Das Magazin für Abenteuer in Der Stadt und Wildnes

hallo eva, mit drei Jahren hattest du erstmals skier
unter den füßen. Jetzt, drei Jahrzehnten später, ist
der sport mehr als nur dein lebensmittelpunkt.
wie fühlt sich das an? Ich hab ja im Grunde nie wirk-
lich etwas anderes gemacht. Klar, ich war in der Schule.
Und habe danach an der Uni Salzburg meine Ausbildung
zur Sportjournalistin gemacht, anschließend vier Jahre als
Redakteurin beim Fernsehen gearbeitet. Aber immer wieder
habe ich für mich festgestellt, dass ich das Skifahren am
besten kann. Und am liebsten mag. Es ist meine leidenschaft,
die ich zu meinem Beruf machen konnte. Glücklicherweise!
mit 22 bist du für den österreichischen skiverband
noch rennen gefahren. dann kam der wechsel zum
freeriden. was waren gründe für diese einschnei-
dende veränderung? Ich galt unter den Trainern da-
mals als die größte Nachwuchshoffnung im Slalombereich
des österreichischen Skiverbandes. Aber ich war ganz ein-
fach brutal viel verletzt. Zwei Kreuzbandrisse, Knochenbrü-
che, Bänderzerrungen. Es gab diese Phase, in der ich ein
Jahr verletzt war, mich zurückkämpfen konnte und durch
eine erneute Verletzung wieder zurückgeworfen wurde.
Das habe ich mental einfach nicht mehr gepackt. Und
dann habe ich es gelassen. Meine Skier sind im Keller ge-
landet, ich war frustriert und wollte nie wieder fahren. Zu
Zeiten meines Jobs beim Fernsehen bin ich während der
Winterzeit dann doch wieder in die Berge. Und habe dort
zum ersten Mal Freerideskier ausprobiert. Für mich ist das
Pistenfahren das langweiligste, was es gibt, und das war
eine komplett andere Art, Ski zu fahren. Bei einem Con-
test bin ich gleich Zweite geworden. Ich dachte mir, wenn
ich mit null Erfahrung gleich Erfolg habe, kann ich den
Sport professionell ausüben. Dann folgten hartes Training
und die Selbstvermarktung, Sponsoren- und Medienarbeit.
Im Skirennlauf ist jeder ein Konkurrent, jeder gönnt sich
selbst am meisten und nichts den anderen. Gerade unter
den Mädels habe ich das schon extrem gespürt. Ich war
da immer anders, bin auf enttäuschte Kolleginnen zuge-
gangen. Aber es ist nichts zurückgekommen. Ich glaube,
ich bin zu wenig Wettkampftyp und Egoist, dass ich das
hätte überleben können. Zudem musst du dich an alle
Strukturen halten – jetzt bin ich mein eigener Boss, plane
meine eigenen Projekte. Ich bin heute viel freier!
fahrten abseits der Piste und fernab der massen
bedeuten auch, den gefahrenbereich zu verändern.
wie findest du selbst eine Balance aus respekt und
draufgängertum, mut und vorsicht? Ich gehe schon
ein gewisses Risiko ein. Jeder von uns Freeskiern hat spe-
zielle Schulungen und lawinenkurse hinter sich. Ich bilde
mich immer weiter, lese viel, verfolge den ganzen Winter
über die Wetterbedingungen. Viel Wissen zu haben, ist ein-
fach die Grundvorausset-
zung. Dazu kommt mein
Bauchgefühl. Wenn ich
an einem bestimmten
Hang ein ungutes Gefühl
habe, in der Nähe viel-
leicht schon eine lawine
abgegangen ist, dann
„ich war ganz einfach brutal viel
verletzt. zwei Kreuzbandrisse,
Knochenbrüche, bänderzerrungen.“
fahre ich da auch nicht rein. Ich höre auf meine Intuition.
Richtlinien und das „Einmaleins“ der lawinenkunde sind
wichtig, aber wenn ich mich ausschließlich daran orientie-
ren würde, wäre das für meine Produktionen auch nicht
gerade förderlich. Der Mittelweg ist es, auch wenn es
nicht immer einfach ist, ihn zu finden.
Bei filmaufnahmen in davos hast du dir vor
fünf Jahren bei einem sturz fünf rippenbrü-
che zugezogen, hattest verletzungen an milz
und niere, deine lunge kollabierte. nach
einem monat Krankenhausaufenthalt wolltest
du gleich wieder zurück auf die Piste. wel-
che Konsequenz hast du für dich aus diesem
unfall gezogen? Es hat tatsächlich fast ein Jahr
gedauert, bis ich wieder komplett gesund war. Das
Problem war ein „Shark“, ein eingeschneiter Stein,
auf den ich mit ziemlichem Speed raufgefahren bin.
Beim Stürzen bin ich dann genau auf einem weite-
ren Stein gelandet. Gerade jetzt zum Anfang des
Winters sind alle motiviert, weil der erste Schnee
fällt. Ich sitze stattdessen oftmals daheim, mache
organisatorischen Kram. Ich warte lieber ein paar
Schneefälle ab und gebe dann Gas. Ich habe seit
dem Unfall einfach eine brutale Angst vor diesen
Sharks, das ist schon ein mentales Problem. Später
in der Saison ist die Gefahr durch Sharks kleiner.
Foto cLaudia ziegLer
nachgefragt
raus-magazin 4 / 2012
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