30.10.2013 Aufrufe

Sammlung zur Farbenlehre - Kaleidoskop

Sammlung zur Farbenlehre - Kaleidoskop

Sammlung zur Farbenlehre - Kaleidoskop

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

6<br />

Grössenwahn in die nötigen Grenzen einzuschränken, aber doch nicht zu<br />

verhindern, dass ein jeder Partei ergreift und sich und seine Parteigenossen auf dem<br />

Wege <strong>zur</strong> absoluten Wahrheit glaubt. So finden wir Parteien in den staatlichen und<br />

gesellschaftlichen Einrichtungen jeder Art; wir haben sowohl politische und kirchliche,<br />

als auch solche in Kunst und Wissenschaft, wir finden sie im elendesten Dorfe wie in<br />

den Gemeinschaften hervorragender Männer, denen die Pflege idealster<br />

Bestrebungen anvertraut ist.<br />

In der Gesamtheit von Individuen, welche einen Staat oder ein einfacheres<br />

Gemeinwesen bilden, konzentriert sich das Streben, die Außenwelt in ihren<br />

Beziehungen zum Einzelnen ergründen zu wollen, zumeist in einigen wenigen<br />

Männern, die dann als Denker und Dichter, als Forscher, Ärzte, Priester oder<br />

Staatsmänner das Empfinden und Handeln Aller zu beeinflussen trachten und oft das<br />

Schicksal eines Volkes oder gar das von Völkern bestimmen und leiten. Moses war<br />

beispielsweise hervorragend als Naturforscher und Arzt und deswegen doppelt<br />

erfolgreich als Gesetzgeber und Religionsstifter. Muhamed, Ignaz v. Loyola, Gregor<br />

VII., Bismarck u. a. waren hervorragende Psychologen, welche in den Seelen der<br />

Einzelnen und der Völker zu lesen verstanden. Viele haben sich vor der<br />

Geistesmacht dieser Gewaltigen gebeugt, aber geliebt werden solche Naturen nicht,<br />

sie können uns wohl zu Ratgebern, aber nie zu vertrauten Freunden werden.<br />

Ganz anders stehen uns jene wenigen Männer gegenüber, die mit dem<br />

Vermögen, die Geschehnisse in der Natur tiefgehend ergründen zu können, auch die<br />

Gabe verbanden, in des Menschen Seele alle Regungen aufdecken und in gefälliger<br />

Form mitteilen zu können, jene Unsterblichen unter den Dichtern, ein Sophokles,<br />

Shakespeare, Goethe u. a. Wir bewundern solche Geistesgewaltige nicht, sondern<br />

wir schätzen sie wie vertraute Freunde. Indem sie die verborgensten Winkel des<br />

menschlichen Seelenlebens erhellen, stellen sie sich als Menschen neben den<br />

Menschen und verlangen nicht, wie die Reformatoren in Staat und Kirche, absolute<br />

Unterordnung des fremden Willens. In eines jeden Herzen weiss der Dichter Saiten<br />

anzuschlagen, die lange vernehmlich klingen.<br />

Kein Dichter reicht aber, was tiefes Erkennen der Natur anlangt, an Goethe heran.<br />

Kaum ein Gebiet der Naturforschung lieh dieser unbeachtet und auf manch einem<br />

hat er sich unvergängliche Lorbeeren gesammelt. Es ist gerade an dieser Stelle kein<br />

müssiges Unterfangen daran zu erinnern, was Goethe von sich selbst am höchsten<br />

schätzte. Hören wir ihn in den Gesprächen mit Eckermann. Dort berichtet letzterer<br />

aus der Unterredung am 19. Februar 1829 den folgenden Ausspruch Goethes: "Auf<br />

alles, was ich als Poet geleistet habe, bilde ich mir gar nichts ein. Es haben treffliche<br />

Dichter mit mir gelebt, es lebten noch trefflichere vor mir, und es werden immer ihrer<br />

nach mir sein. Dass ich aber in meinem Jahrhundert in der schwierigen Wissenschaft<br />

der <strong>Farbenlehre</strong> der Einzige bin, der das Rechte weiss, darauf tue ich mir etwas<br />

zugute, und ich habe daher ein Bewusstsein der Superiorität über viele".<br />

Spott und Hohn ist die Antwort auf diese Worte gewesen, und nur wenige haben<br />

es gewagt hier einem Goethe an die Seite zu treten.<br />

Goethe hatte es versucht, die Ansichten und Lehren anzufechten, welche Newton<br />

über das Licht und die Farben der Welt zum Teil aufgezwungen hatte. Vieles davon<br />

hat die Wissenschaft selbst als durchaus irrig erkannt, der Rest wird vor den<br />

Tatsachen kaum bestehen können. Wichtig ist es für uns, dass ein Goethe die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!