Das Markusevangelium ist in lateinischer Sprache ... - Radikalkritik
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Den Lesefehler entdeckt man leicht, wenn es e<strong>in</strong>e andere<br />
Übersetzung gibt, die ihn nicht begangen hat. E<strong>in</strong>ige Beispiele :<br />
ACCIPIETIS gelesen als ACCEPISTI von BW : XI, 24 credite quia<br />
accepietis D Θ πιστεύετε ὅτι λήµψεσε. BW ὅτι ἐλάβετε (absurd).<br />
ADPROPINQVARET gelesen als ADPROPINQVANT von B :<br />
XI, 1 cura adprop<strong>in</strong>quaret D ὅτε ἤγγιζεν B ὅτε ἐγγίζουσι.<br />
CUSTODIEBANT gelesen als CRUCIFΙGEBANT von BΘ<br />
(crucifixerunt kam gerade e<strong>in</strong> wenig vorher) : XV, 25 custodiebant<br />
illum D ἐφύλασσον αὐτὸν BΘ ἐσταύρωσαν αὐτὸν (obwohl Jesus<br />
schon gekreuzigt worden war).<br />
ACCENDITUR (UR möglicherweise als Ligatur) gelesen als<br />
ACCEDIT von B : IV, 21 numquid accenditur lucerna W µήτε<br />
καίεται ὁ λύχνας D µήτι ἅπτεται B µήτι ἔρχεται (gewagte<br />
Personifizierung).<br />
NEMINIDIXERIS gelesen als NEINTROIERIS von B : VIII, 26<br />
nem<strong>in</strong>i dixeris <strong>in</strong> castello D µηδενὶ εἴπης εἰς τὴν κώµην B µὴ εἰς<br />
τὴν κώµην εἰσέλθης (weniger natürliches Verbot).<br />
An anderen Stellen haben alle griechischen Handschriften den<br />
Lesefehler, sei es, dass er aus dem late<strong>in</strong>ischen Archetyp stammt, oder<br />
aber als Korrektur verallgeme<strong>in</strong>ert wurde. Beispiele :<br />
INIVRIAM gelesen als INVIDIAM : XV, 10 per <strong>in</strong>iuriam tradebant<br />
eum διὰ φθόνον παρεδεδώκεισαν αὐτὸν (weniger guter S<strong>in</strong>n).<br />
GRABATTO gelesen als QVADRATO : II, 3 portantes <strong>in</strong> grabatto<br />
paraliticum παραλυτικὸν φέροντες αἰρόµενον ὑπὸ τεσσάρων.<br />
HAEC gelesen als FECIT : XIV, 8 quod habuit haec praesumpsit et<br />
unguentauit B ὁ ἔσχεν ἐποίησεν προέλαβεν µυρίσαι. Beim Vergleich<br />
dieser zwei Texte <strong>ist</strong> bemerkenswert, dass ἐποίησεν im Late<strong>in</strong>ischen<br />
ke<strong>in</strong>e Entsprechung hat und haec ke<strong>in</strong>e im Griechischen. Deshalb<br />
nehme ich an, dass HAEC als FECIT gelesen worden <strong>ist</strong>, wodurch im<br />
Griechischen vier Verben aufe<strong>in</strong>ander folgen. Der griechische Text<br />
hat e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, jedoch e<strong>in</strong>en komplizierten : Die Frau hat getan was<br />
sie hatte (<strong>in</strong> ihrer Macht stand); sie hat genau zum richtigen<br />
Zeitpunkt me<strong>in</strong>en Leib zur Beerdigung gesalbt. (Tatsächlich <strong>ist</strong> es<br />
dafür viel zu früh !) <strong>Das</strong> Late<strong>in</strong>ische hat e<strong>in</strong>en ganz anderen und e<strong>in</strong>en<br />
besseren S<strong>in</strong>n : Frau hat alles genommen, was sie hat, und me<strong>in</strong>en<br />
Leib gesalbt.<br />
© Frans Joris Fabri - radikalkritik.de - Berl<strong>in</strong>