1/2000
1/2000
1/2000
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
GATWU - Forum, Nr. 1/<strong>2000</strong> Seite 28<br />
die Schule beitragen, indem sie die Lernenden auf Eigen- und Gesellschaftsarbeit<br />
vorbereitet.<br />
4. Der unmittelbare Erfahrungsbereich der Jugendlichen verändert sich: Sie befinden<br />
sich im Übergang von einer arbeitsorientierten bzw. berufsintegrierten zu einer primär<br />
schulisch bestimmten Lebensform. Dies ist vor allem auf ihren längeren Schulbesuch<br />
zurückzuführen. Die Schule sollte sich bemühen, das vorwiegend schulisch geprägte<br />
Erfahrungsfeld Jugendlicher zu erweitern, indem sie sich gegenüber der Arbeitswelt<br />
öffnet, z.B. durch Betriebserkundungen und Betriebspraktika. Dadurch bietet<br />
sie den Schülerinnen und Schülern auch unmittelbar arbeitsbezogene Lern- und<br />
Erfahrungsmöglichkeiten.<br />
Angesichts dieser Punkte kann es keine Frage sein, dass arbeitsorientierte Bildung<br />
eine wichtige und notwendige Aufgabe der Schule ist. Bislang ist sie im deutschen<br />
Schulwesen aber nur schwach verankert. Am weitesten entwickelt ist die arbeitsorientierte<br />
Bildung in Form der Arbeitslehre (bzw. der Teilfächer Technik-, Wirtschaftsund<br />
Haushaltslehre sowie Berufswahlunterricht) im Sekundarbereich I. Dieses Lernfeld<br />
ist in den meisten Bundesländern aber auf die Haupt,- Real-, Gesamt- und Sonderschule<br />
beschränkt. Im Gymnasium gibt es eine Arbeitslehre nur in wenigen Bundesländern,<br />
als Pflichtfach z.B. in Brandenburg, Bremen, Hessen und Sachsen - Anhalt.<br />
Das weitgehende Fehlen des Faches Arbeitslehre im Gymnasium bedeutet, dass ein<br />
großer und offenkundig ansteigender Teil der Heranwachsenden - gegenwärtig besuchen<br />
ca. 40 % der Schülerinnen und Schüler des 7. Jahrgangs ein Gymnasium - in<br />
deutlicher Distanz zur Arbeitswelt beschult wird. Dieser Zustand muss dringend geändert<br />
werden. Prinzipiell sollten alle Schülerinnen und Schüler vom ersten bis zum<br />
letzten Schuljahr die Möglichkeit haben, sich mit der Arbeitswelt auseinanderzusetzen.<br />
Aufgabe der Arbeitslehre in allgemeinbildenden Schulen ist es vor allem, auf die anschließende<br />
Berufsausbildung bzw. das Studium vorzubereiten. Die hohen Quoten<br />
von Studienwechslern und Studienabbrechern (von etwa einem Viertel) sind ein eindringlicher<br />
Hinweis auf eine mangelhafte bzw. fehlende Berufs- und Studienwahlvorbereitung<br />
in der gymnasialen Oberstufe.<br />
In beruflichen Schulen kommt der Arbeitslehre die Funktion zu, die Berufsausbildung<br />
durch arbeitsweltbezogene Aspekte zu ergänzen. Dadurch kann hier eine Brücke<br />
zwischen Berufsbildung (in Form der beruflichen Fächer) und Allgemeinbildung<br />
(Deutsch, Politik usw.) hergestellt werden.<br />
Vor diesem Hintergrund sind die Kultusminister der Bundesländer aufgefordert, ein<br />
wissenschafts- und praxisorientiertes Fach Arbeitslehre in allen Schulformen einzuführen.<br />
Sie sollten Basislehrpläne erlassen, auf deren Grundlage die Schulen arbeitsbezogene<br />
Profile entwickeln können. Um die hierfür erforderliche Kompetenz zu erwerben,<br />
sollte den Lehrerinnen und Lehrern - aller Fachrichtungen - während ihrer<br />
Ausbildung ein mindestens vierwöchiges Praktikum in der Arbeitswelt (mit einer zu-