D - Miteinander
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B E R U F U N G S P A S T O R A L T A G U N G<br />
5-6/2012<br />
Szene-Treff einmal anders<br />
19<br />
Sie hat schon Tradition: die jährliche Tagung<br />
des Canisiuswerkes – in Kooperation mit dem<br />
Kardinal König Haus –, die diverse Aspekte<br />
der Berufungspastoral zum Thema hat. Diese<br />
zwei Tage werden so jeweils zum „Szene-Treff“.<br />
Auch heuer kamen etwa 50 Personen<br />
aus Orden und anderen Gemeinschaften,<br />
Priester, Diakone, Religion Lehrende und Interessierte<br />
zusammen, um folgende Fragen<br />
zu bedenken: „Wer ist berufen, und wer entscheidet<br />
darüber?“<br />
Wer ist berufen?<br />
Was ist „Berufung“?<br />
So einfach der Titel der Auseinandersetzung<br />
sein mag, so unterschiedlich sind die Antworten<br />
auf die erste Frage. Weil, ja weil in<br />
den vergangenen Jahrhunderten vom Wort<br />
„Berufung“ nur gesprochen wurde, wenn es<br />
um einen geistlichen Beruf ging. Das war auch<br />
logisch: In einem allgemein katholischen Milieu<br />
stellte sich bestenfalls die Frage nach einem<br />
„Mehr“ an Christsein. Weil dies in den letzten<br />
Jahrzehnten anders geworden ist, kommt<br />
verstärkt der ursprüngliche biblische Sinn des<br />
Wortes „Berufung“ in Erinnerung: Wer durch<br />
die Taufe in die Kirche eingegliedert wird,<br />
erfährt Berufung. Daher ist es höchst an der<br />
Zeit, diese Bedeutung wieder im allgemeinen<br />
Sprachgebrauch zu verankern. Dass dies aber<br />
alles andere als leicht ist, bestätigten verschiedene<br />
Verantwortliche in der Berufungspastoral.<br />
Das Bild, das den Tagungsteilnehmern geboten<br />
wurde, war ein „buntes“: Da gab es nicht<br />
nur Referate von Trägern eines geistlichen<br />
Amtes, sondern es gab auch Erfahrungen und<br />
Überlegungen eines Pfarrgemeinderates und<br />
eines Pastoralassistenten zu hören. Auch sie<br />
verstehen sich als ins Volk Gottes hinein gerufen.<br />
Sie setzen ihre Begabungen ein, damit<br />
der Leib Christi wächst. Eine Ordensfrau ergänzte<br />
die Vertreter derer, die aus Taufe und<br />
Firmung ihr königliches Priestertum leben.<br />
Ein Diakon und ein Priester – in diesem Kontext<br />
wohl besser ein „Presbyter“ – brachten<br />
ihre spezifische Sichtweise ein: Was ist der<br />
Ruf hinein in kirchliches Amt?<br />
Die im Raum stehenden Begriffe müssten<br />
noch weiter differenziert werden, verstehen<br />
wir doch meist unter „Berufung“ nicht einen<br />
Vorgang, sondern die Gestalt, in der gelebt<br />
wird – als Eheloser, als Verheiratete, als Amtsträger,<br />
als …<br />
Wie wir als in die Kirche Berufene leben, wie<br />
wir also unsere Fähigkeiten und Begabungen<br />
einsetzen, hieße bei Paulus wohl „Charisma“<br />
oder in den Evangelien „Nachfolge“. Wer also<br />
ist nun berufen?<br />
Wer entscheidet darüber?<br />
Zu diesen Tagen des Überlegens und Reflektierens<br />
kommen meist jene, die in ihrer Gemeinschaft,<br />
in ihrer Pfarre, in ihrer Diözese<br />
für die „Berufungspastoral“ Verantwortung<br />
tragen. Nimmt man den neutestamentlichen<br />
Sinn des Begriffs „Berufung“ ernst, ist dies<br />
Ur-Auftrag der Kirche, denn in ihrem Raum<br />
erfolgt Berufung. Alles, was Kirche tut, zielt<br />
darauf hin, besser hören und verstehen zu lernen,<br />
dass Gott ruft. Die gehörten Erfahrungsberichte<br />
machten den Prozesscharakter mit<br />
unterschiedlicher Dauer, das Hinhorchen, aber<br />
auch das Langsam-begreifen-Lernen deutlich:<br />
Jede Person hat ihre ganz eigene Berufungsgeschichte.<br />
Diese dauert jeweils ein Leben<br />
lang.<br />
Entschieden werden kann eigentlich nur über<br />
die Eignung für einen Dienst oder eine – meist<br />
gemeinschaftlich – gelebte Form des persönlichen<br />
Christseins. Dies zu tun, bedeutet eine<br />
große Verantwortung: „Wer ist – gut – geeignet,<br />
wer nicht?“<br />
Nachwuchsmangel und der Druck, dass Werke<br />
Personal brauchen, tun das Übrige dazu,<br />
sodass es sehr schwer ist, die dabei angelegten<br />
Qualitätskriterien durchzuhalten. Letztlich<br />
aber trägt uns alle die Hoffnung: Er, der<br />
Herr, geht mit seiner Kirche – auch und gerade<br />
heute!<br />
Ach ja: Und wie bei Szene-Treffs üblich, von 21.<br />
bis 23. Jänner 2013 trifft man sich wieder!<br />
Wilhelm Krautwaschl ■<br />
Mag. Dr. Wilhelm Krautwaschl ist Regens des Bischöflichen<br />
Seminars Graz, Beauftragter für Berufungspastoral<br />
und Diözesandirektor des Canisiuswerkes der Diözese<br />
Graz Seckau.<br />
Glaube und Sendungsauftrag sind allen Christen gemeinsam. Wer also ist zu welchem Amt, zu welcher<br />
Lebensform, zu welcher Aufgabe berufen? Wer stellt das fest? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus<br />
für Ausbildungsprozesse, welche Entscheidungshilfen gibt es für Ausbildungsverantwortliche?<br />
Diesem Fragenkomplex widmete sich die Jahrestagung 2012.