Mitteilung mit Anlage(n) (PDF 705 KB ) - Berliner ...
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1.1<br />
willigung auf eine Website gestellt und daraufhin von einem Gericht eine<br />
Geldstrafe auferlegt bekommen. Das Gericht stellte klar, dass die Veröffentlichung<br />
personenbezogener Daten im Internet eine automatisierte Verarbeitung<br />
von Daten darstellt und da<strong>mit</strong> Privilegien für andere Datenverarbeitungsformen<br />
nicht gelten. Allerdings liegt in der Einstellung personenbezogener<br />
Daten in das Internet keine Datenüber<strong>mit</strong>tlung in Drittstaaten, selbst<br />
wenn diese von dort abgerufen werden können. Und schließlich geht die<br />
Meinungsfreiheit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung<br />
nicht vor (und umgekehrt auch nicht), beide Grundrechte sind <strong>mit</strong>einander<br />
in einen ausgewogenen Gleichklang zu bringen. Bereits früher im Jahr 2003<br />
hatte der EuGH eine Entscheidung gefällt, nach der auch der Rechnungshof<br />
der Datenschutzrichtlinie (und da<strong>mit</strong> den nationalen Datenschutzgesetzen)<br />
sowie dem Erforderlichkeitsprinzip unterliegt. Einzelne Bürgerinnen und<br />
Bürger in den Mitgliedstaaten könnten sich un<strong>mit</strong>telbar auf die Datenschutzrichtlinie<br />
stützen, wenn sie die Anwendung entgegenstehenden nationalen<br />
Rechts verhindern wollen 5 . Die Entscheidungen, denen demnächst<br />
weitere folgen werden, zeigen, dass sich der Europäische Gerichtshof intensiv<br />
um die Fortentwicklung des Datenschutzes in Europa müht.<br />
Zu einer ungewöhnlichen Kontroverse zwischen dem Bundesverfassungsgericht<br />
und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGMR)<br />
kam es bei der Frage, wie weit die geschützten Persönlichkeitsrechte von<br />
Prominenten gegenüber der Presse reichen. Prinzessin Caroline von Hannover<br />
(vormals Monaco) hatte gegen einige Illustrierte auf Schadensersatz<br />
geklagt, die Bilder von ihr, ihren Partnern und ihren Kindern bei privaten<br />
Handlungen zeigten. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember<br />
1999 zwar die Veröffentlichung der Bilder, auf denen die Kinder der Prinzessin<br />
zu sehen waren, untersagt, da Kinder schutzwürdiger seien als<br />
Erwachsene. Die Prinzessin selbst dagegen müsse die Veröffentlichung von<br />
Fotos hinnehmen, auch wenn sie ihr privates Alltagsleben betreffen, da sie<br />
eine „absolute Person der Zeitgeschichte“ sei 6 . Der EuGMR relativierte<br />
diese Entscheidung: Er stellte nicht kategorisch darauf ab, ob es sich um<br />
eine Person der Zeitgeschichte handele (was im übrigen ebenfalls bezweifelt<br />
wurde, da Prinzessin Caroline keine öffentlichen Ämter wahrnehme), sondern<br />
darauf, inwieweit die veröffentlichten Fotos zu einer Debatte beitragen,<br />
für die ein Allgemeininteresse geltend gemacht werden kann. Dies sei hier<br />
nicht der Fall gewesen, die Öffentlichkeit könne kein legitimes Interesse<br />
daran geltend machen zu erfahren, wo sich die Prinzessin aufhält und wie sie<br />
sich allgemein in ihrem Privatleben verhält. Jede Person, auch wenn es sich<br />
um eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens handele, dürfe die „legitime<br />
Erwartung“ hegen, dass ihr Privatleben geschützt und geachtet wird 7 . Die<br />
Entscheidung ist von der deutschen Presse heftig kritisiert worden, die<br />
Bundesregierung hat es jedoch abgelehnt, gegen die Entscheidung Rechts<strong>mit</strong>tel<br />
einzulegen.<br />
5 Urteil vom 20. Mai 2003, Rs C-145/00<br />
6 1 BvR 653/96<br />
7 Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde Nr. 59320/00<br />
8<br />
Jahresbericht BlnBDI 2004<br />
Bundesrecht<br />
Die Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am<br />
Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 („Hartz IV“) – ein wahres Weihnachtsgeschenk<br />
– stand im Laufe des Jahres im Mittelpunkt unserer Aktivitäten.<br />
Um die Umstellung dieses erheblichen Teils des Sozialsystems zum<br />
1. Januar 2005 zu ermöglichen, wurden hektische Aktivitäten entfaltet, die<br />
vielfach die gebotene Rücksicht auf Belange des Datenschutzes vermissen<br />
ließen 8 .<br />
Nach der Behebung der technischen Mängel stand zum 1. Januar 2005<br />
auch die Umsetzung des Gesetzes über die Erhebung von streckenbezogenen<br />
Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen <strong>mit</strong> schweren Nutzfahrzeugen<br />
(Autobahnmautgesetz – ABMG) an. Trotz gesetzlicher Zweckentfremdungsverbote<br />
entstand hier eine Informationsinfrastruktur, die für<br />
die informationelle Selbstbestimmung vielerlei Risiken birgt 9 .<br />
Ein weiteres wichtiges Gesetzgebungsvorhaben des Bundes war die Neufassung<br />
des Telekommunikationsgesetzes, die unter anderem wegen der<br />
Europäischen Kommunikationsrichtlinie von 2002 erforderlich war 10 . Die<br />
bisher in einer eigenen Verordnung enthaltenen Datenschutzbestimmungen<br />
wurden nunmehr in das Gesetz selbst integriert 11 . Wesentliche zukunftsweisende<br />
Regelungen betreffen die Verarbeitung von Standortdaten beim<br />
Mobiltelefon, die künftig die Basis für vielerlei Mehrwertdienste sein werden.<br />
Verhindert werden konnte eine Verpflichtung der Telekommunikationsunternehmen,<br />
Verkehrsdaten über eine bestimmte Zeit auch dann für die<br />
Strafverfolgung zu speichern, wenn sie für Telekommunikationszwecke<br />
nicht oder nicht mehr benötigt werden.<br />
In Kraft getreten ist auch eine Bestimmung im Gesetz gegen den unlauteren<br />
Wettbewerb, nach dem das unaufgeforderte elektronische Zusenden von<br />
Werbung grundsätzlich verboten ist 12 .<br />
Vor dem zunehmenden Missbrauch von Kameratelefonen durch heimliche<br />
Aufnahmen häufig indiskreten Charakters wurde in das Strafgesetzbuch<br />
eine Bestimmung eingefügt, nach der sich strafbar macht, wer von einer<br />
anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick<br />
besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt<br />
oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt<br />
(§ 201a). Auch diese Bestimmung ist von der Presse heftig kritisiert worden,<br />
da man zu Unrecht eine Beschränkung des investigativen Journalismus<br />
befürchtete 13 .<br />
8 vgl. 3.1<br />
9 vgl. 4.2.2<br />
10 Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung<br />
personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der Kommunikation, ABl. EG<br />
L 201/37<br />
11 vgl. 5.1<br />
12 vgl. 4.6.4, 5.1<br />
13 vgl. 5.1<br />
Jahresbericht BlnBDI 2004<br />
1.1<br />
9