben. Er schließt seinen<br />

Beitrag mit dem Satz: „Von nix kommt nix - die GTZ braucht die leibhaftige Führung in diesem<br />

Sinne.“<br />

Prof. Freimuth plädiert für die virtuelle Plattform (z. B. corporate university) in <strong>der</strong> GTZ <strong>und</strong><br />

schließt mit <strong>der</strong> Metapher von Hans im Glück: Als Kind hätte er nie verstanden, warum sich<br />

Hans im Glück so dumm verhielte. Heute jedoch sei Hans im Glück für ihn einer, <strong>der</strong> für eine<br />

neue Form von Ökonomie stünde, <strong>der</strong> sich trennen könne, <strong>der</strong> in die Vorleistung ginge <strong>und</strong><br />

sich Netzwerke <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e nach dem Prinzip <strong>der</strong> Reziprozität schaffte.<br />

Herr Regner konstatiert den Konsens, den Wissenstransfer durch Nutzung von IKT zu<br />

verbessern. Er ist zuversichtlich, dass das auch umgesetzt wird. Die beste Anregung <strong>der</strong><br />

Veranstaltung komme von Prof. Freimuth, nämlich allzu großen Perfektionismus vermeiden,<br />

lieber mit nicht so perfekten Dingen in eine bessere Kommunikation einzutreten.<br />

Der Mo<strong>der</strong>ator verweist auf den Beitrag von Herrn Mangstl <strong>und</strong> fragt Herrn Dr. Beier abschließend,<br />

ob er „<strong>der</strong> Leibhaftige“ sein möchte?<br />

Herr Dr. Beier drückt seine Zuversicht aus. Er glaubt nicht an Anreizsysteme, son<strong>der</strong>n wie<br />

Herr Mangstl auch daran, dass die Hierarchie die ihr zugedachte Rolle wahrnehmen müsse.<br />

Darüber hinaus müssten verstärkt Foren für den Austausch geschaffen werden, Wissens<strong>und</strong><br />

Informationssysteme nachfrageorientiert ausgestaltet werden <strong>und</strong> die GTZ müsse sich<br />

mehr um die Frage von Wissensmanagement als Dienstleistung für den Partner kümmern.<br />

Allerdings gelte hier, dass man erst dann an<strong>der</strong>e im Wissensmanagement o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Nutzung<br />

von IKT beraten könne, wenn man dies intern bereits erfolgreich angewandt habe.<br />

103


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

2. Reise ins Land <strong>der</strong> idealen Organisation<br />

104<br />

Bianca Schimmel, GTZ-Arbeitsfeld: Staatsreform <strong>und</strong> Zivilgesellschaften<br />

Die Arbeitsgruppe "Reise ins Land <strong>der</strong> idealen Organisation" war ein Angebot des Gen<strong>der</strong>-<br />

Teams <strong>der</strong> GTZ Abteilung Reform von Staat, Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft. Im Zentrum <strong>der</strong><br />

AG stand eine Reflexion über persönliche <strong>und</strong> institutionelle Prägungen, über die unterschiedliche<br />

Erlebniswelt von Frauen <strong>und</strong> Männern in Institutionen <strong>und</strong> über Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Hemmnisse, Institutionen zu verän<strong>der</strong>n.<br />

Ausgangspunkt <strong>der</strong> AG war eine Phantasiereise durch die eigene Organisation. "Reiseleiter"<br />

war ein Text, in dem verschiedene organisationsrelevante Aspekte aufgeblendet wurden. Mit<br />

geschlossenen Augen stellten sich die Teilnehmer/-<strong>innen</strong> konkrete Situationen <strong>und</strong> Interaktionen<br />

vor, die die Organisation <strong>und</strong> den eignen Arbeitsalltag prägen. Durch die Reise war es<br />

möglich, Abstand zu gew<strong>innen</strong> <strong>und</strong> die eigene Institution als Besucher mit einer gewissen<br />

Distanz wahrzunehmen.<br />

Im Nachgang zur Traumreise wurden die Eindrücke <strong>der</strong> Teilnehmer/-<strong>innen</strong> ausgewertet. Die<br />

Diskussion wurde in Arbeitsgruppen geführt, die getrennt nach Männern <strong>und</strong> Frauen gebildet<br />

wurden. Der äußere Rahmen <strong>und</strong> die materielle Gestaltung wurde fast durchgängig als<br />

"kalt", "unpersönlich" <strong>und</strong> "verbesserungswürdig" empf<strong>und</strong>en. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite wurden<br />

vielschichtige Aufgabenbereiche, großer Gestaltungsspielraum <strong>und</strong> eigenständiges Arbeiten<br />

als Positivmerkmale hervorgehoben.<br />

Herr Jorge Enrique Gúzman, ehemaliger Ansprechpartner des Gen<strong>der</strong>- Beratungsvorhabens<br />

"PROEQUIDAD" in Kolumbien stellte zur Diskussion, welche Auswirkungen die Variable<br />

"Gen<strong>der</strong>" auf Menschen in Organisationen aber auch auf die Kultur <strong>und</strong> Prägung von Organisationen<br />

haben kann. Dissens herrschte darüber, inwiefern diese Phänomene universellen<br />

Charakter haben bzw. als Problem empf<strong>und</strong>en werden.<br />

Aus <strong>der</strong> Problemanalyse heraus wurden mögliche Lösungsansätze im Hinblick auf eine größere<br />

Gen<strong>der</strong>gerechtigkeit in Organisationen diskutiert.<br />

2.1 Phantasiereise durch die eigene Organisation<br />

Die <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> sind nun in vollem Gange. Sie nehmen sehr viele Angebote <strong>und</strong><br />

Eindrücke auf, reden mit vielen Menschen. Ich möchte Sie nun einladen, etwas Abstand zu<br />

gew<strong>innen</strong> <strong>und</strong> ein bisschen zur Ruhe zu kommen. Versuchen Sie Ihren Körper <strong>und</strong> Geist zu<br />

entspannen, finden sie eine bequeme Position auf Ihrem Stuhl, atmen Sie einmal tief durch.<br />

Ich möchte Sie nun bitten, Ihre Augen zu schließen <strong>und</strong> ihre Gedanken langsam zu sammeln.<br />

Stellen Sie sich vor, meine Stimme wird zu ihrer inneren Stimme.<br />

In Gedanken bin ich nun in meinem Arbeitsalltag. Ich beginne, mir die Organisation vorzustellen,<br />

in <strong>der</strong> ich jeden Tag arbeite o<strong>der</strong> studiere.<br />

Ich bin ein Teil dieser Organisation, <strong>und</strong> zugleich habe ich im Augenblick Abstand von ihr.<br />

Ich stehe vor dem Gebäude, Ich kann sie von außen betrachten fast wie ein Frem<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />

eine Fremde. Ich lasse meine Gedanken schweifen. Wie kleine Wolkenschleier ziehen sie an


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

mir vorbei. Ich lasse sie ziehen <strong>und</strong> nähere mich nun langsam dem Gebäude, in dem ich<br />

arbeite o<strong>der</strong> studiere.<br />

Ich bleibe draußen stehen <strong>und</strong> betrachte mir das Ganze von außen. Ich schaue mir die Umgebung<br />

an, sehe das Gebäude. Wie geht es mir dabei? Welche Bil<strong>der</strong>, Geräusche, Eindrücke<br />

kommen zu mir von außen? Habe ich Bauchweh beim Anblick des Gebäudes o<strong>der</strong> freue<br />

ich mich darauf, hineinzugehen?<br />

Nun betrete ich das Gebäude <strong>und</strong> wan<strong>der</strong>e langsam umher. Ich lasse meinen Blick neugierig<br />

schweifen. Ich betrachte die Räume, in denen die Menschen arbeiten <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Umgebung.<br />

Wie ist diese gestaltet? Wie sehen die Büros aus? Wie sind sie eingerichtet? Welche Farben<br />

sehe ich? Welche Geräusche nehme ich wahr? Ich betrachte mir die Aufteilung <strong>der</strong> Räume. Ich<br />

achte auch auf mich. Wo stockt mein Fuß? Wo möchte ich hingehen? Wo zieht es mich hin?<br />

Ich spaziere weiter <strong>und</strong> suche einen Raum zum Entspannen. Hierhin gehe ich in den Arbeitspausen<br />

o<strong>der</strong> zwischendurch, um Luft zu holen. Ich stelle mir vor, wie dieser Raum aussieht<br />

<strong>und</strong> wie lange ich dort verweilen möchte. Ich treffe Kolleg<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Kollegen <strong>und</strong> wir<br />

unterhalten uns. Dann gehe ich weiter <strong>und</strong> denke daran, was ich aus diesem Raum mit an<br />

meinen Arbeitsplatz zurücknehme.<br />

Beim Weitergehen komme ich zu einem <strong>der</strong> Besprechungsräume. Ich denke an meine letzte<br />

Besprechung die darin stattgef<strong>und</strong>en hat. Ich stelle mir die Besprechungssituation vor. Ich<br />

höre Argumente <strong>und</strong> sehe die Mimik <strong>und</strong> Gestik meiner Kolleg<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Kollegen. Wie nehme<br />

ich diese wahr? Sind die Gesichter fre<strong>und</strong>lich o<strong>der</strong> schauen die Menschen eher ernst,<br />

o<strong>der</strong> gelangweilt? Wie fühle ich mich selbst. Spreche ich gerne? Werden meine Vorschläge<br />

<strong>und</strong> Ideen aufgenommen? Wer hört mir zu? Kann ich an<strong>der</strong>en zuhören?<br />

Ich stelle mir ein Projekt vor, an dem ich zusammen mit an<strong>der</strong>en Menschen arbeite. Ich<br />

überlege, wie wir zusammenarbeiten. Wie gehen wir mit unterschiedlichen Meinungen um<br />

<strong>und</strong> wie kommen wir zu Entscheidungen? Und wann ist unser Projekt erfolgreich? Wovon<br />

wird <strong>der</strong> Erfolg abhängen? Wird <strong>der</strong> Erfolg belohnt <strong>und</strong> anerkannt werden? Wie wird mein<br />

persönlicher Beitrag gewürdigt?<br />

Während meiner Reise treffe ich auf viele Kolleg<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Kollegen. Ich beginne, genauer auf<br />

den Umgang untereinan<strong>der</strong> zu achten. Wie sprechen wir miteinan<strong>der</strong>? Worüber sprechen wir?<br />

Über die Arbeit, über unser Privatleben? Ich achte auf die Worte <strong>und</strong> Äußerungen. Gleichzeitig<br />

nehme ich auch non-verbale Signale wahr. Auf unsere Körper? Sind da mehr Frauen o<strong>der</strong><br />

mehr Männer? Fühle ich mich unter den Kolleg<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Kollegen als jung o<strong>der</strong> alt?<br />

Ich denke an einen Kollegen, eine Kollegin, die ich sehr schätze. Welche Eigenschaften wirken<br />

positiv auf mich, was gefällt mir an ihr o<strong>der</strong> an ihm? Wäre ich auch gerne so?<br />

Immer wie<strong>der</strong> kommt es auch vor, dass ich mit Menschen zu tun habe, mit denen mir <strong>der</strong><br />

Umgang Schwierigkeiten bereitet. Ich nehme ihr persönliches <strong>und</strong> ihr professionelles Verhalten<br />

wahr. Was verschafft mir Unbehagen? Warum bin ich nicht gerne in Gesellschaft dieser<br />

Person?<br />

105


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Ich denke an Eigenschaften <strong>und</strong> Verhaltensweisen, die in meiner Organisation wertgeschätzt<br />

werden. Wie muss ich auftreten, mich geben, um akzeptiert werden? Wann werde ich abgelehnt?<br />

Ich spaziere nun weiter über Flure <strong>und</strong> Gänge <strong>und</strong> stelle mir meine eigene Geschichte in <strong>der</strong><br />

Organisation vor. Wie hat sich mein Werdegang gestaltet? Welche Möglichkeiten hatte ich,<br />

um mich beruflich <strong>und</strong> persönlich weiterentwickeln? Wo wurden mir Steine in den Weg gelegt?<br />

Wie wohl fühle ich mich bei <strong>der</strong> Tätigkeit, die ich heute ausübe. Bin ich überfor<strong>der</strong>t?<br />

Unterfor<strong>der</strong>t? Welche Unterstützung erhalte ich? Wie groß ist meine Gestaltungsfreiheit? Bin<br />

ich zufrieden mit meinem Gehalt?<br />

Ich denke auch daran, wie ich meine Arbeit mit meinem Privatleben vereinbaren kann. Ich<br />

überlege mir, ob mein Privatleben respektiert wird, ob auch dafür Freiräume bestehen <strong>und</strong><br />

wie ich diese nutzen kann. Wie reagieren meine Vorgesetzten o<strong>der</strong> meine Kollegen wenn ich<br />

früher gehe o<strong>der</strong> private Termine wahrnehmen möchte? Lässt mir meine Arbeit genügend<br />

Zeit für mich o<strong>der</strong> für meine Familie? Wie gestaltet sich mein Verhältnis von Arbeit <strong>und</strong> freier<br />

Zeit? Wie fühle ich mich dabei?<br />

Kurz vor dem Ende meiner Wan<strong>der</strong>ung durch die Organisation treffe ich meinen Vorgesetzten.<br />

Wie nehme ich ihn wahr? Wie fühle ich mich in seiner Gegenwart? Wie nimmt er mich<br />

wahr? Schätzt er meine Arbeit? Weiß ich was er von mir denkt?<br />

Dann gehe ich weiter zur Geburtstagsfeier einer Kollegin? Wie ist die Stimmung? Wie begegnen<br />

mir die Kolleg<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Kollegen? Wie geht es mir? Sind wir locker, verkrampft?<br />

Habe ich Fre<strong>und</strong>e unter den Gästen?<br />

Ich gehe durch den Ausgang <strong>und</strong> verlasse das Gebäude. Ich drehe mich noch einmal um<br />

<strong>und</strong> lasse nachklingen, was meine Organisation prägt. Ich spüre, welche Gefühle ich empfinde.<br />

Freue ich mich darauf, wie<strong>der</strong>zukommen? O<strong>der</strong> bekomme ich Bauchweh?<br />

Ich genieße diesen Abstand noch für einen Augenblick. Ich war auf einer Reise durch meine<br />

Arbeitswelt. Ich traf viele Menschen, erinnerte mich an Situationen, es kamen viele Gefühle<br />

auf. Ich halte diese Eindrücke für mich fest <strong>und</strong> komme dann langsam zurück in den Seminarraum,<br />

in dem ich mit an<strong>der</strong>en Menschen sitze. Ich bin wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> AG in <strong>der</strong> GTZ in<br />

Eschborn. Ich öffne die Augen <strong>und</strong> wende mich den Kolleg<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Kollegen zu.<br />

2.2 How is the Gen<strong>der</strong> dimension expressed in organisations?<br />

- Women comprise 51% of the population, but they represent no more than 10% of decision<br />

making positions.<br />

- Decision making jobs are mainly occupied by men whereas service and clerical jobs are<br />

mainly occupied by women.<br />

- Women‘s salaries are, as a world average, only 75% of men’s salaries.<br />

- Men and women receive different salaries for the same positions.<br />

106


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

- Women mostly start their careers at a low-status position, tend to stay a longer time on<br />

each hierarchical level and still end up in low-status positions. Meanwhile, men start in<br />

higher positions, move quicker through hierarchical levels and end their careers in the<br />

higher positions.<br />

- Women tend to specialise more in only one job, and experience fewer job changes and<br />

geographical mobility than men.<br />

- Women tend to be more frequently over-qualified than men for the same position.<br />

- The change is slow and it is mainly women going to „men’s“ jobs, rather than men going<br />

to „ women’s“ positions.<br />

- More than 95% of „general services“ jobs, which are the lowest in prestige and salary,<br />

are occupied by women.<br />

- Women work more frequently than men in part-time jobs.<br />

- Women interrupt their jobs and experience unemployment more frequently than men.<br />

- Informal relations foster and reproduce sexist stereotypes for men and women.<br />

- Most of the work-related accidents are suffered by men.<br />

- In couples with double income, women tend to gain less than men and to subordinate<br />

their careers to men’s.<br />

- Women interrupt their careers for „domestic“ reasons more frequently than men which<br />

work against their possibilities to promotions.<br />

- Looking for success in work, women delay or desist on getting married and having<br />

children in a bigger proportion than men.<br />

- Professional and executive women tend to get married to with men of equal or higher<br />

intellectual level whereas men tend to do it to lower intellectual level women.<br />

- Working women tend to devote more hours every day to domestic tasks than Working<br />

men.<br />

- Working women have less leisure hours than Working men.<br />

- Women work an average of 2 to 5 hours a day more than men.<br />

- Men that are willing to devote more time to children face more difficulties and opposition<br />

in their jobs.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

- Men are more likely to suffer stress and ulcer and to be workaholic.<br />

- The impact of a period of unemployment or retirement is more painful and drastic on men<br />

than on women.<br />

- Professional and executive women are more „family oriented“, (1 st . priority family, 2 nd ,<br />

priority working life) than men in the same positions.<br />

- Women tend to feel more ambivalent towards their different roles than men.<br />

- The entrance of women to higher positions is more likely to occur in areas consi<strong>der</strong>ed of<br />

„their“ competence such as health and education.<br />

- Women and men express similar satisfaction on their jobs but women in administrative<br />

positions tend to be more satisfied than men in the same positions.<br />

- A lower percentage of women are married in comparison with men.<br />

- A 52% of executive women are either single, divorced, or widowed, whereas only 4% of<br />

executive men are in the same situations.<br />

- Most of employed and married women perceive that they do not have enough time for<br />

themselves.<br />

Entry points for promoting gen<strong>der</strong> equality<br />

- Part time jobs;<br />

- Time flexibility;<br />

- At home-distance office (Telearbeit);<br />

- Maternity leave of absence;<br />

- Paternity leave of absence;<br />

- Nurseries;<br />

- Benefits and child care services;<br />

- Affirmative actions, in selection and promotion;<br />

- Specific Training for women;<br />

- Professionalization of „feminine“ positions;<br />

- Women Solidarity networks;<br />

- Team group as a model;<br />

- Open participation.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

3. Qualitätsmanagement <strong>und</strong> Globalisierung in <strong>der</strong> Internationalen<br />

Ges<strong>und</strong>heit<br />

Dr. Gottfried Huss, GTZ-Arbeitsfeld: Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Bevölkerung<br />

3.1 Vortrag von Dr. med. J. Gregor Viethen, Klinikum <strong>der</strong> Philipps-<br />

Universität Marburg<br />

3.1.1 Einführung<br />

Das zunehmende Interesse an den Aspekten <strong>der</strong> Qualität im Ges<strong>und</strong>heitssektor wird von<br />

Patienten, Politikern, öffentlichen Einrichtungen des Ges<strong>und</strong>heitswesens sowie Berufsvertretungen<br />

<strong>der</strong> im Ges<strong>und</strong>heitswesen Tätigen geteilt.<br />

In diesem Zusammenhang erfährt <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Industrie entliehene Schlüsselbegriff "Qualitätsmanagement"<br />

eine Renaissance: Darunter wird eine systematische Vorgehensweise<br />

verstanden, die die Handhabung, Einhaltung <strong>und</strong> Verbesserung von Diagnostik, Therapie<br />

<strong>und</strong> Versorgungsabläufen zur höchsten Priorität erklärt.<br />

Gr<strong>und</strong>legendes Prinzip im Qualitätsmanagement ist <strong>der</strong> Sachverhalt, dass jegliche Aktivität,<br />

jedes Verfahren <strong>und</strong> jedes Ergebnis qualitativ weiterentwickelt <strong>und</strong> verbessert werden kann.<br />

Basierten frühere Unternehmensprinzipien auf <strong>der</strong> "Schwachstellenbeseitigung", stehen in<br />

<strong>der</strong> Philosophie <strong>der</strong> Qualitätsmanager die "Verbesserungspotentiale" im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>.<br />

In <strong>der</strong> Praxis wird die Qualität einer Dienstleistung im Ges<strong>und</strong>heitswesen durch vier gr<strong>und</strong>legende<br />

Dimensionen bestimmt. Es sind dies<br />

a. Medizinisch-therapeutische <strong>und</strong> pflegerischen Leistungen;<br />

b. Serviceleistungen;<br />

c. Therapeutische Erfolge als Summe aller erfolgter Zwischenschritte;<br />

d. Zufriedenheit des Patienten mit den durchgeführten Handlungen.<br />

Jede <strong>der</strong> genannten Dimensionen kann Ziel einer Verbesserungsmaßnahme werden.<br />

3.1.2 Akkreditierung <strong>und</strong> Zertifizierung<br />

Hat sich die Leitung eines Krankenhauses entschlossen, ein Qualitätsmanagement im eigenen<br />

Umfeld zu realisieren, kann sie <strong>der</strong>zeit auf kein einheitliches Rezept für die Vorgehensweise<br />

zurückgreifen: So existieren unterschiedliche Managementmodelle wie beispielsweise<br />

das <strong>der</strong> European Fo<strong>und</strong>ation for Quality Management (EFQM) o<strong>der</strong> jenes <strong>der</strong> DIN ISO<br />

9000-Familie. Es ist vom Individualfall <strong>und</strong> den jeweilig herrschenden Rahmenbedingungen<br />

abhängig, welchem System aktuell <strong>der</strong> Vorzug zu geben ist.<br />

Um das Ergebnis <strong>der</strong> Bemühungen am Patienten erfassen, messen <strong>und</strong> vergleichen zu können,<br />

werden definierte Messpunkte <strong>und</strong> Anzeigesysteme benötigt. Diese Qualitätsindikatoren<br />

müssen überdies zuverlässig, genau <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>holbar messen <strong>und</strong> anzeigen.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Obgleich zahlreiche solcher Indikatoren <strong>und</strong> inclusive mit „Standards“ bezeichneten Referenzgrößen<br />

bereits vor vielen Jahren in den USA durch die Joint Commission for Accreditation<br />

of Health Care Organisations (JCAHO) entwickelt wurden, ist bislang noch kein konsentiertes<br />

Indikatorenset im deutschen Ges<strong>und</strong>heitswesen im Einsatz.<br />

Dies soll sich jedoch jüngsten Informationen zufolge än<strong>der</strong>n: Die B<strong>und</strong>esärztekammer hat<br />

gemeinsam mit dem B<strong>und</strong>esverband <strong>der</strong> Deutschen Angestelltenkrankenkassen <strong>und</strong> unter<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Deutschen Krankenhausgesellschaft eine große Anzahl von Indikatoren zu<br />

einem Katalog zusammengestellt. Dieser Katalog soll den Gr<strong>und</strong>stein für ein KTQ genanntes<br />

Zertifizierungsverfahren in deutschen Krankenhäusern bilden. Dieses Verfahren soll ab ca.<br />

2002 angeboten werden <strong>und</strong> Krankenhäusern auf freiwilliger Basis eine Zertifizierung ermöglichen,<br />

die auf die Verhältnisse in Deutschland angepasst sind.<br />

3.1.3 Effekte durch Akkreditierung <strong>und</strong> Zertifizierung<br />

Bei <strong>der</strong> Quantifizierung von Effekten eines Qualitätsmanagementsystems nach erfolgreicher<br />

Akkreditierung bzw. Zertifizierung sind wir bei jener zentralen Frage angelangt, welche Träger,<br />

Abteilungschefs <strong>und</strong> nicht zuletzt die Verwaltungsleiter eines Krankenhauses am brennensten<br />

interessiert: Welche Potentiale birgt dieses Qualitätsmanagement eigentlich – lohnt<br />

es sich überhaupt, hierauf einzugehen?<br />

Ich vertrete die Ansicht, dass die Dimension des „Lohns“ <strong>und</strong> des sich dahinter verbergenden<br />

Kosten-Nutzen-Aspekts auf mehr als nur primäre pekuniäre Aspekte zu erweitern ist.<br />

Das bedeutet im Klartext: Wir haben es bei QM <strong>und</strong> UQM-Effekten mit vier Primärinteressen<br />

zu tun:<br />

a. Menschliche Interessen <strong>und</strong> Bedürfnisse;<br />

b. Finanzielle Erwartungen;<br />

c. Organisatorische Interessen;<br />

d. Gesellschaftliche Erfor<strong>der</strong>nisse.<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich das Augenmerk auf die positiven Effekte von QM lenken:<br />

a. Prävention qualitätsmin<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Fehler;<br />

b. Optimierung <strong>der</strong> vorhandenen Ressourcen;<br />

c. Transparenz <strong>und</strong> Ordnung;<br />

d. Erhöhte Zufriedenheit bei K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> K<strong>und</strong><strong>innen</strong> <strong>und</strong> Mitarbeiter/-<strong>innen</strong>;<br />

e. Verbesserung <strong>der</strong> Wettbewerbssituation.<br />

Dennoch ist es zumeist <strong>der</strong> finanzielle Aspekt, <strong>der</strong> für die Entscheidung „Akkreditierung: JA /<br />

NEIN “ die ausschlaggebende Rolle spielt. Ich werde daher im folgenden Kapitel hierauf näher<br />

eingehen.<br />

110


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

3.1.4 Ökonomische Bedeutung<br />

Abgesehen von eventuell zufriedeneren Patienten (die vielleicht häufiger wie<strong>der</strong>kehren), zufriedeneren<br />

Mitarbeitern (die vielleicht seltener erkranken <strong>und</strong> verunfallen), effizienteren Abläufen<br />

(die vielleicht zu mehr Effizienz <strong>der</strong> Mitarbeiter führen), besserer Logistik (die vielleicht<br />

einen Zeitvorteil birgt) <strong>und</strong> einem besseren Image (das vielleicht die Überlebenschance des<br />

Krankenhauses angesichts des immer härter werdenden Wettbewebs vergrößert) – angesichts<br />

all dieser „Vielleichts“, so fragt <strong>der</strong> ökonomisch Interessierte – Was kommt denn am<br />

Ende wirklich dabei heraus?<br />

Als langjähriger Qualitätsmanagement-Koordinator habe ich hierauf keine allumfassende<br />

Antwort, auch kann ich nicht irgendwelche Vorteile versprechen o<strong>der</strong> garantieren.<br />

Meiner Erfahrung nach ist <strong>der</strong> Aufbau eines QM-Systems mit nachfolgen<strong>der</strong> Durchführung<br />

einer Akkreditierung (Labor) o<strong>der</strong> Zertifizierung (Klinik) nicht nur eine Investitionsaufgabe,<br />

son<strong>der</strong>n auch eine Glaubenssache. Die entstehenden Kosten können nicht allein gegen die<br />

Fehlerkosten gerechnet werden, vielmehr müssen die Einrichtungskosten unter strategischen<br />

Überlegungen bewertet werden.<br />

Wie für den Fall zahlreicher Produkte <strong>und</strong> präventiver Dienstleistungen – ich denke da z. B.<br />

an die B<strong>und</strong>eswehr, die nur im Ernstfall zum Einsatz kommt - , ist Qualitätsmanagement eine<br />

Investition in eine sicherere Zukunft für Krankenhaus, Mitarbeiter <strong>und</strong> Patient. Und wie bei<br />

allen Investititonen sind solche Gewinn-Effekte nicht mit Sicherheit zu erreichen.<br />

Kenner vermuten bei einem vielfach desolaten Organisationszustand, dass kurzfristig zu<br />

erzielende Kostenmin<strong>der</strong>ungen durch Einführung einfacher QM-Massnahmen 10 % des Umsatzvolumens<br />

ausmachen können [Quelle: Dr. Ulrich Paschen, IQ-Institut, Hamburg). Dabei<br />

muss jedoch berücksichtigt werden, dass die erfor<strong>der</strong>lichen Maßnahmen durch das Qualitätsmanagement<br />

lediglich angeregt werden können. Die Durchsetzung <strong>und</strong> Umsetzung sind<br />

eine Führungsaufgabe des Krankenhauses.<br />

Der Aufwand für die Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems ergibt sich aus dem<br />

Produkt von Zeit <strong>und</strong> aufgewandtem Geld: Werden weniger Geldmittel eingesetzt, muss man<br />

größere Zeiträume einplanen, kurzfristige Effekte lassen sich nur durch substantielle Investitionen<br />

erzielen. Die kurzfristig hohen Investitionen sind wahrscheinlich wirtschaftlicher als die<br />

langfristig gestreckten Ausgaben geringer Höhe aus den laufenden Einnahmen, letztere Finanzierung<br />

fällt den Krankenhäusern jedoch meistens leichter. An<strong>der</strong>erseits ist wie bei allen<br />

Projekten eine substantielle Anschubfinanzierung unabdingbar, <strong>der</strong>en Höhe je nach Größe<br />

<strong>und</strong> Umfang des Betriebes <strong>und</strong> aktuellem Stand des Rationalisierungsgrades variieren.<br />

Eine für die Industrie geltende Daumenregel besagt, dass im produktionsorientierten Gewerbe<br />

bis r<strong>und</strong> 20 % <strong>der</strong> Aufwendungen in den Bereich „Qualitätssicherung“ gesteckt werden,<br />

im Dienstleistungsunternehmen immerhin noch 5-10 %. Für Krankenhäuser sind – auch<br />

wenn es sich bei vielen Verwaltungsleitern noch nicht herumgesprochen haben mag – mindestens<br />

3 % anzusetzen, wie Experten meinen: Das bedeutet je 500 Betten 1 Qualitätsbeauftragter<br />

aus Pflege <strong>und</strong> einer aus dem Bereich Medizin sowie die Ausgaben für Ausstattung,<br />

Logistik, Fortbildungen <strong>und</strong> Zertifizierungen.<br />

111


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

3.1.5 Schlussfolgerung<br />

In Heller <strong>und</strong> Pfennig lässt sich eine ökonomische Bewertung eines zertifizierten QM-<br />

Systems für ein solch komplexes Unternehmen, wie es ein Krankenhaus darstellt, nicht vornehmen.<br />

Diese Einschränkung gilt nicht nur im Bereich Ges<strong>und</strong>heitswesen, son<strong>der</strong>n erst<br />

recht in <strong>der</strong> Industrie: Interessanterweise sind auch dort die genauen Einsparpotentiale bzw.<br />

<strong>der</strong> zusätzliche Gewinn durch QM o<strong>der</strong> durch Akkreditierung nicht korrekt zu quantifizieren,<br />

wie eine eindrucksvolle Studie <strong>der</strong> EU von 1997 belegt [Quelle: DG III, Bruxelles].<br />

Aber es wird auch deutlich, dass niemand in <strong>der</strong> Industrie auch nur im mindesten daran<br />

denkt, einen Schritt zurückzugehen um von einem einmal beschrittenen Qualitätspfad abzuweichen,<br />

im Gegenteil: Nach einer Zertifizierung streben die meisten Betriebe die Beteiligung<br />

an sogenannten „Awards“ o<strong>der</strong> Qualitätspreisen an.<br />

Das Zertifikat ist in <strong>der</strong> Industrie so etwas, wie <strong>der</strong> Sicherheitsgurt o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Air-Bag im Auto:<br />

Auch die Vorteile dieser Art <strong>der</strong> Prävention sind ja singulär gesehen kaum zu quantifizieren.<br />

Zwar weiß man á la longue, dass die Rate <strong>der</strong> Verkehrstoten durch diese technischen Hilfsmittel<br />

– wahrscheinlich - gesenkt wurden, jedoch kann niemand dies beweisen o<strong>der</strong> gar<br />

einem einzelnen Autofahrer ausrechnen, ob sich die zusätzliche Investition von ca.<br />

DM 2.000,- für ihn speziell lohnen würde.<br />

Wenn ich aufgefor<strong>der</strong>t werde, aus meiner Praxis zu sprechen, so kann ich eigentlich nur zu<br />

einer Erkenntnis kommen, nämlich dass ohne Zertifikat künftig „nichts mehr laufen wird“,<br />

auch nicht in <strong>der</strong> Medizin. Ich sehe es an als eine Art „Versicherung“ o<strong>der</strong> „Sicherheitsgurt“ –<br />

o<strong>der</strong>, wenn Sie so wollen, einer Art „Schutz nach Art <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr“ an.<br />

Das einzige, was aus meiner Sicht die gute Investition von <strong>der</strong> vertanen Ausgabe trennt, ist<br />

die Halbherzigkeit, mit <strong>der</strong> eine Zertifizierung aus Imagevorteilen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gründen heraus<br />

betrieben wird: Nichts ist tödlicher für den QM-Gedanken, wenn ein insuffizientes System<br />

eingeführt wird, welches – wie ein defekter Sicherheitsgurt – versagen muss.<br />

3.1.6 Übertragung auf das Krankenhaus<br />

Qualitätsmanagement kann <strong>und</strong> darf deshalb nicht auf <strong>der</strong> Feigenblattmentalität fußen:<br />

Dass, um etwas vorzuzeigen, rasch ein Zertifikat erworben wird <strong>und</strong> jemand schnell noch<br />

zum Qualitätsbeauftragten beför<strong>der</strong>t wird, <strong>der</strong> nebenbei noch hauptberuflich Stations- o<strong>der</strong><br />

Oberarzt ist, Wochenenddienste erledigt, sich zeitgleich seinen Facharzt erarbeitet <strong>und</strong> noch<br />

drei<strong>und</strong>zwanzig weiteren Verpflichtungen nachkommen muss, ist mit dem Gedanken des<br />

QM nicht vereinbar. Aus meiner Sicht sollte ein Krankenhaus o<strong>der</strong> eine Abteilung in so einem<br />

Falle den Mut haben, von QM <strong>und</strong> dem Label „zertifiziert nach XYZ“ besser gänzlich<br />

abzusehen – <strong>und</strong> lieber die Folgen „mannhaft“ zu tragen, als Personal unnütz zu verschleißen.<br />

Um erfolgreich zu sein, dürfen QM-Maßnahmen – <strong>und</strong> dies gilt beson<strong>der</strong>s auch für Zertifizierung<br />

<strong>und</strong> Akkreditierung – seitens <strong>der</strong> Mitarbeiter nicht als "von außen aufgestülpt" erlebt<br />

werden. Führende Managementexperten aus dem Ges<strong>und</strong>heitswesen sind einig, dass qua-<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

litätsverbessernde Maßnahmen nur im Rahmen einer aus den ”inneren Reihen” stammenden<br />

Eigenverantwortlichkeit heranwachsen können.<br />

Es liegt daher im Verantwortungsbereich von Krankenhaus- <strong>und</strong> Abteilungsleitung, die Mitarbeiter<br />

vor einem verkehrt verstandenen Ansatz zu behüten: Nicht Menschen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

müssen als Problemquellen identifiziert werden, son<strong>der</strong>n Abläufe <strong>und</strong> Organisation. Soll eine<br />

Zertifizierung von den Mitarbeitern eines Krankenhauses getragen werden, dann darf sie<br />

nicht als Kontrollinstrument <strong>der</strong> Klinikleitung ausgelegt sein o<strong>der</strong> so verstanden werden.<br />

Entscheidend für Erfolg o<strong>der</strong> Misserfolg ist es, den Mitarbeitern die erörterten Gedanken<br />

nachvollziehbar <strong>und</strong> glaubhaft zu vermitteln <strong>und</strong> ihnen ihre gesellschaftliche Verantwortung<br />

durch den Einsatz <strong>der</strong> richtigen Hilfsmittel bewusst zu machen. Hierzu zählen Informationsveranstaltungen,<br />

Trainings <strong>und</strong> Schulungen wie jene Fortbildungskurse, die an den Landesärztekammern<br />

durchgeführt werden.<br />

Richtig angewandt bedeutet eine Zertifizierung o<strong>der</strong> Akkreditierung für Krankenhäuser eine<br />

Investition in die Zukunft: Sie bewirkt eine sicherere, organisiertere <strong>und</strong> kalkuliertere Medizin,<br />

verbessert langfristig die Wettbewerbsfähigkeit <strong>und</strong> trägt letztlich zum Erhalt von Arbeitsplätzen<br />

in unserem Ges<strong>und</strong>heitswesen bei.<br />

3.2 Qualitätsmanagement <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitssektorreform: Neue Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an den Krankenhausbetrieb in Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

Wolfgang Bichmann, Kreditanstalt für Wie<strong>der</strong>aufbau (KfW)<br />

Ges<strong>und</strong>heitssektorreformen fanden im vergangenen Jahrzehnt in Län<strong>der</strong>n mit völlig unterschiedlichen<br />

ökonomischen <strong>und</strong> politischen Systemen, in Entwicklungs- <strong>und</strong> Transformationslän<strong>der</strong>n<br />

wie auch in entwickelten marktwirtschaftlichen Systemen statt. Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> sektorpolitischen Fachdiskussion stand dabei die Umstrukturierung <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitsversorgungs-<br />

<strong>und</strong> Finanzierungssysteme unter den Gesichtspunkten <strong>der</strong> Effizienzsteigerung<br />

<strong>und</strong> Kostenkontrolle sowie Dezentralisierung <strong>der</strong> Entscheidungsgewalt <strong>und</strong> "Stakehol<strong>der</strong><br />

Participation".<br />

Ges<strong>und</strong>heitssektorreformen befassten sich zunächst mit legalen <strong>und</strong> Finanzierungsaspekten<br />

des Gesamtsystems, in den letzten Jahren wird aber auch die Verbesserung des Qualitätsmanagements<br />

zunehmend zum Thema, da <strong>der</strong> Output <strong>der</strong> Systeme - mit <strong>und</strong> ohne Reform -<br />

nicht zufriedenstellend ist. Qualitätsmanagement im Ges<strong>und</strong>heitssektor wurde so auch zum<br />

wichtigen Thema für Ges<strong>und</strong>heitssysteme in Entwicklungslän<strong>der</strong>n. Unterschiedliche Interessengruppen<br />

("Stakehol<strong>der</strong>s") definieren dabei die "Qualität" <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heits-Dienstleistungen<br />

o<strong>der</strong> des Versorgungssystems anhand unterschiedlicher Kriterien: die professionellmedizinische<br />

Sichtweise <strong>der</strong> Vertreter des Dienstleistungsangebots weicht dabei oft von <strong>der</strong><br />

Sicht <strong>der</strong> Nutzer / Nachfrager <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> finanzierenden Institution ab - ein von <strong>der</strong><br />

sozialwissenschaftlich orientierten Ges<strong>und</strong>heitssystemforschung gut untersuchtes Problem,<br />

das sich in vielen Entwicklungslän<strong>der</strong>n in einer unzureichenden Nutzung bestehen<strong>der</strong><br />

Dienstleistungsangebote des Ges<strong>und</strong>heitswesens durch bedürftige Zielgruppen nie<strong>der</strong>schlägt.<br />

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<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Die Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit des Versorgungssystems wurde früher in erster Linie<br />

durch Verbesserung des Zugangs <strong>und</strong> mit Maßnahmen <strong>der</strong> Humanressourcenentwicklung -<br />

Aus- <strong>und</strong> Fortbildung in technisch-medizinischen <strong>und</strong> administrativen Fähigkeiten sowie im<br />

Management - angestrebt. Als ergänzende Maßnahmen sind inzwischen strukturelle Systemän<strong>der</strong>ungen<br />

(beispielsweise das Angebot standardisierter, kosteneffizienter Leistungspakete;<br />

Angebotsmix durch Public Private Partnership; verstärkte Partizipation <strong>der</strong> Zielgruppen<br />

<strong>und</strong> zivilgesellschaftlichen Organisationen; Aufbau geeigneter Finanzierungsmechanismen<br />

zur Risikovorsorge; Incentivestrukturen) durch Sektorreformen initiiert worden. Dabei spielt<br />

stets auch die Aufgabe <strong>der</strong> Sicherstellung eines angemessenen Angebots für die ärmeren<br />

Bevölkerungsschichten <strong>und</strong> seine Finanzierung eine wichtige Rolle ("equity").<br />

Die Aufgaben <strong>der</strong> Regierung, vertreten durch die Ges<strong>und</strong>heitsbehörden, wandeln sich in<br />

vielen Län<strong>der</strong>n im Zuge <strong>der</strong> Durchführung von Sektorreformmaßnahmen: Ges<strong>und</strong>heitsministerien<br />

geben Dienstleisterfunktionen teilweise ab <strong>und</strong> konzentrieren sich stärker auf Richtlinienfunktionen<br />

<strong>und</strong> Überwachungsaufgaben. Ges<strong>und</strong>heitsdienste erhalten im Rahmen <strong>der</strong><br />

stattfindenden Dezentralisierung größere Autonomiegrade.<br />

Als Reaktion auf den finanziellen Ressourcenmangel wurde in vielen Län<strong>der</strong>n versucht durch<br />

überstürzte Privatisierung bzw. durch Dezentralisierung <strong>und</strong> Gewährung von finanzieller<br />

Autonomie an ehemals budgetfinanzierte staatliche Krankenhäuser das kurative Versorgungsangebot<br />

im Ges<strong>und</strong>heitssektor aufrechtzuerhalten, ohne dass konkrete Durchführungsbestimmungen<br />

entwickelt worden wären. Die Ges<strong>und</strong>heitsministerien <strong>und</strong> -behörden<br />

waren <strong>und</strong> sind zumeist auf die neue Rolle einer Instanz mit Richtlinien- <strong>und</strong> Kontrollfunktion<br />

für die Regelung des Sektors <strong>und</strong> seiner Finanzierung nicht vorbereitet.<br />

Perspektiven <strong>der</strong> Entwicklung von Qualitätsmanagementsystemen:<br />

In den letzten Jahren wurde daher Qualitätsmanagement durch die Neu- <strong>und</strong> Redefinition<br />

von Normen <strong>und</strong> Standards sowie durch sukzessive Einführung von Akkreditierungs- <strong>und</strong><br />

Zertifizierungsmechanismen zum wichtigen Thema <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitssystem-Entwicklung.<br />

Dieser Prozess muss flexibel gestaltet werden, er erfor<strong>der</strong>t die Einplanung angemessener<br />

Übergangsregelungen, z. B. durch ein Angebot mehrstufiger Akkreditierungssysteme im<br />

Zeitverlauf. Gleichzeitig sollte <strong>der</strong> Aufbau von Qualitätsmanagementsystemen auch Anreizelemente<br />

(z. B. in Form von staatlichen Zuschüssen für erfolgreiche Institutionen) vorsehen,<br />

aber auch die Überprüfung akkreditierter Institutionen bzw. eine Neu-Zertifizierung nach<br />

einem gewissen Zeitraum.<br />

Nicht zuletzt muss durch Evaluierung <strong>der</strong> Dienstleistungsqualität <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitsversorgungssysteme<br />

sichergestellt werden, dass QM-Maßnahmen nicht zum Selbstzweck werden,<br />

son<strong>der</strong>n einen Beitrag zur Qualitätsverbesserung aus Sicht <strong>der</strong> wichtigsten „Stakehol<strong>der</strong>“<br />

leisten!<br />

114


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

4. Verknüpfung von Zivilgesellschaft <strong>und</strong> Staat:<br />

Eine Herausfor<strong>der</strong>ung für die Jugendför<strong>der</strong>ung<br />

Dr. Hans-Heiner Rudolf <strong>und</strong> Inka Richter, GTZ – Arbeitsfeld: Bildung, Wissenschaft,<br />

Jugend<br />

4.1 Ausgangsüberlegungen <strong>und</strong> Ziel<br />

Die GTZ unterstützt seit einigen Jahren Vorhaben, die die Netzwerkbildung von Jugendorganisationen<br />

för<strong>der</strong>n. Durch die verbesserte Abstimmung zwischen unterschiedlichen Trägern<br />

wie Stadtverwaltung, Jugendrat, Universität o<strong>der</strong> Privatwirtschaft werden Dienstleistungen<br />

für die Jugend effizienter <strong>und</strong> ökonomischer genutzt. Dadurch soll einerseits die Leistungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> Trägerinstitutionen <strong>der</strong> Jugendarbeit gestärkt werden, um Einfluss auf die nationale<br />

Jugendpolitik auszuüben <strong>und</strong> so einen Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> strukturellen Rahmenbedingungen<br />

für die Umsetzung von Maßnahmen <strong>der</strong> Jugendför<strong>der</strong>ung zu leisten. An<strong>der</strong>erseits<br />

sollen die Organisationen <strong>der</strong> Jugendarbeit glaubwürdige Mittler <strong>der</strong> Interessen von<br />

Jugendlichen sein <strong>und</strong> diesen die Möglichkeit zur Mitbestimmung geben.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Globalisierung eröffnet <strong>der</strong> Einsatz neuer Technologien in Vorhaben <strong>der</strong><br />

Jugendför<strong>der</strong>ung neue Perspektiven sowohl in <strong>der</strong> nationalen als auch in <strong>der</strong> internationalen<br />

Organisationsfähigkeit. Wird dieses Potential bereits genügend genutzt? Welchen Beitrag<br />

kann die Jugendför<strong>der</strong>ung hinsichtlich <strong>der</strong> “Demokratisierung <strong>der</strong> Informationen" leisten? Wie<br />

können die in <strong>der</strong> Netzwerkför<strong>der</strong>ung gemachten Erfahrungen systematisch erfasst <strong>und</strong> über<br />

nationale <strong>und</strong> regionale Grenzen übertragbar gemacht werden?<br />

Auf diese Fragen versuchten die 40 GTZ-Mitarbeiter<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Mitarbeiter aus dem In- <strong>und</strong><br />

Ausland, Partnerfachkräfte sowie Vertreter<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Vertreter von Nichtregierungs- <strong>und</strong> Regierungsorganisationen,<br />

von Universitäten, Consulting-Unternehmen <strong>und</strong> Jugendliche bei<br />

<strong>der</strong> Fachveranstaltung des Themenfeldes Jugend zumindest ansatzweise Antworten zu finden.<br />

Im Mittelpunkt stand die Analyse <strong>der</strong> praktischen Lösungsansätze verschiedener lateinamerikanischer<br />

Jugendprojekte sowie neuer Ansätze <strong>der</strong> Jugendhilfe in Deutschland.<br />

In seiner Einführungsrede betonte Dr. Hans-Heiner Rudolph, Leiter des Themenfeldes<br />

Jugend, Jugendför<strong>der</strong>ung sei ein sehr sensibles <strong>und</strong> auch politisches Thema, geprägt durch<br />

viele Einerseits <strong>und</strong> An<strong>der</strong>erseits. “Einerseits geht es um die Stärkung zivilgesellschaftlicher<br />

Organisationen, bei denen Jugendliche eine ganz wesentliche Gruppe, wahrscheinlich die<br />

entscheidende Gruppe ausmachen. An<strong>der</strong>erseits brauchen wir aber auch Rahmenbedingungen<br />

<strong>und</strong> einen Staat, <strong>der</strong> sich legitimiert <strong>und</strong> <strong>der</strong> sich nicht angesichts von Privatisierungstendenzen<br />

<strong>und</strong> ähnlichem ganz von seiner Verantwortung verabschiedet. Einerseits brauchen<br />

wir kompetente Mittlerorganisationen, die Jugendliche stärken, Jugendarbeit organisieren<br />

<strong>und</strong> vorantreiben können <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Politikentwicklung mitarbeiten <strong>und</strong> diese prägen.<br />

An<strong>der</strong>erseits ist die Stärkung von Mittlerorganisationen aber auch kein Selbstzweck, denn<br />

das Ziel ist letztendlich die Stärkung von direkter Partizipation Jugendlicher". Eine <strong>der</strong> zentralen<br />

Fragen sei, wie man als Berater einheimischer Organisationen <strong>und</strong> Projekte die Stärkung<br />

von Institutionen im Bereich <strong>der</strong> Jugendför<strong>der</strong>ung so gestalten könne, dass eine<br />

glaubwürdige Politik mit Jugendlichen, die auch von Jugendlichen getragen wird, möglich<br />

sei.<br />

115


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

4.2 Ablauf <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Überlegungen wurden Ansätze <strong>und</strong> Erfahrungen aus den Partnerlän<strong>der</strong>n<br />

Chile, Guatemala <strong>und</strong> Kolumbien sowie aus Deutschland dargestellt <strong>und</strong> diskutiert.<br />

Den Beginn machte Heidrun Gilde, GTZ Guatemala, mit einer kurzen Vorstellung des<br />

Projektes “Integrierte För<strong>der</strong>ung von Jugendlichen in Guatemala". Daran schloss sich eine<br />

knapp zehnminütige Vorstellung <strong>der</strong> guatemaltekischen Theatergruppe “Iqui Balam" an; diese<br />

Truppe ist eine <strong>der</strong> Gruppen, die von dem vorgestellten Projekt unterstützt werden. Thema<br />

des Stückes, das die Jugendlichen extra für diesen Anlass inszeniert hatten, war das<br />

Verhältnis von Jugendgruppen <strong>und</strong> Staat. Im Mittelpunkt ihrer Darbietung stand ein Magier,<br />

an den sich die Rat suchenden jungen Menschen wandten. Dieser erweckte für sie zwei<br />

Puppen zum Leben, die unterschiedliche Lösungsansätze verkörperten. Das Stück wirkte<br />

recht erfrischend auf die Teilnehmer/-<strong>innen</strong> <strong>und</strong> regte offensichtlich ihre Phantasie an.<br />

Die darauf folgende Gruppenarbeit profitierte davon. Es entwickelten sich lebhafte Diskussionen,<br />

in <strong>der</strong>en Verlauf die Assoziationen <strong>und</strong> Gedanken, die das Stück geweckt hatte, zu<br />

Papier gebracht wurden. Zum Beispiel: Ist Capacity Building eine Ausbildung für Magier?<br />

O<strong>der</strong>: Es ist wichtig, dass Jugendliche ihre Interessen vertreten <strong>und</strong> anklopfen auf <strong>der</strong> Suche<br />

nach Unterstützung.<br />

Der zweite Teil bestand aus drei Referaten, in denen Erfahrungen aus zwei weiteren lateinamerikanischen<br />

Län<strong>der</strong>n sowie aus <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland vorgestellt wurden.<br />

- Erfahrungen aus dem Jugendprojekt PAISAJOVEN, Medellín, Kolumbien (Manfred<br />

Marotzke <strong>und</strong> Babette Löwen, GTZ Kolumbien);<br />

- Beispiele <strong>der</strong> Vernetzung von staatlichen Einrichtungen <strong>und</strong> nichtstaatlichen Institutionen<br />

in Deutschland (Ulla Kopp, B<strong>und</strong>esministerium für Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong><br />

Jugend);<br />

- Dialog Staat - Zivilgesellschaft. Strategie des Empowerment am Beispiel des Jugendprojektes<br />

INTERJOVEN (Horst Steigler, GTZ Chile).<br />

Den dritten Teil bildete die etwa halbstündige Abschlussdiskussion, in <strong>der</strong> die Teilnehmer/-<strong>innen</strong><br />

zu klären suchten welche Beratungsansätze dazu beitragen können, dass Institutionen<br />

glaubwürdig mit Jugendlichen umgehen.<br />

4.3 Zusammenfassung <strong>der</strong> Diskussion<br />

Die wesentlichen Elemente für das Empowerment von Jugendlichen sind Kommunikation,<br />

Information <strong>und</strong> Vernetzung.<br />

Dabei sollte Kommunikation im Sinne von grenzüberschreiten<strong>der</strong> Kommunikation stattfinden,<br />

<strong>und</strong> zwar auf zwei Ebenen. Einmal zwischen Jugendlichen beispielsweise aus verschiedenen<br />

Stadtteilen, die sonst nie miteinan<strong>der</strong> Kontakt haben, sich eher feindlich gegenüber stehen.<br />

Zum an<strong>der</strong>en muss im Sinne von Empowerment auch die Kommunikation zwischen<br />

116


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Jugendlichen <strong>und</strong> Organisationen <strong>und</strong> Institutionen, die sich professionell mit dieser Zielgruppe<br />

befassen, verstärkt <strong>und</strong> ausgebaut werden.<br />

Als zweiten wichtigen Punkt identifizierten die Teilnehmer/-<strong>innen</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe die Integration<br />

Jugendlicher in bestehende Einrichtungen. In Chile wurden eigens zu diesem Zweck<br />

so genannte offene Schulen geschaffen. Die Erfahrung zeigt, dass man damit Schul-<br />

Aussteiger wie<strong>der</strong> zurück holen kann.<br />

Allerdings lassen sich Jugendliche nicht so ohne weiteres in etablierte Organisationen <strong>und</strong><br />

Institutionen einbinden, wie sich in Deutschland zeigt. Erst wenn sie einen gewissen Nutzen<br />

für sich erkennen können, sind Jugendliche dazu bereit. Auch <strong>der</strong> Fun-Faktor spielt für sie<br />

dabei zunehmend eine Rolle.<br />

In engem Zusammenhang mit <strong>der</strong> Integration Jugendlicher steht die weitere Professionalisierung<br />

<strong>der</strong> Jugendpromotoren. Dies sei wichtig, weil nur entsprechend qualifiziertes Personal<br />

die für die Arbeit unerlässliche Distanz zur Zielgruppe wahren könne.<br />

Ganz wichtig ist <strong>der</strong> Bereich Information, den man in zwei Teile glie<strong>der</strong>n kann. Der eine ist<br />

<strong>der</strong> verstärkte Informationsaustausch zwischen den einzelnen Organisationen <strong>und</strong> Institutionen,<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ist <strong>der</strong> verbesserte Zugang <strong>der</strong> Jugendlichen zu für sie wichtigen Informationen<br />

mit Hilfe neuer Medien. Das lässt sich mit Internetcafés realisieren, die bei den Jugendlichen<br />

überall gut ankommen. Denn, ohne Information keine Power, wie es ein Teilnehmer<br />

formulierte.<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> verbesserten Information <strong>der</strong> Einrichtungen untereinan<strong>der</strong> gab es ganz konkrete<br />

Vorstellungen. Die landesweite zentrale Sammlung <strong>und</strong> Dokumentation von “Best<br />

Practices" <strong>der</strong> einzelnen Institutionen <strong>und</strong> Organisationen halten alle für ihre eigene Arbeit<br />

hilfreich. Damit würden Informationen erschlossen, die sonst nur lokal o<strong>der</strong> bestenfalls regional<br />

verfügbar sind. Eine sich daraus möglicherweise ergebende stärkere Vernetzung wäre<br />

dann <strong>der</strong> zweite Schritt. Eine solche Sammlung von “Best Practices" könnte beispielsweise<br />

in Form eines Wettbewerbs erfolgen.<br />

Um den Jugendlichen eine echte Partizipation zu ermöglichen, müssen sich die Erwachsenen<br />

von ihren Vorstellungen <strong>und</strong> fertigen Lösungen verabschieden, die sie im Kopf haben.<br />

Und nicht zuletzt muss als Gr<strong>und</strong>lage für politische Verän<strong>der</strong>ungen Vertrauen geschaffen<br />

werden durch gemeinsame Projekte. Das bedeutet konzertierte Aktionen <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Jugendför<strong>der</strong>ung<br />

tätigen Organisationen <strong>und</strong> Institutionen. Dabei kann die Arbeit durchaus auf bestimmte<br />

Brennpunkte konzentriert werden.<br />

4.4 Ergebnisse<br />

Im Zusammenhang mit Jugendför<strong>der</strong>ung bedeutet Capacity Development beson<strong>der</strong>s auch<br />

Empowerment von sozial <strong>und</strong> ökonomisch ausgeschlossenen Jugendlichen. Zentrale Frage<br />

in <strong>der</strong> Arbeitsgruppe war, wie die TZ als Berater von einheimischen Organisationen <strong>und</strong><br />

Projekten die Stärkung von Institutionen im Bereich <strong>der</strong> Jugendför<strong>der</strong>ung so gestalten kann,<br />

dass eine glaubwürdige Politik möglich ist. Wichtige Stichpunkte sind hier:<br />

117


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

- Über Jugendför<strong>der</strong>ung nachzudenken heißt nachzudenken über ein System, in dem <strong>der</strong><br />

Staat seine Rolle wahrnimmt im Sinne von Rahmenbedingungen setzen <strong>und</strong> in dem<br />

Nicht-Regierungsorganisationen aufgr<strong>und</strong> des Subsidiaritätsprinzips mit <strong>der</strong> Durchführung<br />

von konkreten Maßnahmen betraut sind.<br />

- Das Zauberwort heißt Concertación, Netzwerk. In Zeiten knapper werden<strong>der</strong> Gel<strong>der</strong><br />

müssen Staat, Nicht-Regierungsorganisationen <strong>und</strong> Privatwirtschaft verstärkt zusammenarbeiten<br />

<strong>und</strong> Synergien nutzen. Zusammenarbeiten heißt aber auch, Eigeninteressen<br />

aufgeben.<br />

- Empowerment ist <strong>der</strong> eine Schlüsselbegriff für die Erhöhung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von<br />

Menschen <strong>und</strong> Organisationen. Empowerment ist eher ein personaler <strong>und</strong> kollektiver<br />

Prozess, kein Zusatz. Wir sind gut beraten, entwicklungspolitischen Begriffen wie Empowerment,<br />

die häufig s<strong>innen</strong>tleert werden, wie<strong>der</strong> neuen Sinn zu geben.<br />

- Unterstützung von Organisationen <strong>und</strong> Menschen kann immer auch einen Eingriff in <strong>der</strong>en<br />

Lebensumfeld bedeuten, das gilt beson<strong>der</strong>s für arme Jugendliche. Um aus dieser<br />

“Beziehungsfalle" herauszukommen, wie Watzlawick es in seinem Buch “Lösungen"<br />

nennt, auch gerade was das Verhältnis des Beraters zu Organisationen <strong>und</strong> Zielgruppen<br />

anlangt, bedarf es eines neuen Rollenverständnisses. Es muss viel stärker angesetzt<br />

werden an den Selbsthilfepotentialen <strong>der</strong> Zielgruppe <strong>und</strong> an den Bestrebungen, die Legitimität<br />

<strong>und</strong> Plausibilität <strong>der</strong> Arbeit von Mittlerorganisationen (Meso-Ebene) <strong>und</strong> von staatlichen<br />

Rahmensetzungen (Makro-Ebene) zu för<strong>der</strong>n.<br />

Eine ausführliche Dokumentation <strong>der</strong> Arbeitsgruppe ist geson<strong>der</strong>t erhältlich.<br />

5. Gewinnorientierte Dienstleister/-<strong>innen</strong> –<br />

zufriedene Kleinunternehmer/-<strong>innen</strong>?<br />

Der Markt für unternehmerische Dienstleistungen 6<br />

5.1 Prolog<br />

118<br />

Marita Brömmelmeier, GTZ-Arbeitsfeld: Wirtschaftsberatung <strong>und</strong> Handelsför<strong>der</strong>ung<br />

Don Necesito Ayuda, ein peruanischer Kleinunternehmer, nähert sich einer deutschen Reporterin<br />

von Radio BDS, die gerade über eine Veranstaltung im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Eschborner</strong><br />

<strong>Fachtage</strong> berichtet. Es geht um das Thema „Business Development Services (BDS)“ für die<br />

För<strong>der</strong>ung von Klein- <strong>und</strong> Mittelbetrieben in Entwicklungslän<strong>der</strong>n. Die Reporterin nutzt die<br />

Gelegenheit, den „Zielgruppenvertreter“ zu persönlichen Erfahrungen mit Kredit <strong>und</strong> Training<br />

zu befragen. Don Necesito Ayuda berichtet von Krediten, die er von einer NGO zu sehr<br />

großzügigen Bedingungen bekommen hat <strong>und</strong> von Trainingskursen in Buchführung <strong>und</strong><br />

Marketing, die er als Voraussetzung für die Kreditauszahlung absolvieren musste. Dabei<br />

lernte er das Wort Marktsegment, bekam gutes Essen <strong>und</strong> natürlich den Kredit, den er für die<br />

6 Ein herzlicher Dank an die Teilnehmer/-<strong>innen</strong> dieser Diskussionsveranstaltung Dr. Tilman Altenburg,<br />

Roland Gross, Rainer Müller-Glodde, Christian Lempelius <strong>und</strong> Gabriele Trah für ihre fachlichen<br />

Inputs, Joachim Prey für die Mo<strong>der</strong>ation <strong>und</strong> Uwe Weihert für die aktive Mitgestaltung.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Erweiterung seines Lagerbestandes nutzte. Seine Frau erhielt auch einen Kredit im Rahmen<br />

<strong>der</strong> „Gen<strong>der</strong>komponente“. Die „Hilfe“ wurde von <strong>der</strong> Familie wertgeschätzt, führte jedoch<br />

nicht zu einer Verbesserung <strong>der</strong> Geschäftssituation des Tischlerbetriebes. Die NGO verschwand<br />

von <strong>der</strong> Bildfläche, als „die Deutschen“ kein Geld mehr gaben. Don Necesito Ayuda<br />

wird nun an<strong>der</strong>weitig Unterstützung suchen müssen....<br />

5.2 Kontext<br />

Unternehmerische Dienstleistungen entstanden am Tropf von Gebergel<strong>der</strong>n. Man hielt die<br />

Kleinbetriebe für zu arm, um marktgerechte Preise hierfür zu zahlen. Schließlich vollzog sich<br />

eine ideologische Wende im Mikrofinanzsektor: „Marktzinsen“ wurden zur Voraussetzung für<br />

Kostendeckung <strong>und</strong> damit für die Professionalisierung von Finanzinstitutionen sowie <strong>der</strong>en<br />

Einbindung ins Finanzsystem. Die Praxis zeigte, dass die Verknüpfung von Zielgruppenorientierung<br />

<strong>und</strong> Rentabilität erreicht werden kann. Aber: kann auch im Bereich <strong>der</strong> unternehmerischen<br />

nicht-finanziellen Dienstleistungen eine <strong>der</strong>artige „Marktentwicklung" stattfinden?<br />

O<strong>der</strong> haben diese eher den Charakter eines öffentlichen Gutes <strong>und</strong> würde ihre marktmäßige<br />

Allokation deshalb zur Ausgrenzung <strong>der</strong> armen Zielgruppen führen? Außerdem: führt<br />

marktgerechtes „capacity development“ <strong>der</strong> Dienstleistungsanbieter automatisch zur gewünschten<br />

„Kompetenzentwicklung“ <strong>der</strong> Kleinunternehmer/-<strong>innen</strong>?<br />

Diese Fragen wurden aus verschiedenen Blickwinkeln mit kontroversen Thesen von Fachleuten<br />

<strong>und</strong> in einer offenen Diskussion mit dem Publikum behandelt. Im folgenden sollen die<br />

wesentlichen Diskussionsbeiträge zusammenfassend dargestellt werden.<br />

5.3 Der Markt macht es...:“Guidelines“ für Geberinterventionen im Bereich<br />

<strong>der</strong> „Business Development Services (BDS)“<br />

Gabriele Trah 7 gab zunächst einen „historischen“ Überblick über die Entwicklung <strong>der</strong> BDS-<br />

Diskussion in den vergangenen 5 Jahren. Auslöser waren die allgemein konstatierten unbefriedigenden<br />

Resultate <strong>der</strong> internationalen Entwicklungszusammenarbeit in <strong>der</strong> Kleinunternehmensför<strong>der</strong>ung<br />

im Hinblick auf Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Wirksamkeit <strong>der</strong> unternehmerischen<br />

nicht-finanziellen Dienstleistungen. Trainings- <strong>und</strong> Beratungsprogramme für Kleinunternehmen<br />

charakterisierten sich i.d.R. durch eine ausgeprägte Angebotsorientierung <strong>und</strong> damit in<br />

<strong>der</strong> Konsequenz durch geringe Attraktivität <strong>und</strong> Effektivität für die Zielgruppen. Die hohen<br />

Kosten dieser Programme wurden weitgehend mit Gebergel<strong>der</strong>n finanziert, während die Begünstigten<br />

die Leistungen zum Nulltarif o<strong>der</strong> stark subventioniert in Anspruch nehmen konnten.<br />

Damit gab es keine Perspektive, das Angebot an unternehmerischen Dienstleistungen<br />

nachhaltig zu institutionalisieren. Die positiven Erfahrungen im Mikrofinanzbereich veranlassten<br />

das „Geberkomitee“ 8 für Kleinunternehmensför<strong>der</strong>ung auch für den Bereich <strong>der</strong><br />

„nicht-finanziellen“ Dienstleistungen marktmäßige Allokationsmechanismen <strong>und</strong> - vor allem -<br />

marktkonforme Strategien für Geberinterventionen zu entwickeln. Dieses Vorhaben kulminierte<br />

vorläufig in <strong>der</strong> Erarbeitung eines „Blue Book“, das die wesentlichen Annahmen, Prinzipien<br />

<strong>und</strong> Orientierungen für die KMU-För<strong>der</strong>ung durch Business Development Services<br />

(BDS) zusammenfasst.<br />

7<br />

Gabriele Trah ist AP des Sektorpilotvorhabens Wirtschafts- <strong>und</strong> Beschäftigungsför<strong>der</strong>ung.<br />

8<br />

Offizielle Bezeichnung: Committee of Donor Agencies for Small Enterprise Development (Weltbank,<br />

USAID, GTZ, ILO u. a.).<br />

119


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Was versteht man unter BDS?<br />

Unternehmerische Dienstleistungen können gr<strong>und</strong>sätzlich differenziert werden nach<br />

- „Transactions-related services“, d.h. Dienstleistungen, die den betrieblichen Ablauf erleichtern<br />

(externe Buchhaltung, Steuerberatung, Marktinformation, Unterstützung bei <strong>der</strong><br />

Erfüllung von administrativen <strong>und</strong> rechtlichen Verfahren wie Exportabwicklung, Zollformalitäten,<br />

Unternehmensregistrierung);<br />

- „Strategic services“, d. h. Dienstleistungen, die auf Entwicklung <strong>und</strong> Wachstum des Unternehmens<br />

ausgerichtet sind (Managementtraining, strategische Planung, Beratung für<br />

die Erstellung von Geschäftsplänen, Produktdesign <strong>und</strong> Marketing etc.).<br />

Während die transaktionsorientierten Dienstleistungen schon immer über den Markt vermittelt,<br />

d. h. bezahlt wurden, fielen die „eigentlichen BDS“, d. h. die strategischen Dienstleistungen<br />

i. d. R. unter die Kategorie <strong>der</strong> nicht-marktfähigen. Sie wurden damit zum Gegenstand<br />

<strong>der</strong> Entwicklungshilfe o<strong>der</strong> zur staatlichen Aufgabe. Die neuere BDS-Diskussion will gerade<br />

hier einen Kontrapunkt setzen. Der „Paradigmenwechsel“ basiert auf folgenden Annahmen<br />

<strong>und</strong> Prinzipien:<br />

- Glaube an die Marktwirtschaft: <strong>der</strong> Staat soll regulierende Funktionen übernehmen, aber<br />

keine Dienstleistungen erbringen;<br />

- Die Mehrzahl <strong>der</strong> BDS sind private Güter;<br />

- Unter <strong>der</strong> Voraussetzung geeigneter Produkte, Vertriebswege <strong>und</strong> Zahlungsmodi können<br />

BDS auf kommerzielle Weise angeboten werden, auch für untere Einkommenssegmente<br />

von Kleinunternehmen.<br />

Die Effizienz des Allokationsmechanismus Markt basiert auf dem Vertrauen in die Signalfunktionen<br />

des Preises für die unternehmerischen Dienstleistungen. Das bedeutet, wenn<br />

Kleinunternehmer/-<strong>innen</strong> nicht bereit sind, für einen Trainingskurs, eine Beratung o<strong>der</strong> eine<br />

Information zu bezahlen, ist dies ein Indikator für die geringe Attraktivität des Produktes.<br />

Hieraus ergeben sich Konsequenzen für Geberinterventionen zur För<strong>der</strong>ung des KMU-Sektors.<br />

Die Funktion des Preises soll über För<strong>der</strong>programme nicht ausgehebelt, son<strong>der</strong>n gestärkt<br />

werden. Die wichtigste Schlussfolgerung in <strong>der</strong> Überwindung <strong>der</strong> Marktverzerrungen<br />

betrifft den gezielten Abbau von Subventionen an Dienstleistungsanbieter. Hingegen sollten<br />

Subventionen nur eingesetzt werden mit dem Ziel <strong>der</strong> Entwicklung von Dienstleistungsmärkten,<br />

beispielsweise über die kurzfristige Stärkung <strong>der</strong> Angebots- o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Nachfrageseite.<br />

Positive Erfahrungen mit Interventionen zur Entwicklung von Dienstleistungsmärkten<br />

über die Nachfrageseite gibt es beispielsweise mit den Gutscheinprogrammen in Paraguay<br />

o<strong>der</strong> Nicaragua, die den einkommensschwachen Nutzern von BDS den Zugang zu den<br />

Angeboten erleichtern <strong>und</strong> gleichzeitig auch ein Werbeinstrument darstellen, um die Nachfrage<br />

zu stimulieren.<br />

Mit <strong>der</strong> Fokussierung auf die Anreizfunktion von Subventionen, müssen diese an eine klare<br />

„Ausstiegsstrategie“ aus <strong>der</strong> monetären För<strong>der</strong>ung von BDS gekoppelt sein, die für Anbieter<br />

(Verbände, NGO, Consultings) <strong>und</strong> auch für die Nachfrager (Unternehmen) kalkulierbar ist.<br />

120


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Subventionen sollen Marktentwicklung stimulieren, nicht aber „Institution“ werden. Hingegen<br />

sollten Geber auf <strong>der</strong> „facilitator“- Ebene agieren, <strong>und</strong> solche Institutionen för<strong>der</strong>n, welche die<br />

Rahmenbedingungen für die Entwicklung von privaten Dienstleistungsmärkten verbessern,<br />

z. B. über den Zugang zu Information <strong>und</strong> Qualifizierung für die gesamte Angebotsseite. Damit<br />

verlassen die Geber tendenziell die gezielte Einwirkung auf einzelne Dienstleister, eng<br />

definierte Zielgruppen (z. B. Frauen, produktives Kleingewerbe etc.) <strong>und</strong> qualitativ besetzte<br />

Ergebnisse auf Unternehmensebene.<br />

Eine positive Wirkung auf die Marktentwicklung für BDS, <strong>und</strong> damit die erwünschte Breitenwirkung,<br />

kann nur erreicht werden, wenn alle Geber koordiniert vorgehen <strong>und</strong> marktverzerrende<br />

Interventionen auf <strong>der</strong> Mikroebene komplett einstellen. Ein solcher För<strong>der</strong>ansatz<br />

setzt auch voraus, dass marktorientierte Anbieter von BDS für Kleinunternehmen existieren<br />

<strong>und</strong> unter transparenten Bedingungen Zugang zur För<strong>der</strong>ung haben. Nicht-marktorientierte<br />

Anbieter, die aus sozialer o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Motivation heraus agieren, sind keine geeigneten<br />

Partner, da sie die Nachhaltigkeit des Dienstleistungsangebotes nicht garantieren.<br />

Das Thema Markt für unternehmerische Dienstleistungen charakterisiert sich durch den<br />

Charme, <strong>der</strong> auch dem Mikrofinanzsektor innewohnt: Ausrichtung auf klare institutionelle <strong>und</strong><br />

finanzielle Nachhaltigkeit des Dienstleistungsangebotes, Breitenwirkung durch Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Zugangsvoraussetzungen zu Märkten, Abkehr von Paternalismus <strong>und</strong> Assistenzialismus....<br />

Die erfolgreiche Umsetzung dieser Strategie hängt jedoch wesentlich davon ab, wie das<br />

Umfeld des „Dienstleistungsmarktes“ strukturiert ist:<br />

- Rahmenbedingungen für die Entwicklung des KMU-Sektors;<br />

- Volumen, Differenzierung <strong>und</strong> Qualität des Dienstleistungsangebotes;<br />

- Artikulationsfähigkeit <strong>der</strong> Nachfrageseite, d. h. <strong>der</strong> Unternehmen.<br />

5.4 Rahmenbedingungen <strong>und</strong> die Rolle von Staat <strong>und</strong> Privatwirtschaft für<br />

die Entwicklung <strong>der</strong> KMU<br />

Die Betrachtung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen für KMU-Entwicklung <strong>und</strong> eine realistische Rollenverteilung<br />

zwischen Staat <strong>und</strong> Privatwirtschaft relativiert den ungebrochenen Glauben an<br />

den Allokationsmechanismus Markt <strong>und</strong> den „Automatismus“ <strong>der</strong> von den BDS-Vertretern<br />

gefor<strong>der</strong>ten Neuorientierung <strong>der</strong> Geberinterventionen.<br />

Nach Altenburg liegt ein wesentlicher Gr<strong>und</strong> für die geringe Wettbewerbsfähigkeit von KMU<br />

in Entwicklungslän<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> zu wenig arbeitsteiligen Unternehmensstruktur sowie <strong>der</strong> geringen<br />

Produktivität <strong>und</strong> Innovationsfähigkeit <strong>der</strong> Unternehmen. Deshalb ist die Nachfrage<br />

nach differenzierten <strong>und</strong> spezialisierten Dienstleistungen i. d. R. gering. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite hätte die Entwicklung eines Angebotes unternehmensbezogener Dienstleistungen eine<br />

positive Wirkung auf die Effizienz des gesamten Produktionssystems. Aus dieser Hypothese<br />

kann die Schlussfolgerung abgeleitet werden, dass <strong>der</strong> KMU-Sektor eine entwicklungspolitische<br />

Bedeutung hat (Beschäftigung, nachhaltige Wirtschaftsstrukturen) <strong>und</strong> in seiner Gesamtheit<br />

nicht genügend dynamisch ist, um stimulierend auf die Entwicklung des Angebots<br />

121


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

an DL zu wirken. Deshalb haben diese Dienstleistungen teilweise den Charakter eines<br />

öffentlichen Gutes; ihre För<strong>der</strong>ung - <strong>und</strong> Finanzierung – ist ordnungspolitisch gerechtfertigt.<br />

Das häufig zitierte Argument, dass auch in Industrielän<strong>der</strong>n wie Deutschland BDS gewöhnlich<br />

nicht kostendeckend, son<strong>der</strong>n sogar mit einem hohen Subventionsanteil, erbracht werden,<br />

lässt daran zweifeln, dass in EL <strong>der</strong>en marktmäßige Erbringung möglich sein soll. Hinzu<br />

kommt ein großer Unterschied in den För<strong>der</strong>systemen, <strong>der</strong> Verfügbarkeit von Ressourcen<br />

<strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Rolle des Kammer- <strong>und</strong> Verbandswesens, welches in EL viel weniger<br />

flächendeckend strukturiert <strong>und</strong> nicht mit hoheitlichen Aufgaben ausgestattet ist.<br />

Ausgehend von <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen für KMU spielt die Verfügbarkeit<br />

von BDS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en marktkonforme Erbringung (Eigenbeiträge <strong>der</strong> Unternehmen, Stärkung<br />

privater Anbieter) eine wichtige Rolle für den Sektor <strong>und</strong> ordnet sich ein in die Betrachtung<br />

<strong>der</strong> Gesamtstruktur des Sektors <strong>und</strong> des För<strong>der</strong>systems. Sektorpolitische Strategien, wie<br />

Exportför<strong>der</strong>ung, Investitionserleichterungen, Regionalentwicklung, Cluster, Zugang <strong>der</strong><br />

KMU zu öffentlichen Ausschreibungen, Existenzgründungen, Technologie- <strong>und</strong> Innovationsför<strong>der</strong>ung<br />

bilden den Rahmen für die Entwicklung <strong>und</strong> För<strong>der</strong>ung von BDS-Märkten. Dienstleistungen<br />

entwickeln sich i. d. R. um <strong>der</strong>artige Themen o<strong>der</strong> För<strong>der</strong>strategien herum <strong>und</strong><br />

nicht als isolierte „Produkte“. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> – so die These von Altenburg – sollen<br />

BDS tendenziell nach kommerziellen Gesichtspunkten erbracht werden, insbeson<strong>der</strong>e sollten<br />

Subventionen eher an private Anbieter <strong>und</strong> nicht an öffentliche Strukturen kanalisiert<br />

werden. Die finanzielle Nachhaltigkeit ist jedoch bei <strong>der</strong> gegebenen Anbieterstruktur (Kammern,<br />

Verbände, NGO) nicht zu erwarten bzw. ein <strong>der</strong>artiger Anspruch würde kein hinreichend<br />

differenziertes <strong>und</strong> qualitativ hochwertiges Dienstleistungsangebot hervorbringen,<br />

welches für die Erhöhung <strong>der</strong> Wettbewerbsfähigkeit des Sektors erfor<strong>der</strong>lich ist.<br />

5.5 Wer sind die Anbieter von unternehmerischen Dienstleistungen?<br />

Eine differenzierte Betrachtung <strong>der</strong> Angebotsseite für unternehmerische Dienstleistungen im<br />

weiteren Sinne („transactional BS“ <strong>und</strong> „strategic BDS“) kann hilfreich sein, um die Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong> Nachhaltigkeit von BDS von dieser Seite her zu beleuchten. Eine wesentliche Kritik<br />

von Lempelius an <strong>der</strong> BDS-Diskussion bezieht sich auf das enge Verständnis von unternehmerischen<br />

Dienstleistungen. Häufig werden diese gleichgesetzt mit Fortbildung <strong>und</strong> Beratung;<br />

die Anbieter sind folglich Kammern <strong>und</strong> Verbände, NGO <strong>und</strong> Consultingfirmen. Die<br />

von Lempelius vorgeschlagene Kategorisierung ist weit reichen<strong>der</strong>:<br />

a. Das „Establishment“<br />

Hierzu gehören etablierte Dienstleister für private Unternehmen, wie z. B. Speditionen, Steuerberater,<br />

freiberufliche Buchhalter, Versicherer, Rechtsanwälte, Lieferanten, Transporteure,<br />

Werbefachleute, Fachverbände <strong>und</strong> Exportvereinigungen, Verlage, Radiosen<strong>der</strong>, Auskunfteien,<br />

soziale Vereinigungen wie Lions o<strong>der</strong> Rotary Club sowie die gesamte Palette <strong>der</strong><br />

Finanzdienstleister (von Banken bis zu Geldverleihern).<br />

122


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

b. Die „Profit-making Newcomers“<br />

Neue Dienstleister r<strong>und</strong> um den Medienbereich <strong>und</strong> Informationstechnologien haben den<br />

Dienstleistungsmarkt bereichert um profitable Produkte, die gleichzeitig auch zur Dynamisierung<br />

von Branchen beitragen. Hierzu zählen u.a. Computer Training, Internet Service Provi<strong>der</strong>,<br />

Sprachschulen (mediengestützt, distant-learning), e-commerce Broker, Innovationsberater,<br />

Marktforscher, Ausstellungsberatung, Handy Agenten.<br />

c. Die „Ewig Subventionierten“<br />

Diese umfassen die traditionell von <strong>der</strong> EZ geför<strong>der</strong>ten Dienstleister, <strong>der</strong>en „Produkte“ für die<br />

Zielgruppe KMU tendenziell als „öffentliche Güter“ interpretiert werden: technische <strong>und</strong> unternehmerische<br />

Aus- <strong>und</strong> Fortbildung, Seminarveranstalter, KMU-Beratungen, Informationsvermittler,<br />

Produktentwickler <strong>und</strong> Designberater, Organisationsberatung <strong>und</strong> Teambuilding,<br />

industrial districts, Handwerkskammern <strong>und</strong> Dienstleistungszentren.<br />

Es wird vermutet, dass die Mehrzahl aller so verstandener Dienstleistungen (Kategorien<br />

a) <strong>und</strong> b) zu Marktpreisen verkauft werden – in erster Linie diejenigen, die den Betriebsablauf<br />

unterstützen <strong>und</strong> diejenigen, die erfor<strong>der</strong>lich sind, um Auflagen zu erfüllen. Ein Markt für<br />

unternehmerische Dienstleistungen existiert also. Das Problem <strong>der</strong> permanenten Subventionierung<br />

durch staatliche o<strong>der</strong> internationale Institutionen konzentriert sich, wie schon<br />

erwähnt, auf das Angebot an BDS (strategische DL). Nach Lempelius liegt das Problem auf<br />

zwei Ebenen:<br />

- Die verzerrten subventionierten Strukturen haben unattraktive Dienstleistungen für KMU<br />

hervorgebracht, die an <strong>der</strong> Nachfrage <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kaufkraft <strong>der</strong> Unternehmen vorbeigehen;<br />

- Diese Strukturen haben nicht-marktorientiertes Verhalten <strong>der</strong> Dienstleister produziert.<br />

Eine Strategie, diese Anbieter in den Markt einzubinden, müsste bei <strong>der</strong> Produktentwicklung<br />

ansetzen, aber auch bei <strong>der</strong> Einbeziehung gewinnorientierter Dienstleister in die Anbieterstrukturen.<br />

Denkbar sind Strategien wie das „downgrading“ von professionellen Consultingfirmen<br />

(analog zu Strategien <strong>der</strong> Institutionalisierung von Mikrokrediten) o<strong>der</strong> die Vernetzung<br />

von unterschiedlichen Anbietern von Dienstleistungen mit staatlichen bzw. externen För<strong>der</strong>strukturen.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die Bildung von (lokalen) Dienstleistungsnetzwerken für Kleinunternehmen<br />

auf <strong>der</strong> Basis von Effizienzkriterien <strong>und</strong> Synergien scheint ein vielversprechen<strong>der</strong><br />

Ansatz für die Ausweitung von BDS-Märkten zu sein.<br />

5.6 Kommerzialisierung des Produktes Mikrokredit –<br />

lessons learned for BDS<br />

Wenn wir die „lessons learned“ aus dem Mikrofinanzbereich <strong>der</strong> aktuellen BDS-Diskussion<br />

gegenüberstellen, erkennen wir Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen <strong>der</strong> Übertragbarkeit <strong>der</strong> Erfahrungen.<br />

Gross kondensierte diese Erfahrungen in folgenden Thesen:<br />

- Die Vergabe von Klein(st)-krediten ist nur dann rentabel, wenn es gelingt ein Höchstmaß<br />

an Effizienz zu erzielen;<br />

123


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

- Eine Klarheit <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ungsgr<strong>und</strong>sätze erleichtert die Diskussion um Rahmenbedingungen<br />

<strong>und</strong> hilft den Partnerinstitutionen;<br />

- Je klarer die Vision <strong>und</strong> die Geschäftspolitik einer Finanzinstitution, desto eher kann<br />

Nachhaltigkeit erzielt werden. Eine Vermischung von Aufgaben <strong>und</strong> Geschäftsbereichen<br />

behin<strong>der</strong>t diesen Prozess;<br />

- Institutionelle Nachhaltigkeit ist erst nach längerer Anlauf-/För<strong>der</strong>ungsphase zu erwarten;<br />

- Der Durchbruch <strong>der</strong> Mikrofinanzinstitutionen beginnt mit dem Massengeschäft.<br />

Hier werden genau die Punkte angesprochen, die Mikrokredit von BDS unterscheiden: unternehmerische<br />

nicht-finanzielle Dienstleistungen sind eher spezialisierte <strong>und</strong> keine Massenprodukte.<br />

Das Produkt „Mikrokredit“ bezeichnet üblicherweise die kurzfristige Finanzierung<br />

von Umlaufkapital (überwiegend im Handelssektor), das aufgr<strong>und</strong> seiner Charakteristika profitabel<br />

vermarktet werden kann. Differenzierte Finanzprodukte für an<strong>der</strong>e Zielgruppen <strong>und</strong><br />

Verwendungszwecke (z. B. Investitionsfinanzierung für KMU) unterliegen ähnlichen Beschränkungen<br />

wie BDS. Sie treffen auf eine heterogene Nachfrage, sind aufgr<strong>und</strong> ihrer inhärenten<br />

Risiken teuer <strong>und</strong> damit gerade für Kleinunternehmen o<strong>der</strong> Existenzgrün<strong>der</strong> nicht zugänglich<br />

bzw. benötigen einen zusätzlichen „För<strong>der</strong>input“. Es entsteht keine Massennachfrage<br />

wie bei Mikrokredit.<br />

Die Erfahrung <strong>der</strong> Mikrofinanzierung liefert weitere wichtige Erkenntnisse: Sie zeigt, dass<br />

auch Kleinstunternehmen in <strong>der</strong> Lage sind für Produkte ihrer Präferenz Marktpreise zu zahlen,<br />

dass die Institutionalisierung dieses Angebotes gelingt <strong>und</strong> dass darüber hinaus die<br />

Strategie des „downscaling“ von Geschäfts- o<strong>der</strong> Staatsbanken möglich ist, wenn entsprechende<br />

(„intelligente“) Anreize gesetzt werden <strong>und</strong> den Banken damit neue <strong>und</strong> profitable<br />

Geschäftsfel<strong>der</strong> eröffnet werden können.<br />

5.7 Artikulationsfähigkeit <strong>der</strong> Nachfrageseite im BDS-Markt<br />

Rainer Müller-Glodde 9 lenkt den Blick schließlich auf die an<strong>der</strong>e Seite <strong>der</strong> Marktteilnehmer:<br />

die Nachfrager nach Dienstleistungen, also Unternehmer/-<strong>innen</strong>, Inhaber/-<strong>innen</strong> von KMU<br />

<strong>und</strong> Handwerksbetrieben sowie auf die Rolle von Kammern <strong>und</strong> Verbänden.<br />

Bei <strong>der</strong> Analyse von Märkten wird häufig die „Nachfrage“ als gegeben angenommen. Dies ist<br />

bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Zielgruppen des KMU-Sektors jedoch eher eine zusätzliche Variable.<br />

Laut Müller-Glodde liegt eine wesentliche Entwicklungsbeschränkung dieser Zielgruppen<br />

darin, dass sie nicht gelernt haben zu lernen, deshalb isoliert handeln, wenig neue Ideen<br />

entwickeln <strong>und</strong> ihre Konkurrenten als persönliche Feinde betrachten. Misstrauen <strong>und</strong> Abschottung<br />

erschweren eine offene <strong>und</strong> differenzierte Problemanalyse; Kleinunternehmer/-<strong>innen</strong><br />

neigen dazu, die Ursachen ihrer Probleme außerhalb des Unternehmens zu suchen<br />

<strong>und</strong> sich unrealistische Ziele zu stecken. Die Schlüsselfrage ist demnach: Wie stimuliert<br />

man Lern- <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozesse in den Personen <strong>und</strong> in den Unternehmen?<br />

9 Rainer Müller-Glodde ist Berater des Partnerschaftsprojektes F<strong>und</strong>ação Empreen<strong>der</strong>, SC, Brasilien,<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Handwerkskammer für München <strong>und</strong> Oberbayern<br />

124


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Müller-Glodde vertritt die These, dass KMU sich nur für die Diskussion um Bedarfe öffnen,<br />

die sie selbst in subjektiver Form wahrnehmen <strong>und</strong> nicht auf ein von außen an sie herangetragenes<br />

Angebot. Hieraus leitet er zwei zentrale Thesen ab:<br />

1. Die Identifikation von Problemen, Bedarf <strong>und</strong> die folgende Nachfrage nach Dienstleistungen<br />

ist Ergebnis eines Kommunikationsprozesses des Kleinunternehmers mit an<strong>der</strong>en<br />

Personen/Institutionen <strong>und</strong> nicht <strong>der</strong> Beginn.<br />

2. Ein Kleinunternehmen nimmt – auch in Deutschland – kommerzielle Dienstleistungen<br />

nicht unmittelbar in Anspruch, weil die Zuordnung von Input (Kosten) <strong>und</strong> Output (Nutzen)<br />

- unklar, nicht vorstellbar;<br />

- unsicher<br />

- <strong>und</strong> damit ökonomisch hoch riskant ist.<br />

Ein/-e Kleinunternehmer/-in nimmt die Dienstleistung nicht deshalb nicht in Anspruch, weil<br />

er/sie zu „arm“ ist.<br />

Konsequenterweise muss dann ein Dienstleistungssystem zweistufig operieren <strong>und</strong> auf zwei<br />

unterschiedlichen Arten von Anbietern/Mittlern aufgebaut sein:<br />

- Institutionen <strong>der</strong> KMU (Selbsthilfeinstitutionen, Verbände), die ihre Dienstleistungen pauschal<br />

über Beiträge finanzieren, übernehmen tendenziell die Beratung bis zur Problemidentifikation;<br />

- Kommerzielle Anbieter, individuell finanziert, bieten Problemlösungen an.<br />

In dieser zweistufigen Arbeitsteilung wirken beide Typen von Dienstleistungen komplementär<br />

<strong>und</strong> können finanziert werden, sowohl für die Zielgruppen als auch für die Anbieter. Müller-<br />

Glodde geht sogar soweit zu postulieren, dass ohne effizient funktionierende Verbände <strong>der</strong><br />

KMU mit Dienstleistungsorientierung auch keine gewinnorientierten Dienstleister für KMU<br />

existieren können, da erstere die Artikulation eines diffusen Bedarfs in eine kaufkräftige<br />

Nachfrage unterstützen.<br />

Die Rolle von KMU-Verbänden in Entwicklungslän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> ihr Potential ist durchaus umstritten<br />

<strong>und</strong> wird kontrovers diskutiert. Die von Müller-Glodde propagierte Rollenverteilung<br />

<strong>und</strong> Vernetzung hat jedoch in verschiedenen TZ-unterstützten Projekten zu sichtbaren Erfolgen<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Konkurrenz- <strong>und</strong> Organisationsfähigkeit von KMU geführt. 10 Auf <strong>der</strong> Basis<br />

dieses Ansatzes gewinnt als För<strong>der</strong>strategie die Organisationsentwicklung von Selbsthilfeeinrichtungen<br />

<strong>der</strong> Privatwirtschaft an Bedeutung gegenüber <strong>der</strong> reinen För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Produktentwicklung,<br />

d.h. <strong>der</strong> Entwicklung innovativer BDS.<br />

10 Siehe Partnerschaftsprojekt F<strong>und</strong>ação Empreen<strong>der</strong>, SC, Brasilien <strong>und</strong> HWK für München <strong>und</strong><br />

Oberbayern; KMU-För<strong>der</strong>ung in einem Regionalprojekt mit Zimbabwe, Malawi <strong>und</strong> Zambia.<br />

125


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

5.8 Ausblick<br />

Die Frage, ob gewinnorientierte Dienstleister zur Zufriedenheit <strong>und</strong> letztlich Wettbewerbsfähigkeit<br />

von KMU beitragen unterliegt natürlich keinem Automatismus, wie es die strikten<br />

Marktverfechter teilweise vertreten. Die entwicklungspolitische Diskussion um die Institutionalisierung<br />

von Dienstleistungssystemen <strong>und</strong> anreizorientierte Interventionsmechanismen<br />

in <strong>der</strong> KMU-För<strong>der</strong>ung hat jedoch neuen Aufwind erfahren. Für die zukünftige Diskussion<br />

bleiben jedoch noch weitere Fragen, wie z. B.:<br />

- Die För<strong>der</strong>ung von Dienstleistungsmärkten erfor<strong>der</strong>t eine konzertierte Aktion von Gebern<br />

<strong>und</strong> staatlichen Institutionen. Wie kann dies erreicht <strong>und</strong> gewährleistet werden angesichts<br />

<strong>der</strong> Vielzahl von Partikularinteressen <strong>der</strong> Beteiligten?<br />

- Die Rolle von Kammern <strong>und</strong> Verbänden wird kontrovers diskutiert. Sind diese überhaupt<br />

in <strong>der</strong> Lage, die Funktion <strong>der</strong> Artikulation <strong>der</strong> Nachfrage nach Dienstleistungen zu<br />

übernehmen?<br />

- Was bedeutet die BDS-Diskussion für die Gestaltung von TZ-Projekten <strong>der</strong> KMU-För<strong>der</strong>ung,<br />

für Trägerstrukturen <strong>und</strong> För<strong>der</strong>instrumente?<br />

- Unternehmerische Dienstleistungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Aufbau von Dienstleistungsmärkten sind ein<br />

Element <strong>der</strong> KMU-För<strong>der</strong>ung. In welchem Verhältnis steht dies zu sektorpolitischen För<strong>der</strong>strategien<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Gestaltung unternehmensfre<strong>und</strong>licher Rahmenbedingungen? Wie<br />

kann eine ordnungspolitisch gewünschte Steuerung/Gestaltung <strong>der</strong> Wirtschaftsentwicklung<br />

<strong>und</strong> –struktur ohne negative „Wettbewerbsverzerrungen“ erfolgen?<br />

- Welche weitergehenden „lessons“ lassen sich aus den Erfahrungen im Mikrofinanzbereich<br />

ableiten? Wo haben sich hier auch klare Grenzen gezeigt?<br />

6. Gewaltfreie Konfliktbearbeitung: För<strong>der</strong>ung lokaler <strong>und</strong> regionaler<br />

Strukturen <strong>und</strong> Bildung einer Friedenslobby<br />

126<br />

Niels von Keyserlingk, GTZ-Arbeitsfeld: Ernährungssicherung<br />

6.1 Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ziele <strong>der</strong> Veranstaltung<br />

Wenn das Thema „Konfliktbearbeitung“ dieses Jahr in Zusammenhang mit Capacity Development<br />

zur Diskussion gestellt wurde, dann vor allem wegen <strong>der</strong> weltweit zunehmenden<br />

Bedeutung des Themas <strong>und</strong> des nationalen <strong>und</strong> internationalen Interesses im Rahmen <strong>der</strong><br />

Entwicklungspolitik. Das BMZ hatte erst kürzlich im B<strong>und</strong>essicherheitsrat die Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong><br />

Prinzipien für Krisenprävention <strong>und</strong> Konfliktbearbeitung (KPKB) aus seiner Sicht dargestellt<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Entwicklungspolitik bei <strong>der</strong> Bearbeitung des Themas eine entscheidende Rolle zugewiesen.<br />

Die GTZ will in ihre Projektarbeit - komplementär zu Politik <strong>und</strong> Diplomatie - Krisenprävention<br />

<strong>und</strong> Konfliktbearbeitung auf Meso-, Mikro- <strong>und</strong> Makroebene stärker ins Bewusstsein <strong>der</strong> Be-


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

teiligten rücken, um den Erfolg <strong>und</strong> die Nachhaltigkeit des deutschen Beitrags in <strong>der</strong> EZ zu<br />

erhöhen.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> nutzte das Arbeitsfeld „Not- <strong>und</strong> Flüchtlingshilfe“ die <strong>Eschborner</strong><br />

<strong>Fachtage</strong> zu einer Fachdiskussion zwischen GTZ-Mitarbeiter<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Mitarbeitern <strong>und</strong><br />

ausgewiesenen externen Experten. Es sollte aufgezeigt werden, dass gewaltfreie Konfliktbearbeitung<br />

nicht nur auf medienbekannte Konflikte in einigen Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Welt anwendbar,<br />

son<strong>der</strong>n ein allgegenwärtiges Thema <strong>der</strong> TZ ist. So wecken Verän<strong>der</strong>ungen, welche durch<br />

die Projektarbeit ausgelöst werden, häufig Wi<strong>der</strong>stände von gesellschaftlichen Gruppen, die<br />

vom bisherigen System profitiert haben. Daher gehören Konflikte zum Alltag <strong>der</strong> TZ. Bei <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>ung des Themas KPKB geht es darum, Instrumente zu entwickeln, Gruppen <strong>und</strong> Institutionen<br />

zu för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Rahmenbedingungen zu verän<strong>der</strong>n, die es ermöglichen, Konflikte<br />

gewaltfrei auszutragen.<br />

6.2 Gewaltfreie Konfliktbearbeitung aus Sicht verschiedener Akteure<br />

Die Veranstaltung, die auf großes Interesse bei den Teilnehmer/-<strong>innen</strong> <strong>der</strong> <strong>Eschborner</strong><br />

<strong>Fachtage</strong> stieß, begann mit einer kurzen Vorstellung <strong>der</strong> Podiumsgäste. Die fünf Vertreter<strong>innen</strong><br />

<strong>und</strong> Vertreter wichtiger deutscher Institutionen schil<strong>der</strong>ten ihre Erfahrungen <strong>und</strong> Eindrücke<br />

zum Thema Konfliktbearbeitung in Entwicklungslän<strong>der</strong>n.<br />

Herr Buwitt, im Auftrag <strong>der</strong> UN u. a. im Kosovo als Führer <strong>der</strong> internationalen Polizeikräfte<br />

tätig, vertrat die Auffassung, dass <strong>der</strong> Sicherheitssektor eine Schlüsselfunktion bei <strong>der</strong> Krisenprävention<br />

einnimmt. Solange in einer Region keine ausreichende Sicherheit garantiert<br />

werden kann, unterbleiben Investitionen <strong>und</strong> es werden keine Arbeitsplätze geschaffen. Die<br />

damit einhergehende Armut führt zu einer Zunahme von Kriminalität <strong>und</strong> erhöht so das Konfliktpotential.<br />

Hinzu kommt häufig, dass selbst nach einem gewaltsam geführten Konflikt alte<br />

politische Führer mit alten Konzepten <strong>und</strong> Arbeitsmethoden ihre alten Ziele weiterverfolgen<br />

<strong>und</strong> somit bereits in einer postkonfliktiven Phase die Weichen für einen neuen Konflikt gestellt<br />

werden. So ist es dann auch nicht verw<strong>und</strong>erlich, wenn die Arbeit internationaler Institutionen<br />

<strong>und</strong> NGOs weitestgehend wirkungslos bleibt.<br />

Frau Dr. Pfaffenholz von <strong>der</strong> Schweizerischen Friedensstiftung beurteilte das Entstehen vieler<br />

neuer NGOs, die in <strong>der</strong> Konfliktbearbeitung tätig sind, eher kritisch. Zahlreiche NGOs<br />

werden nur deshalb gegründet, weil finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Den immer zahlreicher<br />

werdenden Akteuren fehlt nicht nur ein eigenes Selbstverständnis, sie lassen sich<br />

auch kaum koordinieren.<br />

Frau Paffenholz plädiert für eine generelle Einstellung von Entwicklungszusammenarbeit bei<br />

bewaffneten Auseinan<strong>der</strong>setzungen. „Warlords“ profitieren i. d. R. auf die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Weise von Hilfslieferungen <strong>und</strong> sonstigen Friedensbemühungen <strong>und</strong> haben daher häufig<br />

kein Interesse daran, ihre Kämpfe zu beenden. Durch eine bessere Koordination <strong>der</strong> verschiedenen<br />

nationalen <strong>und</strong> internationalen Akteure könnte eine gewaltfreie Konfliktbearbeitung<br />

effektiver verwirklicht werden. Da die Berührungspunkte zwischen militärischen <strong>und</strong><br />

zivilen Akteuren zunehmen werden, sieht Frau Dr. Pfaffenholz auch hier gute Voraussetzungen<br />

für eine engere Kooperation.<br />

127


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Frau Leonhardt von <strong>der</strong> NGO „International Alert“, die sich auf das Thema Konflikttransformation<br />

spezialisiert hat, bezeichnete es als sehr schwierig, direkt zur Konfliktmin<strong>der</strong>ung beizutragen.<br />

Wichtiger als das Erreichen von konkreten Zielen ist die Unterstützung eines länger<br />

andauernden Prozesses. So kann die Zivilgesellschaft als dauerhafte Friedenslobby aktiv<br />

werden. In ihrer Arbeit legt "International Alert" den Schwerpunkt auf die För<strong>der</strong>ung demokratischer<br />

Strukturen in <strong>der</strong> Zivilgesellschaft <strong>und</strong> auf die Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Privatwirtschaft.<br />

Die Organisation will auch die Umsetzung von politischen Entscheidungen begleiten<br />

<strong>und</strong> einen Beitrag zu demokratischen Prozessen <strong>und</strong> damit zu gewaltfreier Konfliktbearbeitung<br />

leisten.<br />

Herr Dr. Heinrich als Vertreter <strong>der</strong> evangelischen Kirche erläuterte kurz die Rolle <strong>der</strong> Kirchen<br />

in Friedensprozessen. Kirchliche Dienste sind Entwicklungsdienste <strong>und</strong> keine Friedensdienste.<br />

Da aber einige Projekte in Partnerlän<strong>der</strong>n durch Gewalt <strong>und</strong> Konflikte bedroht sind,<br />

engagieren sich lokale Kirchen für dieses Thema. So soll zum einen sichergestellt werden,<br />

dass Entwicklungszusammenarbeit nicht konfliktverschärfend wirkt, zum an<strong>der</strong>en sollen Ansatzpunkte<br />

für eine För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Friedensprozesse identifiziert <strong>und</strong> genützt werden. Im<br />

Gegensatz zu Frau Dr. Pfaffenholz ist Herr Dr. Heinrich nicht <strong>der</strong> Meinung, dass Humanitäre<br />

Hilfe <strong>und</strong> Entwicklungszusammenarbeit während Konflikten generell eingestellt werden sollten.<br />

Es gibt immer Ansätze, um Friedensprozesse zu unterstützen. Voraussetzung dafür ist<br />

allerdings eine langfristige Orientierung.<br />

Hr. OLt. Braunstein arbeitet im B<strong>und</strong>esministerium für Verteidigung konzeptionell seit 1997<br />

im Bereich <strong>der</strong> zivil-militärischen Zusammenarbeit. Auf dem Balkan hat die B<strong>und</strong>eswehr ein<br />

breites Aufgabenspektrum übernommen <strong>und</strong> unterstützt aktiv den Wie<strong>der</strong>aufbau in vielen<br />

Bereichen. So baut sie z. B. Brücken <strong>und</strong> Strassen, betreibt Gefängnisse, organisiert die<br />

Müllabfuhr <strong>und</strong> viele an<strong>der</strong>e „artfremde“ Leistungen. Anstatt dafür eigene Fachleute heranzubilden,<br />

sucht die BW Spezialisten für bestimmte Aufgaben. Hier könnte sich in Zukunft<br />

eine engere Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> GTZ ergeben. Ziel sei es immer, militärische Mittel<br />

möglichst schnell zu reduzieren, bzw. an zivile Stellen zu übergeben. Herr OLt. Braunstein<br />

betont, dass angesichts <strong>der</strong> Vielzahl an Akteuren eine internationale Abstimmung notwendig<br />

sei. Für ihn stellt sich auch die Frage, ob das Engagement sehr vieler Län<strong>der</strong> bei Konflikten<br />

sinnvoll ist, o<strong>der</strong> ob nicht eine Zurückhaltung einzelner Län<strong>der</strong> in bestimmten Situationen<br />

angebrachter wäre. Die Koordination würde dadurch wesentlich vereinfacht <strong>und</strong> vorhandene<br />

Ressourcen könnten gebündelt werden.<br />

6.3 Zusammenfassung <strong>der</strong> Diskussion<br />

In <strong>der</strong> anschließenden von Herrn Dr. Kühne von <strong>der</strong> Stiftung Wissenschaft <strong>und</strong> Politik in<br />

Ebenhausen mo<strong>der</strong>ierten Diskussion wurde deutlich, dass hinsichtlich <strong>der</strong> wesentlichen Fragestellungen<br />

ein breiter Konsens besteht:<br />

- Während sich die Geberkoordination vor Ort in den letzten Jahren verbesserte, findet sie<br />

von den Zentralen aus kaum statt. Hier könnte eventuell eine gemeinsame Informations-,<br />

Strategie- <strong>und</strong> Logistikplanung zu einem effektiveren <strong>und</strong> effizienteren Vorgehen beitragen.<br />

128


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

- Bei Friedensverhandlungen sollten Erwartungen <strong>und</strong> Interessen von Friedensakteuren<br />

<strong>und</strong> Zivilbevölkerung frühzeitig erfasst <strong>und</strong> unterstützt werden. Auf Dauer kann nur die<br />

Zivilbevölkerung die Einhaltung eines Friedensprozesses überwachen.<br />

- Momentan ist es häufig so, dass bewaffnete Gruppen doppelt belohnt werden. Während<br />

<strong>der</strong> Kämpfe erobern sie Ressourcen <strong>und</strong> lassen sich dann die Bereitschaft zu Friedensverhandlungen<br />

teuer bezahlen. Mit diesen Mitteln wird dann nicht <strong>der</strong> Friedensprozess<br />

unterstützt, son<strong>der</strong>n es werden häufig neue Waffen gekauft <strong>und</strong> die Kämpfe fortgesetzt.<br />

- Nach dem Beginn von Friedensverhandlungen sind die Erwartungen <strong>der</strong> Akteure, einschließlich<br />

<strong>der</strong> Zivilbevölkerung sehr hoch – vielleicht zu hoch. Wenn internationale Institutionen<br />

vor Ort sind, sollten sie sofort <strong>und</strong> gut sichtbar mit Implementierungsmaßnahmen<br />

beg<strong>innen</strong>.<br />

- Gewaltfreie Konfliktbearbeitung ist ein Prozess, <strong>der</strong> nicht über kurzfristige Projekte gelingen<br />

kann. Internationale Institutionen sollten daher langfristige Partnerschaften mit lokalen<br />

NGOs eingehen.<br />

- Die Aus- <strong>und</strong> Fortbildung von Mitarbeitern von TZ-Organisationen zum Thema Krisenprävention<br />

<strong>und</strong> Konfliktbearbeitung muss weiter verbessert werden. Über eine Kooperation<br />

auch mit <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr sollte nachgedacht werden.<br />

- In <strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> gewaltfreien Konfliktbearbeitung bieten sich für die TZ Ansatzpunkte<br />

in <strong>der</strong> Verbesserung struktureller Voraussetzungen <strong>und</strong> in <strong>der</strong> systematischen<br />

Erfassung von Erfahrungen. Die TZ kann so einen (kleinen) Beitrag zu inneren <strong>und</strong> äußeren<br />

Rahmenbedingungen leisten, die einen Frieden ermöglichen.<br />

6.4 Fazit: Schlussfolgerungen für die GTZ<br />

In Zukunft wird es für die GTZ zunehmend wichtiger werden, beim Thema „Gewaltfreie Konfliktbearbeitung“<br />

auch international stärker Profil zu gew<strong>innen</strong>. Voraussetzung dafür ist<br />

u. a. eine Rollenklärung <strong>der</strong> GTZ im nationalen Umfeld (BMZ, AA <strong>und</strong> EZ-Institutionen). Berücksichtigt<br />

werden muss ebenfalls, dass die TZ an formale Rahmenbedingungen geknüpft<br />

ist, <strong>der</strong>en Handlungsspielräume noch besser zu nutzen sind. Die weltweit vorhandenen lokalen<br />

GTZ-Strukturen können in dieser Thematik einen wichtigen Beitrag leisten, u. a. vor<br />

Ort Informationsmanagement betreiben, Friedenskapazitäten identifizieren <strong>und</strong> för<strong>der</strong>n,<br />

Kooperationen initiieren.<br />

Mitarbeiter sollten im Umgang mit Konfliktsituationen geschult werden <strong>und</strong> entsprechende<br />

Methoden <strong>und</strong> Instrumente kennen lernen. Um krisenpräventives Arbeiten zu ermöglichen,<br />

sollte dem Erkennen von potentiellen Konfliktsituationen in <strong>der</strong> regulären Projektarbeit beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung zukommen. So z. B. sollte bereits bei <strong>der</strong> Projektprüfung bereits stärker<br />

als bisher auf das Konfliktpotential im zukünftigen Projektumfeld geachtet <strong>und</strong> auf mögliche<br />

Konfliktherde hingewiesen werden.<br />

129


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Aufgabe <strong>der</strong> GTZ ist es nun, ihr bestehendes Portfolio (u. a. Erziehung, Dezentralisierung,<br />

Demokratisierung, Rechtssysteme, Ressourcenschutz, Infrastruktur, Wassersektor) den sich<br />

verän<strong>der</strong>nden Gegebenheiten im Umfeld von Krisen <strong>und</strong> Konflikten anzupassen <strong>und</strong> "konfliktrelevante"<br />

Geschäftsfel<strong>der</strong> (Reform des Sicherheitssektors, Kleinwaffenproblematik, Demobilisierung<br />

<strong>und</strong> Reintegration von Ex-Soldaten) zu entwickeln bzw. weiter auszubauen. In<br />

dieser Thematik wird die zivil-militärische Zusammenarbeit ebenso wie die Kooperation mit<br />

<strong>der</strong> Privatwirtschaft an Bedeutung gew<strong>innen</strong>.<br />

7. Kein Amt so klein, es trägt was ein.<br />

Der Beitrag <strong>der</strong> GTZ zur Korruptionsbekämpfung<br />

130<br />

Dr. Markus Steinich, GTZ-Arbeitsfeld: Staatsreform <strong>und</strong> Zivilgesellschaften<br />

Korruption ist ein (Negativ-)Indikator sowohl für die entwicklungsför<strong>der</strong>liche Qualität <strong>der</strong><br />

Rahmenbedingungen eines Landes (mit entsprechenden Auswirkungen auf die Erfolgswahrscheinlichkeit<br />

von Entwicklungsanstrengungen) als auch für die Leistungsfähigkeit von Organisationen.<br />

Korruptionsbekämpfung steht damit im Mittelpunkt von Capacity Development.<br />

Die Arbeitsgruppe, an <strong>der</strong> ca. 25 Personen teilnahmen, sollte einen Beitrag zur Vorbereitung<br />

des BMZ finanzierten Pilotvorhabens "Erarbeitung <strong>und</strong> Erprobung lokaler Strategien <strong>und</strong><br />

Maßnahmen zur Korruptionsvermeidung" leisten, das voraussichtlich im letzten Quartal <strong>2000</strong><br />

beg<strong>innen</strong> wird.<br />

Bei diesem Vorhaben soll es darum gehen,<br />

- Anwendungsorientierte Korruptionsvermeidungsansätze zu identifizieren;<br />

- Im Rahmen von Län<strong>der</strong>strategien, durch Politikdialog <strong>und</strong> Mobilisierung von Akteuren,<br />

immer in enger Zusammenarbeit mit bestehenden Verwaltungsreform-, Rechtsberatungs<strong>und</strong><br />

Kommunalentwicklungsprojekten, erfolgversprechende Komponenten, Kriterien etc.<br />

für Beratungsansätze zu erarbeiten;<br />

- <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Form von Pilotanwendungen zu erproben.<br />

Entsprechend bestand die Arbeitsgruppensitzung nach Klärung von Relevanz <strong>der</strong> Korruptionsbekämpfung<br />

für die TZ <strong>und</strong> <strong>der</strong> Relevanz <strong>der</strong> TZ für die Korruptionsbekämpfung im wesentlichen<br />

aus folgenden Bausteinen, die gleichsam "Lernquellen" für die GTZ darstellen<br />

dürften:<br />

- Vorliegende Erfahrungen <strong>und</strong> Ansätze <strong>der</strong> GTZ (Namibia, Kenia);<br />

- Erfahrungen/Empfehlungen an<strong>der</strong>er einschlägig tätiger Organisationen (Transparency<br />

International, Hessischer Rechnungshof).<br />

In seinem Eingangsstatement unterschied Herr Dr. Steinich (GTZ) folgende mögliche Dimensionen<br />

von Korruptionsbekämpfung, die für die TZ relevant sind:


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

1. Korruptionsvermeidung in <strong>der</strong> GTZ;<br />

2. Korruption als Rahmenbedingung für TZ-Vorhaben<br />

2.1 Einfluss auf Projektdurchführung<br />

2.2 Einfluss auf Zielerreichung <strong>und</strong> Projektwirkungen;<br />

3. Korruptionsbekämpfung als Querschnittsaufgabe von TZ-Vorhaben (insb. von Vorhaben<br />

<strong>der</strong> Staatsmo<strong>der</strong>nisierung, Rechtsberatung);<br />

4. Korruptionsbekämpfung als wesentlicher Bearbeitungsgegenstand von TZ-Vorhaben<br />

(vgl. die nachfolgenden Beispiele zu Kenia <strong>und</strong> Namibia).<br />

Im Mittelpunkt <strong>der</strong> AG sollte die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Dimensionen 3 <strong>und</strong> 4 stehen.<br />

Folgende Punkte sprechen nach Auffassung des GTZ-Arbeitsfeldes "Staatsreform <strong>und</strong> Zivilgesellschaft"<br />

für den Einsatz von TZ bei <strong>der</strong> Korruptionsbekämpfung:<br />

Korruption ist ein Zeichen des Versagens von Governance <strong>und</strong> damit ein Zeichen für die<br />

Qualität wesentlicher Institutionen von Staat <strong>und</strong> Gemeinwesen. Korruption ist also Symptom<br />

von Governance - Defiziten. Diese Defizite lassen sich nicht auf isolierte Ursachen zurückführen.<br />

Dies lässt sich an Hand exemplarischer Untersuchungen zu den Faktoren, die im<br />

Falle Ugandas zu Korruption führten, <strong>und</strong> für Westafrika zu den Fragen <strong>der</strong> Rahmenbedingungen<br />

von Staat <strong>und</strong> Gesellschaft, die beson<strong>der</strong>s korruptionsför<strong>der</strong>nd sind, zeigen. Eine<br />

Strategie, die an Symptomen (z. B. mangelnde Strafverfolgung, unanwendbare Gesetze,<br />

nicht auskömmliche Gehälter) ansetzt, ist unwirksam. Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stehen hier, wie in <strong>der</strong><br />

TZ allgemein, (Netzwerke von) Organisationen <strong>und</strong> Institutionen.<br />

EZ in diesem Bereich ist geprägt von den "fünf politischen Kriterien," die seit 1996 auch zum<br />

Aktionsfeld <strong>der</strong> EZ erklärt wurden. Eine zielgerichtete Verfolgung dieser Kriterien in "Positivprojekten",<br />

wie sie vom DAC 1997 empfohlen wird, verbessert Governance <strong>und</strong> seine Institutionen.<br />

Damit wird ein wesentlicher Beitrag geleistet zur Bekämpfung von Korruption. TZ<br />

verfügt über einschlägige Erfahrungen in diesem Bereich.<br />

Prozessorientierung:<br />

Eine Strategie setzt auf mehreren Ebenen <strong>und</strong> an mehreren Akteuren an, sie unterstützt die<br />

Kohärenz von Reformpolitiken <strong>und</strong> Programmen <strong>der</strong> Korruptionsbekämpfung <strong>und</strong> sie schafft<br />

ein Umfeld für nachhaltige Reformen, das Bekämpfungsmaßnahmen unterstützt. Prozessorientierung<br />

ist ein wesentliches Kennzeichen deutscher TZ.<br />

Wertgeb<strong>und</strong>enheit von bilateraler TZ:<br />

Im Vergleich zur multilateralen EZ ist es den Partnern eher einsichtig, dass sie in <strong>der</strong> bilateralen<br />

EZ mit Regierungen verhandeln, die für ein bestimmtes Wertesystem eintreten bzw.<br />

dass bilaterale Projekte unter einem ungleich höheren Legitimierungsdruck stehen. Das kann<br />

bei <strong>der</strong> Thematisierung von Korruption hilfreich sein.<br />

131


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Möglichkeit <strong>der</strong> Eigendurchführung:<br />

Die Durchführung von Vorhaben, beson<strong>der</strong>s bei politisch <strong>und</strong> gesellschaftlich sensiblen<br />

Themen wie dem <strong>der</strong> Korruption, setzt eine Beratung voraus, die auch in einem politischen<br />

Umfeld erfolgsorientiert agieren kann, die mit klarer <strong>und</strong> transparenter Rollenverteilung Systementwicklung<br />

betreiben kann, die schließlich die Souveränität <strong>und</strong> Flexibilität besitzt, Ansätze<br />

<strong>der</strong> Durchführung zu entwickeln, die in einem gegebenen Umfeld neu sind <strong>und</strong> damit<br />

für lokale Partner aber auch für gewerbliche Consultings mit schwer überschaubaren Risiken<br />

verb<strong>und</strong>en wären.<br />

"Ready for use":<br />

Bisherige Erfahrungen legen die Annahme nahe, dass eine bilaterale Zusammenarbeit im<br />

Bereich <strong>der</strong> Korruptionsbekämpfung auf <strong>der</strong> Basis gemeinsamer Zusammenarbeit in bestehenden<br />

Vorhaben (insb. in den Bereichen Staatsreform, Rechtsberatung) fußt: dadurch entsteht<br />

gegenseitiges Vertrauen bzw. Akzeptanz; laufende Projekte bieten die Möglichkeit, ihre<br />

eigene Wirkungsbegrenzung durch die Korruptionsanfälligkeit <strong>der</strong> beratenen Verwaltung zu<br />

thematisieren.<br />

7.1 Erfahrungen bei <strong>der</strong> Vorbereitung zweier Korruptionsbekämpfungsprojekte<br />

in Namibia <strong>und</strong> Kenia<br />

132<br />

Dr. Mechthild Rünger, GTZ-Namibia<br />

7.1.1 Entwicklungspolitische Einbindung<br />

Die Bekämpfung <strong>der</strong> Korruption verknüpft die Hauptschwerpunkte <strong>der</strong> deutschen Entwicklungspolitik:<br />

Armutsmin<strong>der</strong>ung, Rechtsstaat mit dem Konzept <strong>der</strong> Chancengleichheit <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Teilhabe an den Leistungen des Staates, Ressourcenschutz <strong>und</strong> –allokation, Menschenrechte,<br />

insbeson<strong>der</strong>e freie Entfaltung <strong>der</strong> kreativen Kräfte des Menschen unter dem Rahmenthema<br />

<strong>der</strong> guten Regierungsführung.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich kann Korruption als Ausdruck eines nichtfunktionierenden Staates <strong>und</strong> Marktes<br />

verstanden werden, in dem Ungleichgewichte durch Missbrauch institutioneller o<strong>der</strong> wirtschaftlich<br />

aggregierter Macht eine nicht legitimierte Ressourcenallokation nach sich ziehen.<br />

In <strong>der</strong> Regel läuft dies den Programmen zur Armutsbekämpfung zuwi<strong>der</strong>. Neben dem ethischen<br />

Unwerturteil bedeutet dies aber auch oft prohibitive Zugangsbedingungen zur Teilnahme<br />

am Markt, insbeson<strong>der</strong>e im Sinne <strong>der</strong> Armutsbekämpfung, <strong>und</strong> makroökonomisch<br />

durch Wettbewerbsverzerrung eine Verteuerung <strong>und</strong> Verschlechterung <strong>der</strong> Güter <strong>und</strong><br />

Dienstleistungen. Rechtsstaatlichkeit <strong>der</strong> Regierungsführung ist nicht mehr gegeben. Letztlich<br />

wird bei signifikanter Korruption <strong>der</strong> Bürokratie die Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> damit die Regierbarkeit<br />

des Gemeinwesens eingeschränkt.<br />

7.1.2 Notwendig weite Definition für segmentierte Gesellschaften<br />

Die klassische Definition des Missbrauchs von institutioneller Macht zum eigenen Vorteil<br />

o<strong>der</strong> dem eines Dritten deckt einen großen Teil <strong>der</strong> Korruptionstatbestände ab, umfasst jedoch<br />

nicht die organisierte Wirtschaftsmacht in politisch, ethnisch <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> religiös segmen-


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

tierten Gesellschaften mit Rechts- <strong>und</strong> Wertepluralismus (<strong>und</strong> daher auch nicht notwendig<br />

mit einer gemeinsamen Ethik) in einem nationalstaatlich organisierten Staatswesen. Ebenso<br />

wenig sind darin enthalten aggregierte institutionelle Macht, die im privaten <strong>und</strong> halböffentlichen<br />

Bereich (teils mit öffentlichen Mitteln) den Zugang zu Ressourcen regeln: Gewerkschaften,<br />

Bürgerrechtsbewegungen, Lobbies, Sportclubs <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e soziale Netzwerkgruppen,<br />

Parteien etc., die den Zugang zu Amt <strong>und</strong> Chance regeln. In beson<strong>der</strong>er Weise trifft<br />

dies auf post-Apartheid-Situationen zu, da Apartheid eine beson<strong>der</strong>s eklatante Form <strong>der</strong><br />

Verweigerung des gesamtgesellschaftlichen Ressourcenzugangs darstellte, die zwar nicht<br />

länger rechtlich-formal, jedoch ökonomisch <strong>und</strong> sozial noch Generationen beeinflussen wird.<br />

Eine effiziente Korruptionsmin<strong>der</strong>ung muss daher die Wertevielfalt berücksichtigen, die die<br />

Mechanismen traditioneller Reziprozität beim Austausch von Gütern <strong>und</strong> Status beinhaltet.<br />

An<strong>der</strong>erseits ist eine kulturelle Begründung von Korruption eher abzulehnen, denn kulturell<br />

bedingte Austauschhandlungen werden öffentlich vorgenommen, während Korruption durch<br />

heimlich gewährte Vorteile passiert.<br />

7.1.3 Typologie von Korruption in Namibia <strong>und</strong> Kenia<br />

Verschiedene Typologien sind entwickelt worden, die die Ausprägung <strong>der</strong> Korruption in den<br />

einzelnen Län<strong>der</strong>n klassifizieren. In den hier vorgestellten beiden Län<strong>der</strong>n sind die Ausprägungen<br />

sehr unterschiedlich.<br />

Namibia ist ein kleines Land, in dem Korruption nicht offenk<strong>und</strong>ig ist, eher bei <strong>der</strong> Elite des<br />

Landes im Rahmen <strong>der</strong> Allokation öffentlicher Ressourcen vermutet wird, neben üblichen<br />

überall in <strong>der</strong> Welt anzutreffenden Korruptionsfällen in <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung, wie Zoll,<br />

Steuer, Auslän<strong>der</strong>behörde <strong>und</strong> Polizei. In einer Kultur <strong>der</strong> Angst vor Sanktionen im zwar demokratischen,<br />

aber autoritär geführten Staat mit Zwei-Drittel-Mehrheit <strong>der</strong> Regierungspartei<br />

wird über die Korruption <strong>der</strong> Elite nicht offen gesprochen, insgesamt wird die Korruption jedoch<br />

als unethisch angesehen <strong>und</strong> vom Rechtsverfolgungssystem aufgegriffen, allerdings<br />

bei <strong>der</strong> Involvierung von Kabinettsmitglie<strong>der</strong>n in Korruptionsvorwürfe vor allem in Untersuchungsausschüsse<br />

verwiesen, die bislang noch keinen positiven Bef<strong>und</strong> gebracht o<strong>der</strong> auch<br />

nur zu einer Rücktrittsfor<strong>der</strong>ung geführt hatten. Die Zivilgesellschaft als Watchdog ist lediglich<br />

in Ansätzen entstanden, etwa im Bereich <strong>der</strong> Nationalen Gesellschaft für Menschenrechte<br />

o<strong>der</strong> des Legal Assistance Centre.<br />

Seit 1997 sind aus dem Studien- <strong>und</strong> Fachkräftefonds Mittel in Höhe von 250 TDM bereitgestellt<br />

worden: mit einer breiten Einbindung von namibischer Fachkompetenz für eine Antikorruptionskonferenz<br />

mit vorangegangenen regionalen Anhörungen, Vorbereitungskonferenz<br />

<strong>und</strong> einem umfangreichen Diskussionspapier ist ein Konsens über die Einrichtung einer unabhängigen<br />

Behörde hergestellt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Regierung empfohlen worden. Diese Empfehlung<br />

hat das Kabinett zunächst nicht angenommen, aber im Rahmen einer Lobby Group in <strong>der</strong><br />

Regierung, die mit dieser Entscheidung nicht einverstanden war, erfolgte im März <strong>2000</strong> eine<br />

neue Kabinettsentscheidung zur Einrichtung einer unabhängigen Antikorruptionsbehörde, für<br />

die <strong>der</strong>zeit im Justizministerium die gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage geschaffen wird.<br />

Weiterhin wird im Rahmen des von mir beratenen Legal Capacity Building Programme in<br />

Namibia eine Maßnahme unterstützt, <strong>der</strong>en Hauptschwerpunkt auf elektronisch unterstützten<br />

Verfahrens- <strong>und</strong> Verwaltungsabläufen in den Amtsgerichten zur Beschleunigung <strong>der</strong><br />

133


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Verfahren, Erleichterung <strong>der</strong> Verwaltung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Dienstleistungen an die<br />

Rechtskonsumenten liegt. Gleichzeitig bedeuten elektronische Verfahren, dass Verfahren<br />

nicht nur rationalisiert, son<strong>der</strong>n auch kontrollierbar werden, indem alle Dispositionen verfahrenstechnischer<br />

wie finanzieller Art an den Gerichten nachvollziehbar wird (sog. audit trail),<br />

z. B. wer wann welche Verfahrensschritte o<strong>der</strong> Finanztransaktionen getätigt hat. Document<br />

imaging hält wichtige Dokumente elektronisch fest, so dass Aktenunterdrückung nicht mehr<br />

den gewünschten „Erfolg“ hat, usw. An<strong>der</strong>e Geber sind <strong>der</strong>zeit in diesem Bereich nicht aktiv.<br />

Kenia gehört zu den Län<strong>der</strong>n mit bereits endemischer, systemischer Korruption, die seit<br />

Jahrzehnten angeprangert wird, ohne dass über lange Zeit Konsequenzen sichtbar wurden.<br />

Der sog. Goldenberg Skandal, bei dem Milliardenbeträge verschoben wurden, führte bislang<br />

zu keinerlei strafrechtlichen Konsequenzen. Seit 1997 haben Weltbank <strong>und</strong> IMF in Koordination<br />

mit den an<strong>der</strong>en Gebern eine erhebliche Einschränkung <strong>der</strong> Unterstützung Kenias<br />

durchgesetzt, so dass Kenia mit seiner Auslandsabhängigkeit zum Handeln gezwungen<br />

wurde.<br />

Nach einigen Fehlversuchen ist jetzt eine Antikorruptionsbehörde (Kenia Anti-Corruption<br />

Authority) geschaffen worden, die mit <strong>der</strong> für Juli <strong>2000</strong> erwarteten Annahme eines Gesetzesentwurfs<br />

ein umfangreiches Mandat, starke gesetzliche Ermächtigungen <strong>und</strong> budgetäre<br />

wie institutionelle Unabhängigkeit von <strong>der</strong> Exekutive erhalten wird. Wichtig ist hier, dass im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Antikorruptionsbehörde nicht nur die unmittelbare Strafverfolgung eine Rolle<br />

spielt, son<strong>der</strong>n erhebliche Anstrengungen im Bereich Prävention durch systemische Verän<strong>der</strong>ungen<br />

staatlicher Strukturen <strong>und</strong> Einführung von best practices vorgesehen ist. Gleichzeitig<br />

ist <strong>der</strong> Bereich <strong>der</strong> Erziehung <strong>und</strong> Ethikentwicklung in <strong>der</strong> Öffentlichkeit als Bereich<br />

vorgesehen.<br />

KACA ist strategische Partnerschaften mit den verschiedenen Bereichen des Öffentlichen<br />

Dienstes, <strong>der</strong> Justiz, <strong>der</strong> Zivilgesellschaft, u. a. TI Kenia, eingegangen, sowie bislang in geringerem<br />

Maße mit <strong>der</strong> Private Sector Initiative.<br />

Die Geberseite will diese strategischen Partnerschaften mit KACA o<strong>der</strong> unabhängig von<br />

KACA för<strong>der</strong>n, u. a. das Legal Sector Reform Programme, denn die Justiz ist ein großer<br />

Engpass bei <strong>der</strong> Strafverfolgung.<br />

Deutscher Beitrag: Offener Fonds von ca. 1 Mio. DM für Sofortmaßnahmen sowie einer<br />

Projektzusage in Höhe von 1.7 Mio. DM zur Unterstützung <strong>der</strong> KACA, für die <strong>der</strong> Ergebnisbericht<br />

mit mehreren Optionen vorliegt.<br />

Die Geber in Nairobi haben sich zur sog. Economic Governance Group zusammengeschlossen,<br />

die unter Fe<strong>der</strong>führung <strong>der</strong> GTZ die Hilfe <strong>der</strong> Gebergemeinschaft koordiniert.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Vorprüfung wurde ein Rahmen für eine konzeptionelle <strong>und</strong> finanzielle Koordination<br />

<strong>der</strong> Gebergemeinschaft angenommen.<br />

134


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

7.1.4 Ansatz, Methoden, Instrumente des deutschen Beitrags<br />

Ansatz: Unterstützung bei endemischer Korruption in Kenia: sowohl Stützung <strong>der</strong> „pillars of<br />

good governance“ (Ansatz des Weltbankinstituts) in Form des Wie<strong>der</strong>aufbaus <strong>der</strong> Justiz, <strong>der</strong><br />

öffentlichen Verwaltung, des Zulassens <strong>und</strong> <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zivilgesellschaft sowie die<br />

Unterstützung des Privatsektors bei fairem Wettbewerb als auch Unterstützung von Transparency<br />

International bei <strong>der</strong> Schaffung von Islands of Integrity, verstanden als „ethische Zellen“<br />

in korrupten Systemen, die durch Netzwerke eine Selbstreinigung von Institutionen im<br />

Inneren schaffen. In Kenia auch Effizienz durch die starke Geberkoordination.<br />

In Namibia vor allem Unterstützung von Eigeninitiativen <strong>der</strong> Regierung.<br />

Im übrigen war im Hinblick auf die Effizienz <strong>der</strong> Unterstützung die Beachtung von Ownership<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Eigenverantwortlichkeit des Partners für das jeweilige Projekt immer integraler Teil<br />

<strong>der</strong> Projektför<strong>der</strong>ung in beiden Län<strong>der</strong>n.<br />

Methodik: In Namibia: Beratung <strong>und</strong> Unterstützung zur Digitalisierung <strong>der</strong> Verfahren, Einbindung<br />

von Privatfirmen zur Softwareentwicklung etc., im Rahmen des Studien- <strong>und</strong> Fachkräftefonds<br />

(SFF) ebenfalls Beratung <strong>und</strong> Teilnahme an Lobby-Group; in Kenia: Unterstützung<br />

von kleineren Maßnahmen zum Insitutionenaufbau sowie <strong>der</strong> Zivilgesellschaft zur<br />

Unterstützung <strong>der</strong> Antikorruptionsmaßnahmen. Beratung im Rahmen <strong>der</strong> Vorprüfung.<br />

Instrumente: SFF, entsandte Expertin, Offener Fonds <strong>und</strong> reguläre Projektmittel, Geberkoordination<br />

durch Büro vor Ort in Kenia.<br />

7.1.5 Idealtypische Ansätze <strong>der</strong> Korruptionsbekämpfung<br />

- Fokus auf Korruptionsbekämpfung (enger, im wesentlichen repressiver Ansatz);<br />

- Fokus auf institutioneller Reform in <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung (institutioneller Ansatz:<br />

öffentliche Verwaltung);<br />

- Fokus auf die Schaffung Nationaler Integrität (National Integrity Systems): gesamtgesellschaftlicher<br />

Ansatz.<br />

- Vorschlag: Fokus auf Funktionsfähigkeit des Staates <strong>und</strong> nachhaltiger Entwicklung mit<br />

unabhängiger nationaler o<strong>der</strong> regionaler Good Governance Watch Agentur.<br />

Hier ist die Zielsetzung die dienstleistungsorientierte Funktionalität des Staates mit dem<br />

Ziel <strong>der</strong> Chancengleichheit beim Zugang zu nationalen Ressourcen. Dies führt dann zu<br />

nachhaltiger Entwicklung auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Funktionsfähigkeit <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>pfeiler <strong>der</strong><br />

Staatlichkeit. Hierzu gehört insbeson<strong>der</strong>e:<br />

- die Rechtsstaatlichkeit mit einer angemessenen Durchsetzbarkeit des Rechts systems;<br />

- Zugang zur Nutzung <strong>der</strong> wirtschaftlichen Ressourcen des Staates;<br />

- Zugang zur Zukunftssicherung durch soziale Sicherheitssysteme im öffentlichen, privaten<br />

o<strong>der</strong> public-private partnership Bereich.<br />

135


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

7.1.6 Komparative Vorteile <strong>der</strong> TZ<br />

- Langzeitige EZ/TZ Koordination erlaubt eine stärkere Effizienz durch gemeinsames Handeln<br />

<strong>der</strong> Gebergemeinschaft;<br />

- Prozessbegleitung im Rahmen <strong>der</strong> Projektgestaltung über einen längeren Zeitraum;<br />

- Schutz <strong>der</strong> Partnerbehörde durch Langzeitexperten/-<strong>innen</strong> (LZE) in Behörden.<br />

7.2. Die Rolle <strong>der</strong> Finanzkontrolle bei <strong>der</strong> Korruptionsbekämpfung:<br />

Das Beispiel des Hessischen Landesrechnungshofs<br />

136<br />

Dr. Jens Harms, Hessischer Landesrechnungshofs, Darmstadt<br />

7.2.1 Finanzkontrolle <strong>und</strong> Korruptionsbekämpfung<br />

Der Begriff Korruption (korrumpieren) stammt aus dem Lateinischen <strong>und</strong> bedeutet einerseits:<br />

Bestechung/Bestechlichkeit, an<strong>der</strong>erseits: moralischer Verfall. Unter Korruption versteht man<br />

nicht nur "kriminelle Handlungen" (wie Betrug, Täuschungen, u. ä.), die strafrechtliche Tatbestände<br />

darstellen, son<strong>der</strong>n ebenso Handlungen je<strong>der</strong> Art zum eigenen (wirtschaftlichen) Vorteil<br />

o<strong>der</strong> zum Vorteil Dritter (Nepotismus, Klientelismus etc.). Unter "Korruption" wird „misuse<br />

of public power for private profit" verstanden. Im Rahmen <strong>der</strong> Korruptionsforschung wird empirisch<br />

erfasst, welche sozialen, ökonomischen, politischen <strong>und</strong> kulturellen Ursachen <strong>und</strong><br />

Wirkungen die Korruption hat. Dabei muss <strong>der</strong> Verschiedenartigkeit <strong>der</strong> historischen Entwicklung<br />

Rechnung getragen werden: was in einem Land eine strafbare Handlung darstellt,<br />

kann in einem an<strong>der</strong>en Land akzeptierte Tradition sein.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> verschiedener nationaler Identitäten hat auch die INTOSAI (International<br />

Organization of Supreme Audit Institutions) die Begriffe <strong>der</strong> Korruption <strong>und</strong> Misswirtschaft<br />

beleuchtet. So meint Gabriel Mignot, dass "eine einfache, einzige, in allen Fällen passende<br />

Antwort" nicht gef<strong>und</strong>en werden kann. Daher hat jede oberste Rechnungskontrollbehörde vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> gesetzlichen Normen <strong>und</strong> <strong>der</strong> gesellschafts- <strong>und</strong> soziopolitischen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen des institutionellen Systems, die ordnungsmäßige, sparsame <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />

Haushalts- <strong>und</strong> Wirtschaftsführung <strong>der</strong> zu prüfenden Institutionen zu untersuchen <strong>und</strong> zu<br />

bewerten.<br />

Unabhängig von <strong>der</strong> Stellung <strong>der</strong> Obersten Rechnungskontrollbehörden (ORKB) innerhalb<br />

eines staatlichen Systems haben alle Rechnungskontrollbehörden die Pflicht, korrupte<br />

Handlungen aufzudecken <strong>und</strong> ggf. an die zuständigen Behörden zur Strafverfolgung o<strong>der</strong> an<br />

die zuständigen Dienst- <strong>und</strong> Fachaufsichtsbehörden weiterzugeben, wenngleich nicht allen<br />

Finanzkontrollbehörden die Korruptionsbekämpfung unmittelbar gesetzlich zugewiesen ist.<br />

Bedeutend für die Wahrnehmung solcher Kontrollaufgaben ist, dass ORKB unabhängige<br />

Organisationen sind <strong>und</strong> daher ihre Aufgaben ohne Vorgaben Dritter erfüllen können.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Präventiv sollten im öffentlichen Sektor nachstehende Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung<br />

verfolgt werden:<br />

- Transparenz <strong>der</strong> Haushalts- <strong>und</strong> Wirtschaftsführung <strong>und</strong> Veröffentlichung aller etatisierten<br />

Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben (unabhängig von <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Rechnungslegung);<br />

- Fach- <strong>und</strong> Dienstaufsicht innerhalb <strong>der</strong> Exekutive;<br />

- Trennung von Funktionen <strong>und</strong> Aufgaben; Mehr-Augen-Prinzip; getrennte Zuständigkeit<br />

für Planung, Vergabe <strong>und</strong> Abrechnung öffentliche Auftragsvergabe;<br />

- Aufbau eines internen Kontroll- <strong>und</strong> Informationssystems wie Innenrevision, Berichtswesen,<br />

Controlling;<br />

- Aufbau eines externen Kontrollsystems durch unabhängige Rechnungskontrollbehörden<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Wirtschaftsprüfer;<br />

- rechtliche Gr<strong>und</strong>lagen für die Auswahl des Personal <strong>und</strong> dessen Aufgaben <strong>und</strong> Stellung<br />

im öffentlichen Sektor unter Berücksichtigung von rechtlichen Konsequenzen bei Fehlverhalten.<br />

Diese Kriterien sind auch in die Richtlinie <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung zur Korruptionsprävention in<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esverwaltung vom 17. Juni 1998 eingeflossen. Diese gelten in ähnlicher Form auch<br />

auf Ebene <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland.<br />

Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung bei <strong>der</strong> Prüfung <strong>der</strong> Korruption o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en Fällen von Verschwendung<br />

durch Finanzkontrollbehörden ist, dass diese nicht zufällig entdeckt werden,<br />

son<strong>der</strong>n sie systematisch bei Prüfungen zu erfassen sind. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist vom Hessischen<br />

Rechnungshof bereits im Jahre 1990 eine Typologie <strong>der</strong> Korruption erarbeitet worden.<br />

Aufgr<strong>und</strong> empirischer Prüfungserfahrungen werden Bereiche, die anfällig für Korruption sind,<br />

eingegrenzt, für Korruption typische Verhaltensweisen identifiziert <strong>und</strong> Strategien definiert,<br />

um präventiv <strong>und</strong> ggf. repressiv gegen entsprechendes Fehlverhalten vorzugehen.<br />

Es muss Bewusstsein geschaffen werden, dass in allen Bereichen <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />

manipulatives Verhalten zum Nachteil <strong>der</strong> öffentlichen Hand entstehen kann. Neben<br />

präventiven Maßnahmen müssen auch repressive Strategien bei <strong>der</strong> Korruptionsbekämpfung<br />

eingesetzt werden. Dazu zählt einerseits die Verfolgung von kriminellen Handlungen<br />

durch die Strafverfolgungsbehörden, an<strong>der</strong>erseits müssen disziplinarische Maßnahmen gegen<br />

korrupte Staatsbedienstete ergriffen werden. Um eine effektive Verfolgung <strong>der</strong> Korruption<br />

sicherzustellen, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen ORKB <strong>und</strong> Staatsanwaltschaften<br />

sowie zwischen ORKB <strong>und</strong> den Behörden, welche Befugnisse <strong>der</strong> Fach- <strong>und</strong> Dienstaufsicht<br />

haben, notwendig.<br />

137


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

7.3 Komparative Vorteile <strong>der</strong> deutschen TZ aus Sicht von TI 11<br />

138<br />

Dr. Hansjörg Elshorst, Transparency International (TI), Berlin<br />

7.3.1 Korruption im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong><br />

Die politische Leitung des BMZ hat schon früh Good Governance einen hohen Stellenwert<br />

gegeben. Dennoch stand Korruption als Risiko <strong>und</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für die EZ weniger im<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> als in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong> als etwa für die Weltbank. Das Thema schien insgesamt<br />

in Deutschland weniger vordringlich. Die deutsche EZ scheint weniger anfällig; die<br />

FZ behielt eine vergleichsweise hohe Kontrollintensität, die verschiedenen Instrumente <strong>der</strong><br />

TZ werden überwiegend als – wenig korruptionsanfällige – Direktleistung eingesetzt.<br />

Es ist abzusehen, dass die nunmehr hohe Sensibilität gegen Korruption sich auch in<br />

Deutschland <strong>der</strong> EZ zuwendet. Ist die EZ einer <strong>der</strong> Gründe für Korruption, ist sie relevant für<br />

die Verbesserung <strong>der</strong> Chancen, Korruption zurückzudämmen? TI hat Herrn Wolffensohn im<br />

Sommer 1996 zu einer Vorwärtsstrategie geraten. Angesichts <strong>der</strong> Enthüllungen <strong>der</strong> letzten<br />

Jahre ist unstrittig, dass diese Strategie die Weltbank vor schwerem Schaden bewahrt hat.<br />

Eine Vorwärtsstrategie <strong>der</strong> deutschen EZ könnte auf <strong>der</strong>en beson<strong>der</strong>en Stärken aufbauen.<br />

Sie war von vornherein als Partnerschaft zwischen Gesellschaften, nicht nur Regierungen<br />

konzipiert; in ihrem dementsprechend breiten Instrumentarium hat die Stärkung von Institutionen<br />

immer einen beson<strong>der</strong>s hohen Stellenwert gehabt.<br />

Die folgenden Vorschläge zielen im wesentlichen auf die Rolle <strong>der</strong> TZ im engeren <strong>und</strong> weiteren<br />

Sinne; sie beschäftigen sich nicht mit sicherlich auch vorhandenen Ansatzpunkten für<br />

eine intensivere Antikorruptionsstrategie im Bereich <strong>der</strong> FZ. Die Vorschläge bewerten das<br />

Potential <strong>der</strong> Vorfeldorganisationen, das natürlich nur dann zum Tragen kommen würde,<br />

wenn das BMZ einer solchen Strategie Gewicht geben würde.<br />

7.3.2 Rehabilitierung korrumpierter Institutionen<br />

Good governance setzt funktionsfähige Institutionen voraus. Gerade in Län<strong>der</strong>n mit – vom<br />

Norden mitverschuldeter – endemischer Korruption können diese nur Ziel, nicht Voraussetzung<br />

von EZ sein. 2001 ist die nächste große International Anti-Corruption Conference <strong>und</strong><br />

2002 <strong>der</strong> World Development Report den institutionellen Gr<strong>und</strong>lagen von good governance<br />

<strong>und</strong> Marktwirtschaft gewidmet. Eigentlich ein Heimspiel für die EZ. Nicht so jedoch im vorigen<br />

Herbst bei <strong>der</strong> IACC in Durban. EZ, das wurde in den Diskussionen dort gleichgesetzt<br />

mit Technical Assistance <strong>und</strong> diese mit Geld für den Einkauf für Beratung <strong>und</strong> Ausstattung,<br />

in unserer Problemstellung in <strong>der</strong> Verfügungsgewalt korrupter Chefs von Verwaltungen.<br />

Wenn Organisationen nicht mehr aus eigener Kraft reformfähig sind, müssen nach unserer<br />

wie nach genereller Managementerfahrung drei Elemente zusammenspielen, um Än<strong>der</strong>ungen<br />

zu erreichen: Druck von oben (öffentliche Meinung, Führung) <strong>und</strong> von unten (Interessenten,<br />

K<strong>und</strong>en, Betroffene) <strong>und</strong> die Mobilisierung von Kompetenz <strong>und</strong> Eigeninteresse an<br />

Verän<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Organisation selbst. TI nennt sich Koalition gegen Korruption; es arbeitet<br />

11<br />

Es handelt sich um einen Beitrag, den Herr Dr. Elshorst anlässlich eines Treffens von TI mit dem<br />

BMZ im März diesen Jahres verfasst hat.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

auf allen Ebenen an <strong>der</strong> Mobilisierung von Koalitionen gegen Korruption. In dem Maße, in<br />

dem auf internationaler <strong>und</strong> nationaler Ebene Korruption erschwert <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Überwindung<br />

beför<strong>der</strong>t wird, steigen auch die Chancen für Koalitionen zur Reform konkreter Institutionen<br />

(Organisationen, Gesetze, Verfahren) in einer Gesellschaft. Gerade dafür hat die deutsche<br />

EZ Instrumente anzubieten, die tausendfach erprobt sind.<br />

Dabei bietet gerade bei einem sensiblen Thema wie Korruptionsbekämpfung die hohe Arbeitsteiligkeit<br />

<strong>der</strong> deutschen EZ beson<strong>der</strong>e Chancen. Wenn etwa die GTZ innerhalb einer<br />

Organisation den Verän<strong>der</strong>ungsprozess vorantreibt, ist ihr Spielraum begrenzt, Außendruck<br />

zu mobilisieren. Dann können die politischen Stiftungen die Plattform bieten für ordnungspolitische<br />

Diskussionen, können die Mobilisierung <strong>der</strong> öffentlichen Meinung <strong>und</strong> politischer<br />

Kräfte unterstützen, Interessenvertretungen <strong>und</strong> advocacy Gruppen stärken. An<strong>der</strong>e, wie die<br />

Zentralstellen <strong>der</strong> Kirchen, sind lokalen Partnern nahe, die das Engagement <strong>der</strong> Armen im<br />

Kampf gegen Korruption einbringen.<br />

Die Direktleistung <strong>der</strong> deutschen TZ ermöglicht Arbeit in Organisationen, denen man nur<br />

unter zahlreichen Kautelen Geld anvertrauen könnte – wenn überhaupt. Solche Kautelen<br />

blockieren den Bewegungsspielraum, <strong>der</strong> für institutionelle Reformen unerlässlich ist. Die<br />

Berater <strong>der</strong> deutschen TZ haben dagegen die Flexibilität, verborgene Verän<strong>der</strong>ungspotentiale<br />

aufzuspüren <strong>und</strong> schrittweise neue zu entwickeln. Sie können internen change<br />

agents Chancen bieten, vorübergehend auch ohne korrupte Praktiken zu überleben. Sie<br />

können mit ihnen zusammen langfristige Alternativen zu Korruption entwickeln, auch wenn<br />

die Führung <strong>der</strong> Organisation das nur durch Lippenbekenntnisse unterstützt.<br />

TI ist erfolgreich, weil es auf günstige Gelegenheiten wartet (o<strong>der</strong> diese herbeiführt) <strong>und</strong><br />

nicht nur deshalb aktiv wird, weil es ein Problem gibt. Das könnte auch die deutsche TZ verstärkt<br />

tun, wenn die Rehabilitierung von Institutionen ihr Auftrag wäre. Gelegenheiten dazu<br />

entstehen z. B. durch politische Entwicklungen in einem Partnerland o<strong>der</strong> einer –organisation,<br />

durch privat o<strong>der</strong> bi-/multilateral finanzierte Großprojekt o<strong>der</strong> durch konzertierte Anstrengungen,<br />

die wesentlichen Institutionen eines Landes zu reformieren. Insbeson<strong>der</strong>e bietet<br />

sich hier eine Chance für PPP, da privates Engagement häufig ein funktionierendes<br />

öffentliches Umfeld braucht. Viele Instrumente <strong>der</strong> deutschen TZ haben bereits eine vorbildliche<br />

Flexibilität, auf Gelegenheiten zu reagieren. In <strong>der</strong> staatlichen TZ wächst sie durch<br />

Dezentralisierung, Fonds <strong>und</strong> Programmansatz.<br />

7.4 Diskussion<br />

Jeweils nach den einzelnen Beiträgen <strong>und</strong> am Ende <strong>der</strong> Veranstaltung fanden in <strong>der</strong> AG<br />

Diskussionen statt, die sich im wesentlichen, entsprechend <strong>der</strong> Zielsetzung <strong>der</strong> AG, auf drei<br />

Punkte bezogen:<br />

Komparative Vorteile (deutscher) TZ:<br />

- Maßnahmen <strong>der</strong> Korruptionsbekämpfung können sich als Ausfluss bestehen<strong>der</strong> "unauffälliger"<br />

Vorhaben ergeben;<br />

- Wichtig sind Vertrauensbasis <strong>und</strong> Prozessbegleitung, also die Initiierung eines gemeinsamen<br />

Lernprozesses;<br />

139


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

- Langzeitberatung;<br />

- Eigendurchführung;<br />

- Offene Fonds als flexible Finanzierungsform für Aktivitäten unterschiedlicher Akteure;<br />

- Möglichkeit <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit den politischen Stiftungen;<br />

- Möglichkeit zum notwendigen Nachdruck bei erfolgreicher Geberkoordinierung.<br />

Den Handlungsspielraum einschränken kann die Notwendigkeit, im Rahmen <strong>der</strong> bilateralen<br />

Regierungsverhandlungen zu einem "offiziellen" Mandat gelangen zu müssen.<br />

Die Technische Zusammenarbeit kann an folgenden Punkten unterstützen:<br />

- Gesellschaftliche Konsensbildung über Korruption;<br />

- Sensibilisierung <strong>der</strong> Zivilgesellschaft;<br />

- Aufbau von "Verbraucherdruck";<br />

- Öffentliche Diskussion/ Druck, öffentliche Budgetkontrolle;<br />

- Transparenz/Vereinfachung von Verwaltungsverfahren;<br />

- Anreizstrukturen im öffentlichen Dienst;<br />

- Aufbau einer Antikorruptionsbehörde;<br />

- Aufbau forensischer Finanzkontrollkapazität;<br />

- Engmaschige Regelungen;<br />

- Konsequente Sanktionierung;<br />

- "Transitional Justice" (Rechtliche Bewältigung durch Amnestierung, Verjährung, Ausnahmeregelungen,<br />

eingebettet in eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über die Bekämpfung<br />

endemischer Korruption).<br />

Hilfreich kann hier das Konzept <strong>der</strong> Qualifizierung von "Islands of Integrity" <strong>und</strong> die Arbeit mit<br />

"Corruption Incidence Assessments" sein.<br />

Dr. Elshorst unterstrich in diesem Zusammenhang die große Bedeutung von Korruptionsbekämpfung<br />

als Querschnittsaufgabe <strong>der</strong> TZ, die nach dem Prinzip "opportunities not problems"<br />

agiere solle. Er empfiehlt die Schaffung strategischer Allianzen sowohl im Land (hier<br />

unter Einbeziehung von Presse, Advocacy NGOs, traditioneller Gerichtsbarkeit, privatem<br />

Sektor), wie auch auf Geberseite.<br />

140


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Folgende brisante Themen wurden genannt, aber nicht weiter vertieft:<br />

- Umgang mit politischer Korruption;<br />

- Herstellung des politischen Willens zur Korruptionsbekämpfung;<br />

- Korruption <strong>der</strong> Korruptionsbekämpfer;<br />

- Politische Instrumentalisierung von Korruption/ Korruptionshysterie;<br />

- Korruptionsverständnis in segmentären/ rechtspluralistischen Gesellschaften;<br />

- EZ als Korruptionsverstärker: Anreizverzerrung durch TZ; Intransparenz im Projektmanagement;<br />

Topping-Up-Praktiken;<br />

- Umgang mit "petty corruption"/ "facilitating payments".<br />

8. Facts and Impacts! Evaluierung <strong>und</strong> Capacity Development<br />

Simone Mamier <strong>und</strong> Dr. Thomas Engelhardt, GTZ-Stabstelle:<br />

Gr<strong>und</strong>satzfragen <strong>der</strong> Unternehmensentwicklung - Interne Evaluierung.<br />

Während <strong>der</strong> <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> lud das Team Interne Evaluierung unter dem Titel „Facts<br />

and Impacts! Evaluierung <strong>und</strong> Capacity Development“ zu einem zukunftsorientierten Workshop<br />

ein. Der Workshop stand unter dem Ansatz zahlreicher Fragen, die eine Evaluierungseinheit<br />

immer wie<strong>der</strong> stellen muss. Die Begründung zum Stellen dieser Fragen, wurde wie<br />

folgt angegeben:<br />

„Wer nicht immer wie<strong>der</strong> diese <strong>und</strong> weitere „Fragen“ stellt, wird erst am Ende merken, ob er<br />

seine Ziele erreicht hat <strong>und</strong> wird kaum noch Korrekturen vornehmen können. Evaluierung<br />

dient dazu, Erfahrungen bei <strong>der</strong> Initiierung <strong>und</strong> Umsetzung von Vorhaben zu integrieren. Sie<br />

dient aber auch dazu, den Erfolg zu ermitteln, im Unternehmen weiter zu vermitteln <strong>und</strong> an<br />

die Öffentlichkeit zu bringen.“<br />

Unter diesem Ansatz stellte das Team Interne Evaluierung seinen Gästen während <strong>der</strong><br />

<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> zwei Modelle vor. Zum einen das Wirkungsmodell, das eine theoretische<br />

Orientierung für die Evaluierung <strong>der</strong> Projekte darstellt. Zum an<strong>der</strong>en einen Ansatz <strong>der</strong><br />

DEZA für das Wirkungsmonitoring.<br />

Die meist externen Teilnehmer/-<strong>innen</strong> am Workshop beteiligten sich an <strong>der</strong> Diskussion bei<strong>der</strong><br />

Ansätze, <strong>und</strong> lieferten wichtige Beiträge hinsichtlich des Verständnisses <strong>und</strong> <strong>der</strong> Logik<br />

<strong>der</strong> vorgestellten Modelle. Das Team Interne Evaluierung erhielt wichtige Informationen, wie<br />

z. B. das Wirkungsmodell von Experten, die es zum ersten mal sehen, wahrgenommen wird.<br />

Die Kommentare <strong>und</strong> Ansichten <strong>der</strong> Experten wurden auf einer Pinwand festgehalten <strong>und</strong><br />

nach unterschiedlichen Kategorien strukturiert. (siehe Anlage).<br />

141


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> Diskussion des Wirkungsmonitoring wurden einige Feststellungen festgehalten,<br />

die eine große Bedeutung für die Evaluierung haben <strong>und</strong> für die Ermittlung des<br />

Erfolgs wesentlich sind.<br />

- Die Einrichtung einer zentralen Evaluierungseinheit, die einheitliche Handreichungen<br />

für das Wirkungsmonitoring erstellt.<br />

- Die Übertragbarkeit des Ansatzes auf unterschiedlichste thematische <strong>und</strong> inhaltliche<br />

Projektansätze.<br />

- Die unbedingt erfor<strong>der</strong>liche <strong>und</strong> frühzeitige Partizipation aller durch das Wirkungsmonitoring<br />

betroffenen Einheiten.<br />

- Ein Systematisierungsansatz für unterschiedlichste Daten, so dass ein Vergleich unterschiedlicher<br />

Projekte möglich wird <strong>und</strong> Fragen bearbeitet werden können, wie z. B. die<br />

Mittelumschichtung innerhalb eines Projektes vorgenommen werden soll. Hierzu gehört<br />

u. a. die Entwicklung von Indikatoren.<br />

- Die Erstellung von Kosten-Nutzen-Analysen.<br />

Aus Sicht des Teams Interne Evaluierung bot <strong>der</strong> Workshop wichtige Aspekte, die dem Lernen<br />

im <strong>und</strong> für das Team dienen. Der erste Schritt bestand darin, die Modelle einer interessierten<br />

Öffentlichkeit vorzustellen. Aus den Rückmeldungen wurde analysiert, wie die Modelle<br />

von externen Fachleuten wahrgenommen <strong>und</strong> verstanden werden. Fragen zur Theorie<br />

<strong>und</strong> zum Verständnis <strong>der</strong> Modelle wurden aufgenommen. Dies stellt einen ersten Lernansatz<br />

für das Team dar, festzustellen, in welchen Bereichen die Modelle neutralen Nutzern eventuell<br />

Verständnis- <strong>und</strong> Anwendungsschwierigkeiten bereiten. Die Optimierungsvorschläge<br />

wurden aufgenommen <strong>und</strong> werden, wie die Wahrnehmungen <strong>und</strong> Anregungen <strong>der</strong> Gäste,<br />

bei <strong>der</strong> weiteren Entwicklung <strong>der</strong> Modelle berücksichtigt.<br />

142


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

Das Wirkungsmodell <strong>der</strong> GTZ<br />

Monitoring <strong>und</strong> Selbstevaluierung<br />

in den Vorhaben<br />

Inputs<br />

Aktivitäten<br />

Leistungen<br />

höchst-aggregierte Entwicklungsfortschritte<br />

mögliche indirekte Wirkungen<br />

des Vorhabens<br />

Zuordnungslücke<br />

direkter Nutzen<br />

Nutzung <strong>der</strong> Leistungen<br />

Kommentare <strong>und</strong> Ansichten <strong>der</strong> Workshopteilnehmer/-<strong>innen</strong> zum<br />

Wirkungsmodell <strong>der</strong> GTZ<br />

Begriffe Logik<br />

Der Begriff Selbstevaluation<br />

ist unscharf<br />

Direkter- indirekter<br />

Nutzen <strong>und</strong> Wirkung<br />

Der Begriff “Vorhabenunabhängig”<br />

ist unklar<br />

Pfeile verwirren<br />

Pfeil sugeriert<br />

Reihenfolge<br />

Verknüpfung am<br />

oberem <strong>und</strong> unterem<br />

Teil<br />

Unterschiedliche untere<br />

Ebenen haben<br />

Wirkung auf obere<br />

Ebene<br />

Gibt es eine Lücke?<br />

Wirkungsmodell<br />

Vorhaben-unabhängige<br />

Evaluierung<br />

Die Vorhaben beobachten ihre eigenen<br />

Wirkungen in <strong>der</strong> Regel nur bis zum<br />

direkten Nutzen. Höher- <strong>und</strong> höchstaggregierte<br />

Entwicklungsfortschritte, zu<br />

denen das Vorhaben einen Beitrag<br />

geleistet haben könnte, die aber mit den<br />

üblichen Mitteln von Monitoring <strong>und</strong><br />

Selbstevaluierung nicht mehr eindeutig<br />

zugeordnet werden können, werden mit<br />

vorhabenunabhängig ansetzenden Evaluierungsverfahren<br />

ermittelt <strong>und</strong> bewertet.<br />

Direkter Projektbezug<br />

Auch im unteren Teil<br />

des W.-strahls gibt<br />

es Wirkungslücken<br />

Wirkungen im unteren<br />

Bereich<br />

Indirekte Wirkungen<br />

im unteren Teil<br />

Im unteren Teil können<br />

auch negative Wirkungen<br />

entstehen<br />

Weitere<br />

Inhalte<br />

Mai <strong>2000</strong><br />

Konzepte <strong>der</strong> GTZ,<br />

wie Nachhaltigkeit,<br />

Ownership, Partizipat.<br />

Lerneffekt<br />

Transfer zum<br />

Wissensmanagement<br />

Monitoring anhand<br />

des Modells<br />

Verbindung zur<br />

Ausgangssituation<br />

143


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlischer Leistungspotentiale<br />

Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

1. Instrumente umweltorientierter Unternehmensführung:<br />

Profitables Umweltmanagement (PRUMA)...................................................146<br />

Dr. Edit Kürzinger, Petra Eimer, Fritz Kölling, GTZ-Pilotprojekt zur<br />

Unterstützung umweltorentierter Unternehmensführung (P3U)<br />

2. Verbesserung <strong>der</strong> Dienstleistungsqualität im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

durch den Aktionsforschungsansatz: Ein Ausblick..................................156<br />

Dr. Ouédraogo Boukary, CIFRA/GTZ<br />

3. Qualifizierte lokale Fach- <strong>und</strong> Führungskräfte:<br />

Der Schlüssel für die TZ in einer globalisierten Welt ................................159<br />

Dr. Wolfgang v. Richter, Dr. Horst Seel, GTZ-Arbeitsfeld: Bildung,<br />

Wissenschaft, Jugend<br />

145


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

1. Instrumente umweltorientierter Unternehmensführung:<br />

Profitables Umweltmanagement (PRUMA) 12<br />

146<br />

Dr. Edit Kürzinger, Petra Eimer, Fritz Kölling, GTZ-Pilotprojekt zur Unterstützung<br />

umweltorientierter Unternehmensführung (P3U)<br />

Das Pilotvorhaben zur Unterstützung <strong>der</strong> umweltorientierten Unternehmensführung (P3U)<br />

entwickelt ein integriertes Konzept zur För<strong>der</strong>ung umweltorientierter Unternehmensführung<br />

in Klein(st) <strong>und</strong> Mittelunternehmen (KMU) in Entwicklungslän<strong>der</strong>n.<br />

Das von P3U entwickelte Konzept zielt darauf ab, Maßnahmen durchzuführen, die dazu beitragen,<br />

einen „dreifachen Gewinn" zu erzielen: Senkung <strong>der</strong> Produktionskosten, Verringerung<br />

<strong>der</strong> negativen Umweltwirkungen <strong>der</strong> Produktion sowie Sicherung <strong>der</strong> Ergebnisse durch<br />

organisatorisches Lernen. Das hierzu entwickelte Programm Profitables Umweltmanagement<br />

(PRUMA) umfasst verschiedene Instrumente, wie Ressourcenmanagementmodul (RMM),<br />

Good Housekeeping (GHK) <strong>und</strong> Umweltorientiertes Kostenmanagement (UoKM). Das Programm<br />

ist modular aufgebaut <strong>und</strong> so flexibel, dass die einzelnen Werkzeuge <strong>und</strong> Techniken<br />

je nach Bedarf kombiniert bzw. an die spezifischen Bedürfnisse eines Unternehmens angepasst<br />

werden können. Der erfor<strong>der</strong>liche Zeitaufwand variiert von zwei Tagen bis hin zu einem<br />

Engagement von bis zu sechs Monaten.<br />

Das PRUMA-Programm richtet sich an Fach- <strong>und</strong> Führungskräfte in KKMU in Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

sowie an lokale <strong>und</strong> internationale Multiplikatoren <strong>und</strong> Mittler (insbeson<strong>der</strong>e Kammern,<br />

Verbände <strong>und</strong> Berater), die zur Erprobung, Anwendung Verbreitung, Qualitätssicherung<br />

<strong>und</strong> nachhaltigen Verankerung dieses Ansatzes in ihren jeweiligen Institutionen <strong>und</strong><br />

Län<strong>der</strong>n einen signifikanten Beitrag leisten können.<br />

Netzwerktreffen<br />

Netzwerktreffen<br />

dreitägiger<br />

Workshop<br />

Ressourcenmanagement<br />

Modul<br />

Netzwerktreffen<br />

Fortlaufende Firmenanwendung<br />

dreitägiger<br />

Workshop<br />

Good Housekeeping<br />

Modul<br />

3 Workshops,<br />

je 2-3 Tage<br />

Kostenmanagement<br />

Modul<br />

12 Weitere Informationen zum PRUMA-Programm sowie zu P3U erhalten Sie bei:<br />

GTZ – P3U, Dr. Edith Kürzinger <strong>und</strong> Team, Tel.: ++49 – 228 – 60 47 10<br />

Fax: ++49 – 228 – 98 57 018, Wachsbleiche 1, 53111 Bonn,<br />

E-mail: gtzp3u@aol.com, Homepage: www.gtz.de/p3u


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> konnten die Teilnehmer/-<strong>innen</strong> drei Elemente des<br />

PRUMA-Programmes kennenlernen: Den „Alten Fritz“, eine praktische Übung des Kostenmanagementmoduls<br />

sowie die Grußkartenübung <strong>und</strong> das Action Learning Set (ALS) aus<br />

dem Ressourcenmanagementmodul.<br />

1.1 Grußkartenübung <strong>und</strong> Action Learning Set (ALS) –<br />

Gr<strong>und</strong>lagen des Ressourcenmanagements<br />

Grußkartenübung <strong>und</strong> Action-Learning-Set sind Elemente des Ressourcenmanagementmoduls<br />

(RMM), eines Workshops, <strong>der</strong> sich insbeson<strong>der</strong>e an Unternehmer/-<strong>innen</strong> kleinster<br />

<strong>und</strong> kleiner Betriebe richtet. Er kann an drei Tagen o<strong>der</strong> sechs Abenden durchgeführt werden<br />

<strong>und</strong> hat zum Ziel, dass die Teilnehmer/-<strong>innen</strong>:<br />

1. Die Bedeutung einer effizienten Verwendung von Rohstoffen <strong>und</strong> Energie erfahren;<br />

2. Die gr<strong>und</strong>legenden Zusammenhänge zwischen Produktdesign, Arbeitsplanung, Arbeitsorganisation<br />

<strong>und</strong> Produktkosten verstehen;<br />

3. Stoffflussdiagramme zur Identifizierung von Schwachstellen im Produktionsprozess<br />

kennenlernen;<br />

4. Ideen entwickeln, um praktische Verän<strong>der</strong>ungen im eigenen Unternehmen umzusetzen<br />

<strong>und</strong><br />

5. Mitglie<strong>der</strong> eines Netzwerkes werden <strong>und</strong> sich gegenseitig in <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong><br />

Ressourcennutzung in ihren Unternehmen unterstützen.<br />

Zielgruppen sind kleinste, kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen (KKMU), sowie lokale Trainer<br />

<strong>und</strong> Consultants aus den Arbeitsbereichen Qualitäts-, Umwelt <strong>und</strong> Ressourcenmanagement,<br />

Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung sowie CEFE.<br />

1.1.1 Die Grußkartenübung<br />

Dr. Edit Kürzinger, Petra Eimer, Fritz Kölling, GTZ-Pilotprojekt zur Unterstützung<br />

umweltorientierter Unternehmensführung (P3U)<br />

Dieses zweite <strong>der</strong> sechs Elemente des Ressourcenmanagementmoduls hat zum Ziel, anhand<br />

<strong>der</strong> Herstellung von Grußkarten die mit dem Anfall von Reststoffen verb<strong>und</strong>enen Umweltprobleme<br />

<strong>und</strong> Kosten zu veranschaulichen, Schwachstellen zu analysieren <strong>und</strong> Verbesserungsmaßnahmen<br />

zu diskutieren.<br />

Die Übung wurde im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> mit den Teilnehmer/-<strong>innen</strong> durchgeführt.<br />

Sie dauert ca. 3,5 St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> läuft wie folgt ab:<br />

147


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

Zeitplan:<br />

1. Erläuterung <strong>der</strong> Regeln 15 min<br />

2. Produktionsplanung <strong>und</strong> Vertragsverhandlungen 60 min<br />

3. Materialeinkauf 15 min<br />

4. Produktion 30 min<br />

5. Verkauf 15 min<br />

6. Auswertung 75 min<br />

Die Aufgabe <strong>der</strong> Arbeitsgruppen ist es, eine Firma zu gründen, die Grußkarten herstellen<br />

soll. Dabei handelt es sich um eine reale Produktion.<br />

Die Rahmenbedingungen dieser Firma sind durch folgende Charakteristika gekennzeichnet:<br />

Es handelt sich um einen Markt mit starker Konkurrenz, <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e ist sehr anspruchsvoll,<br />

die Produktion ist saisonal <strong>und</strong> die Qualitätsbedingungen sind nicht verhandelbar.<br />

Die vom K<strong>und</strong>en gewünschten Grußkarten müssen den folgenden Anfor<strong>der</strong>ungen genügen:<br />

1. Jede Karte muss die folgenden Maße erfüllen (Toleranz +/- 2 mm):<br />

148<br />

23cm 11,5cm<br />

15,3cm =><br />

Außenmaße gefaltet<br />

2. Jede Karte muss ausgeschnitten <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Mitte gefaltet sein.<br />

3. Jede Karte muss mindestens 4 Designelemente aufweisen (<strong>der</strong> Karton selbst zählt<br />

nicht).<br />

4. Die Karten müssen zweckmäßig sein.<br />

5. Die produzierten Karten müssen genauso aussehen wie die Designvorlage (Skizze auf<br />

Papier).<br />

6. Im Vertrag ist alles geregelt.<br />

7. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Die Aufgabe <strong>der</strong> Gruppe besteht darin, in <strong>der</strong> Phase 2 (Produktionsplanung <strong>und</strong> Vertragsverhandlung)<br />

innerhalb von 60 min:<br />

1. Der Firma einen Namen zu geben <strong>und</strong> sich zu organisieren.<br />

2. Die Grußkarte zu entwerfen (Skizze auf Papier).<br />

3. Die Zahl <strong>der</strong> produzierten Karten festzulegen.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

4. Einen Vertrag mit dem K<strong>und</strong>en abzuschließen.<br />

5. Die notwendigen Materialien zu erwerben.<br />

6. Den Produktionsprozess zu organisieren.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> in 30 Minuten produzierten Karten liegt erfahrungsgemäß bei 10-20 Stück, je<br />

nach Design. Die produzierten Karten werden im Anschluss an die Produktion an den „K<strong>und</strong>en“<br />

(Mo<strong>der</strong>ator) verkauft, wobei dieser nur maximal die im Vertrag vereinbarte Zahl aufkauft.<br />

Darüber hinaus überprüft er die Qualität <strong>der</strong> gelieferten Karten, vergleicht sie mit dem<br />

vereinbarten Design, überprüft die Einhaltung <strong>der</strong> Maße <strong>und</strong> die Qualität <strong>der</strong> Verarbeitung.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> „abgenommenen“ Karten <strong>und</strong> die Konventionalstrafen für Ausschuss bzw. zu<br />

wenig gelieferte Karten werden festgehalten. Auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage dieser Informationen wird<br />

die Produktion unter ökonomischen Gesichtspunkten analysiert <strong>und</strong> <strong>der</strong> tatsächliche Gewinn<br />

o<strong>der</strong> Verlust berechnet (siehe Abbildung 2, ökonomische Analyse).<br />

Darüber hinaus werden die nach <strong>der</strong> Produktion verbliebenen „Reststoffe“, inklusive <strong>der</strong> vom<br />

K<strong>und</strong>en nicht akzeptierten Ausschusskarten von je<strong>der</strong> Gruppe in einer Plastiktüte gesammelt,<br />

gewogen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewichts- <strong>und</strong> Geldwert sowohl für den gesamten Abfall als auch für<br />

die einzelnen Fraktionen geschätzt (siehe Abbildung 3, ökologische Analyse).<br />

Tabelle 2: Ökonomische Analyse - Kalkulation Gewinn / Verlust<br />

Anzahl <strong>der</strong> verkauften Karten<br />

Preis pro Karte<br />

Produktionskosten<br />

Einnahmen<br />

Gewinn bzw. Verlust<br />

Tabelle3: Ökologische Analyse – Abfallanalyse<br />

Geplant Real<br />

Gewicht (g) geschätzter<br />

Wert (in DM)<br />

Neues, ungebrauchtes Material<br />

Wie<strong>der</strong>verwendbares Material<br />

Abfall zur Entsorgung<br />

Summe <strong>der</strong> Reststoffe (1.+2.+3.)<br />

Gewicht pro Karte<br />

Gewicht <strong>der</strong> gesamten Reststoffe<br />

----------pro<br />

Karte<br />

Wert <strong>der</strong> gesamten Reststoffe pro Karte -----------<br />

In <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> ökonomischen Analyse werden die Ergebnisse bewertet <strong>und</strong> zwischen<br />

den Gruppen verglichen, Unterschiede zwischen Planung <strong>und</strong> Realität herausgestellt<br />

149


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

<strong>und</strong> nach den Ursachen gefragt. Die ökonomische Analyse schließt mit <strong>der</strong> Frage ab: Was<br />

würde man beim nächsten Mal an<strong>der</strong>s bzw. besser machen?<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> sich anschließenden Auswertung unter ökologischen Gesichtspunkten erfolgt<br />

wie<strong>der</strong>um die Bewertung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>und</strong> <strong>der</strong> Vergleich zwischen den Gruppen.<br />

Weitere zentrale Fragen sind die mit dem anfallenden Abfall verb<strong>und</strong>enen Umweltwirkungen,<br />

die Ursachen <strong>der</strong> Abfallentstehung, die Beziehung zwischen ökologischer Analyse <strong>und</strong> ökonomischem<br />

Ergebnis <strong>und</strong> was beim nächsten Mal zu verbessern wäre.<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> Gruppen lagen sowohl beim ökonomischen als auch beim ökologischen<br />

Ergebnis eng beieinan<strong>der</strong>. Keine Gruppe musste Konventionalstrafe zahlen wegen Nichterfüllung<br />

<strong>der</strong> vertraglich vereinbarten Menge o<strong>der</strong> Zurückweisung aufgr<strong>und</strong> mangeln<strong>der</strong> Qualität.<br />

Diskussionspunkte waren u. a. inwieweit Arbeitsmittel (wie z. B. Stifte) einer <strong>der</strong> Abfallfraktionen<br />

zuzurechnen seien. Thematisiert wurde auch die unterschiedliche Umweltbelastung<br />

<strong>der</strong> Abfälle (z. B. Papierreste im Vergleich zu Glitzersternen) <strong>und</strong> inwieweit dies in die<br />

Kaufentscheidung eingeflossen ist o<strong>der</strong> einfließen sollte. Im Hinblick auf die Verbesserung<br />

des ökonomischen <strong>und</strong> ökologischen Ergebnisses sahen die Arbeitsgruppen u. a. Verbesserungspotentiale<br />

bei <strong>der</strong> Aushandlung des Preises sowie in <strong>der</strong> Planung, wo z. B. gezielt die<br />

anfallenden Papierschnittabfälle als Dekorationselemente eingeplant werden können.<br />

Die Grußkartenübung wurde von den Teilnehmer/-<strong>innen</strong> als interessante Methode angesehen,<br />

um sowohl in Deutschland als auch in Entwicklungslän<strong>der</strong>n auf win-win Potentiale aufmerksam<br />

zu machen <strong>und</strong> Problembewusstsein zu wecken.<br />

1.2 Das Action-Learning-Set (ALS)<br />

150<br />

Petra Eimer, GTZ-Pilotprojekt zur Unterstützung umweltorientierter Unternehmensführung<br />

(P3U)<br />

Das Action-Learning-Set ist das letzte <strong>der</strong> 6 Elemente des Ressourcenmanagementmoduls.<br />

Ziel <strong>der</strong> Methode ist es, Selbstlerngruppen zu gründen, die sich nach Ende des Ressourcenmanagement-Workshops<br />

regelmäßig treffen. Eine Selbstlerngruppe besteht aus fünf bis<br />

zehn teilnehmenden Unternehmern, die durch gleiche persönliche, geographische o<strong>der</strong><br />

sektorspezifische Interessen motiviert sind, regelmäßig Gruppen- bzw. Netzwerktreffen<br />

durchzuführen. Ziel <strong>der</strong> Netzwerktreffen ist es, die individuellen Probleme / Fälle <strong>der</strong> Teilnehmer/-<strong>innen</strong><br />

zu diskutieren <strong>und</strong> konkrete Lösungen <strong>und</strong> Handlungsstrategien zu erarbeiten,<br />

um dadurch umweltverträglicher <strong>und</strong> wirtschaftlicher zu produzieren. Wenn dieser Prozess<br />

einmal initiiert ist, kann er meist ohne externe Beteiligung eines Beraters / Fazilitators<br />

von <strong>der</strong> Gruppe eigenständig fortgeführt werden.<br />

1.2.1 Elemente des ALS sind:<br />

1. Das Problem jedes Teilnehmers, welches diskutiert wird.<br />

2. Der Klient, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Gruppe beraten werden möchte.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

3. Die Teilnehmer in <strong>der</strong> Rolle von Beratern.<br />

4. Der Mo<strong>der</strong>ator, <strong>der</strong> die Gruppe unterstützt.<br />

Dabei soll <strong>der</strong> Klient ein persönliches Interesse haben, das Problem zu lösen. Die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an das Problem sind:<br />

- Es gibt einen messbaren Unterschied zwischen <strong>der</strong> gewünschten <strong>und</strong> <strong>der</strong> aktuellen Situation,<br />

- Es gibt keine „Blaupausen“-Lösung,<br />

- Die erfor<strong>der</strong>lichen Ressourcen (Zeit, Informationen, Know-How, Geld) zum Erreichen <strong>der</strong><br />

gewünschten Situation sind verfügbar,<br />

- Die Lösung kann umgesetzt werden, d. h. es gibt keine „Oppositionsfraktion“ (z. B. Mitarbeiter,<br />

Partner, Teilhaber), die die Lösung verhin<strong>der</strong>n können o<strong>der</strong> wollen.<br />

Ein Action Learning Set läuft wie folgt ab:<br />

a. Problembeschreibung (3 Min.): Der Klient erläutert kurz sein/ihr Problem:<br />

- Wie heißt das Problem (Titel)?<br />

- Warum will ich das Problem lösen?<br />

- Welche an<strong>der</strong>en Personen sind davon betroffen?<br />

b. Problemanalyse (15-20 Min.): Die Teilnehmer/-<strong>innen</strong> in <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Berater <strong>und</strong> <strong>der</strong>/die<br />

Mo<strong>der</strong>ator/-in versuchen, das Problem, die betroffenen Personen, <strong>der</strong>en Interessen <strong>und</strong><br />

Einstellungen zu Verän<strong>der</strong>ungen zu verstehen. Die Berater stellen Fragen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Klient<br />

antwortet.<br />

Regeln: Offene Fragen stellen <strong>und</strong> keine vorzeitigen Ratschläge erteilen! Der Klient beantwortet<br />

ausschließlich die Fragen.<br />

c. Brainstorming zu Lösungen <strong>und</strong> Strategien (15 Min.): Die Berater (<strong>und</strong> <strong>der</strong> Fazilitator)<br />

sind aktiv, <strong>der</strong> Klient ist reiner Beobachter!<br />

Regeln: Keine Intervention des Klienten! Bei <strong>der</strong> Diskussion neuer Ideen präzise sein.<br />

d. Evaluierung/ Verpflichtung (10 Min.): Der Klient bewertet die Vorschläge <strong>und</strong> „verpflichtet“<br />

sich zur Umsetzung. Die Berater beantworten Fragen <strong>und</strong> geben Unterstützung.<br />

e. Aufnahme eines neuen Problems <strong>und</strong> Start mit Schritt 1.<br />

Der Mehrwert des ALS besteht in <strong>der</strong><br />

- Systematischen Problemanalyse;<br />

- Erweiterung <strong>der</strong> Perspektive;<br />

151


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

- Entwicklung neuer Ideen;<br />

- Vorbereitung effektiver Maßnahmen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

- Unterstützung des Teams/Netzwerks.<br />

1.2.2 Gewonnene Erfahrungen <strong>und</strong> Erkenntnisse:<br />

Im Rahmen des Workshops wurde ein relativ komplexes Problem aus dem betrieblichen<br />

Alltag eines Teilnehmers ausgewählt: Das Unternehmen aus <strong>der</strong> Lackbranche war an <strong>der</strong><br />

Kapazitätsgrenze angekommen <strong>und</strong> hatte Probleme, die hohe Nachfrage termingerecht zu<br />

bedienen. Eine Option war, Lacke auf Vorrat herzustellen. Da nicht bekannt war, wie lange<br />

<strong>der</strong> Hauptk<strong>und</strong>e die verschiedenen Lacktypen nachfragt, bestand das Risiko, dass auf Vorrat<br />

produzierter Lack zu einem späteren Zeitpunkt als Son<strong>der</strong>abfall entsorgt werden müsste.<br />

Nach <strong>der</strong> Problemanalyse bestand bei den Teilnehmer/-<strong>innen</strong> <strong>der</strong> Eindruck, dass die Gruppe<br />

zur Problemlösung nichts beitragen kann. In <strong>der</strong> Brainstormingphase wurden jedoch von <strong>der</strong><br />

Gruppe verschiedene technische <strong>und</strong> organisatorische Vorschläge gebracht, die im Anschluss<br />

sowohl die Gruppe als auch den Klienten positiv überraschten. Es handelte sich teils<br />

um Ideen, die das Unternehmen schon angedacht hatte. Darüber hinaus waren auch einige<br />

neue Ideen aufgekommen wie z. B. die Einbeziehung des Hauptk<strong>und</strong>en in die Problemlösung,<br />

die Durchführung einer Schwachstellenanalyse unter Einbeziehung aller Akteure im<br />

Unternehmen, die Nutzung des Action-Learning-Sets zur Erarbeitungen von Lösungen für<br />

dieses <strong>und</strong> weitere Probleme im Betrieb sowie Kooperationen mit Universitäten (z. B. im Bereich<br />

<strong>der</strong> Verwertung von Restlacken, Optimierung <strong>der</strong> Planung <strong>und</strong> Lagerhaltung).<br />

Insbeson<strong>der</strong>e das schrittweise Vorgehen des Action-Learning-Set wurde als hilfreich für die<br />

konstruktive Erarbeitung von Ideen <strong>und</strong> Lösungen beurteilt. Die Teilnehmer/-<strong>innen</strong>, die aus<br />

Betrieben, verschiedenen entwicklungspolitischen Institutionen <strong>und</strong> Projekten <strong>der</strong> ländlichen<br />

Entwicklung kamen, sahen gute Einsatzmöglichkeiten in ihren Arbeitsfel<strong>der</strong>n.<br />

1.3 Der “Alte Fritz”: Gr<strong>und</strong>lagen des umweltorientierten<br />

Kostenmanagements (UoKM)<br />

152<br />

Fritz Kölling, GTZ-Pilotprojekt zur Unterstützung umweltorientierter<br />

Unternehmensführung (P3U)<br />

Umweltorientiertes Kostenmanagement (UoKM) ist ein Management-Instrument, das es<br />

mittleren Industriebetrieben in Entwicklungslän<strong>der</strong>n ermöglicht, sogenannte Win-Win-Situationen<br />

zu identifizieren, d. h. Maßnahmen zur Kostensenkung durch effizientere <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

umweltfre<strong>und</strong>lichere Ressourcennutzung zu entwickeln sowie mit <strong>der</strong>en Umsetzung<br />

einen Prozess <strong>der</strong> kontinuierlichen Verbesserung in Gang zu setzen. Es wurde vom Pilotvorhaben<br />

zur Unterstützung umweltorientierter Unternehmensführung (P3U) im Auftrag des<br />

BMZ entwickelt <strong>und</strong> in Zimbabwe erfolgreich in sechs mittleren Betrieben angewandt.<br />

Kern <strong>der</strong> Methode sind die Analyse <strong>und</strong> kostenmäßige Bewertung von Reststoffströmen, hier<br />

Non-Product Output (NPO) genannt, sowie die Einbettung <strong>der</strong> einzelnen Schritte in einen


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

OE-Ansatz. Als Reststoffe/NPO werden alle eingesetzten Material-, Energie- <strong>und</strong> Wasserströme<br />

bezeichnet, die nicht direkt in das Endprodukt eingehen.<br />

Input<br />

Rohstoffe<br />

Energie<br />

Wasser<br />

Produktions-Prozess Output<br />

Verarbeitung<br />

Entsorgung<br />

Input-Kosten VerarbeitungsEntsorgungs- <strong>der</strong> NPO + kosten <strong>der</strong> NPO + kosten <strong>der</strong> NPO =<br />

gewünschtes<br />

Endprodukt<br />

Non-product<br />

output (NPO)<br />

Gesamte<br />

NPO-Kosten<br />

10-30% <strong>der</strong><br />

gesamten<br />

Produktionkosten<br />

Um die Gr<strong>und</strong>lagen dieser Methode in Workshops zu vermitteln, wurde eine Übung entwickelt,<br />

die anhand eines einfachen Beispiels den NPO-Begriff einführt <strong>und</strong> den Teilnehmer/-<strong>innen</strong><br />

hilft, den UoKM-Anwendungszyklus in Arbeitsgruppen selbständig zu erarbeiten.<br />

Diese Übung dauert etwa 90 Minuten <strong>und</strong> eignet sich für Kurzworkshops ebenso wie als Einstieg<br />

in den 4-tägigen Capacity Building Workshop, welcher den Start <strong>der</strong> standardisierten<br />

UoKM-Gruppenanwendung darstellt. Die Übung baut auf dem „Produktionsprozess“ eines<br />

Restaurants auf, welches Salzkartoffeln als Produkt anbietet.<br />

Das “Alte Fritz” ist ein traditionelles, gut bürgerliches Restaurant in <strong>der</strong> Mitte Berlins. Seit<br />

beinahe zweih<strong>und</strong>ert Jahren kommen Gäste von nah <strong>und</strong> fern, um hier die berühmten Salzkartoffeln<br />

zu essen.<br />

Lassen Sie uns einen Blick ins Innere des Restaurants werfen <strong>und</strong> beobachten, wie die<br />

Salzkartoffeln „hergestellt“ werden. Zunächst müssen die rohen, schmutzigen Kartoffeln gewaschen<br />

<strong>und</strong> geschält werden. Herrmann, <strong>der</strong> Küchengehilfe, ist für das Kartoffelschälen<br />

zuständig, wozu er den Hauptteil seiner Zeit verwendet. Nach all den Jahren ist er nicht beson<strong>der</strong>s<br />

begeistert bei <strong>der</strong> Sache. Die Schalen werden mit den an<strong>der</strong>en Küchenabfällen in<br />

den großen Eimer geschmissen, den Elfriede, die alte Putzfrau, am Ende des Tages in den<br />

Müllcontainer im Hinterhof entleert. Die geschälten Kartoffeln werden in einem riesigen Topf<br />

gekocht, <strong>der</strong> immer randvoll mit Wasser gefüllt ist. Das macht es für den Koch leichter, das<br />

Salz zu dosieren: in einen vollen Topf kommen immer genau zwei gehäufte Esslöffel. In <strong>der</strong><br />

Küche stehen zwei alte Elektroherde, auf denen immer volle Töpfe mit Wasser kochen. Der<br />

Koche behauptet, es gehe dann schneller mit den Kartoffeln <strong>und</strong> außerdem kämen dauernd<br />

Aufträge rein, so dass es unsinnig wäre, die Herde auszuschalten. Die Kartoffeln müssen<br />

genau 20 Minuten kochen; dann wird das Wasser in die Spüle abgegossen <strong>und</strong> Herrmann<br />

lässt die Kartoffeln ein wenig abkühlen, damit er sie vierteln kann. Bis <strong>der</strong> Kellner die Teller<br />

mit den geviertelten Kartoffeln mitnimmt, vergeht meistens eine gewissen Zeit.<br />

153


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

Vor allem zur Mittagszeit, wenn das Restaurant voll ist, schafft er es kaum alle in <strong>der</strong> gewünschten<br />

Zeit zu bedienen. Manchmal („sehr selten“, sagt <strong>der</strong> Kellner) erhalten die Gäste<br />

dann ihre Kartoffeln so kalt, dass sie ärgerlich werden <strong>und</strong> sie sogar zurück gehen lassen.<br />

Den Kellner, <strong>der</strong> schon immer hier gearbeitet hat, stört das nicht beson<strong>der</strong>s. An <strong>der</strong> Spüle<br />

steht Elfriede, spült die Teller <strong>und</strong> singt ein Lied von <strong>der</strong> guten alten Zeit.<br />

Die Arbeitsgruppen erhalten den Auftrag, folgende Fragen zu beantworten <strong>und</strong> im Plenum zu<br />

präsentieren:<br />

- Was ist das vom K<strong>und</strong>en gewünschte Endprodukt?<br />

- Welche Materialien, Energie- <strong>und</strong> Wasser-Ströme werden im Produktionsprozess benötigt?<br />

- Welche dieser Inputs gelangen nicht in das gewünschte Endprodukt (sind also Non-<br />

Product-Output)?<br />

- Wer ist an <strong>der</strong> Erzeugung dieser NPOs mittelbar <strong>und</strong> unmittelbar beteiligt?<br />

- Welche Information würde benötigt um die NPO-Ströme zu quantifizieren?<br />

- Welche Kosten werden durch die NPOs verursacht?<br />

- Welche möglichen Umweltwirkungen gehen von den NPOs aus?<br />

- Was sind die Gründe für die Entstehung <strong>der</strong> NPOs?<br />

- Mit Hilfe welcher Maßnahmen könnten die NPO-Ströme reduziert werden?<br />

Ziel <strong>der</strong> Auswertung ist es, den Teilnehmer/-<strong>innen</strong> die „NPO-Brille“ aufzusetzen, sie also in<br />

die Lage zu versetzen, den eigenen Betrieb unter den Gesichtspunkten „Was geht ins Produkt<br />

<strong>und</strong> was nicht?“ zu betrachten <strong>und</strong> ihnen die Schritte nahe zu bringen, die zur Erfassung,<br />

Bewertung <strong>und</strong> Reduzierung dieser NPO notwendig sind. Der Zusammenhang zwischen<br />

dem Umgang mit Ressourcen <strong>und</strong> den dabei entstehenden Kosten <strong>und</strong> Umweltwirkungen<br />

wird an diesem einfachen Beispiel sehr deutlich, da hier alle „typischen“ Inputs industrieller<br />

Prozesse ebenfalls verwendet werden (Energie, Wasser, Roh-, Hilfs- <strong>und</strong> Betriebsstoffe).<br />

Die Kartoffelstücke, die Herrmann in seiner Sorglosigkeit mit den Schalen wegschneidet,<br />

sind vorher teuer bezahlt worden <strong>und</strong> verursachen nun auch noch Entsorgungskosten<br />

– ebenso wie das Salz, das mit dem (unter hohem Energieeinsatz erhitzten) Wasser<br />

weggeschüttet wird <strong>und</strong> die Umwelt belastet. Die kaltgewordenen Kartoffeln, die von den<br />

K<strong>und</strong>en zu Recht zurück gegeben werden, hatten die ganze Prozesskette durchlaufen, vom<br />

Schälen über das Kochen bis hin zum Servieren. In ihnen stecken nicht nur die hohen Inputkosten,<br />

son<strong>der</strong>n auch noch Lohn- <strong>und</strong> Maschinenkosten – ein häufiges Beispiel für „Rejects“,<br />

die in nicht sehr qualitätsbewussten Betrieben in Entwicklungslän<strong>der</strong>n leicht 20 % <strong>der</strong> produzierten<br />

Güter ausmachen können.<br />

Es werden aber auch die Grenzen <strong>der</strong> Methode erarbeitet (es geht nur um den Betrieb –<br />

„externe“ Kosten werden nicht betrachtet) <strong>und</strong> Missverständnisse im voraus ausgeräumt<br />

(Arbeit ist kein NPO – NPO verursachen aber Lohnkosten). Bei <strong>der</strong> Beschäftigung mit den<br />

154


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

Ursachen für die NPO-Entstehung kommt den Bereichen Kommunikation, Arbeitsorganisation<br />

<strong>und</strong> Motivation <strong>der</strong> Mitarbeiter eine wichtige Bedeutung zu – ein wichtiger Aspekt, <strong>der</strong><br />

neben technischen Betrachtungen oft vergessen wird. Es wird den Teilnehmer/-<strong>innen</strong> klar,<br />

dass Maßnahmen zur Reduzierung <strong>der</strong> NPO vor allem auch im Produktdesign (warum nicht<br />

Pellkartoffeln?), bei <strong>der</strong> Beschaffung von Rohstoffen, im Management <strong>und</strong> alternativen Verwendungsmöglichkeiten<br />

<strong>der</strong> Abfälle (z. B. Schweinefutter) zu suchen sind.<br />

Die einzelnen Fragen bilden die 6 Schritte des UoKM-Anwendungszyklus nach:<br />

6<br />

5<br />

Integration in<br />

Firmenstruktur<br />

Umsetzung <strong>der</strong><br />

Maßnahmen<br />

Bewertung<br />

Verän<strong>der</strong>ung<br />

1<br />

4<br />

Stoffstromanalyse<br />

Wahrnehmung<br />

Aktion<br />

Maßnahmenentwicklung<br />

2<br />

Konsensbildung<br />

Mobilisierung<br />

von Energie<br />

3<br />

Kosten- <strong>und</strong><br />

Wirkungsanalyse<br />

Ursachenanalyse<br />

Dieser Zyklus bildet die Struktur für die etwa 6-monatige Einführung von UoKM im Betrieb,<br />

wobei neben <strong>der</strong> technisch-ökonomischen Methode ein Prozess <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Organisation<br />

steht, <strong>der</strong> durch den inneren Kreis abgebildet wird. Gerade das Verhalten <strong>der</strong><br />

Beteiligten im „Alten Fritz“ macht deutlich, wie wenig Verbesserungen ohne die aktive Einbeziehung<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter umsetzbar sind – eine Erfahrung, die P3U bei <strong>der</strong> Auswertung an<strong>der</strong>er<br />

Ansätze gewonnen hat <strong>und</strong> die charakteristisch gerade für Betriebe in Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

ist.<br />

155


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

2. Verbesserung <strong>der</strong> Dienstleistungsqualität im Ges<strong>und</strong>heitswesen durch<br />

den Aktionsforschungsansatz: Ein Ausblick<br />

156<br />

Dr. Ouédraogo Boukary, Centre International de Formation en Recherche-Action/ GTZ<br />

2.1 Einleitung<br />

In vielen Entwicklungslän<strong>der</strong>n müssen erhebliche zusätzliche Ressourcen, eine kohärente<br />

Politik <strong>der</strong> Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsentwicklung sowie effiziente Mechanismen <strong>der</strong> institutionellen<br />

Entwicklung eingesetzt werden, um den Ges<strong>und</strong>heitsstatus <strong>der</strong> Bevölkerung zu<br />

verbessern.<br />

Die Suche nach angepassten Strategien <strong>und</strong> neuen Interventionsmethoden zur Herbeiführung<br />

einer dauerhaften (qualitativen <strong>und</strong> quantitativen) Verän<strong>der</strong>ung ist daher ein wesentliches<br />

Anliegen <strong>der</strong> Verantwortlichen in <strong>der</strong> Politik wie auch im Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitswesen.<br />

Die Entscheidungsträger müssen über präzise <strong>und</strong> detaillierte Informationen in Bezug<br />

auf die Erfor<strong>der</strong>nisse, Möglichkeiten <strong>und</strong> Folgen <strong>der</strong> verschiedenen empfohlenen Maßnahmen<br />

verfügen. Das ist nur möglich, wenn die Führungskräfte <strong>und</strong> Entscheidungsträger des<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesens ebenso wie die Bevölkerung sich in einem dynamischen Prozess <strong>der</strong><br />

Aktionsforschung engagieren, um selbst Handlungsträger des Wandels zu sein. Ziel eines<br />

solchen Prozesses ist die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verhaltensweisen, Fähigkeiten, Gewohnheiten<br />

<strong>und</strong> Einstellungen von Einzelpersonen o<strong>der</strong> Bevölkerungsgruppen, die Verbesserung <strong>der</strong><br />

sozialen Beziehungen o<strong>der</strong> auch die Modifizierung <strong>der</strong> institutionellen Regeln zur Steigerung<br />

<strong>der</strong> Maßnahmeneffizienz.<br />

Als Beitrag zur Stärkung <strong>und</strong> Entfaltung <strong>der</strong> individuellen <strong>und</strong> institutionellen Kapazitäten<br />

entwickelt die GTZ über das "Centre International de Formation en Recherche-Action"<br />

(CIFRA, internationales Ausbildungszentrum für Aktionsforschung) ein Ausbildungsprogramm<br />

zum Aktionsforschungsansatz.<br />

Aktionsforschung bedeutet, das eigene Arbeitsfeld zu erforschen <strong>und</strong> für ermittelte Probleme<br />

gemeinsam mit allen Beteiligten angepasste Lösungen <strong>und</strong> Konzepte zu entwickeln, umzusetzen<br />

<strong>und</strong> anschließend die Wirkung zu überprüfen.<br />

2.2 Der Aktionsforschungsansatz<br />

Die Fachkräfte <strong>und</strong> sonstigen Akteure des Ges<strong>und</strong>heitswesens, die in den Regionen <strong>und</strong><br />

Distrikten – also dort, wo "Ges<strong>und</strong>heitssystem" <strong>und</strong> "Bevölkerung" in Kontakt stehen, - Verantwortung<br />

übernehmen, brauchen Fachkenntnisse ebenso wie Management- <strong>und</strong> Kommunikationsfähigkeiten.<br />

Sie benötigen auch Kompetenzen, die es ihnen hier <strong>und</strong> heute <strong>und</strong> unter den<br />

gegebenen Umständen (<strong>und</strong> nicht nur unter Umständen die zuerst "von außen" o<strong>der</strong> "von<br />

oben" geschaffen werden müssen) ermöglichen, eine wirksame, bedürfnisorientierte Arbeit zu<br />

leisten. Das bedeutet, dass sie ihre Erfahrungen situationskonform einsetzen <strong>und</strong> Vorschläge<br />

machen, um das Ges<strong>und</strong>heitssystem zu verbessern <strong>und</strong> so die Entwicklung <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitsdienste<br />

selbst "von <strong>innen</strong>" in die Hand nehmen.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

Die Hauptakteure dieses dynamischen Prozesses brauchen die Forschungsergebnisse, um die<br />

Entscheidungsfindung im Hinblick auf eine bessere Organisation <strong>der</strong> Dienste <strong>und</strong> eine rationelle<br />

Nutzung <strong>der</strong> knappen verfügbaren o<strong>der</strong> mobilisierbaren Mittel zu optimieren.<br />

Der "Cours International de Formation en Recherche-Action" (internationaler Lehrgang Aktionsforschung)<br />

will diese Dynamik <strong>der</strong> kontinuierlichen Anpassung des Angebots im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

an die Bedürfnisse <strong>der</strong> Bevölkerung schaffen.<br />

2.3 Konzeptioneller Ansatz<br />

Im Programm des CIFRA wird Aktionsforschung als wesentlicher Bestandteil des Praxisalltags<br />

gelehrt mit dem Ziel, die Fähigkeit zum kreativen, kritischen <strong>und</strong> konstruktiven Denken des<br />

Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitspersonals zu stärken.<br />

Der konzeptionelle Ansatz des Programms ist eine Anpassung <strong>der</strong> klassischen Aktionsforschungsmethode<br />

an das bestehende Management- <strong>und</strong> Planungssystem.<br />

Das entwickelte Modell eröffnet den Akteuren vor Ort eine reelle Chance, die erwünschten Än<strong>der</strong>ungen<br />

dank <strong>der</strong> neu erworbenen Forschungskompetenzen herbeizuführen, ohne ausschließlich<br />

auf externe Forscher angewiesen zu sein. Dieser Ansatz stellt die Forschung in den<br />

Dienst <strong>der</strong> Aktion <strong>und</strong> die Aktion in den Dienst des Wissens <strong>und</strong> das unter dem Blickwinkel einer<br />

kontinuierlichen Verbesserung <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitssituation <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />

2.4 Ziel <strong>und</strong> Strategien des Programms<br />

Einen Beitrag zur Entwicklung <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitsdienste "von <strong>innen</strong>" zu leisten ist oberstes<br />

Ziel des vom CIFRA angebotenen Ausbildungsprogramms. Das Programm wendet sich an<br />

das Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitspersonal mit Führungsverantwortung auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitsdistrikte<br />

<strong>und</strong> –regionen in den Län<strong>der</strong>n des frankophonen Afrika. Es umfasst einen<br />

sechswöchigen Gr<strong>und</strong>kurs, die Durchführung einer Aktionsforschungsstudie im Arbeitsumfeld<br />

<strong>der</strong> Teilnehmer/-<strong>innen</strong> von zehn Wochen Dauer <strong>und</strong> einen zweiwöchigen Workshop zur<br />

Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse.<br />

2.5 Erfolge des Programms<br />

Die Programmevaluierung kam zu dem Ergebnis, dass <strong>der</strong> entwickelte Ansatz sehr praxisorientiert<br />

ist, den wachsenden Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitsdienste entspricht <strong>und</strong> eine<br />

sofortige Verbesserung <strong>der</strong> Dienste, aus denen die Teilnehmenden kommen, ermöglicht. Die<br />

Ausbildung erweitert die Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten <strong>der</strong> Teilnehmenden in den Bereichen<br />

Analyse, Management <strong>und</strong> Verständigung mit <strong>der</strong> Bevölkerung. In <strong>der</strong> Subregion besteht<br />

eine lebhafte Nachfrage in den von <strong>der</strong> GTZ geför<strong>der</strong>ten Projekten, aber auch seitens internationaler<br />

<strong>und</strong> bilateraler Organisationen, NRO <strong>und</strong> regionaler Strukturen.<br />

2.6 Diskussion<br />

Ein Kritikpunkt an <strong>der</strong> Vorgehensweise des CIFRA ist, dass Aktionsforschung nicht von professionellen<br />

Forschern praktiziert wird. Das impliziert, dass das Produkt eine min<strong>der</strong>wertige<br />

157


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

Forschung sein könnte. Immer wie<strong>der</strong> wird die Frage gestellt: Können Nichtfachleute Aktionsforschung<br />

betreiben?<br />

Auf diese Frage gibt die anlässlich <strong>der</strong> EFTA <strong>2000</strong> organisierte Reflexionsgruppe erneut die<br />

nachstehenden wesentlichen Antworten:<br />

- Das Interesse von Aktionsforschung muss darauf ausgerichtet sein, eine Dynamik zur<br />

Lösung punktueller Probleme mit den Akteuren vor Ort zu erhalten, durch Partizipation<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung an <strong>der</strong> Forschung als notwendige <strong>und</strong> wesentliche Voraussetzung.<br />

- Das Ges<strong>und</strong>heitspersonal wird als Mittler des Systems gesehen. Die Rolle externer Forscher<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Fachleute ist wichtig <strong>und</strong> nützlich <strong>und</strong> wird durch die von den lokalen Akteuren<br />

ermittelten Bedürfnisse bestimmt.<br />

Eine an<strong>der</strong>e, häufig anzutreffende Schwierigkeit ist die Frage, wie die Verbreitung <strong>und</strong> Nutzung<br />

<strong>der</strong> Forschungsergebnisse sichergestellt werden kann. Auch hier hat die Reflexionsgruppe<br />

<strong>der</strong> EFTA <strong>2000</strong> ihren Standpunkt vorgebracht, <strong>der</strong> sich in den folgenden Vorschlägen<br />

zusammenfassen lässt:<br />

- die Entscheidungsträger vor Beginn des Forschungsprozesses einbeziehen, um die Nutzung<br />

<strong>der</strong> Ergebnisse sicherzustellen <strong>und</strong> alle Ebenen an <strong>der</strong> Ausbildung für die Forschungsarbeit<br />

zu beteiligen, damit vor allem die höchste Ebene sich den Forschungsprozess<br />

zu eigen macht;<br />

- die Erfahrungen dokumentieren <strong>und</strong> den Entscheidungsträgern zur Verfügung stellen, um<br />

sie besser über den Prozess <strong>und</strong> die Ergebnisse zu informieren;<br />

- die Ergebnisse den Akteuren vor Ort verfügbar machen.<br />

Wie bei jedem Ausbildungsprogramm dieser Art ist auch dem CIFRA die Nachhaltigkeit des<br />

Angebots ein wichtiges Anliegen. Die Reflexionsgruppe setzte sich daher auch mit <strong>der</strong> Frage<br />

auseinan<strong>der</strong>, wie die Nachhaltigkeit <strong>der</strong> Ausbildungsprogramme sicherzustellen sei.<br />

Zu dieser Frage wurden mehrere Vorschläge gemacht, insbeson<strong>der</strong>e die Ausbildung <strong>und</strong><br />

Erhaltung einer kritischen Masse, die den Ansatz weiterführen kann, die Diversifizierung des<br />

Programmangebots, eine Verankerung bei einer Trägerinstitution o<strong>der</strong> die Schaffung einer<br />

unabhängigen Struktur des Typs NRO o<strong>der</strong> Beratungsfirma.<br />

158


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

3. Qualifizierte lokale Fach- <strong>und</strong> Führungskräfte:<br />

Der Schlüssel für die TZ in einer globalisierten Welt<br />

Dr. Wolfgang v. Richter, Dr. Horst Seel, GTZ-Arbeitsfeld: Bildung, Wissenschaft,<br />

Jugend<br />

Zum Auftakt <strong>der</strong> Veranstaltung wurde seitens <strong>der</strong> GTZ in das Thema eingeführt. Dabei wurde<br />

beson<strong>der</strong>s auf die Rolle <strong>der</strong> Hochschulen als Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung<br />

im Kontext <strong>der</strong> technischen Zusammenarbeit in einer globalisierten Welt Bezug genommen.<br />

Die Präsentation wurde durch kurze Beiträge <strong>der</strong> Podiumsmitglie<strong>der</strong> Prof. Dr. R. Arnold, Universität<br />

Kaiserslautern; Dr. Bennett, freier Gutachter, Köln; Prof. Dr. P. Kern, Universität Ulm;<br />

Prof. Dr. J. Pretzsch, TU Dresden <strong>und</strong> Prof. Dr. R. Reineke, FH Ludwigshafen aufgenommen<br />

<strong>und</strong> vertieft vor dem Hintergr<strong>und</strong> eigener Erfahrungen <strong>und</strong> Kenntnisse. Daran schloss sich<br />

eine Diskussion mit den Teilnehmer/-<strong>innen</strong> <strong>der</strong> Veranstaltung an. Als Abschluss <strong>der</strong> Diskussion<br />

wurden die Ergebnisse in einer Reihe von Thesen zusammen gefasst. Trotz <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />

fachlichen Hintergründe <strong>und</strong> Erfahrungen war eine weitgehende Übereinstimmung<br />

in <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> Bedeutung von Hochschulen für die nachhaltige Entwicklung <strong>und</strong><br />

die Notwendigkeit einer ausgewogenen Unterstützung <strong>der</strong> Hochschulen im Rahmen <strong>der</strong><br />

technischen Zusammenarbeit zu verzeichnen.<br />

1. Hochschulen <strong>und</strong> wissenschaftliche Institutionen in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n sind ein<br />

wesentlicher Faktor für die nachhaltige Entwicklung. Sie bilden die notwendigen Fachkräfte<br />

aus <strong>und</strong> generieren <strong>und</strong> verbreiten das erfor<strong>der</strong>liche Wissen für die soziale <strong>und</strong><br />

wirtschaftliche Entwicklung.<br />

2. Inhalte <strong>der</strong> Ausbildung / Studiengänge müssen sich an den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

orientieren, um dadurch die Anstellungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Absolventen zu<br />

verbessern. Dabei soll beson<strong>der</strong>s ein starker Praxisbezug in <strong>der</strong> Ausbildung berücksichtigt<br />

werden. Im Hinblick auf Aus- <strong>und</strong> Fortbildung von bereits im Beruf stehenden Personen<br />

müssen sich die Hochschulen stärker als Dienstleister verstehen <strong>und</strong> entsprechende<br />

Angebote erarbeiten.<br />

3. Die deutschen Hochschulen wollen eine größere Rolle bei <strong>der</strong> Entwicklung <strong>und</strong> Unterstützung<br />

von Hochschulen in Entwicklungslän<strong>der</strong>n spielen. Die Schaffung von Schwerpunkten<br />

an deutschen Hochschulen, die von Bedeutung für die Zusammenarbeit in den<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong>n sind, ist jedoch erfor<strong>der</strong>lich. Langfristige <strong>und</strong> dauerhafte Partnerschaften<br />

sind allerdings nur möglich, wenn entsprechende Anreizsysteme im deutschen<br />

Hochschulsystem vorhanden sind. Die Partnerschaft mit Hochschulen in Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

sind gleichfalls von Bedeutung für die Internationalisierung <strong>der</strong> deutschen Hochschulen<br />

<strong>und</strong> stärken langfristig die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Deutschland.<br />

4. Die Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien stellen eine Herausfor<strong>der</strong>ung für die<br />

Zusammenarbeit im Wissenschaftssektor dar. Die neuen Medien revolutionieren die<br />

Lehr- <strong>und</strong> Lernkultur. Die neuen Medien bieten in <strong>der</strong> Hochschulzusammenarbeit große<br />

Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Ausbildungsmethoden, die Verbesserung <strong>der</strong><br />

Qualität <strong>und</strong> des Zugangs von unterprivilegierten Studenten. Vor allen Dingen im Bereich<br />

<strong>der</strong> Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung werden die neuen Medien dominieren.<br />

159


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Themenschwerpunkt 4: Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale<br />

5. Das Monopol <strong>der</strong> Universitäten in <strong>der</strong> Aus- <strong>und</strong> Fortbildung ist in vielen Bereichen bereits<br />

aufgelöst. Internationale Firmen schaffen sich ihre eigenen Ausbildungsstätten<br />

(Corporate University). Der immer schnellere Verfall des einmal gelernten Wissens führt<br />

zur Notwendigkeit des lebenslangen Lernens. Postgraduale Studien werden in Zukunft<br />

immer stärker berufsbegleitend sein <strong>und</strong> entsprechend flexibel, sowohl zeitlich als auch<br />

räumlich, müssen die Universitäten ihre Angebote unterbreiten.<br />

6. Die Hochschulen in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n müssen vorrangig bei <strong>der</strong> Stärkung ihrer<br />

Effektivität <strong>und</strong> Effizienz in Lehre, Forschung <strong>und</strong> Beratung unterstützt werden. Maßnahmen<br />

zur Einführung eines Qualitätsmanagement, zur Integration von Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungsprogrammen<br />

in den regulären Lehrbetrieben sowie die Fokussierung von<br />

Forschung <strong>und</strong> Beratung auf die Bedarfe <strong>der</strong> lokalen Akteure sind von beson<strong>der</strong>er<br />

Wichtigkeit. Darüber hinaus sollen die Hochschulen in ihrer Rolle als Mo<strong>der</strong>atoren von<br />

gesellschaftlichen Konflikten <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Unterstützung von Transformationsprozessen<br />

geför<strong>der</strong>t werden.<br />

Hochschulen <strong>und</strong> Forschungseinrichtungen in Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenlän<strong>der</strong>n sind bei<br />

<strong>der</strong> Einbindung in die regionale wirtschaftliche, soziale <strong>und</strong> gesellschaftliche Entwicklung<br />

ihrer Län<strong>der</strong> zu unterstützen <strong>und</strong> zu stärken. Entsprechend sollen Maßnahmen zur Stärkung<br />

<strong>der</strong> Hochschulen in die Planung <strong>und</strong> Durchführung von TZ-Maßnahmen voll integriert werden.<br />

160


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Dokumentation <strong>der</strong> Abschlußveranstaltung<br />

III. DOKUMENTATION DER ABSCHLUSSVERANSTALTUNG<br />

1. Ergebnisse ausgewählter Arbeitsgruppen ..................................................162<br />

2. Diskussion mit <strong>der</strong> Geschäftsführung (Fischbowl)...................................165<br />

3. Bedeutung <strong>und</strong> Interpretation des ”Ownership”-Begriffs .......................166<br />

4. Ansatzpunkte zur Verbesserung deutscher TZ ..........................................167<br />

5. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick ...................................................................168<br />

Dr. Christoph Beier, GTZ-Bereichsleitung Planung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

161


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Dokumentation <strong>der</strong> Abschlußveranstaltung<br />

III. DOKUMENTATION DER ABSCHLUSSVERANSTALTUNG<br />

162<br />

Mo<strong>der</strong>ation:<br />

Peter Keller, GTZ-Arbeitsfeld: Politik <strong>und</strong> Regionalentwicklung<br />

Manfred Häbig, GTZ-Strategisches Projekt Wissensmanagement<br />

Zusammengefasst von: Dr. Christine Koch, Gutachterin,<br />

GTZ-Arbeitsfeld: Transport <strong>und</strong> Mobilität<br />

Die Veranstaltung glie<strong>der</strong>te sich in drei Abschnitte. Der erste Abschnitt widmete sich den in<br />

den Arbeitsgruppen erzielten Ergebnissen. Zielsetzung war es, Themenfel<strong>der</strong> zu identifizieren,<br />

die maßgeblich für die Gestaltung zukünftiger TZ sein könnten. Damit ging es auch um<br />

die Klärung <strong>der</strong> bereits in <strong>der</strong> Auftaktveranstaltung aufgeworfenen Fragestellung nach <strong>der</strong><br />

Angemessenheit deutscher TZ vor dem Hin<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> sich global än<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Rahmenbedingungen.<br />

Gegenstand des zweiten Abschnitts war die Diskussion zwischen Tagungsteilnehmer/-<strong>innen</strong><br />

<strong>und</strong> GTZ-Geschäftsführung. In Form einer “Fishbowl” bestand die Gelegenheit, gewonnene<br />

Eindrücke <strong>und</strong> verbliebene Fragen zu äußern. Gleichzeitig ging es auch hier darum, Eckpunkte<br />

für die Konzeption zukünftiger TZ herauszuarbeiten.<br />

Abschließend wurden von Dr. Beier, Leitung des Bereichs Planung <strong>und</strong> Entwicklung, in einem<br />

dritten Abschnitt die wesentlichen Ergebnisse <strong>der</strong> <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> zusammengefasst.<br />

Die nachstehende Zusammenfassung orientiert sich an <strong>der</strong> Dreiteilung <strong>der</strong> Veranstaltung.<br />

1. Ergebnisse ausgewählter Arbeitsgruppen<br />

Zentraler Gegenstand <strong>der</strong> Arbeitsgruppe ”Ownership statt Donorship: Beiträge <strong>der</strong><br />

Technischen Zusammenarbeit zur Armutsbekämpfung” (Themenschwerpunkt 2: Verbesserung<br />

interner Rahmenbedingungen) war die neue Armutsbekämpfungsstrategie von<br />

Weltbank <strong>und</strong> IWF. Es wurde <strong>der</strong> Frage nach den Chancen <strong>und</strong> Risiken dieser Strategie<br />

nachgegangen <strong>und</strong> darauf aufbauend diskutiert, inwieweit sich die deutsche TZ an dieser<br />

Strategie beteiligen sollte. Einigkeit bestand dahingehend, dass Armutsbekämpfungsstrategien<br />

unter Berücksichtigung internationaler entwicklungsför<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Rahmenbedingungen die<br />

Partizipation aller gesellschaftlichen Gruppen berücksichtigen <strong>und</strong> för<strong>der</strong>n sollten. Ein Urteil<br />

über die Weltbankstrategie sei insofern pauschal nicht möglich, son<strong>der</strong>n müsse vielmehr<br />

durch eine Einzelfallbetrachtung ersetzt werden. In diesem Sinne seien auch die Erfolge <strong>der</strong><br />

Strategie in Län<strong>der</strong>n wie Bolivien <strong>und</strong> Tansania nicht als generelles Votum für den Weltbankansatz<br />

zu werten. Anknüpfend am Thema <strong>der</strong> Arbeitsgruppe handele es sich ebenso<br />

bei <strong>der</strong> Gegenüberstellung Ownership - Donorship keinesfalls um eine ”Entwe<strong>der</strong>-O<strong>der</strong>-<br />

Entscheidung”. In <strong>der</strong> Auslegung ”Ownership of power” <strong>und</strong> ”Donorship of money” sei vielmehr<br />

ein ”Sowohl-Als-Auch-Ansatz” denkbar.


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Dokumentation <strong>der</strong> Abschlußveranstaltung<br />

Da Jugendliche in ihrer Funktion als Entscheidungsträger <strong>der</strong> Zukunft eine ganz beson<strong>der</strong>e<br />

Themengruppe darstellen, ging es in einer an<strong>der</strong>en Arbeitsgruppe um das Thema<br />

”Verknüpfung von Zivilgesellschaft <strong>und</strong> Staat: Eine Herausfor<strong>der</strong>ung für die Jugendför<strong>der</strong>ung”<br />

(Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisation).<br />

Vornehmlich wurde dabei <strong>der</strong> Frage nachgegangen, wie durch Empowerment die Lebenssituation<br />

<strong>der</strong> Jugendlichen verbessert <strong>und</strong> ihr Selbstwertgefühl sowie ihre Lebenskompetenz<br />

durch die Einbeziehung in gesellschaftliche <strong>und</strong> politische Entscheidungsprozesse gestärkt<br />

werden könnte. Es wurde die Auffassung geäußert, dass Zielgruppenarbeit im Sinne von<br />

Aus- <strong>und</strong> Fortbildungsmaßnahmen durch Politikberatung in Richtung auf eine umfassen<strong>der</strong>e<br />

Konzeption erweitert werden müsse. Ziel sei es insofern, seitens des Staates aber auch seitens<br />

<strong>der</strong> Zivilgesellschaft die Freiräume <strong>und</strong> Rahmenbedingungen zu stärken, die den<br />

Jugendlichen zu Empowerment verhelfen, ohne dabei Selbsthilfepotentiale durch Überprotektion<br />

abzuwürgen. Neben diesem gr<strong>und</strong>sätzlichen Konsens blieb die Frage nach <strong>der</strong> konkreten<br />

Umsetzung in <strong>der</strong> Projektarbeit allerdings weitestgehend offen. Hier sei insbeson<strong>der</strong>e<br />

die ständige Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zielgruppe problematisch, da eine Generation Jugendlicher<br />

nicht länger als 4-5 Jahre bestehe <strong>und</strong> dann durch eine nachfolgende an<strong>der</strong>e Generation<br />

ersetzt werde.<br />

Der Systemgedanke, demzufolge Zielgruppenarbeit <strong>und</strong> Politikberatung als ein zusammengehörendes<br />

Maßnahmenbündel deutscher TZ zu verstehen sind, war auch Kernpunkt <strong>der</strong><br />

ebenfalls zum Themenschwerpunkt 3 (Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen)<br />

gehörenden Arbeitsgruppe ”Gewaltfreie Konfliktberatung: För<strong>der</strong>ung lokaler <strong>und</strong> regionaler<br />

Strukturen <strong>und</strong> Bildung einer Friedenslobby”. Es bestand Konsens, dass <strong>der</strong> Erfolg<br />

von Konfliktberatungsprojekten wesentlich durch den Grad <strong>der</strong> Zielorientiertheit bestimmt sei.<br />

Insofern komme es darauf an, Maßnahmen zu konkretisieren <strong>und</strong> Rollen zu klären, um so<br />

bestmöglich die lokal verantwortlichen Instanzen erreichen zu können. Für den Erfolg von<br />

Konfliktberatungsprojekten sei somit weniger die Bildung neuer Aufgaben <strong>und</strong> Instanzen<br />

notwendig, vielmehr gehe es darum, das bestehende TZ-Portfolio effizienter zu nutzen. Präventive<br />

Bewusstseinsbildung auf lokaler Ebene statt reaktive Konfliktberatung sei dabei <strong>der</strong><br />

am meisten erfolgversprechende Ansatz. Ob diese Empfehlung allerdings mit dem Schlagwort<br />

”project is over, process is in” hinreichend gekennzeichnet sei, blieb offen, da die Trennung<br />

in Projekt <strong>und</strong> Prozess im Rahmen praktischer TZ nicht ohne weiteres möglich sei. Generell<br />

sei überdies weniger eine angemessene Begrifflichkeit als eine problemorientierte<br />

Zielbildung wesentlich für den Erfolg von TZ-Vorhaben.<br />

Es gehe nicht darum, fertige Konzepte in die Partnerlän<strong>der</strong> zu bringen, son<strong>der</strong>n vielmehr die<br />

Implementierung entsprechen<strong>der</strong> Visionen zu för<strong>der</strong>n. Weniger durch lokale Beratungspolitik<br />

als mittels Zusammenarbeit mit politischen Ebenen gelte es, das Bewusstsein für den Unterschied<br />

zwischen öffentlichen <strong>und</strong> privaten Interessen zu för<strong>der</strong>n. Dies sei insbeson<strong>der</strong>e bei<br />

<strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit sogenannten ”heißen Themen” wichtig, ein Punkt, <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

zum Themenschwerpunkt 2 (Verbesserung interner Rahmenbedingungen) gehörenden Arbeitsgruppe<br />

”Gestaltung politischer Rahmenbedingungen” fokussiert wurde. Die Entscheidung,<br />

ob TZ in diesen Fällen zur Revolutionsberatung werden könne, sei jedoch eine<br />

Einzelfallentscheidung. Die Vielfalt <strong>der</strong> in Frage kommenden Ansätze sei hier ein starkes<br />

Asset <strong>der</strong> TZ, das es ermögliche, flexibel auf verän<strong>der</strong>te Rahmenbedingungen zu reagieren.<br />

163


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Dokumentation <strong>der</strong> Abschlußveranstaltung<br />

Die Notwendigkeit, auch neue Ansätze innerhalb <strong>der</strong> deutschen TZ zu platzieren, war ein<br />

wichtiges Ergebnis <strong>der</strong> zu Themenschwerpunkt 4 (Entwicklung menschlicher Leistungspotentiale)<br />

gehörenden Arbeitsgruppe ”Global vernetzt: Weltweites Wissen für biologische<br />

Vielfalt”. Dies beinhaltet auch ein umfassendes Informations- <strong>und</strong> Wissensmanagement auf<br />

allen Ebenen. Beispielhaft wurde hier <strong>der</strong> deutsche Clearing-Haus Mechanismus genannt,<br />

<strong>der</strong> die Erfassung <strong>und</strong> Verbreitung von Wissen über die biologische Vielfalt zum Gegenstand<br />

hat. Ziel des Mechanismus ist es, durch Beteiligung aller involvierten <strong>und</strong> interessierten<br />

Gruppierungen intra- <strong>und</strong> interinstitutionelle Kooperationen zu för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> so die Umsetzung<br />

<strong>der</strong> Biodiversitätskonvention zu unterstützen. Die GTZ unterstützt diesen Ansatz im Rahmen<br />

des GTZ-Konventionsvorhabens “Umsetzung <strong>der</strong> Biodiversitätskonvention”. Die positiven<br />

Erfahrungen, die dabei gemacht wurden, waren Thema dieser Arbeitsgruppe. Auf ihnen aufbauend<br />

wurde angeregt, die Funktion <strong>der</strong> GTZ als Knowledge-Institution weiter zu stärken.<br />

Dieses Ergebnis entsprach auch den Resultaten <strong>der</strong> Arbeitsgruppe ”Capacity Development<br />

in <strong>der</strong> globalen Wissensgesellschaft: Eine neue Rolle für die Technische Zusammenarbeit”<br />

(Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen). Auch<br />

hier wurde in Form des ”Informations- <strong>und</strong> Knowledge-Managements” auf allen Ebenen<br />

deutscher TZ ein wesentliches Potential zur Lösung entwicklungspolitischer Probleme identifiziert.<br />

Ein konkretes Beispiel für erfolgreiches Knowledge-Management im Rahmen deutscher<br />

EZ finde sich in Form des Qualitätsmanagements bei <strong>der</strong> weltweiten Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>der</strong>ung,<br />

ein Aspekt <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Arbeitsgruppe ”Qualitätsmanagement (QM) <strong>und</strong> Globalisierung<br />

in <strong>der</strong> Internationalen Ges<strong>und</strong>heit” (Themenschwerpunkt 3: Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit<br />

von Organisationen) thematisiert wurde. Die Vergrößerung <strong>der</strong> Managementkapazitäten<br />

<strong>der</strong> Partnerorganisationen unter Ausnutzung weltweit vorhandenen Wissens<br />

stelle eine prozessorientierte Vorgehensweise dar, die die nachhaltige Verwirklichung <strong>der</strong><br />

universellen Menschenrechte auf kosteneffiziente, angemessene, humane, gerechte <strong>und</strong><br />

solidarische Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge unterstütze ohne dabei die EZ als ”Alleskönner” zu überfor<strong>der</strong>n.<br />

Zusätzlich zu den Erkenntnissen <strong>der</strong> Arbeitsgruppen wurden die folgenden Kritikpunkte an<br />

Konzeption <strong>und</strong> Durchführung <strong>der</strong> <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> geäußert.<br />

- Das Leitthema ”Capacity Development” wurde nicht ausreichend behandelt. Ebenso blieb<br />

offen, worin <strong>der</strong> spezifische Beitrag deutscher TZ besteht.<br />

- Mögliche Learning-points, die sich in den Arbeitsgruppen ergaben, wurden nicht ausreichend<br />

dokumentiert, um sie weiterverfolgen zu können. Insofern wurde eine mangelnde<br />

Lernorientierung <strong>der</strong> Veranstaltung kritisiert.<br />

- Es gab wenig Möglichkeiten für GTZ-Externe, ihr spezifisches Fachwissen einzubringen.<br />

Überdies wurde angeregt, den Austausch von GTZ-internem Knowhow <strong>und</strong> externem<br />

Fachwissen zu intensivieren.<br />

- Positiv hervorgehoben wurde die “bunte” Zusammensetzung <strong>der</strong> Arbeitsgruppen, welche<br />

die Voraussetzung für vielschichtige Diskussionen lieferte.<br />

164


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Dokumentation <strong>der</strong> Abschlußveranstaltung<br />

2. Diskussion mit <strong>der</strong> Geschäftsführung (Fischbowl)<br />

Die Diskussion konzentrierte sich auf die folgenden Themenbereiche:<br />

1. Die komparativen Vorteile deutscher TZ;<br />

2. Ist das Modell <strong>der</strong> entsandten Langzeitfachkraft noch zeitgemäß?;<br />

3. Bedeutung <strong>und</strong> Interpretation des ”Ownership”-Begriffs;<br />

4. Ansatzpunkte zur Verbesserung deutscher TZ.<br />

2.1 Die komparativen Vorteile deutscher TZ<br />

Ungeachtet zu <strong>der</strong> auf multilateraler Ebene aktuell <strong>und</strong> meistenteils theoretisch abstrakt geführten<br />

Diskussion, sieht die GTZ-Geschäftsführung im wesentlichen zwei komparative Vorteile<br />

deutscher TZ. Dabei handele es sich zum einen um<br />

- die zeitliche <strong>und</strong> inhaltliche Trennung von TZ <strong>und</strong> FZ <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en um<br />

- das sehr partnerschaftliche <strong>und</strong> zielgruppenorientierte Konzept.<br />

Die zeitliche <strong>und</strong> inhaltliche Trennung von TZ <strong>und</strong> FZ sei insofern bedeutsam, da sie die Unabhängigkeit<br />

<strong>der</strong> technischen Aufgabenerfüllung von <strong>der</strong> Kreditentscheidung sicherstelle <strong>und</strong><br />

so zur Eigenständigkeit <strong>und</strong> Zielorientiertheit deutscher TZ beitrage. Dieser Aspekt sei insbeson<strong>der</strong>e<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong> wichtig, dass TZ nie werturteils- <strong>und</strong> interessenfrei sein könne.<br />

TZ erfolge auf <strong>der</strong> Basis des Gemeinrechts, welches letztendlich immer das Ergebnis<br />

einer Vielzahl von Einzelinteressen sei. Entgegen vieler rein wissenschaftlich motivierter<br />

Vorschläge handele es sich damit bei TZ immer auch um Einmischung <strong>und</strong> Parteinahme, die<br />

insofern auch ein Konfliktpotential berge. Die Unabhängigkeit <strong>der</strong> TZ von <strong>der</strong> Kreditentscheidung<br />

sei vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ein wesentlicher Vorteil, <strong>der</strong> dazu beitrage, dieses Konfliktpotential<br />

zu reduzieren.<br />

Partnerschaftlichkeit <strong>und</strong> Zielgruppenorientiertheit würden durch den Direktleistungscharakter<br />

<strong>der</strong> deutschen TZ gewährleistet. Indem nämlich die Art des Beitrags bereits im Vorhinein<br />

genau festgelegt werde, sei er für den Partner eindeutig einschätzbar. Die Entscheidung für<br />

TZ nach deutscher Konzeption sei damit immer eine freiwillige Veranstaltung des jeweiligen<br />

Partnerlandes. Dies entspreche insofern dem Gedanken <strong>der</strong> Partnerschaftlichkeit, da <strong>der</strong><br />

Wunsch nach Partnerschaft immer auch den Wunsch nach einem bestimmten Partner beinhalte.<br />

Durch die konkrete <strong>und</strong> greifbare Definition ihres Beitrags ermögliche die deutsche TZ<br />

eine vergleichsweise große Partner- <strong>und</strong> damit auch Zielgruppennähe. Dies gewährleiste<br />

auch, dass die Interessen <strong>der</strong> Partnerregierung nur dann Berücksichtigung fänden, wenn sie<br />

auch im Interesse <strong>der</strong> Zielgruppen seien.<br />

Zusammenfassend trügen beide Aspekte zu einem recht fortschrittlichen <strong>und</strong> realitätsnahen<br />

Image <strong>der</strong> deutschen TZ bei, was nicht zuletzt durch die Reaktionen auf Nehmerseite bestätigt<br />

würde. Speziell in asiatischen Län<strong>der</strong>n wie z. B. Nepal <strong>und</strong> Sri Lanka zeige sich jedoch<br />

überdies, dass auch die langjährige Projekterfahrung <strong>der</strong> GTZ ein wichtiges Asset darstelle.<br />

165


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Dokumentation <strong>der</strong> Abschlußveranstaltung<br />

Allerdings müsse die GTZ in Zukunft ihre defensive Haltung aufgeben <strong>und</strong> dieses Konzept<br />

offensiver vertreten <strong>und</strong> strategischer vermarkten. Problematisch sei in diesem Zusammenhang<br />

auch, dass deutsche Ansätze oftmals mit viel Geld von an<strong>der</strong>en, multilateralen Geberinstitutionen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e Weltbank <strong>und</strong> EU ”erschlagen” würden (Topping-up). Speziell <strong>der</strong><br />

neue Ansatz <strong>der</strong> Weltbank sei durchaus erfolgversprechend <strong>und</strong> insofern in Teilen nachahmenswert.<br />

Speziell in Bereichen wie auch dem Topping-up müsse man allerdings den Sinn<br />

für die Realität im Auge behalten.<br />

2.2 Ist das Modell <strong>der</strong> entsandten Langzeitfachkraft noch zeitgemäß?<br />

Nach Auffassung <strong>der</strong> GTZ-Geschäftsführung wird die entsandte Langzeitfachkraft auch in<br />

Zukunft ein essentielles Element (deutscher) TZ sein. Die auf multilateraler Ebene in zunehmendem<br />

Maße geführte Diskussion über die Vor- <strong>und</strong> Nachteile von Kurzzeit- gegenüber<br />

Langzeitexperten <strong>und</strong> lokalen gegenüber internationalen Fachkräften weise lediglich auf ein<br />

verän<strong>der</strong>tes Anfor<strong>der</strong>ungsprofil hin, könne jedoch keinesfalls als Pauschalabsage an das<br />

Konzept <strong>der</strong> entsandten Langzeitfachkraft verstanden werden. Zunehmen<strong>der</strong> Bedarf an<br />

Struktur- <strong>und</strong> Reformberatung, d. h. Management-Knowhow bei vergleichsweise geringerer<br />

Nachfrage nach detailliertem Ingenieurswissen verdeutliche diese Verän<strong>der</strong>ung auch auf<br />

fachlicher Ebene. Ziel sei es, ein Gleichgewicht zwischen Managment- <strong>und</strong> Organisationsfähigkeiten<br />

einerseits <strong>und</strong> fachbezogenem Sachverstand an<strong>der</strong>erseits sicher zu stellen.<br />

Damit einher gingen auch Verän<strong>der</strong>ungen auf konzeptioneller Ebene, da <strong>der</strong> Einsatz des<br />

Langzeitexperten durch ein differenziertes Mix verschiedener Kurzzeitexperten ergänzt werden<br />

müsse. Überdies könne man sich auch im Rahmen deutscher TZ nur dann auf die Entsendung<br />

deutscher Langzeitexperten beschränken, wenn explizit typisch deutsches Knowhow<br />

gefragt sei. In allen an<strong>der</strong>en Fälle müsse auf internationaler Ebene nach dem am besten<br />

geeigneten Fachpersonal gesucht werden. Hier bestünden jedoch nach wie vor erhebliche<br />

Informationsbedarfe, da oftmals nicht einmal die Verfügbarkeit an deutschem Fachpersonal<br />

hinreichend bekannt sei. Eine engere Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en Institutionen insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Consulting-Industrie könnte jedoch zu einer Behebung dieses Defizits beitragen.<br />

Speziell <strong>der</strong> DAAD sei hier eine wertvolle Adresse, die auch hinsichtlich Ausbildung/Coaching<br />

von GTZ-Auslandsmitarbeitern zu empfehlen sei. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

verstehe <strong>der</strong> DAAD sich selbst als Unterauftragnehmer <strong>der</strong> GTZ.<br />

3. Bedeutung <strong>und</strong> Interpretation des ”Ownership”-Begriffs<br />

Insbeson<strong>der</strong>e vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> neuen Weltbankstrategie findet sich <strong>der</strong> Ownership-<br />

Begriff in zunehmendem Maße in <strong>der</strong> internationalen / multilateralen Diskussion. In diesem<br />

Zusammenhang tauchte die Frage nach dem Stellenwert von Ownership innerhalb <strong>der</strong> deutschen<br />

TZ auf. Nach Auffassung <strong>der</strong> GTZ-Geschäftsführung handelt es sich bei Ownership<br />

zunächst um einen vielzitierten Begriff, <strong>der</strong> in seiner inhaltlichen Bedeutung einem ständigen<br />

Wandel unterliegt <strong>und</strong> damit schwer greifbar ist. Aus GTZ-Sicht könne man jedoch allgemein<br />

sagen, dass Ownership sowohl Zielsetzung als auch essentieller Bestandteil deutscher TZ<br />

sei. Gleichwohl impliziere zunehmendes Ownership immer auch eine abnehmende Notwendigkeit<br />

nach TZ-Beratung. Im Extremfall werde TZ vollkommen obsolet <strong>und</strong> <strong>der</strong> deutsche<br />

Beitrag reduziere sich auf finanzielle Unterstützung (FZ). Überdies sei zu beachten, dass es<br />

166


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Dokumentation <strong>der</strong> Abschlußveranstaltung<br />

sich bei Ownership immer um eine Frage <strong>der</strong> Partnerregierung handele, die partnerschaftlich,<br />

d.h. in Einklang mit den Prinzipien deutscher TZ beantwortet werden müsse.<br />

Des weiteren lasse sich anhand des Ownership-Begriffs deutlich erkennen, dass <strong>der</strong> Wettbewerb<br />

mit an<strong>der</strong>en multilateralen Geberinstitutionen immer auch eine ordnungspolitische<br />

Dimension aufweise. So sei die EZ an<strong>der</strong>er, insbeson<strong>der</strong>e multilateraler Institutionen vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> des Washington Consensus anzusiedeln <strong>und</strong> damit dem ordnungspolitischen<br />

Leitbild des Liberalismus verhaftet. Im Gegensatz dazu sei die deutsche TZ durch das<br />

Leitbild <strong>der</strong> sozialen Marktwirtschaft geprägt. Der Ownership-Begriff im Sinne <strong>der</strong> aktuellen<br />

Weltbank-Strategie konzentriere sich damit allein auf die Eigenverantwortlichkeit des Partners,<br />

wohingegen das Ownership-Konzept deutscher TZ durch den Partnerschaftlichkeitsgedanken<br />

ergänzt werde.<br />

4. Ansatzpunkte zur Verbesserung deutscher TZ<br />

Es wurden die folgenden Ansatzpunkte zur Verbesserung <strong>der</strong> deutschen TZ diskutiert:<br />

- Offenheit <strong>der</strong> TZ für die Interessen an<strong>der</strong>er Organisationen / Gruppen<br />

Nach Auffassung <strong>der</strong> GTZ-Geschäftsführung müsse die Konzeption <strong>der</strong> deutschen TZ zunehmend<br />

offener gestaltet <strong>und</strong> die Zusammenarbeit mit NROs, Kirchen sowie zentralstaatlichen<br />

<strong>und</strong> zivilgesellschaftlichen Strukturen intensiviert werden. Dies entspräche zum einen<br />

den Interessen dieser Organisationen / Gruppen, könne aber auch wertvollen Input für die<br />

Arbeit <strong>der</strong> GTZ liefern. Schlussendlich böte sich so die Möglichkeit, eine Diskussionsplattform<br />

zur Stärkung des Empowerments <strong>der</strong> Zivilbevölkerung <strong>und</strong> zur Schaffung neuer Strukturen<br />

ins Leben zu rufen.<br />

- Zivilgesellschaftliches Pendant zu PPP<br />

EZ könne – so Eisenblätter – nicht Probleme lösen, son<strong>der</strong>n nur die hierfür zuständigen Akteure<br />

(Regierung, Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft) stärken o<strong>der</strong> beeinflussen. Die Stärkung<br />

<strong>der</strong> Zivilbevölkerung stünde somit in Einklang mit Anspruch <strong>und</strong> Wirklichkeit <strong>der</strong> GTZ-<br />

Konzeption. Demgegenüber konzentrierten sich die vorhandenen Strategien bislang auf die<br />

Stärkung des bereits stärksten Akteurs ”Privatwirtschaft” (PPP - Public Private Partnership).<br />

Ein vergleichbares Konzept für die zivilgesellschaftlichen Akteure existiere hingegen noch<br />

nicht. Hier bestehe möglicherweise Reformbedarf.<br />

- Capacity Development innerhalb <strong>der</strong> GTZ <strong>und</strong> bei den GTZ-Zulieferen<br />

Innerhalb <strong>der</strong> GTZ sei insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Aspekt ”Nachwuchsför<strong>der</strong>ung” ein Problem. Zum<br />

einen fehle es hier an finanziellen Mitteln, zum an<strong>der</strong>en habe sich auch das Konzept <strong>der</strong><br />

Langzeitfachkraft verän<strong>der</strong>t, so dass von deutscher Seite ein geringerer Personaleinsatz<br />

notwendig sei. Beides führe zu einer ungünstigen Altersstruktur. Einen ersten Ansatzpunkt<br />

zum Capacity Development <strong>der</strong> Zulieferer stellten die <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> dar, die anfänglich<br />

nur für Auslandsmitarbeiter gedacht waren, nun jedoch sukzessive erweitert würden. Ein<br />

unzureichendes De-Briefing kennzeichne schlussendlich eine weitere Schwachstelle <strong>der</strong><br />

personellen GTZ-Kapazitäten, die es zu beseitigen gelte.<br />

167


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Dokumentation <strong>der</strong> Abschlußveranstaltung<br />

- Hierarchisieren durch den Zusammenschluss von Projekten zu Programmen<br />

Es wurde <strong>der</strong> Einwand geäußert, dass die Konzeption vieler GTZ-Projekte bereits eine relativ<br />

hierarchische Struktur aufwiesen. Der Zusammenschluss einzelner Projekte zu Programmen,<br />

die dann von einem Programmleiter betreut würden, schaffe nun eine weitere Hierarchieebene.<br />

Dabei gelte zu beachten, dass eine stark hierarchische Struktur oftmals auch mit<br />

Motivationsproblemen <strong>der</strong> Mitarbeiter einhergingen. Überdies sei deutsche TZ nur dann interessant<br />

für den Partner, wenn ein möglicher Projektausstieg auf je<strong>der</strong> Projektebene sichergestellt<br />

sei. Auch dies werde möglicherweise durch Hierarchisieren erschwert. Dieser Aspekt,<br />

<strong>der</strong> auch von <strong>der</strong> Geschäftsführung als problematisch angesehen wird, werde jedoch<br />

bereits GTZ-intern diskutiert.<br />

5. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

168<br />

Dr. Christoph Beier, GTZ-Bereichsleitung Planung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

In <strong>der</strong> Auftaktveranstaltung <strong>der</strong> dritten <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> wurde betont, dass es sich hier<br />

nicht um eine „Leistungsshow <strong>der</strong> GTZ“ handeln sollte. Zielsetzung sei viel mehr, eine Veranstaltung,<br />

die dem gemeinsamen Lernen diene. Und zweifelsohne stand auch bei den dritten<br />

<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong>n <strong>der</strong> Erfahrungsaustausch, das gemeinsame Arbeiten an Themen<br />

im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Dabei wurde natürlich auch deutlich, was wir heute schon im Rahmen von<br />

Projekten <strong>und</strong> Programmen zum Capacity Development in unseren Partnerlän<strong>der</strong>n beitragen<br />

– <strong>und</strong> diese Beiträge können sich durchaus sehen lassen. Auf den vier Ebenen:<br />

- Mitgestaltung internationaler Rahmbedingungen<br />

- Verbesserung interner Rahmenbedingungen<br />

- Stärkung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Organisationen<br />

- Entwicklung menschlicher Leistungspotenziale.<br />

wurde eine große Vielfalt an Ansätzen ideenreich präsentiert <strong>und</strong> kreativ diskutiert. Die relativ<br />

abstrakt formulierten Themenschwerpunkte wurden dabei konkret. „Dr<strong>innen</strong>“ <strong>und</strong> „Draußen“<br />

rückten näher zusammen <strong>und</strong> auch viele Externe konnten sich davon überzeugen, dass<br />

bereits mehr umgesetzt wird als dies nach außen immer sichtbar ist.<br />

Und dennoch: Trotz aller positiver Ansätze kann die anspruchsvolle Aufgabe des Capacity<br />

Development damit natürlich noch lange nicht als „gelöst“ angesehen werden. Nimmt man<br />

den dahinterstehenden Anspruch ernst, wird schnell deutlich, dass Capacity Development<br />

häufig mit einem Eingriff in hochkomplexe Wirkungszusammenhänge sozialer Systeme auf<br />

unterschiedlichen Ebenen verb<strong>und</strong>en ist. Es geht um nicht weniger als um den Versuch, Institutionen<br />

im Sinne von D. North, also „the rules of the game in a society“, bewusst <strong>und</strong> zielgerichtet<br />

zu gestalten o<strong>der</strong> doch zumindest zu beeinflussen. Um dies erfolgreich tun zu können,<br />

brauchen wir ein hinreichend genaues Verständnis dieser Wirkungszusammenhänge<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Eigenlogik <strong>der</strong> betroffenen sozialen Systeme. Wir müssen Entwicklungsprozesse


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Dokumentation <strong>der</strong> Abschlußveranstaltung<br />

besser verstehen lernen, wir müssen wissen, mit welchen Akteursgruppen wir es zu tun haben,<br />

wie diese Gruppen interagieren <strong>und</strong> welche Relevanz das für die Erreichung gemeinsam<br />

definierter Entwicklungsziele hat. Ein solches tieferes Verständnis erreichen wir nicht<br />

unbedingt durch groß angelegte wissenschaftliche Studien, son<strong>der</strong>n durch neue, intelligente<br />

Formen des gemeinsamen Lernens mit unseren Partnern.<br />

Erst wenn wir diese Zusammenhänge in ihrer Komplexität <strong>und</strong> ihrer begrenzten Steuerbarkeit<br />

kennen <strong>und</strong> anerkennen, werden wir das tun können, was uns noch bevor steht: Mit <strong>der</strong><br />

notwendigen Bescheidenheit <strong>und</strong> größerem Realismus unsere spezifischen Interventionsebenen<br />

<strong>und</strong> –arten zu präzisieren <strong>und</strong> dabei genau anzugeben, welche Beiträge wir jeweils<br />

im Kontext welcher Programmtypen zum Capacity Development leisten können <strong>und</strong> mit wem<br />

wir dabei auf welche Weise zusammenarbeiten wollen <strong>und</strong> müssen. Dabei wird es in Abgrenzung<br />

o<strong>der</strong> Ergänzung teilweise konkurrieren<strong>der</strong> Entwürfe, beispielsweise solcher rein<br />

multilateraler Natur, auch zunehmend darauf ankommen, die komparativen Vorteile <strong>der</strong> von<br />

uns präferierten Leistungserbringung herauszustellen.<br />

Die Frage, ob wir unsere Beiträge nicht wirkungsvoller <strong>und</strong> effizienter in Form von Programmen<br />

statt mit Hilfe einzelner Projekten erbringen können, wurde teilweise missverständlich<br />

<strong>und</strong> zu pauschal diskutiert. Einerseits wurden die bereits existierenden vielfältigen Formen<br />

<strong>und</strong> Strukturen <strong>der</strong> aktuellen Entwicklungszusammenarbeit nicht hinreichend zur Kenntnis<br />

genommen; an<strong>der</strong>erseits blieb <strong>der</strong> Programmbegriff unscharf <strong>und</strong> wenig konkret. Hier <strong>und</strong> da<br />

entstand sogar <strong>der</strong> Eindruck, es würde vor lauter "Projektitis-Phobie" einer Planungsphilosophie<br />

das Wort geredet, die eher für solche politischen Systeme charakteristisch sind, die<br />

inzwischen längst vergangen <strong>und</strong> nicht zuletzt daran zugr<strong>und</strong>e gegangen sind. Die Komplexität<br />

<strong>und</strong> die begrenzte Steuerungsfähigkeit sozialer Systeme erfor<strong>der</strong>t flexible, offene <strong>und</strong><br />

lernfähige Strukturen. Groß angelegte Langfristprogramme werden diesen Anfor<strong>der</strong>ungen oft<br />

nicht gerecht. Realistischer - <strong>und</strong> für die Zwecke einer mo<strong>der</strong>nen Entwicklungszusammenarbeit<br />

brauchbarer - erscheint dagegen beispielsweise das, was im Kontext <strong>der</strong> Internationalen<br />

Bauausstellung „Emscher Park“ als „perspektivischer Inkrementalismus“ bezeichnet wurde.<br />

Damit wurde ein Verän<strong>der</strong>ungsprozesses umschrieben, <strong>der</strong> zwar an klaren Visionen <strong>und</strong><br />

Leitbil<strong>der</strong>n orientiert war <strong>und</strong> auf gemeinsam abgestimmten Qualitätsstandards beruhte, aber<br />

im wesentlichen in Form einzelner, kleiner <strong>und</strong> überschaubarer Projekte vollzogen wurde.<br />

Wir dürfen in Zukunft einzelne Projekte nicht überfrachten <strong>und</strong> wir dürfen auch nicht nur noch<br />

(Sektor-)politikberatung „statt“ Projekte machen. Um dem ehrgeizigen Ziel „Capacity Development“<br />

näher zu kommen, brauchen wir beides, <strong>und</strong> zwar in einer vernetzten, mal enger<br />

<strong>und</strong> mal weniger eng gekoppelten Form, programmatisch verb<strong>und</strong>en mit bi- <strong>und</strong> multilateralen<br />

Programmen an<strong>der</strong>er Geber <strong>und</strong> orientiert an gemeinsam mit den Partnern formulierten<br />

Zielen <strong>und</strong> Leitbil<strong>der</strong>n.<br />

169


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Ergebnisse <strong>der</strong> Evaluierung<br />

ERGEBNISSE DER EVALUIERUNG<br />

1. Zahl <strong>der</strong> Teilnehmer/-<strong>innen</strong><br />

Die Teilnehmerzahlen an den <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong>n erweisen sich als relativ stabil. In<br />

diesem Jahr haben sich 470 Teilnehmer/-<strong>innen</strong> im Tagungssekretariat registriert. Davon<br />

waren 106 GTZ-Mitarbeiter/-<strong>innen</strong> aus dem Ausland <strong>und</strong> 90 GTZ-Mitarbeiter/-<strong>innen</strong> aus dem<br />

Inland. Aus an<strong>der</strong>en Institutionen besuchten 274 Personen die <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong>.<br />

Beson<strong>der</strong>s erfreulich ist, dass so viele Auslandsmitarbeiter/-<strong>innen</strong> anwesend waren. Die<br />

relativ geringe Zahl <strong>der</strong> GTZ-Inlandsmitarbeiter/-<strong>innen</strong> kommt daher, dass sich viele nicht<br />

registrieren ließen. Man kann deshalb davon ausgehen, dass die Gesamtzahl <strong>der</strong><br />

Teilnehmer/-<strong>innen</strong>, wie in den Vorjahren, bei über 500 liegt.<br />

2. Gr<strong>und</strong>tenor <strong>der</strong> Bewertung<br />

Die Bewertung <strong>der</strong> <strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> erweist sich ebenfalls als stabil. Wie in den Vorjahren<br />

bewerteten die meisten Teilnehmer/-<strong>innen</strong> die Veranstaltung in allen Punkten mit gut<br />

<strong>und</strong> sehr gut. Nur in wenigen Fällen wurde Kritik an dem Thema <strong>und</strong> Ablauf <strong>der</strong> <strong>Fachtage</strong><br />

geäußert. Mehrere Teilnehmer/-<strong>innen</strong> kritisierten die fehlenden Möglichkeiten zur Diskussion<br />

während <strong>der</strong> Auftaktveranstaltung.<br />

3. Mittelwerte <strong>und</strong> Verteilung <strong>der</strong> Benotung: Noten von 1 - 6 (n =55)<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

184<br />

Gesamteindruck<br />

1 2 3 4 5 6<br />

Ablauf<br />

Mittelwert: 2.1<br />

Minimum: 1<br />

Maximum: 4<br />

Mittelwert: 2.1<br />

Minimum: 1<br />

Maximum: 5<br />

1 2 3 4 5 6<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Thema<br />

Mittelwert: 2.1<br />

Minimum: 1<br />

Maximum: 5<br />

1 2 3 4 5 6<br />

Logistik <strong>und</strong> Organisation<br />

Mittelwert: 1.7<br />

Minimum: 1<br />

Maximum: 3<br />

1 2 3 4 5 6


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Anschriften <strong>der</strong> Referenten <strong>und</strong> Referent<strong>innen</strong><br />

ANSCHRIFTEN DER REFERENTEN UND REFERENTINNEN<br />

Dr. Christoph Beier<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Bereich:<br />

Planung <strong>und</strong> Entwicklung, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1403<br />

E-mail: christioph.beier@gtz.de<br />

Dr. James Bennett<br />

Institut für Afrikanistik <strong>der</strong> Universität zu Köln, Meister-Ekkehart-Straße 7, 50923 Köln<br />

Tel.: 0221-470 2708<br />

E-mail: JimBennett@t-online.de<br />

Dr. Arnd Bernaerts<br />

Bordesholmer Straße 14a, D-22143 Hamburg<br />

Tel.: 040-67580714<br />

Wolfgang Bichmann<br />

Kreditanstalt für Wie<strong>der</strong>aufbau (KfW), Palmengartenstraße 5-9, 60325 Frankfurt am Main<br />

Tel.: 069-431-3520<br />

E-mail: wolfgang.bichmann@kfw.de<br />

Peter Braunstein<br />

B<strong>und</strong>esministerium <strong>der</strong> Verteidigung, Fü SIV5, Postfach 13 28, 53003 Bonn<br />

Tel.: 0228-1200<br />

E-mail: peterbraunstein@BMVg.b<strong>und</strong>4000.de<br />

Uwe Breitling<br />

ATAS-GTZ-Projekt, Apartado 732, 1200 Pavas, San José, Costa Rica<br />

E-mail: uwebreit@sol.racsa.co.cr<br />

Ulrike Breitschuh<br />

Pfälzer Waldstraße 70, 67551 Worms<br />

Tel.: 06241-934680<br />

E-mail: ubreitschuh@t-online.de<br />

Marita Brömmelmeier<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Wirtschaftsberatung <strong>und</strong> Handelsför<strong>der</strong>ung, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1232<br />

E-mail: marita.broemmelmeier@gtz.de<br />

Dr. Detllef Buwitt<br />

Tel.: 04509-8254<br />

E-mail: dbuwitt@t-online.de<br />

Petra Eimer<br />

GTZ-Pilotvorhaben zur Unterstützung umweltorientierter Unternehmensführung (P3U),<br />

Wachsbleiche 1, 53111 Bonn<br />

Tel.: 0228-98510-18<br />

E-mail: GTZ3U@aol.com<br />

185


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Anschriften <strong>der</strong> Referenten <strong>und</strong> Referent<strong>innen</strong><br />

Dr. Bernd Eisenblätter<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, Geschäftsführung,<br />

Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1601<br />

E-mail: bernd.eisenblaetter@gtz.de<br />

Dr. Hansjörg Elshorst<br />

Transparency International (TI), Otto-Suhr-Allee 97-99, D-10585 Berlin<br />

Tel.:030-3438200<br />

E-mail: ti@transparency.org<br />

Dr. Thomas Engelhardt<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Stabstelle:<br />

Gr<strong>und</strong>satzfragen <strong>der</strong> Unternehmensentwicklung-Interne Evaluierung, Dag-Hammarskjöld-<br />

Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1724<br />

E-mail: thomas.engelhardt@gtz.de<br />

Armin Fach<br />

Ländliches Finanzwesen Kirgistan, GTZ-Projekt Raiffeisen, Ul. Abdymomunova 195 # 424<br />

720040 Bishkek, Kirgistan<br />

Tel.: +996-312-663927<br />

E-mail: Fach@imfiko.bishkek.su<br />

Michael Finger<br />

WTO, Economics and Research Division, Centre William Rappard,<br />

Rue de Lausanne 154, CH-1211 Genève 21<br />

Email: Michael.Finger@wto.org<br />

Prof. Dr. Joachim Freimuth<br />

Tannenbergstr. 17, 28832 Achim<br />

Tel.: 04202-7320<br />

E-mail: joachim.freimuth@t-online.de<br />

Katrin Freitag<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialpolitk, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1644<br />

E-mail: ute-katrin.freitag@gtz.de<br />

Dr. Andreas Foerster<br />

B<strong>und</strong>esministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit <strong>und</strong> Entwicklung (BMZ),<br />

Friedrich-Ebert-Allee 40, 53113 Bonn<br />

Tel: 01888-535-3674<br />

E-mail: Foerster@bmz.b<strong>und</strong>.de<br />

Kinka Gerke-Unger<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Abteilung<br />

Drittgeschäft Mittelmeer, Europa, Zentralasien, Transformationsprogramm, Dag-<br />

Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-7358<br />

E-mail: kinka.gerke-unger@gtz.de<br />

186


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Anschriften <strong>der</strong> Referenten <strong>und</strong> Referent<strong>innen</strong><br />

Thorsten Giehler<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Finanzsysteme <strong>und</strong> Kreditwesen, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1212<br />

E-mail: thorsten.giehler@gtz.de<br />

Prof. Dr. Dr. Werner Gocht<br />

FIZ, RWTH Aachen, Ahornstraße 5, 52056 Aachen<br />

Tel.: 0241-806197<br />

Roland Haas<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Transport <strong>und</strong> Mobilität, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1361<br />

E-mail: roland.haas@gtz.de<br />

Manfred Häbig<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Strategisches Projekt Wissensmanagement, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760<br />

Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1354<br />

E-mail: manfred.haebig@gtz.de<br />

Dr. Jürgen Hagmann<br />

Talstraße 129, D-79194 Wildtal<br />

Tel.: 0761-54726<br />

E-mail: jhagmann@aol.com<br />

Kerstin Hagman<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Sozialpolitik, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1632<br />

E-mail: kerstin.hagman@gtz.de<br />

Dr. Jens Harms<br />

Hessischer Landesrechnungshofs, Eschollbrücker Straße 27, D-64295 Darmstadt<br />

Tel.: 06151-381-0<br />

Kirsten Hegener<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Nutzung <strong>und</strong> Sicherung natürlicher Ressourcen, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5,<br />

D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79 4202<br />

E-mail: kirsten.hegener@gtz.de<br />

Dr. Wolfgang Heinrich<br />

Arbeitsstelle Frieden <strong>und</strong> Konflktbearbeitung, Mittelstraße 37, 53175 Bonn<br />

Tel.: 0228-8101-219<br />

E-mail: agked-heinrich@geonet.de<br />

Dr. Klaus Kautzor-Schrö<strong>der</strong><br />

Chemin F. Lehmann 28, CH-1218 Gd. Saconnex<br />

187


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Anschriften <strong>der</strong> Referenten <strong>und</strong> Referent<strong>innen</strong><br />

Peter Keller<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Politik <strong>und</strong> Regionalentwicklung, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1442<br />

E-mail: peter.keller@gtz.de<br />

Prof. Dr. Peter Kern,<br />

Sektion Infektiologie <strong>und</strong> kin. Immunologie, Medizinische Universitätsklinik,<br />

Universität Ulm; 89070 Ulm<br />

E-mail: peter.kern@medizin.uni-ulm.de<br />

Niels von Keyserlingk<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Ernährungssicherung, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1765<br />

E-mail: niels.keyserlingk@gtz.de<br />

Dr. Elmar Kleiner<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Abteilung:<br />

Drittgeschäft Mittelmeer, Europa, Zentralasien, Transformationsprogramm,<br />

Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1765<br />

E-mail: elmar.kleiner@gtz.de<br />

Dr. Christine Koch<br />

He<strong>der</strong>straße 6, 61185 Wiesbaden<br />

0611-309544<br />

E-mail: CkochCkoch@aol.com<br />

Fritz Kölling<br />

GTZ-Pilotvorhaben zur Unterstützung umweltorientierter Unternehmensführung (P3U),<br />

Wachsbleiche 1, 53111 Bonn<br />

Tel.: 0228-98510-18<br />

E-mail: GTZP3U@aol.com<br />

Dr. Christoph Kohlmeyer<br />

Projet Conseiller Technique au MDR, 08 B.P. 1132, Tri Postal, Cotonou, Benin<br />

Tel.: 00229-300289<br />

E-mail: c.kohlmeyer@first.net.bj<br />

Dr. Edit Kürzinger<br />

GTZ-Pilotvorhaben zur Unterstützung umweltorientierter Unternehmensführung (P3U),<br />

Wachsbleiche 1, 53111 Bonn<br />

Tel.: 0228-98510-18<br />

E-mail: GTZ3U@aol.com<br />

Dr. Winrich Kühne<br />

Stiftung Wissenschaft <strong>und</strong> Politik (SWP)<br />

82067 Ebenhausen/Isar<br />

Tel.: 08178-70381<br />

Klaus Liebig<br />

Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, Hallerstr. 3, D-10587 Berlin<br />

Email: KlausLiebig@gmx.de<br />

188


Manuela Leonhardt<br />

1 Glyn Street, London SE11 5HAT, United Kingdom<br />

Tel.: +44-171-7938383<br />

E-mail: mleonhardt@international-alert.org<br />

Dr. Gerhardt Lindauer<br />

Netzestraße 20, 45136 Essen<br />

Tel.: 0201-251616<br />

<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Anschriften <strong>der</strong> Referenten <strong>und</strong> Referent<strong>innen</strong><br />

Jörg Linke<br />

Mount Cameroon Projekt, Buea, P.O. Box 60, Buea, Kamerun<br />

Tel: 00227-322 836<br />

Fax: 00237-322836<br />

Mail: Joerg-Linke@Compuserve.com<br />

Dr. Bernd-Markus Liss<br />

AGEG, Galgenweg 29, 86899 Landsberg am Lech<br />

Tel.: 08191-29841<br />

E-mail: bernd_liss @ompuserve.com<br />

Cecilia López Montaño<br />

2501 Porter St. N.W #820, Washington D.C. 2008, USA<br />

Tel.: +202-6863175<br />

E-mail: clopezm@aol.com<br />

Michael Lossner<br />

Projet Promotion de l'Elevage dans l'Atakora, B.P. 13, Natitingou, Benin<br />

Tel: 0229-821258<br />

Fax: 00229-822501<br />

E- Mail: lossner@intnet.bj<br />

Dr. Rolf Mack<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Nutzung <strong>und</strong> Schutz natürlicher Ressourcen, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5,<br />

D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1466<br />

E-mail: rolf.mack@gtz.de<br />

Simone Mamier<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Stabstelle:<br />

Gr<strong>und</strong>satzfragen <strong>der</strong> Unternehmensentwicklung - Interne Evaluierung, Dag-Hammarskjöld-<br />

Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1711<br />

E-mail: simone.mamier@gtz.de<br />

Anton Mangstl<br />

Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), Viale delle Terme di<br />

Caracalla, 00100 Rome, Italy<br />

Tel.: +39-06-5705 1<br />

E-mail: FAO-HQ@fao.org<br />

Dr. Christian Mersmann<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Politik <strong>und</strong> Regionalentwicklung, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-4208<br />

E-mail: christian.mersmann@gtz.de<br />

189


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Anschriften <strong>der</strong> Referenten <strong>und</strong> Referent<strong>innen</strong><br />

Dr. Gerhard Metschies<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Transport <strong>und</strong> Mobilität, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1354<br />

E-mail: gerhard.metschies@gtz.de<br />

Dr. Peter Nunnenkamp<br />

Institut für Weltwirtschaft an <strong>der</strong> Universität Kiel, Düsterbrooker Weg 120, 24105 Kiel<br />

Tel.: 0431-8814-1<br />

E-mail: nunnenkamp@ifw.uni-kiel.de<br />

Prof. Dr. Franz Nuscheler<br />

Institut für Entwicklung <strong>und</strong> Frieden (INEF), Universität Duisburg, Geibelstraße 41,<br />

D-47057 Duisburg<br />

Tel.: 0203-379-4420<br />

E-mail: Inef@uni-duisburg.de<br />

Stefan Opitz<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Transport <strong>und</strong> Mobilität, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1364<br />

E-mail: stefan.opitz@gtz.de<br />

Dr. Boukary Ouédraogo<br />

CIFRA, 01 B.P. 1485, Ouagadougou 01, Burkina Faso<br />

Tel.: +22-6-314580<br />

E-mail: Cifra@fasonet.bf<br />

Dr. Thania Paffenholz<br />

Schweizerische Friedensstiftung (SPF), Gerechtigkeitsgasse 12, CH-3000 Bern 8<br />

Te.: +41-31-3102727<br />

E-mail: paffenholz@aol.com<br />

Prof. Dr. Jürgen Pretzsch<br />

Institut für Forst – <strong>und</strong> Holzwirtschaft, Weißigerhöhe 1, 01737 Tharandt<br />

Tel.: 035203-381824<br />

E-mail: tropen@forst.tu-dresden.de<br />

Prof. Dr. R. Reineke,<br />

Meo-Consulting Team, Tulpen Weg 1, 67269 Grünstadt<br />

Tel.: 06359-86162<br />

E-mail: rd.reineke@t-online.de<br />

Inka Richter<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ- Arbeitsfeld:<br />

Bildung, Wissenschaft, Jugend, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1381<br />

E-mail: inka.richter@gtz.de<br />

Dr. Wolfgang von Richter<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Bildung, Wissenschaft, Jugend, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1309<br />

E-mail: wolfgang.richter-von@gtz.de<br />

190


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Anschriften <strong>der</strong> Referenten <strong>und</strong> Referent<strong>innen</strong><br />

Dr. Hans-Heiner Rudolph<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Bildung, Wissenschaft, Jugend, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1341<br />

E-mail: hans-heiner.rudolph@gtz.de<br />

Jochen Rudolph<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Nachhaltige Energiesysteme, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1378<br />

E-mail: jochen rudolph@gtz.de<br />

Dr. Mechthild Rünger<br />

Ministry of Justice, Directorate Law Reform, Attn. Ms M. C. L. Rünger, Private Bag 13302,<br />

Box 1925, Justitia Building, Independence Rd. Windhoek, Namibia<br />

Tel.: 00264-61-230485<br />

E-mail: MINJUST@IWWN.COM.NA<br />

Bianca Schimmel<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Staatsreform <strong>und</strong> Zivilgesellschaft, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1621<br />

E-mail: bianca.schimmel@gtz.de<br />

Wolfgang Schmitt<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, Geschäftsführung,<br />

Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1601<br />

E-mail: wolfgang.schmitt@gtz.de<br />

Dr. Horst Seel<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Bildung, Wissenschaft, Jugend, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1348<br />

E-mail: horst.seel@gtz.de<br />

Dr. Astrid Skala-Kuhmann<br />

Krautgärten 26, 82057 Irschenhausen Icking<br />

Tel.: 08178-95145<br />

E-mail: 106417.3042@compuserve.com<br />

Erich Stather<br />

B<strong>und</strong>esministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit <strong>und</strong> Entwicklung (BMZ), Staatssekretär<br />

Postfach 12 03 22, D-53045 Bonn<br />

Tel.: 0228-535-0<br />

E-mail: Stather@bmz.b<strong>und</strong>.de<br />

Dr. Markus Steinich<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Staatsreform <strong>und</strong> Zivilgesellschaft, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-1646<br />

E-mail: makurs.steinich@gtz.de<br />

191


<strong>Eschborner</strong> <strong>Fachtage</strong> <strong>2000</strong> - Anschriften <strong>der</strong> Referenten <strong>und</strong> Referent<strong>innen</strong><br />

Evy Thies<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Politik <strong>und</strong> Regionalentwicklung, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-4208<br />

E-mail: evy.thies@gtz.de<br />

Dr. med J. Gregor Viethen<br />

Klinikum <strong>der</strong> Philipps-Universität Marburg, Baldinger Straße 1, 35033 Marburg<br />

Tel.: 06421-286 6421<br />

Ulrich Wagner<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, GTZ-Arbeitsfeld:<br />

Finanzsysteme <strong>und</strong> Kreditwesen, Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, D-65760 Eschborn<br />

Tel.: 06196-79-7185<br />

E-mail: ulrich.wagner@gtz.de<br />

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