Das Markusevangelium ist in lateinischer Sprache ... - Radikalkritik
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Man kann ohne große Mühe die Fehlgriffe und Änderungen im<br />
griechischen Text auff<strong>in</strong>den und erklären, wie es dazu kam.<br />
1° Die Worte omnis substantia consumitur wurden auf zweierlei Art<br />
übersetzt. Buchstäblich : πᾶσα οὐσία ἀναλωθήσεται, jegliche<br />
Substanz wird vernichtet werden. Frei, s<strong>in</strong>ngemäß : πᾶς πυρὶ<br />
ἀναλωθήσεται, jeder (Mensch) wird im Feuer vernichtet werden.<br />
Aber ΟΥΣΙΑ (Substanz) wurde als ΘΥΣΙΑ (Opfer) gelesen. Der<br />
Irrtum konnte leicht passieren, da die zwei Wörter sich nur durch<br />
e<strong>in</strong>en Punkt <strong>in</strong> Ο unterscheiden. Er hat die völlig unerwartete<br />
Vorstellung vom Opfer e<strong>in</strong>geführt. E<strong>in</strong> gelehrter Korrektor hat sich<br />
bemüht, dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n zu f<strong>in</strong>den. Ihm fiel e<strong>in</strong>, dass dem Leviticus<br />
zufolge jedes Opfer gesalzen werden muss (II, 13 πᾶς δωρὸν θυσίας<br />
ἁλὶ ἁλισθήσεται.). Somit hat er πᾶσα θυσία ἀναλωθήσεται korrigiert<br />
zu : πᾶσα θυσία ἁλὶ ἁλισθήσεται, weil im folgenden Satz von Salz<br />
gesprochen wird. PERNOT stellt die Frage: «Wieso soll man nicht θυσία<br />
als οὐσία gelesen und mit substanziell übersetzt haben ? » Weil der<br />
Satz vollständig übersetzt worden wäre. Nun <strong>ist</strong> aber ἁλὶ ἁλισθήσεται<br />
im Late<strong>in</strong>ischen nicht vorhanden. Die Priorität des Late<strong>in</strong>ischen<br />
erwe<strong>ist</strong> sich somit als gesichert. Die Vorstellung, jede Substanz werde<br />
<strong>in</strong> der Gehenna verzehrt (nicht vernichtet, wie es griechisch heißt), <strong>ist</strong><br />
natürlich. Im Gegensatz dazu <strong>ist</strong> die griechische Version GOULD<br />
zufolge, « e<strong>in</strong>e der am schwierigsten zu erklärenden Passagen des<br />
Neuen Testamentes 1 . »<br />
Nachdem e<strong>in</strong>mal ἀναλωθήσεται zu ἁλισθήσεται korrigiert worden war,<br />
drang diese Korrektur <strong>in</strong> die andere Übersetzung e<strong>in</strong> und aus πᾶς πυρὶ<br />
ἀναλωθήσεται wurde das rätselhafte πᾶς πυρὶ ἁλισθήσεται , dessen S<strong>in</strong>n<br />
zu f<strong>in</strong>den e<strong>in</strong> hoffnungsloses unterfangen <strong>ist</strong>.<br />
Θ und Ψ haben die zwei Übersetzungen bewahrt. Θ <strong>ist</strong> der<br />
1. « Es <strong>ist</strong> ohne Zweifel e<strong>in</strong>e der am schwersten zu erklärenden Stellen des Neuen<br />
Testamentes. πυρί im v. 49 muss mit πῦρ <strong>in</strong> v. 48 und ἁλισθήσεται im v. 49 mit ἅλας<br />
<strong>in</strong> v. 50 verbunden werden. Es <strong>ist</strong> aber gerade diese Anb<strong>in</strong>dung an das, was<br />
vorausgeht und an das, was danach kommt, was die Sache so schwierig macht. » E. P.<br />
GOULD, The Gospel accord<strong>in</strong>g to St Mark. Ed<strong>in</strong>bourgh, 1912, p. 180.<br />
© Frans Joris Fabri - radikalkritik.de - Berl<strong>in</strong>