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Das Magazin für Abenteuer in Der Stadt und Wildnes

W herein enn mich das Schneeschippgeräusch meines Nachbarn am Morgen weckt, ist der Antrieb da! Schneller als sonst sitze ich beim Frühstück und zack – bin ich draußen. Flocken, die liegen bleiben! Nun ist man hier im hohen Norden der Republik nicht sonderlich oft von der weißen Pracht umgeben. Und überhaupt, Berge gibt’s hier doch sowieso keine, höre ich immer wieder. Tatsächlich aber sind es doch die kleinen Dinge, die ausreichen, um großes Vergnügen zu bereiten. Wie gerade am Bungsberg, 168 majestätische Meter über null, wo Deutschlands nördlichste „Skiliftanlage“ und die steilen Felder der Holsteinischen Schweiz viele raus aus ihren Häusern locken.

W herein enn mich das Schneeschippgeräusch meines Nachbarn am Morgen weckt, ist der Antrieb da! Schneller als sonst sitze ich beim Frühstück und zack – bin ich draußen. Flocken, die liegen bleiben! Nun ist man hier im hohen Norden der Republik nicht sonderlich oft von der weißen Pracht umgeben. Und überhaupt, Berge gibt’s hier doch sowieso keine, höre ich immer wieder. Tatsächlich aber sind es doch die kleinen Dinge, die ausreichen, um großes Vergnügen zu bereiten. Wie gerade am Bungsberg, 168 majestätische Meter über null, wo Deutschlands nördlichste „Skiliftanlage“ und die steilen Felder der Holsteinischen Schweiz viele raus aus ihren Häusern locken.

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die Wellen s<strong>in</strong>d weit über kopfhoch <strong>und</strong><br />

formen sich zu ansehnlichen barrels<br />

über dem flachen untergr<strong>und</strong>.<br />

ause<strong>in</strong>anderdriften. Somit wird uns auch klar, warum sich<br />

E<strong>in</strong>heimische von e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Erdbeben oder e<strong>in</strong> biss-<br />

chen lavaaustritt nicht sonderlich irritieren lassen. Es ge-<br />

hört e<strong>in</strong>fach dazu. Auf dem Weg nach Hause entdecken<br />

wir unweit e<strong>in</strong>es geothermischen Kraftwerks e<strong>in</strong> Feld mit<br />

kochendem Schlamm, Dampf aus dem Boden <strong>und</strong> heißer<br />

Erde. Vorsichtig nähern wir uns auf e<strong>in</strong>em Trampelpfad<br />

den kochenden löchern. Je näher wir kommen, desto<br />

stärker fängt der Boden unter unseren Füßen an zu vib-<br />

rieren. Als es aus den löchern so stark anfängt zu damp-<br />

fen, dass wir unsere Hand vor den Augen nicht mehr er-<br />

kennen können, beschließen wir, lieber umzudrehen.<br />

Neuer Tag, neues Glück, denken wir uns am nächsten<br />

Morgen. Nachdem wir uns sicher s<strong>in</strong>d, dass die Spots<br />

auf der Halb<strong>in</strong>sel heute nicht funktionieren, entschließen<br />

wir uns, die Ostküste entlangzufahren. Un-<br />

ser Ziel ist Vik, e<strong>in</strong> schwarzer Sandstrand mit<br />

unglaublicher Kulisse. Zwar liegen nur knapp<br />

180 Kilometer vor uns, wenn man allerd<strong>in</strong>gs<br />

von e<strong>in</strong>er Reisegeschw<strong>in</strong>digkeit von knapp 60<br />

Kilometern pro St<strong>und</strong>e <strong>in</strong> Island ausgeht, sitzt<br />

man doch e<strong>in</strong>e Weile im Auto. Besonders bee<strong>in</strong>druckend<br />

s<strong>in</strong>d die Wasserfälle, die immer wieder über 100 Meter<br />

<strong>in</strong> die Tiefe stürzen. In Vik dann die Ernüchterung – kei-<br />

ne Welle. E<strong>in</strong> wenig frustriert bleiben wir bei der Tank-<br />

stelle im Ort stehen. Wir tun es den E<strong>in</strong>heimischen gleich<br />

<strong>und</strong> kaufen Coca-Cola, getrockneten Fisch, Süßigkeiten<br />

<strong>und</strong> Hotdogs. Danach entscheiden wir uns, mit den SUPs<br />

die Felsformationen, die unweit des Strandes mitten aus<br />

dem Meer emporsteigen, zu erk<strong>und</strong>en. Neben den schon<br />

vom Strand aus e<strong>in</strong>drucksvollen Klippen fühlt man sich<br />

aus nächster Nähe wie e<strong>in</strong> Zwerg. „Die Perspektiven, die<br />

man von Island vom Wasser aus gew<strong>in</strong>nt, s<strong>in</strong>d wirklich<br />

e<strong>in</strong>zigartig“, denke ich mir, als wir knapp vor Dunkelheit<br />

unsere Bretter aufs Autodach packen.<br />

Nachdem die nächsten Tage nördlicher Swell vorherge-<br />

sagt ist, beschließen wir, den Spot Gr<strong>in</strong>davik zu surfen.<br />

Es ist wirklich e<strong>in</strong> unglaubliches Gefühl, wenn man <strong>in</strong> ei-<br />

ner Bucht e<strong>in</strong>e perfekt laufende Welle erblickt <strong>und</strong> statt<br />

vierzig wild schimpfenden Surfern im l<strong>in</strong>e-up nur e<strong>in</strong>er<br />

Robbe beim Spielen zusieht. Die Wellen s<strong>in</strong>d weit über<br />

kopfhoch <strong>und</strong> formen sich zu ansehnlichen Barrels über<br />

dem flachen Untergr<strong>und</strong>. Diese Riffe s<strong>in</strong>d zwar scharf,<br />

aber an den meisten Stellen mit dicken Wasserpflanzen<br />

bewachsen, sodass man selbst bei Kontakt nicht direkt<br />

den harten Ste<strong>in</strong> zu spüren bekommt. Nachdem wir uns<br />

e<strong>in</strong>ige St<strong>und</strong>en mutterseelenalle<strong>in</strong> ausgetobt haben, kom-<br />

men zwei weitere Surfer <strong>in</strong>s l<strong>in</strong>e-up. Fast froh darüber,<br />

endlich mal nicht alle<strong>in</strong> surfen zu müssen, begrüßen wir<br />

die beiden <strong>und</strong> teilen noch e<strong>in</strong> paar Wellen.<br />

Zurück am Strand lernen wir die beiden Surfer Ingo<br />

<strong>und</strong> Hiroshi kennen. Ingo erzählt uns, dass er e<strong>in</strong>er von<br />

etwa zwanzig e<strong>in</strong>heimischen, mehr oder weniger akti-<br />

ven Surfern der Insel ist. Seit e<strong>in</strong>igen Jahren bietet der<br />

Outdoorguide auch unter www.arcticsurfers.is Surftrips <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong> Heimatland an. Hiroshi ist Japaner, der gerade mit<br />

se<strong>in</strong>em Surfbrett Europa bereist <strong>und</strong> Ingo als Guide um<br />

Hilfe gebeten hat. Dieser erzählt uns von den unsicheren<br />

Wettervorhersagen <strong>und</strong> überhäuft uns mit Insiderwissen<br />

über die Spots, sodass wir uns nicht mal die Hälfte mer-<br />

ken können. Er bietet uns an, uns während unseres Auf-<br />

enthalts mit dem Wellenbericht zu helfen.<br />

abenteuer<br />

Wenig später sitzen wir mit ihm <strong>in</strong> Reykjavik beim Abend-<br />

essen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tapasbar <strong>und</strong> essen frisches Seafood. Dazu<br />

tr<strong>in</strong>ken wir das legendäre isländische Bier. Nicht we-<br />

gen se<strong>in</strong>es Geschmacks, sondern wegen se<strong>in</strong>es Preises<br />

schmeckt es unglaublich gut. In durchschnittlichen lokalen<br />

kostet e<strong>in</strong> großes Glas bis zu zehn Euro. Ingo erzählt uns<br />

von dem harten W<strong>in</strong>ter <strong>und</strong> von den Gefahren, die hefti-<br />

gen Swells alle<strong>in</strong> zu surfen. Es ist unglaublich, wie hilfsbe-<br />

reit <strong>und</strong> offen er ist – lokalismus gibt es <strong>in</strong> Island nicht,<br />

man ist froh, wenn man e<strong>in</strong>en zweiten Surfer im Wasser<br />

hat. Als wir uns verabschieden, checkt er die aktuellsten<br />

Swell-Charts <strong>und</strong> sagt: „Ihr müsst <strong>in</strong> den Norden, da<br />

gibt es e<strong>in</strong>e traumhafte Welle, die morgen funktioniert,<br />

ich rufe e<strong>in</strong>en Fre<strong>und</strong> an, er hilft euch da oben weiter.“<br />

raus-magaz<strong>in</strong> 4 / 2012<br />

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